Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

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Senexx

Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Senexx »

H2O hat geschrieben:(17 Feb 2018, 11:41)

Ja, in der Vorwahl; im Endkampf hat er über 60% der Stimmen auf sich ziehen können. Respekt!
Im zweiten Wahlgang hatten die Franzosen die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub. Sie haben sich für Beelzebub entschieden.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(17 Feb 2018, 14:16)

Genau das ist die bestechende Logik und es ist die selbe wie die des Wiener Kongresses. Das Europa der Vielen ist vom Europa der Wenigen zu regeln.

Ob Macron und Merkel tatsächlich nicht über diesen Gedanken hinaus zu kommen vermögen, ist aber eine andere Sache.
Die Vielen könnten doch ihr eigenes Europa machen. Wer hindert sie? Dann gucken die beiden ganz schön dumm aus der Wäsche! :eek:
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(17 Feb 2018, 15:27)

Die Vielen könnten doch ihr eigenes Europa machen. Wer hindert sie? Dann gucken die beiden ganz schön dumm aus der Wäsche! :eek:
Nehmen wir an, Österreich und Ungarn würden sich verzahnen und Resteuropa bliebe zurück. Zweisamkeit kann ja schön sein, aber ist es deshalb gleich Europa?

Tatsächlich geht es ja aber um etwas anderes als um ein binäres Zahlensystem. Ein 500-Millionen-Ding hat nunmal eine andere Bedeutung als eine Urkunde mit Lametta. Macron weiß dies ziemlich sicher, er sprach ja mal davon, dass europäische Einzelstaaten vom chinesischen Dumping an die Wand gedrückt werden würden und zwar chancenlos. Eine Urkunde wird da nicht helfen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(17 Feb 2018, 17:40)

Nehmen wir an, Österreich und Ungarn würden sich verzahnen und Resteuropa bliebe zurück. Zweisamkeit kann ja schön sein, aber ist es deshalb gleich Europa?

Tatsächlich geht es ja aber um etwas anderes als um ein binäres Zahlensystem. Ein 500-Millionen-Ding hat nunmal eine andere Bedeutung als eine Urkunde mit Lametta. Macron weiß dies ziemlich sicher, er sprach ja mal davon, dass europäische Einzelstaaten vom chinesischen Dumping an die Wand gedrückt werden würden und zwar chancenlos. Eine Urkunde wird da nicht helfen.
Tja, ich hatte schon verstanden, daß Präsident Macron zu dumm sei, solche Dinge zu verstehen. Also scheint er doch etwas Ahnung vom politischen Geschäft zu haben. Alles wird gut.

Meine Sicht: Ein einiges Bündnis von 140 Mio Menschen macht mehr Eindruck als ein zerstrittener Hühnerhaufen mit 500 Mio. Man erkennt das an Rußland.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Die amtierende Kanzlerin hat ihre Vorstellungen zur Neugestaltung der EU-Mittelverteilung im Bundestag vorgetragen. Die Höhe der Mittelzuweisungen aus EU-Kassen soll ihrer Ansicht nach von der Aufnahme von Flüchtlingen nach einem fairen Verteilungsschlüssel abhängen. Als Staatsbürger sehe ich auch nicht ein, daß Deutschland, also wir Deutschen als Steuerzahler, große Lasten tragen, weil die EU offene Binnengrenzen hat und leider auch eine ziemlich ungeschützte Außengrenze, an der auch weitere ungerufene Flüchtlinge aus Seenot gerettet werden müssen.

Dieser innere Zielkonflikt ist spürbar: Alle Lasten landen in Deutschland und wenigen anderen Partnerstaaten, und die Freuden einer Mitgliedschaft genießen jene, die keinerlei Verpflichtungen nachkommen, ihre Erwerbslosen und Obdachlosen in die übrige EU entsorgen, ihre Rechtsstaatlichkeit nach Gutdünken abbauen. Dafür hat die deutsche Wirtschaft dort Möglichkeiten, zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen... und natürlich damit auch Geld zu verdienen, aber auch Steuern in den entsprechenden Ländern zu bezahlen. Insgesamt ein unausgeglichenes Geschäft, meine ich.

Die polnische Regierung hat schon länger diese Veränderung der Mittelverteilung der EU auf dem Schirm, und jetzt, wo nicht nur die Möglichkeit angedeutet wird, daß es dazu aus obigen Beweggründen kommen könnte, läßt sie öffentlich heraus, daß dieses Verfahren die EU spalten könne. Das ist natürlich richtig erkannt, aber befinden wir uns in dieser Spaltung nicht schon längst? Wenn ein Land sich vertraglich zugelassenen Mehrheitsentscheidungen des EU Ministerrats zur Flüchtlingsverteilung verweigert, die Gewaltenteilung seines Rechtsstaats aushöhlt, wegen beider Vorgänge von der EU vor dem EuGH verklagt wird... ist das etwa keine Spaltung der EU, bei bisher vollen Freuden der Mittelzuweisungen und Grundfreiheiten der EU? Dazu noch in der EU nach gleichgesinnten Verweigerern sucht, also eine Gemeinschaft der Verweigerer und Nutznießer bildet?

Mich wundert, daß aus Brüssel nicht derartige Reden zu vernehmen sind... daß also einzelne Lasttiere ihr Unbehagen und ihre Forderungen nach Abhilfe öffentlich machen müssen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(23 Feb 2018, 07:55)

Die amtierende Kanzlerin hat ihre Vorstellungen zur Neugestaltung der EU-Mittelverteilung im Bundestag vorgetragen. Die Höhe der Mittelzuweisungen aus EU-Kassen soll ihrer Ansicht nach von der Aufnahme von Flüchtlingen nach einem fairen Verteilungsschlüssel abhängen. Als Staatsbürger sehe ich auch nicht ein, daß Deutschland, also wir Deutschen als Steuerzahler, große Lasten tragen, weil die EU offene Binnengrenzen hat und leider auch eine ziemlich ungeschützte Außengrenze, an der auch weitere ungerufene Flüchtlinge aus Seenot gerettet werden müssen.
wird es vllt zeit die EU aufzuteilen oder jedenfalls das als ernsthafte alternative zu sehen? Nexit und Sexit.

ich kann die logik der EU nicht verstehen. GB geht weg. also fällt ein teil des geldes weg. aber mehr fällt weg. eine bestimmte zahl der einwöhner. die EU wird kleiner. warum sollen dann die gelder nicht auch geändert werden? selbstverständlich verhältnismäßig.
die kunst ist nicht zu wachsen, sondern zu beherrschen. kann einer mir erklären warum die EU immer mehr geld bekommen muß statt zu versuchen - wie »die« länder - das budgett herunterzuschrauben.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Fuerst_48 »

Nomen Nescio hat geschrieben:(23 Feb 2018, 11:24)

wird es vllt zeit die EU aufzuteilen oder jedenfalls das als ernsthafte alternative zu sehen? Nexit und Sexit.

ich kann die logik der EU nicht verstehen. GB geht weg. also fällt ein teil des geldes weg. aber mehr fällt weg. eine bestimmte zahl der einwöhner. die EU wird kleiner. warum sollen dann die gelder nicht auch geändert werden? selbstverständlich verhältnismäßig.
die kunst ist nicht zu wachsen, sondern zu beherrschen. kann einer mir erklären warum die EU immer mehr geld bekommen muß statt zu versuchen - wie »die« länder - das budgett herunterzuschrauben.
Meine Großmutter pflegte zu sagen : Der Teufel scheißt auf einen großen Haufen.
Sie meinte damit die Habsburger-Monarchie. (Parallelen zur EU sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.) :thumbup: :cool:
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(23 Feb 2018, 11:24)

wird es vllt zeit die EU aufzuteilen oder jedenfalls das als ernsthafte alternative zu sehen? Nexit und Sexit.

