Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovakei)

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Brainiac
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von Brainiac »

Orbiter1 hat geschrieben:(17 Oct 2018, 19:46)

Müsste die Strafzahlung in Höhe von 880 Mio € nicht von Audi Hungaria bezahlt werden? Dort werden doch die Audi-Motoren entwickelt und gebaut, oder nicht?
Na ja, das Bussgeld erfolgte ja aufgrund eines Verstosses gegen deutsches Recht, also scheint mir logisch, dass der deutsche Unternehmensteil herangezogen wird.
Die Staatsanwälte hatten Audi daher Aufsichtspflichtverletzungen in der „Organisationseinheit Abgas Service / Zulassung Aggregate“ vorgeworfen.
https://app.handelsblatt.com/unternehme ... 92022.html

Vielleicht findet intern eine Weiterbelastung nach Ungarn statt, aber das wird die Öffentlichkeit wohl nicht erfahren und typisch wäre ja eigentlich eher, aufgrund der höheren Steuern, die Sonderbelastung in D auszuweisen.
History doesn't repeat itself, but it often rhymes (Twain). Unfortunately, we can't predict the rhyme.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

Eine Umfrage des "Eurobarometer" zeigte, daß 87% der befragten Polen die Mitgliedschaft Polens in der EU für vorteilhaft halten. Die wesentlichen Punkte dabei sind
  • wirtschaftliches Wachstum 46%
    Lebensqualität 36%
    berufliches Fortkommen 42%
    Gefühl der allgemeinen Sicherheit
Die Eurobarometer-Umfrage wurde in 23 EU-Partnerstaaten durchgeführt; sie ergab im Durchschnitt 68% Zustimmung zur Mitgliedschaft des betrachteten Landes in der EU. Von Interesse wären die Partnerstaaten gewesen, die weniger begeistert von ihrer EU-Mitgliedschaft sind. Aber da schwieg sich Rzeczpospolita aus!

Wenn man das Auftreten der polnischen Regierungspolitiker betrachtet, dann zeigt sich hier ein sehr großer Unterschied zum vorherrschenden Gemeinschaftsgefühl.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(18 Oct 2018, 14:29)

Die Eurobarometer-Umfrage wurde in 23 EU-Partnerstaaten durchgeführt; sie ergab im Durchschnitt 68% Zustimmung zur Mitgliedschaft des betrachteten Landes in der EU. Von Interesse wären die Partnerstaaten gewesen, die weniger begeistert von ihrer EU-Mitgliedschaft sind. Aber da schwieg sich Rzeczpospolita aus!
Hier auf einen Blick die Zustimmung in Prozent auf die Feststellung "Die EU ist eine gute Sache für unser Land". Der Durchschnitt lag bei 62%. https://www.bilder-hochladen.net/i/m0rw-3u-5753.jpg Da liegen Luxemburg, Irland und Deutschland ganz vorne und Tschechien, Italien und Kroatien ganz hinten.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(18 Oct 2018, 16:22)

Hier auf einen Blick die Zustimmung in Prozent auf die Feststellung "Die EU ist eine gute Sache für unser Land". Der Durchschnitt lag bei 62%. https://www.bilder-hochladen.net/i/m0rw-3u-5753.jpg Da liegen Luxemburg, Irland und Deutschland ganz vorne und Tschechien, Italien und Kroatien ganz hinten.
Ein sehr anschauliches Bild; vielen Dank! "Meine Daten" stammen aus September 2018, die Daten im Bild aus dem Frühjahr 2018. In Polen ist die Zustimmung etwas angewachsen auf 87% und in der EU insgesamt auf 68%. Vermutlich beeindruckt den Polen Normalverbraucher die Härte, mit der die EU für die Rechtsstaatlichkeit Polens eintritt.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

Brainiac hat geschrieben:(17 Oct 2018, 18:41)

Abgesehen davon, dass dir da bei den Strafzahlungen wohl ein paar Nullen zuviel hineingerutscht sind und 800 Mio natürlich auch für Audi nicht gerade "Portokasse" sind: Nein, kann ich nicht. Schließlich ist Audi Hungaria nur ein Teil des Audi-Konzerns. Die Wiki-Seite gibt auch kaum Aufschluss über die finanziellen Eckdaten von Audi Hungaria.

Es ist gar nicht so einfach, im Netz dazu etwas zu finden, aber schließlich bin ich hier fündig geworden. Du kennst dich ja in Osteuropa gut aus, vielleicht finden sich für dich da noch ein paar andere interessante Informationen.

https://www2.deloitte.com/ce/en/pages/a ... op500.html

Im rechts auf der Seite verlinkten PDF und darin auf Seite 50 findet sich eine Tabelle, die Audi Hungaria als Nr. 6 listet.
Danach betrug der Revenue für Audi Hungaria in 2015 gut 8,3 Mrd Euro, und das Net Income belief sich auf gut 440 Mio Euro.
Deine 5,7 Mrd Investitionssumme, geteilt durch die 16 Jahre, ergeben durchschnittliche Investitionen von gut 350 Mio Euro p.a. Das derzeit aktuell von Audi Hungaria genannte Investitionsvolumen für 2017 ist nicht geringer, im Gegenteil: gut 440 Mio Euro. https://audi.hu/de/news/news/details/53 ... jahr_2017/

Die Gewinne werden also in annähernd gleicher Größenordnung reinvestiert.
Und nun?
Dazu muss ich einfach nur zugeben, dass ich da an die Grenze meiner eher laienhaften volkswirtschaftlichen Kenntnisse gelange. Auch ich bin da eher auf indirekte Symptomanalyse oder auf renommierte Pubikationen (wie oben Le Monde) angewiesen. Es ist auch durchaus möglich, dass die aktuellen Strafzahlungen für Audi durchaus eine für das Unternehmen relevante Größenordnung haben. Mit ist noch nicht einmal ganz klar, wie die Produktionszahlen (und Besteuerungen) von Produkten, die aus internationalen Standorten in Endprodukten zusammengeführt werden, auf einzelne Staaten umgerechnet werden.

In jedem Falle bleibt faktisch diese Diskrepanz aus der Diskussion in diesem Thread bei mir zurück: Es gibt nicht wenige Diskutanten, die zum einen glauben, dass in Osteuropa sich "nur Oligarchen überhaupt ein Auto leisten können" und zum anderen nicht im entferntesten ahnen, dass die Produktion uznd Entwicklung gerade auch von Spitzenmodellen eben dort - nur eben unter anderem Namen - stattfindet. Und dass kein einziger der vielen Osteuropäer, die ich kenne, nachvollziehen kann, dass ich mit einem mehrfachen Einkommen wie sie mit so einer Billigmöhre herumfahre und nicht wie sie wenigstens mit einem Mittelklassemodell oder besser noch mit einem "Schulwegpanzer". Die Probleme dort sind dieselben wie hier: Zunehmend steht dieser sozialen MIttelklasse ein größer werdendes Prekariat gegenüber, die ganz andere Probleme hat.

Zum anderen glaube ich, dass die wenigsten die Brisanz einiger der Vorgänge in Osteuropa tatsächlich erfassen. Irgendwo in diesem Strang weiter oben war davon die Rede, dass in Städten wie Prag oder Warschau einfach nur dieselben normierten Konsumidioten herumlaufen wie anderswo schon lange. Nix da. Gerade vor ein paar Tagen gabs eine große Demonstration im nordwestungarischen Sopron zur Annulierung der "Schande von Trianon". Mit lauter Leuten in Trachten und mit folkloristischen Aktionen. Separationen, Arrondierungen, Rachefeldzüge. Geographische Regionen und ethnisch-kulturelle Dominanzen müssen in Übereinstimmung gebracht werden. Ein "Völkerfrühling?" Eher ein neues 1914 und es kann schlimm enden!
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(17 Oct 2018, 08:28)

An einem (hoffentlich!) gelungenen Film machen Sie die Sehnsucht des Volkes nach einer demokratischen, freiheitlichen, humanen Gesellschaft fest? Bei aller Liebe: So etwas drückt sich in politischem Handeln aus.

Im Westen sehe ich die konservativen Gesellschaften auf einem allmählichen Rückzug... durch Wertewandel in bestehenden Parteien und das Aufkommen neuer Parteien. Klar, ein Sammelbecken für die verknöcherten Ewiggestrigen ist auch nicht zu übersehen. Noch eine Legislatur, dann hat sich die alte Bundesrepublik mit ihren eingeschliffenen Trampelpfaden erneuert.
:) Ihren Optimismus möchte ich auch haben.

Es mag jetzt vielleicht etwas weiter weg führen, führt aber am Ende dennoch hin zum eigentlichen Thema: Es gibt in der politischen Entwicklung der Nachkriegswelt einen Komplex von Handlungssträngen, die insofern zusammengehören, als dass sie sich aufeinander beziehen: Das Transatlantische Bündnis, die NaTO, die EWG und dann die EU, die traditionelle westliche politische Teilung in eher gemäßigt linke, sozialdemokratische, eher gemäßigt rechte, konservative und dann nochmal wirtschaftsliberale Parteien, die (sogenannten) nationalen Befreiungsbewegungen im Süden, der "Ostblock" und noch einiges mehr.

Und dann gab es ab etwa Mitte der 70er politische Ereignisse, die in dieses gewohnte Schema nicht mehr hineinpassen. Ich nenne nur mal drei, aber drei sehr wichtige: Die islamische Revolution im Iran. Der Modernisierungskurs in China. Das Pontifikat des polnischen Bischofs Karol Wojtyla. Sie fallen allesamt fast zeitgleich zusmmen. Und werden häufig isoliert und einzeln als historische Umbrüche gesehen. Sie markieren aber - auch wenn sie kausal nicht zusammengehören und eher Symptome sind - etwas anderes: Einen völlig neuen Komplex von Handlungssträngen. Der sich wie eine Erdplatte im Zuge der Kontinentalverschiebungen über eine andere Erdplatte schiebt. Mit allen möglichen dadurch ausgelösten Umbrüchen, Aufwerfungen, Verschiebungen. DIe Welt der Jahrtausendwende schiebt sich Schritt für Schritt über die Welt der Nachkriegszeit. Und die eine Welt ist mit den Begriffen der anderen Welt einfach nicht mehr erklärbar. Das wird immer Offensichtlicher. Der Brexit, die Trumpwahl, das zumindest Infragestellen des transatlantischen Bündnisses. Oder des Prinzips des Freihandels in der westlichen Welt. Der Wandel der Rolle Russlands vom stalinistischen Weltmachtzentrum hin zu einem selbsternannten Verteidiger christlich-konservativer Weltbilder. Die krasse aktuelle Wendung in der Rolle Italiens, wirtschaftlich wie politisch. Wir sind ganz aktuell ganz offensichtlich auf dem Höhepunkt dieser grundsätzlichen historischen Kontinentalverschiebungen.

