Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Kritikaster hat geschrieben:(21 May 2018, 20:16)

Man braucht keinen 100-fachen Overkill zur Abschreckung. Frankreich und Großbritannien haben, was gebraucht wird.
Großbritannien ist ja bereits bei PESCO nicht dabei. Die sollte man streichen.
Außerdem sind ja auch noch die USA Teil des angesprochenen Verteidigungsbündnisses.
Das ausgegebene Ziel ist doch sich in militärischer Hinsicht von den USA zu emanzipieren. Das macht man ja nicht zum Spaß sondern weil man sich nicht mehr sicher ist ob die USA tatsächlich Europa verteidigen würden. Mit denen sollte man deswegen nicht rechnen. Bleibt nur noch Frankreich. Etwas wenig. Da macht nach meiner Überzeugung eine enge Kooperation mit Russland deutlich mehr Sinn als eine Verteidigungsgemeinschaft mit den Osteuropäern. Auch finanziell.
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Orbiter1
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 May 2018, 20:47)

Nein, unser Land sollte solchen Bestrebungen widerstehen; das europäische Projekt bietet dazu uns und unseren Nachbarn die besten Möglichkeiten, miteinander mit gegenseitigem Respekt und vertrauensvoll zusammen zu arbeiten.
So respekt- und vertrauensvoll wie bei der Flüchtlingspolitik oder der Umsetzung der EU-Werte?
Unser derzeitiges Problem ist natürlich, daß die Ostländer der EU noch immer in anderen Modellen zu Hause sind, sich tatsächlich von Deutschen und Russen belauert fühlen. Da liegt viel Arbeit vor der EU und auch vor uns Deutschen.
Im Gegensatz zu den Osteuropäern hält Deutschland seine internationalen Verpflichtungen ein. Wenn jemand liefern muß sind es die Osteuropäer.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 May 2018, 21:04)

So respekt- und vertrauensvoll wie bei der Flüchtlingspolitik oder der Umsetzung der EU-Werte? Im Gegensatz zu den Osteuropäern hält Deutschland seine internationalen Verpflichtungen ein. Wenn jemand liefern muß sind es die Osteuropäer.
Das ist doch alles völlig klar. Man kann tief enttäuscht das europäische Projekt über die Kante kippen, oder man kann beharrlich daran arbeiten, daß neue Einsichten reifen. Unsere östlichen Partner sind sicher auch lernfähig; sie werden erkennen, welchen Wert das europäische Projekt hat, wenn plötzlich nicht mehr das Schengener Abkommen und die Grundfreiheiten des Binnenmarkts verfügbar sind, wenn Gemeinschaftsleistungen wie Ausgleichs-, Regional- und Entwicklungsfonds ausbleiben.

Mein Vorschlag bleibt unverändert, daß Frankreich und Deutschland ein Zukunftskonzept für die Euro-Gruppe aus den Vorstellungen Macrons und Merkels entwickeln, das sie unseren Europartnern zur Diskussion vorlegen und mit ihnen vollenden. In diesem inneren Kreis bleibt die EU, was sie sein sollte... solidarisch und wertebezogen. Vielleicht gelingt sogar schon ein weiterer Schritt in Richtung einer Föderation. Der innere Kreis der EU nimmt dann Kontakt auf zu den Mitgliedern, die bisher gewollt oder ungewollt den Euro nicht eingeführt haben und teilt ihnen mit, welchen Verlust durch ausbleibende Solidarität und Vertragsbrüche sie zu tragen haben. Die Botschaft muß sein, daß durch Wohlverhalten diese Verluste wieder ausgeglichen werden können. oder durch strammen Gegenkurs weitere Verluste auftreten werden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 May 2018, 21:26)

Das ist doch alles völlig klar. Man kann tief enttäuscht das europäische Projekt über die Kante kippen, oder man kann beharrlich daran arbeiten, daß neue Einsichten reifen.
Die Realität sind aber immer tiefere Gräben zwischen den EU-Blöcken. Man kommt sich nicht näher, sondern man entfernt sich immer weiter voneinander. Der nächste Schub in diese Richtung wird wohl von Italien ausgehen, sofern der italienische Staatspräsident die neue Regierung starten lässt. Sich den Realitäten zu verweigern ist nicht hilfreich.
Unsere östlichen Partner sind sicher auch lernfähig; sie werden erkennen, welchen Wert das europäische Projekt hat, wenn plötzlich nicht mehr das Schengener Abkommen und die Grundfreiheiten des Binnenmarkts verfügbar sind, wenn Gemeinschaftsleistungen wie Ausgleichs-, Regional- und Entwicklungsfonds ausbleiben.
Aus welchem Anlass sollen denn die ausbleiben?
Mein Vorschlag bleibt unverändert, daß Frankreich und Deutschland ein Zukunftskonzept für die Euro-Gruppe aus den Vorstellungen Macrons und Merkels entwickeln, das sie unseren Europartnern zur Diskussion vorlegen und mit ihnen vollenden. In diesem inneren Kreis bleibt die EU, was sie sein sollte... solidarisch und wertebezogen. Vielleicht gelingt sogar schon ein weiterer Schritt in Richtung einer Föderation. Der innere Kreis der EU nimmt dann Kontakt auf zu den Mitgliedern, die bisher gewollt oder ungewollt den Euro nicht eingeführt haben und teilt ihnen mit, welchen Verlust durch ausbleibende Solidarität und Vertragsbrüche sie zu tragen haben. Die Botschaft muß sein, daß durch Wohlverhalten diese Verluste wieder ausgeglichen werden können. oder durch strammen Gegenkurs weitere Verluste auftreten werden.
Das ist Wunschdenken. In der Realität haben heute 154 Wirtschaftsprofessoren sogar vor dem Minikompromiss, der Umwandlung des EMS in den EWF und der nächsten Stufe der Bankenunion gewarnt. Das wird zumindest bei CDU/CSU Eindruck hinterlassen.

„Wir – 154 Wirtschaftsprofessoren – warnen davor, die europäische Währungs- und Bankenunion noch weiter zu einer Haftungsunion auszubauen. Die in der Berliner Koalitionsvereinbarung erwähnten Vorschläge des französischen Präsidenten Macron und des EU-Kommissionschefs Juncker bergen hohe Risiken für die europäischen Bürger.“ Weiteres hier: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 00325.html

Es wäre keine allzu große Überraschung wenn nicht einmal dieser Minikompromiss zustande kommt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 May 2018, 22:05)

Die Realität sind aber immer tiefere Gräben zwischen den EU-Blöcken. Man kommt sich nicht näher, sondern man entfernt sich immer weiter voneinander. Der nächste Schub in diese Richtung wird wohl von Italien ausgehen, sofern der italienische Staatspräsident die neue Regierung starten lässt. Sich den Realitäten zu verweigern ist nicht hilfreich. Aus welchem Anlass sollen denn die ausbleiben?
Anläßlich andauernder Vertragsbrüche... bis die Sache im Guten geklärt ist. Traumhaft: Der eine bricht das Gemeinschaftsrecht, und alle anderen zahlen, als ob das selbstverständlich wäre?
Das ist Wunschdenken. In der Realität haben heute 154 Wirtschaftsprofessoren sogar vor dem Minikompromiss, der Umwandlung des EMS in den EWF und der nächsten Stufe der Bankenunion gewarnt. Das wird zumindest bei CDU/CSU Eindruck hinterlassen.

„Wir – 154 Wirtschaftsprofessoren – warnen davor, die europäische Währungs- und Bankenunion noch weiter zu einer Haftungsunion auszubauen. Die in der Berliner Koalitionsvereinbarung erwähnten Vorschläge des französischen Präsidenten Macron und des EU-Kommissionschefs Juncker bergen hohe Risiken für die europäischen Bürger.“ Weiteres hier: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 00325.html
Also, was nicht getan werden soll, das sagen die hohen Herren. Hinterher haben sie immer schon gesagt... Nö, die sollen doch sagen, was zu tun ist, damit die EU voran kommt. Das wär's doch!
Es wäre keine allzu große Überraschung wenn nicht einmal dieser Minikompromiss zustande kommt.
Vor der Beratung gibt es keine Beschlüsse und auch keine Kompromisse. Noch sind das ungelegte Eier.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 May 2018, 22:28)

Anläßlich andauernder Vertragsbrüche... bis die Sache im Guten geklärt ist. Traumhaft: Der eine bricht das Gemeinschaftsrecht, und alle anderen zahlen, als ob das selbstverständlich wäre?
Sanktionen müssen einstimmig beschlossen werden. Das wird nicht passieren.
Also, was nicht getan werden soll, das sagen die hohen Herren. Hinterher haben sie immer schon gesagt... Nö, die sollen doch sagen, was zu tun ist, damit die EU voran kommt.
Das tun sie doch.

