Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Edmund
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Edmund »

H2O hat geschrieben:(08 Mar 2017, 08:33)
Was der Teilnehmer Edmund sich vorstellt, das ist doch eine Ansammlung unabhängiger Nationalstaaten ohne gemeinsame Grundsätze, auf dem geographischen Europa angesiedelt, ansonsten im Grunde nach dem Muster der NATO angelegt, nun aber mit Rußland als Hauptverbündetem.
Ich stelle mir ein Verteidigungs- und Friedensbündnis der freien, souveränen und unabhängigen Nationalstaaten in Europa vor. Der gemeinsame Grundsatz wäre der Schutz und die Wahrung unseres christlich-abendländischen Kontinents.

Was soll denn an der aktuellen EU noch "europäisch" sein? Rußland wird ausgeschlossen und bekämpft und Großbritannien wird rausgeekelt. Dafür strebt man mittelfristig einen Beitritt der islamisch-asiatischen Türkei an. Das ist weder "europäisch" noch ein "Friedensprojekt".

Und von welchen "Werten" ist denn immer die Rede? Der einzige Wert der EU ist doch das Geld. Die Mitgliedschaft vieler osteuropäischen EU-Staaten wird nur mit Geld erkauft. Griechenland hängt auch finanziell am Tropf der EU. Irgendwelche ideellen Werte sind wohl kaum das, was diese aktuelle EU noch zusammenhält.

Und welche "Werte" verbinden uns mit den außereuropäischen NATO-Partnern Türkei und USA? Folterlager? Völkerrechtswidrige Angriffskriege? Völkerrechtswidrige Drohnenangriffe in aller Welt?
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H2O
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(08 Mar 2017, 08:52)

Mit


Wir haben eine Atommacht in Europa, in Zusammenarbeit mit Frankreich würde durchaus
ein Abschreckungspotenzial entstehen können.
Die Kosten zur Modernisierung und erhalt und Ausbau sollten teilbar sein. Wenn Frankreich
die Hand am Roten Knopf behält wäre auch die Diskussion bis ein Militärisches Kommando auf E.U Ebene existiert geklärt. Ein Deutsches vortasten als Freund der Franzosen wünschenswert. Alles was Aggressoren und Potentaten abschreckt ist zu prüfen. Die Nato
wird das als Beitrag der Europäer begrüßen .
Ihren Vorschlag sehe ich als Bestandteil des 2. Schritts einer europäischen Anstrengung zur Selbstverteidigung. Der erste Schritt besteht aus meiner Sicht darin, den eigenverantworteten Teil dieser Anstrengung an zu liefern. Jeder soll erst einmal seine Hausaufgaben abarbeiten. Daß die Bundeswehr bei 80 Mio Mitbürgern noch nicht einmal 300.000 aktive Soldaten unterhält und die wenigen Soldaten immer noch unzulänglich ausgerüstet sind, das ist nach 4 Jahren Krieg in der Ukraine ein bodenloser Leichtsinn. Schweden hat die Zeichen der Zeit erkannt, und das Land rüstet zielgerichtet auf.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Edmund hat geschrieben:(08 Mar 2017, 13:11)

Ich stelle mir ein Verteidigungs- und Friedensbündnis der freien, souveränen und unabhängigen Nationalstaaten in Europa vor. Der gemeinsame Grundsatz wäre der Schutz und die Wahrung unseres christlich-abendländischen Kontinents.

Was soll denn an der aktuellen EU noch "europäisch" sein? Rußland wird ausgeschlossen und bekämpft und Großbritannien wird rausgeekelt. Dafür strebt man mittelfristig einen Beitritt der islamisch-asiatischen Türkei an. Das ist weder "europäisch" noch ein "Friedensprojekt".

Und von welchen "Werten" ist denn immer die Rede? Der einzige Wert der EU ist doch das Geld. Die Mitgliedschaft vieler osteuropäischen EU-Staaten wird nur mit Geld erkauft. Griechenland hängt auch finanziell am Tropf der EU. Irgendwelche ideellen Werte sind wohl kaum das, was diese aktuelle EU noch zusammenhält.

Und welche "Werte" verbinden uns mit den außereuropäischen NATO-Partnern Türkei und USA? Folterlager? Völkerrechtswidrige Angriffskriege? Völkerrechtswidrige Drohnenangriffe in aller Welt?
Zum Teil trifft Ihre Kritik den Zustand der EU. Das hat diese EU aber auch erkannt, und deshalb wird sie sich neu aufstellen (müssen). Ich bin davon überzeugt, daß wir in einem ersten Näherungsschritt auf ein Kerneuropa mit gemeinsamen Wertevorstellungen zu steuern. Die übrigen Partner haben die Möglichkeit, ihre Wertevorstellungen an diesen Kern an zu passen und in ihm auf zu gehen, oder sie bleiben locker verbunden in einer Freihandelszone, in der auch der Kern der EU als ein Mitglied unter vielen wirkt. Das muß man dann nicht mehr so genau nehmen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Wähler »

http://www.sueddeutsche.de/politik/euro ... -1.3408914
SZ 7. März 2017 Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten
Merkel ist den Beweis schuldig geblieben, dass die Währungsunion, das Paradeprojekt eines Europas verschiedener Geschwindigkeiten, funktioniert. Nun will sie es bei anderen Themen versuchen: Migration, Sicherheit, Verteidigung. Hollande nennt noch die Steuerpolitik. Doch dabei stößt die EU auf dasselbe Problem wie beim Euro: Der Plan ist groß, aber am Ende scheitert seine Umsetzung an nationalen Interessen, die auch in Berlin über europäische Interessen gestellt werden.
Macht das Szenario zwei Geschwindigkeiten Sinn, wenn es sich nur auf eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik konzentriert? Müsste die kritische Masse für eine Kernunion nicht größer sein und dürfte sie nicht erst beim Überschreiten einer gewissen thematischen Vielfalt in Angriff genommen werden?
siehe auch:
http://www.euractiv.de/section/europako ... digkeiten/
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Man will offensichtlich erstmal die Wahlen abwarten.
Eine praktisch unreformierbare Union

Man könne so weitermachen wie bisher, zäh, mit mäßigen Erfolgen, von Klimaschutz bis Energiepolitik, erklärte er. Man könne im Sinne der erstarkten Nationalstaaten die Union inhaltlich abspecken, ihr Kompetenzen wieder entziehen. Oder man einige sich auf das Konzept Kerneuropa: Staaten könnten bei gewissen Politiken wie Sozial- oder Verteidigungspolitik à la carte gemeinsame Sache machen, in Gruppen den anderen vorangehen. Schließlich gebe es aber auch das Modell der tiefen Integration, bis hin zur gemeinsamen EU-Armee.

Erst Wahlen, dann Reform

Juncker ließ Sympathie für mehr Integration erkennen. Aber er legte sich nicht fest. Alles ist möglich: Fortschritt oder Abbau.
Wie weit die Vorstellungen der Mitgliedsstaaten vor dem jüngsten EU-Gipfel am Donnerstag auseinanderliegen, zeigte sich gleich in den Tagen nach der Juncker-Rede im EU-Parlament. Die vier Visegrád-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei wollen ein eigenes Konzept beisteuern und die Nationalstaaten stärken.

Die Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien hingegen kamen am Montag in Versailles überein, dass es Richtung Junckers Szenario Nummer drei, zur Union der "verschiedenen Geschwindigkeiten" in Staatengruppen, gehen solle.

Insgesamt ergibt das eine Lähmung: Erschwerend ist, dass in den Schlüsselländern Frankreich und Deutschland Wahlen unmittelbar bevorstehen. Und Großbritannien hat den Antrag auf EU-Austritt nach wie vor nicht gestellt. Also sind auch die Konsequenzen für die Rest-EU nicht einmal im Ansatz absehbar

derstandard.at/2000053824343/Eine-praktisch-unreformierbare-Union
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

King Kong 2006 hat geschrieben:(09 Mar 2017, 09:18)

Man will offensichtlich erstmal die Wahlen abwarten.
Das ist doch aber der Gang der Welt! Mit einer Kanzlerin, die in knapp 7 Monaten abgelöst werden könnte, und einem Präsidenten, der mit Sicherheit ab Mai nicht mehr im Amt sein wird, kann man doch keine verbindlichen Vereinbarungen für eine weit reichende Zukunft treffen.

Aber man darf erwarten, daß anläßlich des 60. Jahrestags der Römischen Verträge eine gemeinsame Vision der großen Gründerstaaten der EU verkündet werden wird. Dann kann man diese Vision im demokratischen Streit von Wahlkämpfen ausgestalten, denn Europa ist ja unbestritten inzwischen auch ein Stück Innenpolitik geworden.

