Parlamentswahlen in Italien 2018

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Nomen Nescio
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Nomen Nescio »

geldentwertung... rede mir nicht davon.

meine großeltern waren nach WK I auf ferien nach europa gezogen. ein besuch an berlin stand auf die liste.
in einem schaufenster sah meine großmutter einen knirps (regenschirm). sie wollte ihn kaufen aber hatte kein geld bei sich. der nächste tag ging sie wieder zum laden... das ding kostete mehr als 10x so viel. tag 1 der hyperinflation.

1946 oder 1947. das erinnere ich mich. plötzlich wurden alle scheinen verboten. jede erwachsene bekam ƒ10 womit er für 2 oder drei tage lebensunterhalt zahlen konnte. noch sehe ich diese blaue ƒ10 scheine vor meinen auge. es gab sie nur einige jahre, denn danach kamen wieder andere scheinen. so hoffte man kriegsprofiteure es sehr schwer gemacht zu haben.

1950 wir gingen nach indonesien. auf dem boot akzeptierte man nur indonesischen rupiahs. das waren aber niederländisch-indische gulden mit schwarzer aufdruck. plötzlich kam den befehl daß alle scheine entzwei zerteilt werden mußten. die eine hälfte konnte man wegschmeißen. das geld war plötzlich nur noch die hälfte wert.

in den fünfziger jahre las ich am laufenden band über eine devaluation der FF und der it. lire. der franc war nach 1958 (pinay) eine zeit sorgenfrei, aber die lire blieb misère.

± 1963 ich ging nach GB. hatte geld gewechselt. 1 pound war ungefähr ƒ11.
als ich zurück fuhr und danach mein britisches geld umtauschte, war 1 pound noch ± ƒ8,70.

ich hab ja noch mehr devaluationen erlebt (dollar z.b.), aber diese beispiele aus meiner jugendzeit werde ich nie vergessen.

politiker wissen nicht was sie menschen antun mit unverantwortlich schulden machen.
ja, doch »the dollar is our buck and your problem« sagte mal einen amerikanischen finanzminister.
Zuletzt geändert von Nomen Nescio am So 21. Okt 2018, 17:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Orbiter1
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2018, 12:35)

Mal sehen, ob andere Geldgeber als die EZB sich finden, die zu hohen Zinsen dieser Regierung Geld leihen, die inzwischen auf "Ramschniveau" herab gestuft wurde.
Die EZB hat der italienischen Regierung nie direkt die Staatsanleihen abgekauft, das darf sie gemäß ihrer Statuten gar nicht. Aktuell hält die EZB italienische Staatsanleihen in der Größenordnung von 350 Mrd €, das sind weniger als 15% der gesamten italienischen Staatsschulden. Es gibt also jede Menge Geldgeber außerhalb der EZB. Bis zum Ramschniveau fehlt noch 1 Stufe. Das ist auch für die EZB wichtig, denn Wertpapiere auf Ramschniveau darf sie, ebenfalls gemäß ihrer Statuten, nicht kaufen. Allerdings läuft das Anleihekaufprogramm sowieso schon in ein paar Monaten aus (falls nichts Unvorhergesehenes dazwischen kommt).
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 Oct 2018, 15:44)

Die EZB hat der italienischen Regierung nie direkt die Staatsanleihen abgekauft, das darf sie gemäß ihrer Statuten gar nicht. Aktuell hält die EZB italienische Staatsanleihen in der Größenordnung von 350 Mrd €, das sind weniger als 15% der gesamten italienischen Staatsschulden. Es gibt also jede Menge Geldgeber außerhalb der EZB. ...
Ich vermute, daß andere Banken in der EU über Beteiligungen mit in der Tinte sitzen. Haben Sie eine Vorstellung, wie die EZB an italienische Staatsanleihen geraten ist, wenn sie diese gar nicht erwerben darf?

Bei mir hatte sich der Eindruck verfestigt, daß die EZB diese Schuldscheine annimmt und damit die EU mit Papiergeld flutet. Wenn Sie jetzt Recht behalten, dann ist bald Schluß mit diesem Programm der Geldvermehrung. Tja, was dann? Dann kann der italienische Staat doch nur eigene Gutscheine drucken, die niemand haben will, also eine Parallelwährung erfinden.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

"Steuerfrieden"

Mit dem Budget 2019 plant die italienische Populistenregierung auch einen "Steuerfrieden". Alte Steuerschulden aus der Zeit zwischen 2000 und 2010 unter 1000 €uro sollen ganz erlassen werden, darüber hinausgehende sollen mit verschiedenen Abschlägen belohnt werden, zum Teil ab 50%. Die verhasste Eintreiberorganisation Equitalia soll liquidiert werden. Die italienischen Wähler sind begeistert, wie diverse Umfragen zeigen..

Interessanterweise steht davon bisher nichts in unseren Intelligenbestienjournalen, obwohl es seit Tagen das Thema in Italien ist und lang und breit diskutiert wird. Vermutlich ist es für den durtchschnittlichen deutschen Italienkorrespondenten zu komplex und reichen die Sprachkenntnisse nicht.

Es wäre abendfüllend, die diversen Maßnahmen hier zu erläutern. Klar ist, dass der Staat auf zig-Milliarden Steuern verzichtet. Wieviel es genau sind konnte ich bisher nicht herausfinden. Wurde auch noch nirgends erwähnt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Bei der Verfolgung von Steuersündern hat es solche Maßnahmen aber auch in Deutschland schon gegeben. Straffreiheit bei fristgerechter Selbstanzeige. Ähnliche Versuche bei Schwarzgeld mit Steuernachlass.

In Italien verfolgt der Finanzminister vermutlich Steuersünder nach dem Grundsatz: "50% kassiert ist besser als 100% nichts". Natürlich ist dieser staatliche Verzicht auf ordnungsgemäße Begleichung von Steuerschulden eine Verhöhnung der ehrlichen Steuerzahler.

Ich will aber nicht ausschließen, daß der italienische Staat möglicherweise ein ganz idiotisches und überzogenes Steuersystem betreibt oder betrieben hat. Die Folgen davon sind dann weit verbreitete Steuerbetrügereien, durch die Steuerhinterzieher nicht um ihren Schlaf gebracht werden.

Auch solche Dinge müssen in einem zusammenwachsenden Europa harmonisiert werden, weil sie wie auch Sozialkosten auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft einwirken.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2018, 18:39)

Ich vermute, daß andere Banken in der EU über Beteiligungen mit in der Tinte sitzen. Haben Sie eine Vorstellung, wie die EZB an italienische Staatsanleihen geraten ist, wenn sie diese gar nicht erwerben darf?
Die Frage ob die EZB Staatsanleihen der Euroländer erwerben darf ging über das Bundesverfassungsgericht an den EuGH. Deren Gutachter ist zur Erkenntnis gekommen dass ein Kauf rechtens ist, das Urteil selbst wird im Frühjahr fallen. Es wäre eine extrem große Überraschung wenn das EuGH anders urteilt als es ihr Gutachter einschätzt. Hier ein Link zu dem Thema: https://www.welt.de/finanzen/article181 ... htens.html
Bei mir hatte sich der Eindruck verfestigt, daß die EZB diese Schuldscheine annimmt und damit die EU mit Papiergeld flutet.
Ziel des Anleihekaufprogramms war es für niedrige Zinsen zu sorgen und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Außerdem sollten die üblichen verdächtigen Krisenländer die Entlastungen in den Staatshaushalten nutzen um Reformen durchführen zu können. Das hat aber leider kaum funktioniert. Reformen sind nur durch extremen Druck von außen umsetzbar.
Wenn Sie jetzt Recht behalten, dann ist bald Schluß mit diesem Programm der Geldvermehrung.
Die EZB wird das Anleihekaufprogramm Ende Dezember diesen Jahres auslaufen lassen. https://bankenverband.de/blog/ezb-will- ... en-lassen/
Tja, was dann? Dann kann der italienische Staat doch nur eigene Gutscheine drucken, die niemand haben will, also eine Parallelwährung erfinden.
Dazu wird es früher oder später wohl kommen wenn sich die Konfrontation Italien - EU fortsetzt. Gedankenspiele gab es dazu bereits im Wahlkampf.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 Oct 2018, 21:17)

...

...Reformen sind nur durch extremen Druck von außen umsetzbar. ...