ich kann die logik der EU nicht verstehen. GB geht weg. also fällt ein teil des geldes weg. aber mehr fällt weg. eine bestimmte zahl der einwöhner. die EU wird kleiner. warum sollen dann die gelder nicht auch geändert werden? selbstverständlich verhältnismäßig.
die kunst ist nicht zu wachsen, sondern zu beherrschen. kann einer mir erklären warum die EU immer mehr geld bekommen muß statt zu versuchen - wie »die« länder - das budgett herunterzuschrauben.
Ja, das kann ich Ihnen erklären: Die EU, nicht die Kommission (!), hat die Zahl der Aufgaben der EU vergrößert. Das waren die vielen Regierungschefs im EU-Ministerrat; daran sollte sich auch der niederländische Ministerpräsident beteiligt haben... auch wenn der vielleicht jetzt ganz fein stille schweigt, weil da Gegenwind aufkommt. Die großen Themen waren der Schutz der Außengrenzen, die Verbesserung der Sicherheit gegen Terror und organisiertes Verbrechen bei offenen Grenzen im Inneren und die Harmonisierung des Aufbaus der europäischen Armeen.

Also, ich meckere nicht, wenn die EU mehr Gemeinschaft will und wenn das dann auch Geld kostet. Ich meckere aber, wenn EU-Verträge nach Geist und Buchstaben vorsätzlich und gegen dringendes Bitten gebrochen werden, und unser Land dann als Melkkuh zur Befriedigung unberechtigter Ansprüche dienen soll. Für mehr Gemeinschaft "alles", für ihre Zerstörung "nichts".

Ein NEXIT oder SEXIT wäre wirklich bedauerlich; aber wenn es außerhalb der EU gemütlicher ist, dann kann ich das verstehen.-
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Huch, das Gift beginnt zu wirken?! Heute in den Frühnachrichten des DLF wurde der polnische Vize-Außenminister Szymański mit einer bemerkenswerten Nachricht in Verbindung gebracht: Ja, man trage einen unerquicklichen Streit mit der EU vor dem EuGH aus wegen der Rechtsstaatlichkeit Polens. Zwar kämen die Verfasssungskonstruktionen Stück für Stück in anderen EU-Staaten in gleicher Weise vor, aber das Gesamtgebilde solle doch im Einvernehmen mit der EU noch einmal abgeglichen werden, um alle Bedenken zur polnischen Rechtsstaatlichkeit zu beseitigen.

Das hört sich doch erst einmal ganz vernünftig an: Man will gemeinsam prüfen und womöglich ändern. Das hätten diese Holzköpfe in Warschau aber auch einfacher haben können. Anstatt dessen haben diese unreifen Politiker den armen EU-Vizepräsidenten Frans Timmermanns beschimpft und es auf eine Klage vor dem EuGH ankommen lassen. Inzwischen wirkt wohl die Drohung der Kanzlerin und des Kommissars Öttinger, daß die Mittelverteilung aus EU-Kassen abhängig gemacht wird von der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der Bereitschaft, bei der Lösung der Flüchtlingskrise tätig mit zu wirken.

Da hat wohl doch jemand etwas genauer nachgerechnet, welchen Preis das Land dafür zahlen wird, daß es sich in der erlebten Weise gegen die Gemeinschaft in Stellung bringt. Die bedrohte Geldzufuhr ist auch nicht gerade der ersehnte Beweggrund, sich konstruktiv in die EU ein zu bringen! Aber besser als gar nichts!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:Inzwischen wirkt wohl die Drohung der Kanzlerin und des Kommissars Öttinger, daß die Mittelverteilung aus EU-Kassen abhängig gemacht wird von der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der Bereitschaft, bei der Lösung der Flüchtlingskrise tätig mit zu wirken.

Da hat wohl doch jemand etwas genauer nachgerechnet, welchen Preis das Land dafür zahlen wird, daß es sich in der erlebten Weise gegen die Gemeinschaft in Stellung bringt. Die bedrohte Geldzufuhr ist auch nicht gerade der ersehnte Beweggrund, sich konstruktiv in die EU ein zu bringen! Aber besser als gar nichts!
Die Äußerungen von Szymański ändern nichts an dem Ziel von Kaczynski Polen in Richtung Autokratie umzubauen. Da geht es nur darum einem Teil der polnischen Wählern zu vermitteln man hätte ja alles versucht sich mit der EU einig zu werden. Und darum sich möglichst lange aus den EU-Trögen zu bedienen. Die Werte der EU und ihr Geist werden von der polnischen Regierung und der Mehrheit der Polen, die diese Regierung gewählt haben, zutiefst verachtet.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(25 Feb 2018, 10:42)

Die Äußerungen von Szymański ändern nichts an dem Ziel von Kaczynski Polen in Richtung Autokratie umzubauen. Da geht es nur darum einem Teil der polnischen Wählern zu vermitteln man hätte ja alles versucht sich mit der EU einig zu werden. Und darum sich möglichst lange aus den EU-Trögen zu bedienen. Die Werte der EU und ihr Geist werden von der polnischen Regierung und der Mehrheit der Polen, die diese Regierung gewählt haben, zutiefst verachtet.
Diesen Eindruck kann ich so nicht bestätigen. In Polen gibt es schon eine europäische Grundströmung. Die PiS-Regierung ist wegen sozialer Wohltaten (Kindergeld...) gewählt worden. Die PiS ist natürlich sehr nationalistisch ausgerichtet, und da treffen Ihre Bemerkungen schon weitgehend zu... aber auch nicht durchgehend.

Meine polnischen Erfahrungen habe ich in Pommern gesammelt: Sehr europäisch angehaucht... und auch voller Hochachtung für das heutige Deutschland. Ich wohne da immer wieder längere Zeit unter polnischen Freunden, und ich würde dort auch ganzjährig wohnen, wenn die ärztliche Versorgung auf dem Lande besser wäre. Aus gesundheitlichen Gründen kann ich mir diese Lebensweise nicht leisten. Menschlich ist da alles bestens!

Aus meiner Sicht wäre es deshalb schade, wenn Polen die EU verlassen würde. Aber das soll die PiS-Regierung dann auch erst einmal beschließen. Mal sehen, was die Polen dazu sagen würden..
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Aus der Ferne gesehen war die Aufnahme von Polen in die Eu uebereilt. Es war so quasi bring sie nach Hause zu Mutter bevor sie es sich anders ueberlegen.

Jetzt muss man sich damit abfinden ein Mitglied zu haben das sich nicht europaeisch verhaelt es sei denn es ist zu ihrem eigenen Vorteil.