Der Nationalkonservativismus jüngerer Zeit in Osteuropa fügt sich da einfach ein. Und die Idee eines "Kerneuropas der Verbliebenen", so sympathisch sie auch sein mag, erinnert mich eher an ein berühmtes gallisches Dorf als dass es mir eine zeitgemäße ANtwort zu sein scheint. Die muss ganz anders, viel grundsätzlicher sein.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Oct 2018, 21:35)

... erinnert mich eher an ein berühmtes gallisches Dorf als dass es mir eine zeitgemäße ANtwort zu sein scheint. Die muss ganz anders, viel grundsätzlicher sein.
Tja, das lasse ich mir jetzt erst einmal eine Rede sein! Und die wahre und allein zeitgemäße Antwort ist nun... welche? Vor allem vor dem Hintergrund, daß ich meine, daß unsere freiheitlichen europäischen Demokratien ein besonders menschengerechtes Gesellschaftsmodell darstellen, das sich mit allen verfügbaren Kräften zu verteidigen lohnt.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(20 Oct 2018, 22:15)

Tja, das lasse ich mir jetzt erst einmal eine Rede sein! Und die wahre und allein zeitgemäße Antwort ist nun... welche? Vor allem vor dem Hintergrund, daß ich meine, daß unsere freiheitlichen europäischen Demokratien ein besonders menschengerechtes Gesellschaftsmodell darstellen, das sich mit allen verfügbaren Kräften zu verteidigen lohnt.
Zwei Antworten. Top Down hat sich nicht erledigt. Siehe die aktuellen Sanktionen gegen Polen durch den EuGH. Vizepremier und Bildungsminister Gowin, der sich vor einiger Zeit dahingehend geäußert hatte, dass Entscheidungen von EU-Instanzen keineswegs bindend für Polen seien, wurde von Seiten der Regierung zurückgepfiffen. Und ganz aktuell sieht es keineswegs danach aus, dass die EuGH-Entscheidung zu einem Eklat führen wird.

Die eigentliche Antwort aber lautet: EU Bottom Up! Das ist auch schon längst kein leeres Schlagwort mehr sondern wird getragen von zahlreichen Bürgerinitiativen, Stiftungen usw. Und es gibt ganz konkrete Programme. Schauen Sie zum Beispiel hier:
https://www.our-new-europe.eu/3-szenari ... rklichung/
Dieses Neue Europa Bottom Up ist die Alternative zu "Weiter Zentralisierung und Top Down" und auch zu "Nationale Unabhängigkeit/Brexit". Die Halbwertszeit von Führungspersönlichkeiten, in die neue Hoffnungen gesetzt werden, wie etwa Macron, ist erheblich geringer als die solcher Ideen. Grundvoraussetzung für die Idee eines solchen Europas von unten ist allerdings die Distanzierung von jeglichen von rein persönlichen und subjektiven Motiven geleiteten Sym- und Antpathien wie sie hier in diesem Strang insbesondere von User orbiter1 geäußert werden. Antieuropäischer und antidemokratischer gehts kaum.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von Orbiter1 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(22 Oct 2018, 08:34)

Zwei Antworten. Top Down hat sich nicht erledigt. Siehe die aktuellen Sanktionen gegen Polen durch den EuGH. Vizepremier und Bildungsminister Gowin, der sich vor einiger Zeit dahingehend geäußert hatte, dass Entscheidungen von EU-Instanzen keineswegs bindend für Polen seien, wurde von Seiten der Regierung zurückgepfiffen. Und ganz aktuell sieht es keineswegs danach aus, dass die EuGH-Entscheidung zu einem Eklat führen wird.
Da sollte man noch etwas abwarten. Wegen der gestrigen Kommunalwahlen in Polen hat sich die PiS-Regierung mit der Hetze auf die EU zurückgehalten. Die PiS konnte landesweit um 5% zulegen. Demnächst werden wir ja sehen wie man wirklich auf das Urteil des EuGH reagiert. Ich stehe weiter zu meiner Prognose.
Die eigentliche Antwort aber lautet: EU Bottom Up! Das ist auch schon längst kein leeres Schlagwort mehr sondern wird getragen von zahlreichen Bürgerinitiativen, Stiftungen usw. Und es gibt ganz konkrete Programme. Schauen Sie zum Beispiel hier:
https://www.our-new-europe.eu/3-szenari ... rklichung/
Dieses Neue Europa Bottom Up ist die Alternative zu "Weiter Zentralisierung und Top Down" und auch zu "Nationale Unabhängigkeit/Brexit".
Wieviele Mio EU-Bürger stehen denn hinter diesen Bottom-Up-Bewegungen? Alles unter 13,5 Mio (3% von den 450 Mio der EU-27) würde ich als irrelevant bezeichnen. Melde dich einfach wieder wenn es soweit ist.
Die Halbwertszeit von Führungspersönlichkeiten, in die neue Hoffnungen gesetzt werden, wie etwa Macron, ist erheblich geringer als die solcher Ideen.
Das Gegenteil ist der Fall. Es waren ausschließlich politische Führungspersönlichkeiten die die EU soweit gebracht haben.
Grundvoraussetzung für die Idee eines solchen Europas von unten ist allerdings die Distanzierung von jeglichen von rein persönlichen und subjektiven Motiven geleiteten Sym- und Antpathien wie sie hier in diesem Strang insbesondere von User orbiter1 geäußert werden. Antieuropäischer und antidemokratischer gehts kaum.
Ich erwarte von den EU-Mitgliedstaaten dass sie sich vertragstreu verhalten, nicht mehr und nicht weniger. Das ist ja hoffentlich nicht zuviel verlangt. Und ja, EU-Staaten die sich vertragswidrig verhalten sind mir unsympathisch. Das gleiche gilt für Beitrittskandidaten die im Korruptionsindex inzwischen hInter einer Reihe von afrikanischen Staaten liegen und jedes Jahr weiter zurückfallen.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

Orbiter1 hat geschrieben:(22 Oct 2018, 09:08)

Da sollte man noch etwas abwarten. Wegen der gestrigen Kommunalwahlen in Polen hat sich die PiS-Regierung mit der Hetze auf die EU zurückgehalten. Die PiS konnte landesweit um 5% zulegen. Demnächst werden wir ja sehen wie man wirklich auf das Urteil des EuGH reagiert. Ich stehe weiter zu meiner Prognose.
Wieviele Mio EU-Bürger stehen denn hinter diesen Bottom-Up-Bewegungen? Alles unter 13,5 Mio (3% von den 450 Mio der EU-27) würde ich als irrelevant bezeichnen. Melde dich einfach wieder wenn es soweit ist. Das Gegenteil ist der Fall. Es waren ausschließlich politische Führungspersönlichkeiten die die EU soweit gebracht haben. Ich erwarte von den EU-Mitgliedstaaten dass sie sich vertragstreu verhalten, nicht mehr und nicht weniger. Das ist ja hoffentlich nicht zuviel verlangt. Und ja, EU-Staaten die sich vertragswidrig verhalten sind mir unsympathisch. Das gleiche gilt für Beitrittskandidaten die im Korruptionsindex inzwischen hInter einer Reihe von afrikanischen Staaten liegen und jedes Jahr weiter zurückfallen.
Sowohl "Führungspersönlichkeiten" als auch "Bewegungen" können Wirkungen entfalten, die weit weit über den rein prozentualen Anteil von Sympathisanten hinausreichen.

Und die Erwartung an Vertragstreue richtet sich nach meinem Verständnis an Regierungen, nicht an "Staaten". Das ist für mich nicht nur ein symbolischer, formaler Unterschied. Die polnische Regierung verhält sich vertragsuntreu, nicht "Polen". Daran ändert auch nix, dass diese Regierung von einer Mehrheit gewählt wurde.

Auch das Brexit-Referendum wurde von einer (knappen) Mehrheit der Briten befürwortet. Nix wäre jedoch verkehrter und uneuropäischer, jetzt so eine Art "Nun werdet ihr mal sehen, was Ihr euch da eingebrockt habt"-Politik von seiten der EU zu fahren.

Zum wiederholten male: Der angemessene Schritt gegenüber dem Demokratieabbau in Ungarn von seiten der Regierungspartei wäre zunächst ein Ausschluss dieser Partei aus der EVP-Fraktion des EU-Parlaments. Eine (heftige) Debatte über einen solchen Ausschluss wird ja tatsächlich auch geführt. Juncker etwa fordert ganz explizit und öffentlich einen solchen Ausschluss. Die Unionsparteien aus D kritisieren Orbáns Politik, sprechen sich aber nicht für einen Ausschluss aus. Und eine Reihe von Politikern, allen voran Kurz aus Österreich sprechen sich ganz explizit und ausdrücklich gegen einen solchen Ausschluss aus. Das genau ist der Stand der aktuellen politischen Lage. Es gibt rhetorische Floskeln en masse und hinter den Kulissen aber ein politisches Kräfteverhältnis, das summa summarum auf ein leichtes Pro-Fidesz-Übergewicht hinausläuft. Solange das so ist, wird es keine wirklich ernsthaften Sanktionen geben können.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

Ich nehme hier jetzt einmal eine vermittelnde Stellung ein:

Ja, es ist richtig, daß die EU immer wieder von herausragenden politischen Persönlichkeiten voran gebracht wurde. Aber es ist auch wahr, daß sie das nur deshalb so vollbringen konnten, weil auch die große Zahl der Europäer einsah, daß Europa nur auf freiwilliger Grundlage und mit ihrer politischen Zustimmung gelingen konnte. Beide Seiten haben sich schon ergänzt, haben politische Stimmungen aufgegriffen.

Ja, es ist wahr, daß auch Präsident Macron oder andere engagierte Europäer "nur" ein Rädchen in der Zeitgeschichte der EU sein können. Diese Geschichte ist jetzt so ungefähr 65 Jahre alt, also fast 2,5 Generationen haben sich darum abgemüht. Hoffen wir also, daß nach Präsident Macron weitere Politiker mit europäischen Überzeugungen unser europäisches Projekt voran bringen werden... getragen auch von Europäern, die das europäische Projekt als Herzensangelegenheit weiter führen..

Ja, es ist auch wahr, daß die an der europäischen Einigung mit Herzblut interessierten Mitbürger stets in der Minderheit waren; aber es war eben eine maßgeblich meinungsbestimmende Minderheit, die diese Gedanken in die erweiterte Öffentlichkeit trugen und damit Zustimmung erhielten... zuletzt noch Pulse of Europe, als die europäische Sache Sache ganz finster zu werden schien... BREXIT, Flüchtlingskrise.

Ja, auch ich halte es für schäbig, wenn Politiker die Gemeinschaft schädigen, um "zu Hause" ihre Macht als klevere Macher zu behaupten. Korruption und Versprechung von nicht erwirtschaftbaren Leistungen gehören dazu. Ja, die Gemeinschaft muß auf treuer Erfüllung ihrer Regeln bestehen... nur so kann Solidarität gelebt werden.

Als "Pole" behaupte ich, daß trotz des augenblicklichen Wahlsiegs der oft europaskeptischen PiS auf dem Lande das europäische Projekt in Polen breiteste Unterstützung genießt. Das ist daran zu erkennen, daß die National-Liberalen in den polnischen Großstädten die Nase vorn haben... also dort, wo von Natur aus die offene politische Diskussion zu Hause ist: Stadtluft macht frei! Und man muß auch wissen, daß die PiS in den Regionen Versprechungen gemacht hat, die dort gut ankommen: Ausbau der Infrastrukturen (Straßen, Schulen, Ämter und viel Nationales). Ein wenig wie blühende Landschaften im Andenken an Helmut Kohls Mutmacherreden zur Zeit der Wiedervereinigung. Das glauben die Leute dort erst einmal, bis die Jungen abwandern dorthin, wo die Landschaften tatsächlich blühen.

Irgendwann stehen dann auf dem Lande auch die großen Schilder, die die Finanzierung der Infrastrukturprojekte benennen: "Co-finanziert vom EU-Regionalfonds". Die Schilder stehen dort jahrelang, und die Menschen lesen das im Vorübergehen und Vorbeifahren. Keine Propaganda, sondern alles zum Anfassen.