...
Vielen Dank für die Aufklärung. Damit stehen die EZB und ihr Präsident Draghi mit einer weißen Weste da... und einen Teil der Staatsschulden Italiens haben wir völlig zu Recht in unserer Verantwortung, ohne darüber mitbestimmen zu können. Traumhaft!

Ohne Harmonisierung und Reformen von Steuern, Abgaben, Sozialleistungen kann weder die Währungsunion noch die EU auf Dauer bestehen. Aus meiner Sicht ist es dringend notwendig, daß entweder die EU oder die Euro-Gruppe sich dazu entschließen, diese fast unlösbare Aufgabe an zu nehmen. Das wäre mit einer teilweisen Entmündigung der demokratisch gewählten Regierungen der EU-Partnerstaaten oder der Euro-Gruppe verbunden.

Dazu ist es dringend notwendig, die demokratische Verankerung der zu solchen Beschlüssen befugten Organisationen zu erhöhen. Der Wähler muß die Möglichkeit haben, deren Zuständigkeit ab zu lehnen oder sie zu bestätigen. Wobei Ablehnung gleichbedeutend mit dem Ausstieg aus der Gemeinschaftswährung wäre. Nur so ist doch der von Ihnen angesprochene "extreme äußere Druck" her zu stellen.

Eine einfache Maßnahme wie die Versorgung mit Bargeld, die in Griechenland letztendlich zur Annahme der Lösungsvorschläge der Euro-Gruppe geführt hat, dürfte in Italien kaum dazu geeignet sein. Versuchen kann man das bei anhaltendem Streit natürlich auch. Der demokratische Weg wäre sinnvoller und nachhaltiger.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Nomen Nescio »

so, die EU-kommission hat italiens bilanz abgelehnt.

es findet die ziffer aufgeblasen (meine übersetzung) und merkt auch noch auf, daß eine wachstumsrate angenommen wird die vermutlich viel zu positiv ist. dann würde das negative saldo noch größer.

dies ist das erste mal dachte ich, daß die kommission so handelt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Nomen Nescio hat geschrieben:(23 Oct 2018, 16:22)

dies ist das erste mal dachte ich, daß die kommission so handelt.
Das ist richtig, das ist das erste mal dass die Kommission so reagiert. Da wird es jetzt noch ein paar mal hin und her gehen, aber wenn überhaupt kommt es nur zu kleineren Korrekturen im Haushalt.

Inzwischen ist auch klar wer für die hohen Schulden in Italien die Verantwortung trägt.

"Italienischer Regierungsvertreter: Verschuldung ist aufgrund der EU-Politik gestiegen. Wurde nicht von Rom verursacht." Quelle: Guidants News https://news.guidants.com
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eiskalt »

Die Regierung in Rom hatte ihrerseits angekündigt, an ihrem Etat-Entwurf festhalten zu wollen. Vize-Regierungschef Matteo Salvini sagte, Italien werde in dem Streit zwar jeden anhören, aber nicht zurückweichen. "Es ändert sich nichts, die Herren der Spekulation mögen abtreten, es gibt keinen Weg zurück", sagte Salvini bei einem Besuch in Bukarest laut Nachrichtenagentur Ansa. Die EU-Kommission würde nicht eine Regierung, "sondern ein Volk attackieren". Man werde den Italienern "keinen einzigen Cent" aus den Taschen nehmen.

http://m.spiegel.de/wirtschaft/soziales ... 34729.html

Nein. Sie möchte sich das gerne von anderen Nicht-Italienern bezahlen lassen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Eiskalt hat geschrieben:(23 Oct 2018, 17:51)

Man werde den Italienern "keinen einzigen Cent" aus den Taschen nehmen.

http://m.spiegel.de/wirtschaft/soziales ... 34729.html

Nein. Sie möchte sich das gerne von anderen Nicht-Italienern bezahlen lassen.
Das wird nicht klappen. Über 70% der italienischen Staatsschulden werden von italienischen Banken und Versicherungen gehalten. Die können sie gerne Bankrott gehen lassen und damit die Mutter aller Rezessionen in Italien auslösen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eiskalt »

Orbiter1 hat geschrieben:(23 Oct 2018, 18:08)

Das wird nicht klappen. Über 70% der italienischen Staatsschulden werden von italienischen Banken und Versicherungen gehalten. Die können sie gerne Bankrott gehen lassen und damit die Mutter aller Rezessionen in Italien auslösen.
Und was halten andere in der Union an den Banken??
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Varilion »

Das Budget ist absichtlich so geschrieben, dass es der EU-Kommission nichts anderes übrig bleibt, als dieses abzulehnen. Man muss darauf achten, dass die Wirtschaftsberäter dieser Regierung [Bagnai, Borghi, Savona, u.a.] stark antieuropäisch sind. Während Salvini (Lega) un Di Maio(5 Sterne) hauptsächlich auf den nächsten Wahl interessiert sind, haben die vorgenannten Professoren ein Italexit als Ziel. Sie gehören zu den Menschen die denken, dass die EU unmöglich für die einzelne Ländern macht, die am besten geeignete Wirtschaftspolitik zu verfolgen, deshalb muss man so schnell wie möglich raus.

Dazu kommt auch die Idee, dass, soweit Italien Handelsüberschuss führt, der Staat kein Schuldenproblem hat, und die EU-Kommission kann alles denkbares sagen, aber faktisch nichts tun. Wer den Preis zählt, sind private Unternehmen die investieren möchten und schwieriger zugang zum Kredit haben…

Wenn ihr Interesse habt, kann ich stundenlang über “Wirtschafts in Italien” reden/schreiben und euch parallele Universen deuten; am wenigstens werde ich hier nicht wegen verdächtigen Neoliberalismus versteinert….
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Eiskalt hat geschrieben:(23 Oct 2018, 18:11)

Und was halten andere in der Union an den Banken??
?
Varilion hat geschrieben:(23 Oct 2018, 20:30)

Das Budget ist absichtlich so geschrieben, dass es der EU-Kommission nichts anderes übrig bleibt, als dieses abzulehnen. Man muss darauf achten, dass die Wirtschaftsberäter dieser Regierung [Bagnai, Borghi, Savona, u.a.] stark antieuropäisch sind. Während Salvini (Lega) un Di Maio(5 Sterne) hauptsächlich auf den nächsten Wahl interessiert sind, haben die vorgenannten Professoren ein Italexit als Ziel. Sie gehören zu den Menschen die denken, dass die EU unmöglich für die einzelne Ländern macht, die am besten geeignete Wirtschaftspolitik zu verfolgen, deshalb muss man so schnell wie möglich raus.
Der schnellste Weg um aus der EU rauszukommen ist einen entsprechenden Antrag zu stellen. So wie die Briten das getan haben. Und der schnellste Weg um aus der Eurozone auszutreten ist die Einführung einer Parallelwährung. In beiden Fällen kann die italienische Regierung niemand daran hindern. Warum haben sie es dann noch nicht getan?
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Varilion »

Sie verfügen weder die parlamentarische Mehrheit, noch genug Konsensus im Land, noch die “technische Mitteln”, um so einen Schritt zu machen. Ebenfalls wissen die Politikern, dass keine Regierung eine EZ-Austritt überleben kann, wenn sie die Verantwortung trägt.

Salvini und Di Maio haben mehr praktische und nahe Zielen: z.B. so viel Plätze wie möglich im EU-Parlament nächstes Jahr zu bekommen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Alpha Centauri »

Eiskalt hat geschrieben:(23 Oct 2018, 17:51)

Die Regierung in Rom hatte ihrerseits angekündigt, an ihrem Etat-Entwurf festhalten zu wollen. Vize-Regierungschef Matteo Salvini sagte, Italien werde in dem Streit zwar jeden anhören, aber nicht zurückweichen. "Es ändert sich nichts, die Herren der Spekulation mögen abtreten, es gibt keinen Weg zurück", sagte Salvini bei einem Besuch in Bukarest laut Nachrichtenagentur Ansa. Die EU-Kommission würde nicht eine Regierung, "sondern ein Volk attackieren". Man werde den Italienern "keinen einzigen Cent" aus den Taschen nehmen.

http://m.spiegel.de/wirtschaft/soziales ... 34729.html

Nein. Sie möchte sich das gerne von anderen Nicht-Italienern bezahlen lassen.

