Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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H2O
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Lieber KingKong, das Ding wird zu lang, um die Punkte wirklich sauber abarbeiten zu können. Mit anderen Worten: Wir schrecken durch zu umfangreiche Behandlung von Einzelthemen in einem Beitrag unsere anderen Gesprächspartner ab!

Ich lasse jetzt erst einmal die Nörgelei über die Kanzlerin weg; bleiben wir bei der

"Festung Europa".

Nein, diese Festung will kein vernünftiger Mensch. Unser Kontinent lebt vom Umgang mit fast allen Ländern dieser Welt... da kann man nicht "einfach die Schotten dicht" machen. Aber selbstverständlich muß die EU mit nationalen und EU-Grenztruppen FRONTEX insgesamt ihre Außengrenzen so weit unter Kontrolle halten, daß ein Massenandrang wie im 2. Halbjahr 2015 nicht mehr stattfindet. Wenn es dafür keine verläßliche Lösung gibt, also nach Lust und Laune über die Ägäis oder über Süditalien jährlich hunderttausende Flüchtlinge Schutz, Hilfe, Zukunft in Europa suchen, dann wird Deutschland seine Grenzen wirksam schließen müssen, natürlich angepaßt an die beobachtete Lage. Das Schengener Abkommen ist dann insofern gescheitert, daß ein unkontrollierter Grenzverkehr nicht mehr möglich ist. Die EU Binnenwanderung wird dadurch ja nicht eingeschränkt, das Niederlassungsrecht auch nicht. Aber Durchfahrt mit 130 km/h ist dann nicht mehr möglich.

Man muß dann abwägen, ob wir in Deutschland jährlich 1 Mio Flüchtlinge erkennungsdienstlich erfassen und unterbringen/versorgen wollen, oder ob wir kurz 'mal eben über unsere Grenzen nach Österreich oder der Schweiz huschen wollen. Mir ist das Ergebnis der Abwägung klar: Kontrolle und Zurückweisung in die "sicheren Durchreisestaaten".

Vielleicht bleibt uns ja diese Wahl erspart, weil der gemeinsame Schutz der Außengrenzen doch wirkt, oder weil die Abkommen mit der Türkei und einigen afrikanischen Ländern gegen Schleuser wirksam werden. Diese Abkommen hat übrigens die Kanzlerin vorbereitet, mit der Türkei insbesondere, und sowohl der Innenminister als auch der Außenminister angeschoben. Aber nichts ist endgültig sicher, so daß nur die Selbstverteidigung übrig bleibt. Letztlich waren die genannten Verhandlungen schon deutsche Selbstverteidigung und möglicherweise die Rettung für die EU, so wie wir sie gern hätten.
Ger9374

Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Herr Steinmeier hat ich auch schon gegen den
wachsenden Nationalismus in Europa gewandt.
Er wird zu einer latenten Gefahr. Wer hat ihm das denn wohl verraten?;-);-)
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Fuerst_48
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Fuerst_48 »

Schau ma mal, na segn mas scho... :cool: :cool: :cool: :cool: :cool:
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H2O
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Außenminister Steinmeier hätte viel Veranlassung, über seine Rolle innerhalb der EU verschärft nach zu denken. Mit 28 Außenministern innerhalb der EU, die sich einmal im Jahr gegenseitig einladen zu zweiseitigen Gesprächen, das gibt meiner überschlägigen Rechnung zufolge 26 X 27 / 2 Gespräche mit Tschingderassabum im Jahr. Welch Unsinn... wo man sich eigentlich ganz entspannt in Brüssel oder Straßburg um einen großen Tisch versammeln könnte, um sich aus zu tauschen. Oder gleich Frau Mogherini mit entspechendem Stab ausstatten und dort dann die europäische Außenpolitik gestalten lassen könnte.

Will sagen, daß wir uns in der EU 28 Wichtigtuer leisten, und Herr Steinmeier ist einer davon... auch wenn ich das Auftreten dieses Mannes ansonsten sehr mag. Wenn er den Sprung ins Schloß Bellevue schaffen sollte: Das Außenamt abschaffen und unsere Nachbarn bitten, diesem Beispiel zu folgen. In Brüssel spielt unsere Musik, oder in Straßburg!
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Europa kommt einfach nicht mit dem Arsch hoch.
Sollen doch endlich mal wichtige Kompetenzen an Brüssel gehen. Dieser Zahnlose Löwe kann nicht
ins Bewusstsein der Europäer kommen, wenn die
Nichts wichtiges entscheiden können . Die Nationalstaaten halten Brüssel an der Leine.
Keiner nimmt die doch für voll.Gebt denen Aufgaben , die auch was bewegen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(27 Dec 2016, 22:35)

Europa kommt einfach nicht mit dem Arsch hoch.
Sollen doch endlich mal wichtige Kompetenzen an Brüssel gehen. Dieser Zahnlose Löwe kann nicht
ins Bewusstsein der Europäer kommen, wenn die
Nichts wichtiges entscheiden können . Die Nationalstaaten halten Brüssel an der Leine.
Keiner nimmt die doch für voll.Gebt denen Aufgaben , die auch was bewegen.
So lange nationale Spitzenkräfte ihr Heil in ihren Nationalstaaten sehen, so lange wird keine Kanzlerin und kein Staatspräsident in Brüssel um die politische Macht innerhalb der EU kämpfen. Vielleicht kommt man etwas schneller mit dem Kerneuropa der Willigen zum Ziel!
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King Kong 2006
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

H2O hat geschrieben:(28 Dec 2016, 10:22)

So lange nationale Spitzenkräfte ihr Heil in ihren Nationalstaaten sehen, so lange wird keine Kanzlerin und kein Staatspräsident in Brüssel um die politische Macht innerhalb der EU kämpfen. Vielleicht kommt man etwas schneller mit dem Kerneuropa der Willigen zum Ziel!
Ob es der richtige Weg ist Nationalstaaten aufzulösen? Es zeigt sich doch immer wieder auch in den Konflikten in Nahost, daß die Menschen bestrebt sind Territorien zu bilden mit einer weitesgehend homogen empfundenen Struktur. Weg von "Multik-Kulti". Oder beim Brexit oder im Jugoslawienkrieg. Die "erzwungene" Konformität schafft auch Streß und Krisen, die sich in purer Gewalt und Staatsauflösung kanalisieren kann. Beim Brexit hat sich das noch ohne Blutvergiessen vollzogen.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

King Kong 2006 hat geschrieben:(28 Dec 2016, 10:45)

Ob es der richtige Weg ist Nationalstaaten aufzulösen? Es zeigt sich doch immer wieder auch in den Konflikten in Nahost, daß die Menschen bestrebt sind Territorien zu bilden mit einer weitesgehend homogen empfundenen Struktur. Weg von "Multik-Kulti". Oder beim Brexit oder im Jugoslawienkrieg. Die "erzwungene" Konformität schafft auch Streß und Krisen, die sich in purer Gewalt und Staatsauflösung kanalisieren kann. Beim Brexit hat sich das noch ohne Blutvergiessen vollzogen.
Völlig klar das Bestreben von Gruppen und Grüppchen sich zu Lasten anderer Gruppen und Grüppchen Vorteile sichern zu wollen. Meinetwegen sollen diese Gruppen und Grüppchen auch die freiwillige Gemeinschaft verlassen; daraus kann kein Blutvergießen entstehen.

Die EU ist ein freiwilliges Bündnis einander sehr ähnlicher Staaten, die beschlossen hatten, sich zu immer engerer Zusammenarbeit zu verbinden. Da sollte nichts auf Zwang beruhen, kann folglich Gewalt kein Mittel der Politik sein. Wir müssen uns eingestehen, daß einige EU-Partner dieses Ziel nicht mehr anstreben, aber die Wohltaten der Gemeinschaft gern genießen möchten, die als Vorleistung für den Zusammenschluß gewährt wurden. Das muß tatsächlich ein Ende nehmen, weil in keiner Weise ein zu sehen. Diese Trennung in einen sehr engen Bund der Willigen und in eine loser assoziierte Wirtschaftszone für alle scheint mir ein Ausweg aus diesem Trauerspiel zu sein.
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frems
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von frems »

King Kong 2006 hat geschrieben:(28 Dec 2016, 10:45)

Ob es der richtige Weg ist Nationalstaaten aufzulösen?
Auflösen wohl nicht, aber in einigen Kompetenzfeldern stutzen sicherlich. Zwar funktioniert die abgestimmte Außenpolitik heute (s. Russlandsanktionen) deutlich besser als in früheren Zeiten (Irakkrieg etc.), aber sinnvoller wären supranationale Lösungen, sprich, europäische Institutionen, die demokratisch legitimiert sind und entsprechend bindend entscheiden. In anderen Bereichen wäre eine Dezentralisierung auch nicht verkehrt, aber das betrifft föderale Staaten wie die Bundesrepublik weniger als die Einheitsstaaten in der EU, z.B. Spanien und Italien. In beiden Fällen müssen aber die Nationalstaaten ihren Hintern erstmal bewegen. Bisher klappte das meist nur in Krisenzeiten.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(28 Dec 2016, 16:49)

Auflösen wohl nicht, aber in einigen Kompetenzfeldern stutzen sicherlich. Zwar funktioniert die abgestimmte Außenpolitik heute (s. Russlandsanktionen) deutlich besser als in früheren Zeiten (Irakkrieg etc.), aber sinnvoller wären supranationale Lösungen, sprich, europäische Institutionen, die demokratisch legitimiert sind und entsprechend bindend entscheiden. In anderen Bereichen wäre eine Dezentralisierung auch nicht verkehrt, aber das betrifft föderale Staaten wie die Bundesrepublik weniger als die Einheitsstaaten in der EU, z.B. Spanien und Italien. In beiden Fällen müssen aber die Nationalstaaten ihren Hintern erstmal bewegen. Bisher klappte das meist nur in Krisenzeiten.
Ja, diese denkbare Entwicklung hin zu einer europäischen Föderation sollte man vielleicht doch einmal etwas weiter ausbreiten. Derzeit haben wir ja keine andere Vorstellung als die etwas im Nebel liegende Auflösung der völlig unabhängigen Nationalstaaten, die aber weiterhin ungebrochen mit eigener Innen- und Außenpolitik bestehen. Ja, gut, in Teilbereichen spielt die Gemeinschaft eine Rolle, damit das Wirtschaften innerhalb der EU vereinfacht wird. So könnte man in Deutschland vielleicht auf den Gedanken kommen, unsere elektrische Spannung an den Steckdosen zu verändern... aber so besonders pfiffig wäre das wohl doch nicht, wenn wir an unsere lawinenartig angeschwollene Zahl von elektrischen Helferlein denken, immer mit einem Eurostecker am Kabel, der 230 V ~ verlangt, eine Phase, einen Nullleiter und einen Leiter Schutzerde, oder zwei Stifte im Abstand 17,5 mm mit 4 mm Durchmesser. Genial... :) Oder zuletzt das USB-miniUSB-Kabel für unsere Mobiltelefone... wird da wohl niemand an dieser Norm rütteln?!

Ja, aber politisch... wie könnte das denn laufen? Wird es grenzüberschreitende politische Regionen geben, die ohne Rückfrage in der Landeshauptstadt Berlin, Warschau oder Paris einen Abzugsgraben oder einen Schutzdeich beauftragen oder zuschütten dürfen, ein gemeinsames Versorgungsnetz für Wasser, Gas und Strom und Abwasser nach europäischer Norm betreiben werden... oder wird so etwas auch künftig in den geschichtlichen Hauptstädten beantragt und genehmigt werden... oder noch toller: In der EU-Verwaltung in Brüssel oder Straßburg? Diese Folgen einer europäischen Einigung liegen doch noch so weit entfernt vor uns, daß wir darauf nur selten einen Gedanken verlieren oder uns gar über den besten Lösungsansatz für solches Alltags-Klein-Klein streiten.