Tue Gutes und rede darüber!
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2018, 10:42)
Ja, es ist wahr, daß auch Präsident Macron oder andere engagierte Europäer "nur" ein Rädchen in der Zeitgeschichte der EU sein können. Diese Geschichte ist jetzt so ungefähr 65 Jahre alt, also fast 2,5 Generationen haben sich darum abgemüht. Hoffen wir also, daß nach Präsident Macron weitere Politiker mit europäischen Überzeugungen unser europäisches Projekt voran bringen werden... getragen auch von Europäern, die das europäische Projekt als Herzensangelegenheit weiter führen..
Glaubt man einigen aktuellen politischen Kommentaren und Analysen, so war der Zeitraum zwischen einem ganz erstaunlichen Vertrauenskredit bei einer Präsidentschaftswahl und einem nachfolgenden Popularitätsverlust und vor allem auch einer Distanzierung selbst einstiger Weggefährten selten so kurz in der jüngeren französischen Geschichte. Ich sehe das - um es ausdrücklich zu sagen - mit Bedauern. Aber diese Volatilität im internationalen politischen Gefüge müssen wir zur Kenntnis nehmen, wenn wir zu realistischen Aussagen kommen wollen.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(22 Oct 2018, 11:06)

Glaubt man einigen aktuellen politischen Kommentaren und Analysen, so war der Zeitraum zwischen einem ganz erstaunlichen Vertrauenskredit bei einer Präsidentschaftswahl und einem nachfolgenden Popularitätsverlust und vor allem auch einer Distanzierung selbst einstiger Weggefährten selten so kurz in der jüngeren französischen Geschichte. Ich sehe das - um es ausdrücklich zu sagen - mit Bedauern. Aber diese Volatilität im internationalen politischen Gefüge müssen wir zur Kenntnis nehmen, wenn wir zu realistischen Aussagen kommen wollen.
Das ist leider auch mein Eindruck; ich suche die Schuld daran aber... was die europäische Einigung betrifft... ganz überwiegend auf unserer deutschen Seite, die immer wieder Vorstellungen Macrons abgewimmelt, geschrumpft und eingedampft hat, anstatt sie auf zu greifen, sie gemeinsam weiter zu entwickeln und voran zu treiben... und selbst mit umsetzbaren und förderlichen Vorschlägen aus zu bauen. Aus der Wahrnehmung heraus hätte ich gern den Schulz-Express als Sieger durch das Ziel gehen sehen... aber den hat die verdruckste und ängstliche SPD nur als Bltzableiter mißbraucht und zerredet..

Unsere politische Klasse braucht Erneuerung in der Art, wie DIE GRÜNEN sie gerade zum politischen Erfolg führt. Leicht gesagt!
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben:(22 Oct 2018, 10:42)

Ich nehme hier jetzt einmal eine vermittelnde Stellung ein:

Ja, es ist richtig, daß die EU immer wieder von herausragenden politischen Persönlichkeiten voran gebracht wurde. Aber es ist auch wahr, daß sie das nur deshalb so vollbringen konnten, weil auch die große Zahl der Europäer einsah, daß Europa nur auf freiwilliger Grundlage und mit ihrer politischen Zustimmung gelingen konnte. Beide Seiten haben sich schon ergänzt, haben politische Stimmungen aufgegriffen.

Ja, es ist wahr, daß auch Präsident Macron oder andere engagierte Europäer "nur" ein Rädchen in der Zeitgeschichte der EU sein können. Diese Geschichte ist jetzt so ungefähr 65 Jahre alt, also fast 2,5 Generationen haben sich darum abgemüht. Hoffen wir also, daß nach Präsident Macron weitere Politiker mit europäischen Überzeugungen unser europäisches Projekt voran bringen werden... getragen auch von Europäern, die das europäische Projekt als Herzensangelegenheit weiter führen..

Ja, es ist auch wahr, daß die an der europäischen Einigung mit Herzblut interessierten Mitbürger stets in der Minderheit waren; aber es war eben eine maßgeblich meinungsbestimmende Minderheit, die diese Gedanken in die erweiterte Öffentlichkeit trugen und damit Zustimmung erhielten... zuletzt noch Pulse of Europe, als die europäische Sache Sache ganz finster zu werden schien... BREXIT, Flüchtlingskrise.

Ja, auch ich halte es für schäbig, wenn Politiker die Gemeinschaft schädigen, um "zu Hause" ihre Macht als klevere Macher zu behaupten. Korruption und Versprechung von nicht erwirtschaftbaren Leistungen gehören dazu. Ja, die Gemeinschaft muß auf treuer Erfüllung ihrer Regeln bestehen... nur so kann Solidarität gelebt werden.

Als "Pole" behaupte ich, daß trotz des augenblicklichen Wahlsiegs der oft europaskeptischen PiS auf dem Lande das europäische Projekt in Polen breiteste Unterstützung genießt. Das ist daran zu erkennen, daß die National-Liberalen in den polnischen Großstädten die Nase vorn haben... also dort, wo von Natur aus die offene politische Diskussion zu Hause ist: Stadtluft macht frei! Und man muß auch wissen, daß die PiS in den Regionen Versprechungen gemacht hat, die dort gut ankommen: Ausbau der Infrastrukturen (Straßen, Schulen, Ämter und viel Nationales). Ein wenig wie blühende Landschaften im Andenken an Helmut Kohls Mutmacherreden zur Zeit der Wiedervereinigung. Das glauben die Leute dort erst einmal, bis die Jungen abwandern dorthin, wo die Landschaften tatsächlich blühen.

Irgendwann stehen dann auf dem Lande auch die großen Schilder, die die Finanzierung der Infrastrukturprojekte benennen: "Co-finanziert vom EU-Regionalfonds". Die Schilder stehen dort jahrelang, und die Menschen lesen das im Vorübergehen und Vorbeifahren. Keine Propaganda, sondern alles zum Anfassen.

Tue Gutes und rede darüber!
Auf dem Lande in Osteuropa regieren Not und Armut. In vielen Regionen geht es den Menschen sehr viel schlechter, als zu sozialistischen Zeiten. Die jungen Leute gehen - notgedrungen - weg. In die Großstädte, viele gleich ganz ins Ausland. Der ländliche Raum bietet in Osteuropa noch schlechtere Perspektiven, als er es in den alten EU-Staaten bietet. Und es sind nicht nur die Qualifizierten, die gehen. Viele Frauen gehen, weil ein Job als Pflegekraft in der häuslichen Dauerpflege in Deutschland zumindest ein bisschen mehr Geld verspricht, auch wenn es sich da vielfach um extrem ausbeuterische Arbeitsverhältnisse handelt.

Hinzu kommt: höhere Löhne zu fordern, eine bessere soziale und medizinische Versorgung zu fordern, das traut man sich nicht. Wenn das Wort "sozial" erklingt, schrillen bei vielen sofort die Alarmglocken und es bilden sich schwerste Gewissensnöte heraus.

Ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Faktor ist auch die katholische Kirche. In Polen war sie stets ein wichtiges Bindeglied, sie gab Halt - vor allem zu Zeiten von Johannes Paul II.. Unter dem Ratzinger blieb das Verbundenheitsgefühl irgendwie erhalten. Seit März 2013 ist das aber anders. Mit Papst Franziskus fremdelt man in den osteuropäischen Ländern sehr. Man versteht ihn nicht, man fühlt sich von der Kirche entfremdet und vom aktuellen Papst nicht wertgeschätzt.

Hinzu kommt dann noch die gefühlte Ohnmacht. Natürlich würden auf dem Lande viele gerne wieder raus aus der EU - zu groß ist die Enttäuschung, zu tief sitzt der Frust. Aber was wäre für Polen die Alternative? Würden die Polen den Exit beschliessen und sich dann so aufführen, wie es die aktuelle britische Regierung tut, dann wartet schon Väterchen Putin auf sie. Und wieder würde ihnen niemand helfen.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

Na ja, die bittere Armut ist auf dem Lande auch "relativ"; man denke an die Ukraine... Der Niedergang des Kleinbauerntums, das Polen über die sozialistische Zeit erhalten blieb, wurde mit Übergabe von Bauernland an den Staat und damit verbundene kleine Renten ein wenig abgefedert. Vieles zog man sich auf den Resthöfen zum Eigenverbrauch auch selbst, während der Familienvater auf dem Bau, im Tiefbau oder gleich im Ausland eine Arbeit aufnahm.

Ich meine, daß Polen die Entwicklung nachholt, die wir im Westen in unserem Verhältnis zu den Kirchen hinter uns gelassen haben. Meine Bekanntschaften hier sind durchweg Haushaltungen, in denen die Mütter den Gottesdienst besuchen, die Kinder an die Kommunion und Firmung heran geführt werden, aber die tiefe Inbrunst sehe ich darin nicht mehr. Väter und Söhne haben meist Besseres zu tun; bessern Schäden aus und räumen den Hof auf.

Ähnlich, aber bei weitem nicht so schrecklich, die Landflucht wie in den östlichen Bundesländern. Saisonarbeiter, Bauarbeiter, Elektriker, Klempner/Installateure, Bauhilfsarbeiter, Krankenpfleger, Altenpfleger, Ärzte... man findet sie im Westen fast überall.

Mit anderen Worten: Auf lange Sicht wird Polen auch so verstädtern wie wir in Deutschland, und das flache Land wird Menschen verlieren, Gebäude werden verfallen und aufgegeben. Ich selbst lebe in einem verlassenen Dorf, ganz ohne öffentliche Verkehrsmittel, ohne Leitungswasser, ohne Kanalisation, aber mit Elektrizität. Vielleicht noch 20 bis 25 dauerhaft dort Wohnende, fast durchweg Ältere. Das sind also schlechte Zukunftsaussichten für nationalistische Parteien vom Schlage der PiS... vielleicht auch ein Grund, in der kommenden Generation ganz das Thema zu wechseln. Denn die in den Westen abgewanderten Polen haben ja doch Bindungen zur alten Heimat und werden sicher nicht mit kritischen Bemerkungen sparen, wenn sie Vergleiche anstellen.

Ich bin ganz wohlgemut, was diese Entwicklung betrifft. Leider bin ich schon viel zu alt, um hier in Jahrzehnten rechnen zu können. Die polnische Wirtschaft macht sich prächtig, natürlich durch den Fleiß und das Können der Polen, aber eben auch durch die enge Zusammenarbeit mit dem Westen, insbesondere natürlich mit der auf Hochtouren laufenden deutschen Wirtschaft. Das sehen die Menschen doch, besonders in den Städten, und entsprechend wächst die Wertschätzung für das europäische Projekt.
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jorikke
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von jorikke »

H2O hat geschrieben:(20 Oct 2018, 22:15)

