Parlamentswahlen in Italien 2018

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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Senexx hat geschrieben:(23 May 2018, 19:44)

Er sei der Anwalt Italiens, aber er bestätige die europäische Ausrichtung des Landes.
Selbst wenn es stimmen sollte, die Meinung von Conte zu Europa ist vollkommen bedeutungslos.
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H2O
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Sollte man die neue Regierung nicht erst einmal handeln lassen? Erwartungsgemäß wird sie alle wirtschaftlichen Ratschläge in den Wind schlagen; Warnungen hat es genug gegeben. Da würde ich jetzt eine wohlüberlegte und sehr entschiedene Gegenwehr der übrigen Wirtschaftspartner erwarten.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(24 May 2018, 07:48)

Sollte man die neue Regierung nicht erst einmal handeln lassen? Erwartungsgemäß wird sie alle wirtschaftlichen Ratschläge in den Wind schlagen; Warnungen hat es genug gegeben. Da würde ich jetzt eine wohlüberlegte und sehr entschiedene Gegenwehr der übrigen Wirtschaftspartner erwarten.
Da sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Die Italiener haben bei den letzten Parlamentswahlen klar gemacht dass sie nicht bereit sind so weiterzumachen wie bisher. Was auch klar ist. Sie sind nicht bereit Reformen durchzuführen. Im Gegenteil, selbst kleinste Reformen sollen zurückgedreht werden. Im Grunde genommen gibt es drei Ansätze das Problem zu lösen.

1. Italien führt Reformen durch - Hat sich erledigt
2. Aus der Eurozone wird eine gigantische Transferunion - Das werden die Deutschen und einige andere Länder niemals akzeptieren
3. Italien scheidet aus der Eurozone aus - Nach meiner Überzeugung ist das auch klares Ziel der neuen italienischen Regierung und es wird auch darauf hinauslaufen

Jetzt geht es nur darum wie man Italien, ohne größere Schäden zu verursachen (gemeint sind Schäden in allen Ländern der Eurozone) aus dem Euro rausbekommt. Ich fürchte da wird man nicht zu einen Konsens kommen. Es kommen spannende Zeiten auf uns zu. Jetzt aber erstmal ein paar Wochen/Monate Vorgeplänkel mit verbalem Schlagabtausch.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Alexyessin »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 May 2018, 08:28)

Da sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Die Italiener haben bei den letzten Parlamentswahlen klar gemacht dass sie nicht bereit sind so weiterzumachen wie bisher. Was auch klar ist. Sie sind nicht bereit Reformen durchzuführen. Im Gegenteil, selbst kleinste Reformen sollen zurückgedreht werden. Im Grunde genommen gibt es drei Ansätze das Problem zu lösen.

1. Italien führt Reformen durch - Hat sich erledigt
2. Aus der Eurozone wird eine gigantische Transferunion - Das werden die Deutschen und einige andere Länder niemals akzeptieren
3. Italien scheidet aus der Eurozone aus - Nach meiner Überzeugung ist das auch klares Ziel der neuen italienischen Regierung und es wird auch darauf hinauslaufen

Jetzt geht es nur darum wie man Italien, ohne größere Schäden zu verursachen (gemeint sind Schäden in allen Ländern der Eurozone) aus dem Euro rausbekommt. Ich fürchte da wird man nicht zu einen Konsens kommen. Es kommen spannende Zeiten auf uns zu. Jetzt aber erstmal ein paar Wochen/Monate Vorgeplänkel mit verbalem Schlagabtausch.
Oder es geht dieser Regierung wie den meisten ihrer Vorgängerregierungen und wir haben in einem Jahr wieder Wahlen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Conte musste 2 Stunden bei Matterella vorsprechen. Der dürfte zur Bedingung gemacht haben, dass er einen Pro-Europa-Kurs fährt. Wenn nicht dürfte er ihn gleich wieder davon jagen.

Der Spread für italienische Staatsanleihen kletterte gestern auf 200 Punkte. Die Börse in Mailand ist in Alarm-Stimmung.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Na klar, mit 1. kann man gar nicht rechnen, mit 2. sicher auch nicht. Dann bliebe 3. in ihrer Liste.

Ein Ausstieg aus dem Euro ist aber gar nicht möglich ohne einen Ausstieg aus der EU. Denn der Euro ist laut EU-Vertrag die Gemeinschaftswährung. Draußen bleiben, das ging bisher, weil die Bedingungen für die Einführung des Euros vorliegen sollen. Aber 'raus gehen, das hieße ja, den EU-Vertrag nicht mehr einhalten zu wollen. Die Italiener stehen also vor sehr weit gehenden Entscheidungen, für die sie dann auch voll verantwortlich sind... und das ist doch genau das, was sie nicht wollen: Verantwortung übernehmen und dann auch dazu stehen.

Das Thema ist vor Jahren im Fall Griechenland schon einmal umrundet worden. Das war letztlich ein wesentlicher Grund, in Griechenland den Euro weiter bei zu behalten und weiter "Kredite" zu gewähren.

Wir sollten uns seelisch auf Neuwahlen in Italien einstellen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(24 May 2018, 08:42)

Na klar, mit 1. kann man gar nicht rechnen, mit 2. sicher auch nicht. Dann bliebe 3. in ihrer Liste.