Wie wird das mit unseren Sicherheitskräften, die in der Vergangenheit ja auch Sicherheit gegen den unheimlichen Nachbarn boten? Wird es auch da zu einer regional organisierten Polizei kommen, die sich in Einsatzfällen regionaler Art gar nicht erst in einer überregionalen Oberbehörde,
oder deren zwei oder drei oder gar unmittelbar in Brüssel oder Straßburg melden wird? Wird es überregionale Polizeien geben, die nach Art einer Gendarmerie oder einer Bundespolizei mit den regionalen Polizeien zusammen wirken? Wenn wir an unsere augenblickliche Terrorabwehr denken, dann wird der Gedanke an einen überregionalen Durchgriff ziemlich zwingend... die nationalen Dienste kommen ganz einfach nicht zu erhöhter Gemeinsamkeit, warten wohl auf die Weisung der demokratisch gewählten alten Staatsspitzen. Wäre da ein Oberkommando in Straßburg oder Brüssel mit Durchgriff bis Zypern oder auf die Azoren eine praktische Lösung? Immerhin träumen wir ja im Augenblick der Gefahr von einer Verbrecherjagd über die bestehenden Staatsgrenzen hinweg; meinetwegen also von einer Verfolgung der Mafia aufgrund von aufgedeckten Verbrechen in Berlin oder in der Wallonie... das ganze aber durch eine einzige Nachricht aus der Region zum Oberkommando ausgelöst... ohne Ministerpräsidenten und Regionalpräsidenten und große Vorträge im Landesparlament?

Ein EU-Parlament mit gewählten Politikern mit Durchgriff in nationale Parlamente als Ausdruck des Bürgerwillens der Gemeinschaft gegenüber nationalen/regionalen Wünschen und Vorstellungen. Wie schafft man diesen Interessenausgleich ohne tiefgreifende Streitigkeiten und sich daraus entwickelnde Ablösungsbestrebungen?

Aus meiner europäischen Sicht wäre das insgesamt ein spannender Gesprächsstoff auch für unser politisches Forum.eu!

Vielleicht sollten wir dazu ein eigenes Unterforum aufbauen, wo wir Europäer unsere Gedanken zu gegebener Veranlassung ablegen und uns darüber auch streiten? Gibt es in unseren Partnerstaaten hier oder da ein vergleichbares Forum für europäische Gemeinschaftsfragen? Dann wäre eine Durchlässigkeit bei spannenden Streitfragen wünschenswert, damit eben auch ein Europa der europäischen Mitbürger wächst, das den europäischen Eliten (im freundlichen Sinne gemeint!) auch eine vernünftige Erdverbundenheit vermittelt? Wie sollen diese Eliten denn sonst systematisch über ihre nationalen Grenzen schauen?

Sollten wir Europäer nicht ab 2017 damit beginnen, nachdem doch in den vergangenen 60 Jahren schon viel gegenseitiges Mißtrauen abgebaut wurde? Wer von uns will denn Unvernünftiges von unseren unmittelbaren und etwas weiter entfernten europäischen Mitbürgern? Wollen wir denn nicht einen Zustand anstreben, in dem unser Zusammenleben möglichst reibungslos und wie selbstverständlich zwischen Familien, Völkern und Staaten organisiert möglich ist? Ganz jenseits unserer viele Jahrhunderte gepflegten Vorurteile bis hin zu Eroberungskriegen? Die Folgen davon gibt es, mit denen müssen wir Europäer uns sicher auch befassen, vor allen im Sinne von partnerschaftlichen Lösungen zum allseitigen Vorteil.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Wähler »

http://www.fr-online.de/politik/europaa ... 44690.html
FR 29. Dezember 2016 Europaabgeordneter Sven Giegold „Zeigen, wofür Europa da ist“
Steuern werden in der EU ausschließlich von den Regierungen im Rat beschlossen. Bei der Finanzmarktregulierung und den allermeisten anderen Gesetzen ist es anders, hier ist das Europaparlament voll mitentscheidungsberechtigt. Das muss auf alle Rechtsgebiete ausgeweitet werden, damit Europa noch demokratischer wird.
Kurzfristig müssen mehr Demokratie und Transparenz her. Die Regierungschefs und Minister sollten öffentlich tagen, damit die Bürger nachvollziehen können, welches Land wofür eintritt und die Regierungen sich nicht hinter unangenehmen Entscheidungen verstecken können. Oft werden die nämlich auf Brüssel geschoben.
Europa braucht eine Investitionsagenda. Man könnte in ein europäisches Eisenbahnnetz investieren, ein Energienetz für hundertprozentig erneuerbare Energien schaffen, den Zugang zum Internet auch in schwächeren Gebieten ausbauen. Es sollte Erasmus für alle geben und nicht nur für einen kleinen Teil der jungen Leute. Wir könnten Europa stärker machen und denen, die sich davon abgekehrt haben, zeigen, wofür Europa da ist. Das alles könnte man finanzieren durch die Erträge einer neuer Steuerpolitik, die Unternehmen, Vermögende und den Kapitalmarkt gerecht besteuern. Denn an Geld mangelt es auf diesem Kontinent wahrlich nicht.
Interessante Einblicke in die EU-Finanz- und Wirtschaftspolitik aus Sicht eines EU-Parlamentariers.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

  • Kurzfristig müssen mehr Demokratie und Transparenz her. Die Regierungschefs und Minister sollten öffentlich tagen, damit die Bürger nachvollziehen können, welches Land wofür eintritt und die Regierungen sich nicht hinter unangenehmen Entscheidungen verstecken können. Oft werden die nämlich auf Brüssel geschoben.
Da bin ich nicht so sicher, daß Öffentlichkeit in allen Fragen gut ist. Das sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn es in der EU nicht auch geheime Beratungen geben sollte. Vielleicht sollten die Ratsmitglieder vor einer Beratung öffentlich entscheiden, ob sie erst einmal unter Ausschluß der Öffentlichkeit die Lage erörtern wollen und darüber befinden wollen. Natürlich müssen Entscheidungen danach ausführlich erklärt werden... "Präsident Tusk, bitte übernehmen Sie!"
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(28 Dec 2016, 21:30)
Sollten wir Europäer nicht ab 2017 damit beginnen, nachdem doch in den vergangenen 60 Jahren schon viel gegenseitiges Mißtrauen abgebaut wurde? Wer von uns will denn Unvernünftiges von unseren unmittelbaren und etwas weiter entfernten europäischen Mitbürgern? Wollen wir denn nicht einen Zustand anstreben, in dem unser Zusammenleben möglichst reibungslos und wie selbstverständlich zwischen Familien, Völkern und Staaten organisiert möglich ist? Ganz jenseits unserer viele Jahrhunderte gepflegten Vorurteile bis hin zu Eroberungskriegen? Die Folgen davon gibt es, mit denen müssen wir Europäer uns sicher auch befassen, vor allen im Sinne von partnerschaftlichen Lösungen zum allseitigen Vorteil.
Naja, reibungslos sind Demokratien zum Glück nie und daraus hat man auch auf europäischer Ebene reagiert, z.B. im Zuge der sog. Eurosklerose, wo man etwas auf die Bremse trat. Oder die Streitigkeiten beim Irakkrieg, die zu einer besseren Abstimmung in der Außen- und Sicherheitspolitik führte, um eine Teilung des "alten" und "neuen Europas" möglichst in Zukunft zu vermeiden. Der nächste Schritt wäre es dann nur noch, dass man solche Entscheidungen von europäischen Institutionen treffen lässt statt wie aktuell in Einstimmigkeit aller Mitgliedsstaaten.

Und so weit entfernt von einer Föderation sind wir auch nicht mehr. Nicht grundlos wird die EU seit den 90ern als Staatenverbund kategorisiert, da sie deutlich stärker integriert ist als ein lockerer Staatenbund, aber noch nicht alle Merkmale eines Bundesstaates aufweist.

Wo die Institutionen angesiedelt sind, ist eigentlich nicht so wichtig und in vielen Staaten hat man bewusst auf Trennungen gesetzt. Ich fand persönlich seit der EU-Erweiterung von 2004 eigentlich Prag immer ganz gut. Das Land ist mehrheitlich katholisch wie große Teile Südeuropas, ist kulturell und geschichtlich stark mit Mitteleuropa verwoben, und die Leute sprechen wie viele Osteuropäer eine slawische Sprache. Zudem ist diese historisch bedeutsame und zugleich sehr schöne Stadt geographisch sehr zentral. Da hätte man gut Parlament, Rat und Kommission ansiedeln können. Aber andererseits kann man es auch nüchtern sehen: wir haben in Brüssel etablierte Strukturen mit der nötigen Infrastruktur (inkl. Gebäuden). Erst kürzlich wurde das neue Europa-Gebäude für den Rat in Brüssel fertiggestellt und man wird dort voraussichtlich 2017 den Betrieb aufnehmen. Da wär ich nur dafür, dass man das Parlament auch dauerhaft in Brüssel unterbringt. Straßburg könnte man ja mit etwas anderem "entschädigen", damit die Franzosen zustimmen, z.B. mit einer größeren EU-Agentur. Letztere sind ja gezielt in Europa verstreut, z.B. die Umweltagentur in Kopenhagen, die Agentur für Gesundheit in Bilbao, Frontex in Warschau, IT-Fragen in Tallinn oder die Eisenbahnagentur in Lille.

Oder die Uni Straßburg, deren Ursprung fast 500 Jahre zurückliegt, geht in eine europäische bzw. EU-finanzierte Hochschule über und die Mittel werden ordentlich aufgestockt, um eine international führende Einrichtung für Lehre und Forschung zu etablieren. Irgendeine pragmatische Lösung sollte man da schon finden können.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Europa muß im Westen entstehen, damit wenigstens das bewußt und gewollt enge Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich erhalten bleibt. Ich fürchte, daß jeder davon abweichende Gedanke ein Schritt zum Ende des europäischen Projekts wäre.

Ich sehe die vom europäischen Projekt abrückenden östlichen Partner nicht im Kern der EU angekommen. Da muß sehr bald eine Entscheidung fallen, wie die Reise mit diesen Partnern weiter gehen soll. Die nächste Euro-Krise könnte dazu einen äußeren Anstoß geben. Den Euro retten wir nur durch "mehr Europa". Schließlich war eine der unerfüllten Erwartungen doch, daß unsere Partner und wir uns wirtschaftlich und politisch viel schneller zur vertieften Union zusammen schließen würden, weil der Euro uns dazu zwingt. Da sind wir jetzt angelangt! :eek:

Ja, Ihren Vorschlag, die Universität Straßburg zu einer deutsch-französischen Universität mit höchsten Leistungsansprüchen zu entwickeln, finde ich ganz ausgezeichnet. Dazu brauchen wir aber die EU nicht. Das können unsere beiden Länder allein viel besser. Mir würde eine große europäische Einrichtung beiderseits des Rheins bei Straßburg gefallen, um die deutsch-französische Zusammenarbeit als Voraussetzung für ein funktionierendes Europa hervor zu heben.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Wähler »

http://www.sueddeutsche.de/politik/reak ... -1.3321540
SZ 6. Januar Europa hat das Vertrauen in sich verloren
Offen ist jedoch, wie eine solche Union zu gestalten ist. Die Vorschläge reichen von dem vagen Konzept einer „EU-Wirtschaftsregierung“, die koordinierte Strukturreformen fördern soll, über Durchgriffsrechte der Kommission auf nationale Haushalte bis zu einem vollwertigen „Euro-Zonen-Parlament“ für die Länder der Euro-Zone. Leider werden sämtliche Vorschläge und Forderungen nicht als Gesamtkonzept diskutiert, sondern gelangen immer wieder punktuell auf die Tagesordnung.
Der Knappheit natürlicher Ressourcen und der Interdependenz des modernen Lebens könne nur das europäische Modell der geteilten Souveränität gerecht werden: „Die EU wird auf jeden Fall eine wichtige Rolle spielen. Ob sie ein starker Partner sein kann, hängt davon ab, wie sie ihre eigenen Probleme löst.“
Ich erwarte in den nächsten Jahren keinen Durchbruch. Es wird weiterhin von Politikfeld zu Politikfeld gehüpft, um zu schauen, ob sich neue Gemeinsamkeiten ergeben. Der Fortschritt ist halt eine Schnecke. ;)
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(07 Jan 2017, 07:18)

...

