Senexx hat geschrieben:(22 Aug 2017, 14:15)
Die IV. Republik war gescheitert, die Politik am Ende. Da hat man De Gaulle gerufen. Und als ehemaliger General hat er halt nix von Demokratie gehalten und konnte die Bedingungen diktieren. Man hätte die Stabilität auch anders herstellen können, aber das hätte bedeutet, dass man zum Beispiel über den Tellerrand blickt. Frankreich war schon immer eine Nation, die sich für den Nabel der Welt gehalten hat, und vom Rest der Welt wenig verstanden hat und wenig wissen wollte. Eine abgeschottete Kultur am Westrand Europas. Und die Übernahme des schon damals erfolgreichen deutschen Modells kam für die Siegermacht Frankreich natürlich nicht in Frage. Abgesehen davon, dass kein Franzose von Relevanz davon auch nur den blassen Schimmer hatte.
Oooch, solche Zuweisungen könnten Sie mit Recht auch uns Deutschen anhängen. Frankreich hatte eben einige Jahrhunderte lang in Europa Maßstäbe gesetzt in fast allen Lebensbereichen. Damit war es zu Ende mit der Niederlage des Kaiserreichs Frankreich gegen das Königreich Preußen mit seinen Verbündeten. Es ist natürlich wunderschön, zu gegebenen Jahrestagen immer wieder an den Ruhm längst vergangener Zeiten zu erinnern und sich an diesem Tage besonders hoch zu stimmen. Die Niederungen der nächsten Alltage sind deshalb aber nicht zu vermeiden.
Und das sollte Franzosen in breiter Allgemeinheit nicht bewußt sein? Ehrlicherweise sind mir solche Franzosen nie begegnet. In meiner gesellschaftlichen Klasse fand ich die Kollegen durchweg aufgeschlossen und ohne Dünkel zur Zusammenarbeit bereit. Auch begabt zur Selbstironie, wie alle klugen Leute. Natürlich gab es Gerangel um Führungsaufgaben. Darin unterscheiden sich Franzosen aber kaum von ihren deutschen oder italienischen Nachbarn.
Daß Charles de Gaulle ein Franzose vom alten Schlage war... wer wollte das bestreiten? Schon der Name!
Charles de Gaulle wurde gebraucht, und er hat seine Bedingungen durchgesetzt; wie das so ist, wenn man gebraucht wird. Mir ist klar, daß diese Machtfülle nur in Verbindung mit einem Menschen funktionieren kann, der sich weit über seine leibliche Existenz hinaus der Gemeinschaft verpflichtet fühlt. De Gaulle hatte damit keine Mühe, so meine ich. In Präsident Macron vermute ich einen würdigen Nachfolger in diesem Amt, der noch weiter gehend als de Gaulle die europäischen Nachbarn in sein Streben einbezieht. Hoffentlich habe ich damit Recht... wir Europäer könnten diese frische Kraft gut gebrauchen!