„Es gilt, Strukturreformen voranzubringen, statt neue Kreditlinien und Anreize für wirtschaftliches Fehlverhalten zu schaffen. Die Privilegierung der Staatsanleihen in der Risikovorsorge der Banken ist abzuschaffen. Die Eurozone braucht ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten und ein geordnetes Austrittsverfahren. Die Kapitalmarktunion sollte vollendet werden – auch weil internationale Kapitalbewegungen asymmetrische Schocks kompensieren. Bei der EZB sollten Haftung und Stimmrechte miteinander verbunden werden. Die Target-Salden sind regelmäßig zu begleichen. Die Ankäufe von Staatsanleihen sollten ein schnelles Ende finden.“
Vor der Beratung gibt es keine Beschlüsse und auch keine Kompromisse. Noch sind das ungelegte Eier.
Meine Vermutung. Wegen der neuen italienischen Regierung rückt die strategische Neuausrichtung der EU bis auf weiteres in den Hintergrund. Dann geht es erst mal um Krisenbewältigung und Entscheidungen auf Sicht. Liegt der Merkel auch besser als das langfristige Strategie-Gedöns. D. h. die EU macht erstmal weiter wie bisher. Vielleicht bringen die Verhandlungen über den neuen EU-Haushalt noch die eine oder andere Veränderung.
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Können Macron und Juncker noch gestoppt werden?

Beitrag von Senexx »

Schon der Euro war ökonomisch gesehen ein Wahnsinn. Er traf auf entschlossenen Widerstand seitens der Ökonomen. Wie die Geschichte ausging, wissen wir. Gegen jede ökonomische Vernunft wurde er dann doch noch eingeführt.

Die Krisen häufen sich, die Stabilität ist bedroht. EU-Zentralisten und Meridionale wollen die Schuldenunion. Mit der Wahl Macrons haben sie einen mächtigen Fürsprecher.

Nun haben 154 Ökonomen einen Aufruf veröffentlicht, in dem sie vor den Plänen von Macron und Junkers warnen

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 00643.html

Kann es dieses Mal gelingen, neue Dummheiten zu verhindern?
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Re: Können Macron und Juncker noch gestoppt werden?

Beitrag von Adam Smith »

Im Prinzip ist die Schuldenunion vernünftig. Hier gilt aber genau das gleiche wie für den Euro. Die Mitgliedsstaaten sollten dann einen ausgeglichenen Haushalt haben. Die Zentralbank sollte sich nicht die japanische Zentralbank zum Vorbild nehmen.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 May 2018, 22:49)

Sanktionen müssen einstimmig beschlossen werden. Das wird nicht passieren.
Das tun sie doch.
Vertragsbrüche werden ja auch einstimmig beschlossen. :) So kann man die Sache mit den Zahlungen auch halten: Einstimmig nicht zahlen.
„Es gilt, Strukturreformen voranzubringen, statt neue Kreditlinien und Anreize für wirtschaftliches Fehlverhalten zu schaffen. Die Privilegierung der Staatsanleihen in der Risikovorsorge der Banken ist abzuschaffen. Die Eurozone braucht ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten und ein geordnetes Austrittsverfahren. Die Kapitalmarktunion sollte vollendet werden – auch weil internationale Kapitalbewegungen asymmetrische Schocks kompensieren. Bei der EZB sollten Haftung und Stimmrechte miteinander verbunden werden. Die Target-Salden sind regelmäßig zu begleichen. Die Ankäufe von Staatsanleihen sollten ein schnelles Ende finden.“
Die Herren Professoren haben stramm bei mir abgeschrieben. :) Volle Zustimmung, Entschuldigung... das war mir entgangen!
Meine Vermutung. Wegen der neuen italienischen Regierung rückt die strategische Neuausrichtung der EU bis auf weiteres in den Hintergrund. Dann geht es erst mal um Krisenbewältigung und Entscheidungen auf Sicht. Liegt der Merkel auch besser als das langfristige Strategie-Gedöns. D. h. die EU macht erstmal weiter wie bisher. Vielleicht bringen die Verhandlungen über den neuen EU-Haushalt noch die eine oder andere Veränderung.
Da bin ich anderer Meinung; die EU muß den Mut aufbringen, gegen Störer vor zu gehen. Die übertriebene Rücksichtnahme auf Befindlichkeiten von Mitgliedern hat uns genau dahin geführt, daß die EU eigentlich nur noch einig ist, wenn es gegen Dritte geht. Klare Vertragsbrüche müssen schneller zu Gegenmaßnahmen der Gemeinschaft führen; dazu müssen qualifizierte Mehrheiten ausreichen.
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Re: Können Macron und Juncker noch gestoppt werden?

Beitrag von H2O »

Adam Smith hat geschrieben:(22 May 2018, 07:00)

Im Prinzip ist die Schuldenunion vernünftig. Hier gilt aber genau das gleiche wie für den Euro. Die Mitgliedsstaaten sollten dann einen ausgeglichenen Haushalt haben. Die Zentralbank sollte sich nicht die japanische Zentralbank zum Vorbild nehmen.
Ihre Randbedingungen setzen aber Staaten voraus, die ihre Haushaltsrechte vergemeinschaftet haben... also die Euro-Gruppe mit gemeinsamer Finanz- und Wirtschaftsführung, harmonisiertem Steuerrecht und Sozialrecht. Unter solchen Bedingungen wäre die Gemeinschaftswährung ein Selbstläufer. Bis dahin haben wir aber einen weiten Weg vor uns. Erstaunlich, wie gut sich trotz aller schlechten Voraussetzungen der Euro bisher gehalten hat.

Natürlich darf niemals ein Lage entstehen, wo alle Mitglieder sich der Einrichtung frei bedienen ohne die dazu erforderlichen Pflichten ein zu halten. Dann beschließt das italienische / griechische Parlament, daß wir die Einrichtung zu versorgen haben, aus der es sich bedienen möchte. Nix da!
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Re: Können Macron und Juncker noch gestoppt werden?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Senexx.
Senexx hat geschrieben:Stabilität ist bedroht ... ökonomisch ... Wahnsinn. ... neue Dummheiten verhindern?
Ich-weiß-nicht, davon war schon immer die Rede ... es wurde gewarnt, was das Zeug hält. Und ... ist unser Wohlstand wegen des Euro eingebrochen? Die Herren Ökonomen haben trotzdem nicht Recht behalten - unsere Wirtschaft wächt allen Unkenrufen zum Trotz.

Als die EZB in der großen Krise (die ja keine Euro- sondern eine Vertrauenskrise war) ... als über Staatsanleihenkäufe nachdachte wurde, wurde ebenfalls gewarnt. Die Aufkäufe sollten die Wertpapiere für Geschäftsbanken unattraktiv machen und sie zu einer stärkeren Kreditvergabe anregen. Letztlich sollte so die heimische Wirtschaft gestärkt werden. Und ... hat's geholfen?

Dies sei "ökonomischer Wahnsinn", wurde kolportiert. Der psychologische Effekt war allerdings größer als der ökonomische, den die Herren Ökonomen voraus gesagt haben.

Ich wäre also vorsichtig, wenn lauthals Thesen aufgestellt und verbreitet werden. Daß die Warner Ökonomen sind ... studierte Ökonomen, heißt nicht, daß sie Recht behalten müssen und werden. Mit den richtigen und sinnvollen Rahmenbedingungen können auch Eurobons ihre positve Wirkung erzielen ... psychologisch gesehen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ich würd' ja gerne mal wissen, ich kenn' mich in Sachen Wirtschaftskriminalität nicht aus ... wie ist es eigentlich zu begründen, dass ein Unternehmenschef wie Zuckerberg, der - sagen wir mal nebulös - irgendwelcher Vergehen bezichtigt wird, sich vor dem EU-Parlament (und nicht vor irgendwelchen Gerichten verantwortet). Er tritt dort gerade auf im anzug wie ein Staatsmann und man gewinnt den Eindruck, Unternehmen ab einer gewissen Relevanz wie Facebook werden gar nicht mehr wie Unternehmen behandelt sondern wie (noch nicht) deklarierte Staaten und EU-Mitglieder.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Da ging die Initiative vom EU-Parlament aus. Die wollen halt auch so ernst genommen werden wie der US-Kongress, außerdem hat Facebook in der EU mehr Kunden als in den USA. Diese Anhörung ersetzt keinen Gerichtsprozess.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Dem Eurobarometer (Umfragen des EU-Parlaments) kann man auch nicht trauen.