Ich erwarte in den nächsten Jahren keinen Durchbruch. Es wird weiterhin von Politikfeld zu Politikfeld gehüpft, um zu schauen, ob sich neue Gemeinsamkeiten ergeben. Der Fortschritt ist halt eine Schnecke. ;)
Mit etwas Wurstigkeit kann man die Dinge aber auch treiben lassen; so lange sich für Deutschland keine schwer wiegenden Nachteile durch die Mitgliedschaft in der EU ergeben, ballt man dann eben eine Faust in der Tasche und läßt die ewigen Quertreiber in ihren Hamsterrädern. Aber es ist nicht verboten, von Zeit zu Zeit aus zu breiten, wie man sich die vollendete EU einmal vorstellt. Schon um rasch genug auf den Zug aufspringen zu können, wenn er sich denn einmal bewegen sollte.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(07 Jan 2017, 07:18)
http://www.sueddeutsche.de/politik/reak ... -1.3321540
SZ 6. Januar Europa hat das Vertrauen in sich verloren
Ich erwarte in den nächsten Jahren keinen Durchbruch. Es wird weiterhin von Politikfeld zu Politikfeld gehüpft, um zu schauen, ob sich neue Gemeinsamkeiten ergeben. Der Fortschritt ist halt eine Schnecke. ;)
H2O hat geschrieben:(07 Jan 2017, 09:31)
Mit etwas Wurstigkeit kann man die Dinge aber auch treiben lassen; so lange sich für Deutschland keine schwer wiegenden Nachteile durch die Mitgliedschaft in der EU ergeben, ballt man dann eben eine Faust in der Tasche und läßt die ewigen Quertreiber in ihren Hamsterrädern. Aber es ist nicht verboten, von Zeit zu Zeit aus zu breiten, wie man sich die vollendete EU einmal vorstellt. Schon um rasch genug auf den Zug aufspringen zu können, wenn er sich denn einmal bewegen sollte.
Vorher muss aber eine proeuropäische Öffentlichkeit entstehen und eine der europäischen Parteienfamilien grenzüberschreitend den Wählern bei der Europawahl mit einem attraktiven Spitzenkandidaten Vorschläge unterbreiten. Die Regierungschefs der einzelnen Nationalstaaten allein werden es nicht richten.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(07 Jan 2017, 10:42)

Vorher muss aber eine proeuropäische Öffentlichkeit entstehen und eine der europäischen Parteienfamilien grenzüberschreitend den Wählern bei der Europawahl mit einem attraktiven Spitzenkandidaten Vorschläge unterbreiten. Die Regierungschefs der einzelnen Nationalstaaten allein werden es nicht richten.
Damit haben Sie wirklich und uneingeschränkt Recht! Die erhoffte proeuropäische Öffentlichkeit gibt es auch. Sie ist in gebildeten Kreisen übermächtig an zu treffen; so jedenfalls in Großbritannien, Polen, Italien, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Das kann ich aus unmittelbarer eigener Erfahrung so bestätigen. Mag sein, daß diese Europäer keine Lust haben, sich mit nationalistischen Populisten öffentlich an zu legen. Aber diese Populisten können sich der herzlichen Verachtung dieser Kreise sicher sein.

Wir Europäer sollten also gefragt und ungefragt unsere Wünsche und Träume für unsere europäischen Völker ausbreiten und uns nicht entmutigen lassen, wenn strubbelige Schreihälse etwas ganz anderes für richtiger halten. Irgendwann muß es doch auch ausgemachten Dummköpfen peinlich werden, wenn sie zu Frieden, Interessenausgleich und Zusammenarbeit ausgestreckte Hände zurück weisen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(30 Dec 2016, 21:12)

Europa muß im Westen entstehen, damit wenigstens das bewußt und gewollt enge Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich erhalten bleibt. Ich fürchte, daß jeder davon abweichende Gedanke ein Schritt zum Ende des europäischen Projekts wäre.

Ich sehe die vom europäischen Projekt abrückenden östlichen Partner nicht im Kern der EU angekommen. Da muß sehr bald eine Entscheidung fallen, wie die Reise mit diesen Partnern weiter gehen soll. Die nächste Euro-Krise könnte dazu einen äußeren Anstoß geben. Den Euro retten wir nur durch "mehr Europa". Schließlich war eine der unerfüllten Erwartungen doch, daß unsere Partner und wir uns wirtschaftlich und politisch viel schneller zur vertieften Union zusammen schließen würden, weil der Euro uns dazu zwingt. Da sind wir jetzt angelangt! :eek:

Ja, Ihren Vorschlag, die Universität Straßburg zu einer deutsch-französischen Universität mit höchsten Leistungsansprüchen zu entwickeln, finde ich ganz ausgezeichnet. Dazu brauchen wir aber die EU nicht. Das können unsere beiden Länder allein viel besser. Mir würde eine große europäische Einrichtung beiderseits des Rheins bei Straßburg gefallen, um die deutsch-französische Zusammenarbeit als Voraussetzung für ein funktionierendes Europa hervor zu heben.
In vielen Bereichen waren die osteuropäischen Länder ja Musterschüler und haben ohne großes Murren Harmonisierungen umgesetzt, wo sich die "alten" Mitgliedsstaaten (auch Deutschland und Frankreich) oft schwer taten. Die Entbürokratisierung, der harte Sparkurs und diverse Arbeitsmarktreformen, die im Rahmen des Europäischen Semesters entwickelt und vorgeschlagen wurden, sind da vorbildlich durchgeführt worden. Das sollte man schon würdigen, auch wenn man bei einem aktuellen Thema einige Meinungsdifferenzen hat. Das haben die Osteuropäer ja auch untereinander, wenn man z.B. ans Thema Russlandsanktionen denkt, indem einige Länder einen viel härteren Kurs forderten (u.a. Polen und die baltischen Staaten), während andere am liebsten komplett auf Maßnahmen verzichtet hätte (z.B. Ungarn, Rumänien und Bulgarien).

Und sicherlich sind binationale Abkommen möglich. Dafür muss man ja nicht nur Arte schauen. :p Ein Grund, warum die Franzosen gegen die Verlegung des EP nach Brüssel sind, ist ja zum einen Prestige und zum anderen Einnahmen. Die Abgeordneten und der Wanderzirkurs bringen einiges an Arbeitsplätzen und damit Steuereinnahmen. Dass das Land nicht freiwillig darauf verzichtet, wenn es nichts im Gegenzug erhält, ist nachvollziehbar. Da es aber von gesamteuropäischen Interesse ist, das Parlament nur an einem Ort zu haben, sollte man auch über eine gesamteuropäische und nicht deutsch-französische Finanzierung nachdenken. Prag ist halt keine realistische Option, ich fand sie nur von der Idee (auf dem Reißbrett, ohne Berücksichtigung des Status Quo der Institutionen) her interessant. Damit würde man auch den osteuropäischen Staaten signalisieren, dass die EU nicht "irgendwo im Westen" beheimatet ist, sondern im Herzen des Kontinents. Das könnte die Identifikation etwas stärken, wenn sich nicht "nur" die wichtigsten Institutionen in Brüssel, Luxemburg, Straßburg und Frankfurt befinden. Aber wie gesagt, das ist aktuell kein Thema und ich vermute, dass es in absehbarer Zeit auch keins wird.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(09 Jan 2017, 02:24)

In vielen Bereichen waren die osteuropäischen Länder ja Musterschüler und haben ohne großes Murren Harmonisierungen umgesetzt, wo sich die "alten" Mitgliedsstaaten (auch Deutschland und Frankreich) oft schwer taten. Die Entbürokratisierung, der harte Sparkurs und diverse Arbeitsmarktreformen, die im Rahmen des Europäischen Semesters entwickelt und vorgeschlagen wurden, sind da vorbildlich durchgeführt worden. Das sollte man schon würdigen, auch wenn man bei einem aktuellen Thema einige Meinungsdifferenzen hat. Das haben die Osteuropäer ja auch untereinander, wenn man z.B. ans Thema Russlandsanktionen denkt, indem einige Länder einen viel härteren Kurs forderten (u.a. Polen und die baltischen Staaten), während andere am liebsten komplett auf Maßnahmen verzichtet hätte (z.B. Ungarn, Rumänien und Bulgarien).

Und sicherlich sind binationale Abkommen möglich. Dafür muss man ja nicht nur Arte schauen. :p Ein Grund, warum die Franzosen gegen die Verlegung des EP nach Brüssel sind, ist ja zum einen Prestige und zum anderen Einnahmen. Die Abgeordneten und der Wanderzirkurs bringen einiges an Arbeitsplätzen und damit Steuereinnahmen. Dass das Land nicht freiwillig darauf verzichtet, wenn es nichts im Gegenzug erhält, ist nachvollziehbar. Da es aber von gesamteuropäischen Interesse ist, das Parlament nur an einem Ort zu haben, sollte man auch über eine gesamteuropäische und nicht deutsch-französische Finanzierung nachdenken. Prag ist halt keine realistische Option, ich fand sie nur von der Idee (auf dem Reißbrett, ohne Berücksichtigung des Status Quo der Institutionen) her interessant. Damit würde man auch den osteuropäischen Staaten signalisieren, dass die EU nicht "irgendwo im Westen" beheimatet ist, sondern im Herzen des Kontinents. Das könnte die Identifikation etwas stärken, wenn sich nicht "nur" die wichtigsten Institutionen in Brüssel, Luxemburg, Straßburg und Frankfurt befinden. Aber wie gesagt, das ist aktuell kein Thema und ich vermute, dass es in absehbarer Zeit auch keins wird.
Wir haben nun einmal im Westen 40 Jahre Vorlauf gehabt. Der Eiserne Vorhang war alltägliche Erfahrung. Daraus sollte man der EU keinen Vorwurf machen. So ähnlich muß man auch unser Land sehen. Wenn es West-Berlin nicht gegeben hätte, wäre derzeit Bonn der Regierungssitz, und die allermeisten Staatsinstitutionen wären im Westen geblieben.

Der deutsch-französische Block wird künftig wieder an Bedeutung zunehmen, weil die Briten sich ganz von der EU trennen werden. Polen versäumt eine große Gelegenheit, sich leistungsbereit und konstruktiv dazu zu gesellen. An freundlichen Einladungen dazu hat es bisher nicht gefehlt.

Ist doch nicht verwunderlich, wenn so das Empfinden wächst, daß die EU im Westen entstanden ist und deshalb dort auch verankert ist. Deshalb habe ich keine Hemmungen, Straßburg als europäisches Zentrum hervor zu heben, mit Betonung auf deutsch-französisches Gemeinschaftsprojekt. Das ist obendrein geschichtlich verankert.
Ger9374

Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Deutsche und Franzosen als Vorbilder und Motor
der E.U . sind Fakt. Wenn der Sitz des Parlamentes
zur Debatte steht hat wenn nicht Deutschland wenigstens Frankreich einen berechtigten Anspruch drauf. Das alte System kann so weiter laufen. Wo ist das Problem?Brüssel und Strassburg haben sich bewährt.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(09 Jan 2017, 23:49)

Deutsche und Franzosen als Vorbilder und Motor
der E.U . sind Fakt. Wenn der Sitz des Parlamentes
zur Debatte steht hat wenn nicht Deutschland wenigstens Frankreich einen berechtigten Anspruch drauf. Das alte System kann so weiter laufen. Wo ist das Problem?Brüssel und Strassburg haben sich bewährt.
Nun, es gibt sicher Schlimmeres als einen Wanderzirkus zwischen Straßburg und Brüssel. Aber bei Gelegenheit das Ding aufräumen, das könnte nicht schaden. Die Gelegenheit dazu muß man in Ruhe abwarten... wenn die EU sich zerlegen sollte, der deutsch-französische Kern aber bleiben sollte, dann wäre das eine sehr gute Gelegenheit, Straßburg zu fördern.

Es gibt aber viele weitere Möglichkeiten, zu denen man besser die Finger davon läßt. Als Stichworte solten Geert Wilders und Marine Le Pen ausreichen, und schon stehen wir Germanen zum Gespött unserer Nachbarn mit bloßem Hinterteil mitten in Europa. Unwahrscheinlich, auch unerwünscht, aber immerhin möglich.