Tja, das lasse ich mir jetzt erst einmal eine Rede sein! Und die wahre und allein zeitgemäße Antwort ist nun... welche? Vor allem vor dem Hintergrund, daß ich meine, daß unsere freiheitlichen europäischen Demokratien ein besonders menschengerechtes Gesellschaftsmodell darstellen, das sich mit allen verfügbaren Kräften zu verteidigen lohnt.
Das ist nun wirklich vermessen, von einem Diskutanten mal eben die wahre, zeitgemäße Antwort zu fordern. Der arme Kerl.
Man kann doch nur seine eigenen kleinen Ideen beisteuern und auch auf die Gefahr hin, der Unvollständigkeit wegen getadelt zu werden, mache ich das einfach mal:
Einigkeit in der EU zu erzielen ist aus einigen, ins Auge springenden Gründen, scheinbar nicht möglich.
Es sind dies in erster Linie:
- die Angst der kleinen Länder, untergebuttert zu werden,
- die Angst nationale Interessen würden nicht ausreichend berücksichtigt,
- der Euro, die Einheitswährung, die starke Länder automatisch bevorteilt,
- und vielerlei geschichtliche Aversionen.
Berücksichtigt man dies alles, kommt man fast automatisch zu der de Gaullschen Version eines Europas der Vaterländer.
Wir haben damals, in den 60-Jahren, in unserer überschwänglichen Begeisterung für Europa, es als klein geistig verlacht.
Uns schwebte ein großes geeintes Europa vor, das war die Zukunft, das wollten wir.
Es wäre evtl. möglich gewesen, hätte man die Mitgliederzahl bewusst klein gehalten und neue Mitglieder erst aufgenommen nachdem der kleinere Kreis in sich gefestigt, die Gesetze weitgehend harmonisiert und eine starke Zelle entstanden war.
Schnee von gestern. Man zu viele Länder zu schnell zu integrieren versucht und es ging schief.
Ich mache mich jetzt nicht für ein back to the roots stark, glaube aber aus einer Zusammenarbeit Frankreich/Deutschland (und einige mehr) muss ein Kern gebildet werden, der allen anderen Ländern sehr viel mehr Freiheiten lässt.
Dann kann langsam etwas aufgebaut werden.
Beginnen könnte man mit wirklichen gemeinsamen Interessen, z.B. in der Verteidigungspolitik, der Wirtschafts-u. Verkehrspolitik.
Nach und nach sollte dann die Steuergesetzgebung harmonisiert werden.
Das Endziel, ein wirklich geeintes und gemeinsames Europa mit einem übergeordneten Parlament...
In 100 bis 150 Jahren müsste es machbar sein.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

Die einzelnen Gründe, warum es denn nur so schleichend voran geht mit Europa und dem europäischen Projekt, teile ich nicht unbedingt, hinterfrage Ihre Gedanken aber auch nicht. Denn den Ansatz zur Lösung aus dieser Erstarrung des europäischen Projekts vertrete ich seit sehr langer Zeit: Daß wir aus der Gemeinschaft der willigen Europäer ein eigenes Projekt entwickeln, das schon einmal voraus geht, das die Segnungen der Gemeinschaft klug weiter entwickelt und zum Musterland und Sehnsuchtsort für jene wird, die derzeit ziemlich unbelehrbar auf dem Holzweg rumpeln.

Insofern war und ist das französische Konzept eines Kerneuropas der Willigen genau das, was wir Europäer brauchen. Präsident Macron nahm die Euro-Gruppe als einen solchen Kern in den Blick. Der leitende Gedanke daran ist sicher, daß er in diesen Ländern eine tiefere Verbundenheit mit dem europäischen Projekt erkennt als dort, wo trotz der eingegangenen Verpflichtung zum Euro als Gemeinschaftswährung keine Anstrengungen zu erkennen sind, dieses Ziel kurzfristig zu erreichen... und langfristig sind wir alle... na ja, so ist das nun einmal.

Mein Gegenvorschlag zu dem eigentlich ganz logischen Vorschlag des französischen Präsidenten wäre, das Augenmerk doch eher auf die Zustimmung der Bürger in den Partnerstaaten der EU zum europäischen Projekt zu richten. Wenn Griechen und Italiener derzeit die EU als Ärgernis empfinden, die Polen aber zu 87% ihr Land gern in der EU sehen, dann scheint mir eine solche Vorauswahl über den Euro nicht so zwingend.

Man sollte also in aller Ruhe eine große wissenschaftlich nutzbare Umfrage in den Partnerstaaten zu einem europäischen Projekt beauftragen und dann nur solche Partner ansprechen, bei denen die Zustimmung zum europäischen Projekt sehr deutlich über 50% liegt; möglichst 2/3 und mehr dafür.

Ansonsten scheinen mir die Vorstellungen des französischen Präsidenten sehr ernsthaft angelegt zu sein: Ein gemeinsamer Wirtschaftsraum mit harmonisiertem Steuern und Abgabensystem, eine gemeinsame Verteidigungsarmee, eine gemeinsame Hochschul- und Forschungslandschaft. Von meiner Seite aus sollte überlegt werden, ob die Regionen Frankreichs nun unbedingt so eng von Paris aus geführt werden müssen, oder ob man dort in den gemeinsamen Funktionsbereichen auch eine regionale Selbstverwaltung nach deutschem Muster zuläßt.

Stillschweigend gehe ich also davon aus, daß die Menschen in Deutschland und Frankreich ihre Zustimmung zum europäischen Projekt in einem überwältigenden Maß erteilen werden.

Aber ein lohnendes Anfangsziel wäre das doch... eigentlich das, was der Vertrag von Lissabon fördern wollte.

Eine Zeitvorstellung mag ich dazu nicht abgeben. Wenn man die 65 Jahre von den ersten Anfängen bis zum heute erreichten Stand betrachtet, dann scheinen mir 100 oder 150 Jahre arg lang... aber auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.

Den ersten Schritt sollten die Bundesregierung und die französische Regierung nun allmählich einmal wagen!
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

sünnerklaas hat geschrieben:(22 Oct 2018, 11:39)
Auf dem Lande in Osteuropa regieren Not und Armut. In vielen Regionen geht es den Menschen sehr viel schlechter, als zu sozialistischen Zeiten. Die jungen Leute gehen - notgedrungen - weg. In die Großstädte, viele gleich ganz ins Ausland. Der ländliche Raum bietet in Osteuropa noch schlechtere Perspektiven, als er es in den alten EU-Staaten bietet. Und es sind nicht nur die Qualifizierten, die gehen. Viele Frauen gehen, weil ein Job als Pflegekraft in der häuslichen Dauerpflege in Deutschland zumindest ein bisschen mehr Geld verspricht, auch wenn es sich da vielfach um extrem ausbeuterische Arbeitsverhältnisse handelt.
Hier ist genau zu unterscheiden, um welche ostueropäische Region genau es sich handelt. In Ostmitteleuropa gibt es erhebliche soziale Probleme in den jeweiligen ländlichen Regionen des jeweiligen Ostens, also Ostpolen, Ostslowakei, Ostungarn usw. Und anders als etwa im gleichfalls ökonomisch abgehängten Süditalien äußern sich diese Probleme nicht so sehr in extremen Arbeitslosen- (und vor allem auch Jugendarbeitslosen-)Raten sondern in einem im Vergleich zum Landesdurchschnitt geringerem Einkommen. Von tatsächlicher "Not und Armut" nach objektiven, am Weltmaßstab gemessenen kriterien kann man in Europa aber, wenn überhaupt, dann allenfalls in Moldawien, Teilen der Ukraine, des Kosovo oder Bosnien-Herzogowinas reden. Von einer wirklich existenziellen Not kann auch in den abgehängten ländlichen Regionen Ostmitteleuropas gar keine Rede sein.

Das Abwanderungsproblem ist tatsächlich dramatisch. Das Paradoxe besteht aber darin, dass gerade Entwicklungsschübe dieses Problem verschärfen. Da wo Fachkräfte gebraucht werden, werden natürlich auch Fachkräfte ausgebildet. Und je höher diese Qualifikationen ausfallen, umso realistischer und nachhaltiger ist eine Lebensqualitätsverbesserung durch Wegzug. Das mit Abstand eklatanteste Beispiel dafür ist die Abwanderung von medizinischem Fachpersonal aus Rumänien nach Westeuropa. Allein und sage und schreibe 14 000 (!) Ärzte haben seit EU-Beitritt 2007 Rumänien verlassen. Dort steht das Gesundheitssystem, vor allem im ländlichen Raum, tatsächlich kurz vor dem Kollaps. Und im Gegensatz dazu genießen zumindest die rumänischen Spitzenuniversitäten, was medizinische Ausbildung anbetrifft, einen sehr guten internationalen Ruf. Das heißt: Es hilft kaum etwas, wenn man den Stand dieser Bildungsinfrastruktur weiter verbessert. Das wird die Abwanderung nur noch befördern. Einfach keine rumänischen Ärzte mehr in Deutschland einstellen widerspricht dem grundlegenden EU-Prinzip des freien Personenverkehrs. Ich weiß es auch nicht, wie dieses Problem lösbar sein könnte. Investoren siedeln sich in Osteruopa vielfach unter anderem wegen der vergünstigten Steuermodelle an. VOn daher fließt also auch nicht unbedingt Geld ins Gesundheitssystem.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von sünnerklaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(23 Oct 2018, 10:49)
Dort steht das Gesundheitssystem, vor allem im ländlichen Raum, tatsächlich kurz vor dem Kollaps. Und im Gegensatz dazu genießen zumindest die rumänischen Spitzenuniversitäten, was medizinische Ausbildung anbetrifft, einen sehr guten internationalen Ruf. Das heißt: Es hilft kaum etwas, wenn man den Stand dieser Bildungsinfrastruktur weiter verbessert.
Die Ausbildung wird durch rumänische Steuergelder finanziert, danach bedienen sich die Boomstaaten. Die bekommen kostenlos Spitzenpersonal, dem man dann am besten im Vergleich zu eigenem Personal, deutlich geringere Gehälter zahlt.
Das wird die Abwanderung nur noch befördern. Einfach keine rumänischen Ärzte mehr in Deutschland einstellen widerspricht dem grundlegenden EU-Prinzip des freien Personenverkehrs. Ich weiß es auch nicht, wie dieses Problem lösbar sein könnte. Investoren siedeln sich in Osteruopa vielfach unter anderem wegen der vergünstigten Steuermodelle an. VOn daher fließt also auch nicht unbedingt Geld ins Gesundheitssystem.
Das Problem der Länder ist, dass es dort eben keine eigene Unternehmenskultur gibt. Man ist auf das Geld ausländischer Investoren angewiesen, man ist auf ausländische Unternehmen angewiesen, die in diesen Ländern Produktionsstandorte errichten und betreiben. Von diesen Investoren ist man zu 100% abhängig. Gehen sie, ist der Ofen aus, die Länder stürzen in den Bankrott ab. Alternativen zu ausländischen Unternehmen und Investoren hat man nicht, weil alle eigenen Spitzenleute aus dem Land getrieben wurden. Und genau das macht Regierungen gegenüber Leuten aus anderen Ländern erpressbar.

Ich kann mich immer nur wiederholen: Souverän zu sein, bedeutet mitnichten, nationalistische Sprüche zu klopfen. Souverän zu sein, heisst auch, wirtschaftlich souverän zu sein und souverän zu denken und zu handeln.

Was fehlende Souveränität bedeutet, können wir eindrucksvoll in Polen beobachten. Kaczynski versucht, nach außen hin den starken Mann zu markieren - bzw. lässt das seine Hampelmänner machen. Tatsächlich entpuppt sich das dann als heiße Luft.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

sünnerklaas hat geschrieben:(23 Oct 2018, 14:06)
...

...

Was fehlende Souveränität bedeutet, können wir eindrucksvoll in Polen beobachten. Kaczynski versucht, nach außen hin den starken Mann zu markieren - bzw. lässt das seine Hampelmänner machen. Tatsächlich entpuppt sich das dann als heiße Luft.
Die neuerliche Zurückhaltung Polens gegenüber der EU hat zwei Hintergründe: Einmal bringt inzwischen die EU sehr wirksame Mittel in Anschlag, um der national-konservativen polnischen Regierung zu verdeutlichen, daß die EU in Fragen der Rechtsstaatlichkeit (Rechtssicherheit!) nicht mit sich herum albern läßt. Zweitens ist den Politikern der PiS nicht entgangen, daß 87% der Polen die EU für eine gute Sache halten.

