All das habe oder hatte ich in der vorangegangenen Diskussion nicht bestritten. Ich beschrieb lediglich, dass der ESM und sein Vorgänger als Eurorettungsschirm nicht und schon gar nicht in erster Linie dazu gedacht waren oder dies bewirken sollten, den Eurokrisenländern, allen voran Griechenland, Wachtstumanschub bzw. staatliche Investitionsspielräume zu ermöglichen. Das Ganze diente schlichtweg dem Erhalt des Banken- und Finanzsystems des Euroraums und der Stabilisierung der Eurozone. Womit wir innerhalb der übergeordneten Thread-Diskussion um die Zukunft der gesamten EU der 27 sowieso schon viel zu eingeengt diskutieren, da der ESM - auch in seiner heutigen Form und zwischenzeitlichen Zweckumwidmung - ein Instrument des Euroraums ist und bleibt. Damit der ESM als direktes Stützungsinstrument für all jene EU-Mitgliedsstaaten, die nicht den Euro als Währung haben, mehr oder eher weniger relevant ist. Als Hilfs- und Bürgschaftsinstrument oder als Investitionsanschub"machine" ausfällt. Um es mal so zu formulieren.Wähler hat geschrieben:(24 Dec 2018, 16:03)
Wesentlich ist der Zusammenhang zwischen den jeweiligen nationalen Staatsanleihen als Aktiva in den Bilanzen der jeweiligen nationalen Banken und ihrer Verwertbarkeit als Pfänder, um an Zentralbankgeld heranzukommen.
In Italien drohte der Zinsanstieg in diesem Herbst vor allem kleinere Banken in die Insolvenz zu treiben. Wenn mittelständische Unternehmen nicht mehr an Bankkredite herankommen, haben sie ein ernsthaftes Problem.
Bankenrettung dient also nicht nur den Bankeigentümern, die nach den neuen EU-Regeln im Krisenfall erst einmal selbst Kapital nachschießen oder auf Forderungen verzichten müssen, wie zum ersten Mal in Zypern erprobt.
btw: Ob ich eine Transferunion will, was Sie mir ja unverblümt in den Mund legten, ist mehr Ihrer Einschätzung zuzurechnen, als meiner Absicht oder tatsächlichen Wunschlage...
Allerdings, so sehe ich das eher nüchtern, sich kaum Chancen auf die Aufgabe der nationalen Budgethoheit z.B. des Bundestages ergeben, sofern man nicht gegen die Verfassung verstoßen will resp. dies nicht doch
letztendlich höchstrichterlich vom BVG durch ein als sicher stattfindends Klageverfahren revidiert würde. Vom innenpolitischen Widerstand in D rede ich da noch gar nicht...für dessen mehrheitliche Zustimmung innerhalb der deutschen Bevölkerung ich keine Chance sehe. Das geht denn doch zuweit innerhalb einer gesamtnationalen Empfindung, die sich ohnehin schon als Melkkuh der EU sieht und begreift.
Es wird also, wenn man all das unter dem Aspekt "Quo vadis, EU?" betrachtet, andere Reformen und Maßnahmen brauchen, die sich aber eben auch der Realität einer ungleichen Wettbewerbsstärke der jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten und deren fundamentalen (=nicht so einfach positiv revidierbaren) ökonomischen Möglichkeiten stellen muss. Länder wie Griechenland nie und nimmer die Konkurrenzfähigkeit auf breiter ökonomischer Basis erreichen können werden, die beispielsweise der ökonomische Industrieklotz D hat.
Und es dürfte weiterhin ein Ritt auch auf der währungspolitischen EUR_Rasierklinge sein und bleiben. Ein Ritt der EZB, der den Euro einerseits zu einer billigen Lirawährung machen muss, damit schwächere Länder nicht vollkommen ökonomisch abrauchen, und auf der anderen Seite ein Euro, der für die wirtschaftlich starken Länder wie D und andere, die sog. "Nordstaaten" der Eurozone, eigentlich eine sowohl im Innenwert des Euroraums als auch im Aussenwert Hardcorewährung ähnlich der alten D-Mark sein müsste. Die dem Dollar und dem japan. YEN mindestens ebenbürtig sein müsste, wenn nicht noch stärker. Was ja schon der Fall war...und zwar deutlich, wie Wechselkurse im Falle der US-Währung von zeitweise 1,5 USD je Euro ja zeigten.