Ich jedenfalls sehe keinerlei Gestaltungskraft zur Weiterentwicklung der EU am Werke.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

H2O hat geschrieben:
(04 Jan 2017, 09:18)

Mein Tipp: Das Unterhaus muß gemäß Supreme Court doch zustimmen, sagt "Kein Brexit", und es gibt Neuwahlen. Danach ist das Thema vom Tisch. Das wäre die preiswerteste Folge dieser unglückseligen Volksabstimmung.
  • Preiswert? Man kann in diesem Falle aber mit Unruhen in UK rechnen. Nicht jeder wird dies akzeptieren.
Das ist doch klar, wenn das Ergebnis 52:48 ausgegangen ist. Nur sind die Folgen eines BREXITs inzwischen klarer geworden, so daß bei Neuwahlen zum Unterhaus einige Aussicht auf BREMAIN besteht. Auch wäre bei dieser Auseinandersetzung klarer, was BREXIT bedeutet und vor allem wie BREXIT dann ausgestaltet werden sollte. Die Themen Schottland, Ulster und Gibraltar müssen dabei auch in aller Ausführlichkeit behandelt werden.
H2O hat geschrieben:
(06 Jan 2017, 08:58)
EU-Pässe
  • Sowas müsste man dann erst einmal erfinden. Sowas gibt es bisher nicht.
Auch richtig; sollte aber grundsätzlich lösbar sein.
H2O hat geschrieben:
(06 Jan 2017, 10:40)

Na ja, mit Ausnahme der Geldentwertung hat es in GB noch keine gar so ungewöhnlichen Erschütterungen gegeben. Was nicht ist, das kann natürlich noch kommen, wenn der Marktzugang zum EU-Binnenmarkt sich verschlechtert. Ich könnte mir vorstellen, daß die Briten diesen Nachteil im Verein mit Kanada, Australien und Neuseeland abfedern können. Die werden ihr "Mutterland" bestimmt nicht hängen lassen. Diese Wahl haben wir Europäer nicht. Wenn wir die EU schlachten, dann wird das eine Schußfahrt ins Nichts.
  • Naja ersteinmal gab es bisher keinen Brexit, auch einen Plan zum Brexit ist nicht bekannt.
    Kennt die Wirtschaft die Parameter werden sie auch schnell reagieren. Ich denke die meisten Unternehmen warten einfach ab was passiert.
Was bleibt Unternehmen auch anderes übrig. Bei "April, April!", siehe oben, wäre viel Zeit und Geld für nichts vertan! Nur neu investieren würde ich nichts, bevor der Fall abschließend geklärt ist!
  • Nunja, Kanada fällt schon als Kandidat für einen Wirtschaftsunion mit UK aus, die haben vor kurzem CETA unterschrieben.
Ich glaube nicht, daß Kanada einen CETA-Vertrag unterschreibt, der dem Land sehr enge wirtschaftliche Verbindungen zu den USA verbietet. Zumindest diese Bedingungen könnte es auch den Briten einräumen.
  • Aber ich habe die Befürchtung dass Trump sie retten wird.
Auch diese Option bleibt den Briten, wobei die Rettung nicht mit dem Namen "Trump" verbunden sein muß.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Destructivus Trumpus?
2. Europa? Welches Europa?

Irritierend lesen sich Trumps Sätze zur Europäischen Union. Wo Barack Obama Europa noch als historisches Projekt bezeichnet hatte und die Europäer emotional aufrief, zusammenzuhalten, scheint sein Nachfolger ein baldiges Auseinanderbrechen des Kontinents regelrecht herbeizureden: "Wenn Sie mich fragen: Es werden weitere Länder austreten." Er lobt den Brexit, erklärt die EU zum Club auf Zeit, der unter der Fuchtel Berlins stehe, sät Zweifel an der Stärke des Euro und bezeichnet Jean-Claude Juncker, den Präsidenten der EU-Kommission, als "angenehm", ohne ihn beim Namen zu nennen. Nach Ansicht Trumps scheint es nur eine Frage der Zeit, bis die EU auseinanderbricht. Es klingt wie eine Wette: Trump sieht die USA als Firma. Von der Schwächung Europas verspricht er sich wirtschaftliche Vorteile für den eigenen Laden. Ganz abgesehen von der Frage, ob das überhaupt eine richtige Annahme ist, sind seine Sätze politisch hochgefährlich. Den rechtspopulistischen Bewegungen Europas signalisiert er damit, dass sie künftig einen Verbündeten im Weißen Haus haben.

Trump möchte Merkel erst mal zappeln lassen und ihr signalisieren, dass sie - nur weil er aus den USA kommt - nicht automatisch auf ein gutes Verhältnis setzen kann. Es ist eine nicht sehr subtile Drohung, sich notfalls anderen Partnern zuzuwenden.

4. Achtung, Autobauer

Es war sofort einer der meistzitierten Sätze des Interviews - gerichtet an BMW: "Sie können Autos für die USA bauen, aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen." Hintergrund: BMW plant ein Werk in Mexiko, um Wagen für Nordamerika zu produzieren.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/d ... 30093.html
Was man z.B. im Nahen Osten machen kann, divide et impera, das geht auch mit Europa. Das machte bereits die Bush-Administration deutlich ("altes und neues Europa"). Das geht jetzt aber noch tiefgreifender, da jetzt auch innerhalb der einzelnen Staaten für Trump Ansprechpartner vorhanden sind. Die Rechtspopulisten. Die fühlen sich zwar geehrt, befeuert und bestätigt, aber für Trump sind das nur eine Koalition der Willigen. America first. Das bleibt auch dann noch. Sie sind Mittel zum Zweck für ihn.

Wie kann sich die EU rüsten? Putin hatte seine Gründe diesen Mann mit dem Gelben Haar zu favorisieren. Es gibt ein Comic "Streit um Asterix". Wem Machiavelli (z.B. "Der Fürst") zu trocken ist, sollte das mal lesen.
Handlung

Julius Cäsar und seine Berater überlegen, wie sie den unbeugsamen Galliern um Majestix und Asterix zusetzen können. Sie wissen zwar, dass diese streitsüchtig sind, jedoch im Ernstfall immer zusammenhalten. Daraufhin schlägt einer der Berater vor, den Römer Tullius Destructivus auf die Gallier anzusetzen. Dieser hat die Begabung, durch geschickte Manipulation und Intrigen in jeder Gruppe Streit hervorzurufen. Nachdem er schon durch seine pure Anwesenheit einen Streit unter Cäsars Beratern auslöst, wird er von Cäsar beauftragt, die Gallier auseinanderzubringen. Er reist in eines der Römerlager beim gallischen Dorf. Unterwegs schafft er es, dass die Besatzung des Schiffes sich entzweit, und auch bei den Piraten und der Besatzung des Römerlagers gelingt es ihm schnell, Zwietracht zu säen.(...)

https://de.wikipedia.org/wiki/Streit_um_Asterix
Donald braucht doch nur einen Tweet abzusetzen, geschweige denn einen Raum betreten, dann geht es schon drunter und drüber.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Die Trumpschen Ergüsse verbaler Art sind
ja schon bekannt. Mit ihm ist eine beständige
Politik schwer vorstellbar. Merkel und die noch
an der E.U interessierten Staatsmänner sollten
zügig an einer politisch-militärischen Weiterentwicklung der E.U arbeiten. Dieser U.S
Präsident wird ärger machen. Und grosse Forderungen stellen. An die E.U sowie die NATO.
Enger zusammenrücken würde ich sagen.
Auch Trump ist nicht mehr nur unser Partner .
Er kann auch zum wirtschaftlichen und politischen Gegner werden.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Ger9374 hat geschrieben:(16 Jan 2017, 08:11)

Die Trumpschen Ergüsse verbaler Art sind
ja schon bekannt. Mit ihm ist eine beständige
Politik schwer vorstellbar. Merkel und die noch
an der E.U interessierten Staatsmänner sollten
zügig an einer politisch-militärischen Weiterentwicklung der E.U arbeiten. Dieser U.S
Präsident wird ärger machen. Und grosse Forderungen stellen. An die E.U sowie die NATO.
Enger zusammenrücken würde ich sagen.
Auch Trump ist nicht mehr nur unser Partner .
Er kann auch zum wirtschaftlichen und politischen Gegner werden.
Die ehemalige US-Außenministerim Albright interpretiert die Rolle Trumps aus Sicht Putins als "nützlichen Idioten". Er hat das Zeug die USA und Europa auseinanderzubringen. Ideal aus russischer Sicht. Die Rechtspopulisten in Europa wiederum sind "nützliche Idioten" für Trump. Weil sie die Positionen von Merkel und Co. unterminieren. Und Merkel hat ihren Beitrag dazu geleistet. In der Flüchtlingsfrage. Deshalb halte ich es für ein episches Versagen von Berlin. Das geht deutlich über die Frage hinaus, ob man Syrer in der Nachbarstraße mag oder nicht. Eigentlich untypisch für eine strategisch denkende Frau wie Merkel. Aber, irren ist menschlich. Und meines Wissens ist sie ein Mensch.

Jetzt heißt es ein Kerneuropa zu halten. Wenn Le Pen in Frankreich an die Macht kommt, dann sehe ich allerdings schwarz. Nicht alles ist im Grundsatz schlecht, was Rechtspopulisten plärren. Aber an der Macht sollte man sie sich nicht wünschen. Wenn das geschieht, dann geht die EU den Bach runter. Ich finde, man kann viel an der EU kritisieren. Aber ich sehe keine gute Alternative. Verbesserungswürdig ist sie allemal.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

King Kong 2006 hat geschrieben:(16 Jan 2017, 16:07)

Die ehemalige US-Außenministerim Albright interpretiert die Rolle Trumps aus Sicht Putins als "nützlichen Idioten". Er hat das Zeug die USA und Europa auseinanderzubringen. Ideal aus russischer Sicht. Die Rechtspopulisten in Europa wiederum sind "nützliche Idioten" für Trump. Weil sie die Positionen von Merkel und Co. unterminieren. Und Merkel hat ihren Beitrag dazu geleistet. In der Flüchtlingsfrage. Deshalb halte ich es für ein episches Versagen von Berlin. Das geht deutlich über die Frage hinaus, ob man Syrer in der Nachbarstraße mag oder nicht. Eigentlich untypisch für eine strategisch denkende Frau wie Merkel. Aber, irren ist menschlich. Und meines Wissens ist sie ein Mensch.

Jetzt heißt es ein Kerneuropa zu halten. Wenn Le Pen in Frankreich an die Macht kommt, dann sehe ich allerdings schwarz. Nicht alles ist im Grundsatz schlecht, was Rechtspopulisten plärren. Aber an der Macht sollte man sie sich nicht wünschen. Wenn das geschieht, dann geht die EU den Bach runter. Ich finde, man kann viel an der EU kritisieren. Aber ich sehe keine gute Alternative. Verbesserungswürdig ist sie allemal.
Die EU befindet sich in rasendem Stillstand. Solidarität bleibt ein Fremdwort. Das ist das Ende der EU, von der wir Europäer einmal geträumt haben.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

H2O hat geschrieben:(16 Jan 2017, 17:36)

Die EU befindet sich in rasendem Stillstand. Solidarität bleibt ein Fremdwort. Das ist das Ende der EU, von der wir Europäer einmal geträumt haben.
Dann war es vielleicht nicht realistisch? Wann sind Träume auch realitätsbezogen? ;)

Die Frage wird sein, wie und wie schnell sich die "neue" EU anpassen kann. Und was sie genau sein wird. Transatlantik wird es vielleicht zwischen den USA und GB unter Trump maßgeblich geben. Mit etwas Glück, wenigstens keine offene Konfrontation der USA mit der EU. Notfalls wird Brüssel sicher gerne Russland helfen!
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

King Kong 2006 hat geschrieben:(16 Jan 2017, 18:26)

Dann war es vielleicht nicht realistisch? Wann sind Träume auch realitätsbezogen? ;)

Die Frage wird sein, wie und wie schnell sich die "neue" EU anpassen kann. Und was sie genau sein wird. Transatlantik wird es vielleicht zwischen den USA und GB unter Trump maßgeblich geben. Mit etwas Glück, wenigstens keine offene Konfrontation der USA mit der EU. Notfalls wird Brüssel sicher gerne Russland helfen!
Wir sollten hier aber schon noch auf dem Boden des derzeit Denkbaren bleiben. Also erst einmal BREXIT oder lieber doch nicht, dann Kerneuropa oder lieber doch nicht und am Ende Euro, oder lieber kein Euro mehr oder gleich mehrere Euros zugleich. Der Traum ist ausgeträumt, wenn der Euro zerplatzt. Dann ist sicher, daß die Übertragung von weiteren Hoheitsrechten auf die Gemeinschaft nicht durchsetzbar ist. Bis dahin müssen wir wohl oder übel abwarten... rasend stillestehen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Darkfire »

Das ist halt das Problem wenn es nur Schwarz oder Weiß gibt.
Es gibt in manchen Vorstellungen entweder eine EU wie sie heute aussieht oder gar keine mehr.
Viele kapieren gar nicht wie tief Europa eigentlich schon in einen gemeinsamen Raum verwachsen ist und ein zurück gar nicht mehr möglich ist.
Ein Europa mit autarken Ländern wie es noch vor 50 Jahren gab ist derzeit in Europa gar nicht mehr möglich.
Es mag diese romantische Vorstellungen in einigen Köpfen geben und es wird auch bestimmt einige Länder geben die sich von Europa abspalten wollen und teils auch werden.
Es wird vielleicht auch ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten geben, aber ein zurück ist nicht mehr möglich.
Das verstehen aber vielleicht auch nur Menschen die sehen wie zutiefst Europa bereits verzahnt ist.
Es wird immer Länder in einem Kerneuropa geben die längst kapiert haben daß sie ihre Wirtschaft gar nicht mehr aufspalten können und irgendwann kommt dann auch die Erkentniss das hier die Politik der Realität folgen wird.