Ich glaube kaum dass Salivini und Di Maio von ihren Wahlversprechen werden abrücken ( niedrigeres Renteneintrittsalter, Steuersenkungen ,Grundeinkommen für Arme usw..) eher heißt es dann aus Rom man habe die Bevormundung aus Brüssel,Berlin und Paris satt und die Nichtbeachtung des italienischen Wählerwillens.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Alpha Centauri hat geschrieben:(23 Oct 2018, 23:08)

Ich glaube kaum dass Salivini und Di Maio von ihren Wahlversprechen werden abrücken ( niedrigeres Renteneintrittsalter, Steuersenkungen ,Grundeinkommen für Arme usw..) eher heißt es dann aus Rom man habe die Bevormundung aus Brüssel,Berlin und Paris satt und die Nichtbeachtung des italienischen Wählerwillens.
Jetzt sollten wir erst einmal abwarten, wer den Italienern frisches Geld zugänglich macht.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Orbiter1 hat geschrieben:(23 Oct 2018, 18:08)
Das wird nicht klappen. Über 70% der italienischen Staatsschulden werden von italienischen Banken und Versicherungen gehalten. Die können sie gerne Bankrott gehen lassen und damit die Mutter aller Rezessionen in Italien auslösen.
Das ist der wesentliche Unterschied zu allen anderen hochverschuldeten Staaten im Euroraum. Da in Italien auch das Medianvermögen - Spareinlagen bei Banken und Versicherungen eingeschlossen - deutlich höher ist, als im Durchschnitt der EU, werden die Folgen eines Euro-Austrittes für die Inländer am stärksten sein. Das müssen die Italiener letztlich selbst entscheiden.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/v ... 42930.html
Nur wir Deutschen sollten nicht glauben, dass wir nur die positiven Seiten des Euro - relativ billige Exportwährung - auf Dauer behalten werden.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(24 Oct 2018, 08:36)

Das ist der wesentliche Unterschied zu allen anderen hochverschuldeten Staaten im Euroraum. Da in Italien auch das Medianvermögen - Spareinlagen bei Banken und Versicherungen eingeschlossen - deutlich höher ist, als im Durchschnitt der EU, werden die Folgen eines Euro-Austrittes für die Inländer am stärksten sein. Das müssen die Italiener letztlich selbst entscheiden.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/v ... 42930.html
Nur wir Deutschen sollten nicht glauben, dass wir nur die positiven Seiten des Euro - relativ billige Exportwährung - auf Dauer behalten werden.
Der Euro kann so nicht auf Dauer weiter entwickelt werden. Wenn Schritte zur weiteren Harmonisierung der Wirtschaft & Finanzen, der Steuern, Abgaben, Sozialleistungen unterbleiben, dann wird bei einigen Teilnehmern der Euro-Gruppe doch die Frage aufkommen, ob sich dieser Schritt zur Gemeinschaftswährung wirklich gelohnt hat.

Insofern ist vielleicht auch die augenblickliche Härte der EU-Kommission gegenüber der italienischen Haushaltsgestaltung zu verstehen. So ist das eben in der EU: Die EU-Kommission ist zuständig für die Bewertung der Haushalte in der EU, also auch der Euro-Partner.

Vermutlich wird es bei weiter rechtswidriger Haushaltsgestaltung der italienischen Regierung zu einem Vertragsverletzungsverfahren kommen, das am Ende mit Strafzahlungen belegt wird... wenn die italienische Regierung nicht einlenken sollte. Und darauf folgt unweigerlich wieder der Verlust des Stimmrechts in der EU, wenn die übrigen Partner dem zustimmen... was ich für möglich halte.

Mal sehen, ob "die Italiener" das dann auch noch gut finden.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(24 Oct 2018, 08:36)
Das ist der wesentliche Unterschied zu allen anderen hochverschuldeten Staaten im Euroraum. Da in Italien auch das Medianvermögen - Spareinlagen bei Banken und Versicherungen eingeschlossen - deutlich höher ist, als im Durchschnitt der EU, werden die Folgen eines Euro-Austrittes für die Inländer am stärksten sein. Das müssen die Italiener letztlich selbst entscheiden.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/v ... 42930.html
Nur wir Deutschen sollten nicht glauben, dass wir nur die positiven Seiten des Euro - relativ billige Exportwährung - auf Dauer behalten werden.
H2O hat geschrieben:(24 Oct 2018, 08:55)
Vermutlich wird es bei weiter rechtswidriger Haushaltsgestaltung der italienischen Regierung zu einem Vertragsverletzungsverfahren kommen, das am Ende mit Strafzahlungen belegt wird... wenn die italienische Regierung nicht einlenken sollte. Und darauf folgt unweigerlich wieder der Verlust des Stimmrechts in der EU, wenn die übrigen Partner dem zustimmen... was ich für möglich halte.
Mal sehen, ob "die Italiener" das dann auch noch gut finden.
Die Italiener werden sich die Folgen des Brexit genau anschauen und ihr konfrontatives Verhalten entsprechend anpassen. Einen Verlust des Stimmrechtes werden sie sicherlich nicht akzeptieren. Dann ist die Kooperation zu Ende.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(24 Oct 2018, 09:01)

Die Italiener werden sich die Folgen des Brexit genau anschauen und ihr konfrontatives Verhalten entsprechend anpassen. Einen Verlust des Stimmrechtes werden sie sicherlich nicht akzeptieren. Dann ist die Kooperation zu Ende.
Durchaus möglich, daß bei anhaltender Widerborstigkeit dieser politischen Veranstaltung dieses Ende in Kauf genommen wird. Man muß schon den Unmut bedenken, der sich in den übrigen Eurostaaten auftürmt... wenn wir uns an das griechische Theater erinnern. So etwas kommt doch mit größerer Wucht wieder!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(24 Oct 2018, 08:55)

Der Euro kann so nicht auf Dauer weiter entwickelt werden. Wenn Schritte zur weiteren Harmonisierung der Wirtschaft & Finanzen, der Steuern, Abgaben, Sozialleistungen unterbleiben, dann wird bei einigen Teilnehmern der Euro-Gruppe doch die Frage aufkommen, ob sich dieser Schritt zur Gemeinschaftswährung wirklich gelohnt hat.
Das ist das Kernproblem der Eurozone. Man hat den 5. Schritt (Einführung einer gemeinsamen Währung) vor dem 2., 3. und 4. Schritt (Harmonisierung der Wirtschaft & Finanzen, der Steuern, Abgaben, Sozialleistungen) gemacht. Das wird früher oder später auch zu einer Auflösung der Eurozone führen. Wirkliche Schritte die auf eine Harmonisierung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zielen kann ich nicht erkennen. Es gibt den Stabilitäts- und Wachstumspakt, aber der regelt nur die Verschuldung der Eurostaaten.
Insofern ist vielleicht auch die augenblickliche Härte der EU-Kommission gegenüber der italienischen Haushaltsgestaltung zu verstehen. So ist das eben in der EU: Die EU-Kommission ist zuständig für die Bewertung der Haushalte in der EU, also auch der Euro-Partner.
Die EU-Kommission erfüllt ihre Aufgaben die ihr gemäß der EU-Verträge aufgetragen wurden.
Vermutlich wird es bei weiter rechtswidriger Haushaltsgestaltung der italienischen Regierung zu einem Vertragsverletzungsverfahren kommen, das am Ende mit Strafzahlungen belegt wird... wenn die italienische Regierung nicht einlenken sollte. Und darauf folgt unweigerlich wieder der Verlust des Stimmrechts in der EU, wenn die übrigen Partner dem zustimmen... was ich für möglich halte.
Würde mich wundern wenn alle anderen Partner da zustimmen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Alpha Centauri »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 Oct 2018, 11:33)

Das ist das Kernproblem der Eurozone. Man hat den 5. Schritt (Einführung einer gemeinsamen Währung) vor dem 2., 3. und 4. Schritt (Harmonisierung der Wirtschaft & Finanzen, der Steuern, Abgaben, Sozialleistungen) gemacht. Das wird früher oder später auch zu einer Auflösung der Eurozone führen. Wirkliche Schritte die auf eine Harmonisierung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zielen kann ich nicht erkennen. Es gibt den Stabilitäts- und Wachstumspakt, aber der regelt nur die Verschuldung der Eurostaaten.
Die EU-Kommission erfüllt ihre Aufgaben die ihr gemäß der EU-Verträge aufgetragen wurden.
Würde mich wundern wenn alle anderen Partner da zustimmen.
Genau dass ist ja das eigentliche Kernproblem der EU eine gemeinsame Währung ohne eine einheitliche europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik dass funktioniert auf Dauer eben nicht ( jeder Mitgliedsstaat kocht immer noch sein eigenes Süppchen) es braucht daher eine wirkliche Union,
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Alpha Centauri hat geschrieben:(24 Oct 2018, 12:12)