Bis dahin wird über die Einzelheiten des BREXITS längst verhandelt und gestritten werden, so daß ab Anfang 2018 die Vision der künftigen EU Stück für Stück umgesetzt werden kann.

Nach allem, was bisher in die Öffentlichkeit gelangte, werden wir ein Europa der konzentrischen Kreise um einen Kern bekommen. Ich hoffe, daß I, E, F und D diesen Kern bilden, und daß sich möglichst viele der 27 Partner dazu gesellen werden.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(09 Mar 2017, 09:47)
Nach allem, was bisher in die Öffentlichkeit gelangte, werden wir ein Europa der konzentrischen Kreise um einen Kern bekommen. Ich hoffe, daß I, E, F und D diesen Kern bilden, und daß sich möglichst viele der 27 Partner dazu gesellen werden.
http://www.politico.eu/article/multispe ... er-future/
Politico 10. März 2017 Multispeed Europe
The most recent example of “enhanced cooperation” came on Thursday evening when 19 leaders agreed to establish a European Public Prosecutor after almost four years of difficult negotiations, and despite a lack of support from countries including Sweden, Poland, Hungary, Malta and the Netherlands.
Germany’s Merkel acknowledged that some countries feared a “multispeed Europe” meant there would be different classes of EU membership. She sought to ease these fears by comparing the EU to a family, in which all members were free to join any of the family’s projects but some might choose not to do so.
So ist der Unterschied zwischen Szenario 1 und 3 nicht recht zu erkennen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(11 Mar 2017, 15:50)

http://www.politico.eu/article/multispe ... er-future/
Politico 10. März 2017 Multispeed Europe


So ist der Unterschied zwischen Szenario 1 und 3 nicht recht zu erkennen.
Ich habe auch erhebliche Verständnisprobleme. Redet man da über einen europäischen Staatsanwalt, oder einen "Ankläger". Zu welchem Zweck denn? Was sollen solche Funktionen, wenn kein gemeinsamer Staat mit gemeinsamer Verfassung derart weitreichenden Befugnissen eine Grundlage bietet. Was will dieser "Ankläger" in Partnerstaaten, die seine Anwesenheit als Übergriff empfinden?

Nein, natürlich muß zuerst ein gemeinsames Verständnis für den Verein hergestellt werden, der einen gemeinsamen "Ankläger" für sinnvoll hält, und das Verständnis muß zugleich Grenzen setzen, wo dieser "Ankläger" nichts zu suchen hat.

Wenn wir den Kern der Willigen innerhalb der EU als unsere Schicksalsgemeinschaft anerkennen, dann ist ganz klar, daß dieser "Ankläger" nur dort eine Bedeutung haben kann.

Zugleich wird diese Konstruktion auf das EU-Parlament und die EU-Kommission durchschlagen. Es ist nicht ein zu sehen, daß Nationalstaaten auf die Währungspolitik des Kerns der Willigen oder seine Verwaltungsformen Einfluß nehmen wollen. Der Kern hat im Gegenzug jeden Versuch zu unterlassen, Nationalstaaten innenpolitisch mitgestalten zu wollen. Eine klare Trennung aufgrund der Ziele der Partner ist überfällig.

Die Fiktion der 28 (27) Partner im Gleichklang ist doch seit den Manövern der Visegrad-Gruppe nur noch eine gern bemühte Werbung für die Gemeinschaft.
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Die Türkei - neben der USA ein weiterer Katalysator für die EU?

Beitrag von King Kong 2006 »

An der Krise zwischen europäischen Ländern, speziell der Niederlande und Deutschlands mit der Türkei könnte sich auch eine neue Kontur der EU herausschälen.

Die Beitrittsverhandlungen - die meiner Meinung nach aus westlicher Sicht nur strategischen Maßgaben folgte - mit der Türkei sind zwar noch nicht gänzlich aufgegeben worden, aber die Fördergelder für die Türkei wurden drastisch gekürzt. Neben der Haltung zu einer USA mit dem TV-Star und Geschäftsmann Trump an der Spitze könnte der Fall Türkei (genauer gesagt mit einer AKP-Führung/Erdogan) als weiterer Katalysator dienen der EU bei der Transformation zu einer eher zweckgebundenen Gruppe von Staaten, zu einer eher dynamischeren Truppe zu verhelfen.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Es ist fast schon logisch das die Osteuropäer
ihre gewonnene Freiheit nicht gleich wieder an eine Institution abtreten wollen. Brüssel sollte nochmals intensiv mit den Polen, Ungarn ect.
kommunizieren. Keiner wünscht unwillige Partner
die einem nur Stöcke in den Weg legen.
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Re: Die Türkei - neben der USA ein weiterer Katalysator für die EU?

Beitrag von frems »

King Kong 2006 hat geschrieben:(12 Mar 2017, 09:37)

An der Krise zwischen europäischen Ländern, speziell der Niederlande und Deutschlands mit der Türkei könnte sich auch eine neue Kontur der EU herausschälen.

Die Beitrittsverhandlungen - die meiner Meinung nach aus westlicher Sicht nur strategischen Maßgaben folgte - mit der Türkei sind zwar noch nicht gänzlich aufgegeben worden, aber die Fördergelder für die Türkei wurden drastisch gekürzt. Neben der Haltung zu einer USA mit dem TV-Star und Geschäftsmann Trump an der Spitze könnte der Fall Türkei (genauer gesagt mit einer AKP-Führung/Erdogan) als weiterer Katalysator dienen der EU bei der Transformation zu einer eher zweckgebundenen Gruppe von Staaten, zu einer eher dynamischeren Truppe zu verhelfen.
In der Tat. Neben Trump und Erdogan war auch Putin ganz "hilfreich". Dass die gemeinsame Sicherheitspolitik so schnell reagierte und einstimmig Sanktionen beschloss, hatten zuvor weder Russen noch Amerikaner für möglich gehalten, da die Europäer in außenpolitischen Fragen früher häufig zerstritten waren, z.B. beim Irakkrieg. Ein uneiniges Europa hat eben viele Nutznießer, bloß sitzen die nie in Europa. Wenn sich Erdogan immer radikaler äußert und von Europa abwendet, ist nicht nur der Beitritt vom Tisch. Klare Worte fand Asselborn schon vor wenigen Monaten und dürfte sich durch die jüngsten Ereignisse und Äußerungen bestätigt fühlen: http://www.spiegel.de/politik/ausland/t ... 20045.html
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Re: Die Türkei - neben der USA ein weiterer Katalysator für die EU?

Beitrag von King Kong 2006 »

frems hat geschrieben:(12 Mar 2017, 17:47)

In der Tat. Neben Trump und Erdogan war auch Putin ganz "hilfreich". Dass die gemeinsame Sicherheitspolitik so schnell reagierte und einstimmig Sanktionen beschloss, hatten zuvor weder Russen noch Amerikaner für möglich gehalten, da die Europäer in außenpolitischen Fragen früher häufig zerstritten waren, z.B. beim Irakkrieg. Ein uneiniges Europa hat eben viele Nutznießer, bloß sitzen die nie in Europa. Wenn sich Erdogan immer radikaler äußert und von Europa abwendet, ist nicht nur der Beitritt vom Tisch. Klare Worte fand Asselborn schon vor wenigen Monaten und dürfte sich durch die jüngsten Ereignisse und Äußerungen bestätigt fühlen: http://www.spiegel.de/politik/ausland/t ... 20045.html
Die EU definiert sich nicht nur selbst, sondern auch durch andere. Also, z.B. durch Trump, Putin oder Erdogan auch.
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Re: Die Türkei - neben der USA ein weiterer Katalysator für die EU?

Beitrag von H2O »

King Kong 2006 hat geschrieben:(12 Mar 2017, 19:41)

Die EU definiert sich nicht nur selbst, sondern auch durch andere. Also, z.B. durch Trump, Putin oder Erdogan auch.
Ja, da ist etwas dran! Erdogan hat angedeutet, daß er demnächst niederländischen Fluggesellschaften die Landerechte in der Türkei entziehen wolle. Um die Stimmung nicht immer weiter an zu heizen, sollte europäischerseits nichts dazu angemerkt werden. Aber wenn die Türkei das in die Tat umsetzt, dann erwarte ich, daß für die Dauer dieses Verbots türkische Fluggesellschaften in Ländern der EU keine Landerechte mehr eingeräumt werden. Das dürfte in Europa lebenden Türken weniger gefallen.