Jedes Land das dieses nicht kapiert wird von der realen Wirtschaft sehr schnell und brutal abgestraft.
Man spürt schon an England an den Politkern die sich nicht aufs fantasieren beschränken dürfen, sondern die tatsächlich vor den praktischen Auswirkungen stehen, wie die Panik immer größer wird.
Ich bin kein Europaträumer, aber ich bin Realist und ein zurück zu den süßen kleinen Ländern mit ihren Schlagbäumen an den Grenzen wird es nicht mehr groß geben, denn dann würde ein wirtschaftlicher Zusammenbruch folgen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ihre Kernaussage scheint tatsächlich weitgehend zu zu treffen. Zu erkennen daran, daß urplötzlich nach dem entgleisten BREXIT die EU in rasenden Stillstand verfallen ist. Da rührt sich tatsächlich nichts mehr; sicher auch bedingt durch Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland.

Auf jeden Fall kein Druck nach Hüh oder Hott. Ich hätte jetzt ein schlimmes Theater um den Euro aus Italien erwartet; aber die haben offenbar die Lizenz zum weiter Wurschteln. Oder die gestrandeten Flüchtlinge... keine Bewegung. Vielleicht ist die gesamte Führungsriege der EU heilfroh, daß sie nun erst einmal abwarten kann, wie das denn mit dem neuen Präsidenten Trump weiter geht. Ende 2017 warten denn alle gemeinsam ab, wie das mit unserer Kanzlerin weiter geht. Danach sollte aber kein Mangel an Wartezeiten entstehen, oder?
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

:thumbup: Wartesaal E.U, bitte nicht drängeln :D :D :D :eek:
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Nach der Machtübernahme des Geschäftsmannes Trump in den USA, der die EU ebenso wie China als Konkurrenten sieht und Merkel auf gleicher Augenhöhe wie Putin in Sache des Vetrauens, steht die EU jetzt vor der wichtigen Frage und Kreuzung "EU - die Erwachsene und Emanzipierte - strategisches Schwergewicht neben den USA, Russland und China" oder bemühte "Transatlantik". Beides wird mit Trump nicht mehr gehen.

Die Briten sind bereits der Brückenkopf für US-Interessen. Und die sind eh raus. Trump wird versuchen - wie von jeher z.B.in Nahost - alle gegeneinander auszuspielen, um keinen starken Gegner zu haben. D.h. er wird die Rechtspopulisten tätscheln. Einzelne Staaten bevorzugen. Langfristig könnte das tatsächlich zu neuen Machtverhältnissen führen und Russland die Türe öffnen. Ob Trump so wirkmächtig ist, oder er nur das Produkt des Zeitgeistes ist, der Vollstrecker sozusagen, ist dabei sekundär.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

King Kong 2006 hat geschrieben:(21 Jan 2017, 08:30)

Nach der Machtübernahme des Geschäftsmannes Trump in den USA, der die EU ebenso wie China als Konkurrenten sieht und Merkel auf gleicher Augenhöhe wie Putin in Sache des Vetrauens, steht die EU jetzt vor der wichtigen Frage und Kreuzung "EU - die Erwachsene und Emanzipierte - strategisches Schwergewicht neben den USA, Russland und China" oder bemühte "Transatlantik". Beides wird mit Trump nicht mehr gehen.

Die Briten sind bereits der Brückenkopf für US-Interessen. Und die sind eh raus. Trump wird versuchen - wie von jeher z.B.in Nahost - alle gegeneinander auszuspielen, um keinen starken Gegner zu haben. D.h. er wird die Rechtspopulisten tätscheln. Einzelne Staaten bevorzugen. Langfristig könnte das tatsächlich zu neuen Machtverhältnissen führen und Russland die Türe öffnen. Ob Trump so wirkmächtig ist, oder er nur das Produkt des Zeitgeistes ist, der Vollstrecker sozusagen, ist dabei sekundär.
Unser Land soll nicht übermütig werden, schon klar. Aber unser Land ist nicht in der Rolle eines Aschenputtels, das von einer bösen Stiefmutter nach Belieben zurück gesetzt werden kann. Wir haben auch gute Partner, mit denen Beziehungen zum beiderseitigen Vorteil bestehen, und wir haben Partner, die nur darauf warten, daß wir den Durchgriff der USA abschütteln, um dann gute Geschäfte mit uns zu machen. Wenn die USA unserer Wirtschaft also zu nahe treten, dann richten sie tatsächlich große Schäden an deutschen Investitionen an, die unter der Voraussetzung der Rechtssicherheit geflossen sind. Da muß man den Schaden dann nach Kräften mindern.

Danach aber kann uns das weitere Gebaren der USA weniger treffen, und es entsteht eine neue Weltordnung aus unserer europäischen Sicht. Die muß nicht notwendig feindselig gegenüber den USA angelegt sein, könnte aber sehr kühl auf eigenen Vorteil abgestellt sein... ganz so, wie Präsident Trump das seinerseits zum Vorteil für sein Land vor hat. Fast meine ich, daß unser Land neue Freiheit und erweiterte Möglichkeiten aus dem Vorgehen der USA gewinnt... in etwa das, was das UK mit dem BREXIT zu gewinnen hofft. Wenn uns das in enger Verbindung mit der EU gelingt, dann um so besser!
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Es ist auch durchaus möglich die militärischen
Allianzen mit den USA aussen vor zu sehen, und falls der Trump Handelskrieg Gestalt annimmt
Sich wirtschaftlich um zu orientieren. Die E.U , falls sie nicht vorher zerfällt kann auch mit anderen Handelsblöcken agieren. Es gibt auch ein
Europa First wenn man will.Wichtig ist ein Kerneuropa , davon darf Deutschland nicht ablassen.Wirtschaftlich und Politisch. .
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Ist die Ära, der Nachkriegs- und Kalter Krieg Zeit endgültig vorbei?

Merkel will für die transatlantischen Beziehungen kämpfen. Jedenfalls solange sie Bundeskanzlerin ist, vermute ich.
"Das transatlantische Verhältnis wird nicht weniger wichtig in den nächsten Jahren, als es in der Vergangenheit war. Dafür werde ich arbeiten", sagte Angela Merkel bei einer Klausur der baden-württembergischen CDU. Trump habe in seiner Rede noch einmal "seine Überzeugungen deutlich gemacht", so die Kanzlerin. Nun werde es allen am besten gehen, wenn man auf der Basis gemeinsamer Werte gemeinsam agiere. Das gelte für die internationale Wirtschaftsordnung und den Handel ebenso wie für die Verteidigung.
Steinmeier ist bei der Taktik wohl der bad cop. Er sieht das realistischer, während Merkel eher Wünsche und Vorstellungen formuliert.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht in der Präsidentschaft von Donald Trump eine Zäsur. "Mit der Wahl Donald Trumps ist die alte Welt des 20. Jahrhundert endgültig vorüber", schreibt Steinmeier in einem Gastbeitrag in der "Bild am Sonntag".

"Welche Ordnungsvorstellungen sich im 21. Jahrhundert durchsetzen werden, wie die Welt von morgen aussehen wird, ist nicht ausgemacht, ist völlig offen." Die Welt müsse sich auf unruhige Zeiten einstellen: "Wie immer bei Machtwechseln gibt es Ungewissheiten, Zweifel und Fragezeichen über den Kurs der neuen Führung. Aber in diesen Zeiten einer neuen globalen Unordnung geht es um mehr, heute steht besonders viel auf dem Spiel." Die Bundesregierung werde jetzt das Gespräch und "der neuen Administration unsere Haltung, unsere Werte und Interessen erläutern".

Im Wahlkampf hatte Steinmeier Trump als "Hassprediger" bezeichnet.

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 31119.html
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Eigene Interessen, auf Augenhöhe und noch Alternativen in der Rückhand. Das wird ein
Interessantes Pokerspiel mit den USA.
Der Witz an der Sache, jahrzehntelang waren die USA das Land das den freien Welthandel propagiert hat , jetzt wollen sie ein anderes Spiel.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Im Osten Russland. Im Westen die USA. Im Süden "die islamische Welt". Im Fernen Osten China.

Wird es für Europa Zeit auf "gleicher Augenhöhe" mit den anderen Mächten zu agieren? Seien wir ehrlich, GB war politisch nie ein Europäer im Sinne einer EG oder EU.
US-Isolationismus

Trump kann Europas Chance sein

"America first": US-Präsident Donald Trump stellt Europa vor die vielleicht größte Herausforderung der Nachkriegszeit. Es gibt erste Anzeichen, dass der Schock die Europäer aufgeweckt hat.
"Die USA haben keine kalkulierbare weltpolitische Strategie mehr, die Halt bietet", sagt Werner Weidenfeld, der unter Kanzler Helmut Kohl mehr als zehn Jahre lang die deutsch-amerikanischen Beziehungen koordinierte. "Wir beobachten gerade, wie eine neue globale Machtarchitektur entsteht. Und die Europäer haben die Chance, darin eine markante Rolle zu übernehmen." Die Entwicklung der USA unter Trump habe zwar eine "äußerst ernste, möglicherweise gefährliche Situation" geschaffen, meint der britische Historiker Anthony Glees. Aber wenn die Führung der EU einen kühlen Kopf behalte, "kann sie ihre Differenzen überwinden und zu einem kraftvollen globalen Akteur werden".
Putin und Trump haben ein klares Interesse die EU zu zerstückeln. Machtpolitisch logisch.

Man darf jetzt nicht den Fehler machen, die EU weiter so wursteln zu lassen wie bisher. Auch im mächtigsten Land der EU, Deutschland sollte nicht weiter die politische Kultur gepflegt werden, daß der Eindruck entsteht alles wäre wichtiger, als deutsches Interesse. Aber ohne die EU verliert auch Deutschland.
Rhetorisch zumindest probt mancher europäischer Politiker bereits das Muskelspiel. Man müsse Trumps "America first"-Slogan ein "Europe first" entgegensetzen, meinte etwa Manfred Weber (CSU), Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, der "Rheinischen Post". "Wir sind nicht verpflichtet, uns mit den amerikanischen Spielregeln abzufinden", sagte François Fillon, derzeit aussichtsreichster Bewerber bei Frankreichs Präsidentenwahl im April, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Trump kündigt die Transatlantik. Der Brexit verstärkt dies. Es wird Zeit - ob man will oder nicht - daß die EU erwachsenen und emanzipiert wird. Die Zeiten ändern sich mal wieder.

