H2O hat geschrieben:(22 Feb 2017, 09:15)
Herr Kollege, wir streiten hier über die Entmachtung des polnischen Verfassungsgerichts. Den Rundfunk bringen Sie hier ins Spiel. Diese Regelung im polnischen Rundfunk finde ich auch nicht so dolle, aber unsere deutsche Rundfunklandschaft sehe ich ähnlich kritisch. Die "Venedig-Kommission" zeichnet sich dadurch aus, daß sie ausgewiesene Fachleute für Staatsrecht zusammenfaßt. Diese Auswahl finde ich intelligenter als einen Parlamentsausschuß... und weder Parlament noch Kommission haben sich über fachfremde Bewertungen beschwert.
Das sind rein politische Bewertungen. Die "Venezianer" mögen ja Experten sein, aber wir alle wissen doch, dass ein findiger Anwalt rasch andere Experten auftreibt. Jede Regierung, sogar jedes Ministerium kann im allgemeinen auf eigene Ressourcen zugreifen, aber auch auf externe, wenn es um ein begründetes Meinungsbild geht.
Sie sehen die deutsche Rundfunklandschaft kritisch. Schön. Und wer beruft nun eine "Brindisi-Kommission", um die deutschen Verhältnisse zu untersuchen? Deswegen verweisen die Kritiker ja auf Spanien oder Griechenland, wo ausgewählte Experten nichts entsprechendes untersuchen und bezweifeln die Objektivität politischer Entscheidungen.
Auf der anderen Seite gibt es durchaus auch Gemeinsamkeiten. Der frühere polnische Botschafter dazu:
Viele Vorstellungen liegen auseinander. Das stimmt. Es gibt ein gemeinsames Interesse, glaube ich, ein strategisches Interesse an dem Erhalt der westlichen Gemeinschaft. Die westliche Gemeinschaft, das ist die EU und das ist die NATO. (...)
http://www.deutschlandfunk.de/angela-me ... _id=378341
Sieht ganz so aus; damit wird das Schengener Abkommen unzweckmäßig. Jeder macht seine Grenzen selbst sicher genug... was inzwischen auch geschieht nach A, CH, F. Beginn des Zerfalls, weil ein Ende der notwendigen Kontrollen nicht ab zu sehen ist.
Dabei hat die Lordkanzlerin eigens mal betont, dass über den Erhalt des Schengenraumes eine große Einigkeit in Europa bestehe.
Ja, der Besuch sollte Einigkeit herstellen. They agreed to disagree.
In Detailfragen zur EU ist sich auch die FDP nicht mit der Bundesregierung einig.
Merkel sagte, Deutschland und Polen hätten teils gemeinsame Vorstellungen in der EU, etwa was den Binnenmarkt, die Energieunion oder gemeinsame Bemühungen in den Bereichen Verteidigung und Grenzsicherung betreffe.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/a ... 33587.html
Niemand will Polen ausschließen; im Gegenteil ist der Mehrheitswille der EU so, daß man Polen gern als konstruktives Mitglied in einer Wertegemeinschaft loben und lieben möchte. Davon ist leider so gut wie nichts zu erkennen.
Klar; Polen schlägt eine EU vor, in der zumindest Polen volle Selbstbestimmung bei vollen Bezügen aus den EU Kassen gewährt wird. Die Kanzlerin hat dieser Vorstellung sehr deutlich widersprochen, und zwar genau während des letzten Besuchs, den Sie hier zitieren.
Es gibt Meinungsverschiedenheiten und gemeinsame Interessen. Das haben wir und andere ja nun schon heraus gearbeitet.
Und was die "Bezüge" betrifft - nicht nur Polen profitiert von der Union. Und wer den Verzicht auf Selbstbestimmung erkaufen möchte, sollte sich fragen, ob das denn einer der viel beschworenen Grundwerte ist. Wenn Nordstream 2 gebaut wird, dann doch nur wegen der "vollen Bezüge", quasi als Kriegsgewinn, aber zu Lasten gemeinsamer Interessen und auf Risiko der Sicherheitsarchitektur.
Nicht ganz wortgetreu, aber wohl so ungefähr: Polen wünscht sich eine Föderation unabhängiger Nationalstaaten; die Kanzlerin eine Föderation von Bundesstaaten unter einem Dach. Klarer geht es nicht. Unter uns gefragt: Was ist eine Föderation unabhängiger Nationalstaaten? Nach meinem Verständnis begrenzt ein Bündnis, welcher Art auch immer, die Handlungsfreiheit der Partner. Und die Folgefrage: Warum ist die EFTA denn so grandios gescheitert?
Muss die Frage nicht eher lauten, woran die EU denn nun eigentlich scheitern möchte ?
Der Ausdruck "Flexible Solidarität" stammt aus dem selben Tollhaus. Welche Leistungen haben die Schöpfer dieser Prinzipien denn zur Abmilderung der Belastungen durch Flüchtlinge für GR und I erbracht? Man könnte herzlich lachen, wenn es dabei nicht um Menschen ginge.
Mit dieser Frage wurde in Polen eine Wahl entschieden.
Meiner persönlichen Meinung nach sind allerlei Belastungen durch isolationistische Ansätze entstanden. Wir müssten Außenpolitik machen und die hätten wir schon ab 2011 machen müssen. Die Flüchtlinge fielen ja nicht vom Himmel und sie sind schon gar nicht im Himmel über Passau erst geboren worden.
Dazu nochmal der ehemalige Herr Botschafter:
Was neu ist und was ich gut finde ist, dass Polen, dass die polnische Regierung sagt, sie möchte gerne einen Beitrag leisten zur Milderung der humanitären Krise und zur Lösung des Problems im Mittleren Osten, in Syrien, in anderen Krisenregionen. Sie will nur die Grenzen nicht öffnen für Flüchtlinge - aus verschiedenen Gründen. Sie hat Angst, glaube ich, vor der Überforderung der eigenen Bevölkerung. Wie berechtigt das ist, darüber kann man wieder lange diskutieren, aber das ist die Situation.
http://www.deutschlandfunk.de/angela-me ... _id=378341
Die Union braucht eine strategische Ausrichtung, nicht nur Zentralverwaltungsstellen für die Abarbeitung von Krisen. Lassen wir Innenpolitik die nämliche sein und konzentrieren uns auf das Wesentliche. Auch wir sollten einen Beitrag leisten zur Solidarität, zur Friedenssicherung und zur Liberation.