Genau dass ist ja das eigentliche Kernproblem der EU eine gemeinsame Währung ohne eine einheitliche europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik dass funktioniert auf Dauer eben nicht ( jeder Mitgliedsstaat kocht immer noch sein eigenes Süppchen) es braucht daher eine wirkliche Union,
Da würde ich schon klar zwischen EU und Eurozone trennen. Die fehlende einheitliche europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik ist das Kernproblem der Eurozone aber nicht der EU. Das Kernproblem der EU ist nach meiner Überzeugung dass sie sich durch die Aufnahme von immer mehr Mitgliedstaaten die von ihren Pflichten die sie durch die Aufnahme in die EU eingegangen sind gar nichts wissen wollen und dafür ungeeigneten EU-Verträgen vollkommen handlungsunfähig gemacht hat. Diese EU taumelt ihrem Ende entgegen. Mal sehen wie lange es noch bis zum Exitus dauert.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 Oct 2018, 12:57) Diese EU taumelt ihrem Ende entgegen. Mal sehen wie lange es noch bis zum Exitus dauert.
Es wird keinen Exitus der EU geben.

Senexx dixit.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Alpha Centauri »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 Oct 2018, 12:57)

Da würde ich schon klar zwischen EU und Eurozone trennen. Die fehlende einheitliche europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik ist das Kernproblem der Eurozone aber nicht der EU. Das Kernproblem der EU ist nach meiner Überzeugung dass sie sich durch die Aufnahme von immer mehr Mitgliedstaaten die von ihren Pflichten die sie durch die Aufnahme in die EU eingegangen sind gar nichts wissen wollen und dafür ungeeigneten EU-Verträgen vollkommen handlungsunfähig gemacht hat. Diese EU taumelt ihrem Ende entgegen. Mal sehen wie lange es noch bis zum Exitus dauert.

Ja gut dass ist richtig mit der Trennung EU und Eurozone. Dennoch solange man nur eine Währung aber keine europaweite Einheitlichkeit in der Finanzpolitik bei der Wirtschaft und dem Sozialsystemen. hat ( bzw. EU.weite einheitliche Sozialleistungen) wird die sogenannten.Gemeinschaftswährung ohnehin früher oder später vor die Wand fahren. Diesen Zustand beklagen einige Ökonomen.bereits seit es den Euro gibt, was hat sich seit Euroeinführung in punkto europäischer Vereinheitlichung politisch getan???


NICHTS!!!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Nomen Nescio »

Varilion hat geschrieben:(23 Oct 2018, 20:30)

Dazu kommt auch die Idee, dass, soweit Italien Handelsüberschuss führt, der Staat kein Schuldenproblem hat, und die EU-Kommission kann alles denkbares sagen, aber faktisch nichts tun. Wer den Preis zählt, sind private Unternehmen die investieren möchten und schwieriger zugang zum Kredit haben…
hat japan nicht eine noch größere verschuldung? die ist aber ganz intern .

ich vermute, das italien damals schummelte mit den kriterien der EU, dabei denkend »dann werden die zinsen kleiner und können wir leichter unsere schuld ablösen«.
als aber die euro kam, haben sie - genau wie griechenland - keine maßnahmen getroffen. sie hielten nicht rechnung mit dem kleinen geburtzahl und mit der modernisierung. daneben kamen auch noch die aktionen der mafia, ndangreta, camorra oder wie sie auch denn heißen.
ich vermute daß nur eine rigorose geldsanierung italien wieder lebend machen kann. das bedeutet zwar daß italien dann mindestens geraume zeit aus der euro bleiben wüde. utopie also.
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Nomen Nescio »

Senexx hat geschrieben:(24 Oct 2018, 13:03)

Es wird keinen Exitus der EU geben.

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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Varilion »

Nomen Nescio hat geschrieben:(24 Oct 2018, 21:57)
hat japan nicht eine noch größere verschuldung? die ist aber ganz intern .
Das ist, laut der Propaganda, auch der Ziele der italienischen Populisten, aber ich frage mich, ob sie es auch vorhaben, in zukunft auf Japanisch zu sprechen. Na, ja jetzt machen wir wie die Japaner….

Italien hat kaum mit Griechenland (oder Spanien) zu teilen. Das kann man gut beschreiben mit Tolstoi’s Worten: „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.“

Zwischen die Einführung des Euro und der Finanzkrise, hat Italien seine Schulden um 10% Reduziert (und 20% seit 1992; 120->100 ) - In Deutschland ... das Gegenteil. Aber leider stand eine riesige Menge von Problemen ünder diesen positiven Nummern: die unterschiedlichen Regierungen haben im Laufe der Jahre nicht sinnvolles erreicht und mit der Krise ist alles kaputt gegangen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Nomen Nescio hat geschrieben:(24 Oct 2018, 21:57)

hat japan nicht eine noch größere verschuldung? die ist aber ganz intern .
Ja, die japanische Staatsverschuldung ist viel größer. Sie beläuft sich auf 236% des BSP (Italien 130%) und umgerechnet 10 Billionen Euro (Italien 2,3 Billionen Euro). Trotzdem muß die japanische Regierung weniger für ihre Schulden ausgeben als die italienische Regierung. In Japan liegen die Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen bei 0,1%, in Italien bei 3,6%. Das hat vor allem mit der unterschiedlichen Erwartung der Anleger zu tun dass man sein Geld von der Regierung auch wieder zurückbekommt. Da ist das Vertrauen in die japanische Regierung erheblich höher.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

@Orbiter1

Irgendwo habe ich in diesem Strang gelesen, daß sich nach Auffassung von Euro-Skeptikern der Euro nur zum Vorteil der großen Staaten auswirke. Diese Anmerkung begegnete mir nicht zum ersten Male. Beim besten Willen erkenne ich diese Bevorzugung Deutschlands durch den Euro nicht. Klar der niedrige Zins begünstigt doch aber Schuldenmacher, und er erspart auch unserem Finanzminister erkleckliche Summen für die Finanzierung deutscher Anleihen.

Nun ist Italien wirklich kein wirtschaftliches Federgewicht, leider aber von unübersichtlicher Klientelwirtschaft geplagt. Und hoch verschuldet bei geringem Vertrauen von Anlegern... also müssen hohe Zinsen erwirtschaftet werden, um die Anleihen überhaupt noch verkehrsfähig halten zu können. Mit "Größe" hat das doch aber gar nichts zu tun... wie wollten sonst Länder wie Estland, Malta oder Zypern im Euro bestehen?

Leuchtet Ihnen diese Behauptung ein: "Der Euro ist nur für die Großen vorteilhaft!" ?
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(26 Oct 2018, 10:07)

Leuchtet Ihnen diese Behauptung ein: "Der Euro ist nur für die Großen vorteilhaft!" ?
Kurze Antwort - Nein! Die viel interessantere Frage ist ob die Einführung des Euro die beabsichtigten Ziele erreichen konnte. Und hier lautet die klare Antwort ebenfalls - Nein! Gemäß dem Gabler-Lexikon sollte der Euro (neben der Stabilität der Währung) "zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft beitragen, u. a. zu einer harmonischen und ausgewogenen Entwicklung des Wirtschaftslebens, zu beständigem, nichtinflationärem und umweltverträglichem Wachstum, hohem Grad an Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, hohem Beschäftigungsniveau und hohem Mass an sozialem Schutz." Da ist der Euro krachend gescheitert. Noch schlimmer, mit ihm wurde ein Keil zwischen den Ländern und Menschen der Eurozone getrieben. Und wenn ich mir die wirtschaftliche Entwicklung (gemessen am Bruttosozialprodukt) von verschiedenen EU-Ländern (in und außerhalb der Eurozone, großen und kleinen Ländern) seit der Euro-Einführung im Jahr 2000 ansehe ist klar dass die Länder ohne Euro die weitaus bessere Entwicklung genommen haben. Auch die Entwicklung von Deutschland war unter dem der EU-28. http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_ ... /abbX1.pdf

Eigentlich ist diese Entwicklung auch logisch. Denn im Kern lässt sich eine Volkswirtschaft durch 4 Parameter steuern.