Ich würde mich nicht wundern, wenn die polnische Regierung sehr bald das Gespräch mit der EU und mit Deutschland sucht. Präsident Duda ist heute zu Gast bei Präsident Steinmeier zur Feier von 100 Jahren polnischer Unabhängigkeit. Beide besuchen ein Festkonzert im Theater an Gendarmenmarkt in Berlin. Solche Ehrungen werden in Polen nicht ihre Wirkung verfehlen!
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben:(23 Oct 2018, 14:44)

Die neuerliche Zurückhaltung Polens gegenüber der EU hat zwei Hintergründe: Einmal bringt inzwischen die EU sehr wirksame Mittel in Anschlag, um der national-konservativen polnischen Regierung zu verdeutlichen, daß die EU in Fragen der Rechtsstaatlichkeit (Rechtssicherheit!) nicht mit sich herum albern läßt. Zweitens ist den Politikern der PiS nicht entgangen, daß 87% der Polen die EU für eine gute Sache halten.
Ein Referendum abzuhalten, wie in GB, wird die aktuelle polnische Regierung nicht wagen. Eine Niederlage der PiS bei so einer Volksabstimmung wäre für Kaczynski und seine Hampelmänner toxisch.
Ich würde mich nicht wundern, wenn die polnische Regierung sehr bald das Gespräch mit der EU und mit Deutschland sucht. Präsident Duda ist heute zu Gast bei Präsident Steinmeier zur Feier von 100 Jahren polnischer Unabhängigkeit. Beide besuchen ein Festkonzert im Theater an Gendarmenmarkt in Berlin. Solche Ehrungen werden in Polen nicht ihre Wirkung verfehlen!
Auch PiS-Politiker wollen wiedergewählt werden. Und es sind Kaczynski&Co,, die ihren Wählern erklären müssten, warum dringend benötigte EU-Mittel für strukturschwache Räume gepfändet würden.
Allerdings sollte sich die polnische Gesellschaft einmal darüber klar werden, was in Polen zu tun ist, damit das Land wirklich souverän wird und gegenüber den westlichen Nachbarstaaten auf Augenhöhe begegnen kann. Warum liegt das gesamte Potenzial der polnischen Handwerker brach - bzw. ist nur im Ausland verfügbar? Warum gehen polnische Tüftler ins Ausland um dort erfolgreiche Unternehmer zu werden? Was müssen Staat und Gesellschaft in Polen tun, damit dieses Potenzial auch Polen selbst zugute kommt? Ich glaube fast, viele Polen sind sich nicht darüber im klaren, was für einen guten Ruf sie in Europa haben. Und den haben sie sich in den letzten 40 Jahren mit eigenen Händen erarbeitet.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

sünnerklaas hat geschrieben:(23 Oct 2018, 15:17)

...

...Warum liegt das gesamte Potenzial der polnischen Handwerker brach - bzw. ist nur im Ausland verfügbar? Warum gehen polnische Tüftler ins Ausland um dort erfolgreiche Unternehmer zu werden? Was müssen Staat und Gesellschaft in Polen tun, damit dieses Potenzial auch Polen selbst zugute kommt? Ich glaube fast, viele Polen sind sich nicht darüber im klaren, was für einen guten Ruf sie in Europa haben. Und den haben sie sich in den letzten 40 Jahren mit eigenen Händen erarbeitet.

Das ist so nicht wahr, zumindest in West-Pommern. Es gibt schon ausreichend Handwerker, aber die arbeiten ungern gegen Rechnung. Ich hatte Mühe damit.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

sünnerklaas hat geschrieben:(23 Oct 2018, 14:06)
Das Problem der Länder ist, dass es dort eben keine eigene Unternehmenskultur gibt. Man ist auf das Geld ausländischer Investoren angewiesen, man ist auf ausländische Unternehmen angewiesen, die in diesen Ländern Produktionsstandorte errichten und betreiben. Von diesen Investoren ist man zu 100% abhängig. Gehen sie, ist der Ofen aus, die Länder stürzen in den Bankrott ab.
Ich gebe dir nur mal ein aktuelles Beispiel: Das Konzept des öffentlichen Nahverkehrs der nicht ganz unbedeutenden deutschen Großsstädte Hamburg und Berlin für die nächsten Jahre ist gemeinsam koordiniert und der Hauptauftragnehmer der entsprechenden Ausschreibungen ist das (ur)polnische Unternehmen "Solaris" bei Poznan/Posen. Sie werden im wesentlichen die Straßenbahnen und Elektrobusse für dieses Konzept liefern. (Nachdem sie das bereits für andere europäische Großsstädte wie Athen tun). Bis zu diesem Jahr war Solaris ein rein polnisches Unternehmen mit eigenen Technologie-Konzepten, Ingenieuren usw. Die Tatsache, dass seit 2018 die spanische CAF Haupteigentümer (nicht aber Betreiber) von Solaris ist, spiegelt einfach einen generellen Trend zur Globalisierung wieder. Auch die großen deutschen Technologieunternehmen befinden sich im Besitz u.a. von arabischen Investementfonds. Es gibt nicht nur nicht keine "eigene Unternehmenskultur" bei Solaris sondern ein überragendes, der Konkurrenz offensichtlich überlegenes modernes Technologie-Konzept. Aber auch hier ist es wiederum so, dass der hevrorragende Ruf solcher Firmen zur Folge hat, dass ein Ingenieur von Solaris mit Kusshand und deutlich höherem Gealt in die von Ingenieurmangel betroffenen Unternehmen Westmitteleuropas eingestellt wird.

Diskussionen über die Perspektive von Wirtschaftzsstandorten wie diese hier, erinnern mich doch stark an Diskussionen Ende der 80er, Anfang der 90er über die wirtschaftliche Entwicklung Chinas. Dort würde Spielzeug zusammengeschraubt und T-Shirts zusammengenäht werden und das ganze sei eine Art ökonomischer Budenzauber. Wenn die Chinesen 2020 tatsächlich erfolgreich ihre Mars-Mission zu Ende gebracht haben, sollte man die Skeptiker der 90er nochmal an ihre Skepsis erinnern. Es gibt keine Platzansprüche auf Ewigkeit. Alles fließt.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Oct 2018, 09:24)

Ich gebe dir nur mal ein aktuelles Beispiel: Das Konzept des öffentlichen Nahverkehrs der nicht ganz unbedeutenden deutschen Großsstädte Hamburg und Berlin für die nächsten Jahre ist gemeinsam koordiniert und der Hauptauftragnehmer der entsprechenden Ausschreibungen ist das (ur)polnische Unternehmen "Solaris" bei Poznan/Posen. Sie werden im wesentlichen die Straßenbahnen und Elektrobusse für dieses Konzept liefern. (Nachdem sie das bereits für andere europäische Großsstädte wie Athen tun). Bis zu diesem Jahr war Solaris ein rein polnisches Unternehmen mit eigenen Technologie-Konzepten, Ingenieuren usw. Die Tatsache, dass seit 2018 die spanische CAF Haupteigentümer (nicht aber Betreiber) von Solaris ist, spiegelt einfach einen generellen Trend zur Globalisierung wieder. Auch die großen deutschen Technologieunternehmen befinden sich im Besitz u.a. von arabischen Investementfonds. Es gibt nicht nur nicht keine "eigene Unternehmenskultur" bei Solaris sondern ein überragendes, der Konkurrenz offensichtlich überlegenes modernes Technologie-Konzept. Aber auch hier ist es wiederum so, dass der hevrorragende Ruf solcher Firmen zur Folge hat, dass ein Ingenieur von Solaris mit Kusshand und deutlich höherem Gealt in die von Ingenieurmangel betroffenen Unternehmen Westmitteleuropas eingestellt wird.
So weit einverstanden und Zustimmung. Aber bitte doch noch die Ergänzung, daß Solaris aus einem Berliner Busunternehmen hervor gegangen ist, das inzwischen erloschen ist. Wesentliche Mitarbeiter des Berliner Unternehmens waren jahrelang in der Führung von SOLARIS tätig (Geschäftsleitung). Diese Weisheiten habe ich aus Wikipedia... keineswegs auf eigenem Mist gewachsen.

Damit aber auch das klar ist: Eine hervorragende Managementleistung und Ingenieurleistung dieses Unternehmens Solaris: Die haben rechtzeitig gelesen, was in unseren europäischen Städten schief geht!

Kleine Anekdote am Rande: In Bremen sind zwei Solaris-Busse abgebrannt; ich meine, die waren mit Gasantriebsmotoren (kaum Feinstaub) ausgerüstet. Dennoch laufen dort etliche Solaris-Busse im Alltagsbetrieb.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

Nochmal zurück zum eigentlichen Thema: Am 8. November entscheidet die EVP-Fraktion im EU-Parlament, wer ihr Spitzenkandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten und Nachfolgers Junckers sein wird. Der Franzose Michel Barnier (gleichzeitig EU-Brexit-Verhandlungsführer) hat auf die Bewerbung verzichtet. Dafür tritt der frühere finnische MP Alexander Stubb nun gegen Manfred Weber von der CSU an. Es werden ihm zwar weniger Chancen eingeräumt. Aber: SOllte Stubb das Rennen machen, wird es definitiv eng für die Fidesz. Der Rauswurf der Fidesz aus der EVP steht ganz oben auf Stubbs Prioritätenliste. Sollte - wie allgemein erwartet - Weber sich durchsetzen, dürfen wir wahrscheinlich noch ziemlich oft das entspannt-selbstzufriedene Gesicht Orbáns erblicken.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Oct 2018, 09:45)

Nochmal zurück zum eigentlichen Thema: Am 8. November entscheidet die EVP-Fraktion im EU-Parlament, wer ihr Spitzenkandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten und Nachfolgers Junckers sein wird. Der Franzose Michel Barnier (gleichzeitig EU-Brexit-Verhandlungsführer) hat auf die Bewerbung verzichtet. Dafür tritt der frühere finnische MP Alexander Stubb nun gegen Manfred Weber von der CSU an. Es werden ihm zwar weniger Chancen eingeräumt. Aber: SOllte Stubb das Rennen machen, wird es definitiv eng für die Fidesz. Der Rauswurf der Fidesz aus der EVP steht ganz oben auf Stubbs Prioritätenliste. Sollte - wie allgemein erwartet - Weber sich durchsetzen, dürfen wir wahrscheinlich noch ziemlich oft das entspannt-selbstzufriedene Gesicht Orbáns erblicken.
Tja, was soll man als Wähler tun? Herr Stubb gehört also auch der konservativen europäischen Parteienfamilie an. Das ist schade, denn ich werde mit Sicherheit DIE GRÜNEN unterstützen. Taktisch wählen geht für das EU-Parlament ja nicht... oder?
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von Orbiter1 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Oct 2018, 09:45)

Sollte - wie allgemein erwartet - Weber sich durchsetzen, dürfen wir wahrscheinlich noch ziemlich oft das entspannt-selbstzufriedene Gesicht Orbáns erblicken.
Wie kommen sie darauf? Weber hat bei der Abstimmung über die Eröffnung eines Verletzungsverfahrens gegen Ungar den Fraktionszwang der EVP aufgehoben und als einziger CSU-Europaabgeordneter für die Eröffnung eines Verfahrens gestimmt. Seine Worte: „Kern der EU sind unsere gemeinsamen Werte – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- und Pressefreiheit. Da kann es keine Abstriche oder Rabatte geben. Natürlich auch nicht für Mitglieder der Europäischen Volkspartei. Sonst würde Europa seine Seele verlieren.“ Würde mich sehr überraschen wenn er nicht auch den Ausschluß der Fidesz aus der EVP anstrebt.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(25 Oct 2018, 10:00)

Tja, was soll man als Wähler tun? Herr Stubb gehört also auch der konservativen europäischen Parteienfamilie an. Das ist schade, denn ich werde mit Sicherheit DIE GRÜNEN unterstützen. Taktisch wählen geht für das EU-Parlament ja nicht... oder?
Auf die EU-Kommisionspräsidenten-Spitzenkandidaturnominierung der EVP am 7./8. November auf dem Parteitag in Helsinki haben wir ohnehin keinen Einfluss. Es ist ziemlich kompliziert. Die eigentliche Nominierung dieses Amtes erfolgt durch den Europäischen Rat, also dem Club der europäischen Staats- und Regierungschefs. Die wollen, das kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, durch die Bank einen schwachen Kommissionspräsidenten, damit sie selbst souverän bleiben. Das EU-Parlament muss den Kandidaten aber bestätigen. Und die EU-Parlamentsfraktionen wiederum wollen ihre Rolle als EU-Legislative stärken. Gehören aber stets jeweils nationalen Parteien an, die eben diese nationalen Regierungschefs als Regierungspartei stellen.