Auf diese Weise könnte Erdogan in der Tat die EU als solidarische Gemeinschaft voran bringen.
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Re: Die Türkei - neben der USA ein weiterer Katalysator für die EU?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(12 Mar 2017, 20:55)

Ja, da ist etwas dran! Erdogan hat angedeutet, daß er demnächst niederländischen Fluggesellschaften die Landerechte in der Türkei entziehen wolle. Um die Stimmung nicht immer weiter an zu heizen, sollte europäischerseits nichts dazu angemerkt werden. Aber wenn die Türkei das in die Tat umsetzt, dann erwarte ich, daß für die Dauer dieses Verbots türkische Fluggesellschaften in Ländern der EU keine Landerechte mehr eingeräumt werden. Das dürfte in Europa lebenden Türken weniger gefallen.

Auf diese Weise könnte Erdogan in der Tat die EU als solidarische Gemeinschaft voran bringen.
Paradoxerweise wäre solch ein Entzug von Landerechten ein ziemliches Eigentor, da der Tourismus in der Türkei strauchelt und Erdogans Minister erst kürzlich forderten, türkischstämmige Europäer sollten häufiger in die Türkei fliegen, um Urlaub zu machen, und möglichst ihre nicht-türkischstämmigen Freunde mitbringen. Daher bezweifle ich, dass der Irre aus Ankara das wirklich wagt; eine Reaktion, wonach die Europäer im Gegenzug ähnlich mit türkischen Fluglinien verfahren, wäre da sehr wahrscheinlich.
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Re: Die Türkei - neben der USA ein weiterer Katalysator für die EU?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(12 Mar 2017, 22:28)

Paradoxerweise wäre solch ein Entzug von Landerechten ein ziemliches Eigentor, da der Tourismus in der Türkei strauchelt und Erdogans Minister erst kürzlich forderten, türkischstämmige Europäer sollten häufiger in die Türkei fliegen, um Urlaub zu machen, und möglichst ihre nicht-türkischstämmigen Freunde mitbringen. Daher bezweifle ich, dass der Irre aus Ankara das wirklich wagt; eine Reaktion, wonach die Europäer im Gegenzug ähnlich mit türkischen Fluglinien verfahren, wäre da sehr wahrscheinlich.
Ja: Nach der ersten Wut folgt hoffentlich Ernüchterung; zum Fremdschämen! Ein Glück, daß wir eine so nüchterne Kanzlerin haben!
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Re: Die Türkei - neben der USA ein weiterer Katalysator für die EU?

Beitrag von Edmund »

H2O hat geschrieben:(12 Mar 2017, 23:05)
Ein Glück, daß wir eine so nüchterne Kanzlerin haben!
Die hat Europa doch von dem türkischen Islamisten abhängig gemacht.
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Re: Die Türkei - neben der USA ein weiterer Katalysator für die EU?

Beitrag von H2O »

Edmund hat geschrieben:(13 Mar 2017, 00:21)

Die hat Europa doch von dem türkischen Islamisten abhängig gemacht.
Da überschätzen Sie dann aber doch die Möglichkeiten der Türkei; das Land befindet sich in einem irrsinnigen Bürgerkrieg und einem Krieg gegen selbst heran gezüchteten Mörderbanden. Seine Wirtschaft schwächelt, seine Einnahmen durch sonnenhungrige Europäer schrumpfen. Hilfe aus Europa wird immer unwahrscheinlicher. Das Land kann durchaus zusammenbrechen, weil eben nichts mehr so recht gelingen will. Daran erkennt man doch sehr klar, wer von wem abhängig ist. Ruhe bewahren und das tun, was unserem Lande auf lange Sicht nützt.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Kardux »

H2O hat geschrieben:Ja: Nach der ersten Wut folgt hoffentlich Ernüchterung; zum Fremdschämen! Ein Glück, daß wir eine so nüchterne Kanzlerin haben!
Vielleicht ist diese Politik der EU ja auch ein Teil des Deals? Quasi als Geldersatz für Erdogan? Wie sonst sollte man diese inkompetente Außenpolitik der EU bezeichnen? Jedes Kind weiß, dass die EU am längeren Ast sitzt. Wieso möchte die EU einen Monat vor der Abstimmung Stärke zeigen und somit den Zusammenhalt der Türken stärken? Mit einem verletzten Nationalstolz wählt es sich bestimmt leichter bzw. emotionaler.

Hätte die EU schon vor einem Jahr Sanktionen in Erwägung gezogen, hätte man Erdogan eine wichtige Option genommen um kurz vor der Abstimmung von der Innenpolitik abzulenken. Wenn die Türkei schon eine längere Zeit mit Sanktionen gelebt hätte, wären die türkischen Bürger über das Stadium der Verärgerung hinweg gekommen. Eine Art Ernüchterung hätte sich breit gemacht. Und vielleicht wären schon einige Zweifel aufgekommen ob die Politik der Eskalation wirklich richtig ist. Spätestens wenn es den eigenen Geldbeutel betrifft, wären einige Leute aus ihrer Trance erwacht.

Die Ironie bei der ganzen Geschichte ist die Nazi-Rhetorik der AKP. Dabei gibt es derzeit kaum einen Staat in Europas unmittelbarer Nähe der mehr an die Nazis erinnert als die heutige Türkei. Eine hochgradig militante und faschistische Gesellschaft, gespickt mit einem narzistischen Despoten der von alter Stärke redet und die Wirtschaft durch große Bauprojekte anzukurbeln versucht. Feindbilder dürfen natürlich nicht fehlen, auch nicht der Wunsch nach der Verschiebung der eigenen Grenzen.

Ja, ein Glück, das Frau Merkel bei diesem Kasperltheater mitgemacht hat und die Zerschlagung der türkischen Gewaltenteilung ob gewollt oder ungewollt mitgefördert hat.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Kardux hat geschrieben:(13 Mar 2017, 08:57)

Vielleicht ist diese Politik der EU ja auch ein Teil des Deals? Quasi als Geldersatz für Erdogan? Wie sonst sollte man diese inkompetente Außenpolitik der EU bezeichnen? Jedes Kind weiß, dass die EU am längeren Ast sitzt. Wieso möchte die EU einen Monat vor der Abstimmung Stärke zeigen und somit den Zusammenhalt der Türken stärken? Mit einem verletzten Nationalstolz wählt es sich bestimmt leichter bzw. emotionaler.

Hätte die EU schon vor einem Jahr Sanktionen in Erwägung gezogen, hätte man Erdogan eine wichtige Option genommen um kurz vor der Abstimmung von der Innenpolitik abzulenken. Wenn die Türkei schon eine längere Zeit mit Sanktionen gelebt hätte, wären die türkischen Bürger über das Stadium der Verärgerung hinweg gekommen. Eine Art Ernüchterung hätte sich breit gemacht. Und vielleicht wären schon einige Zweifel aufgekommen ob die Politik der Eskalation wirklich richtig ist. Spätestens wenn es den eigenen Geldbeutel betrifft, wären einige Leute aus ihrer Trance erwacht.

Die Ironie bei der ganzen Geschichte ist die Nazi-Rhetorik der AKP. Dabei gibt es derzeit kaum einen Staat in Europas unmittelbarer Nähe der mehr an die Nazis erinnert als die heutige Türkei. Eine hochgradig militante und faschistische Gesellschaft, gespickt mit einem narzistischen Despoten der von alter Stärke redet und die Wirtschaft durch große Bauprojekte anzukurbeln versucht. Feindbilder dürfen natürlich nicht fehlen, auch nicht der Wunsch nach der Verschiebung der eigenen Grenzen.

Ja, ein Glück, das Frau Merkel bei diesem Kasperltheater mitgemacht hat und die Zerschlagung der türkischen Gewaltenteilung ob gewollt oder ungewollt mitgefördert hat.
Ich sehe schon: Ihre Kanzlerin ist sie nicht. ;) Dafür aber unsere; das halte ich für ein Glück. Für die Türkei sehe ich eher die Türken selbst in der Verantwortung. Die Ernüchterung wird folgen. Vielleicht nicht ganz so schnell wie im mutwillig vom Zaun gebrochenen Streit mit Rußland, wo am Ende ein zerknirschter Bittsteller nach Moskau reiste.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Kardux »

H2O hat geschrieben:(13 Mar 2017, 09:05)

Ich sehe schon: Ihre Kanzlerin ist sie nicht. ;) Dafür aber unsere; das halte ich für ein Glück. Für die Türkei sehe ich eher die Türken selbst in der Verantwortung. Die Ernüchterung wird folgen. Vielleicht nicht ganz so schnell wie im mutwillig vom Zaun gebrochenen Streit mit Rußland, wo am Ende ein zerknirschter Bittsteller nach Moskau reiste.
Ich bin kein deutscher Staatsbürger, schon deshalb kann Frau Merkel nicht "meine" Kanzlerin sein. Und ganz allgemein halte ich nicht viel davon eine emotionale Bindung zu Politikern aufzubauen bzw. mich mit ihnen zu solidarisieren. Ein mündiger Bürger sollte lieber das Haar in der Suppe suchen, anstatt von "seinem" Präsidenten bzw. Kanzler zu sprechen. Das gilt auch für die Staaten in denen ich wahlberechtigt bin. "Meine Kanzlerin" ist nämlich nur ein Katzensprung von "mein Führer" entfernt. Und wenn ich etwas verabscheue, dann ist es Führerkult.