"Zwei Drittel der EU-Bürger und 75 Prozent der Deutschen finden, ihr Land profitiere von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Das ist der höchste Wert seit 1983." Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... ger-brexit

Die Wahlergebnisse in den EU-Ländern sagen was ganz anderes.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Nomen Nescio »

Orbiter1 hat geschrieben:(22 May 2018, 19:37)

Da ging die Initiative vom EU-Parlament aus. Die wollen halt auch so ernst genommen werden wie der US-Kongress, außerdem hat Facebook in der EU mehr Kunden als in den USA. Diese Anhörung ersetzt keinen Gerichtsprozess.
wieviel dieser kunden fallen aber jetzt unter amerika ? FB hat sie doch von europa weggeholt und bei der USA untergebracht ?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Nomen Nescio hat geschrieben:(23 May 2018, 16:22)

wieviel dieser kunden fallen aber jetzt unter amerika ? FB hat sie doch von europa weggeholt und bei der USA untergebracht ?
Nö, FB hat sich an die europäischen Datenschutzgesetze zu halten. Und falls sie das nicht tun gibt es drakonische Strafen. Ist aber einen eigenen Thread wert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Nomen Nescio »

Orbiter1 hat geschrieben:(23 May 2018, 16:25)

Nö, FB hat sich an die europäischen Datenschutzgesetze zu halten. Und falls sie das nicht tun gibt es drakonische Strafen. Ist aber einen eigenen Thread wert.
ja, da hast du recht. das gilt aber nur für leute die unter FB-europa fallen. ich hörte in den nachrichten aber, daß FB viel dieser user fortan unter FB-amerika fallen läßt. und dort sind die bedingungen eher lässig.
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blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Brainiac »

Orbiter1 hat geschrieben:(23 May 2018, 10:53)

Dem Eurobarometer (Umfragen des EU-Parlaments) kann man auch nicht trauen.

"Zwei Drittel der EU-Bürger und 75 Prozent der Deutschen finden, ihr Land profitiere von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Das ist der höchste Wert seit 1983." Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... ger-brexit

Die Wahlergebnisse in den EU-Ländern sagen was ganz anderes.
Wir hatten das hier irgendwo schon mal diskutiert. Aus meiner Sicht sagen die Wahlergebnisse der letzten Zeit ziemlich wenig über die Haltung der Bürger zur EU aus.
  • In D war es gar kein richtiges Wahlkampfthema, weil Schulz sich nicht getraut hat, obwohl er die Chance hatte. Das BTW-Ergebnis sagt also nichts zum Thema aus.
  • In F wurde immerhin Macron gewählt, mit einem klar proeuropäischem Wahlkampf.
  • In I ist das Wahlergebnis sicher eher als EU-kritisch anzusehen.

In Summe ergibt sich für mich kein klares Meinungsbild.
History doesn't repeat itself, but it often rhymes (Twain). Unfortunately, we can't predict the rhyme.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von King Kong 2006 »

Trumps Handelskrieg geht in die nächste Runde.
Eskalation im Handelsstreit

Trump lässt Importzölle auf Autos prüfen

Mehrfach hat der US-Präsident bereits damit gedroht, auf Autos Strafzölle zu erheben - davon wären besonders deutsche Hersteller betroffen. Nun fordert Trump das Handelsministerium offiziell auf, einen solchen Schritt zu prüfen.
Es müsse geklärt werden, ob die Autoeinfuhren eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA seien, erklärte der US-Präsident in Washington

http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 09192.html
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
- Frank Herbert, Die Kinder des Wüstenplaneten
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(22 May 2018, 19:24)

Ich würd' ja gerne mal wissen, ich kenn' mich in Sachen Wirtschaftskriminalität nicht aus ... wie ist es eigentlich zu begründen, dass ein Unternehmenschef wie Zuckerberg, der - sagen wir mal nebulös - irgendwelcher Vergehen bezichtigt wird, sich vor dem EU-Parlament (und nicht vor irgendwelchen Gerichten verantwortet). Er tritt dort gerade auf im anzug wie ein Staatsmann und man gewinnt den Eindruck, Unternehmen ab einer gewissen Relevanz wie Facebook werden gar nicht mehr wie Unternehmen behandelt sondern wie (noch nicht) deklarierte Staaten und EU-Mitglieder.
Meine Vermutung: Für das, wo den Parlamentariern die Schuhe drücken, gibt es noch gar keine gesetzliche Regelung. Bevor die sich aber als Gesetzgeber an die Arbeit machen, wollen die erst einmal verstehen, wie das Geschäftsmodell läuft, und wo möglicherweise für den Staat und seine Bürger Nachteile entstehen. Das ist doch völlig vernünftig.
van Kessel

Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von van Kessel »

Wichtig ist es den Italienern klar zu machen, dass die Causa 'Griechenland' eine absolute Ausnahme darstellte und keine Blaupause für italienische Ambitionen ist, auf Deubel komm heraus Schulden zu machen.

Merkels Erbsünde, den no-bail-out Paragrafen aus den Maastricht/Lissabon-Verträgen zu ignorieren, könnte für Deutschland sonst noch sehr teuer werden. Mit der Zinspolitik des Herrn Draghi, zahlen wir eh für die Südländer mit Null- oder gar Negativ-Zinsen.

Da sind die Milliarden Euro des Atomausstiegsdesasters, noch garnicht erfasst. Oder die Ausgaben für die Aufnahme von Millionen neuer Menschen in der BRD, oder die Sanierung einer maroden Bundeswehr, oder die AUsgaben für eine verschluderte Infrastruktur, oder die Ausgaben für die Energiepolitik.

NO BAIL OUT = (aus wikipedia) Die Nichtbeistands-Klausel (auch No-Bailout-Klausel) bezeichnet eine fundamentale Klausel der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU), die in Art. 125 AEU-Vertrag festgelegt ist und die Haftung der Europäischen Union sowie aller Mitgliedstaaten für Verbindlichkeiten einzelner Mitgliedstaaten ausschließt. Als Teil des Vertrags von Maastricht wurde die Nichtbeistands-Klausel als Art. 104b in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) aufgenommen. Im Laufe verschiedener Vertragsreformen wurde die Klausel durch den Vertrag von Amsterdam zunächst in Art. 103 EG-Vertrag und schließlich durch den Vertrag von Lissabon in Art. 125 AEUV übertragen, der Wortlaut blieb jedoch weitgehend erhalten. Durch die Ergänzung des Vertrags von Lissabon um einen 3. Absatz zu Art. 136, der die Schaffung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ermöglicht, wurde die Nichtbeistands-Klausel eingeschränkt.
Die Nichtbeistands-Klausel war konzipiert worden, um EU-Staaten zur Haushaltsdisziplin zu bewegen. Sie sollten nicht darauf hoffen können, bei unsolider Haushaltsführung später durch andere Mitgliedstaaten unterstützt zu werden (siehe auch Moral Hazard).
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

van Kessel hat geschrieben:(24 May 2018, 14:29)

Wichtig ist es den Italienern klar zu machen, dass die Causa 'Griechenland' eine absolute Ausnahme darstellte und keine Blaupause für italienische Ambitionen ist, auf Deubel komm heraus Schulden zu machen.
Das wird sich die italienische Regierung von niemandem vorschreiben lassen. Im übrigen hat Griechenland 320 Mrd € Staatsschulden, bei Italien sind es 2.300 Mrd. €. Die Auswirkungen, falls da was schiefläuft, sind nicht vergleichbar. Mit Italien wird man nicht so umgehen können wie mit Griechenland.
Merkels Erbsünde, den no-bail-out Paragrafen aus den Maastricht/Lissabon-Verträgen zu ignorieren, könnte für Deutschland sonst noch sehr teuer werden. Mit der Zinspolitik des Herrn Draghi, zahlen wir eh für die Südländer mit Null- oder gar Negativ-Zinsen.
Die Themen Bailout-Klausel und Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB haben ihre Prozesse beim Bundesverfassungsgericht bereits hinter sich. In beiden Fällen beschied das BVG dass es sich nicht um unerlaubte Staatsfinanzierung handelt und nicht gegen die EU-Verträge verstösst.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

van Kessel hat geschrieben:(24 May 2018, 14:29)
Merkels Erbsünde, den no-bail-out Paragrafen aus den Maastricht/Lissabon-Verträgen zu ignorieren, könnte für Deutschland sonst noch sehr teuer werden. Mit der Zinspolitik des Herrn Draghi, zahlen wir eh für die Südländer mit Null- oder gar Negativ-Zinsen.
Deutschland hat den zwischenstaatlichen ESM-Vertrag unterschrieben und bürgt mit 190 Milliarden Euro für Rettungspakete, auch wenn Italien eines bekäme, weswegen es den ESM-Vertrag ja gibt. In ihrem Zwischenzustand funktioniert die Europäische Währungsunion nur schlecht. Entweder geht es weiter in Richtung Haftungsgemeinschaft, oder es wird ein Insovlenzrecht für Nationalstaaten innerhalb der EU geschaffen. Bei der nächsten größeren Finanzkrise kommt sicherlich Bewegung in dieses Spiel.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von van Kessel »

Der nächste Schritt wäre dann ja, die 190 Milliarden € als 'alternativlos zu niedrig' zu bezeichnen? Ich bleibe dabei, ein fataler Fehler diesen 'Rettungsschirm' überhaupt aufzuspannen. Ein nächstes Argument wäre dann weiter: 'too big to fail' in Richtung Italien.