Aber damit hat man hinsichtlich der gemeinsamen Union der 27 Staaten in Bezug auf den künftigen Weg und die Ausgestaltung dieser Union nichts gesamt wirkendes erreicht. Eine viel zu EUR-dominierte Richtung, die meiner Ansicht nach viel zu eng auf den ökonomischen und währungspolitischen Focus ausgerichtet wird. Während die politische Union mehr so als Spielwiese altvorderer, religionskonservativer und oft auch nationalistisch zurückgebliebener Machtmachos/Opas vor sich hinröchelt. Mit Merkel'schem Gen im Kern des Stillstands, der gekonnt jede politische Vision und Weiterentwicklung mit dem Bewusstsein eines breiten "D-Mark"-Hinterns aussitzt, und mit dem beträchtlichen Umfang dieses politischen Blockadeteils neue Wege versperrt wie ein Elefant. Der eigentlich ein störrischer Esel sein will, und eben nur soviele (oder möglichst wenige) Lasten tragen will. Wie es diesem lieben und schlauen Tier gemeinhin so passt.
In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass das enge Verhältnis FRA/D in der Vergangenheit auch gleichzeitig der Garant dafür war, das dritte Schwergewicht der EU, GB (immerhin ökonomisch die Nr.2 hinter D im EU-Raum) politisch nicht einzubinden, sondern auszubremsen oder auf Distanz zu halten. Weder D, noch FRA zeigten sich je gegenüber GB und dessen Anliegen so innig und partnerschaftlich als Vertreter einer gemeinsamen Sache, wie bei Ideen, die auf dem "Mist" der deutsch-französischen Erb"freundschaft" wuchsen ...und wieder verdorrten. Am wichtigsten war ja am Ende immer nur, dass der gallische Hahn auf der Pickelhaube sitzend den "traditionell" ungeliebten "Inselaffen" die "Grand Nation"-Zunge rausstrecken konnte.
Eine Konstellation, die letztlich die Bedenken und Sorgen GBs, egal wie berechtigt diese objektiv waren, einfach nicht sehen wollte. Schon gar nicht sich damit befassen wollte. Zum Beispield das ungehemmte Fluten GBs mit Zuwanderung, auch aus anderen EU-Ländern. Man lächelte eher klammheimlich über den bedröppelten Cameron und wie schön man das über Jahrtausende nicht zu erobernde Inselreich doch noch europäisch kleinkriegen könnte.
Ob man dieses seit 1066 und der Magna Carta vorhandene urbritische Gefühl, Herr seiner Insel zu sein, nun verlachen will oder als vollkommen bescheuert ansieht: Es ist einfach da. War immer ein wesentlicher Teil des britischen Selbstverständnisses.
Hätte man Cameron im Vorfeld des innenpolitischen Anti-EU-Drucks, dem er ausgesetzt war, etwas mehr Verständnis entgegengebracht, besonders seitens der Großhirsche D/FRA, und ihn und GB als Partner eingebunden, statt in gegen die Wand laufen zu lassen, wäre das Brexitreferendum vielleicht nie gekommen ...und damit jener Zustand von heute, der nur Verlierer zurücklassen wird.
Zumal ja die Zuwanderungs- und Migrationsfrage (in all ihren unterschiedlichen Facetten) nicht nur für GB damals wie heute eine Kernfrage ist, sondern wie wir heute feststellen können, auch ein Gesamtproblem der EU. Das man allerdings im Gegensatz zu GB innerhalb der EU negierte, bis die politische Realität diesem EU-Kopfstand tief im Sand der Ignoranz ein Ende machte.
Jetzt haben wir also den Salat. Und wie der ohne GB-Kräuter als reiner EU-Kartoffelsalat schmecken wird, richtig gut, als haute cuisine oder fad wie ein 20kg-Convenience-Massendreck, wird sich erst noch zeigen müssen.
Ich tippe auf letzteres. Sofern man nicht schafft, die Ungleichgewichte innerhalb der EU nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch fairer -für alle- zu gestalten.
Da wird man hinsichtlich der ökonomischen Rahmenbedingungen nicht umhin kommen, einen gewissen Nachteil durch Transferleistungen auszugleichen. Um damit auch einer weitergehenden politischen Union die notwendigen Grundfeste zu verpassen, auf denen man dann alle Menschen der EU-Länder soweit überzeugen kann, dass diese EU nicht nur eine Vorteilsunion für ökonomische Kraftprotze wie D oder FRA ist. Sondern ein Gewinn für alle.