1) Die Zinspolitik
2) Die Wechselkurspolitik
3) Die Haushaltspolitik
4) Die Lohnpolitik

EU-Staaten außerhalb der Eurozone können alle 4 Parameter ändern falls Handlungsbedarf besteht. Länder der Eurozone können nur den vierten Parameter, die Lohnpolitik ändern, und da sind Anpassungen (falls man als Politiker wiedergewählt werden möchte) de facto kaum umsetzbar. Die ersten 3 Parameter sind entweder gar nicht änderbar (die Wechselkurspolitik), werden für alle einheitlich geregelt was grober Unfug ist (die Zinspolitik durch die EZB) oder unterliegen starken Einschränkungen (die Haushaltspolitik, Italien ist ja das aktuell beste Beispiel dafür).

Nach meiner Überzeugung wird der Euro in absehbarer Zeit (innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre) zerbrechen. Ein Fortbestand wäre nur möglich wenn es zu einer raschen Harmonisierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik kommen würde (aber das halte ich aufgrund der unterschiedlichen Mentalitäten, Traditionen und Erfahrungen der einzelnen EU-Staaten für nicht durchführbar) oder man bildet eine Transferunion. So eine Transferunion lässt sich bei kleinen EU-Staaten noch machen und auch verbergen (Griechenland hat von den Steuerzahlern der Eurozone 285 Mrd Euro an Hilfskrediten erhalten, die Tilgung dafür beginnt aber erst in den 30er Jahren (wird aber auch dann nicht möglich sein)), aber bei Staaten wie Italien stösst man da an finanzielle Grenzen und Verstecken ist auch nahezu unmöglich.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Orbiter1 hat geschrieben:(26 Oct 2018, 13:48)
Nach meiner Überzeugung wird der Euro in absehbarer Zeit (innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre) zerbrechen. Ein Fortbestand wäre nur möglich wenn es zu einer raschen Harmonisierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik kommen würde (aber das halte ich aufgrund der unterschiedlichen Mentalitäten, Traditionen und Erfahrungen der einzelnen EU-Staaten für nicht durchführbar) oder man bildet eine Transferunion. So eine Transferunion lässt sich bei kleinen EU-Staaten noch machen und auch verbergen (Griechenland hat von den Steuerzahlern der Eurozone 285 Mrd Euro an Hilfskrediten erhalten, die Tilgung dafür beginnt aber erst in den 30er Jahren (wird aber auch dann nicht möglich sein)), aber bei Staaten wie Italien stösst man da an finanzielle Grenzen und Verstecken ist auch nahezu unmöglich.
Wirtschaftswoche 24.10.2018 Interview mit Daniel Stelter
https://www.wiwo.de/politik/europa/dani ... 6-all.html
Im Grunde sind in Brüssel alle froh, dass die EZB über die Hintertür die Sozialisierung in Europa über billige Zinsen oder den Aufkauf der Wertpapiere herbeiführt. Und logischerweise wird die EZB den Euro immer erhalten wollen und daher zu Maßnahmen greifen, die erst hinterher von Gerichten für legal erklärt werden. So gesehen halten sich die Italiener mit ihrem Defizit im Grunde sogar zurück, die könnten noch viel höhere Schulden planen. Ich glaube deshalb, dass die EZB wie Japan in immer größeren Stil Staatsanleihen und Wertpapiere aufkaufen wird, bevor es zum Schuldenschnitt oder dem Erlass von Target-Schulden kommt.
Die meisten italienischen Staatsanleihen gehören den Italienern, die würden dann massiv verlieren. Rom will deshalb keinen direkten Schuldenerlass, sondern - darauf wird es hinauslaufen – lieber mit irgendwelchen Buchhaltungstricks seine Schulden auf die EZB verschieben. Dort können sie bis in alle Ewigkeit bleiben. Schon die Spanier haben ihre Banken mit einer EZB-finanzierten Bad Bank gerettet. Die Iren haben sich mit Staatsanleihen refinanziert, die komplett von der irischen Notenbank mit frischem EZB-Geld gekauft wurden. Zudem sind das ewige Anleihen, die nie fällig werden, damit war das Problem gelöst. Warum also soll Italien das nicht dürfen?
Sollten Anleger dann nicht auch Schulden machen?
Erstens: Sparer und Anleger sollten natürlich ihr Geld international diversifiziert anlegen und nicht nur in Europa oder gar nur Deutschland. Das ist ganz entscheidend. Zweitens wissen wir nicht, welchen Abgaben uns noch drohen. Es gibt auf der Welt meines Erachtens keinen sicheren Platz. Sparen in Geldvermögen ist jedenfalls eine ziemlich dumme Idee, insbesondere heute. Also sollte man in Aktien, Unternehmensbeteiligungen sowie Immobilien investiert sein, und nicht in Anleihen und Geld. Schulden machen wäre aber nur dann richtig, wenn sicher wäre, dass morgen eine hohe Inflation – ich meine deutlich mehr als fünf Prozent – kommen würde. Kommen aber eher neue Steuern und Abgaben, kann einem eine zu hohe Verschuldung auch das Genick brechen.
"Lösen lässt sich das theoretisch nur durch einen Schuldenerlass – zum Beispiel über Abschreibungen in der EZB-Bilanz – in Kombination mit einer verkleinerten Eurozone. Das wäre rational. Aber es ist politisch nicht mehr darstellbar, dafür gibt es mit Salvini und anderen Staatschefs keine Mehrheit. Auch wird keiner zugeben, dass der Euro ein Konstrukt ist, dem die ökonomischen Grundlagen fehlen und Probleme verschleppt wurden. Also setzen alle auf das Prinzip Hoffnung bis zum Ende ihrer Amtszeit. Insbesondere solange die Bevölkerung weiter zum Euro steht, wird der Euro nicht fallengelassen."
Schöner positionierender Überblick zu dieser nicht trivialen Problematik.
siehe auch:
http://www.manager-magazin.de/politik/w ... 253-3.html
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(26 Oct 2018, 13:48)

Kurze Antwort - Nein! Die viel interessantere Frage ist ob die Einführung des Euro die beabsichtigten Ziele erreichen konnte. Und hier lautet die klare Antwort ebenfalls - Nein! ...

...
Ja, das Gefühl hatte ich auch... daß der Hinweis, daß nur die Großen mit dem Euro Glück haben und die Kleinen draufzahlen, daß dieser Hinweis also alles andere als sachlich richtig ist. Vielen Dank für Ihre Mühe, meine Frage so umfassend zu beantworten!

Eine Anmerkung noch zur Entwicklung der Mitgliedsstaaten ohne die Gemeinschaftswährung. Die legen ja zum Teil ganz beeindruckende Zahlen vor, schon richtig. Aber ich meine, daß mit einigen ärgerlichen Ausnahmen die Gemeinschaftswährung nur dort nicht eingeführt wurde, wo der erreichte Stand nach Auffassung der Euro-Gruppe noch nicht reif für die Gemeinschaftswährung war. Kein Wunder, daß die jetzt tüchtig zulegen. Von nichts auf ein bißchen geht eben leichter als von Vollbeschäftigung auf zweifache Vollbeschäftigung... :)

Für mich als "Polen" ist es schon ärgerlich, wenn der Kurs des Zlotys mal bei 3,95 und mal bei 4,4 Zloty/Euro liegt. Da ist dann ja richtiges Geld im Spiel, wenn man Rechnungen in Polen bezahlen muß.

Wenn man die kleinen baltischen Staaten betrachtet, dann müßten die auch ganz gut zulegen... sagt mir ungeprüft mein Gefühl... und die haben ja seit einiger Zeit den Euro.