Zu was benötigt man noch Verträge, wenn vorhandene, den Ansichten (alternativlos) von Menschen unterworfen sind? Das Schicksal dieser 'Europäischen Münzunion' ist vorgezeichnet. Ein Blick auf die europäische Tabelle von Renteneintrittsalter (tatsächliches Eintrittsalter, nicht gesetzliches) zeigt die Kandidaten, welche demnächst am Tropf hängen werden.

Ein Tipp: Irland ist es nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

van Kessel hat geschrieben:(24 May 2018, 22:28)
Der nächste Schritt wäre dann ja, die 190 Milliarden € als 'alternativlos zu niedrig' zu bezeichnen? Ich bleibe dabei, ein fataler Fehler diesen 'Rettungsschirm' überhaupt aufzuspannen. Ein nächstes Argument wäre dann weiter: 'too big to fail' in Richtung Italien.
Entweder scheitert der Euro, oder es gelingt doch noch ein besserer Mittelweg. Haftungsbegrenzung auf 190 Milliarden, bei 100 Milliarden Euro Zinsersparnis des Bundes seit 2007 hinnehmbar, und ein Insolvenzverfahren für Regionen und Nationalstaaten innerhalb des Euros mit Eigenhaftung. Der Großteil der italienischen Staatsanleihen befindet sich in den Händen von Inländern.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(25 May 2018, 06:54)

Entweder scheitert der Euro, oder es gelingt doch noch ein besserer Mittelweg. Haftungsbegrenzung auf 190 Milliarden, bei 100 Milliarden Euro Zinsersparnis des Bundes seit 2007 hinnehmbar, und ein Insolvenzverfahren für Regionen und Nationalstaaten innerhalb des Euros mit Eigenhaftung. Der Großteil der italienischen Staatsanleihen befindet sich in den Händen von Inländern.
Verstehe ich diese Vorgänge ganz falsch, oder wären nicht "Ausgleichszahlungen" an Italien zugleich die Gewähr, daß die Staatsschulden Italiens sich überhaupt verzinsen lassen? Was bedeutet, daß italienische Anleihen in der Hand von Italienern von deutschen, niederländischen, österreichischen Gebern verzinst werden?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(25 May 2018, 06:54)
Entweder scheitert der Euro, oder es gelingt doch noch ein besserer Mittelweg. Haftungsbegrenzung auf 190 Milliarden, bei 100 Milliarden Euro Zinsersparnis des Bundes seit 2007 hinnehmbar, und ein Insolvenzverfahren für Regionen und Nationalstaaten innerhalb des Euros mit Eigenhaftung. Der Großteil der italienischen Staatsanleihen befindet sich in den Händen von Inländern.
H2O hat geschrieben:(25 May 2018, 08:08)
Verstehe ich diese Vorgänge ganz falsch, oder wären nicht "Ausgleichszahlungen" an Italien zugleich die Gewähr, daß die Staatsschulden Italiens sich überhaupt verzinsen lassen? Was bedeutet, daß italienische Anleihen in der Hand von Italienern von deutschen, niederländischen, österreichischen Gebern verzinst werden?
Es gibt italienische Anleihen, die vom Staat Italien ohne Bürgschaft des ESM emittiert worden sind. Diese befinden sich zum Großteil in der Hand von italienischen Inländern. Anleihen mit Bürgschaft des ESM gab es bisher nur im Rahmen von Rettungspakten, noch nicht für Italien. Darüber hinaus hat die EZB noch viele italienische Anleihen proportional zum Länderschlüssel der EWU aufgekauft.
Bei einer Insolvenz des italienischen Staates könnten Anleihen mit Bürgschaft des ESM und Anleihen in der Händern der EZB bevorzugt behandelt werden. Der Schuldenschnitt träfe dann vor allem die italienischen inländischen Halter. Französische Banken halten auch noch viele italienische Staatsanleihen. Deren Besitzer wären dann auch negativer betroffen. Je mehr sich die Staatsverschuldung Italiens der Griechenlands annähert, um so eher kommt es zu einem Schuldenschnitt. Es kann gut sein, dass unsere Generation so etwas noch miterleben wird.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(25 May 2018, 16:01)

Es gibt italienische Anleihen, die vom Staat Italien ohne Bürgschaft des ESM emittiert worden sind. Diese befinden sich zum Großteil in der Hand von italienischen Inländern. Anleihen mit Bürgschaft des ESM gab es bisher nur im Rahmen von Rettungspakten, noch nicht für Italien. Darüber hinaus hat die EZB noch viele italienische Anleihen proportional zum Länderschlüssel der EWU aufgekauft.
Bei einer Insolvenz des italienischen Staates könnten Anleihen mit Bürgschaft des ESM und Anleihen in der Händern der EZB bevorzugt behandelt werden. Der Schuldenschnitt träfe dann vor allem die italienischen inländischen Halter. Französische Banken halten auch noch viele italienische Staatsanleihen. Deren Besitzer wären dann auch negativer betroffen. Je mehr sich die Staatsverschuldung Italiens der Griechenlands annähert, um so eher kommt es zu einem Schuldenschnitt. Es kann gut sein, dass unsere Generation so etwas noch miterleben wird.
Dann wird es aus meiner Sicht aber höchste Zeit, daß unsere Regierung Kanzlerin / Finanzminister einmal einen sehr energischen Auftritt in der Euro-Gruppe hinlegen, damit genau diese Schuldenübernahme eben nicht geschieht, und daß dieser Schuldenballon nicht immer weiter aufgeblasen wird.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(25 May 2018, 16:01)
Es gibt italienische Anleihen, die vom Staat Italien ohne Bürgschaft des ESM emittiert worden sind. Diese befinden sich zum Großteil in der Hand von italienischen Inländern. Anleihen mit Bürgschaft des ESM gab es bisher nur im Rahmen von Rettungspakten, noch nicht für Italien. Darüber hinaus hat die EZB noch viele italienische Anleihen proportional zum Länderschlüssel der EWU aufgekauft.
Bei einer Insolvenz des italienischen Staates könnten Anleihen mit Bürgschaft des ESM und Anleihen in der Händern der EZB bevorzugt behandelt werden. Der Schuldenschnitt träfe dann vor allem die italienischen inländischen Halter. Französische Banken halten auch noch viele italienische Staatsanleihen. Deren Besitzer wären dann auch negativer betroffen. Je mehr sich die Staatsverschuldung Italiens der Griechenlands annähert, um so eher kommt es zu einem Schuldenschnitt. Es kann gut sein, dass unsere Generation so etwas noch miterleben wird.
H2O hat geschrieben:(25 May 2018, 16:16)
Dann wird es aus meiner Sicht aber höchste Zeit, daß unsere Regierung Kanzlerin / Finanzminister einmal einen sehr energischen Auftritt in der Euro-Gruppe hinlegen, damit genau diese Schuldenübernahme eben nicht geschieht, und daß dieser Schuldenballon nicht immer weiter aufgeblasen wird.
Ohne ein gemeinsames Konzept mit Frankreich wird es nicht weitergehen. In den USA gibt es übrigens auch nur ein Insolvenzrecht für Städte.
siehe auch: Regionales Bruttoinlandsprodukt (KKS je Einwohner), nach NUTS-2-Regionen EU
http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/mapToo ... lbox=types
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von BingoBurner »

Orbiter1 hat geschrieben:(09 May 2018, 22:54)

Am besten bei einer verkleinerten EU.
Ja, sie haben die Flüchtlingsströme aus dem Meer gefischt und anschließend an ihre nördliche Landesgrenzen gebracht. Kümmern ist was anderes.
Alles was Griechenland heute für die Betreuung von Flüchtlingen ausgibt ist voll von der EU finanziert.
Was hat man denn daraus gelernt und was für ein Kurs?


Ganz einfach...........der Kompaß schreit nach....die EU muss alleine Ihren Weg gehen. Erwachsen werden.
Und selbst wenn Italien und GB jetzt wegbricht.

2015...Was hätte man den als Alternative tun sollen ? Da sind schlicht Menschen die verreckt sind !

SA, Israel, die USA......kochen jetzt ihr eigenes Süppchen. "Old Europe" und so.....
Sollen Sie ruhig machen........am besten aus der ganzen Kiste raushalten.
Dort wird die in 70 Jahren ebenfalls "Krieg" herrschen.

Also etwas was seit /0 Jahren erfolgreich in Europa verhindert werden konnte.

Die Zukunft hat eh schon längst begonnen. Digitale Zeitalter und so...........

Europa muss endlich aus den Pantoffeln kommen........ich bin der Erste der sich meldet ............wenn wir sowas wie eine europäschie Armee haben.

Oder wenn du es pathetisch haben willst
Ich setze auf Bio.........nicht auf Monokultur :D

[youtube][/youtube]
Dont take your organs to heaven !
Heaven knows we need them here !