Ansonsten stimme ich Ihnen im Punkt der Verantwortung zu. Natürlich tragen in erster Linie die Türken selbst Verantwortung für ihre Unmündigkeit. Aber trotzdem sollte hinterfragt werden was Frau Merkel mit dieser unterwürfigen Politik wirklich bezweckt. Oder wollen Sie "Ihrer Kanzlerin" vorwerfen sie wüsste nicht, dass die EU am längeren Hebel sitzt? Und wieso zieht man seinen Kurs der "nüchternen" Politik nicht fort? Wieso möchte man einen Monat vor dieser Abstimmung die Gemüter erhitzen? Bis April wird es wohl noch möglich sein Erdogan zu besänftigen?
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Kardux hat geschrieben:(13 Mar 2017, 09:32)

Ich bin kein deutscher Staatsbürger, schon deshalb kann Frau Merkel nicht "meine" Kanzlerin sein. Und ganz allgemein halte ich nicht viel davon eine emotionale Bindung zu Politikern aufzubauen bzw. mich mit ihnen zu solidarisieren. Ein mündiger Bürger sollte lieber das Haar in der Suppe suchen, anstatt von "seinem" Präsidenten bzw. Kanzler zu sprechen. Das gilt auch für die Staaten in denen ich wahlberechtigt bin. "Meine Kanzlerin" ist nämlich nur ein Katzensprung von "mein Führer" entfernt. Und wenn ich etwas verabscheue, dann ist es Führerkult.

Ansonsten stimme ich Ihnen im Punkt der Verantwortung zu. Natürlich tragen in erster Linie die Türken selbst Verantwortung für ihre Unmündigkeit. Aber trotzdem sollte hinterfragt werden was Frau Merkel mit dieser unterwürfigen Politik wirklich bezweckt. Oder wollen Sie "Ihrer Kanzlerin" vorwerfen sie wüsste nicht, dass die EU am längeren Hebel sitzt? Und wieso zieht man seinen Kurs der "nüchternen" Politik nicht fort? Wieso möchte man einen Monat vor dieser Abstimmung die Gemüter erhitzen? Bis April wird es wohl noch möglich sein Erdogan zu besänftigen?
In diesem eher nebensächlichen Gespräch wird mir klar, weshalb so viele Staaten in Streit miteinander leben, und weshalb unser Land vergleichsweise ruhige Zeiten durchlebt. Da redet ein Nachbar im Osten unverantwortliches Zeug daher... kein böses Wort aus Berlin. Da stänkert ein ziemlich durchgeknallter Narziss aus voller Brust... keine erboste Warnung, nur ziemlich milder Tadel aus Berlin. Ich finde dieses Verhalten gut; in der Ruhe liegt die Kraft. Das hat gerade ein anderer angriffslustiger Partner schmerzlich erfahren. Nun wollen Sie uns auch noch verbieten, von "unserer" Kanzlerin zu sprechen. Ja, da gab es einmal einen Politiker, der vom Kanzler der Alliierten sprach. Der hat sich hinterher aber besonnen und sich entschuldigt. So etwas gibt es auch... in unserem Deutschland. ;)
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Kardux »

H2O hat geschrieben:Ich finde dieses Verhalten gut; in der Ruhe liegt die Kraft. Das hat gerade ein anderer angriffslustiger Partner schmerzlich erfahren. Nun wollen Sie uns auch noch verbieten, von "unserer" Kanzlerin zu sprechen.
Ich verbiete gar nichts - ich halte einfach nichts vom Personenkult.

Ansonsten kann ich Frau Merkel nur zu ihrer Türkei-Politik gratulieren. Wir werden ja sehen, wohin das führt.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Wähler »

http://www.euractiv.de/section/europako ... eren-kann/
Euractiv 13. März 2017 Wie ein Kerneuropa funktionieren kann
Grundsätzlich sind zwei Varianten denkbar, wie ein solches Europa funktionieren kann. Zum einen: Staaten, die kooperieren wollen, nutzen die sogenannte „verstärkte Zusammenarbeit“, die in den EU-Verträgen vorgesehen ist...
Zum anderen: Die Staaten kooperieren außerhalb der vorhandenen Verträge miteinander. Ähnlich wie bei Schengen einigen sich manche auf ein Projekt und bestimmen die Spielregeln. Wenn ein Projekt gut funktioniert und immer mehr Staaten mitmachen, kann es in die EU-Verträge überführt werden. So war es beim Schengen-Vertrag.
Beispiel Verteidigung: Kürzlich haben die Außen- und Verteidigungsminister der Europäischen Union ein militärisches Hauptquartier in Brüssel gegründet...
Zweites Beispiel – Grenzsicherung: Seit der Flüchtlingskrise gilt die Sicherung der Außengrenzen als eine der wichtigsten Aufgaben der EU. Und tatsächlich wurde die Grenzschutzagentur Frontex personell und finanziell verstärkt...
Drittes Thema für ein mögliches Kerneuropa: eine Wirtschaftsregierung...Doch wie wäre es, wenn sich beispielsweise Deutschland, Frankreich, die Niederlande, die Benelux-Staaten, die skandinavischen Länder und Österreich zusammenschlössen? „In einem solchen Kreis ist vieles denkbar – von einem gemeinsamen Budget, gemeinsamen Steuern bis hin zu gemeinsamen Anleihen“, sagt Janning.
Wir werden sehen, ob die Dynamik von Variante 1 zu Variante 3 trägt. Zusätzlich Variante 4 wäre dann die Beruhigungspille für Polen und andere Visegrad-Staaten.
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Edmund
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Edmund »

Mal wieder ein typisches Beispiel für den aktuellen Zustand der EU:
Beim Flüchtlingsdeal mit der Türkei hat es konkrete Zusagen für ein legales Flüchtlingskontingent gegeben.

Deutschland und die Niederlande versprachen, jährlich bis zu 250.000 Flüchtlinge aus der Türkei nach Europa zu holen.

Die Zahl wurde den übrigen Europäern jedoch nicht genannt.

Anders als bisher bekannt, haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte bei den Verhandlungen über das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei konkrete Zusagen für ein legales Flüchtlingskontingent gemacht: Merkel und Rutte versprachen, jährlich 150.000 bis 250.000 syrische Flüchtlinge direkt aus der Türkei nach Europa zu holen. Dies zeigen Recherchen für das an diesem Montag erscheinende Buch „Die Getriebenen – Merkel und die Flüchtlingspolitik. Ein Report aus dem Innern der Macht“ (Siedler-Verlag) des „Welt“-Journalisten Robin Alexander.

Demnach gab es am 6. März 2016 – am Vorabend des entscheidenden EU-Ratsgipfels – ein Treffen der Bundeskanzlerin mit Rutte und dem damaligen türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu in der Vertretung der Türkei bei der EU in Brüssel. Die Niederlande hatten damals den EU-Ratsvorsitz inne.

Der von Merkel, Davutoglu und Rutte gemeinsam vereinbarte Plan wurde am Folgetag den übrigen EU-Ratsmitgliedern als überraschender Vorschlag der Türkei präsentiert. Die Staats- und Regierungschefs stimmten dann im Abschlussdokument des Gipfels einer „freiwilligen Aufnahme aus humanitären Gründen“ zu.

Die konkrete Zahl wurde den übrigen Europäern von Merkel, Rutte und Davutoglu jedoch nicht genannt. Die drei Regierungschefs hatten sich jedoch per Gentlemen’s Agreement auf die Zahl 150.000 bis 250.000 verständigt. Das bestätigen mehrere Personen, die in die Verhandlungen involviert waren.

Merkel und Rutte planten, weitere EU-Länder von der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei zu überzeugen. Auf diese „Koalition der Willigen“ sollte das Kontingent verteilt werden.
https://www.welt.de/politik/deutschland ... szahl.html

Unglaublich. Hoffentlich wird diese Enthüllung Rutte kurz vor der Wahl noch schwer Schaden.

Frau Merkel ist mit ihren Alleingängen und ihrer destruktiven, antieuropäischen Politik die Totengräberin der europäischen Gemeinschaft.
Ger9374

Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Edmund hat geschrieben:(13 Mar 2017, 17:55)

Mal wieder ein typisches Beispiel für den aktuellen Zustand der EU:



https://www.welt.de/politik/deutschland ... szahl.html

Unglaublich. Hoffentlich wird diese Enthüllung Rutte kurz vor der Wahl noch schwer Schaden.