Ja, hoffen wir einmal, daß die EU die Kraft für weitere Harmonisierungen der Finanz-und Wirtschaftspolitik findet... das war vermutlich auch der Hintergedanke, der Präsident Hollande und jetzt Präsident Macron umgetrieben hatte, als sie von Kerneuropa sprachen. Klar, daß die schlechte Laune wächst, wenn den soliden Euro-Staaten von den Leichtfüßen immer neue Schulden in die Bücher geschrieben werden können, ohne daß die "Musterknaben" darüber mitbestimmen können. Vermutlich ist jetzt schon deshalb die Kommission gegenüber Italien so grantig!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(26 Oct 2018, 16:28)

Wirtschaftswoche 24.10.2018 Interview mit Daniel Stelter
https://www.wiwo.de/politik/europa/dani ... 6-all.html
Wie man dem verlinkten Artikel entnehmen kann gibt es von Hrn. Stelter wieder ein neues Buch. Das ist dann der richtige Zeitpunkt auf sich aufmerksam zu machen und ordentlich auf den Putz zu hauen. Bei der Ursache der wirtschaftlichen Krise in Italien stimme ich ihm weitgehend zu und ja Italien ist ein reiches Land mit geringer privater Verschuldung und hohem Vermögen dass die Staatsschulden locker selbst stemmen kann, aber bei der Lösung der italienischen Staatsverschuldung sind seine Thesen extrem steil geraten. Da gibt es eine EZB die sich nicht von ihren Statuten leiten lässt sondern aus reinem Selbsterhaltungstrieb exzessiv dagegen verstößt. Und angeblich läuft es darauf hinaus dass die italienischen Staatsanleihen mit ein paar Buchhaltungstricks bei der EZB landen und dort ewig verbleiben. Dann sollen die Buchhalter in der italienischen Regierung mal loslegen und den vor Existenzangst schlotternden EZB-Bankern Staatsanleihen im Wert von 1,95 Billionen € übertragen (Staatsanleihen im Wert von 350 Mrd € hat die EZB ja bereits aufgekauft).

Zur Ergänzung, für die weitere Existenz des Euro gibt es neben dem Schaffen von wirtschaftlicher Konvergenz innerhalb der Eurozone und dem Einrichten einer Transferunion noch eine dritte Möglichkeit. Das ist die Einführung eines Prozesses zur geordneten Staatsinsolvenz, ein Schuldenerlass unter harten Auflagen ist eine Teilkomponente davon. Dazu wurden in Verbindung mit der Griechenlandkrise bereits detaillierte Pläne ausgearbeitet, aber man hat bisher gescheut so etwas als offizielles Instrumentarium aufzunehmen. Ob man das jetzt mit Italien vor der Brust nachholen kann wage ich zu bezweifeln.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von unity in diversity »

Guthaben sind ohne Schulden nicht erklärbar.
Handelsüberschüsse, ohne Handelsdefizite, auch nicht.
Des Einen Gewinn, ist des Anderen Verlust.
Des Einen Einnahme, ist des Anderen Ausgabe.
Solange sich alles im Gleichgewicht befindet, passiert nichts.
Eventuell muss man den Bezugsrahmen erweitern, um zu erkennen, wo sich Guthaben und Schulden ansammeln.
Die Wanderungsbewegungen sind interessant, weil die Versuchung gross ist, protektionistische Auswege zu finden.
Die Merkelregierung ist darin unübertroffen.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(26 Oct 2018, 16:28)
Wirtschaftswoche 24.10.2018 Interview mit Daniel Stelter
https://www.wiwo.de/politik/europa/dani ... 6-all.html
"Lösen lässt sich das theoretisch nur durch einen Schuldenerlass – zum Beispiel über Abschreibungen in der EZB-Bilanz – in Kombination mit einer verkleinerten Eurozone. Das wäre rational. Aber es ist politisch nicht mehr darstellbar, dafür gibt es mit Salvini und anderen Staatschefs keine Mehrheit. Auch wird keiner zugeben, dass der Euro ein Konstrukt ist, dem die ökonomischen Grundlagen fehlen und Probleme verschleppt wurden. Also setzen alle auf das Prinzip Hoffnung bis zum Ende ihrer Amtszeit. Insbesondere solange die Bevölkerung weiter zum Euro steht, wird der Euro nicht fallengelassen."
Schöner positionierender Überblick zu dieser nicht trivialen Problematik.
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Orbiter1 hat geschrieben:(27 Oct 2018, 09:29)
Zur Ergänzung, für die weitere Existenz des Euro gibt es neben dem Schaffen von wirtschaftlicher Konvergenz innerhalb der Eurozone und dem Einrichten einer Transferunion noch eine dritte Möglichkeit. Das ist die Einführung eines Prozesses zur geordneten Staatsinsolvenz, ein Schuldenerlass unter harten Auflagen ist eine Teilkomponente davon. Dazu wurden in Verbindung mit der Griechenlandkrise bereits detaillierte Pläne ausgearbeitet, aber man hat bisher gescheut so etwas als offizielles Instrumentarium aufzunehmen. Ob man das jetzt mit Italien vor der Brust nachholen kann wage ich zu bezweifeln.
Es gibt wenige Experten, die wie Stelter die finanzwirtschaftlichen und finanzpolitischen Mechanismen so gut zusammendenken können. Im Manager-Magazin-Artikel werden Szenarien spieltheoretisch durchdacht, die der politischen Wirklichkeit erstaunlich nahe kommen könnten.
Allerdings dürfte die finanzpolitische Idee des Euro als gemeinsamer Währung im Wettbewerb mit US-Dollar und Yuan langlebiger und zäher sein, als mittelfristig abzusehen ist.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(27 Oct 2018, 12:29)

Es gibt wenige Experten, die wie Stelter die finanzwirtschaftlichen und finanzpolitischen Mechanismen so gut zusammendenken können.
Ich hab mir mal seinen Blog angesehen. Das ist einer der üblichen EU-, Merkel- und Flüchtlingshasser. Für GB sieht er die strahlende Zukunft wenn endlich der Brexit vollzogen ist. Aber hier sind wir im Italien-Thread. Wann kommt denn nun die Übertragung der italienischen Staatsschulden per Buchhaltungstricks an die EZB? Die von Stelter angekündigten Erpressungsversuche der italienischen Regierung aus dem Euro auszutreten ("Für Italien ist es also optimal, uns zu erpressen") sind bisher nach hinten losgegangen. Nur die Erwähnung eines möglichen Euro-Ausstiegs führte zu steigenden Zinsen. Selbst Salvini betont seitdem dass Italien in der EU und im Euro bleiben wird. Man sollte Stelter an seinen Prognosen zur italienischen Staatsverschuldung messen. Von denen ist noch keine eingetroffen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Varilion »

Das Ver­mö­gen der Italiener besteht im großen Teil auf Immobilien (Italiener sind in der Regel Hausbesitzer), deren wert sehr "beliebig" ist; der zweiten großten Teil besteht einfach auf Staatsanleine...
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von unity in diversity »

Varilion hat geschrieben:(27 Oct 2018, 15:22)

Das Ver­mö­gen der Italiener besteht im großen Teil auf Immobilien (Italiener sind in der Regel Hausbesitzer), deren wert sehr "beliebig" ist; der zweiten großten Teil besteht einfach auf Staatsanleine...
Immobilien machen immobil, vor allem vor dem Hintergrund, den Arbeitsplätzen hinterher ziehen zu müssen.
Von daher das Anspruchsdenken der Italiener, Arbeitsplätze sind frei Haus zu liefern.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

unity in diversity hat geschrieben:(27 Oct 2018, 15:35)

Immobilien machen immobil, vor allem vor dem Hintergrund, den Arbeitsplätzen hinterher ziehen zu müssen.
Von daher das Anspruchsdenken der Italiener, Arbeitsplätze sind frei Haus zu liefern.
Nun würde ich da nicht zu hart urteilen: Denken Sie daran, daß wir in Deutschland aus umweltpolitischen Gründen möglichst gestern mit der Braunkohleverstromung aufhören möchten, daß aber die Menschen in der Region auch nicht unbedingt hinter der Arbeit her reisen möchten. Die Menschen dort kämpfen um ihre Arbeitsplätze, und die ganze Klimageschichte geht den Betroffenen am Allerwertesten vorbei.

So ganz abwegig ist doch diese Haltung auch wieder nicht. Vor 50 Jahren hatten noch sehr viele Menschen Arbeit und Brot vor der Haustür als Landwirte und Knechte... und plötzlich müssen die durch Europa reisen und Arbeit suchen. Eine Existenz wie in den USA mit Wohnmobil als Hauptwohnsitz, und dann dahin verlegen, wo man einen Job bekommt... an diese Lebensart müssen wir uns vielleicht noch gewöhnen.