Ein Ausstieg aus dem Euro ist aber gar nicht möglich ohne einen Ausstieg aus der EU. Denn der Euro ist laut EU-Vertrag die Gemeinschaftswährung. Draußen bleiben, das ging bisher, weil die Bedingungen für die Einführung des Euros vorliegen sollen. Aber 'raus gehen, das hieße ja, den EU-Vertrag nicht mehr einhalten zu wollen.
Ein faktischer Austritt aus der Eurozone wäre auch die Einführung einer Parallelwährung, formell könnte Italien mit dieser Vorgehensweise aber trotzdem Teil der EU bleiben. Mit Euro kann ja nach wie vor bezahlt werden.
Die Italiener stehen also vor sehr weit gehenden Entscheidungen, für die sie dann auch voll verantwortlich sind... und das ist doch genau das, was sie nicht wollen: Verantwortung übernehmen und dann auch dazu stehen.
Zumindest in diesem Punkt herrscht aus Sicht der neuen italienischen Regierung Klarheit, und das wird auch in aller Deutlichkeit so kommuniziert werden. Schuld an der MIsere waren, sind und werden auch in Zukunft die EU, Deutschland und die sonst üblichen Verdächtigen sein.
Wir sollten uns seelisch auf Neuwahlen in Italien einstellen.
An die glaube ich frühestens in 1 Jahr. Da kann das Thema schon durch sein.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Emin »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 May 2018, 08:28)

Da sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Die Italiener haben bei den letzten Parlamentswahlen klar gemacht dass sie nicht bereit sind so weiterzumachen wie bisher. Was auch klar ist. Sie sind nicht bereit Reformen durchzuführen. Im Gegenteil, selbst kleinste Reformen sollen zurückgedreht werden. Im Grunde genommen gibt es drei Ansätze das Problem zu lösen.

1. Italien führt Reformen durch - Hat sich erledigt
2. Aus der Eurozone wird eine gigantische Transferunion - Das werden die Deutschen und einige andere Länder niemals akzeptieren
3. Italien scheidet aus der Eurozone aus - Nach meiner Überzeugung ist das auch klares Ziel der neuen italienischen Regierung und es wird auch darauf hinauslaufen

Jetzt geht es nur darum wie man Italien, ohne größere Schäden zu verursachen (gemeint sind Schäden in allen Ländern der Eurozone) aus dem Euro rausbekommt. Ich fürchte da wird man nicht zu einen Konsens kommen. Es kommen spannende Zeiten auf uns zu. Jetzt aber erstmal ein paar Wochen/Monate Vorgeplänkel mit verbalem Schlagabtausch.
Diese Regierung ist so labil, wie sie nur sein kann. Dass man sich einen absoluten Niemand aus dem Hut gezaubert hat, der jetzt die Regierung leiten soll spricht doch schon Bände darüber. Das ist so als würde Die Linke und die AfD in Deutschland koalieren. Da sind die Unterschiede letztlich deutlich größer, als die Gemeinsamkeiten, deswegen wird diese Regierung kaum von Bestand sein.

Im Übrigen möchte die 5-Sterne-Bewegung nicht unbedingt aus dem Euro. In dieser Hinsicht ist eher Salvini der gefährliche, der genau genommen den kompletten EU-Exit fordert.

Ich glaube eher, man wird in geraumer Zeit eine Neuwahl erleben, in der Di Maio als eindeutiger Premier hinausgeht. Und dann wird es das gleiche wie bei Tsipras geben.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 May 2018, 09:26)
...
Ein faktischer Austritt aus der Eurozone wäre auch die Einführung einer Parallelwährung, formell könnte Italien mit dieser Vorgehensweise aber trotzdem Teil der EU bleiben. Mit Euro kann ja nach wie vor bezahlt werden.
Als Laie in Vertragsdingen kommt mir dieser Winkelzug aber sehr herbei gezwungen
vor. Mit dem Vorschlag einer Parallelwährung sind die Leute vor einigen Jahren doch schon einmal abgeblitzt. Aber ich traue der EU zu, daß sie das um des lieben Friedens willen durchgehen läßt.

Eine Transferunion ohne politischen Überbau kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Da halten wohl sämtliche Nettozahler den Daumen drauf.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(24 May 2018, 10:37)

Als Laie in Vertragsdingen kommt mir dieser Winkelzug aber sehr herbei gezwungen vor. Mit dem Vorschlag einer Parallelwährung sind die Leute vor einigen Jahren doch schon einmal abgeblitzt. Aber ich traue der EU zu, daß sie das um des lieben Friedens willen durchgehen läßt.
Die Frage ist ob die Beibehaltung der EU-Mitgliedschaft überhaupt nötig ist. Ich habe ja meine Zweifel an der Eurobarometer-Umfrage des EU-Parlaments, aber dort taucht Italien bei der Frage "Ist die EU-Mitgliedschaft insgesamt eine gute Sache für unser Land" mit 39% Zustimmung an drittletzter Stelle auf. Soll heißen, die Italiener hängen nicht an der EU. Wenn sie draußen sind geht die Welt aus ihrer Sicht auch nicht unter. Die Brexit-Briten liegen hier übrigens bei 47% Zustimmung.