Ich denke nicht das Polen die Eu verlassen wird. Die Kuh die man melkt schlachtet man nicht. Wenn Bruessel Cojones haette koennten die denken Polen waere die Kuh und sie gibt nicht genug Milch! Got it? Dann wiederum wer will schon Putin's Spiel spielen?
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:Aus meiner Sicht wäre es deshalb schade, wenn Polen die EU verlassen würde.
Ein Land dass nur die Vorteile der EU nutzen will, die Nachteile lieber anderen aufbürdet und ansonsten jede Einmischung der EU in "innere Angelegenheiten" ablehnt hat in der EU rein gar nichts verloren. Die muß man rausschmeißen. Ist aber mit dem Lissabon-Protokoll nicht umsetzbar, daher schnellstmöglich Gründung einer verkleinerten EU-Nachfolgeorganisation mit D, F und BeNeLux.
Aber das soll die PiS-Regierung dann auch erst einmal beschließen. Mal sehen, was die Polen dazu sagen würden..
Die Schuld daran wird selbstverständlich mit Hilfe der polnischen Propaganda zu 100% der EU in die Schuhe geschoben werden.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(25 Feb 2018, 11:29)

Ein Land dass nur die Vorteile der EU nutzen will, die Nachteile lieber anderen aufbürdet und ansonsten jede Einmischung der EU in "innere Angelegenheiten" ablehnt hat in der EU rein gar nichts verloren. Die muß man rausschmeißen. Ist aber mit dem Lissabon-Protokoll nicht umsetzbar, daher schnellstmöglich Gründung einer verkleinerten EU-Nachfolgeorganisation mit D, F und BeNeLux. Die Schuld daran wird selbstverständlich mit Hilfe der polnischen Propaganda zu 100% der EU in die Schuhe geschoben werden.
Wenn die EU durch ihre offenen Interessengegensätze gegen die Wand fährt, dann bleibt den verbiebenen Europäern auch nichts weiter übrig. Man wird ab zu warten haben, ob die genannten Partner am Ende diese Entwicklung noch mit machen. Ich würde sogar noch kleinere Brötchen backen; wenn es nur in D&F dieses Bestreben gibt... auch gut: Die Stumme im Bett ist besser als die Taube auf dem Dach!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Wenn ich das Kauderwelsch aus der Online-Übersetzung richtig interpretiere schmiert die PiS-Partei bei Umfragen gerade 2-stellig ab. Quelle: [...] Mal sehen ob das bis zu den Wahlen nächstes Jahr anhält. Vielleicht kommt ja doch noch eine EU-freundlichere Regierung in Polen an die Macht.
Zuletzt geändert von Brainiac am Do 10. Mai 2018, 14:12, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: [MOD] fremdspr. Link entfernt
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(09 May 2018, 09:05)

Wenn ich das Kauderwelsch aus der Online-Übersetzung richtig interpretiere schmiert die PiS-Partei bei Umfragen gerade 2-stellig ab. Quelle: [...] Mal sehen ob das bis zu den Wahlen nächstes Jahr anhält. Vielleicht kommt ja doch noch eine EU-freundlichere Regierung in Polen an die Macht.
Ganz so ermutigend ist das Umfrageergebnis leider doch nicht. Die PiS hat 7,6% verloren [Ein anderes Umfrageinstitut hat 12% Verlust für die PiS ermittelt], aber keine Oppositionspartei hat nennenswert gewonnen. Jeder hat etwas bekommen, und damit fast nichts. Die Opposition ist heillos zerstritten. Die 7,6% Verlust beziehen sich auf April 2017, nicht auf das Wahlergebnis 2015. Dennoch liegt das Umfrageergebnis mit 194 Sitzen unter dem Wahlergebnis der PiS mit 235 Sitzen.

Wenn die PiS sich nicht wieder aufrappeln kann, dann könnte sie eine Regierungskoalition eingehen, um eine Regierungsmehrheit zu erreichen. Eine Regierungsmehrheit der Oppositionsparteien ist augenblicklich unwahrscheinlich. Dazu müßten sich 5 Parteien einig sein!

Ehrlich gesagt verstehe ich die Zahlen überhaupt nicht. Die passen hinten und vorne nicht zu der Graphik in der Rzeczpospolita. Der zu Folge hätte die PiS einen Umfrageverlust von 17,4% ihrer 235 Sitze zu betrauern, oder eine Machtverschiebung von 9% im Seim mit 459 Sitzen. Na ja, mehr Mühe sollte man auf die Nachforschung nicht verwenden.

Im Hintergrund lauert aus meiner Sicht ein Bruch in der PiS, die zur Wahl gemeinsam mit zwei kleineren Parteien angetreten war. Der Justizminister Ziobro hat durch die Richterwahlen die Unabhängigkeit der Justiz unterlaufen. Wenn da größere Baustellen mit Blick auf die EU geöffnet werden, dann kann es Krach geben. Da könnten weitere 9 Stimmen verloren gehen.

Der PiS-Parteipräsident Jaroslaw Kaczyński meint vermutlich zu Recht, daß seine Minister sich einen empörend großen Bonus genehmigt hatten, was beim Wahlvolk gar nicht gut ankam. Vor allem war bei der Entscheidung große Einmütigkeit angesagt. Dazu meinte die ehemalige Premierministerin Szydło, daß diese Einmütigkeit die Wähler besonders geärgert hatte.

Ich wohne derzeit in Pommern.. das Parteiengewürge ist hier überhaupt kein Thema. "Kein Klang der aufgeregten Zeit drang noch in diese Einsamkeit!" :thumbup:
Zuletzt geändert von Brainiac am Do 10. Mai 2018, 14:13, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: [MOD]
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von imp »

Donald Tux spielt in seiner EU-Rolle nun die geschlossene Gemeinschaft, die an ihrem US-Freund verzweifelt. In seiner nationalen Rolle klang das bisweilen anders.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(17 May 2018, 10:40)

Donald Tux spielt in seiner EU-Rolle nun die geschlossene Gemeinschaft, die an ihrem US-Freund verzweifelt. In seiner nationalen Rolle klang das bisweilen anders.
Das ist enttäuschte polnische Liebe, die eben keine US-amerikanische Gegenliebe findet. Aber ich meine, daß der Herr Tusk seine Arbeit in Brüssel ganz ordentlich tut. Dafür wurde er zu Recht mit einer 2. Amtszeit geehrt, gegen den heftigen Widerstand der polnischen Regierung.

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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Weddingen »

H2O hat geschrieben:(25 Mar 2017, 13:55)

Aber sicher, und dafür hätte ich volles Verständnis, wenn sie sich insgesamt gemeinschaftsdienlich verhalten hätte, und nur Bösartigkeit und Willkür am Werke wäre. Die Irgendwiereaktion wäre vermutlich das Verlassen der Gemeinschaft.

Die polnische Regierung bricht EU-Recht, will keineswegs die vertiefte Zusammenarbeit, droht in völlig unzulässiger Weise mit Zerstörung der Gemeinschaft (Außenminister Waszczykowski), bildet politische Bündnisse "gegen Brüssel". Immer wieder wird durch die polnische Regierung Deutschland als Bösewicht dargestellt, der die EU gegen Polen aufwiegelt und in Stellung bringt.

Gottlob zeigt fast die gesamte EU der polnischen Regierung nach solchen Vorträgen den Piepvogel; sogar die Griechen, die Polen eiskalt auf seinen Flüchtlingen sitzen läßt. Italien hat sich auch schon dahingehend geäußert. Solidarität heißt für Polen derzeit, daß die EU zahlt und ansonsten das Land nach Gutdünken seinen demokratischen Rechtsstaat mit Gewaltenteilung über die Kante kippen läßt.

Erstmals hat Präsident Hollande öffentlich und vergleichsweise undiplomatisch Frau Szydło auf die Regionalförderung hingewiesen, die man auch verwirken könne.

Ich habe das Gefühl, daß sich diese Sache noch längst nicht erledigt hat. Für Polen wäre es sehr einfach, seine unhaltbaren Positionen zu räumen und zu gedeihlicher Zusammenarbeit mit allen Partnern in der EU über zu gehen. Die EU kann unmöglich zulassen, daß ein Mitglied ohne Not in der EU Streit vom Zaune bricht und die Voraussetzungen für einen EU Beitritt abräumt, ohne daß dies Folgen hätte.