Das ist keine Provokation gegenüber Trump. Er sieht die EU bereits als Gegner. Da kann man nichts mehr kaputtmachen.
Trumps Isolationismus eröffnet Chancen für Europa

Schon vergangenen Freitag, drei Tage vor Trumps Entscheidung gegen TPP, schickte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström eine Einladung an Japans Außenminister Fumio Kishida: Er solle noch vor dem Besuch von Premierminister Shinzo Abe im März nach Brüssel kommen. Sie sei sicher, schrieb Malmström, dass man "eine ehrgeizige Vereinbarung" erreichen könne. Der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer will noch mehr. Wenn die EU ohnehin schon mit Japan, Australien und Neuseeland über bilaterale Handelsverträge rede, könne man auch gleich über "ein Arrangement mit dem gesamten Pazifiknetzwerk" nachdenken, so Theurer. "Die EU sollte unbedingt prüfen, ob sie nicht statt der USA als Partner bei TPP einsteigen kann."
Jawohl.
USA verlieren moralische Führungsrolle

Eine noch langfristigere Chance ergibt sich für Europa aus einem anderen Sachverhalt: dem drohenden Verlust nicht nur der politischen, sondern auch moralischen Führungsrolle der USA, beschleunigt durch Trumps dröhnendes "America first". Weil sie als Hort von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Chancengleichheit gesehen wurden, konnten die USA viele Millionen gut ausgebildete und leistungsbereite Einwanderer anziehen - und nur so ihre globale Vormachtstellung erreichen.
Kann die EU die inneren Widersprüche überbrücken?

http://www.spiegel.de/politik/ausland/d ... 31721.html
Also da sehe ich schwarz. Und ein Trump und ein Putin werden das weidlich ausnutzen.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Jetzt kann die Frau Merkel in Abstimmung mit ihren Europäischen Kollegen mal führungsstärke zeigen. Die ttp Staaten lehnen sich enttäuscht von den USA aus dem Fenster, China im Auge.
China und die E.U wären ein Prestige und Wirtschaftserfolg. China hat doch schon freundlich mit Merkel Small Talk gehalten.
Solche Verhandlungen dauern sonst Jahre.
Hier wäre fast alles nur noch auf die neuen
Teilnehmer anzupassen.Auch noch Arbeit aber überschaubar.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(27 Jan 2017, 05:26)

Jetzt kann die Frau Merkel in Abstimmung mit ihren Europäischen Kollegen mal führungsstärke zeigen. Die ttp Staaten lehnen sich enttäuscht von den USA aus dem Fenster, China im Auge.
China und die E.U wären ein Prestige und Wirtschaftserfolg. China hat doch schon freundlich mit Merkel Small Talk gehalten.
Solche Verhandlungen dauern sonst Jahre.
Hier wäre fast alles nur noch auf die neuen
Teilnehmer anzupassen.Auch noch Arbeit aber überschaubar.
Immerhin ist China ein weltpolitischer Koloß, der seine Macht auch ein zu setzen weiß. Da wäre ich auch äußerst vorsichtig mit besonders herzlichen Beziehungen. Die EU ist derzeit auch in keiner besonders guten Form, um da als wertvoller Partner zu gelten. Da müßte die EU schon heftig an sich arbeiten... etwa Kerneuropa, um auf Interesse zu stoßen.
Ger9374

Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

H2O hat geschrieben:(27 Jan 2017, 09:05)

Immerhin ist China ein weltpolitischer Koloß, der seine Macht auch ein zu setzen weiß. Da wäre ich auch äußerst vorsichtig mit besonders herzlichen Beziehungen. Die EU ist derzeit auch in keiner besonders guten Form, um da als wertvoller Partner zu gelten. Da müßte die EU schon heftig an sich arbeiten... etwa Kerneuropa, um auf Interesse zu stoßen.

Da kommt Schwung in die Bude, hoffentlich
bleibt es nur beim Schwung.Bei Karussell
wird mir schlecht.;-);-)
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Brainiac
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Brainiac »

DarkLightbringer hat geschrieben:(27 Jan 2017, 04:42)

Ich beginne mal mit dem zustimmenden Teil - die EU neu zu erfinden, wäre nicht die schlechteste Idee und richtig, eigene, jagd- und tragfähige Themen in den Wahlkampf einzubringen, dürfte mehr bringen als in der Defensive zu verharren.

Nur ist die Idee der "zwei Geschwindigkeiten" nicht gerade neu, das eigentliche Endziel des europäischen Projektes war schon immer umstritten, was sich dann einfach in offenen Kompromiss-Formeln niederschlug. Jetzt aber "Spielereien" thematisch zu vertiefen wäre nicht nur kompliziert, es widerspräche auch völlig den Festlegungen der EU-Außenbeauftragten. Man möchte sich eigentlich auf die Kernkompetenzen konzentrieren, auf das Wesentliche. Und just im Wahlkampf sollte der Bürger doch auch irgendwie verstehen, worum es überhaupt geht. Ein Grundsatz-Wahlkampf ist grundsätzlich zu führen, nicht mit philosophischen Petitessen.
Ich antworte mal in diesem Thread, weil das zu weit von der SPD und von Schulz wegführt.

Wenn man den Ansatz mit den zwei Geschwindigkeiten mal klarer und griffiger strukturieren würde, wären das eben keine "Spielereien" und keine "Petitesse" mehr. Ja, es gibt schon länger unterschiedliche Intensitäten der Zuammenarbeit und Koordination innerhalb der EU, das ist nichts grundsätzlich Neues, aber es lässt sich aufgrund der vielen Graustufen und Schattierungen nur schlecht politisch vermarkten.

Wenn ich hier mal frei rumspinnen darf, ich stelle mir das ungefähr so vor:

- Die EU in ihrer existierenden Form bleibt erhalten, incl. der engen Zusammenarbeit, und das mittel-/langfristige Ziel ist die weitere Vertiefung, Stichworte gemeinsame Armee, gemeinsame Sicherheitspolitik, gemeinsames Finanz- bzw. Wirtschaftsministerium, Aufwertung von Parlament und Kommission hin zu einer tatsächlich regierungsähnlichen Konstruktion, mehr direkt rechtsgültige Verordnungen statt ratifizierungspflichtige Richtlinien, etc.. Dabei Abgrenzung des Zentralisierungsgrades nach Politikfeldern, zB Finanzpolitik eher zentral, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik eher regional / national. Man könnte dies die "Core EU" nennen.
- Daneben gibt es eine erweiterte europäische Wirtschaftszone, sagen wir, "Extended EU", ähnlich dem jetzigen EWR. Dort ist die Zusammenarbeit und Koordination wesentlich geringer, wesentlich sind hier handelslerleichternde Regelungen wie weitgehende Personen-, Güter-, Dienstleistungs- und Kapitalfreizügigkeit und Zollfreiheit und minimale Koordination der nationalen Finanz- und Wirtschaftspolitiken. Für die "Extended EU" gibt es kein europäisches Parlament, sondern das wird alles in Koordination der nationalen Regierungen ausgehandelt, wie heute im Europäischen Rat bzw. Rat der EU.
- Rechte und Pflichten sind bei der Core EU erheblich höher, gleiches gilt für die Aufnahmekriterien (wirtschaftliche Stabilität, Umsetzung demokratischer Standards und Menschenrechte, etc.). Die gegenseitige Unterstützung, sei es in Form von Förderprogrammen oder auch Finanzspritzen bei staatlichen Liquiditätsproblemen, ist in der Core EU stärker ausgeprägt.
- In allen heutigen EU-Mitgliedsstaaten, von mir aus auch in UK, Schweiz etc., könnte es Volksentscheide geben, welchem der beiden Konstrukte (Core EU, Extended EU) das Land angehören will oder ob man ganz draussen bleiben möchte. Vorausgesetzt, das Land erfüllt überhaupt die jeweiligen Aufnahmebedingungen.

Damit gäbe es die Chance, mehrere Ressentiments abzubauen: Niemand wird zu seinem Glück gewzungen, zB die Visegrad-Staaten können ihr Ding machen, in der Extended EU bleiben und sich von den demokratischen und Menschenrechtsstandards der Core EU distanzieren, haben aber auch weniger Anspruch auf Staatsrettungsaktionen und sonstige Förderprogramme, was wiederum die Akzeptanz der Core EU bei den dortigen Bürgern steigern dürfte. Und in den Ländern, deren Bevölkerungen sich für die Core EU entschieden haben, gäbe es für diese einen viel stärkeren Rückhalt. Es wäre auch eine gute Antwort auf Trump.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Darkfire »

Was die Menschen haben wird oft nicht so dominant gesehen wie das was sie nicht haben.
Ich bin davon überzeugt würde die EU tatsächlich aufhören zu Existieren wäre es für die meisten Menschen ein echter Schock und nicht die geglaubte Befreiung.

Ich glaube auch das weite Teile Europas inzwischen so stark verzahnt sind daß es ein Zurück gar nicht mehr geben kann.
Auch die USA ist nicht in ein paar Jahre zusammengewachsen, sondern es brauchte auch dort blutige Bürgerkriege über deren Ausrichtung.

Auch sollte man sich klar werden, warum Europa zunehmend zum Feindbild von Politikern wie Trump und Putin wird.
Weshalb es für die wichtig wäre diesen Staatenbund zu spalten, während sie selbst für ihre eigenen Länder jegliche Abspaltung teils blutig bekämpfen würden.
Ger9374

Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Darkfire hat geschrieben:(28 Jan 2017, 13:38)

Was die Menschen haben wird oft nicht so dominant gesehen wie das was sie nicht haben.
Ich bin davon überzeugt würde die EU tatsächlich aufhören zu Existieren wäre es für die meisten Menschen ein echter Schock und nicht die geglaubte Befreiung.

Ich glaube auch das weite Teile Europas inzwischen so stark verzahnt sind daß es ein Zurück gar nicht mehr geben kann.
Auch die USA ist nicht in ein paar Jahre zusammengewachsen, sondern es brauchte auch dort blutige Bürgerkriege über deren Ausrichtung.

Auch sollte man sich klar werden, warum Europa zunehmend zum Feindbild von Politikern wie Trump und Putin wird.
Weshalb es für die wichtig wäre diesen Staatenbund zu spalten, während sie selbst für ihre eigenen Länder jegliche Abspaltung teils blutig bekämpfen würden.

Die schiere Wirtschaftskraft der E.U wird nicht auf Dauer ausreichen. Fast noch wichtiger als militärische Zusammenarbeit wird die politische einheitliche Vertretung durch Brüssel. Einiges Europa mit Regierung.Die militärische Zusammenarbeit ist zu intensivieren.
Alte Ideen aus den 50 ern eventuell als Grundsatz
einer Armee zu nehmen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von DarkLightbringer »

Brainiac hat geschrieben:(28 Jan 2017, 13:29)

Ich antworte mal in diesem Thread, weil das zu weit von der SPD und von Schulz wegführt.

Wenn man den Ansatz mit den zwei Geschwindigkeiten mal klarer und griffiger strukturieren würde, wären das eben keine "Spielereien" und keine "Petitesse" mehr. Ja, es gibt schon länger unterschiedliche Intensitäten der Zuammenarbeit und Koordination innerhalb der EU, das ist nichts grundsätzlich Neues, aber es lässt sich aufgrund der vielen Graustufen und Schattierungen nur schlecht politisch vermarkten.

Wenn ich hier mal frei rumspinnen darf, ich stelle mir das ungefähr so vor:

- Die EU in ihrer existierenden Form bleibt erhalten, incl. der engen Zusammenarbeit, und das mittel-/langfristige Ziel ist die weitere Vertiefung, Stichworte gemeinsame Armee, gemeinsame Sicherheitspolitik, gemeinsames Finanz- bzw. Wirtschaftsministerium, Aufwertung von Parlament und Kommission hin zu einer tatsächlich regierungsähnlichen Konstruktion, mehr direkt rechtsgültige Verordnungen statt ratifizierungspflichtige Richtlinien, etc.. Dabei Abgrenzung des Zentralisierungsgrades nach Politikfeldern, zB Finanzpolitik eher zentral, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik eher regional / national. Man könnte dies die "Core EU" nennen.
- Daneben gibt es eine erweiterte europäische Wirtschaftszone, sagen wir, "Extended EU", ähnlich dem jetzigen EWR. Dort ist die Zusammenarbeit und Koordination wesentlich geringer, wesentlich sind hier handelslerleichternde Regelungen wie weitgehende Personen-, Güter-, Dienstleistungs- und Kapitalfreizügigkeit und Zollfreiheit und minimale Koordination der nationalen Finanz- und Wirtschaftspolitiken. Für die "Extended EU" gibt es kein europäisches Parlament, sondern das wird alles in Koordination der nationalen Regierungen ausgehandelt, wie heute im Europäischen Rat bzw. Rat der EU.
- Rechte und Pflichten sind bei der Core EU erheblich höher, gleiches gilt für die Aufnahmekriterien (wirtschaftliche Stabilität, Umsetzung demokratischer Standards und Menschenrechte, etc.). Die gegenseitige Unterstützung, sei es in Form von Förderprogrammen oder auch Finanzspritzen bei staatlichen Liquiditätsproblemen, ist in der Core EU stärker ausgeprägt.
- In allen heutigen EU-Mitgliedsstaaten, von mir aus auch in UK, Schweiz etc., könnte es Volksentscheide geben, welchem der beiden Konstrukte (Core EU, Extended EU) das Land angehören will oder ob man ganz draussen bleiben möchte. Vorausgesetzt, das Land erfüllt überhaupt die jeweiligen Aufnahmebedingungen.