Interessant wird auch sein wie sich die EZB positioniert. Die agiert ja unabhängig von der Politik und hat das erklärte Ziel die Eurozone zu erhalten. Wenn sie z. B. die Anleiheankäufe auslaufen lässt (aktuell hat sie bereits italienische Staatsanleihen im Wert von 250 Mrd. € in ihrem Depot) wird die neue italienische Regierung ausrasten. Wenn sie die Anleiheankäufe fortführt werden etliche Mitglieder der Eurozone ausrasten. Wie auch immer. Es stehen Zeiten ins Haus da wird sich das ganze EU- und Euro-Vertragswerk mal wieder als wertloses Papier erweisen. Ist ja immer so wenn der Ernstfall eintritt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

"Lega-Parteichef Matteo Salvini schlägt den Wirtschaftswissenschaftler Paolo Savona als Finanzminister vor. Der Euro-Kritiker könne auf Augenhöhe mit Deutschland und Frankreich verhandeln."

Geht schon los. Eigentlich schlägt der vom Staatspräsidenten für die Regierungsbildung beauftragte Ministerpräsident, seit gestern Hr. Conte, die Minister vor und nicht die Parteivorsitzenden. Und ob Savona ("der Euro ist ein deutsches Gefängnis") von Mattarella akzeptiert wird ist zweifelhaft.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Emin »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 May 2018, 15:04)

"Lega-Parteichef Matteo Salvini schlägt den Wirtschaftswissenschaftler Paolo Savona als Finanzminister vor. Der Euro-Kritiker könne auf Augenhöhe mit Deutschland und Frankreich verhandeln."

Geht schon los. Eigentlich schlägt der vom Staatspräsidenten für die Regierungsbildung beauftragte Ministerpräsident, seit gestern Hr. Conte, die Minister vor und nicht die Parteivorsitzenden. Und ob Savona ("der Euro ist ein deutsches Gefängnis") von Mattarella akzeptiert wird ist zweifelhaft.
Dieser sog. Euro-Kritiker sagt das, was auch viele andere sagen, dass der Euro nur funktionieren kann, wenn es zur Währungsunion auch eine Fiskalunion geben wird. Die wahre Frage ist, ob Deutschland diesen Schritt endlich mitgehen wird, denn was anderes fordert Macron im Endeffekt auch nicht. Es wäre sogar besser, wenn Deutschland den Euro verlässt, und die anderen Staaten eine politische Union gründen, bevor Deutschland im Euro bleibt und die Gründung blockiert.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Emin hat geschrieben:(24 May 2018, 23:27)
Dieser sog. Euro-Kritiker sagt das, was auch viele andere sagen, dass der Euro nur funktionieren kann, wenn es zur Währungsunion auch eine Fiskalunion geben wird. Die wahre Frage ist, ob Deutschland diesen Schritt endlich mitgehen wird, denn was anderes fordert Macron im Endeffekt auch nicht. Es wäre sogar besser, wenn Deutschland den Euro verlässt, und die anderen Staaten eine politische Union gründen, bevor Deutschland im Euro bleibt und die Gründung blockiert.
Deutschland kann auf jeden Fall auf Dauer nicht beides behalten, einen niedrigen Euro für seine Exporte und keine finanzielle Unterstützung eines wirtschaftlich zu asymmetrischen Währungsraumes.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Emin hat geschrieben:(24 May 2018, 23:27)

Dieser sog. Euro-Kritiker sagt das, was auch viele andere sagen, dass der Euro nur funktionieren kann, wenn es zur Währungsunion auch eine Fiskalunion geben wird. Die wahre Frage ist, ob Deutschland diesen Schritt endlich mitgehen wird, denn was anderes fordert Macron im Endeffekt auch nicht. Es wäre sogar besser, wenn Deutschland den Euro verlässt, und die anderen Staaten eine politische Union gründen, bevor Deutschland im Euro bleibt und die Gründung blockiert.
Wie soll denn so eine Fiskalunion aussehen? Es gibt jedenfalls in keinem EU-Land eine Mehrheit in der Bevölkerung für die Vereinigten Staaten von Europa. Und soweit mir bekannt auch keinen Regierungschef der das anstrebt. Viktor Orbán hat die Vereinigten Staaten von Europa vor 2 Wochen in einer Rede vor dem EU-Parlament als „Albtraum“ bezeichnet, und da spricht er durchaus für die anderen Osteuropäer. Wer möchte denn konkret die politische Union oder die Fiskalunion, falls damit was anderes als die Vereinigten Staaten von Europa gemeint ist?
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(25 May 2018, 07:09)

Wie soll denn so eine Fiskalunion aussehen? Es gibt jedenfalls in keinem EU-Land eine Mehrheit in der Bevölkerung für die Vereinigten Staaten von Europa. Und soweit mir bekannt auch keinen Regierungschef der das anstrebt. Viktor Orbán hat die Vereinigten Staaten von Europa vor 2 Wochen in einer Rede vor dem EU-Parlament als „Albtraum“ bezeichnet, und da spricht er durchaus für die anderen Osteuropäer. Wer möchte denn konkret die politische Union oder die Fiskalunion, falls damit was anderes als die Vereinigten Staaten von Europa gemeint ist?
Na, so holterdipolter geht das mit der Europäischen Föderation sicher nicht. Aber man kann sich vorsichtig dem Ziel nähern. So könnte man den Vorsitzenden der Euro-Gruppe zum Wächter über das Haushaltsgebaren der Euro-Partner ernennen, der bei Bedarf die Finanzminister und Ministerpräsidenten der Euro-Gruppe zusammenrufen kann, um Unregelmäßigkeiten ab zu stellen, notfalls mit Mehrheitsbeschlüssen nach bewährtem Muster... aber im Normalfall durch gütliche Einigung. In der Konstruktion hat jeder Partner noch immer seine Handlungsfreiheit, muß aber auf die Möglichkeit verzichten, den Euro-Partnern zu schaden. Weiterhin könnte die Euro-Gruppe einen Gruppenegoismus zu ihrem Vorteil entfalten, der den bekannten Euroskeptikern zu denken geben könnte.