Meine Vermutung ist, dass Viktor Orbán eben jemand ist, der dieses komplexe, sich teilweise widersprechende Interessensgeflecht durchschaut und für sich zu nutzen weiß. So gegensätzlich die politischen Positionen von Merkel und Orbán auch sein mögen. Beide können etwas, was, wie sich in den entscheidenden Jahren um 2000 herum zeigte, Politiker wie Rühe, Merz oder Stoiber eben nicht können: Ihre persönliche Eitelkeit opportunistisch und pragmatisch auch mal zurückstellen. Um am Ende auf ganzer Linie alle hinter sich zu lassen. Es ist logisch, dass in einem vergleichsweise sehr kleinen Land wie Ungarn ein solcher Politiker gefeiert wird. Nach dem Motto: Der trickst die Großen alle aus.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

Orbiter1 hat geschrieben:(25 Oct 2018, 10:14)

Wie kommen sie darauf? Weber hat bei der Abstimmung über die Eröffnung eines Verletzungsverfahrens gegen Ungar den Fraktionszwang der EVP aufgehoben und als einziger CSU-Europaabgeordneter für die Eröffnung eines Verfahrens gestimmt. Seine Worte: „Kern der EU sind unsere gemeinsamen Werte – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- und Pressefreiheit. Da kann es keine Abstriche oder Rabatte geben. Natürlich auch nicht für Mitglieder der Europäischen Volkspartei. Sonst würde Europa seine Seele verlieren.“ Würde mich sehr überraschen wenn er nicht auch den Ausschluß der Fidesz aus der EVP anstrebt.
Ja. Aber eben als einziger. Und diese Verfahrenseröffnung ist noch etwas ganz anderes als ein Rauswurf aus der Parlamentsfraktion. Die EU-Rechtsverfahren sowohl gegen Ungarn als auch gegen Polen sind gut und berechtigt aber in ihrer WIrkung von vornherein sehr begrenzt. Das wissen auch alle. Sämtliche Äußerungen von deutschen Unionspolitikern in Hinsicht auf einen Ausschluss der Fidesz aus der EVP, die ich gehört oder gelesen habe, alle, durch die Bank, sagen ganz klar und unmissverständlich: Ein Ausschluss steht für mich/für uns überhaupt nicht zur Debatte. Demgegenüber spricht der Finne genau davon: Ein AUsschluss der Partei.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Oct 2018, 10:25)

Auf die EU-Kommisionspräsidenten-Spitzenkandidaturnominierung der EVP am 7./8. November auf dem Parteitag in Helsinki haben wir ohnehin keinen Einfluss. Es ist ziemlich kompliziert. Die eigentliche Nominierung dieses Amtes erfolgt durch den Europäischen Rat, also dem Club der europäischen Staats- und Regierungschefs. Die wollen, das kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, durch die Bank einen schwachen Kommissionspräsidenten, damit sie selbst souverän bleiben. Das EU-Parlament muss den Kandidaten aber bestätigen. Und die EU-Parlamentsfraktionen wiederum wollen ihre Rolle als EU-Legislative stärken. Gehören aber stets jeweils nationalen Parteien an, die eben diese nationalen Regierungschefs als Regierungspartei stellen.

Meine Vermutung ist, dass Viktor Orbán eben jemand ist, der dieses komplexe, sich teilweise widersprechende Interessensgeflecht durchschaut und für sich zu nutzen weiß. So gegensätzlich die politischen Positionen von Merkel und Orbán auch sein mögen. Beide können etwas, was, wie sich in den entscheidenden Jahren um 2000 herum zeigte, Politiker wie Rühe, Merz oder Stoiber eben nicht können: Ihre persönliche Eitelkeit opportunistisch und pragmatisch auch mal zurückstellen. Um am Ende auf ganzer Linie alle hinter sich zu lassen. Es ist logisch, dass in einem vergleichsweise sehr kleinen Land wie Ungarn ein solcher Politiker gefeiert wird. Nach dem Motto: Der trickst die Großen alle aus.
Das mag noch eine Weile so funktionieren; bis in der EU die Lust auf Europa verloren gegangen ist. Gefühlt stehen wir vor einer großen Wende, in der die Kanzlerin mit ihrer abwartenden Art nicht mehr weiter hilft, sondern im Gegenteil hinderlich ist. Mein Gefühl speist sich aus der Beobachtung der Wahlergebnisse in Bayern und der Vorausschau für Hessen. Wenn dort der insgesamt ordentlich arbeitende MP Bouffier sein Amt aufgeben muß, dann wird es einsam um die Kanzlerin. Dann ist sie keine sichere Bank mehr für eine Amtsübergabe an ihre Gefolgsleute. Dann ist sie auch keine verläßliche Partnerin mehr für Führungskräfte in der EU.

Mag sein, daß wir uns noch nach langweiligen Zeiten zurück sehnen!
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(25 Oct 2018, 11:31)

Das mag noch eine Weile so funktionieren; bis in der EU die Lust auf Europa verloren gegangen ist. Gefühlt stehen wir vor einer großen Wende, in der die Kanzlerin mit ihrer abwartenden Art nicht mehr weiter hilft, sondern im Gegenteil hinderlich ist. Mein Gefühl speist sich aus der Beobachtung der Wahlergebnisse in Bayern und der Vorausschau für Hessen. Wenn dort der insgesamt ordentlich arbeitende MP Bouffier sein Amt aufgeben muß, dann wird es einsam um die Kanzlerin. Dann ist sie keine sichere Bank mehr für eine Amtsübergabe an ihre Gefolgsleute. Dann ist sie auch keine verläßliche Partnerin mehr für Führungskräfte in der EU.
Meine Gefühle speisen sich vor allem aus den makroökonomischen Kennziffern. Nochmal Export/Import-Zahlen: Deutschland, selbst Export-Land, importiert aus Polen was das Zeug hält. Auch und gerade im Vergleich zu Frankreich. Und vor allem importiert Deutschland aus Polen ugefähr soviel wie es dorthin exportiert. Während nach Frankreich ganz erheblich mehr exportiert als importiert wird. Die Arbeitslosigkeit in Ländern wie Polen oder Tschechien ist faktisch gleich Null und in Ländern wie Frankreich sehr hoch (von Italien oder SPanien gar nicht zu sprechen). Die STaatsverschuldzung pro Kopf ist in Ländern wie Polen oder Tschechien extrem niedirig und in Ländern wie Frankreich exterm hoch (von Griechenland oder Italen gar nicht zu sprechen). Und gleichzeitig sind die Einkommen in Ländern wie Polen oder Tschechien verglichen mit denen in Frankreich oder Italen sehr sehr moderat bzw. einfach sehr viel geringer. Ich weiß nicht. Muss man wirklich 5 Jahre VWL studiert haben, um zu prognostizieren, dass sich der wirtschaftliche Schwerpunkt in Europa ganz klar nach Osteuropa verschieben wird? Nur wird das unangenehmerweise ebenso klar mit einer Entdemokratisierung verbunden sein. Wenn man dem aber effektiv etwas entgegensetzen will, muss man die Basisfakten jedoch erstmal zur Kenntnis nehmen.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Nov 2018, 23:02)

Meine Gefühle speisen sich vor allem aus den makroökonomischen Kennziffern. Nochmal Export/Import-Zahlen: Deutschland, selbst Export-Land, importiert aus Polen was das Zeug hält. Auch und gerade im Vergleich zu Frankreich. Und vor allem importiert Deutschland aus Polen ugefähr soviel wie es dorthin exportiert. Während nach Frankreich ganz erheblich mehr exportiert als importiert wird. Die Arbeitslosigkeit in Ländern wie Polen oder Tschechien ist faktisch gleich Null und in Ländern wie Frankreich sehr hoch (von Italien oder SPanien gar nicht zu sprechen). Die STaatsverschuldzung pro Kopf ist in Ländern wie Polen oder Tschechien extrem niedirig und in Ländern wie Frankreich exterm hoch (von Griechenland oder Italen gar nicht zu sprechen). Und gleichzeitig sind die Einkommen in Ländern wie Polen oder Tschechien verglichen mit denen in Frankreich oder Italen sehr sehr moderat bzw. einfach sehr viel geringer. Ich weiß nicht. Muss man wirklich 5 Jahre VWL studiert haben, um zu prognostizieren, dass sich der wirtschaftliche Schwerpunkt in Europa ganz klar nach Osteuropa verschieben wird? Nur wird das unangenehmerweise ebenso klar mit einer Entdemokratisierung verbunden sein. Wenn man dem aber effektiv etwas entgegensetzen will, muss man die Basisfakten jedoch erstmal zur Kenntnis nehmen.
Ich nehme zur Kenntnis, daß die EU auch mit dem BREXIT umgehen wird, was immer dabei heraus kommen wird. Wobei ich annehme, daß die britische Wirtschaft leistungsfähiger ist als die der Visegrad-Gruppe zusammen genommen. GB ist auch kein Leistungsempfänger gewesen.

Deshalb wird die EU sich entscheiden müssen: Entweder die stetig sich vertiefende Zusammenarbeit der Willigen, die um sich herum Partnerschaften wie mit der Türkei schart, oder die EU des europäischen Projekts war einmal. Ein verhältnismäßig unverbindlicher Bund der erfolgreich wirtschaftenden Nachbarn... auch damit kann unser Land leben. Dann ergeben sich für unsere Wirtschaft neue strategische Optionen, die aber eher im 19. Jahrhundert Sinn hatten.

Aber zuerst einmal wollen wir für das europäische Projekt kämpfen. Das europäische Projekt ist die beste aller Möglichkeiten. Gemeinsam mit Frankreich sollte unser Land diesen Kampf aufnehmen... und dabei ist die derzeitige Bundesregierung leider kein Vorteil-.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(05 Nov 2018, 08:32)

Wobei ich annehme, daß die britische Wirtschaft leistungsfähiger ist als die der Visegrad-Gruppe zusammen genommen.
Das BSP von GB ist größer als das der 19 kleinsten EU-Volkswirtschaften zusammengenommen.
GB ist auch kein Leistungsempfänger gewesen.
GB war trotz Britenrabatt der zweitgrößte Nettozahler.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(05 Nov 2018, 08:43)

Das BSP von GB ist größer als das der 19 kleinsten EU-Volkswirtschaften zusammengenommen. GB war trotz Britenrabatt der zweitgrößte Nettozahler.
Wobei hier die Leistungsfähigkeit der Briten gar nicht unser "Streitthema" ist, sondern die angebliche Unentbehrlichkeit von Partnern, die sich mit wachsendem Wohlstand von den westlichen Demokratien entfernen. Und da platzt mir immer noch der Kragen: Einem Bund zu dessen Bedingungen beitreten, seine Vorteile abgreifen und sich dann mit der Beute hohnlachend davon stehlen. Doch, die Trennung ist möglich; der Schaden ist überschaubar, wenn die EU der westlichen Demokratien fest zusammen steht.