Damit gäbe es die Chance, mehrere Ressentiments abzubauen: Niemand wird zu seinem Glück gewzungen, zB die Visegrad-Staaten können ihr Ding machen, in der Extended EU bleiben und sich von den demokratischen und Menschenrechtsstandards der Core EU distanzieren, haben aber auch weniger Anspruch auf Staatsrettungsaktionen und sonstige Förderprogramme, was wiederum die Akzeptanz der Core EU bei den dortigen Bürgern steigern dürfte. Und in den Ländern, deren Bevölkerungen sich für die Core EU entschieden haben, gäbe es für diese einen viel stärkeren Rückhalt. Es wäre auch eine gute Antwort auf Trump.
Von Beginn an gab es unterschiedliche Vorstellungen zur Genese der Europäischen Union, die sich um die Themenkreise "Bundesstaat" vs "Staatenbund", "Differenzierte Integration" und "Europa der Regionen" drehen. Diese philosophische Debatte hinderte jedoch nicht daran, auch in eine gewisse Praxis überzugehen.
Nun gibt es allerdings neue Herausforderungen, für die der Brexit steht, es gibt die asymmetrische Entwicklung gegenüber Russland und populistische Bewegungen. Die EU hat entsprechend die Hochkommissarin Federici Mogherini damit beauftragt, eine Strategie für Sicherheits- und Außenpolitik der Union zu erarbeiten. Und diese zielt auf die Kernkompetenzen ab, stellt das Pragmatische in den Vordergrund. Wörtlich heißt es: "Jetzt ist nicht die Zeit für Unsicherheit; unsere Union braucht eine Strategie. Wir brauchen eine gemeinsame Vision und ein gemeinsames Vorgehen."

Das ist die diplomatische Ausdrucksweise der Hochkommissarin. Aus meiner Sicht ist das so zu interpretieren, dass die philosophische Debatte eben als Spielerei angesehen wird, um die es in der Praxis und in der gegenwärtigen Herausforderung nicht gehen kann oder soll. Im Kern stehen innere und äußere Sicherheit der Union sowie die soziale Sicherheit. Nicht mehr, nicht weniger. Und das dürfte weitgehendst konsensfähig sein.

Ausgangsthema war ja der bevorstehende Wahlkampf und Martin Schulz. Und die Vorstellung, der Spitzenkandidat der SPD solle mit einem komplexen Konstrukt von "Core und Extended EU" Wahlkampf machen, halte ich für äußerst gewagt. Politik muss auch ein Stück weit verkaufbar sein, sie kann nicht - anders gesagt - zur Gänze ohne breite Schichten der Bevölkerung auskommen. Schon gar nicht, wenn wichtige Wahlen bevorstehen.
Drastischer gesagt, ein Europa der zwei Geschwindigkeiten wäre ein Europa ohne Europa. Denn faktisch ist ein Zwei- oder Drei-Länder-Pakt eben keine europäische Union, sondern ein kleines Imperium in der Umgebung mehr oder weniger freundlich gesinnter oder abhängiger Staaten. Ein kleines Imperium, so etwas wie das Kaiserreich Österreich-Ungarn, welches bestimmte Dinge intim regelt und die Nachbarn in die Zweitrangigkeit verweist.

Ich finde, das Mogherini-Papier zur globalen Strategie der Union wäre weitaus wahlkampffähiger, zumal es nicht mit Abstraktionen arbeitet, sondern auf eine zugängliche Pragmatik abzielt. Es lebt nicht von Exklusivität, sondern von tatsächlicher Integration. Integration kann doch nicht heißen, ein exklusiver Club macht sein Ding, Integration bedeutet zwangsläufig auch immer Kompromissfähigkeit.

Abgesehen davon kann man natürlich immer Visionen haben, selbstverständlich auch "freies rumspinnen", wie du das nennst, das ist in Ordnung, aber letztlich wird man an den Bürgern der Union nicht vorbei kommen. Wie der französische Präsidentschaftskandidat Macron so schön sagt - und er ist alles andere als ein EU-Gegner - sowas kann man nicht im stillen Kämmerlein machen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Brainiac »

DarkLightbringer hat geschrieben:(28 Jan 2017, 16:27)

Von Beginn an gab es unterschiedliche Vorstellungen zur Genese der Europäischen Union, die sich um die Themenkreise "Bundesstaat" vs "Staatenbund", "Differenzierte Integration" und "Europa der Regionen" drehen. Diese philosophische Debatte hinderte jedoch nicht daran, auch in eine gewisse Praxis überzugehen.
Nun gibt es allerdings neue Herausforderungen, für die der Brexit steht, es gibt die asymmetrische Entwicklung gegenüber Russland und populistische Bewegungen. Die EU hat entsprechend die Hochkommissarin Federici Mogherini damit beauftragt, eine Strategie für Sicherheits- und Außenpolitik der Union zu erarbeiten. Und diese zielt auf die Kernkompetenzen ab, stellt das Pragmatische in den Vordergrund. Wörtlich heißt es: "Jetzt ist nicht die Zeit für Unsicherheit; unsere Union braucht eine Strategie. Wir brauchen eine gemeinsame Vision und ein gemeinsames Vorgehen."

Das ist die diplomatische Ausdrucksweise der Hochkommissarin. Aus meiner Sicht ist das so zu interpretieren, dass die philosophische Debatte eben als Spielerei angesehen wird, um die es in der Praxis und in der gegenwärtigen Herausforderung nicht gehen kann oder soll. Im Kern stehen innere und äußere Sicherheit der Union sowie die soziale Sicherheit. Nicht mehr, nicht weniger. Und das dürfte weitgehendst konsensfähig sein.

Ausgangsthema war ja der bevorstehende Wahlkampf und Martin Schulz. Und die Vorstellung, der Spitzenkandidat der SPD solle mit einem komplexen Konstrukt von "Core und Extended EU" Wahlkampf machen, halte ich für äußerst gewagt. Politik muss auch ein Stück weit verkaufbar sein, sie kann nicht - anders gesagt - zur Gänze ohne breite Schichten der Bevölkerung auskommen. Schon gar nicht, wenn wichtige Wahlen bevorstehen.
Drastischer gesagt, ein Europa der zwei Geschwindigkeiten wäre ein Europa ohne Europa. Denn faktisch ist ein Zwei- oder Drei-Länder-Pakt eben keine europäische Union, sondern ein kleines Imperium in der Umgebung mehr oder weniger freundlich gesinnter oder abhängiger Staaten. Ein kleines Imperium, so etwas wie das Kaiserreich Österreich-Ungarn, welches bestimmte Dinge intim regelt und die Nachbarn in die Zweitrangigkeit verweist.

Ich finde, das Mogherini-Papier zur globalen Strategie der Union wäre weitaus wahlkampffähiger, zumal es nicht mit Abstraktionen arbeitet, sondern auf eine zugängliche Pragmatik abzielt. Es lebt nicht von Exklusivität, sondern von tatsächlicher Integration. Integration kann doch nicht heißen, ein exklusiver Club macht sein Ding, Integration bedeutet zwangsläufig auch immer Kompromissfähigkeit.

Abgesehen davon kann man natürlich immer Visionen haben, selbstverständlich auch "freies rumspinnen", wie du das nennst, das ist in Ordnung, aber letztlich wird man an den Bürgern der Union nicht vorbei kommen. Wie der französische Präsidentschaftskandidat Macron so schön sagt - und er ist alles andere als ein EU-Gegner - sowas kann man nicht im stillen Kämmerlein machen.
Ich habe bewusst "rumspinnen" geschrieben, weil das in dieser Form, vor allem mit den Volksabstimmungen, kaum so kommen wird, das traut sich keiner, und es ist terminlich kaum zu koordinieren. Es ist, was ich "in einer idealen Welt" als "EU-Architekt" tun würde. Eine Vision halt. Die man allerdings als solche in einem Wahlkampf vertreten könnte, vor allem wenn einem nichts anderes und besseres einfällt.

(Nur am Rande bemerkt, die Core-EU, wie von mir skizziert, würde wohl kaum aus nur 2 bis 3 Staaten bestehen. Die EWG begannen übrigens mit 6 Staaten.)

Ich sehe allerdings nicht, dass dein "Besinnen auf die Kernkompetenzen" irgendwie bürgernäher und griffiger wäre. Eher im Gegenteil. Was soll sich denn verändern, deiner Meinung nach, in einigen Eckpunkten zusammengefasst? Mit allgemeinen Phrasen wird man keinen Hund hinterm Ofen hervorlocken und keinen Kritiker überzeugen. Es muss etwas fundamental verändert werden, und ich sehe nicht, was das sein soll. Hier übrigens zu diesem Mogherini-Papier: https://ec.europa.eu/germany/news/moghe ... tur-vor_en

Das jedenfalls ist meine Meinung zu Veränderungen und Verbesserungen der EU von innen heraus. Alternativ kann man so weiter machen wie bisher. Es kann passieren, dass äussere Umstände, zB ein Amok laufender, einen Handelskrieg entfesselnder Trump oder sonstige dramatische äussere Bedrohungen die EU-Staaten zu einem engeren Zusammenhalt zwingen. Es kann. Muss aber nicht. :|
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Brainiac hat geschrieben:(28 Jan 2017, 13:29)

Ich antworte mal in diesem Thread, weil das zu weit von der SPD und von Schulz wegführt.

Wenn man den Ansatz mit den zwei Geschwindigkeiten mal klarer und griffiger strukturieren würde, wären das eben keine "Spielereien" und keine "Petitesse" mehr. Ja, es gibt schon länger unterschiedliche Intensitäten der Zuammenarbeit und Koordination innerhalb der EU, das ist nichts grundsätzlich Neues, aber es lässt sich aufgrund der vielen Graustufen und Schattierungen nur schlecht politisch vermarkten.

Wenn ich hier mal frei rumspinnen darf, ich stelle mir das ungefähr so vor:

- Die EU in ihrer existierenden Form bleibt erhalten, incl. der engen Zusammenarbeit, und das mittel-/langfristige Ziel ist die weitere Vertiefung, Stichworte gemeinsame Armee, gemeinsame Sicherheitspolitik, gemeinsames Finanz- bzw. Wirtschaftsministerium, Aufwertung von Parlament und Kommission hin zu einer tatsächlich regierungsähnlichen Konstruktion, mehr direkt rechtsgültige Verordnungen statt ratifizierungspflichtige Richtlinien, etc.. Dabei Abgrenzung des Zentralisierungsgrades nach Politikfeldern, zB Finanzpolitik eher zentral, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik eher regional / national. Man könnte dies die "Core EU" nennen.
- Daneben gibt es eine erweiterte europäische Wirtschaftszone, sagen wir, "Extended EU", ähnlich dem jetzigen EWR. Dort ist die Zusammenarbeit und Koordination wesentlich geringer, wesentlich sind hier handelslerleichternde Regelungen wie weitgehende Personen-, Güter-, Dienstleistungs- und Kapitalfreizügigkeit und Zollfreiheit und minimale Koordination der nationalen Finanz- und Wirtschaftspolitiken. Für die "Extended EU" gibt es kein europäisches Parlament, sondern das wird alles in Koordination der nationalen Regierungen ausgehandelt, wie heute im Europäischen Rat bzw. Rat der EU.
- Rechte und Pflichten sind bei der Core EU erheblich höher, gleiches gilt für die Aufnahmekriterien (wirtschaftliche Stabilität, Umsetzung demokratischer Standards und Menschenrechte, etc.). Die gegenseitige Unterstützung, sei es in Form von Förderprogrammen oder auch Finanzspritzen bei staatlichen Liquiditätsproblemen, ist in der Core EU stärker ausgeprägt.
- In allen heutigen EU-Mitgliedsstaaten, von mir aus auch in UK, Schweiz etc., könnte es Volksentscheide geben, welchem der beiden Konstrukte (Core EU, Extended EU) das Land angehören will oder ob man ganz draussen bleiben möchte. Vorausgesetzt, das Land erfüllt überhaupt die jeweiligen Aufnahmebedingungen.

Damit gäbe es die Chance, mehrere Ressentiments abzubauen: Niemand wird zu seinem Glück gewzungen, zB die Visegrad-Staaten können ihr Ding machen, in der Extended EU bleiben und sich von den demokratischen und Menschenrechtsstandards der Core EU distanzieren, haben aber auch weniger Anspruch auf Staatsrettungsaktionen und sonstige Förderprogramme, was wiederum die Akzeptanz der Core EU bei den dortigen Bürgern steigern dürfte. Und in den Ländern, deren Bevölkerungen sich für die Core EU entschieden haben, gäbe es für diese einen viel stärkeren Rückhalt. Es wäre auch eine gute Antwort auf Trump.
Diese Gesamtschau vertrete ich schon sehr viel länger... etwa seit dem Zeitpunkt, als die Ukraine-Krise auf einem vorläufigen Höhepunkt angekommen war und die Briten unter PM Cameron mit der Abstimmung über einen BREXIT drohten.