Mit dem Kopf durch die Wand geht in der Euro-Gruppe eben nicht; gegen sie aber auch nicht ohne erhebliche Schäden für den, der das versucht. Die EU-Kommission ist dazu nicht geeignet, weil die aufgabengemäß den Ausgleich sucht... der aber im Fall "Kopf durch die Wand" zum Schaden derer geht, die sich wohlverhalten.

Wir sollten uns ganz einfach mehr damit befassen, was gehen könnte, als damit, was wohl nicht durchsetzbar sein wird.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(25 May 2018, 06:21)

Deutschland kann auf jeden Fall auf Dauer nicht beides behalten, einen niedrigen Euro für seine Exporte und keine finanzielle Unterstützung eines wirtschaftlich zu asymmetrischen Währungsraumes.
Was in einem Staat mit gleichberechtigten Bürgern und Wählern wie selbstverständlich erscheint, nämlich ein Finanzausgleich zur Herstellung gleicher Lebensbedingungen, das artet in einem Bund unabhängig entscheidender Staaten zu einer Anarchie aus. Im Nationalstaat bildet der Wähler das Bindeglied zwischen den Gebern und Empfangenden; der Wähler sorgt dafür, daß seine Region besser wird. In einem Staatenbund könnte das Gegenteil eintreten: Der Geber wird von den Empfangenden noch veralbert, und die lachen über den gutmütigen Trottel, der ihnen unentgeltlich einen bequemeren Zugang zu einer Art Gemeinschaftskasse ermöglicht.

Offenbar hat sich im Süden Italiens die Meinung fest eingebrannt, daß der Norden (neuerdings also die Länder nördlich des Brennerpasses,auf Dauer für ihr Versagen auf zu kommen hat. Das Modell hat sich im Nationalstaat Italien seit 150 Jahren entwickelt: Der Mezzogiorno am Tropf erfolgreicher Regionen ab Toskana nordwärts. Die EU muß sehr klar ein solches Ansinnen zurück weisen. Hilfe und Investitionen zur Selbsthilfe ja, regelmäßige Zahlungen nein.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(25 May 2018, 07:36)

Na, so holterdipolter geht das mit der Europäischen Föderation sicher nicht. Aber man kann sich vorsichtig dem Ziel nähern. So könnte man den Vorsitzenden der Euro-Gruppe zum Wächter über das Haushaltsgebaren der Euro-Partner ernennen, der bei Bedarf die Finanzminister und Ministerpräsidenten der Euro-Gruppe zusammenrufen kann, um Unregelmäßigkeiten ab zu stellen, notfalls mit Mehrheitsbeschlüssen nach bewährtem Muster... aber im Normalfall durch gütliche Einigung. In der Konstruktion hat jeder Partner noch immer seine Handlungsfreiheit, muß aber auf die Möglichkeit verzichten, den Euro-Partnern zu schaden. Weiterhin könnte die Euro-Gruppe einen Gruppenegoismus zu ihrem Vorteil entfalten, der den bekannten Euroskeptikern zu denken geben könnte.
So etwas ähnliches gibt es doch schon seit 6 Jahren. Nennt sich Europäischer Fiskalpakt. https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3% ... Fiskalpakt Den haben 25 EU-Mitglieder freiwillig beschlossen und ratifiziert. Da verpflichten sich die Mitglieder in ihren Ländern solide zu wirtschaften und zu Strafen, falls sie dagegen verstoßen. Die neue italienische Regierung will vom Fiskalpakt aber nichts mehr wissen.
Wir sollten uns ganz einfach mehr damit befassen, was gehen könnte, als damit, was wohl nicht durchsetzbar sein wird.
Das Kernproblem bei EU und Euro ist die Tatsache dass die Heterogenität der Länder viel zu groß ist um diese überbrücken zu können und Länder in einem Topf geworfen worden sind die von ihrem Wesen und ihrer Mentalität her überhaupt nicht zusammenpassen. In Griechenland sind Korruption und Steuerhinterziehung genauso verbreitet wie vor 30 Jahren. Rumänien wurde vor 20 Jahren, vor der Aufnahme in die EU, wegen Korruption ermahnt. Im Jan diesen Jahres sind tausende Rumänen wegen Korruption ihrer Regierung auf die Straße gegangen. Mentalitäten ändern sich nicht.

Man wird deswegen an einer Neuordnung in Europa nicht vorbeikommen. Da gibt es die Gruppe der West- und Nordeuropäer, die Osteuropäer und die Südeuropäer. Die sind untereinander halbwegs homogen aufgestellt. Dort kann man gemeinsame Regeln und eine gemeinsame Währung nachhaltig durchsetzen. Die Beibehaltung der jetzigen EU und Eurozone oder gar noch ihre Erweiterung mit den Westbalkanländern oder später Richtung Ukraine oder Georgien ist zum Scheitern verurteilt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(25 May 2018, 09:17)

...

