Brainiac hat geschrieben:(19 Sep 2018, 19:18)
Ich hatte die zeiteinheitsbezogenen Zahlen genannt, im Jahresmittel knapp 10% des ungarischen Staatshaushalts, inclusive dessen Steuereinnahmen aus Györ und anderorts. Und das nicht nur für Radwege.
Warum du das fortwährend als vergleichsweise unbedeutend darzustellen versuchst, erschließt sich mir nicht. Dass du Ungarn besser kennst als die meisten hier, spricht dir sicher niemand ab, und "Ungarn hängt am EU-Tropf" ist in dieser Simplifizierung sicherlich falsch. Belassen wir es dabei.
Die ganz persönliche Motivation hängt mit meinem persönlichen Widerwillen gegen diese verbreitete Parasiten-Metaphorik zusammen. Ganz egal ob nun gegen Osteuropäer oder sonst jemanden.
Objektiv lohnt es sich, einen Artikel wie diesen in der ZEIT zu lesen:
https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... bschottung. Der die wirtschaftspolitische Situation Anfang 2017 ziemlich realistisch beschreibt:
Schon jetzt sind es vor allem die hohen Investitionen aus dem Ausland, denen die ungarische Wirtschaft es maßgeblich verdankt, dass sie wächst – und zwar gehörig. Fast jeder zweite Euro, der ins Land fließt, stammt von ausländischen Firmen. Bei den Industrieinvestitionen sind es sogar 75 Prozent. Und rund ein Drittel der Investitionen im verarbeitenden Gewerbe stammt aus Deutschland. Der Autobauer Audi ist mittlerweile zweitgrößtes Unternehmen im Land, hinter der ungarischen Erdölgesellschaft. Audi Ungarn schreibt sechs Milliarden Euro Umsatz (rund ein Zehntel des Audi-Gesamtertrags) und hat 6.000 Mitarbeiter. Eon und die Handelskette Metro rangieren ebenfalls unter den Top Ten in Ungarn.
Im zweiten Teil dieses Artikels wird auch auf das eigentliche und
wirklich ernste Problem eingegangen: Die demographische Entwicklung.
In einem weiteren ZEIT-Artikel wird auf den politischen Aspekt der ganzen Entwicklung näher eingegangen. Den find' ich jetzt gerade nicht. Beschrieben wird darin, in welchem Maße ausländische, vor allem auch deutsche Industrieverbände und Unternehmensvertretungen in Ungarn den eigentlichen Rückhalt der Regierung bilden.
Die allerjüngste Entwicklung ist zum einen von einem nochmaligen starken BIP-Zuwachs geprägt. Und dann natürlich von neuen außenpolitischen Allianzen. Neben V4 eben Italien und Österreich. Nicht zu vergessen übrigens: Israel. UNd das obowhl Ungarn das Land Europas mit den vielleicht ernstesten Antisemitismus-Problemen ist. Netanjahu steht zu Orbán.
Das alles ist zu berücksichtigen, wenn man nun - völlig berechtigterweise - versucht, die Regierung Orbáns wegen Verletzung demokratischer Prinzipien versucht, in die Zange zu nehmen. Da ist Realismus gefordert.
Und Realismus würde eigentlich bedeuten, sich an diese in Ungarn investierenden Unternehmen zu wenden: Audi, Bosch, SIemens, Mercedes und co.
Die hätten es tatsächlich in der Hand, irgendetwas zu erzwingen. KOllidiert aber mit unserer Vorstellung von einer freien Wirtschaft. UNd so kommen wir dann langsam auf ein adäquates Abbild der tatsächlichen Realität.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)