Unser Land hat durch Bräsigkeit und politische Planlosigkeit inzwischen 2 Jahre verbummelt, hat den französischen Partner ins Leere laufen lassen. Vor Zeiten war das umgekehrt, auch ärgerlich, aber diesmal ist das unser Versagen.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(05 Nov 2018, 08:32)
Ich nehme zur Kenntnis, daß die EU auch mit dem BREXIT umgehen wird, was immer dabei heraus kommen wird. Wobei ich annehme, daß die britische Wirtschaft leistungsfähiger ist als die der Visegrad-Gruppe zusammen genommen. GB ist auch kein Leistungsempfänger gewesen.
Auch hier zunächst einmal die Handelszahlen (Export/Import) bezogen auf Deutschland. Nach UK wurden 2017 für zirka 85 Miliarden Euro Güter exportiert und für zirka 37 Milliarden importiert. Allein aus dem viel kleineren Tschechien importierte Deutschland im gleichen Zeitraum für zirka 46 Milliarden erheblich mehr. Das heißt wir haben einen dicken roten Warenstrom aus Richtung Osten nach Deutschland. Diese Zahlen geben natürlich nicht die ganze Lage in der Welt, wohl aber das wirtschaftliche Verhältnis zu Deutschland wieder. Eine Regierung in Deutschland, die es ernst meint, muss dieses Verhältnis im Blick haben.
Deshalb wird die EU sich entscheiden müssen: Entweder die stetig sich vertiefende Zusammenarbeit der Willigen, die um sich herum Partnerschaften wie mit der Türkei schart, oder die EU des europäischen Projekts war einmal.
Ich hatte schon einmal die Rezension eines aktuellen Buches zum Brexit zitiert. Darin hieß es (sinngemäß): Das Projekt Europa wird genau dann und nur dann eine Zukunft haben, wenn das Prinzip der ever closer union aufgegeben wird. Ich würde dem nicht mal sofort vorbehaltlos zustimmen. Aber: Die Reflektionen zum ganzen Problemkreis sind offensichtlich sehr sehr unterschiedlich.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(05 Nov 2018, 08:53)

Wobei hier die Leistungsfähigkeit der Briten gar nicht unser "Streitthema" ist, sondern die angebliche Unentbehrlichkeit von Partnern, die sich mit wachsendem Wohlstand von den westlichen Demokratien entfernen. Und da platzt mir immer noch der Kragen: Einem Bund zu dessen Bedingungen beitreten, seine Vorteile abgreifen und sich dann mit der Beute hohnlachend davon stehlen.
Mal abgesehen, dass das mit der "Beute" nun wirklich ein wenig kindisch ist ... Als wenn sich in der heutigen Wirtschaftswelt irgendjemand mit irgendeiner "Beute" davonstehlen könnte. Da wird mit mit scharfen Waffen gehandelt. Davon können Sie ausgehen. Die Zahlen oben belegen: Der Waren- und Güterstrom läuft jetzt und zunehmend von Ost nach West. Das ist natürlich auch keine "Beute". Sondern schlicht und einfach gekaufte und zu Waren und Diensleistung geronnene Arbeitskraft, die dort ein wenig preiswerter zu haben ist.

Welche politischen Implikationen dieser Handel Deutschlands mit Ländern wie Polen oder Tschechien auf immer neuen Rekordwerten tatsächlich und auch im Rahmen der EU hat, das dürfte gar nicht so einfach zu überblicken sein. Es gibt sie jedenfalls. Politische Beobachter konstatierten bei dem offiziellen Staatsbesuch der Merkel-Regierung in Polen vor ein paar Tagen gar nicht so sehr, was da offiziell in Pressekonferenzen von sich gegeben wurde. Das ist meist sowieso nur der für die Öffentlichkeit zugängliche Allgemeinkram. Sondern: Dass bei diesem Besuch so gut wie alle Fachministerien mit jeweils dem entsprechenden Chef oder der Chefin dabei waren. Wie so häufig in der internationalen Politik habe ich den Eindruck, dass fachliche, vor allem wirtschaftliche Zusammenarbeit immer mehr eine unabhängige Dramaturgie hat und es so etwas wie eine "offizielle Linie" im Rahmen einer außenpolitischen Strategie immer weniger existiert. Wie auch, bei einer Groko?
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Nov 2018, 15:57)

Mal abgesehen, dass das mit der "Beute" nun wirklich ein wenig kindisch ist ... Als wenn sich in der heutigen Wirtschaftswelt irgendjemand mit irgendeiner "Beute" davonstehlen könnte. Da wird mit mit scharfen Waffen gehandelt. Davon können Sie ausgehen. Die Zahlen oben belegen: Der Waren- und Güterstrom läuft jetzt und zunehmend von Ost nach West. Das ist natürlich auch keine "Beute". Sondern schlicht und einfach gekaufte und zu Waren und Diensleistung geronnene Arbeitskraft, die dort ein wenig preiswerter zu haben ist.

Welche politischen Implikationen dieser Handel Deutschlands mit Ländern wie Polen oder Tschechien auf immer neuen Rekordwerten tatsächlich und auch im Rahmen der EU hat, das dürfte gar nicht so einfach zu überblicken sein. Es gibt sie jedenfalls. Politische Beobachter konstatierten bei dem offiziellen Staatsbesuch der Merkel-Regierung in Polen vor ein paar Tagen gar nicht so sehr, was da offiziell in Pressekonferenzen von sich gegeben wurde. Das ist meist sowieso nur der für die Öffentlichkeit zugängliche Allgemeinkram. Sondern: Dass bei diesem Besuch so gut wie alle Fachministerien mit jeweils dem entsprechenden Chef oder der Chefin dabei waren. Wie so häufig in der internationalen Politik habe ich den Eindruck, dass fachliche, vor allem wirtschaftliche Zusammenarbeit immer mehr eine unabhängige Dramaturgie hat und es so etwas wie eine "offizielle Linie" im Rahmen einer außenpolitischen Strategie immer weniger existiert. Wie auch, bei einer Groko?
Wenig überraschend, daß "Wirtschaft" andere Schwerpunkte setzt als die Politik. Eigentlich sollte es den Vorrang der Politik geben... aber da sollten Stichworte wie Dieselskandal und Entschädigung von Betrugsopfern genügen, um diese Rangordnung zu erkennen. Ein anderes Beispiel sind die Preise für Medikamente, mit denen der deutsche Verbraucher die Existenz der notleidenden deutschen Pharmaindustrie ermöglicht. Na schön, ich will nicht schon wieder lästern.

Wir wollten doch über europäische Werte streiten! :rolleyes:
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 08:41)

Wenig überraschend, daß "Wirtschaft" andere Schwerpunkte setzt als die Politik. Eigentlich sollte es den Vorrang der Politik geben... aber da sollten Stichworte wie Dieselskandal und Entschädigung von Betrugsopfern genügen, um diese Rangordnung zu erkennen. Ein anderes Beispiel sind die Preise für Medikamente, mit denen der deutsche Verbraucher die Existenz der notleidenden deutschen Pharmaindustrie ermöglicht. Na schön, ich will nicht schon wieder lästern.

Wir wollten doch über europäische Werte streiten! :rolleyes:
Ja?

Unter dem Eindruck einer aktuellen ausführlichen Analyse zum Thema: "Endstation Sahel? Wie die EU Afrikas Migranten aufhalten will" (https://www.swr.de/swr2/programm/sendun ... index.html) ... auch wenn dieses Thema selbst hier off topic ist ... alles, worüber wir hier bislang diskutierten, ist demgegenüber absoluter Luxus, Kaffeetischgeplauder von Wohlstandsmitteleuropäern ...

Die EU verhandelt mit Diktatoren wie Präsident Debry aus dem Tschad und mit genau den Bandenanführern, die selbst maßgeblich für die Zustände in der Sahelzone durch Konfliktschürungen verantwortlich sind. Die ehemaligen Terroristen und korrupten Autokraten sollen nun die potenziellen Migranten in Schach halten. Schon für den Unterhalt von Flüchtlingslagern wurde von der EU-ECHO-Behörde nur für den Tschad etwa eine Milliarde Euro bereitgestellt. 33 Milliarden werden es in den nächsten zehn Jahren für Grenzschutz in der Sahelzone sein. Und die Diktatoren und Terroristen werden allesamt damit nur noch reicher und mächtiger. "Was man auch macht, man macht es verkehrt" heißt der Stoßseufzer entsprechender EU-Verantwortlicher. Und noch verkehrter wiederum sei es, gar nix zu machen.

Und damit wieder zurück in die Kaffeehäuser in Berlin, Paris, Warschau oder Budapest.

Mitten in Warschau sitzen übrigens die Frontex-Beamten, die an ihren Bildschirmen die Satellitenbilder von Mittelmeer, NOrdafrika und Sahelzone auswerten und Meldungen über Flüchtlingsbewegungen ausmachen. Und in den Pausen gehen die sicher auch mal irgendwo in der Stadt was essen oder trinken. Die Welt, Europa, EU ist schon - verglichen mit früheren Jahrzehnten - ziemlich seltsam geworden. "Dziwny Jest Ten Świat".
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Di 6. Nov 2018, 09:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(06 Nov 2018, 08:59)

Ja?

Unter dem Eindruck einer aktuellen ausführlichen Analyse zum Thema: "Endstation Sahel? Wie die EU Afrikas Migranten aufhalten will" (https://www.swr.de/swr2/programm/sendun ... index.html) ... auch wenn dieses Thema selbst hier off topic ist ... alles, worüber wir hier bislang diskutierten, ist demgegenüber absoluter Luxus, Kaffeetischgeplauder von Wohlstandsmitteleuropäern ...

Die EU verhandelt mit Diktatoren wie Präsident Debry aus dem Tschad und mit genau den Bandenanführern, die selbst maßgeblich für die Zustände in der Sahelzone durch Konfliktschürungen verantwortlich sind. Die ehemaligen Terroristen und korrupten Autokraten sollen nun die potenziellen Migranten in Schach halten. Schon für den Unterhalt von Flüchtlingslagern wurde von der EU-ECHO-Behörde nur für den Tschad etwa eine Milliarde Euro bereitgestellt. 33 Milliarden werden es in den nächsten zehn Jahren für Grenzschutz in der Sahelzone sein. Und die Diktatoren und Terroristen werden allesamt damit nur noch reicher und mächtiger. "Was man auch macht, man macht es verkehrt" heißt der Stoßseufzer entsprechender EU-Verantwortlicher. Und noch verkehrter wiederum sei es, gar nix zu machen.

Und damit wieder zurück in die Kaffeehäuser in Berlin, Paris, Warschau oder Budapest.
Auch das beeindruckt mich nicht sonderlich. Mit Erdogan hat Frau Merkel und danach auch die EU verhandelt, damit syrische Kriegsflüchtlinge möglichst schon in der Türkei aufgehalten werden. Oder man spricht als EU mit anderen Korruptokraten, anstatt eine Zusammenarbeit nur mit Partnern zu betreiben, die für gute Regierungsführung bekannt sind. Der Zweck heiligt keine derartigen Mittel. Wir sollten unbeirrt für unsere europäischen Werte kämpfen, innerhalb der EU und außerhalb auch.

Dazu benötige ich keinen anklagenden Tonfall, wohl aber Mitstreiter... je mehr, desto besser.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 09:09)

Auch das beeindruckt mich nicht sonderlich. Mit Erdogan hat Frau Merkel und danach auch die EU verhandelt, damit syrische Kriegsflüchtlinge möglichst schon in der Türkei aufgehalten werden. Oder man spricht als EU mit anderen Korruptokraten, anstatt eine Zusammenarbeit nur mit Partnern zu betreiben, die für gute Regierungsführung bekannt sind. Der Zweck heiligt keine derartigen Mittel. Wir sollten unbeirrt für unsere europäischen Werte kämpfen, innerhalb der EU und außerhalb auch.