Man wird deswegen an einer Neuordnung in Europa nicht vorbeikommen. Da gibt es die Gruppe der West- und Nordeuropäer, die Osteuropäer und die Südeuropäer. Die sind untereinander halbwegs homogen aufgestellt. Dort kann man gemeinsame Regeln und eine gemeinsame Währung nachhaltig durchsetzen. Die Beibehaltung der jetzigen EU und Eurozone oder gar noch ihre Erweiterung mit den Westbalkanländern oder später Richtung Ukraine oder Georgien ist zum Scheitern verurteilt.
Den Hintergrund sehe ich genau so wie Sie; aber machen wir einen Ausflug in unsere eigene Gesellschaft ohne Rücksicht auf die neuere Verteilung durch Zuwanderer. Auch unsere Gesellschaft ist nicht gerade einheitlich zwischen Zugspitze und Flensburg. Dennoch funktioniert unser Gemeinwesen so einigermaßen.

Ich meine nach Art der alten Römer (so sehe ich deren Erfolg), daß die strenge Durchsetzung von Recht und Gesetz den Rahmen setzt, in dem sich dieser Sack Flöhe zu bewegen hat. Das muß richtig weh tun, wenn gemeinsam beschlossene Gesetze mutwillig mißachtet werden. Bleibt immer noch die Möglichkeit, den Rahmen zu verlassen und seinen eigenen Weg zu gehen; dann aber auch mit allen Folgen... siehe BREXIT.

Das Konzept müßte schon in der Euro-Gruppe hart durchgesetzt werden. Bei Erfolg dieses Vorgehens könnte man die Kommission ermächtigen, sich in gleicher Weise unbeirrt dort durch zu setzen, wo seit Beginn der Mitgliedschaft versprochene Änderungen... im wesentlichen das Thema Korruption... nicht eingeführt wurden.

Geduld und Milde sind vernünftig, wenn die Geschäfte so halbwegs laufen; wenn man aber sieht, wie dieser Riesentanker EU auf die Klippen zusteuert, dann helfen nur sehr harte Eingriffe, um den Untergang zu verhindern.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Pferderennen statt Regierungsbildung

In Rom zieht es sich. Der Staatspräsident hat einen Termin mit Conte zur Vorlage der Ministerliste für heute gestrichen und geht zum Pferderennen. Conte hat den Chef der Banca d'Italia getroffen und sich mit ihm über den Zustand der Wirtschaft ausgetauscht. Die Zentralbank will nächste Woche ihren Bericht vorlegen.

Conte trifft sich mit Di Maio und Salvini, um sich zu beratschlagen.

Der Staatspräsident leistet Widerstand gegen Savona, weil dieser nicht die feste Verankerung in der EU garantiere.

Bankaktion in Mailand rauschen in den Keller, der "Spread" weitet sich stündlich aus, derzeit bei 217.

Und Macron kann es kaum erwarten "mit Conte zusammenzuarbeiten". Zielrichtung klar: Die dummen Deutschen sollen zahlen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Die klugen Deutschen zahlen nur dann, wenn damit die EU in Richtung einer echten Föderation weiterentwickelt wird.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

https://www.euractiv.de/section/wahlen- ... g-gemacht/
Euractiv 25. Mai 2018 Der Brüsseler und Berliner Albtraum einer „populistischen“ Regierung in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone scheint sich zu konkretisieren
Angebotsseitig sollen über deutliche Steuersenkung für Unternehmen, Entbürokratisierung und Vereinfachung von Verwaltungs- und Steuerrecht Impulse gesetzt werden. Nachfrageseitig soll über eine massive Steuerentlastung für Bürger, den Verzicht auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und eine deutliche Ausweitung von Sozial- und Rentenausgaben die Binnennachfrage angekurbelt werden. Zentral ist hier die von der Lega propagierte Einführung einer Flat Tax mit zwei Quoten von 15 und 20 Prozent sowohl für Bürger wie für Unternehmen.
"Die Flat Tax alleine wird Mindereinnahmen von 50 Mrd. Euro verursachen, der Verzicht auf die Mehrwertsteuererhöhung kostet zusätzliche 12,4 Mrd. Die Kosten der Grundsicherung liegen bei 17 Mrd., hinzu kommen die 2 Mrd. Euro zusätzlicher Investitionen für die Arbeitsverwaltung. Die Rentenreformen schlagen mit 8 Mrd. zu Buche. Die beabsichtigte Einschränkung von Glückspiel und Spielautomaten könnte Steuermindereinnahmen von 7 Mrd. Euro verursachen. Dem stehen geplante 41,5 Mrd. Euro Einsparungen und Sondereinnahmen gegenüber. In der Summe, so eine Berechnung der wirtschaftsnahen Zeitung „Il Sole/24 ore“ fehlen in den groben Planungen von Anfang an mindestens 50 Mrd. Euro. Sollten die Koalitionäre versuchen, Ernst zu machen, wären die europäischen Defizitziele in weiter Ferne."
Die politische Zuspitzung des strukturellen Grundkonfliktes in Italien könnte sich aber auch als Schritt in die richtige Richtung herausstellen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Noch ist die neue italienische Regierung nicht in trockenen Tüchern. Die Auseinandersetzung um den umstrittenen Wirtschafts- und Finanzminister Savona scheint ziemlich ernst zu sein. Staatspräsident Mattarella will ihn nicht akzeptieren, die beiden Populistenparteien wollen nicht auf ihn verzichten.