Dinge, die Impfgegner sagen : https://www.facebook.com/impfgegnerzitate/

Sleep On The Floor https://www.youtube.com/watch?v=v4pi1LxuDHc
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von King Kong 2006 »

Ist das die Chance zu mehr Stimmgewalt in der Außenpolitik? Die EU stellt sich - neben China - auf einen Handelskrieg mit Trump ein.
Außenpolitik

"Die EU wird außenpolitisch zum Zwerg"

Offen für Mehrheitsentscheidungen: Im Streit um eine einheitliche EU-Politik in der Welt hat der luxemburgische Außenminister Asselborn zu Geschlossenheit gemahnt.

Angesichts zunehmender Turbulenzen in der internationalen Politik hat sich Europas dienstältester Chefdiplomat nun offenbar umentschieden. "Ich weiß, dass das schwer wird, aber wir müssen überlegen, wie wir in der Außenpolitik zu Mehrheitsentscheidungen kommen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Der Zwang zur Einstimmigkeit in außenpolitischen Fragen müsse aufgegeben werden.

Zur Begründung sagte Asselborn, es werde immer schwieriger, in zentralen Fragen eine einheitliche Linie zu wahren. "Wenn sich das weiter so entwickelt, dann werden wir außenpolitisch zum Zwerg", warnte er. Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte im Frühjahr auf der Münchner Sicherheitskonferenz gemahnt, Europa müsse "weltpolitikfähig werden". "Immer wieder stellen wir fest, dass wir zu einstimmigen Beschlüssen nicht fähig sind."

Im April hatte sich bereits Asselborns deutscher Kollege Heiko Maas mit ähnlichen Argumenten wie Asselborn für eine Aufweichung des Einstimmigkeitsprinzips eingesetzt. Allerdings müsste eine Änderung des Abstimmungsverfahrens einstimmig erfolgen.

Asselborn wandte sich auch gegen Bestrebungen Polens, die harte Haltung gegenüber den USA im Streit über das Atomabkommen mit Iran nach dem Ausstieg Washingtons aufzuweichen. Er sei sehr besorgt über die "Freunde, die eher Präsident Trump verstehen wollen", sagte er. Das Atomabkommen mit Iran sei "ein Paradebeispiel dafür, was wir erreichen können, wenn wir einig sind".

Eine Wiederaufnahme des iranischen Atomwaffenprogramms gefährde überdies die Sicherheit Europas. Asselborn kritisierte: "Diese Argumente werden von der polnischen Seite nicht gesehen."

http://www.spiegel.de/politik/ausland/e ... 10227.html
Das steckt ja auch dahinter, wenn z.B. Trump gerne bilateral mit einzelnen Staaten "Deals" machen will. Damit zerbricht er die Phalanx der EU. Macht sie unfähig. Russland und China haben sicherlich auch Interesse daran. Die Europäer werden nur ernst genommen, wenn sie substantiell auftreten. Das geht wohl nur über Mehrheitsentscheidungen.
EU stellt sich auf Eskalation im Handelsstreit mit den USA ein.
Zwischen China und den USA verhärten sich die Fronten

Auch im Handelsstreit zwischen den USA und China ist eine Einigung wieder in weite Ferne gerückt. Peking verurteilt am Mittwoch eine Ankündigung von Trump, seine Pläne für milliardenschwere Strafzölle fortzusetzen, ungeachtet der jüngsten Verhandlungen.

"Was auch immer die Vereinigten Staaten unternehmen, China hat die Fähigkeit und die Erfahrung, die Interessen der Chinesen und die Kerninteressen des Landes zu verteidigen", teilte das Pekinger Handelsministerium mit

Die USA werden Zölle oder Einfuhrquoten für EU-Waren einführen - darauf hat Handelskommissarin Cecila Malmström das EU-Parlament eingestimmt. China kündigt unterdessen Gegenwehr zu Trumps Plänen an.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 10241.html
Ich glaube, Trump braucht und liebt den Kampf. ;)
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
- Frank Herbert, Die Kinder des Wüstenplaneten
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Vor der deutschen Regierung liegen zwei schwierige Aufgaben:

1.
Die deutsche Wirtschaft so auf zu stellen, daß die USA ihren Willen der deutschen Wirtschaft nicht mit Hilfe der "US-Finanzdienstleister" aufzwingen können. Konkurrenz belebt das Geschäft... gibt es etwa chinesische oder indische Finanzdienstleister, die die Rolle von US-Dienstleistern wenigstens zum Teil übernehmen könnten? Kann die EU solche Finanzdienstleistungen entwickeln?

2.
Die EU muß endlich ihr mittelfristiges Entwicklungsziel benennen und sehr entschieden diesen Weg beschreiten. Das ist nur möglich ohne die bekannten Störenfriede, die sich geschmeichelt fühlen, wenn sie für die USA oder Rußland oder ... eine Sonderrolle spielen können. Über den BREXIT erledigt sich einer davon. Man wird sehen müssen, wie man mit Polen und Italien umgehen kann. Beide Länder ziehen ihre Bedeutung für die USA aus ihrer Mitgliedschaft in der EU als Störer. Wenn ihnen diese Möglichkeit genommen wird, dann verlieren sie diese Bedeutung.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(30 May 2018, 11:40)
Die EU muß endlich ihr mittelfristiges Entwicklungsziel benennen und sehr entschieden diesen Weg beschreiten. Das ist nur möglich ohne die bekannten Störenfriede, die sich geschmeichelt fühlen, wenn sie für die USA oder Rußland oder ... eine Sonderrolle spielen können. Über den BREXIT erledigt sich einer davon. Man wird sehen müssen, wie man mit Polen und Italien umgehen kann. Beide Länder ziehen ihre Bedeutung für die USA aus ihrer Mitgliedschaft in der EU als Störer. Wenn ihnen diese Möglichkeit genommen wird, dann verlieren sie diese Bedeutung.
Wichtig scheint mir erst einmal zu sein, dass Deutschland bis zum EU-Gipfel Ende Juni Schritte auf Frankreich in der Zielfindung zugeht. Bei den anderen EU-Mitgliedern finden sich einfach zuviele Unwägbarkeiten. Da gibt es, grob gesagt, den nordeuropäischen Block, die Visegradstaaten und die Mittelmeerländer. Es bringt auch überhaupt nichts, sich von den Launen der globalen Finanzmärkte beeindrucken zu lassen. Sollte es irgendwann einmal zu einem Schuldenschnitt in Griechenland oder Italien kommen, dann ist es halt soweit. Migrationsströme innerhalb der EU lassen sich auch nur bedingt steuern. Wir sollten einfach akzeptieren, dass wir in unsicheren Zeiten leben und das Beste daraus machen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2018, 12:10)

Wichtig scheint mir erst einmal zu sein, dass Deutschland bis zum EU-Gipfel Ende Juni Schritte auf Frankreich in der Zielfindung zugeht. Bei den anderen EU-Mitgliedern finden sich einfach zuviele Unwägbarkeiten. Da gibt es, grob gesagt, den nordeuropäischen Block, die Visegradstaaten und die Mittelmeerländer. Es bringt auch überhaupt nichts, sich von den Launen der globalen Finanzmärkte beeindrucken zu lassen. Sollte es irgendwann einmal zu einem Schuldenschnitt in Griechenland oder Italien kommen, dann ist es halt soweit. Migrationsströme innerhalb der EU lassen sich auch nur bedingt steuern. Wir sollten einfach akzeptieren, dass wir in unsicheren Zeiten leben und das Beste daraus machen.
Einverstanden! Aber möglichst ohne eine Wirtschaftskrise, die uns alle gleichermaßen durchschüttelt. Solche voraus gerichteten Entscheidungen erwarte ich ganz einfach von der Bundesregierung. An anderer Stelle schon kommentiert: Präsident Macron wartet seit einem Jahr auf Entscheidungen in Berlin zum Thema Zukunft der EU. Nix kommt, nur Geeiere!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2018, 12:10)
Wichtig scheint mir erst einmal zu sein, dass Deutschland bis zum EU-Gipfel Ende Juni Schritte auf Frankreich in der Zielfindung zugeht. Bei den anderen EU-Mitgliedern finden sich einfach zuviele Unwägbarkeiten. Da gibt es, grob gesagt, den nordeuropäischen Block, die Visegradstaaten und die Mittelmeerländer. Es bringt auch überhaupt nichts, sich von den Launen der globalen Finanzmärkte beeindrucken zu lassen. Sollte es irgendwann einmal zu einem Schuldenschnitt in Griechenland oder Italien kommen, dann ist es halt soweit. Migrationsströme innerhalb der EU lassen sich auch nur bedingt steuern. Wir sollten einfach akzeptieren, dass wir in unsicheren Zeiten leben und das Beste daraus machen.
H2O hat geschrieben:(30 May 2018, 12:44)
Einverstanden! Aber möglichst ohne eine Wirtschaftskrise, die uns alle gleichermaßen durchschüttelt. Solche voraus gerichteten Entscheidungen erwarte ich ganz einfach von der Bundesregierung. An anderer Stelle schon kommentiert: Präsident Macron wartet seit einem Jahr auf Entscheidungen in Berlin zum Thema Zukunft der EU. Nix kommt, nur Geeiere!
Eine Wirtschaftskrise sehe ich nicht am Horizont und eine Finanzkrise hängt kurzfristig wohl eher vom Nervenkostüm der Beteiligten ab. Mittelfristig verlieren sich die Finanzminister der EWU/EU-Mitgliedsländer eher in akademischen Betrachtungen über Rettungsmechanismen für Banken, anstatt wirtschafspolitische Ziele zu definieren:
http://europelibre.eu/?p=470
Laurent Couraudon 25. Mai 2018 My answer to the 154 economic professors
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(30 May 2018, 12:44)