Ich halte es aber für gut, daß die EU die Angelegenheit mit Langmut bearbeitet. So bekommt Polen Gelegenheit, sich mit den Vorhaltungen selbstkritisch zu befassen. Aber irgendwann wird der Hammer fallen.
Das Problem in Polen ist die Bildung der öffentlichen Meinung, ich habe dort 7 Jahre beruflich verbracht. Hier geht man nach folgendem Wahlspruch vor:
"Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das Verständnis klein, dafür jedoch die Vergesslichkeit groß. Aus diesen Tatsachen heraus hat sich jede wirkungsvolle Propaganda auf nur sehr wenige Punkte zu beschränken und diese schlagwortartig so lange zu verwerten, bis auch bestimmt der Letzte unter einem solchen Wort das Gewollte sich vorzustellen vermag." (von Adolf Hitler)
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Solche Begriffsstutzigkeit würde ich unseren polnischen Nachbarn nicht vorhalten. Die Leute reden schon noch miteinander und tauschen sich aus. Das Grundübel scheint mir ein übertriebener polnischer Gemeinschaftsgeist zu sein. Da schaukelt sich schnell einmal eine Stimmung auf, ohne auf die Folgen außerhalb zu achten. Aber ohne diesen Gemeinschaftsgeist gäbe es Polen heute auch gar nicht mehr. Dennoch nervt er, weil er das Land hindert, sich in die EU als treibende Kraft ein zu bringen. Meine Vermutung: Je länger der heutige Normalzustand des Zusammenlebens unter friedlichen Nachbarn anhält, desto mehr werden sich auch die Empfindungen der Nachbarn einander annähern. Von Politikern würde ich allerdings erwarten, daß sie diese Dinge voraus gestalten... in Polen klammern sie sich aber an Geschichte und Vergangenheit und Opferrolle fest.

Mal sehen, was geschehen wird, wenn sich dieses unsolidarische Verhalten auf gleich mehreren Feldern in Mittelentzug durch die EU ausdrücken wird. Es sieht ja so aus, als ob die EU in dem Punkt entschlossen zu sein scheint. Der nächste Punkt wäre eine Sonderrolle der Euro-Gruppe als Gemeinschaft in der Gemeinschaft, die den Kurs der EU bestimmt.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Ein neuer Rohrkrepierer zeichnet sich ab, weil Polen so übereifrig jede polnische Beteiligung an den Judenverfolgungen von sich weisen wollte. Los ging es mit der sprachlich verwirrenden Bezeichnung "polnische Konzentrationslager", die auch außenpolitisch strafrechtlich verfolgt werden sollte. Dummerweise machten sich aber nicht nur Deutsche, sondern auch Amerikaner und Israelis dieser Verfehlung schuldig, wenn sie deutsche Konzentrationslager auf polnischem Boden meinten.

Anstatt nun bei zu drehen und fünfe gerade sein zu lassen, quängelten polnische Politiker weiter in dieser Sache trotz des israelischen Hinweises, man wisse sehr genau, wer diese Lager angelegt hatte. Die Polen legten nach, daß auch unter Strafe gestellt werde, wenn dem polnischen Staat oder dem polnischen Volk eine Beteiligung an Judenmorden vorgehalten werden sollte.

Damit war für Amerikaner und Israelis das Maß voll, denn tatsächlich hat es im und nach dem 2. Weltkrieg polnische Gruppen gegeben und auch Einzelpersonen, die sich schuldig am Tod von polnischen Juden gemacht haben. Diese Aussage unter Strafe zu stellen sei eine Behinderung der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Greuel, die auch in Polen an Juden begangen wurden.

Und jetzt reißt den Briten der Geduldsfaden zu diesem Thema, was im Zusammenhang mit dem BREXIT besonders harte Folgen für die fast eine Million Polen in GB nach sich ziehen könnte. Weiterhin steht zu befürchten, daß sich andere EU-Partner der Forderung anschließen könnten, daß Polen dieses unglückliche Gesetz für Null und nichtig erklären soll. Eine polnische Bauchlandung ohnegleichen!

Wie dämlich diese "Reinwaschung Polens" angefangen wurde, wird besonders deutlich an dem Streit zwischen dem ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Rechtskonservativen im EU Parlament Richard Czarnecki und seiner Landsmännin Rosa Thun, die von Czarnecki als "Szmalcownika" beschimpft wurde. So wurden im 2. Weltkrieg Polen genannt, die gegen Geld und andere Vorteile versteckte Juden erpressten oder an die Nazis verrieten, und sie damit dem sicheren Tod im KZ auslieferten. Wegen dieser Beschimpfung wurde Herr Czarnecki aus dem Vorsitz der Rechtskonservativen abgewählt. Vor dem Hintergrund festschreiben zu wollen, daß Polen keine Mitschuld auf sich geladen hatten, diese Behauptung also bei Strafe verboten sei, das ist schon ein besonderes Eigentor!

Da kann der neu ins Amt gewählte Premierminister Mateusz Morawiecki strampeln so viel er will; mit dieser Hinterlassenschaft seiner Vorgänger ist kein Staat zu machen. Polen muß seinen Holocaust-Unsinn schleunigst zurück ziehen, bevor der Schaden unermeßlich anschwillt.

Die ungeschminkte Wahrheit währt immer noch am längsten!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Gestern gab es in der ARD einen erschütternden Bericht über den Weg Polens in Richtung Autokratie und Nationalismus unter Kaczynski. Die Opposition wird systematisch eingeschüchtert und mittlerweile durch den Austausch von Richtern zunehmend drakonischen Strafen unterworfen. Da wird bald niemand mehr aufmucken. Die EU steht dem vollkommen hilflos gegenüber und kann aufgrund des Regelwerks nur zuschauen und weiterhin jedes Jahr 2-stellige Mrd Beträge in diesen Staat transferieren der die EU-Werte mit Füßen tritt. Na hoffentlich geht die aktuelle EU baldmöglichst den Bach runter damit ein Neubeginn im kleinen Kreis starten kann, incl Totalblockade (geschlossene Grenzen) zu einem autokratischen Polen. Hier der Link zur Doku http://mediathek.daserste.de/Weltspiege ... d=52612924
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(23 May 2018, 08:45)

Gestern gab es in der ARD einen erschütternden Bericht über den Weg Polens in Richtung Autokratie und Nationalismus unter Kaczynski. Die Opposition wird systematisch eingeschüchtert und mittlerweile durch den Austausch von Richtern zunehmend drakonischen Strafen unterworfen. Da wird bald niemand mehr aufmucken. Die EU steht dem vollkommen hilflos gegenüber und kann aufgrund des Regelwerks nur zuschauen und weiterhin jedes Jahr 2-stellige Mrd Beträge in diesen Staat transferieren der die EU-Werte mit Füßen tritt. Na hoffentlich geht die aktuelle EU baldmöglichst den Bach runter damit ein Neubeginn im kleinen Kreis starten kann, incl Totalblockade (geschlossene Grenzen) zu einem autokratischen Polen. Hier der Link zur Doku http://mediathek.daserste.de/Weltspiege ... d=52612924
Ja, was mache ich hier in Pommern? Diese Riesenkatastrophe ist hier noch nicht angekommen. So wie ich meine Polen einschätze, werden die jeder überzogenen Gängelung den Stinkefinger zeigen. So wie vor Jahrzehnten in Danzig das Ende der kommunistischen Herrschaft und der Sowjetunion eingeläutet wurde.

Man kann sich hier von völlig unabhängigen Zeitungen bestens unterrichten lassen; Rzeczpospolita und Gazeta Wyborcza sind sicher keine "Regierungsblätter". Damit besteht eine ganz realistische
Möglichkeit, sich von der National-Konservativen Gängelung zu lösen, wenn den Leuten das einfach zu viel wird.