“Ohne Savona als Minister wird sich Conte nach einer anderen Mehrheit (im Parlament, Anm. d. Red.) umsehen müssen, weil die Lega nicht für ihn stimmen wird”, zitiert ihn die italienische Ausgabe der HuffPost. Fünf-Sterne-Chef und Koalitionspartner Luigi Di Maio unterstützt Salvini in dieser Forderung." Quelle: https://www.huffingtonpost.de/entry/ita ... 2d69cb5003
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Matterella sagt heute kategorisch: "Anderer Name (als Savona) oder ich gebe den Weg nicht frei".
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

http://www.sueddeutsche.de/politik/ital ... -1.3992197
SZ 25. Mai 2018 Der Präsident nimmt sich bei fast jeder Regierungsbildung die Freiheit, Namen zu streichen
Artikel 92 der italienischen Verfassung regelt die Frage der Regierungsbildung sehr klar: "Der Präsident der Republik ernennt den Präsidenten des Ministerrates und auf dessen Vorschlag die Minister." Entscheidend ist das Verb: ernennen. In Italien entscheidet also der Präsident, wer Premier und wer Minister wird. Bei fast jeder Regierungsbildung nimmt sich der Präsident die Freiheit, einen oder mehrere missliebige Namen von der Liste zu streichen. Meist passiert das in aller Stille, manchmal werden die Fälle publik.
Als Silvio Berlusconi zum ersten Mal an die Macht kam, 1994, hielt er es für eine gute Idee, seinen persönlichen Anwalt als Justizminister vorzuschlagen. Er kam damit nicht durch, der Anwalt wurde stattdessen Verteidigungsminister.
"Sollte der Name Savonas trotz allem als Wirtschaftsminister auf der Kabinettsliste stehen, die man ihm in diesen Tagen unterbreiten wird, könnte er sich vom Artikel 92 der Verfassung leiten lassen - und ihn einfach streichen."
Italiener und Griechen haben sich beim gestrigen Treffen der EU-Finanzminister der Stimmen enthalten, als die neuen strengeren Bankenregeln verabschiedet worden sind.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Clowns und Leghisten sind zunehmend gereizt. DI Maio sagt: "Entweder Savona oder wir vergessen es". Salvini bellt: "Ich verhandele nicht mehr".

Deppen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(26 May 2018, 07:54)

https://www.euractiv.de/section/wahlen- ... g-gemacht/
Euractiv 25. Mai 2018 Der Brüsseler und Berliner Albtraum einer „populistischen“ Regierung in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone scheint sich zu konkretisieren

"Die Flat Tax alleine wird Mindereinnahmen von 50 Mrd. Euro verursachen, der Verzicht auf die Mehrwertsteuererhöhung kostet zusätzliche 12,4 Mrd. Die Kosten der Grundsicherung liegen bei 17 Mrd., hinzu kommen die 2 Mrd. Euro zusätzlicher Investitionen für die Arbeitsverwaltung. Die Rentenreformen schlagen mit 8 Mrd. zu Buche. Die beabsichtigte Einschränkung von Glückspiel und Spielautomaten könnte Steuermindereinnahmen von 7 Mrd. Euro verursachen. Dem stehen geplante 41,5 Mrd. Euro Einsparungen und Sondereinnahmen gegenüber. In der Summe, so eine Berechnung der wirtschaftsnahen Zeitung „Il Sole/24 ore“ fehlen in den groben Planungen von Anfang an mindestens 50 Mrd. Euro. Sollten die Koalitionäre versuchen, Ernst zu machen, wären die europäischen Defizitziele in weiter Ferne."
Die politische Zuspitzung des strukturellen Grundkonfliktes in Italien könnte sich aber auch als Schritt in die richtige Richtung herausstellen.
Heute wurde in meiner Tageszeitung Weser-Kurier darauf hingewiesen, daß die 780 € Grundversorgung für alle Italiener nicht mit dem hier zu Lande umstrittenen bedingungslosen Grundeinkommen zu vergleichen ist. Dieser Betrag stehe allen Ledigen zu, die eine Arbeit suchen und Verheirateten entsprechend mehr. Die Grundversorgung entspräche damit unserem Hartz IV-Einkommen, denn in Italien gibt es nur 2 Jahre Arbeitslosengeld und danach dann ... nichts mehr!

Dieser Umstand ist im Laufe unserer Diskussionen aus dem Blick geraten. Selbstverständlich ist das kein Grund, diese Sozialmaßnahme den EU-Partnern auf zu bürden, aber man versteht doch den Grund, weshalb das Grundeinkommen erfunden wurde. Man wird also mit Verständnis für die Sache, aber hart für die Eigenverantwortung Italiens aufzutreten haben. Dann muß Italien den inneren Ausgleich durch Verteilung dieser Lasten herstellen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Im Augenblick sieht es so aus, als wolle Mattarella eine technische Regierung einsetzen, die Neuwahlen im September vorbereiten soll.
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Orbiter1
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Senexx hat geschrieben:(27 May 2018, 11:55)

Im Augenblick sieht es so aus, als wolle Mattarella eine technische Regierung einsetzen, die Neuwahlen im September vorbereiten soll.
Eine gewählte Regierung kommt nicht zustande weil der Staatspräsident mit der Ernennung eines Ministers nicht einverstanden ist? Interessantes System das die Italiener haben.
Senexx

Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Um 19 Uhr muss Conte auf dem "Hügel" ("Colle" so nennen die Italiener dem Quirinal, auf dem der Staatspräsident trohnt) mit seiner Ministerliste antanzen.