Nicht nur ökonomisch, sondern auch als geniales, politisches Friedens- und Freiheitsprojekt mit eigentlich einzigartiger Zukunftsaussicht.
Beides ist sicher richtig. Allerdings hat auch die NULLzins- bzw. Negativeinlagezinspolitik der EZBund ihre QE_Strategie bilanzielle "Effekte" und Auswirkungen auf den Aussenwert des Euro.Wähler hat geschrieben: Ein Staatsschuldenschnitt Italiens hätte übrigens Auswirkungen auf die Bilanz der EZB und damit auf den Außenwert des Euro.
Es sollten also möglichst viele Aspekte der zur Zeit ruhenden Staatsschulden- oder Euro-Krise auf den Tisch der Erkenntnis gelangen.
Wie man ja an Wechselkursentwicklung des Euro im Verhältnis zum USD erkennen kann.
Wieweit sog. echte Schuldenschnitte oder -erlässe vom globalen Markt nur negativ aufgefasst werden oder würden, oder sogar im Gegenteil mittel- bis langfristig sogar positiv bewertet würden, ist offen.
Der sog. - von User orbiter1 -so bezeichnete Schuldenschnitt, mit dem Griechenland angeblich 1/3 seiner Staatsschulden "geschenkt" wurden, hätte somit zu einem massiven Aussenwertverlust des Euro führen müssen, wenn ich ihre logische Anmahnung richtig deutete. Es ist aber so, dass sich der Euro - auch im Aussenwert - recht wacker hält, wie ich finde. Trotz einer aggressiven Leitzinserhöhungspolitik der FED, die das Zinsgefüge zwischen dem EZB-geführten Euroraum mit einem Leitzins von 0% und -0,4% Einlagefacilität und auf der anderen Seite einem mittlerweile im USD-Raum enteilten Leitzinslevel von +2,5 % sehr deutlich in Richtung USD spreizt.
Der Euro ist aber von einem innerhalb dieses Zeitraums, als die Fed im Herbst 2014 ihr QE-Programm beendete und dann langsam und immer mehr begann, den Leitzins anzuhen, während die EZB fröhlich den Markt weiter mit Euros zuschiß, bis nur knapp an die Paritätsgrenze gefallen, auch ca. 1,04 USD je Euro. Auch unter der weiter zunehmender Leitzinsdifferenz (im Verhältnis zum USD) stieg der Euro zeitweise sogar wieder auf 1,25 USD je Euro an.
Soweit man Währungsexperten glauben mag, ist der aktuelle Stand, auf den der Euro wieder absackte, ca. 1.13 bis 1.14 USD, die ein Euro kostet, eine Art untere Grenzelinie, ab der man einen allmählichen Anstieg des Aussenwerts des Euro, vor allem gegenüber dem USD, in den nächsten Jahren erwartet. Selbst wenn die EZB nicht vor 2020 an eine tatsächliche Leitzinserhöhung denkt bzw. diese vornimmt. Die Prognosen gehen von einem Wechselkurs des Euro aus, der durchaus wieder in den Bereich von 1.30 bis 1.35 USD je Euro gehen könnte.
Also insgesamt ist nicht ausgemacht, dass sog. Schuldenschnitte, welche auch immer, echte oder scheinbare, den Aussenwert des Euro rasieren werden. Es gibt dazu soviele Faktoren, die bei der Beurteilung und Bewertung der Märkte letztlich einen positiven oder negativen Dreh ergeben können, und diesbezügliche Aussagen allenfalls spekulativ sind hinsichtlich einer negativen Prognose.
Ich denke, nähme man die Entwicklung Griechenlands als Bewertungspunkt Nr. 1, dann zeigt sich, dass die Märkte eher postitiv auf einen Schuldenschnitt reagierten. Immerhin kann sich Griechenland wieder selbst am Markt finanzieren. Man hat wieder etwas Vertrauen gefasst auf Kreditgeberseite. Obwohl ja die fundamentale Ausgangslage und Verbesserung der griechischen Ökonomie nicht zu Jubelhüpfern Anlaß gibt. Schon gar nicht, was die Wettbewergsfähigkeit oder das Wachstumspotenzial angeht. Mit der Feststellung will ich Griechenland keineswegs in die Pfanne hauen. Aber nüchtern betrachtet sind die fundamentalen Fakten einfach so.