Natürlich muß die EU jetzt tätig werden; die Verstöße Polens gegen Geist und Buchstaben der Gemeinschaft sind einfach unerträglich geworden. Obige Zeitungen berichten darüber völlig frei und offen. Aber die Ihnen im deutschen Fernsehen vermittelte Katastrophe sehe ich hier nicht. Ich vermute, daß die Journalisten sich mit einigen sehr profilierten Oppositionellen auf die Suche nach einer sehr aufregenden Geschichte gemacht haben. Das ist ihnen dann ja wohl bestens gelungen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(24 May 2018, 21:23)

Ja, was mache ich hier in Pommern? Diese Riesenkatastrophe ist hier noch nicht angekommen. So wie ich meine Polen einschätze, werden die jeder überzogenen Gängelung den Stinkefinger zeigen. So wie vor Jahrzehnten in Danzig das Ende der kommunistischen Herrschaft und der Sowjetunion eingeläutet wurde.
Im Film wird mehrfach gezeigt wie Leute die Proteste und Demonstrationen organisiert haben von neu eingesetzten Richtern (Justizreform) mit fadenscheinigen Begründungen zu drakonischen Strafen verurteilt wurden. Noch sind nicht alle Richter ausgetauscht, aber die PiS-Regierung ist fleißig dabei die Justizreform umzusetzen. Keine Sorge, Pommern kommt auch noch dran.
Man kann sich hier von völlig unabhängigen Zeitungen bestens unterrichten lassen; Rzeczpospolita und Gazeta Wyborcza sind sicher keine "Regierungsblätter". Damit besteht eine ganz realistische Möglichkeit, sich von der National-Konservativen Gängelung zu lösen, wenn den Leuten das einfach zu viel wird.
Reporter ohne Grenzen schreibt zu Polen im Jahr 2017:

"Mit Polen rutscht ein führendes EU-Land weitere vier Plätze auf Rang 58 ab. Die national-konservative Regierung hat nach ihrem Amtsantritt Ende 2015 den öffentlichen Rundfunk unter ihre Kontrolle gebracht. Regierungskritische private Medien stehen ebenfalls stark unter Druck. Schlagzeilen machte das Land zuletzt etwa durch ein problematisches Gesetz zu Äußerungen über den Holocaust sowie durch den Versuch des National Rundfunkrats, den Nachrichtensender TVN24 für seine Berichterstattung über Demonstrationen der Opposition mit einer Rekord-Geldstrafe zu belegen."
Natürlich muß die EU jetzt tätig werden; die Verstöße Polens gegen Geist und Buchstaben der Gemeinschaft sind einfach unerträglich geworden. Obige Zeitungen berichten darüber völlig frei und offen. Aber die Ihnen im deutschen Fernsehen vermittelte Katastrophe sehe ich hier nicht. Ich vermute, daß die Journalisten sich mit einigen sehr profilierten Oppositionellen auf die Suche nach einer sehr aufregenden Geschichte gemacht haben. Das ist ihnen dann ja wohl bestens gelungen.
Das Thema hatten wir schon mehrfach. Die EU ist aufgrund der Verträge nicht in der Lage Polen mit Sanktionen zu belegen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nein, zwei Dinge:

Die Herrschaft der Kommunisten in Polen war in etwa der Herrschaft der SED in der "DDR" vergleichbar. Da sind wir in Polen noch lange nicht angelangt. Und wenn genügend viele Polen unvernünftig abgestraft wurden, dann ist es besser, nicht dieser national-konservativen PiS-Regierung an zu gehören oder ihr verantwortlich angehört zu haben. Allerdings würde dem eine Auswanderungswelle voraus gehen, in der Leute von Geist das Land verlassen. Berlin ist für Polen ein starker Magnet! Uns Deutschen soll das dann recht sein.

Die EU muß aber handeln, sonst war sie bald einmal. Entweder schafft sie sich diese Befugnisse durch Mehrheit, oder sie steuert die Mittel um, die unseren Widerborsten so gut gefallen. Als letztes Mittel bliebe die Verweigerung von Zahlungen der Gründungsmitglieder und gleichgesinnter in die EU-Kassen. Dann entsteht Druck auf dem Kessel.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(25 May 2018, 10:23)

Die Herrschaft der Kommunisten in Polen war in etwa der Herrschaft der SED in der "DDR" vergleichbar. Da sind wir in Polen noch lange nicht angelangt.
Reinhold Vetter, ein freier Journalist der seit Jahrzehnten abwechselnd in Berlin und Warschau wohnt, sieht klare Parallelen zwischen der PiS-Regierung und dem System der ehemaligen sozialistischen Volksrepublik Polen. Die hat er gestern in einem Kommentar in der NZZ dokumentiert. Hier der Link: https://www.nzz.ch/meinung/das-kommunis ... ld.1355430
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(25 May 2018, 11:07)

Reinhold Vetter, ein freier Journalist der seit Jahrzehnten abwechselnd in Berlin und Warschau wohnt, sieht klare Parallelen zwischen der PiS-Regierung und dem System der ehemaligen sozialistischen Volksrepublik Polen. Die hat er gestern in einem Kommentar in der NZZ dokumentiert. Hier der Link: https://www.nzz.ch/meinung/das-kommunis ... ld.1355430
Der Kommentar entspricht weitgehend auch meinen Beobachtungen... übrigens auch der Wunsch einer bedeutenden Minderheit nach "geordneten Verhältnissen", in denen der Staat die Bürger schützt und gängelt. Könnte man vergleichen mit dem Grundgefühl in der ehemaligen "DDR" nach der deutschen Wiedervereinigung: Westlicher Lebensstandard mit sozialistischer Sicherheit von Arbeitsplätzen bei westlichen Löhnen und Gehältern. Na ja, den Zahn mußten sich unsere Neufünfländer unter Schmerzen ziehen lassen. Die Polen hatten eben keinen wohlhabenden Onkel, der diesen Wandel gefördert hat. Das nutzt die PiS-Regierung aus.

Uns darf dieses Verhalten aber in keiner Weise beeindrucken. Die EU muß dringend die Einhaltung geschlossener Verträge einfordern oder zu spürbaren Gegenmaßnahmen greifen. Und wenn das nicht durchführbar ist: Standhafte Zahlungsverweigerung derer, die die EU am Leben halten.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Teeernte »

ich seh dasein bisschen anders,..

Vergleich mit der DDR.. hinkt. Polen war schon immer etwas "eigenbrödlerisch", stolz und "rattenkatholisch".

Die kann man mit Geld nicht kaufen. ...oder fremdbestimmen.

Eher macht Polen mit England ein grosses "Königreich" ....als den Bettvorleger der Eu zu machen.

Polen mit irgendwelchen "EU Mitteln" zu zwingen - könnte eine Lawine auslösen - bei der die Polen zusammenhalten.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Teeernte hat geschrieben:(25 May 2018, 17:19)

ich seh dasein bisschen anders,..

Vergleich mit der DDR.. hinkt. Polen war schon immer etwas "eigenbrödlerisch", stolz und "rattenkatholisch".

Die kann man mit Geld nicht kaufen. ...oder fremdbestimmen.

Eher macht Polen mit England ein grosses "Königreich" ....als den Bettvorleger der Eu zu machen.

Polen mit irgendwelchen "EU Mitteln" zu zwingen - könnte eine Lawine auslösen - bei der die Polen zusammenhalten.
Dann muß diese Sache eben so ihren Lauf nehmen. Was hat die EU von Partnern, die das europäische Projekt mit ihrem Eigensinn zerstören? Wir wollen Europa entwickeln und uns nicht unablässig mit Polen & Cie. herum zanken. Niemand muß müssen! EU-Mitgliedschaften und EU-Verträge sind freiwillig ausgehandelt.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Teeernte »

H2O hat geschrieben:(25 May 2018, 23:38)

Dann muß diese Sache eben so ihren Lauf nehmen. Was hat die EU von Partnern, die das europäische Projekt mit ihrem Eigensinn zerstören? Wir wollen Europa entwickeln und uns nicht unablässig mit Polen & Cie. herum zanken. Niemand muß müssen! EU-Mitgliedschaften und EU-Verträge sind freiwillig ausgehandelt.
Die Polen hatten für die "Feindliche" Übernahme - wie in D innerhalb von 6 Monaten - das Personal NICHT.