Dazu benötige ich keinen anklagenden Tonfall, wohl aber Mitstreiter... je mehr, desto besser.
Das war auch nicht "anklagend" sondern eher schon selbstkritisch gemeint. Ich befasse mich zu 95 Prozent auch nur mit "Luxusproblemen".

Den Grund für die Popularität von Politikern wie Orbán sehe ich zu großen Teilen in dem Bedürfnis eines großen Teils der Menschen nach "Orientierung durch Zugehörigkeit". "Nation" ist da das altbewährte Konzept. Und das klappt ja auch. Ich glaube einfach nicht, dass das Konzept "Zugehörigkeit zu bewährten Partnern" da irgendwie hilfreich sein kann. Selbst wenn diese "Bewährtheit" in demokratischen Traditionen besteht. Es bedient ja dennoch selbst auch dieses ZUgehörigkeitsbedürfnis. Das selbständig denkende, kritische, skeptische Individuum braucht dergleichen nicht. Ich wüsste aber kein anderes Konzept dafür, als die WIderetablierung einer individualistischen Kultur, Kunst, Lebensvorstellung. Und deswegen stimme ich zu, wenn jemand sagt und schreibt, das Projekt Europa werde nur dann gerettet, wenn das Prinzip der "ever closer union" fallengelassen wird.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 09:09)

Auch das beeindruckt mich nicht sonderlich. Mit Erdogan hat Frau Merkel und danach auch die EU verhandelt, damit syrische Kriegsflüchtlinge möglichst schon in der Türkei aufgehalten werden. Oder man spricht als EU mit anderen Korruptokraten, anstatt eine Zusammenarbeit nur mit Partnern zu betreiben, die für gute Regierungsführung bekannt sind.
Speziell dazu noch mal. Wenn dieses Prinzip sich konsequent in der internationalen Politik durchsetzen würde, stünde die Welt binnen kurzem vor dem Abgrund. Seit jeher bedeutete Politik Vermittlung in einem heterogenen Umfeld. Ist der schnelle Verfall der Zustimmung zu Macron innerhalb von Frankreich nicht auf genau dieses Sturheits- und Arroganz-Prinzip zurückzuführen: Ich rede nur noch mit denen, die dieselben Ansichten vertreten wie ich. Anders als vielleicht häufig vermutet stehen sich Vermittlungsfähigkeit und Prinzipientreue nicht unversöhnlich gegenüber.

Aktuell dazu ein DLF-Hintergrund: Parteien in Frankreich: Erstarken der „Neuen Rechten“.

Der Rückzug in den "engen Kreis der engsten Verbündeten" hinterlässt ein Vakuum, in das dann noch rechtere politische Kräfte einsickern als die, die es vorher bevölkerten. So würde ich diese Analyse zur Sitiation in Frankreich zusammenfassen und ähnlich sehe ich es auch für ganz Europa.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2018, 09:05)

Speziell dazu noch mal. Wenn dieses Prinzip sich konsequent in der internationalen Politik durchsetzen würde, stünde die Welt binnen kurzem vor dem Abgrund. Seit jeher bedeutete Politik Vermittlung in einem heterogenen Umfeld. Ist der schnelle Verfall der Zustimmung zu Macron innerhalb von Frankreich nicht auf genau dieses Sturheits- und Arroganz-Prinzip zurückzuführen: Ich rede nur noch mit denen, die dieselben Ansichten vertreten wie ich. Anders als vielleicht häufig vermutet stehen sich Vermittlungsfähigkeit und Prinzipientreue nicht unversöhnlich gegenüber.

Aktuell dazu ein DLF-Hintergrund: Parteien in Frankreich: Erstarken der „Neuen Rechten“.

Der Rückzug in den "engen Kreis der engsten Verbündeten" hinterlässt ein Vakuum, in das dann noch rechtere politische Kräfte einsickern als die, die es vorher bevölkerten. So würde ich diese Analyse zur Sitiation in Frankreich zusammenfassen und ähnlich sehe ich es auch für ganz Europa.
Sie vermischen Realpolitik unter unabhängigen Staaten mit der Entwicklung eines europäischen Projekts. Das hatte ich doch ganz vernünftig auseinander gehalten.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von Orbiter1 »

Heute wird Manfred Weber von der EVP-Fraktion zum Spitzenkandidaten für die Nachfolge von Juncker gewählt. Bedauerlicherweise denkt er im Gegensatz zu seinem chancenlosen Herausforderer Stubb nicht im Traum daran die Fidesz-Partei aus der EVP-Fraktion auszuschließen. Für mich ist er damit komplett unglaubwürdig und ich hoffe ein anderer tritt die Nachfolge von Juncker an.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(08 Nov 2018, 07:47)

Heute wird Manfred Weber von der EVP-Fraktion zum Spitzenkandidaten für die Nachfolge von Juncker gewählt. Bedauerlicherweise denkt er im Gegensatz zu seinem chancenlosen Herausforderer Stubb nicht im Traum daran die Fidesz-Partei aus der EVP-Fraktion auszuschließen. Für mich ist er damit komplett unglaubwürdig und ich hoffe ein anderer tritt die Nachfolge von Juncker an.
Die EVP-Fraktion ist vermutlich die zahlenstärkste politische Gruppe im EU-Parlament. Wenn sich nicht alle EVP-Vertreter für Herrn Weber erwärmen können, dann können sie mit einem Bewerber aus den übrigen Fraktionen liebäugeln, wenn der eher ihren europapolitischen Vorstellungen entspricht. Freie und geheime Wahl könnte den üblichen Fraktionszwang ausschalten.

Wir sehen doch, daß das europäische Projekt durch mutwillige Regelbrüche zerstört wird. Auch im EU-Parlament ist "weiter so!" nicht gerade das, was diese offenen Wunden schließt. Was werden die EU-Parlamentarier denn dazu sagen, wenn weitgehende Wahlverweigerung ihre Existenz in Frage stellt... oder auch dort die "Volksparteien" so einschrumpfen wie zuletzt in unseren Landtagswahlen?
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(08 Nov 2018, 09:01)

Die EVP-Fraktion ist vermutlich die zahlenstärkste politische Gruppe im EU-Parlament. Wenn sich nicht alle EVP-Vertreter für Herrn Weber erwärmen können, dann können sie mit einem Bewerber aus den übrigen Fraktionen liebäugeln, wenn der eher ihren europapolitischen Vorstellungen entspricht. Freie und geheime Wahl könnte den üblichen Fraktionszwang ausschalten.
Sie sollten sich noch einmal das Prozedere zur Wahl des EU- Kommissionspräsidenten ansehen. Heute geht es nur um den Wunschkandidaten der EVP-Fraktion. Ob der dann wirklich zur Wahl steht ist eine ganz andere Frage. Nur der Europarat, bestehend aus den 27 Staats- und Regierungschefs hat ein Vorschlagsrecht. Sollten Merkel oder Macron nächstes Jahr zur Verfügung stehen weil sie ihre Regierungsämter verloren haben, könnten auch sie vom Europarat vorgeschlagen werden.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(08 Nov 2018, 09:23)

Sie sollten sich noch einmal das Prozedere zur Wahl des EU- Kommissionspräsidenten ansehen. Heute geht es nur um den Wunschkandidaten der EVP-Fraktion. Ob der dann wirklich zur Wahl steht ist eine ganz andere Frage. Nur der Europarat, bestehend aus den 27 Staats- und Regierungschefs hat ein Vorschlagsrecht. Sollten Merkel oder Macron nächstes Jahr zur Verfügung stehen weil sie ihre Regierungsämter verloren haben, könnten auch sie vom Europarat vorgeschlagen werden.
Das sind die geltenden Regeln, schon richtig. Ich erinnere aber daran, daß das EU-Parlament sich zuletzt gegen diese Regeln das Recht ertrotzt hatte, sowohl den Parlamentspräsidenten (damals Schulz) als auch den Kommissionspräsidenten (damals Juncker) vor zu schlagen. Das Druckmittel war dabei die Regel, daß das EU-Parlament den gesamten Kommissionsvorschlag des EU-Ministerrats zurückweisen kann, so daß es besser ist, die einigen sich gütlich gleich von Anfang an über den Kommissionspräsidenten.

Damals hat Cameron noch sehr geschäumt vor Ärger; demnächst schäumt kein Brite mehr mit.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von Orbiter1 »

Wie erwartet wurde Weber zum Spitzenkandidaten gewählt, auch seine 79,2% liegen im Rahmen der Erwartungen. Mal sehen welche Kandidaten die anderen Fraktionen im Europaparlament aufstellen.
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Re: Wie abwegig ist es mit Rauswurf aus der EU zu drohen für mangelhafte Solidarität (Ungarn, Polen, Tschechien, Slovake

Beitrag von schokoschendrezki »

Orbiter1 hat geschrieben:(08 Nov 2018, 12:35)

Wie erwartet wurde Weber zum Spitzenkandidaten gewählt, auch seine 79,2% liegen im Rahmen der Erwartungen.
Ja. Leider. Aber eben tatsächlich auch erwartungsgemäß. Die EVP-Fraktion ist der Mainstream in Europa und die Positionen Webers sind innerhalb des Mainstreams der Mainstream. Die politische Bedeutung der Spitzenkandidatenaufstellung Webers besteht darin, dass sein finnischer Gegenkandidat die Zurechtweisung von Politikern wie Orbán in seinem Programm nicht irgendwo sondern ausdrücklich ganz oben angesetzt hat. Liberalkonservative kommen gegenüber rechtskonservativen nicht an. Kaczinsky und May und Co stellen sich bewusst außerhalb. Orbán und Fidesz dagegen sind und bleiben Bestandteil dieses rechtskonservativen Mainstreams und werden sich noch weiter darin etablieren. Dass bei der gemeinsamen Migrationspolitik von EU und internationaler Gemeinschaft nun nach V4, Österreich und Italien auch Dänemark sich verweigert, liegt auf der gleichen Linie.

Es gibt eine sture Haltung, die trotz dieser Faktenlage realitätsfern auf eine "ever closer union" setzt. Dass sich dieser Thread hier über weite Strecken als geschlossenes Dreiergespräch entfaltet und sonst kaum jemanden interessiert, bestätigt dies nur. Die Gegenstrategie lautet: Solidarität und Stärkung der liberalen und oppositionellen politischen Kräfte in Regionen wie Osteuropa, Österreich, Italien. Eine Abgrenzung aus Prinzip wird die EU-Skeptiker dort nur bestärken.

Aber egal: Ein Rauswurf der Fidesz aus der EVP oder gar ein Rauswurf Ungarns aus der EU ist kurz und mittelfristig völlig unrealistisch, utopisch und von den maßgeblichen politischen Kräften nicht gewollt. Und vor allem von den sie wählenden Mehrheiten nicht erwünscht. Vergesst es! Denkt lieber über realistische Strategien zur Rettung von Demokratie und dem Geist des EU-Projekts nach.

Von den Wirtschafts-Kräften mal ganz abgesehen. "Die deutsche Wirtschaft feiert den „Trump der Tropen“" ist ein aktueller Artikel im Handelsblatt zur Präsidentschaftswahl in Brasilien überschrieben. Heißt: Der im Vergleich "ultrademokratische", "ultraliberale" Orbán kann sich noch einige Lichtjahre nach rechts und Autokratie bewegen. Die deutsche Wirtschaft wird in nur umso mehr hofieren. Macht euch doch keine Illusionen!
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