Frau Merkel ist mit ihren Alleingängen und ihrer destruktiven, antieuropäischen Politik die Totengräberin der europäischen Gemeinschaft.

Es macht sich nicht besonders gut wenn solche Deals unter der Nase von anderen Europäischen Staatslenkern gemacht werden. Auch missfällt mir die Abhängigkeit von Erdogan. Es darf nicht der Gedanke entstehen Deutschland treffe alleine ohne die E.U Partner einzubeziehen wichtige Entscheidungen! Hoffen wir das Frau Merkel die Übersicht behält!!
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Kardux hat geschrieben:(13 Mar 2017, 14:37)

Ich verbiete gar nichts - ich halte einfach nichts vom Personenkult.

Ansonsten kann ich Frau Merkel nur zu ihrer Türkei-Politik gratulieren. Wir werden ja sehen, wohin das führt.
Anerkennung der politischen Leistung eines Politikers halte ich nicht für Personenkult. Die Frau hat uns mit ihrer zurückhaltenden Politik 12 gute Jahre verschafft.

Unsere Kanzlerin trägt Verantwortung für unser Land, und meinetwegen auch noch zu einem geringeren Teil für Europa; ich sehe überhaupt keine deutsche Verantwortung für das, was die Türkei veranstaltet. Dafür sollten Sie besser die Türken rüffeln, wenn Ihnen das Ergebnis der türkischen Politik mißfällt.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Kardux »

H2O hat geschrieben:Anerkennung der politischen Leistung eines Politikers halte ich nicht für Personenkult. Die Frau hat uns mit ihrer zurückhaltenden Politik 12 gute Jahre verschafft.
Deutschlands Außenpolitik ist nicht erst seit Frau Merkel zurückhaltend. Vielleicht sollte man auch diese Lobhudelei überdenken. Ganz allgemein bin ich ein Gegner davon sich zu sehr mit Politikern zu solidarisieren bzw. sie als moderne Messiasse hinzustellen.
H2O hat geschrieben:Unsere Kanzlerin trägt Verantwortung für unser Land, und meinetwegen auch noch zu einem geringeren Teil für Europa; ich sehe überhaupt keine deutsche Verantwortung für das, was die Türkei veranstaltet. Dafür sollten Sie besser die Türken rüffeln, wenn Ihnen das Ergebnis der türkischen Politik mißfällt.
Ich hatte bereits erwähnt, dass die Türken an erster Stelle die Verantwortung tragen. Nichtsdestotrotz behaupte ich das Frau Merkel eine sehr dubiose Türkei-Politik betreibt. Es wäre nicht das erste mal das Frau Merkel Erdogan im Wahlkampf unterstützt.
„Merkels Besuch tut Erdogan gut“

https://www.welt.de/politik/ausland/art ... n-gut.html
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von JJazzGold »

Edmund hat geschrieben:(13 Mar 2017, 17:55)

Mal wieder ein typisches Beispiel für den aktuellen Zustand der EU:



https://www.welt.de/politik/deutschland ... szahl.html

Unglaublich. Hoffentlich wird diese Enthüllung Rutte kurz vor der Wahl noch schwer Schaden.

Frau Merkel ist mit ihren Alleingängen und ihrer destruktiven, antieuropäischen Politik die Totengräberin der europäischen Gemeinschaft.
Wenn Rutte für die Niederlande dabei war, kann logischer Weise von einem Alleingang Merkels nicht die Rede sein. Mir erschliesst sich nicht, was an einer Summe von 150 000 bis zu 250 000 Flüchtlinge/anno inakzeptabel sein sollte. Das Mittel entspricht der Seehofer'schen Obergrenze von 200 000.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Kardux hat geschrieben:(14 Mar 2017, 01:23)

Deutschlands Außenpolitik ist nicht erst seit Frau Merkel zurückhaltend. Vielleicht sollte man auch diese Lobhudelei überdenken. Ganz allgemein bin ich ein Gegner davon sich zu sehr mit Politikern zu solidarisieren bzw. sie als moderne Messiasse hinzustellen.



Ich hatte bereits erwähnt, dass die Türken an erster Stelle die Verantwortung tragen. Nichtsdestotrotz behaupte ich das Frau Merkel eine sehr dubiose Türkei-Politik betreibt. Es wäre nicht das erste mal das Frau Merkel Erdogan im Wahlkampf unterstützt.


https://www.welt.de/politik/ausland/art ... n-gut.html
Na gut; am Ende wählen deutsche Wähler deutsche Politiker in Verantwortung. Ich bin mit dieser Lösung gar nicht unzufrieden. Könnte wirklich schlechter sein, wenn man sich ein wenig umsieht.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

H2O hat geschrieben:(14 Mar 2017, 08:20)

Na gut; am Ende wählen deutsche Wähler deutsche Politiker in Verantwortung. Ich bin mit dieser Lösung gar nicht unzufrieden. Könnte wirklich schlechter sein, wenn man sich ein wenig umsieht.
Ich bin kein Merkel Fan, aber im gesamt Konsens
zu unseren Europäischen Nachbarn und unter Bezug zum politischen gewicht Deutschlands in der E.U und der Welt gibt es wahrlich schlechtere Staatsführer in der Welt! Ihre Flüchtlingspolitik
lasse ich mal weg!!
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(14 Mar 2017, 11:48)

Ich bin kein Merkel Fan, aber im gesamt Konsens
zu unseren Europäischen Nachbarn und unter Bezug zum politischen gewicht Deutschlands in der E.U und der Welt gibt es wahrlich schlechtere Staatsführer in der Welt! Ihre Flüchtlingspolitik
lasse ich mal weg!!
Auch in der Flüchtlingspolitik bin ich mit der Kanzlerin nicht so unzufrieden. Dumm war nur, daß so viel Betrug im Spiel war... das war frühzeitig bekannt, als etwa auf neugierige Nachfrage von Journalisten an eine wandernde Schar, wer denn nun aus Syrien sei, 100-fach grinsend "ich" die Antwort war. Da haben "gute Freunde" die Kanzlerin in eine Falle tappen lassen, anstatt laut und unverstellt Alarm aus zu lösen. Ohne Papiere und vergleichbare Identifikation... heißt doch nichts weiter als verschärfte erkennungsdienstliche Behandlung und Lager bis zur Klärung. Gefälschte Papiere heißt doch verschärfte erkennungsdienstliche Behandlung, Lagerhaft bis zur Klärung und Ausweisung. Muß man dazu ein Gesetz haben, das paßgenau zu solchen Ereignissen angelegt ist?
Korinthenkacker! Man muß sich morgens beim Rasieren im Spiegel ohne Scham betrachten können!

Das Versagen lag so ungefähr auf der Höhe der Reisefreiheit für polizeibekannte Gefährder. Organisierte Verantwortungslosigkeit. Hätte ich so nie für möglich gehalten. Dafür müßte es nach gründlicher Aufklärung Arschtritte und Rausschmisse geben.

Damals wurde auch erstmals sonnenklar, daß die EU keine Wertegemeinschaft ist, wenn es darum geht, gemeinsam Lasten zu tragen. Dann bleiben Österreicher, Deutsche., Dänen und Schweden übrig. Wann wird so etwas schon einmal so klar entschieden? Hätte ich auch so nie für möglich gehalten. Schade!
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Scheint so, daß der EU durch das Wahlergebnis in den Niederlanden eine schwere Schlagseite erspart geblieben ist. Bleibt jetzt noch Frankreich.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Kibuka »

King Kong 2006 hat geschrieben:(15 Mar 2017, 23:02)

Scheint so, daß der EU durch das Wahlergebnis in den Niederlanden eine schwere Schlagseite erspart geblieben ist. Bleibt jetzt noch Frankreich.
Der vermeintliche "Sieg" oder sollte ich sagen, der abgewendete Totalschaden, ist wahrlich kein Grund zum Feiern. Abgesehen davon, dass in Holland die stabile Regierungsbildung ein Abenteuer werden wird, sind sämtliche Probleme innerhalb der EU auf die lange Bank geschoben worden.

Neben der Einwanderungskrise, dem schwelenden Konflikt mit der Türkei und Russland, ist es die ungelöste Eurokrise und der Brexit, die sich noch deutlich bemerkbar machen werden.

Es zeigt sich immer wieder, dass Probleme nicht besser werden, wenn man sie, wie Merkel es in der Regel macht, auf die lange Bank schiebt. Im Gegenteil!