...die mussten das erst heranziehen. Machen aber nun GENAU das SELBE - mit eigenem Personal .....ohne nachteilige Folgen IM EIGENEN LAND. (Fremdsteuerungsvermutung)

....die EU hällt es nicht für nötig - mit den Polen darüber zu reden sondern DIKTIERT von AUSSEN. So lassen sich KEINE Kompromisse schliessen.

Gratulation zur Übernahme der Polnischen PRESSE durch Deutschland.. Ironie aus.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Fliege »

Teeernte hat geschrieben:(25 May 2018, 17:19)
Eher macht Polen mit England ein grosses "Königreich" ....als den Bettvorleger der Eu zu machen.
Polen mit irgendwelchen "EU Mitteln" zu zwingen - könnte eine Lawine auslösen - bei der die Polen zusammenhalten.
Der Brexit ist ein Misstrauensvotum gegen die EU. Bei weiterem Konformitätsdruck innerhalb der EU (beispielsweise um Merkel-Migrationsprobleme auf andere zu verschieben) wird das Misstrauen eher weiter wachsen. Dass die EU noch eine glorreiche Zukunft haben wird, dürfte ohnehin zunehmend Wunschendenken sein.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Teeernte »

Fliege hat geschrieben:(26 May 2018, 11:28)

Der Brexit ist ein Misstrauensvotum gegen die EU. Bei weiterem Konformitätsdruck innerhalb der EU (beispielsweise um Merkel-Migrationsprobleme auf andere zu verschieben) wird das Misstrauen eher weiter wachsen. Dass die EU noch eine glorreiche Zukunft haben wird, dürfte ohnehin zunehmend Wunschendenken sein.
:thumbup:

Zerfällt die EU komplett - wird KEINER der Bundesrepublik nur einen HELLER zum "EU-EXIT" rausrücken.

Nur wenn weiter GELD kommt bei fast ALLEN......hällt man weiter die HAND auf//die EU zusammen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Teeernte hat geschrieben:(26 May 2018, 10:21)

Die Polen hatten für die "Feindliche" Übernahme - wie in D innerhalb von 6 Monaten - das Personal NICHT.

...die mussten das erst heranziehen. Machen aber nun GENAU das SELBE - mit eigenem Personal .....ohne nachteilige Folgen IM EIGENEN LAND. (Fremdsteuerungsvermutung)

....die EU hällt es nicht für nötig - mit den Polen darüber zu reden sondern DIKTIERT von AUSSEN. So lassen sich KEINE Kompromisse schliessen.

Gratulation zur Übernahme der Polnischen PRESSE durch Deutschland.. Ironie aus.
Wir sollten darauf bauen, daß sehr viele Polen im Westen einer Berufstätigkeit nachgehen und ihre Erfahrungen in Skandinavien, Österreich, Deutschland, Frankreich, Niederlanden und Großbritannien berichten. In 2017 sind 200.000 Polen nach Deutschland umgezogen, kurz nach Rumänen und vor Bulgaren. Was bedeutet, daß Polen sich nicht einfach abkapseln kann.

Ihr Vorhalt, daß man mit Polen nicht auf Augenhöhe rede, ist unhaltbar. Natürlich redet man mit ihnen; nur meinen sie, daß nur sie über den notwendigen Verstand verfügen, wie ein Staat denn aufgebaut sein sollte. Das kam sehr brüsk herüber; die Vertragsbrüche sind ohnehin klar und gehen vor Gericht. Die Regierung Szydło mit Außenminister Waszczykowski und Verteidigungsminister Macierewicz ist nicht ohne Grund mitten in der Regierungsperiode mit umgänglicheren Leuten besetzt worden. Die versuchen jetzt zu retten, was noch zu retten ist.

Daß deutsche Verlage und deutsche Handelshäuser und deutsche Maschinenbauer in Polen tüchtig investieren, das kann man als feindliche Übernahme Polens schlecht reden. Oder als Beitrag zur Modernisierung Polens preisen. Selbst der PiS-Parteiführer Kaczyński hat Frau Merkel im Gespräch auf kritische Nachfrage bestätigt, daß deutsche Investitionen in die polnische Wirtschaft willkommen sind. Andernfalls würden vermutlich nicht 200.000 Polen jährlich das Land verlassen, sondern 300.000. Dahinter steht viel dummes Gerede, das mir aus Neufünfland bekannt ist, und das mir aus meinen jungen Jahren aus Westdeutschland in Erinnerung ist. Damals kamen die Schufte aus den USA, um alle Welt zu versklaven.

Seriöse Blätter wie Rzeczpospolita und Gazeta Wyborcza sind mit Sicherheit in diesem Sinne unabhängig. Daß Springer & Cie. viele regionale Wurst- und Käseblätter aufgekauft hat, könnte man als Versuch einer deutschen Gängelung der öffentlichen Meinung verstehen. Man hätte diese Blätter natürlich auch in die Zahlungsunfähigkeit und Pleite rutschen lassen können. Deshalb standen sie nämlich zum Verkauf.

Ich fühle mich hier sehr wohl; alle Leute hier begegnen mir ausnehmend höflich bis freundlich und hilfsbereit in Ämtern, Verkaufsläden und Gastwirtschaften. Allerdings bemühe ich mich auch darum, meinerseits möglichst offen und freundlich auf meine Gesprächspartner zu zu gehen. Ok, etwas Polnisch sollte man sprechen und verstehen, dann schmilzt das Eis in Sekunden!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Teeernte »

H2O hat geschrieben:(26 May 2018, 12:57)

Ich fühle mich hier sehr wohl; alle Leute hier begegnen mir ausnehmend höflich bis freundlich und hilfsbereit in Ämtern, Verkaufsläden und Gastwirtschaften. Allerdings bemühe ich mich auch darum, meinerseits möglichst offen und freundlich auf meine Gesprächspartner zu zu gehen. Ok, etwas Polnisch sollte man sprechen und verstehen, dann schmilzt das Eis in Sekunden!
Ja - geht mir genau so - wenn ich da bin.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Hier haben wir uns wiederholt über innerpolnische Streitigkeiten über Rechtsstaatlichkeit und unabhängige Rechtssprechung des Verfassungsgerichts und nachgeordneter Gerichte ausgetauscht. Heute (12. Juni 2018) wird in der Rzeczpospolita eine Liste von 15 Fragen vorgestellt, die der polnischen Wahlbevölkerung zur Entscheidung vorgelegt werden soll. Derzeit sind angeblich nur 10 Fragen je Volksabstimmung zugelassen... aber die Grundrichtung der Fragen ist von großem Interesse... nicht nur für Polen, sondern auch für Konflikte mit den EU-Verträgen und mit künftigen Entwicklungen der EU. Die Fragen hat der polnische Staatspräsident Andrzej Duda zusammengestellt.
  • 1.
    Sind Sie für die Verabschiedung
    a. der neuen polnischen Verfassung? JA - NEIN
    b. einer Änderung der geltenden polnischen Verfassung? JA - NEIN

    2.
    Sind Sie für die Einführung von Verfassungsänderungen in die polnische Verfassung (nach) Bestätigung durch allgemeine Volksabstimmung in Polen?

    3.
    Sind Sie für die Einführung wesentlicher Angelegenheiten für Land und Volk in die polnische Verfassung (nach) rechtmäßiger Annahme in allgemeiner Volksabstimmung in Polen, falls die Forderung (nach Volksabstimmung) von mindestens 1 Mio polnischer Staatsbürger erhoben wird?

    4.
    Sind Sie für die Abschaffung (des Hinweises) im Vorwort zur polnischen Verfassung, daß das fast 1.000-jährige christliche Erbe Polens und Europas eine wesentliche Quelle unserer Gebräuche, unserer Kultur und unserer Volksidentität ist?