Savona macht derweil auf Appeasement:"Ich will ein stärkeres Europa, aber ein gleichgewichtigeres".

Mal gespannt, ob Mattarella den Formelkompromiss schluckt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Maikel »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 May 2018, 15:45)

Eine gewählte Regierung kommt nicht zustande weil der Staatspräsident mit der Ernennung eines Ministers nicht einverstanden ist? Interessantes System das die Italiener haben.
Das ist bei uns in D grundsätzlich auch möglich; formal ernennt (und entläßt) der Bundespräsident die Minster.

Noch etwas Formales: Bei uns und in Italien wird nicht die Regierung gewählt, sondern die Abgeordneten. Bundeskanzler(in) kann nur werden, wer von den Abgeordneten dazu gewählt wird.

Auch wenn das bei uns bisher kaum jemanden aufgefallen ist, hat es schon etwas Beruhigendes, das im Ernstfall eine Kontrollinstanz dazwischenhängt.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Der Buprä ist nur ein Grüßaugust. Die Stellung des Staatspräsidenten in Italien ist grundsätzlich stärker.
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Fliege
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Fliege »

Senexx hat geschrieben:(27 May 2018, 18:28)

Der Buprä ist nur ein Grüßaugust. Die Stellung des Staatspräsidenten in Italien ist grundsätzlich stärker.
Immerhin hat es Steinbeißer geschafft, die SPD ins Verderben zu führen.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Orbiter1
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Senexx hat geschrieben:(27 May 2018, 18:14)

Um 19 Uhr muss Conte auf dem "Hügel" ("Colle" so nennen die Italiener dem Quirinal, auf dem der Staatspräsident trohnt) mit seiner Ministerliste antanzen.

Savona macht derweil auf Appeasement:"Ich will ein stärkeres Europa, aber ein gleichgewichtigeres".
Da haben sie ihm offenbar kiloweise Kreide zum Fressen gegeben. In seinen Büchern steht was anderes. Der wird immer extremer und Deutschland scheint sein Erzfeind zu sein.
Mal gespannt, ob Mattarella den Formelkompromiss schluckt.
Ich vermute da wird ihm letztlich nichts anderes übrig bleiben. Neuwahlen würden ja offenbar auch kein fundamental anderes Wahlergebnis bringen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Senexx hat geschrieben:(27 May 2018, 18:14)
Mal gespannt, ob Mattarella den Formelkompromiss schluckt.
Nein, hat er nicht. Veto. Salvini will Neuwahlen.

Hoffentlich kommen die Italiner zur Besinnung und schicken die Clowns und die Lega ins Aus.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Und Conte hat das Handtuch geworfen.

Gut so.

Ein Angeber, der seinen Lebenslauf pimpt, hätte Italien wirklich nicht brauchen können.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

„Lega-Chef Matteo Salvini sagte am Abend, er akzeptiere keine Beeinflussung der Regierungsbildung mehr. "Wenn wir die Sicherheit haben, dass wir in Freiheit arbeiten können, dann bin ich morgen im Amt", sagte er. Wenn nicht, dann müssten die Italiener wieder wählen gehen.“ Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/italien-311~amp.html

Respekt vor Staatspräsident Mattarella. Von Erpressungsversuchen scheint er sich wenig beeindrucken zu lassen. Dann halt Neuwahlen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von imp »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 May 2018, 20:42)

„Lega-Chef Matteo Salvini sagte am Abend, er akzeptiere keine Beeinflussung der Regierungsbildung mehr. "Wenn wir die Sicherheit haben, dass wir in Freiheit arbeiten können, dann bin ich morgen im Amt", sagte er. Wenn nicht, dann müssten die Italiener wieder wählen gehen.“ Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/italien-311~amp.html

Respekt vor Staatspräsident Mattarella. Von Erpressungsversuchen scheint er sich wenig beeindrucken zu lassen. Dann halt Neuwahlen.
Der ist über 90 oder so. Da findet man Wege.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von frems »

Naja, im Schnitt hielten italienische Regierungen eh nur knapp über ein Jahr. Will gar nicht wissen, wie oft nicht nur nach, sondern auch vor Regierungsverhandlungen entsprechende Ziele zerplatzt sind. Müsste jetzt die 65. oder 66. Regierung oder so seit 1946 sein.
Labskaus!

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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Matterella hat sein Veto geschickt verkauft. Er hat auf die Zinssteigerungen verwiesen, die Schwierigkeit des Staates und der Unternehmen sich zu refinanzieren und sagt, er müsse die Ersparnisse der Italiener schützen, die durch den Crashkurs der Schwachköpfe und den drohenden Euro-Ausstieg gefährdet seien.