Ich bestärke Sie, daß unsere europäische Zukunft nur durch den Zusammenschluß aller Kräfte der europäisch gesinnten Bürger und Regierungen gesichert werden kann; wirtschaftlich, politisch und auch militärisch. Man kann die Zahlenverhältnisse "Europa zum Rest der Welt" nicht oft genug wiederholen: Unser Kontinent wird in 2050 aller Voraussicht nach weniger als ein Zwanzigstel der Weltbevölkerung stellen in einer Zeit, wo sich neue Groß- und Weltmächte mit anderen Vorstellungen als unseren europäisch geprägten zu Wort melden. Wenn wir uns in diesem Spiel behaupten möchten, dann sollten wir nicht jeder für sich und womöglich noch im politischen Wettbewerb mit <1% der Weltbevölkerung je Partner antreten. Da werden wir Europäer Nation für Nation zur Seite gedrängt. Wenn so etwas einmal geschehen ist, hilft die Reue kaum. Dann gelten andere Maßstäbe, auf jeden Fall keine europäischen Maßstäbe, die wir heute noch in den großen Weltorganisationen vor finden, bei allen unübersehbaren Schwächen.

Das ist keine Vision, sondern praktische Notwendigkeit, und auch keineswegs "gesponnen". Da gibt es nichts ab zu mildern, das sind leider unausweichliche Tatsachen. Niemand wird Mitleid haben mit den Europäern, die für viele Jahrhunderte den Ton angeben konnten, und die sich nun ins Abseits treiben ließen: Eher im Gegenteil.

Es bleibt dabei, daß Europa seine Jahrhunderte alten Streitigkeiten beilegt und zu freundlicher und sachlicher Zusammenarbeit auf allen Ebenen findet, vom Alltagsgeschehen bis in höchste Bereiche der Wissenschaft und Politik. Dabei spielt die Überwindung des deutsch-französischen nationalen Wettbewerbs um die Führung Europas die entscheidende Rolle. Diesen Wettbewerb können wir uns nicht mehr leisten... müssen sogar fürchten, daß zerstörerische Kräfte ihn anfachen, um jegliche europäische Gemeinschaft zu vernichten.

(Es ist deshalb erfreulich, daß der frisch ernannte Außenminister Gabriel sich am ersten Tage nach seiner Ernennung gleich bei seinem französischen Partner eingefunden hat: Als Zeichen besonderer Wertschätzung des Partners und als Zeichen, mit besonders viel gutem Willen das europäische Projekt gemeinsam voran zu bringen.)

Auf der nächsten Stufe finden wir die engere Gemeinschaft der Gründungsmitglieder der EU. Auch dort sind besondere Anstrengungen notwendig, um das europäische Projekt weiterhin mit Leben zu erfüllen. Immerhin war diese Kerngemeinschaft so anziehend, daß am Ende 28 Mitglieder daran teilhaben wollten. Kehren wir zurück zu dieser Kerngemeinschaft, ohne dabei jene Partner aus zu schließen, die sich ohne wenn und aber zum europäischen Projekt bekennen. Im wesentlichen dürfte das die Euro-Gruppe sein, womöglich mit Ausnahme der Slowakei, aber Dänemark und Schweden eingeschlossen. Das muß man im Einzelnen nachprüfen... und dürfte nicht sonderlich überraschen.

In diesem festeren europäischen Zusammenschluß, dessen Ziele im Vertrag von Lissabon schon vorgegeben wurden, sehe ich die Zukunft unseres Lebensraums in einer Welt, die sich auch ohne unser Zutun sehr schnell verändert.

Viele Institutionen der bisherigen EU sind unmittelbar brauchbar für diese Kerngemeinschaft; sei es das EU-Parlament, in dem allerdings nur der Kern über seine Zukunft entscheiden kann, wo aber alle EU-Partner Gehör finden und über allen gemeinsame Angelegenheiten entscheiden können. Oder der EU-Ministerrat, in dem künftig das allein Konzept der qualifizierten Mehrheit zu Entscheidungen der EU gelten sollte. Ob diese Entscheidungen für die EU insgesamt so beschlossen werden, oder ob auch hier die Trennung von Kerneuropa eingeführt werden sollte, darüber muß man reden. Auch die EU-Kommission könnte weiterhin wirken, wobei sie auf jeden Fall die Geschäfte des Kerns führt, aber eine zweite Reihe eben für die übrigen Mitglieder als Beobachter zugelassen ist.

So ganz blöde haben die vorangehenden Europäer nämlich die EU gar nicht angelegt; nur war der letzte Wachstumsschub wohl doch von zu vielen Hoffnungen auf ein rasches Ende der Folgen der Zugehörigkeit zur kommunistischen Gewaltherrschaft getrieben. Das muß man im Einzelnen prüfen und zuordnen. Gar so kompliziert kann das doch gar nicht sein!

In dem loseren Verband der Mitglieder um den harten Kern herum sehe ich Chancen, kurzfristig neue Partner ohne Rücksicht auf den acquis européén zu gewinnen... etwa die Briten, die Türken, die Ukrainer, die Weißrussen, einige Balkanstaaten, die nach entsprechender Entwicklung und erwiesenem Stehvermögen einen Antrag auf Mitgliedschaft im Kern der EU stellen können. Diese Mitglieder können ein Zugehörigkeitsgefühl zur EU entwickeln... oder im Gegenteil erkennen, daß die EU doch nicht ihr Ding ist. Im letzteren Fall tut ein Austritt auch nicht mehr so weh, wie jetzt im Falle des Brexits, in dem ein Mitglied letztlich im gemeinsamen Gebäude tragende Teile schwächt.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Donalds Idee keine Islamisten mehr in die USA zu lassen greift.
Vize der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe

Grüner Abgeordneter darf nicht mehr in die USA reisen

Das von Donald Trump verhängte Einreiseverbot trifft auch Zehntausende Deutsche mit Doppelpass. Einer von ihnen ist der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. Er ist Vizechef der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe.

Omid Nouripour ist ein Transatlantiker, wie er im Buche steht. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete ist Vizechef der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe, er sitzt im Vorstand der Atlantik-Brücke und der deutsch-atlantischen Gesellschaft. Mehrfach im Jahr reist er in die USA um Politiker zu treffen, er war schon in 40 US-Bundesstaaten.

Doch damit ist jetzt Schluss: US-Präsident Donald Trump hat ein Dekret unterzeichnet, das Nouripour die Einreise in die Vereinigten Staaten verwehrt.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/d ... 31900.html
Dieser mutmaßliche Islamist ist ja nicht nur Trump, sondern auch Teheran ein Dorn im Auge. Deshalb sollen sich ja Hardliner im Iran auch so über die Wahl von Trump gefreut haben. Tja, Omid. Jetzt ist Schluß mit dem Islamismus!

Die Saudis, Afghanen, Pakistanis, Ägypter uvm. sind zwar nicht betroffen, aber Donald wird schon wissen was er tut. Auch, wenn seine Ratschlüsse für viele unergründlich sind.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
- Frank Herbert, Die Kinder des Wüstenplaneten
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von DarkLightbringer »

Brainiac hat geschrieben:(28 Jan 2017, 17:45)

Ich habe bewusst "rumspinnen" geschrieben, weil das in dieser Form, vor allem mit den Volksabstimmungen, kaum so kommen wird, das traut sich keiner, und es ist terminlich kaum zu koordinieren. Es ist, was ich "in einer idealen Welt" als "EU-Architekt" tun würde. Eine Vision halt. Die man allerdings als solche in einem Wahlkampf vertreten könnte, vor allem wenn einem nichts anderes und besseres einfällt.

(Nur am Rande bemerkt, die Core-EU, wie von mir skizziert, würde wohl kaum aus nur 2 bis 3 Staaten bestehen. Die EWG begannen übrigens mit 6 Staaten.)

Ich sehe allerdings nicht, dass dein "Besinnen auf die Kernkompetenzen" irgendwie bürgernäher und griffiger wäre. Eher im Gegenteil. Was soll sich denn verändern, deiner Meinung nach, in einigen Eckpunkten zusammengefasst? Mit allgemeinen Phrasen wird man keinen Hund hinterm Ofen hervorlocken und keinen Kritiker überzeugen. Es muss etwas fundamental verändert werden, und ich sehe nicht, was das sein soll. Hier übrigens zu diesem Mogherini-Papier: https://ec.europa.eu/germany/news/moghe ... tur-vor_en

Das jedenfalls ist meine Meinung zu Veränderungen und Verbesserungen der EU von innen heraus. Alternativ kann man so weiter machen wie bisher. Es kann passieren, dass äussere Umstände, zB ein Amok laufender, einen Handelskrieg entfesselnder Trump oder sonstige dramatische äussere Bedrohungen die EU-Staaten zu einem engeren Zusammenhalt zwingen. Es kann. Muss aber nicht. :|
Sagte ja - vielleicht nicht deutlich genug - dass kreative Visionen in Ordnung seien, unabhängig davon, ob man sie nun teilen mag oder nicht.

Die "Core-EU" verstehe ich hier jedoch eher als ein kreatives Wort für das, was einer Teilfraktion einer Fraktion ohnehin schon länger vorschwebt. Es wäre doch eben ein "weiter so wie bisher". Einige finden es gut, andere nicht und die meisten Bürger (der Union) können nichts damit anfangen.

Das Mogherini-Papier ist hier freilich keine "Spinnerei", es ist ja auch was offizielles. Und ich denke schon, diese Inhalte könnte man wesentlich leichter vertreten, durchaus auch kampagnenfähig - denn Sicherheit als zentrales Element versteht praktisch jeder.
Mogherini vertritt logischerweise die Union, wie sie ist und nicht ein imaginäres Atommodell, das könnte sie ja gar nicht als Beauftragte dieser Union.

Eine Rückbesinnung auf das, was die EU groß und attraktiv gemacht hat, ist prinzipiell etwas völlig anderes als die Idee der Vormachtstellung in einem grundsätzlich gespaltenen Europa.

In der "Core-EU" hätte freilich Deutschland das Sagen, aufgrund seiner ökonomischen Stellung, ob da nun Belgien oder Monaco dabei ist oder nicht. Da wäre eben die Frage, warum das so sein sollte, wozu es gut wäre und - noch schlimmer - was daran überhaupt europäisch sein soll. Eine EU ohne Europa ist aus kritischer Sicht eben keine europäische Union, sondern ein Staatenbund daran interessierter Mächte.
Die "Föderation Arabischer Republiken" in Gestalt der Achse Libyen - Ägypten - Sudan ist übrigens auch gescheitert, was nicht an dem Fehlen des Begriffes von einer "Core-AU" liegen dürfte.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

"In der "Core-EU" hätte freilich Deutschland das Sagen, aufgrund seiner ökonomischen Stellung, ob da nun Belgien oder Monaco dabei ist oder nicht. Da wäre eben die Frage, warum das so sein sollte, wozu es gut wäre und - noch schlimmer - was daran überhaupt europäisch sein soll. Eine EU ohne Europa ist aus kritischer Sicht eben keine europäische Union, sondern ein Staatenbund daran interessierter Mächte. "

Das Verfahren muß ja so überhaupt nicht angelegt sein; die Wirtschaftsmächte Italien, Spanien, Niederlande, Belgien und Frankreich sind neben Malta vermutlich auch im Kern der EU enthalten. Der neuerliche Zusammenschluß der willigen Europäer wäre keineswegs die Fortsetzung der bestehenden Unverbindlichkeit, sondern schon sehr staatenähnlich. Da dürfte es schwer werden, eine nationale Vorherrschaft aus zu üben; durch die enge Zusammenarbeit mit Frankreich auf allen Ebenen sind dem ganz natürliche Grenzen gesetzt. Diese sehr bewußte und als "Staatsraison" in einer Verfassung verankerte Zusammenarbeit ist der Kern im Kern Europas... ohne den gar nichts läuft. Diese Erfahrung ist etwa 1.200 Jahre zurück zu verfolgen, in etwa beginnend mit dem Karolinger Reich. So ganz furchtbar neu ist dieser Zusammenschluß also gar nicht; jetzt allerdings als freiwilliges Bündnis, das Überleben unserer europäischen Lebensart zu sichern. Ich vermute, daß dieser Kern Europas etwa 20 der bisherigen EU-Mitglieder zusammen führen wird.

Der Rest der EU könnte, aus meiner Sicht, so weiter machen wie bisher eingeübt und für gut befunden. Änderungen dieser Zusammenarbeit könnten sich diese EU-Mitglieder ja im kleinen Kreis selbst überlegen.
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