    5.
    Sind Sie für die verfassungsmäßig verbriefte besondere Förderung der Familien, die aufbaut auf unwiderruflichen rechtlichen Errungenschaften (wie der Leistung [des staatlichen Kindergelds] "500+")?

    6.
    Sind Sie für die Garantie des Rechts auf Renteneintritt von Frauen ab 60. Lebensjahr und von Männern ab 65. Lebensjahr in der polnischen Verfassung?

    7.
    Sind Sie für die verfassungsmäßig garantierte Mitgliedschaft Polens in der EU?

    8.
    Sind Sie für die schriftlich niedergelegte garantierte Unabhängigkeit Polens in der EU sowie für die Überordnung der Verfassung über internationales und europäisches Recht?

    9.
    Sind Sie für die garantierte Mitgliedschaft Polens in der NATO?

    10.
    Sind Sie für den in der Verfassung garantierten Schutz der polnische Landwirtschaft und der Ernährungssicherheit Polens?

    11.
    Sind Sie für die Stärkung der Stellung von Familien hinsichtlich der Mutterschaft und Vaterschaft in der polnischen Verfassung?

    12.
    Sind Sie für den verfassungsmäßigen Schutz der Arbeit als Grundlage der sozialen Marktwirtschaft?

    13.
    Sind Sie für die Stärkung der Zuständigkeiten des vom Volk gewählten Präsidenten in der Außenpolitik und in der Führung der Streitkräfte Polens?

    14.
    Sind Sie für die Hervorhebung der garantierten Fürsorge für Schwangere, Kinder, geistig Behinderte und Hochbetagte in der polnischen Verfassung?

    15.
    Sind Sie für Garantie der Selbstverwaltung auf den Ebenen der Gemeinden, Landkreise und Regierungsbezirke in der polnischen Verfassung?
Ich will diese Vorschläge zur Verfassungsänderung hier nicht noch kommentieren... dann wird der Beitrag völlig unübersichtlich. Bei Interesse könnten wir aber in weiteren Beiträgen einzelne Punkte herausgreifen und uns darüber austauschen.

Es ist ja sehr gut zu erkennen, wo ganz offensichtlich Konflikte mit der EU und den EU-Verträgen vorprogrammiert sind!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

Bevor wir auf die einzelnen Punkte eingehen, sollte man sich vielleicht nochmal die sehr besondere Verfassungsgeschichte Polens vor Augen halten. Das sogenannte "Statut von Kaschau" war 1374 das weltweit erste Dokument, das man irgendwie als "Verfassung" bezeichnen könnte. Indem es die Zentralmacht des Königs gesetzlich einschränkte und dezentralen Instanzen verbriefte Rechte zusicherte. (Das Ergebnis war die sogenannte polnische "Adelsrepublik"). Die polnische Verfassung vom 3. Mai 1791 wiederum war die erste moderne europäische Verfassung überhaupt. (Und nach der der USA die zweite weltweit). Sie war zum einen deutlich von der französischen Revolution geprägt und zum anderen wurde damit bereits zu der Zeit eine Abgrenzung gegen Russland betrieben. Sie enthält mit der Formulierung "Die vollziehende Gewalt soll keine Gesetze weder geben noch erklären ..." erstmalig das Prinzip der Gewaltenteilung von Legislative und Exekutive in Gesetzesform. Mit dem starken Bezug auf nationale Traditionen der gegenwärtigen polnischen Regierung steht man im Grunde zugleich in einer Verpflichtung, eine Art Pionier der Demokratie zu sein. Wenngleich auch die ausdrückliche Erklärung des Katholizismus als Nationalreligion niemals in Frage gestellt wurde.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Das sind schon geschichtlich bemerkenswerte Leistungen Polens, ganz ohne Frage. Nun ist es aber so, daß Europa im 21. Jahrhundert einen betont gemeinsamen und freiwilligen Weg seiner Völker und Nationen beschreiten möchte, also in diesem Sinne Neuland betreten will.

Dieser neue Ansatz hin zur europäischen Einheit wird in Polen zugemauert durch verschiedene verfassungsmäßige Regelungen der Sozialstaatlichkeit und der Außenpolitik, und den verfassungsmäßigen Vorrang nationaler Entscheidungen vor Gemeinschaftsentscheidungen.

Diese konservative Weichenstellung in der Verfassung vollzieht die polnische Regierungspolitik bewußt und in voller Absicht. Die EU muß sich entscheiden, ob sie diesem Partner nicht ein anderes Vertragsverhältnis anbieten sollte, um ständigem Zank und Streit mit diesem Partner vor zu beugen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(13 Jun 2018, 08:34)

Das sind schon geschichtlich bemerkenswerte Leistungen Polens, ganz ohne Frage. Nun ist es aber so, daß Europa im 21. Jahrhundert einen betont gemeinsamen und freiwilligen Weg seiner Völker und Nationen beschreiten möchte, also in diesem Sinne Neuland betreten will.

Dieser neue Ansatz hin zur europäischen Einheit wird in Polen zugemauert durch verschiedene verfassungsmäßige Regelungen der Sozialstaatlichkeit und der Außenpolitik, und den verfassungsmäßigen Vorrang nationaler Entscheidungen vor Gemeinschaftsentscheidungen.

Diese konservative Weichenstellung in der Verfassung vollzieht die polnische Regierungspolitik bewußt und in voller Absicht. Die EU muß sich entscheiden, ob sie diesem Partner nicht ein anderes Vertragsverhältnis anbieten sollte, um ständigem Zank und Streit mit diesem Partner vor zu beugen.
Ja, und da sind natürlich die Punkte 7 und 8 entscheidend. Wobei schon interessant ist, in welche Richtung die Fragen gestellt sind. Die (unterstellte) "Gewünschtheit" der gegenwärtigen polnischen Regierung wird mal durch eine Verneinung, mal durch eine Bejahung herbeigeführt.

Und dann ist für mich insbesondere der Punkt 13 von Interesse. Die Frage nach der Stärkung der Rolle des Präsidenten. Spiegelt das irgendeine interne Differenz, einen Machtkampf zwischen Duda und Kaczynski wieder? Eine extreme Art dieser Auseinandersetzung zwischen Regierungschef und Staatsoberhaupt findet ja gegenwärtig in Rumänien statt.-
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Die Fragestellungen sind allgemein schon viel zu sehr auf Festlegung einer bestimmten Wirtschaftsweise und einer bestimmten allgemeinen Politik angelegt. Man stelle sich vor, die EU begänne damit, die Abgaben und Sozialleistungen in der EU zu harmonisieren. Dann hieße das in Polen Verfassungsänderung oder Sonderweg.

Noch verrückter die Außenpolitik und die Verteidigungspolitik, wohl wahr, weil an dieser Stelle die EU auf zunehmende Verzahnung und Integration drängt. Präsident Duda will offenbar seine Stellung mit ungefähr den Vollmachten des französischen Präsidenten ausstatten, der Rote Knopf für die Force de Dissuation einmal außen vor gelassen. [In dem Zusammenhang wäre ein Konzept des französischen Präsidenten mit Blick auf gemeinsame Streitkräfte zu fordern, Man kann ja schlecht immer weitere Vergemeinschaftung betreiben, ohne die politische Führung der gemeinsamen Streitmacht konzeptionell ab zu stimmen!]
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(13 Jun 2018, 08:34)

Das sind schon geschichtlich bemerkenswerte Leistungen Polens, ganz ohne Frage. Nun ist es aber so, daß Europa im 21. Jahrhundert einen betont gemeinsamen und freiwilligen Weg seiner Völker und Nationen beschreiten möchte, also in diesem Sinne Neuland betreten will.