Einverstanden! Aber möglichst ohne eine Wirtschaftskrise, die uns alle gleichermaßen durchschüttelt. Solche voraus gerichteten Entscheidungen erwarte ich ganz einfach von der Bundesregierung. An anderer Stelle schon kommentiert: Präsident Macron wartet seit einem Jahr auf Entscheidungen in Berlin zum Thema Zukunft der EU. Nix kommt, nur Geeiere!
Durch die Vorgänge der letzten Tage in Italien ist es noch einmal deutlich unwahrscheinlicher geworden dass Deutschland sich auf eine tiefere Integration einlässt. Da wurden leider alle Vorurteile bestätigt. Auf einen EU-weiten Einlagensicherungsfonds wird man sich nur einlassen wenn alle Banken ihre faulen Kredite aus den Büchern haben und die Umwandlung des ESM in einen EWF sehe ich als gefährdet an. Eine Neuausrichtung bei der alle 27 EU-Staaten mitmachen wird es ganz sicher nicht geben. Da sind die Interessenlagen einfach viel zu unterschiedlich. Vielleicht wird es noch was mit der Harmonisierung von gesetzlichen Regelungen (Insolvenzrecht, usw.) zwischen D und F, aber mehr auf keinen Fall.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(30 May 2018, 13:54)

Durch die Vorgänge der letzten Tage in Italien ist es noch einmal deutlich unwahrscheinlicher geworden dass Deutschland sich auf eine tiefere Integration einlässt. Da wurden leider alle Vorurteile bestätigt. Auf einen EU-weiten Einlagensicherungsfonds wird man sich nur einlassen wenn alle Banken ihre faulen Kredite aus den Büchern haben und die Umwandlung des ESM in einen EWF sehe ich als gefährdet an. Eine Neuausrichtung bei der alle 27 EU-Staaten mitmachen wird es ganz sicher nicht geben. Da sind die Interessenlagen einfach viel zu unterschiedlich. Vielleicht wird es noch was mit der Harmonisierung von gesetzlichen Regelungen (Insolvenzrecht, usw.) zwischen D und F, aber mehr auf keinen Fall.
Mit dieser pessimistischen Vorausschau werden wir wohl kaum enttäuscht werden. :) Ich hoffe auf mehr europäischen Selbsterhaltungstrieb angesichts der internationalen Beherrschungsversuche.
Allerdings war ich auch schon bei einem besonders engen Bündnis D & F als das, was von Kerneuropa übrig bleibt. Die EU der 27 hat so keine Zukunft, da stimme ich Ihnen immer wieder zu.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(30 May 2018, 13:47)

Eine Wirtschaftskrise sehe ich nicht am Horizont und eine Finanzkrise hängt kurzfristig wohl eher vom Nervenkostüm der Beteiligten ab. Mittelfristig verlieren sich die Finanzminister der EWU/EU-Mitgliedsländer eher in akademischen Betrachtungen über Rettungsmechanismen für Banken, anstatt wirtschafspolitische Ziele zu definieren:
http://europelibre.eu/?p=470
Laurent Couraudon 25. Mai 2018 My answer to the 154 economic professors
Unsere Herausforderungen sind so groß, daß wir Europäer es uns ganz einfach nicht leisten können, uns auf Wirtschaftsfragen zu beschränken. Die sind sehr wichtig, aber wichtiger ist das gegenseitige füreinander Einstehen bei Einwirkungen von außerhalb der EU. Wenn uns Russen, Chinesen, Amerikaner und Inder wechselnd bedrängen und liebkosen können, dann hat Europa erst einmal gar nichts mehr zu melden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

H2O hat geschrieben:(30 May 2018, 14:45)

Mit dieser pessimistischen Vorausschau werden wir wohl kaum enttäuscht werden. :) Ich hoffe auf mehr europäischen Selbsterhaltungstrieb angesichts der internationalen Beherrschungsversuche.
Allerdings war ich auch schon bei einem besonders engen Bündnis D & F als das, was von Kerneuropa übrig bleibt. Die EU der 27 hat so keine Zukunft, da stimme ich Ihnen immer wieder zu.
Hi, bin neu in diesem Forum, und sehe es eher wie Orbiter. In meinen Augen sollte man mal zwei, drei Schritte zurück gehen und sich fragen, was das "europäische Projekt" überhaupt ist. Ist die "europäische Idee" Rechtsstaat, Demokratie und der Friede sowie die freundschaftliche Kooperation zwischen den europäischen Völkern? Damit sind Konstrukte und Institutionen wie EU und Euro nichts anderes als Werkzeuge, die helfen sollten, diese Idee zu realisieren.

Oder sind die Konstrukte/Institutionen EU, Euro, United States of Europe selbst die "europäische Idee" und somit ihrer selbst Willen das Ziel?

Ich tendiere da sehr stark zur ersten Interpretation. Somit sind für mich weder der Euro, noch die EU "alternativlos" wie gerne behauptet wird. Im Gegenteil, es ist evident, dass v.a. durch die gemeinsame Währung unterschiedliche Systeme zusammenpresst wurden, was zu erhebliche Fliehkräfte führte und bereits für etliche Zwietracht zwischen den Völkern sorgte. Daher muss die Frage erlaubt sein, ob der Euro überhaupt das richtige Werkzeug ist, um die "europäische Idee" voranzubringen. Selbiges gilt in meinen Augen für die "ever closer union" mit dem lange nicht offiziell ausgesprochenen Ziel der United States of Europe.

In Medien und Politik kommt es mir immer öfter vor, als hätte man die Institutionen und Konstrukte zum eigentlichen "europäischen Projekt" erklärt und als Ziel nicht den Frieden zwischen europäischen Völkern sondern ein neues "europäisches Volk" zu schaffen. Ich für meinen Teil sehe nicht, weshalb die Nationalstaaten "überwunden" werden müssten. Die Zukunft gehört in meinen Augen immer noch ihnen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

LiberalKonservativ hat geschrieben:(30 May 2018, 16:21)

Hi, bin neu in diesem Forum, und sehe es eher wie Orbiter. In meinen Augen sollte man mal zwei, drei Schritte zurück gehen und sich fragen, was das "europäische Projekt" überhaupt ist. Ist die "europäische Idee" Rechtsstaat, Demokratie und der Friede sowie die freundschaftliche Kooperation zwischen den europäischen Völkern? Damit sind Konstrukte und Institutionen wie EU und Euro nichts anderes als Werkzeuge, die helfen sollten, diese Idee zu realisieren.

Oder sind die Konstrukte/Institutionen EU, Euro, United States of Europe selbst die "europäische Idee" und somit ihrer selbst Willen das Ziel?

Ich tendiere da sehr stark zur ersten Interpretation. Somit sind für mich weder der Euro, noch die EU "alternativlos" wie gerne behauptet wird. Im Gegenteil, es ist evident, dass v.a. durch die gemeinsame Währung unterschiedliche Systeme zusammenpresst wurden, was zu erhebliche Fliehkräfte führte und bereits für etliche Zwietracht zwischen den Völkern sorgte. Daher muss die Frage erlaubt sein, ob der Euro überhaupt das richtige Werkzeug ist, um die "europäische Idee" voranzubringen. Selbiges gilt in meinen Augen für die "ever closer union" mit dem lange nicht offiziell ausgesprochenen Ziel der United States of Europe.

In Medien und Politik kommt es mir immer öfter vor, als hätte man die Institutionen und Konstrukte zum eigentlichen "europäischen Projekt" erklärt und als Ziel nicht den Frieden zwischen europäischen Völkern sondern ein neues "europäisches Volk" zu schaffen. Ich für meinen Teil sehe nicht, weshalb die Nationalstaaten "überwunden" werden müssten. Die Zukunft gehört in meinen Augen immer noch ihnen.

Das 19. und 20. Jahrhundert haben gelehrt, daß Nationen keine Freundschaften pflegen, sondern Interessen haben, zu deren Durchsetzung sie sich wechselnd verbünden und unterwerfen. Wie soll denn ein Portugiese mit einem Finnen Freundschaft pflegen. Im persönlichen Einzelfall geht so etwas, aber doch nicht mit ganzen Nationen.