Wenn es an den Geldbeutel geht, werden die Italiener noch immer hellhörig.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Senexx hat geschrieben:(27 May 2018, 20:57)

Matterella hat sein Veto geschickt verkauft. Er hat auf die Zinssteigerungen verwiesen, die Schwierigkeit des Staates und der Unternehmen sich zu refinanzieren und sagt, er müsse die Ersparnisse der Italiener schützen, die durch den Crashkurs der Schwachköpfe und den drohenden Euro-Ausstieg gefährdet seien.

Wenn es an den Geldbeutel geht, werden die Italiener noch immer hellhörig.
Der Schuss kann auch nach hinten losgehen. Salvini kann nun argumementieren dass das Land aus den Klauen der bösen internationalen Finanzwirtschaft befreit werden muß, von der offenbar auch Staatspräsident Mattarella gesteuert wird. Und das geht nur mit einer eigenen Währung und einer eigenen Notenbank, die womöglich ihre Befehle aus der Politik bekommen soll.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Cottarelli einbestellt
Mattarella hat für morgen Vormittag Carlo Cottarelli zum Hügel gebeten. Dieser war Sparkommissar in der Regierung Letta, jenem Premier, den Renzi aus Machtgeilheit Renzi hat. Das wird interessant.

Die Schwachköpfe schwadronieren unterdessen von "Impeachment" gegen Matterella wegen Hochverrat. Sehr unterhaltsam.

BTW: Wo ist eigentlich Arcturus?
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Senexx hat geschrieben:(27 May 2018, 21:37)

BTW: Wo ist eigentlich Arcturus?
Der ist doch Vater geworden und möchte sich intensiv um seine Familie kümmern.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 May 2018, 21:56)

Der ist doch Vater geworden und möchte sich intensiv um seine Familie kümmern.
Ihm war der Durchmarsch der Clowns doch eine Herzensangelegenheit. Er fürchtete sonst um das Wohl seiner Familie.

Wie dem auch sei. Die *Kraftausdruck* sind erst einmal ausgebremst. Ich muss nicht fürchten, gleich überfallen zu werden, wenn ich zweieinhalb Wochen nach Bella Italia reise.
Zuletzt geändert von Brainiac am Mo 28. Mai 2018, 11:35, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von imp »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 May 2018, 21:56)

Der ist doch Vater geworden und möchte sich intensiv um seine Familie kümmern.
Herzlichen Glückwunsch. Ein Präsident kann das Wählervotum nicht dauerhaft verbiegen ohne zu fallen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(27 May 2018, 22:11)

Herzlichen Glückwunsch. Ein Präsident kann das Wählervotum nicht dauerhaft verbiegen ohne zu fallen.
In Italien kann der Präsident viel. Insbesondere *Kraftausdruck* verhindern.

Berlusconi wird vermutlich heute viel Viagra brauchen, um richtig zu feiern.
Zuletzt geändert von Brainiac am Mo 28. Mai 2018, 11:36, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: [MOD]
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von imp »

Senexx hat geschrieben:(27 May 2018, 22:12)

In Italien kann der Präsident viel.
Mit 90 kann man unerwartet aus dem Amt scheiden. Das geht schnell.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(27 May 2018, 22:14)

Mit 90 kann man unerwartet aus dem Amt scheiden. Das geht schnell.
Materella ist erst 76. Und Italiener sind langlebig.

Vor seinem Ableben kann er noch einen ganze Menge Schwachköpfe erledigen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 May 2018, 21:35)

Der Schuss kann auch nach hinten losgehen. Salvini kann nun argumementieren dass das Land aus den Klauen der bösen internationalen Finanzwirtschaft befreit werden muß, von der offenbar auch Staatspräsident Mattarella gesteuert wird.
Soweit bin ich da offenbar mit meiner Einschätzung nicht entfernt.

„«Wir haben wochenlang Tag und Nacht gearbeitet, um eine Regierung zu bilden, die die Interessen der italienischen Bürger verteidigt», teilte Salvini per Twitter mit. «Aber jemand (unter Druck von wem?) hat uns NEIN gesagt.» Ferner merkte er an, Italien sei keine Kolonie. «Wir sind nicht die Sklaven der Deutschen oder Franzosen (...). An diesem Punkt muss das Wort wieder an euch zurückgegeben werden.» Quelle: https://www.nzz.ch/amp/international/gi ... ld.1389200
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von imp »

Senexx hat geschrieben:(27 May 2018, 22:21)

Materella ist erst 76. Und Italiener sind langlebig.
Das dachten schon einige. Teilweise waren die sogar Papst.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

Orbiter1 hat geschrieben:(27 May 2018, 22:24)

Soweit bin ich da offenbar mit meiner Einschätzung nicht entfernt.

„«Wir haben wochenlang Tag und Nacht gearbeitet, um eine Regierung zu bilden, die die Interessen der italienischen Bürger verteidigt», teilte Salvini per Twitter mit. «Aber jemand (unter Druck von wem?) hat uns NEIN gesagt.» Ferner merkte er an, Italien sei keine Kolonie. «Wir sind nicht die Sklaven der Deutschen oder Franzosen (...). An diesem Punkt muss das Wort wieder an euch zurückgegeben werden.» Quelle: https://www.nzz.ch/amp/international/gi ... ld.1389200
Sie träumen schlecht. Staatspräsidenten in Italien haben traditionell ein hohes Ansehen und eine hohe Glaubwürdigkeit. Sie sind die Konstante und das Korrektiv.
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