Bei Varilions Aussage: "Halbes Vermögen im Wohngebäude/Eigentumswohnung, halbes Vermögen in Staatsanleihen" schwant mit Furchtbares. Wenn die populistischen Regierungen den Staat gegen die Wand fahren, dann haben die Leute dort kein Vermögen mehr in Staatsanleihen, und die Wohngebäude im Süden sind nichts mehr wert, weil dort kein Brot nach heutigem Standard zu verdienen ist. Da bleiben dann nur noch Rentner und Pflegekräfte... und ein paar Staatsbetriebe. Ok, die Urlauber und das Gastgewerbe an den Küsten, wenn die nicht schon zersiedelt und zerstört worden sind. In Sizilien gibt es dafür schlimme Beispiele! Dann macht Urlaub da ja auch keinen Spaß mehr.

Oder liege ich mit meinem Horrorgemälde ganz falsch?

Die nächste Schlußfolgerung ist doch, daß sich Italien am Ende so wie Griechenland verzweifelt an den Euro klammert, weil ohne den Schutz der übrigen Europartner Italien im Sturzflug in die 3. Welt abstürzt. Im Grunde kann also die EU-Kommission weiter beinhart auf einem ordentlichen Haushalt bestehen, weil die Drohung mit einer eigenen Währung eben nur eine Drohung bleibt. Die Schulden sind ja nicht plötzlich weg, nur weil man eine eigene Währung einführt. Na, das wird Theater geben... so recht nach dem Geschmack von Herrn Varoufakis... seligen Angedenkens! Finanzminister Scholz wird also den Super-Schäuble geben müssen... wenn es diese Bundesregierung bis 2021 schafft.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(27 Oct 2018, 12:29)
Es gibt wenige Experten, die wie Stelter die finanzwirtschaftlichen und finanzpolitischen Mechanismen so gut zusammendenken können. Im Manager-Magazin-Artikel werden Szenarien spieltheoretisch durchdacht, die der politischen Wirklichkeit erstaunlich nahe kommen könnten.
Allerdings dürfte die finanzpolitische Idee des Euro als gemeinsamer Währung im Wettbewerb mit US-Dollar und Yuan langlebiger und zäher sein, als mittelfristig abzusehen ist.
siehe auch:
http://www.manager-magazin.de/politik/w ... 253-3.html
Orbiter1 hat geschrieben:(27 Oct 2018, 14:28)
Die von Stelter angekündigten Erpressungsversuche der italienischen Regierung aus dem Euro auszutreten ("Für Italien ist es also optimal, uns zu erpressen") sind bisher nach hinten losgegangen. Nur die Erwähnung eines möglichen Euro-Ausstiegs führte zu steigenden Zinsen. Selbst Salvini betont seitdem dass Italien in der EU und im Euro bleiben wird. Man sollte Stelter an seinen Prognosen zur italienischen Staatsverschuldung messen. Von denen ist noch keine eingetroffen.
SZ 27. Oktober 2018 Italien riskiert den großen Knall
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ ... -1.4186641
Die Risikoprämie hat sich seit März von 1,2 auf 3,2 Prozentpunkte fast verdreifacht. Viele Beobachter betrachten die Vier-Prozent-Marke als absolut gefährlich. Ein gefürchteter Verstärker der Abwärtsspirale sind die Bewertungen der vier Ratingagenturen, die die Kreditwürdigkeit benoten. Italiens Staatsanleihen sind nah am Ramschniveau. Es reichen drei weitere Herabstufungen der Bonitätswächter, um Finanzinstitution zu zwingen, die Staatspapiere abzustoßen. Ad-hoc könnten so mehr als 100 Milliarden Dollar den Markt überschwemmen - ein Tsunami.
Als Lehre aus der Schuldenkrise Anfang des Jahrzehnts legte sich die Euro-Zone 2012 einen Rettungsschirm zu. Es wurde der Euro-Rettungsfonds ESM mit einer Darlehenskapazität von 500 Milliarden Euro eingerichtet, um die Zahlungsfähigkeit von überschuldeten Mitgliedstaaten zu sichern. Daneben legte sich die EZB das Programm Outright Monetary Transactions (OMT) zu, mit dem unbegrenzt Staatsanleihen gekauft werden können. Draghi zerstörte am Donnerstag die Illusion der Regierenden in Rom, er könne seinen Landsleuten zur Seite springen. Genau das verlangt Italien hartnäckig von ihm. Mit Nachdruck wies der EZB-Chef darauf hin, dass dem Land als einzige Hilfsmöglichkeit das OMT zur Verfügung steht. Für seine Aktivierung müsste die Regierung einen Rettungsantrag beim ESM stellen und sich im Gegenzug zu Reformen und Sanierungsmaßnahmen verpflichten. Sie würde den Verlust ihrer Souveränität in der Haushaltspolitik unterschreiben.
"Am Finanzmarkt hat man verstanden, dass die aktuellen Turbulenzen nicht mit der Lage im Krisenjahr 2011 vergleichbar sind. Die neue Architektur der Stabilisierungsmechanismen eliminiert die Ansteckungsgefahr für andere Euro-Länder wie Spanien und Portugal, die bisher nicht mit Zinssteigerungen zu kämpfen haben. Für Griechenland senkte sich die Zinsdifferenz zu Italien sogar um einen Prozentpunkt. "Die Annahme, dass Italien zu groß ist, um nicht gerettet zu werden, ist damit anscheinend widerlegt", sagt Bini Smaghi."
Die italienische Regierung wird sich so teuer wie möglich verkaufen. Beide Seiten werden sich bewegen müssen, da ein Rettungspaket gigantische Ausmaße haben könnte.
siehe auch:
https://www.welt.de/finanzen/article166 ... -Zone.html
"Noch sind 93 Prozent der Papiere nach heimischem Recht ausgegeben. „Das ermöglicht es den Italienern, die Papiere im Zweifelsfall auch in Lira zurückzuzahlen, sollte es zu einem Austritt kommen”, betonte Brigitte Granville, Professorin der Queen-Mary-Universität in London. "
Zuletzt geändert von Wähler am So 28. Okt 2018, 10:30, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

Orbiter1 hat geschrieben:(26 Oct 2018, 09:34)

Ja, die japanische Staatsverschuldung ist viel größer. Sie beläuft sich auf 236% des BSP (Italien 130%) und umgerechnet 10 Billionen Euro (Italien 2,3 Billionen Euro). Trotzdem muß die japanische Regierung weniger für ihre Schulden ausgeben als die italienische Regierung. In Japan liegen die Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen bei 0,1%, in Italien bei 3,6%. Das hat vor allem mit der unterschiedlichen Erwartung der Anleger zu tun dass man sein Geld von der Regierung auch wieder zurückbekommt. Da ist das Vertrauen in die japanische Regierung erheblich höher.
Die Japanische Regierung wird Schulden in ihrer eigenen Währung immer zurückzahlen können, weil ihr die japanische Zentralbank letztlich neue Staatsanleihen immer abnehmen kann.
Durchaus nachvollziehbar, dass Italien gerne ähnlich handeln würde (weil hohe Arbeitslosigkeit und niedrige Inflation.)

Im Euro ist das aber nicht so einfach. Die EZB darf nur indirekt Staatsanleihen erwerben und der politische Druck kann sehr hoch sein, dass sie es in manchen Fällen unterlassen muss.
Aus der Sicht wirkt die Euro auf die Einzelstaaten wie eine Fremdwährung.

IMO besteht hier ein Reformbedarf. Aber wurde hier ja schon angesprochen, dass der Euroraum eine gemeinsame Wirtschafts- und Sozialpolitik bedarf, damit der Euro noch eine Zukunft hat.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

z4ubi hat geschrieben:(28 Oct 2018, 08:06)

Die Japanische Regierung wird Schulden in ihrer eigenen Währung immer zurückzahlen können, weil ihr die japanische Zentralbank letztlich neue Staatsanleihen immer abnehmen kann.
Durchaus nachvollziehbar, dass Italien gerne ähnlich handeln würde (weil hohe Arbeitslosigkeit und niedrige Inflation.)