Schon innerhalb der EU versuchen etliche Partner, "ohne Rücksicht auf Verwandte" ihre Interessen durch zu setzen, indem sie geschlossene Verträge mutwillig und gegen Bitten und Ermahnungen aus der Gemeinschaft heraus brechen. Dazu verbünden sie sich nach bewährtem Muster. Diese Vorgehensweise war so in der Gründungsakte und der stetigen Entwicklung der westeuropäischen EG, EWG, EU überhaupt nicht denkbar. Nun stehen wir vor dem Scherbenhaufen, daß als Vorleistung auf die sich stetig vertiefende Zusammenarbeit gewährte solidarische Vorteile und Vergünstigungen gern einkassiert werden, die offenen Grenzen natürlich auch, das freie Niederlassungsrecht und die Freiheit, überall Dienstleistungen zu erbringen desgleichen... alles Dinge, die zu einem gemeinsamen Staat gehören. Mir ist klar, daß Vertragsverletzungen eine ganz schlimme Sache sind: Auf diese Partner ist kein Verlaß.

Dann bin ich durchaus der Meinung, daß sämtliche Vorteile der Mitgliedschaft in der EU aufgekündigt werden, um sie neu unter gleichgesinnten Partnern zu verhandeln. Ich erkenne die Notwendigkeit nicht, mit Partnern zusammen zu arbeiten, die die Rosinen aus dem fertigen Kuchen picken, aber ansonsten nichts beitragen dazu, daß es den Kuchen überhaupt gibt, und sie zu Lasten der Gemeinschaft eigene Interessen verfolgen.

Das europäische Projekt ist und bleibt eine staatenähnliche Gemeinschaft von Nationen, die wesentliche Teile ihrer Hoheitsrechte auf die Gemeinschaft übertragen haben. Dieser Prozeß soll auch völlig freiwillig ablaufen; dabei geht es langsam voran, weil in vielen oder gar allen Fragen Einigkeit hergestellt werden muß, ob nun großer Partnerstaat oder Kleinstaat. Aber niemand hat das Recht, sowohl Partner als auch Verhinderer dieses Prozesses zu sein.

Gut möglich, daß die Greuel des letzten Weltkriegs in Europa in Vergessenheit geraten sind. Diese schreckliche Erfahrung war aber der Ausgangspunkt, jetzt endlich Ernst zu machen mit dem europäischen Projekt. Erste Ansätze gab es schon nach dem 1. Weltkrieg, aber da waren Wut und Haß noch so tief verwurzelt, daß der nationale Weg den grausigen Sieg errang. Und nun fangen wir in Europa wieder so an? Von allen guten Geistern verlassen?

Die Grundlage eines friedlichen und gedeihlichen Zusammenlebens ist eine gemeinsam verabschiedete Rechtsordnung, an die sich alle Beteiligten ausnahmslos zu halten haben. Wer diese gemeinsame Ordnung nicht anerkennt und einhält, der spaltet die Gemeinschaft. Nur mit einer solchen Rechtsordnung können Portugiesen und Finnen, Zyprer und Iren verläßlich und auf Dauer zusammen arbeiten. Das 19. und 20. Jahrhundert müssen wir hier nicht wieder aufleben lassen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Adam Smith »

H2O hat geschrieben:(30 May 2018, 17:21)

Das 19. und 20. Jahrhundert haben gelehrt, daß Nationen keine Freundschaften pflegen, sondern Interessen haben, zu deren Durchsetzung sie sich wechselnd verbünden und unterwerfen. Wie soll denn ein Portugiese mit einem Finnen Freundschaft pflegen. Im persönlichen Einzelfall geht so etwas, aber doch nicht mit ganzen Nationen.
Großbritannien war hier mit den USA usw. befreundet. Nur gab es bis zum Jahr 1945 kaum Freundschaften innerhalb Europas. Es gab fast nur Bündnispartner. Hauptsächlich ging es hier um die Rivalität zwischen Deutschland und Frankreich.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

H2O hat geschrieben:(30 May 2018, 17:21)
Das 19. und 20. Jahrhundert haben gelehrt, daß Nationen keine Freundschaften pflegen, sondern Interessen haben, zu deren Durchsetzung sie sich wechselnd verbünden und unterwerfen. Wie soll denn ein Portugiese mit einem Finnen Freundschaft pflegen. Im persönlichen Einzelfall geht so etwas, aber doch nicht mit ganzen Nationen.
Sehe den Punkt um ehrlich zu sein nicht. Wenn es jetzt drauf rauslaufen soll, dass Kriege trotz persönlicher Freundschaft geführt werden, dann halte ich entgegen: Kriege werden von der Politischen Führung und nicht vom Volk angezettelt. Direkte Demokratie würde das z.B. lösen: Auslandseinsätze der BW nicht durch Parlament sondern durch Volksabstimmungen legitimieren und ihr werdet sehen, wie wenig Einsätze es dann überhaupt gibt.
H2O hat geschrieben: Mir ist klar, daß Vertragsverletzungen eine ganz schlimme Sache sind: Auf diese Partner ist kein Verlaß.
Die derzeitige EU ist ja gerade die institutionalisierte Vertragsverletzung (Maastricht, Dublin, No Bail Out...)
H2O hat geschrieben: Das europäische Projekt ist und bleibt eine staatenähnliche Gemeinschaft von Nationen, die wesentliche Teile ihrer Hoheitsrechte auf die Gemeinschaft übertragen haben. Dieser Prozeß soll auch völlig freiwillig ablaufen;
Also ist für Sie nicht der Friede sondern die "staatenähnliche Gemeinschaft von Natoinen" das Ziel. Und genau hier widerspreche (siehe Ausgangspost) ich. Damit erklärt man Konstrukte und Institutioneen zum Selbstzweck. Weiterhin welche demokratische Legitimation hat denn dieser pan europäische Superstaat (egal ob jetzt United States of Europe genannt oder European Republic (Ulrike Guérot))? Alle Volksabstimmungen stellten sich bisher gegen dieses Konzept. Ist es nicht ein antidemokratisches Vorgehen und eher im Stile einer Aristokatrie, so vorzugehen, wie es Juncker einst beschrieb („Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“)
H2O hat geschrieben: Gut möglich, daß die Greuel des letzten Weltkriegs in Europa in Vergessenheit geraten sind. Diese schreckliche Erfahrung war aber der Ausgangspunkt, jetzt endlich Ernst zu machen mit dem europäischen Projekt. Erste Ansätze gab es schon nach dem 1. Weltkrieg, aber da waren Wut und Haß noch so tief verwurzelt, daß der nationale Weg den grausigen Sieg errang. Und nun fangen wir in Europa wieder so an? Von allen guten Geistern verlassen?
Noch mal die konkrete Frage: Was ist das "europäische Projekt"? Ihren Ausführungen entnehme ich bisher, dass für Sie das "europäische Projekt" ein integrierter pan europäischer Staat ist. Ich persönlich denke, dass dieser Superstaat (sofern es nicht in allen Ländern Volksabstimmungen dazu gibt) genau das Gegenteil von Frieden bringen wird. Sollte dieser so kommen vermute ich eher ein Katalonien 2.0, Tschechoslowakei 2.0 oder sogar Jugoslawien/UdSSR 2.0.
H2O hat geschrieben: Die Grundlage eines friedlichen und gedeihlichen Zusammenlebens ist eine gemeinsam verabschiedete Rechtsordnung, an die sich alle Beteiligten ausnahmslos zu halten haben. Wer diese gemeinsame Ordnung nicht anerkennt und einhält, der spaltet die Gemeinschaft.
Können Sie das näher ausführen? Weshalb sollte eine "gemeinsam verabschiedete Rechtsordnung" die Grundlage von Frieden sein? Umkehrschluss wäre ja, dass eine nicht einheitliche Rechtsordnung Unfrieden bedeutete. Weder haben wir mit den USA noch Australien eine gemeinsame Rechtsordnung ich sehe aber trotzdem keine Konflikte, die daraus entstehen würden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Adam Smith »

LiberalKonservativ hat geschrieben:(30 May 2018, 19:19)

Noch mal die konkrete Frage: Was ist das "europäische Projekt"?
Die Zukunft der Menschheit bezogen auf die Erde.
Ihren Ausführungen entnehme ich bisher, dass für Sie das "europäische Projekt" ein integrierter pan europäischer Staat ist. Ich persönlich denke, dass dieser Superstaat (sofern es nicht in allen Ländern Volksabstimmungen dazu gibt) genau das Gegenteil von Frieden bringen wird. Sollte dieser so kommen vermute ich eher ein Katalonien 2.0, Tschechoslowakei 2.0 oder sogar Jugoslawien/UdSSR 2.0.
Spanien funktioniert doch gerade wegen der EU im Moment so gut. Und die Staaten des ehemaligen Jugoslawien finden wegen der EU wieder zusammen. Des Weiteren gibt es in Indien viele Sprachen. Pakistan hat sich wegen der Religion abgetrennt.

Was sind denn bei dir Voraussetzungen für einen Staat?