Mein Eindruck ist, dass man sich in Europa eher damit beschäftigt vermeintlichen Populisten zu begegnen, als reale Probleme zu lösen. :rolleyes:
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Kibuka hat geschrieben:(16 Mar 2017, 19:31)

Der vermeintliche "Sieg" oder sollte ich sagen, der abgewendete Totalschaden, ist wahrlich kein Grund zum Feiern. Abgesehen davon, dass in Holland die stabile Regierungsbildung ein Abenteuer werden wird, sind sämtliche Probleme innerhalb der EU auf die lange Bank geschoben worden.

Neben der Einwanderungskrise, dem schwelenden Konflikt mit der Türkei und Russland, ist es die ungelöste Eurokrise und der Brexit, die sich noch deutlich bemerkbar machen werden.

Es zeigt sich immer wieder, dass Probleme nicht besser werden, wenn man sie, wie Merkel es in der Regel macht, auf die lange Bank schiebt. Im Gegenteil!

Mein Eindruck ist, dass man sich in Europa eher damit beschäftigt vermeintlichen Populisten zu begegnen, als reale Probleme zu lösen. :rolleyes:
Mit Populisten der bekannten Einfärbung in Amt und Würden hätten wir endlich einmal reale Probleme... meine ich!
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Kibuka »

H2O hat geschrieben:(16 Mar 2017, 20:17)

Mit Populisten der bekannten Einfärbung in Amt und Würden hätten wir endlich einmal reale Probleme... meine ich!
Welche Einfärbung? Welche Probleme? Wie spät ist es?
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Kibuka hat geschrieben:(16 Mar 2017, 20:33)

Welche Einfärbung? Welche Probleme? Wie spät ist es?
Welche Kenntnisse?
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Kibuka hat geschrieben:(16 Mar 2017, 19:31)

Der vermeintliche "Sieg" oder sollte ich sagen, der abgewendete Totalschaden, ist wahrlich kein Grund zum Feiern. Abgesehen davon, dass in Holland die stabile Regierungsbildung ein Abenteuer werden wird, sind sämtliche Probleme innerhalb der EU auf die lange Bank geschoben worden.

Neben der Einwanderungskrise, dem schwelenden Konflikt mit der Türkei und Russland, ist es die ungelöste Eurokrise und der Brexit, die sich noch deutlich bemerkbar machen werden.

Es zeigt sich immer wieder, dass Probleme nicht besser werden, wenn man sie, wie Merkel es in der Regel macht, auf die lange Bank schiebt. Im Gegenteil!

Mein Eindruck ist, dass man sich in Europa eher damit beschäftigt vermeintlichen Populisten zu begegnen, als reale Probleme zu lösen. :rolleyes:
Damit sind sicher nicht "sämtliche Probleme innerhalb der EU" gelöst worden. Ich denke, daß eine Wahl oder der Staat Niederlande auch nicht "sämtliche Probleme" der EU lösen kann. Oder ursächlich damit zu tun hätte. ;)
Das war sicher nicht das Ziel.

Wilders mag einige Probleme populistisch zugespitzt angesprochen haben. Probleme, die klar benannt werden sollten. Aber Wilders ist kein Mann, den ich gerne in Regierungsverantwortung sehen würde. Ich habe mit Holland nicht viel zu tun. Aber die Niederlande mit der EU. Und ein zersplittern der EU wäre sicher nicht gut. Das ist jedoch aber Ansichtssache.

Merkel finde ich weiterhin in vielen Belangen zu passiv. Wenns dabei bleiben würde, ok. Aber das erzeugt natürlich Aktivitäten bei anderen Kräften, die ich als problematisch ansehe. Deshalb wäre Merkel gut beraten nicht ihre Tefloneigenschaften einzusetzen. Für eine EU, auch einer sich neu positionierende war der fehlende Sieg Wilders gut.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ein hochinteressanter Vorschlag zum Thema "Neue EU/Chance in der Krise" ist in einem ZEIT-Artikel von Anfang Oktober letzten Jahres zu lesen. Unter der schön provokanten Überschrift "Solidarität mit Orbán und Kaczyński" plädiert der Grünen-Europa-Politiker Manuel Sarrazin dafür, bei den Brexit-Verhandlungen vor allem mit den Visegrád-Staaten zusammenzuarbeiten.
Wir halten die Flüchtlingspolitik der polnischen und ungarischen Regierung für falsch. Jedoch ist entscheidend, wie Kritik geäußert wird. Auch als Kritiker der orbánschen Abschottungspolitik dürfen wir unseren Partnern in Zentraleuropa nicht mit erhobenem Zeigefinger oder gar abfällig begegnen. Denn so wenig uns die Zusammensetzung und Politik dieser Regierungen und der sie bestimmenden Politiker gefallen mag, so kann ein Zementieren des derzeitigen politischen Klimas zwischen Ost und West, zwischen Brüssel und den Visegrád-Staaten, die Europäische Union mittelfristig auseinanderreißen.

Wer das verhindern will, sollte die Zäsur, die mit dem Brexit-Referendum eingeleitet wurde, als Chance für den Zusammenhalt zwischen Ost und West begreifen. Mit den anstehenden Brexit-Verhandlungen bietet sich eine Chance, die Europapolitik von Warschau und Budapest aufgrund ihrer knallharten nationalen Interessen auf Zusammenarbeit mit Berlin und Brüssel auszurichten.
Das entspricht zu 150 Prozent meinen politischen Ansichten zum Thema.

Und es wird darauf hingewiesen, wie kontraproduktiv ein Vorschlag Norbert Röttgens ist, ausgerechnet in dieser Situation an der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu sägen. Wenn der Entsolidarisierung mit polnischen Arbeitnehmern in UK nun die in D folgen würde.

http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... arn-brexit
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Mar 2017, 14:02)

Ein hochinteressanter Vorschlag zum Thema "Neue EU/Chance in der Krise" ist in einem ZEIT-Artikel von Anfang Oktober letzten Jahres zu lesen. Unter der schön provokanten Überschrift "Solidarität mit Orbán und Kaczyński" plädiert der Grünen-Europa-Politiker Manuel Sarrazin dafür, bei den Brexit-Verhandlungen vor allem mit den Visegrád-Staaten zusammenzuarbeiten.

Das entspricht zu 150 Prozent meinen politischen Ansichten zum Thema.

Und es wird darauf hingewiesen, wie kontraproduktiv ein Vorschlag Norbert Röttgens ist, ausgerechnet in dieser Situation an der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu sägen. Wenn der Entsolidarisierung mit polnischen Arbeitnehmern in UK nun die in D folgen würde.

http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... arn-brexit
Seit dem diese Vorstellungen ausgebreitet wurden, wurde doch in den beiden Ober-Visegrads die Gewaltenteilung abgeschafft. Damit wären beide nicht beitrittsreif zur EU!

Natürlich sollen die jetzt noch nicht auf der Ebene Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Dienstleistungen und des Kapitals für ihren Eigensinn büßen. Das ginge nun unmittelbar gegen die Menschen. Ich bin auch nicht davon ab zu bringen, Kindergeld in voller Höhe der deutsche Leistung zu zu gestehen. Ich sehe darin Geld, das genau bei den Menschen ankommt und deren Los verbessert.

Aber im organisatorischen Bereich der EU hieße doch das Einschalten dieser nationalistischen Widerborste, daß sie die EU vollwertig vertreten, obwohl sie ihre wesentlichen Grundsätze mißachten.

Ich meine, daß das Kerneuropa von Mitgliedern gebildet werden sollte, die das europäische Projekt voran bringen wollen. Polen und Ungarn können nach selbst erklärter Auffassung darin nicht mitwirken oder gar den Kurs des Kerns mitbestimmen. Dazu müßten beide zur Rechtsstaatlichkeit mit wirksamer Gewaltenteilung zurück kehren, den Euro einführen und die stetig sich vertiefende Zusammenarbeit als Staatsziel festlegen. Weiterhin sollten Ausgleichszahlungen nur für Teilnehmer am gemeinsamen Zukunftsprojekt fließen. Das hat Präsident Hollande Frau Szydło schon recht deutlich zu verstehen gegeben.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(17 Mar 2017, 18:48)

Seit dem diese Vorstellungen ausgebreitet wurden, wurde doch in den beiden Ober-Visegrads die Gewaltenteilung abgeschafft. Damit wären beide nicht beitrittsreif zur EU!

Natürlich sollen die jetzt noch nicht auf der Ebene Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Dienstleistungen und des Kapitals für ihren Eigensinn büßen. Das ginge nun unmittelbar gegen die Menschen. Ich bin auch nicht davon ab zu bringen, Kindergeld in voller Höhe der deutsche Leistung zu zu gestehen. Ich sehe darin Geld, das genau bei den Menschen ankommt und deren Los verbessert.