Im Euro ist das aber nicht so einfach. Die EZB darf nur indirekt Staatsanleihen erwerben und der politische Druck kann sehr hoch sein, dass sie es in manchen Fällen unterlassen muss.
Aus der Sicht wirkt die Euro auf die Einzelstaaten wie eine Fremdwährung.

IMO besteht hier ein Reformbedarf. Aber wurde hier ja schon angesprochen, dass der Euroraum eine gemeinsame Wirtschafts- und Sozialpolitik bedarf, damit der Euro noch eine Zukunft hat.
Erst einmal: "Ja, einverstanden!"

Man könnte sich auch vorstellen, daß Italien sich diese Freiheit verschafft, indem das Land aus der Gemeinschaftswährung ausscheidet. Die vertraglichen Hindernisse auf diesem Wege lassen wir einmal außen vor.

Dagegen spricht aus meiner laienhaften Sicht aber, daß Italien sich bei der Gemeinschaft verschuldet hat; daß also solide wirtschaftende und finanzierende Partner mit italienischen Schulden sitzen bleiben. Zweifellos wird Italien diese Schuld abtragen müssen, natürlich in erwirtschafteten Hartwährungen.

Das war vor einigen Jahren doch auch der Grund, weshalb sich die Griechen am Ende ziemlich verzweifelt an den Euro geklammert hatten, nachdem zu Beginn der Schuldenkrise Finanzminister Varoufakis im Duett mit MP Tsipras gedroht hatten, den Euro verlassen zu wollen. Am Ende hat dann Finanzminister Schäuble noch damit geliebäugelt, die Griechen zeitweise zur Drachme zurück kehren zu lassen. Das hat dann die Kanzlerin mit Präsident Hollande abgebogen, weil man damit Griechenland in die 3. Welt befördert hätte.

So dürften auch die Drohungen Italiens enden... wenn ich auch das wirtschaftliche Potential Italiens weitaus höher einschätze.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

Ja, Italien ist da ein ganz anderes Kaliber. Spanien hat auch sein Defizit ordentlich hochfahren müssen, um die Folgen der Finanzkrise zu bekämpfen. Und die Arbeitslosigkeit ist dort immernoch sehr hoch. Es bleibt offen, ob dort der Staat künftig noch mehr investieren muss.
Um politische Stabilität zu garantieren, muss die Arbeitslosigkeit in den Ländern bekämpft werden und nicht nur, indem man Billigjobs schafft. Wenn der "freie Markt" allein das nicht macht, muss eben der Staat eingreifen.

Letztlich wird, so vermute ich, an einer Reform des Euro(-raums), nichts vorbeiführen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

z4ubi hat geschrieben:(28 Oct 2018, 11:37)

Ja, Italien ist da ein ganz anderes Kaliber. Spanien hat auch sein Defizit ordentlich hochfahren müssen, um die Folgen der Finanzkrise zu bekämpfen. Und die Arbeitslosigkeit ist dort immernoch sehr hoch. Es bleibt offen, ob dort der Staat künftig noch mehr investieren muss.
Um politische Stabilität zu garantieren, muss die Arbeitslosigkeit in den Ländern bekämpft werden und nicht nur, indem man Billigjobs schafft. Wenn der "freie Markt" allein das nicht macht, muss eben der Staat eingreifen.

Letztlich wird, so vermute ich, an einer Reform des Euro(-raums), nichts vorbeiführen.
Nun ja, allzu viele Möglichkeiten gibt es dazu aber nicht. Der Euro ist schon sehr tief verankert im Bewußtsein der Euro-Gruppe. Eine Hartwährung ohne Beispiel. In gewisser Weise auch der Stolz, dazu zu gehören dort, wo man den Euro verflucht.

Der mir sympathischste Weg wäre, auf dem Weg zum vereinten Europa durch harmonisierte Steuern, Abgaben, soziale Leistungen, Wirtschaftsweise, Verwaltung Schritt für Schritt voran zu gehen, damit irgendwann die Sorgen in Spanien, Italien und Griechenland unsere Sorgen werden, und wir aber auch auf deren Auflösung vor Ort und in der EU mit demokratischen Verfahren einwirken können.

Das augenblickliche Verfahren, daß A unabhängig entscheidet und B ohne Gegenwehr für einen Teil der Verbindlichkeiten von A gerade stehen soll, das ist doch nur geeignet, allseits Verdrossenheit zu fördern!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

z4ubi hat geschrieben:(28 Oct 2018, 11:37)
Ja, Italien ist da ein ganz anderes Kaliber. Spanien hat auch sein Defizit ordentlich hochfahren müssen, um die Folgen der Finanzkrise zu bekämpfen. Und die Arbeitslosigkeit ist dort immernoch sehr hoch. Es bleibt offen, ob dort der Staat künftig noch mehr investieren muss.
Um politische Stabilität zu garantieren, muss die Arbeitslosigkeit in den Ländern bekämpft werden und nicht nur, indem man Billigjobs schafft. Wenn der "freie Markt" allein das nicht macht, muss eben der Staat eingreifen.
Letztlich wird, so vermute ich, an einer Reform des Euro(-raums), nichts vorbeiführen.
Vielleicht macht ja eine absehbare Bankenkrise in Italien der Gruppe der Euro-Finanzminister Beine.
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/war ... 50450.html
"Sollte sich der Spread zwischen deutschen und italienischen Anleihen auf vier Prozentpunkte erhöhen, brauchen laut der italienischen Finanzmarktvereinigung Assiom Forex einige Banken frisches Kapital."
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(28 Oct 2018, 14:33)

Vielleicht macht ja eine absehbare Bankenkrise in Italien der Gruppe der Euro-Finanzminister Beine.
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/war ... 50450.html
"Sollte sich der Spread zwischen deutschen und italienischen Anleihen auf vier Prozentpunkte erhöhen, brauchen laut der italienischen Finanzmarktvereinigung Assiom Forex einige Banken frisches Kapital."
Da müssen sich die Finanzminister der Eurozone keine Gedanken machen. Laut Salvini werden alle Probleme Italien-intern gelöst.

"Wenn eine Bank oder ein Unternehmen in Not ist, dann sind wir da", sagte Innenminister und Vize-Premier Matteo Salvini laut der Nachrichtenagentur Ansa am Donnerstag ... Zuvor hatte Salvini ausgeschlossen, dass die Regierung in Rom Russland oder andere Länder zum Kauf italienischer Staatsschulden aufrufen werde, um die Märkte zu beruhigen. "Wir brauchen keine Hilfe von außen", sagte Salvini am Rande des Eurasischen Wirtschaftsforums in Verona." Quelle: https://www.aktiencheck.de/exklusiv/Art ... it-9120229

Na endlich hat jemand das Perpetuum Mobile erfunden. Die italienischen Banken halten mit immer neuen und größeren Krediten die segensreichen Projekte der italienischen Regierung am Laufen und die italienische Regierung hält die in Not geratenen italienischen Banken am Laufen. Salvini ist ohne jeden Zweifel das größte Genie in der italienischen Geschichte. Damit bleibt Leonardo da Vinci nur noch Platz 2, aber nach 499 Jahren wurde es auch mal Zeit für eine neue Nummer 1.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Ich hoffe jetzt aber, daß der EU-Kommissar Moscovici diesen Fall sehr aufmerksm verfolgt und rechtzeitig für Gegenmaßnahmen sorgt. Das wirklich Geniale ist ja wohl, daß die Euro-Partner ungefragt einen Teil der aufgetürmten Schulden des Schuldners mit abtragen müssen, wenn der eine Staatspleite hinlegt. Wenn das so ist, dann müßte irgendwann auch unser Bundesfinanzminister Klartext reden.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

H2O hat geschrieben:(29 Oct 2018, 10:08)

Ich hoffe jetzt aber, daß der EU-Kommissar Moscovici diesen Fall sehr aufmerksm verfolgt und rechtzeitig für Gegenmaßnahmen sorgt. Das wirklich Geniale ist ja wohl, daß die Euro-Partner ungefragt einen Teil der aufgetürmten Schulden des Schuldners mit abtragen müssen, wenn der eine Staatspleite hinlegt. Wenn das so ist, dann müßte irgendwann auch unser Bundesfinanzminister Klartext reden.
Die Frage ist nur, ob sie alternative Vorschläge haben (zu staatlichen Investitionen), um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Druck auf die niedrige Inflation zu machen.
Ich habe da so meine Bedenken.
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