Kann es bei dir Staatenbünde geben?
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
LiberalKonservativ
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Adam Smith hat geschrieben:(30 May 2018, 19:28)

Die Zukunft der Menschheit bezogen auf die Erde.
Das ist schon ein bisschen arg geschwurbelt. Politiker?
Adam Smith hat geschrieben: Spanien funktioniert doch gerade wegen der EU im Moment so gut. Und die Staaten des ehemaligen Jugoslawien finden wegen der EU wieder zusammen. Des Weiteren gibt es in Indien viele Sprachen. Pakistan hat sich wegen der Religion abgetrennt.

Was sind denn bei dir Voraussetzungen für einen Staat?

Kann es bei dir Staatenbünde geben?
Spanien funktioniert gut? Hab ich was verpasst die letzte Zeit? @Jugo: Nix findet da wegen der EU zusammen? (https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... u-beitritt) Wenn die zusammenfinden, dann nicht wegen der EU sondern wegen den Transferzahlungen, die sie durch die EU (=mainly Deutschland) bekommen.
Und das ist ja gerade die Lebenslüge der EU, man tut immer so als gäbe es ein "großes, gemeinsames, europäisches Wertegerüst", aber in Wahrheit ist es nur der schönde Mamon. Entweder für uns Absatzmärkte und für die anderen Länder eben Zahlungen, damit sie ihre Märkte für uns öffnen. Auch wenn diese Erkentniss aus humanistischer Perspektive den ein oder anderen schmerzen mag, sollte man davor nicht die Augen verschließen.

Mein Hauptargument ist gar nicht, ob sich die EU zu einem Staatenbund, einem Bundesstaat oder einem Zentralstaat entwicklen soll. Mein Hauptpunkt ist, dass über solche Entwicklungen jede Bevölkerung direktdemokratisch abzustimmen hat. Gibt es dann Mehrheiten, dann könnt ihr "integrieren" so viel ihr wollt, meintewegen bis zu einem kompletten Zentralstaat a'la Frankreich. Wir sehen doch bereits jetzt das Ergebnis der "über die Köpfe" Integration: Ein gegenseitiges Hochschaukeln von United States of Europe Nationalisten auf der einen Seite und Kleinstaaten Nationalisten auf der anderen Seite. Je weiter die "Integration" vorangetrieben wird, desto mehr Zulauf werden die Kleinstaaten Nationalisten bekommen. Das ist doch komplett absehbar.

Für mich ist nicht die "ever closer union mit einem Volk" das Ziel, sondern Friede und freundschaftliche Kooperation zwischen den Völkern. Bsp. Euro: Der eint nicht, sondern hat sich zum Spaltpilz entwickelt. "Scheitert der Euro, scheitert Europa" ist für mich einfach eine unglaubliche Dummheit. Der Euro ist ein wirtschaftliches Konstrukt, das als Werkzeug gedacht war, um Europa zu einen. Jetzt spaltet er Europa eher und dennoch erklärt das Werkzeug als sakrosankt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Adam Smith »

LiberalKonservativ hat geschrieben:(30 May 2018, 19:47)

Das ist schon ein bisschen arg geschwurbelt. Politiker?



Spanien funktioniert gut? Hab ich was verpasst die letzte Zeit? @Jugo: Nix findet da wegen der EU zusammen? (https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... u-beitritt) Wenn die zusammenfinden, dann nicht wegen der EU sondern wegen den Transferzahlungen, die sie durch die EU (=mainly Deutschland) bekommen.
Und das ist ja gerade die Lebenslüge der EU, man tut immer so als gäbe es ein "großes, gemeinsames, europäisches Wertegerüst", aber in Wahrheit ist es nur der schönde Mamon. Entweder für uns Absatzmärkte und für die anderen Länder eben Zahlungen, damit sie ihre Märkte für uns öffnen. Auch wenn diese Erkentniss aus humanistischer Perspektive den ein oder anderen schmerzen mag, sollte man davor nicht die Augen verschließen.
Laut Kapitalismus gibt es halt auch nur Bürger und Unternehmen. Der Staat soll ja auch nur abstrakt aber leider auch konkret für Sicherheit sorgen.
Mein Hauptargument ist gar nicht, ob sich die EU zu einem Staatenbund, einem Bundesstaat oder einem Zentralstaat entwicklen soll. Mein Hauptpunkt ist, dass über solche Entwicklungen jede Bevölkerung direktdemokratisch abzustimmen hat. Gibt es dann Mehrheiten, dann könnt ihr "integrieren" so viel ihr wollt, meintewegen bis zu einem kompletten Zentralstaat a'la Frankreich. Wir sehen doch bereits jetzt das Ergebnis der "über die Köpfe" Integration: Ein gegenseitiges Hochschaukeln von United States of Europe Nationalisten auf der einen Seite und Kleinstaaten Nationalisten auf der anderen Seite. Je weiter die "Integration" vorangetrieben wird, desto mehr Zulauf werden die Kleinstaaten Nationalisten bekommen. Das ist doch komplett absehbar.
Die Deutschen durften jetzt nicht abstimmen. Schlimm ist das jetzt aber nicht.
Für mich ist nicht die "ever closer union mit einem Volk" das Ziel, sondern Friede und freundschaftliche Kooperation zwischen den Völkern. Bsp. Euro: Der eint nicht, sondern hat sich zum Spaltpilz entwickelt. "Scheitert der Euro, scheitert Europa" ist für mich einfach eine unglaubliche Dummheit. Der Euro ist ein wirtschaftliches Konstrukt, das als Werkzeug gedacht war, um Europa zu einen. Jetzt spaltet er Europa eher und dennoch erklärt das Werkzeug als sakrosankt
Die Staatsverschuldung war und ist hier in der Tat zu hoch. Der Euro ist daran aber nicht schuld.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Adam Smith hat geschrieben:(30 May 2018, 19:55)

Laut Kapitalismus gibt es halt auch nur Bürger und Unternehmen. Der Staat soll ja auch nur abstrakt aber leider auch konkret für Sicherheit sorgen.
Wie können Sie als Libertärer die EU verteidigen? Das leuchtet mir nicht ein.
Die Deutschen durften jetzt nicht abstimmen. Schlimm ist das jetzt aber nicht.
Sehr demokratisch. Aber es wird schlimmer: Es durfte bisher sehr wenige Völker direkt abstimmen und die, die abstimmen durften, erteilten dem Projekt alle eine Absage.
Die Staatsverschuldung war und ist hier in der Tat zu hoch. Der Euro ist daran aber nicht schuld.
Ne, nicht nur die Staatsverschuldung. Das Hauptproblem sind v.a. die unterschiedlichen Produktivitätslevel der unterschiedlichen Wirtschaftsräume und die werden durch die Zwangsjacke Euro zusammengepresst, obwohl sie nicht zusammen gehören. Wundert mich, dass man dies einem großen Poltiik/Wirtschaftsphilosophen erklären muss...
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Adam Smith »

LiberalKonservativ hat geschrieben:(30 May 2018, 20:03)

Wie können Sie als Libertärer die EU verteidigen? Das leuchtet mir nicht ein.
Mehr EU = weniger BRD. Die Investitionen der BRD sollen ja auch zurückgehen. Vermutlich wegen Macron.
Ne, nicht nur die Staatsverschuldung. Das Hauptproblem sind v.a. die unterschiedlichen Produktivitätslevel der unterschiedlichen Wirtschaftsräume und die werden durch die Zwangsjacke Euro zusammengepresst, obwohl sie nicht zusammen gehören. Wundert mich, dass man dies einem großen Poltiik/Wirtschaftsphilosophen erklären muss...
China hat dieses Problem sehr schnell in den Griff bekommen.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Adam Smith hat geschrieben:(30 May 2018, 20:05)

Mehr EU = weniger BRD. Die Investitionen der BRD sollen ja auch zurückgehen. Vermutlich wegen Macron.



China hat dieses Problem sehr schnell in den Griff bekommen.
Ich denke mit der gleichung mehr EU -> Weniger Staat werden Sie böse auf die Nase fallen. Für mich entwickelt sich die ganze Geschichte immer mehr in Richtung eines autoritären, aus oben genannten Gründen auch antidemokratischen, United States of Europe Nationalismus, der sozialistische Züge trägt. Daher auch ganz nett, dass Sie gleich China anführen. Auf ähnliche Entwicklugen kann ich getrost verzichten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Adam Smith »

LiberalKonservativ hat geschrieben:(30 May 2018, 20:10)

Ich denke mit der gleichung mehr EU -> Weniger Staat werden Sie böse auf die Nase fallen.
Das ist ja das Prinzip der EU. Weniger Nationalstaat.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Adam Smith hat geschrieben:(30 May 2018, 20:33)

Das ist ja das Prinzip der EU. Weniger Nationalstaat.
Nö, das Prinzip ist das Ersetzen der Kleinen Nationalstaaten durch einen mächtigen Super Nationalstaat. Und gerade deswegen ist es ja so lächerlich, wenn z.B. ein Juncker oder Verhofstadt immer so auf "Nationalismus" schimpfen. Ihre Vision ist nämlich selbst purer Nationalismus nur eine Ebene höher.
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