Aber im organisatorischen Bereich der EU hieße doch das Einschalten dieser nationalistischen Widerborste, daß sie die EU vollwertig vertreten, obwohl sie ihre wesentlichen Grundsätze mißachten.

Ich meine, daß das Kerneuropa von Mitgliedern gebildet werden sollte, die das europäische Projekt voran bringen wollen. Polen und Ungarn können nach selbst erklärter Auffassung darin nicht mitwirken oder gar den Kurs des Kerns mitbestimmen. Dazu müßten beide zur Rechtsstaatlichkeit mit wirksamer Gewaltenteilung zurück kehren, den Euro einführen und die stetig sich vertiefende Zusammenarbeit als Staatsziel festlegen. Weiterhin sollten Ausgleichszahlungen nur für Teilnehmer am gemeinsamen Zukunftsprojekt fließen. Das hat Präsident Hollande Frau Szydło schon recht deutlich zu verstehen gegeben.
Die Gewaltenteilung in beiden Staaten ist stark beschädigt, aber abgeschafft ist sie noch nicht. Es ist die Frage, ob man sich bei einem Kerneuropa eher einen Zusammenschluss der Regierungen oder einen der Völker vorstellt. Ein Kerneuropa von oben oder von unten. In Ländern wie Deutschland, Benelux oder Frankreich arbeiten die Regierungen nach demokratischen Grundsätzen aber das Volk ist teils mehrheitlich ziemlich europamüde. In den V4-Ländern ist es in gewisser Hinsicht umgekehrt. Auch wenn diese Sichtweise mit dem Widerspruch klarkommen muss, dass PiS und Fidesz mit großen Mehrheiten vom Volk gewählt wurden.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Mar 2017, 06:53)

Die Gewaltenteilung in beiden Staaten ist stark beschädigt, aber abgeschafft ist sie noch nicht. Es ist die Frage, ob man sich bei einem Kerneuropa eher einen Zusammenschluss der Regierungen oder einen der Völker vorstellt. Ein Kerneuropa von oben oder von unten. In Ländern wie Deutschland, Benelux oder Frankreich arbeiten die Regierungen nach demokratischen Grundsätzen aber das Volk ist teils mehrheitlich ziemlich europamüde. In den V4-Ländern ist es in gewisser Hinsicht umgekehrt. Auch wenn diese Sichtweise mit dem Widerspruch klarkommen muss, dass PiS und Fidesz mit großen Mehrheiten vom Volk gewählt wurden.
Unsere demokratisch gewählten Regierungen haben auf mittlere Sicht nicht mehr Möglichkeiten in der EU, als das Wahlvolk zuläßt. Wenn sich ein Volk in der Gemeinschaft der anderen europäischen Völker nicht wohl fühlt, dann hat es jederzeit die Möglichkeit, es den Briten nach zu tun. Das wäre selbstverständlich ebenso bedauerlich... aber so geht Freiheit.

Insbesondere in Polen haben sich jüngst nach der Zurückweisung der polnischen Wünsche um die Verlängerung der Amtszeit des Ratspräsidenten 78% (achtundsiebzig Prozent) aller Befragten für einen Verbleib Polens in der EU ausgesprochen. Fast könnte man hoffen, daß das Wahlvolk seiner Regierung Beine machen wird, wenn die durch widerständiges Verhalten ihr Land an den Rand der EU führen sollte... oder noch darüber hinaus.

Ich meine deshalb, daß die EU mit klaren Ansagen und auf der Grundlage geschlossener Verträge weiter das Ziel der europäischen Vereinigung verfolgen sollte. Den Zwischenschritt "Kerneuropa" sehe ich als ernste Warnung für unsere Widerborste an, sich zum europäischen Projekt und zur gemeinsamen Währung zu bekennen oder mit einer Rolle am "Katzentisch" ohne Fördermittel zufrieden zu sein.
odiug

Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von odiug »

H2O hat geschrieben:(18 Mar 2017, 09:10)

Unsere demokratisch gewählten Regierungen haben auf mittlere Sicht nicht mehr Möglichkeiten in der EU, als das Wahlvolk zuläßt. Wenn sich ein Volk in der Gemeinschaft der anderen europäischen Völker nicht wohl fühlt, dann hat es jederzeit die Möglichkeit, es den Briten nach zu tun. Das wäre selbstverständlich ebenso bedauerlich... aber so geht Freiheit.

Insbesondere in Polen haben sich jüngst nach der Zurückweisung der polnischen Wünsche um die Verlängerung der Amtszeit des Ratspräsidenten 78% (achtundsiebzig Prozent) aller Befragten für einen Verbleib Polens in der EU ausgesprochen. Fast könnte man hoffen, daß das Wahlvolk seiner Regierung Beine machen wird, wenn die durch widerständiges Verhalten ihr Land an den Rand der EU führen sollte... oder noch darüber hinaus.

Ich meine deshalb, daß die EU mit klaren Ansagen und auf der Grundlage geschlossener Verträge weiter das Ziel der europäischen Vereinigung verfolgen sollte. Den Zwischenschritt "Kerneuropa" sehe ich als ernste Warnung für unsere Widerborste an, sich zum europäischen Projekt und zur gemeinsamen Währung zu bekennen oder mit einer Rolle am "Katzentisch" ohne Fördermittel zufrieden zu sein.
Das Problem der EU ist nach wie vor, dass sie in der Wahrnehmung der Waehler nur marginal ist.
Nach wie vor gilt der Nationalstaat als Prioritaet und die nationalen Wahlen als entscheidend.
Das drueckt sich auch darin aus, dass die EU oft als Abraumhalde fuer gescheiterte Politiker behandelt wird.
Oettinger zB ... graussig :mad2:
Aber es hat was gutes, wenn man die EU nicht mehr als "Selbstversaendlichkeit" ansieht, sondern als ein Projekt, fuer das man was tun muss, das man vorantreiben muss, dass man auch gegen Widerstaende durchsetzen und gegen Anfeindungen verteidigen muss.
Der Brexit ist insofern hilfreich, wenn man sich das Wahlverhalten ansieht.
Der Schock, gerade der juengeren Generation, sich von Rentnern vorfuehren zu lassen, duerfte ganz heivoll sein :p
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Welfenprinz »

Jupp. Krise heisst Chance.
Und es kann gut sein,dass in späterer Zeit,diese Jahre,die uns jetzt als bedrohlich erscheinen,mal als Wendepunkt für einen Bewusstseinswandel beurteilt werden.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Erdogans Rat an Türken in Europa

"Habt fünf Kinder, nicht drei"

http://www.spiegel.de/politik/ausland/r ... 39336.html
Das könnten einige in Europa als Kriegserklärung verstehen. Nicht selten hört man genau das. Die Befürchtung vieler in Deutschland, daß das ein langfristiger Plan wäre. Nicht nur von Türken, sondern auch von Muslimen.

Erdogan heizt damit ziemlich ein. Sicherlich auch eine Version einer neuen EU.

Wer von anderen Staaten und Regionen Veränderungen fordert, der kann natürlich im Kehrschluß auch "Tips" und Maßnahmen andersherum erwarten und erfahren. Auch das könnte sich außenpolitisch für eine "neue EU" auswirken. Vielleicht weniger Sendungsbewußtsein, bzw. erstmal Fest(ung)igung im Inneren?
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Welfenprinz hat geschrieben:(18 Mar 2017, 09:36)

Jupp. Krise heisst Chance.
Und es kann gut sein,dass in späterer Zeit,diese Jahre,die uns jetzt als bedrohlich erscheinen,mal als Wendepunkt für einen Bewusstseinswandel beurteilt werden.
Ich empfinde sehr stark diese erneute Hinwendung zum europäischen Projekt. Es sieht so aus, daß mehr und mehr Menschen bewußt wird, welche Errungenschaften bestimmte Kreise böswillig schlecht geredet haben... und teilweise damit Erfolg hatten, siehe BREXIT.

Vielleicht fällt uns auch bei der Ausgestaltung des Kerns der Willigen ein, wie die Bürger aller Mitgliedsstaaten des Kerns und die politische Macht in Brüssel oder Straßburg näher zusammen kommen... daß es weniger Möglichkeiten gibt, nationales Versagen "den Eurokraten in Brüssel" an zu lasten.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Welfenprinz »

So ein Aufruf zeigt aber auch das Mass der Ratlosigkeit und Verzweiflung auf der politischen Agenda.
Gibt es irgendeinen modernen,entwickelten Staat auf der Erde,dessen demografische Entwicklung so verläuft,wie es solche Muftis gerne hätten?
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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King Kong 2006
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von King Kong 2006 »

Welfenprinz hat geschrieben:(18 Mar 2017, 09:50)

So ein Aufruf zeigt aber auch das Mass der Ratlosigkeit und Verzweiflung auf der politischen Agenda.
Gibt es irgendeinen modernen,entwickelten Staat auf der Erde,dessen demografische Entwicklung so verläuft,wie es solche Muftis gerne hätten?
Ich habe dazu jetzt keine Statistik, aber MitbürgerInnen mit Hintergrund aus dem südlichen Ausland haben nicht selten mehr Kinder als sogenannte Bio-Deutsche. Wobei sich das langfristig auch angleichen könnte. Letztendlich kann man "Machtübernahmen" oder Einflußnahmen am besten demografisch bewerkstelligen. Ein Klassiker ist z.B. das Durchsetzen der Briten gegen die Franzosen in Nordamerika. Gegen die Demografie kannst du nix machen. Nicht dauerhaft. Und ob gefühlt oder nicht. Viele Deutsche behaupten das auch. Und das macht sich an der Wahlurne bemerkbar. Ein solcher Aufruf von Erdogan ist vom Inhalt her, egal ob es eintrifft oder nicht, eine Drohung. Das wäre so, wie wenn man andersherum in der Türkei einen Aufruf startet, aus dem Kanzleramt, daß die Christen, Kurden, Griechen und Armenier sich viel stärker vermehren sollten... Wozu und warum muß ich nicht erklären. Was dann mit der Türkei passieren soll. Das hat Kriegserklärungsniveau. Andererseits fühlt sich Erdogan aber sicher auch genauso angegriffen. Die EU spricht ihm und seiner Meinung nach somit der Türkei die Legitimation in dieser Existienzform ab.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

odiug hat geschrieben:(18 Mar 2017, 09:31)

Das Problem der EU ist nach wie vor, dass sie in der Wahrnehmung der Waehler nur marginal ist.
Nach wie vor gilt der Nationalstaat als Prioritaet und die nationalen Wahlen als entscheidend.
Das drueckt sich auch darin aus, dass die EU oft als Abraumhalde fuer gescheiterte Politiker behandelt wird.
Oettinger zB ... graussig :mad2:
Aber es hat was gutes, wenn man die EU nicht mehr als "Selbstversaendlichkeit" ansieht, sondern als ein Projekt, fuer das man was tun muss, das man vorantreiben muss, dass man auch gegen Widerstaende durchsetzen und gegen Anfeindungen verteidigen muss.
Der Brexit ist insofern hilfreich, wenn man sich das Wahlverhalten ansieht.
Der Schock, gerade der juengeren Generation, sich von Rentnern vorfuehren zu lassen, duerfte ganz heivoll sein :p
Dem kann ich auch nur zustimmen. Wir sehen doch, welche inneren Beteiligungen bei nationalen Wahlen frei gesetzt werden, ob nun Mutti oder Gurken-Martin am Ende der Rauferei oben liegen werden.

Eine solche Auswahl müßte es auch auf europäischer Ebene geben. Ein ganz vernünftiger Ansatz dazu ist doch schon einmal die national übergreifende Fraktionsbildung im EU-Parlament. Diese Fraktionen müßten den Wahlbürgern der gesamten EU ihren Bewerber um die Regierungsmacht, die Kommission, vorstellen. Das kann doch funktionieren, wenn nationale Spitzenkräfte der Fraktionen des EU-Parlaments den gemeinsamen EU-Spitzenkandidaten ihren nationalen Wählern vorstellen und dabei ihre Nahziele mit der EU vortragen.

Dann könnte es eine wirkliche europäische politische Karriere geben, für die es sich zu bewerben lohnt... so wie heute in Deutschland für eine nationale Kanzlerschaft oder in Frankreich für die Präsidentschaft. Diese übergeordnete EU-Laufbahn muß es ja nicht sofort geben; das würde schon an den nationalen Hoheitsrechten scheitern. Aber man könnte ermitteln, welche bestehenden Hürden dazu abgeräumt werden müßten und öffentlich besprechen, ob man diese nationalen Hoheitsrechte auf die Gemeinschaft übertragen möchte. Vielleicht geht das schon bei der Ausgestaltung des angepeilten Kerneuropas. Denn es ist ja wahr: So lange ein Mitgliedsstaat sich einem Gemeinschaftsbeschluß entziehen kann, so lange liegt die wahre politische Macht im Nationalstaat.

Natürlich könnte man auch umgekehrt dem EU-Ministerrat als Gremium aller Nationalstaaten die Entscheidungsmacht für die Gemeinschaft übertragen. Aber auch da müßte ausgeschlossen werden, daß das Veto eines Mitglieds die Gemeinschaftsentscheidung wirkungslos macht.

Immerhin sind wir mit der EU weit voran gekommen; wenn ich 50 Jahre zurück denke, dann wäre der Verzicht auf nationales Hoheitsrecht gar nicht vorstellbar gewesen. Allenfalls in der alten Bundesrepublik Deutschland gab es solche Ansätze, schon weil man von der Schmach der 1000 Jahre ganz schnell abrücken wollte.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Welfenprinz »

King Kong 2006 hat geschrieben:(18 Mar 2017, 09:58)

Ich habe dazu jetzt keine Statistik, aber MitbürgerInnen mit Hintergrund aus dem südlichen Ausland haben nicht selten mehr Kinder als sogenannte Bio-Deutsche. Wobei sich das langfristig auch angleichen könnte.
Das “langfristig“ ist das entscheidende Wort. ;)
Nimmt man die beginnende Industrialisierung mitte des 19.Jahrhunderts als Startpunkt,haben unsere Biovorfahren 3Generationen gebraucht um von 6auf 2 Kinder runter zu fahren.
In den letzten 70 Jahren ging das allerdings in China,Japan ,aber auch muslimischen Ländern wie dem Iran wesentlich schneller.




Letztendlich kann man "Machtübernahmen" oder Einflußnahmen am besten demografisch bewerkstelligen
Tja,eine Frage der Rhetorik. Ist Cem Özdemir eine “Machtübernahme“? Wenn jemand auf dem Boden der FDGO steht und handelt ist es egal,ob er Mustafa oder Peter heisst.
Es erfolgt auch ein Bewusstseinswandel. Ich finde wir sollten da auf die Überzeugungskraft unserer Lebensweise setzen.
Niemand,egal mit welcher Hautfarbe,will wirklich wieder so leben wie unsere Urgrosseltern. Mit Frau am Herd und Dorfpfarrer als höchster Instanz. Und das gilt für das bayerische Bergdorf genauso wie für das anatolische.


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Ein solcher Aufruf von Erdogan ist vom Inhalt her, egal ob es eintrifft oder nicht, eine Drohung. Das wäre so, wie wenn man andersherum in der Türkei einen Aufruf startet, aus dem Kanzleramt, daß die Christen, Kurden, Griechen und Armenier sich viel stärker vermehren sollten... Wozu und warum muß ich nicht erklären. Was dann mit der Türkei passieren soll. Das hat Kriegserklärungsniveau. Andererseits fühlt sich Erdogan aber sicher auch genauso angegriffen. Die EU spricht ihm und seiner Meinung nach somit der Türkei die Legitimation in dieser Existienzform ab.
Vielleicht bin ich zu naiv,aber ich glaube nicht grossartig an die breite Wirksamkeit solcher Aufrufe. Egal ob Papst oder Mullah, er redet an der Lebenswirklichkeit eines Ehepaares mit 2Kindern ,egal ob in Berlin,Washington oder Buenos Aires ,derartig vorbei ,dass es zum einen Ohr rein und zum anderen raus geht
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Welfenprinz hat geschrieben:(18 Mar 2017, 11:41)

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Tja,eine Frage der Rhetorik. Ist Cem Özdemir eine “Machtübernahme“? Wenn jemand auf dem Boden der FDGO steht und handelt ist es egal,ob er Mustafa oder Peter heisst.
Es erfolgt auch ein Bewusstseinswandel. Ich finde wir sollten da auf die Überzeugungskraft unserer Lebensweise setzen.
Wenn man den Gedanken so entwickelt, dann schaffen sich Erdogan und Cie. mit ihrer "Kinderei" mehr Gegner, je mehr ihrer Landsleute sich in unsere Gesellschaft einbringen.
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Vielleicht bin ich zu naiv,aber ich glaube nicht grossartig an die breite Wirksamkeit solcher Aufrufe. Egal ob Papst oder Mullah, er redet an der Lebenswirklichkeit eines Ehepaares mit 2Kindern ,egal ob in Berlin,Washington oder Buenos Aires ,derartig vorbei ,dass es zum einen Ohr rein und zum anderen raus geht
Irgendwie merken die Leute doch auch, daß sie Schwierigkeiten genug haben, ihre Kinderschar ausreichend zu ernähren.
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