Dieser neue Ansatz hin zur europäischen Einheit wird in Polen zugemauert durch verschiedene verfassungsmäßige Regelungen der Sozialstaatlichkeit und der Außenpolitik, und den verfassungsmäßigen Vorrang nationaler Entscheidungen vor Gemeinschaftsentscheidungen.

Diese konservative Weichenstellung in der Verfassung vollzieht die polnische Regierungspolitik bewußt und in voller Absicht. Die EU muß sich entscheiden, ob sie diesem Partner nicht ein anderes Vertragsverhältnis anbieten sollte, um ständigem Zank und Streit mit diesem Partner vor zu beugen.
Es bestätigt sich immer wieder aufs Neue dass die Aufnahme der Osteuropastaaten der historisch größte Fehler der EU war. Die wollen alle Vorteile der EU und verbitten sich ansonsten jegliche Einmischung in die nationale Gesetzgebung und Politik. Solche Länder haben in der EU schlicht und einfach nichts verloren und ich hoffe inständig dass der Tag an dem die EU auseinanderbricht bald kommt. Dann sollte man im kleinen Kreis (ohne Ost- und Südeuropa) neu beginnen und eine Vertiefung statt einer Erweiterung der Gemeinschaft anstreben.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Quatschki »

Die EU muß einfach in der letzten funktionsfähigen Konfiguration rebootet werden.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(18 Jun 2018, 09:29)

Es bestätigt sich immer wieder aufs Neue dass die Aufnahme der Osteuropastaaten der historisch größte Fehler der EU war. Die wollen alle Vorteile der EU und verbitten sich ansonsten jegliche Einmischung in die nationale Gesetzgebung und Politik. Solche Länder haben in der EU schlicht und einfach nichts verloren und ich hoffe inständig dass der Tag an dem die EU auseinanderbricht bald kommt. Dann sollte man im kleinen Kreis (ohne Ost- und Südeuropa) neu beginnen und eine Vertiefung statt einer Erweiterung der Gemeinschaft anstreben.
Als "Pole" schlage ich vor, diese Entscheidung in zwei zeitlich um Jahre getrennten Schritten zu vollziehen. Im ersten Schritt sehr deutlich machen, was uns nicht paßt... so wie Sie das beschrieben haben, und dabei Himmel und Hölle in Bewegung setzen, daß die Wohltaten einer vertieften Gemeinschaft ausbleiben. Als nächsten Schritt Jahre später die kleinere EU bilden, in der die bestehende EU weiter entwickelt wird, mitsamt Entwicklungsmaßnahmen für die Partner, die nicht so recht Schritt halten können. Entscheidungen für diese kleine Gemeinschaft fallen nur im kleinen Kreis der "Vertiefer".

Die bekannten Querköpfe sind eingeladen, sich ein zu bringen unter der Bedingung, daß sie ihre Verfassungen an die Verfassungen der kleineren Gemeinschaft anpassen und die Gemeinschaftswährung unverzüglich einführen, ohne Wenn und Aber. Klingt unverschämt hart, ist aber genau das, was der Vertrag von Lissabon vorsieht, was die Aufnahmebedingungen in die EU voraussetzten und was diese Widerborste auch ratifiziert hatten.

Die Widerborste sind wortbrüchig geworden, und das sollte sich der kleine Kreis nicht länger gefallen lassen. Ganz klare Kante! Aber Geduld; manche Erkenntnisse wachsen auch erst, wenn etwas verloren geht... siehe BREXIT.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von sünnerklaas »

Orbiter1 hat geschrieben:(18 Jun 2018, 09:29)

Es bestätigt sich immer wieder aufs Neue dass die Aufnahme der Osteuropastaaten der historisch größte Fehler der EU war. Die wollen alle Vorteile der EU und verbitten sich ansonsten jegliche Einmischung in die nationale Gesetzgebung und Politik. Solche Länder haben in der EU schlicht und einfach nichts verloren und ich hoffe inständig dass der Tag an dem die EU auseinanderbricht bald kommt. Dann sollte man im kleinen Kreis (ohne Ost- und Südeuropa) neu beginnen und eine Vertiefung statt einer Erweiterung der Gemeinschaft anstreben.

Dann kommt der nächste Akt der polnischen Tragödie.Eines fürchtet man in Polen noch um ein Vielfaches mehr, als Muslime: die Russen.
Wir müssen es klar und deutlich sagen: die Osteuropäer haben es nach 1990 nicht geschafft, wirklich souverän zu werden. Sie haben sich vielmehr von einer Abhängigkeit in die nächste begeben. Man kann das an zwei Fragen deutlich machen, wo das Problem liegt:

Welchen großen polnischen Konzern gibt es?

Welches polnische Unternehmen ist auf mindestens einem Sektor Weltmarktführer?
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

sünnerklaas hat geschrieben:(18 Jun 2018, 10:41)

Dann kommt der nächste Akt der polnischen Tragödie.Eines fürchtet man in Polen noch um ein Vielfaches mehr, als Muslime: die Russen.
Wir müssen es klar und deutlich sagen: die Osteuropäer haben es nach 1990 nicht geschafft, wirklich souverän zu werden. Sie haben sich vielmehr von einer Abhängigkeit in die nächste begeben. Man kann das an zwei Fragen deutlich machen, wo das Problem liegt:

Welchen großen polnischen Konzern gibt es?

Welches polnische Unternehmen ist auf mindestens einem Sektor Weltmarktführer?
Diese Fragen haben aber nur Sinn, wenn Polen in der Tat eine Wirtschaftsmacht oder gar eine beherrschende Wirtschaftsmacht sein wollte. Denn Sie könnten vergleichbare Fragen in Richtung Portugal, Spanien, Irland, Schweden oder Belgien loslassen und das selbe Ergebnis erzielen..

In Europa wollen wir alle möglichst eng zusammenarbeiten, wie das der Vertrag von Lissabon vorsieht. Und eigentlich sollen unsere Industrien ihre nationalen Einschränkungen zugunsten eines europäischen Rahmens verändern. Setzt man sich diese Brille auf, dann steht Polen doch recht gut da, nimmt in einigen industriellen Nischen sogar eine technische Spitzenstellung ein.

Polen täte gut daran, der nette Kumpel nebenan zu sein, mit dem man Pferde stehlen könnte. Die Menschen dort sind so. Die PiS Regierung will historische Bedeutung erringen... wie dumm. Irgendwann wollen andere Nachbarn das auch, und dann belauern sie sich wieder wie seit Jahrhunderten. Eingespannt zwischen einem machtbewußten Rußland und einem wirtschaftlich so erfolgreichen Deutschland... das geht nicht gut. Besser eingebettet in ein gemeinschaftliches Europa, sowohl Deutschland als auch Polen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben:(19 Jun 2018, 21:59)

Polen täte gut daran, der nette Kumpel nebenan zu sein, mit dem man Pferde stehlen könnte. Die Menschen dort sind so. Die PiS Regierung will historische Bedeutung erringen... wie dumm. Irgendwann wollen andere Nachbarn das auch, und dann belauern sie sich wieder wie seit Jahrhunderten. Eingespannt zwischen einem machtbewußten Rußland und einem wirtschaftlich so erfolgreichen Deutschland... das geht nicht gut. Besser eingebettet in ein gemeinschaftliches Europa, sowohl Deutschland als auch Polen.

Ein PolExit wäre für Polen nicht nur eine Katastrophe, sondern ein neues Kapitel in der polnischen Tragödie.
Was ich beeindruckend finde: die deutsch-polnische Aussöhnug hat weitgehend ohne staatliche Assistenz statt gefunden. Da haben die Bürger das Heft des Handelns selbst in die Hand genommen. Und das ist gut so.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

sünnerklaas hat geschrieben:(20 Jun 2018, 09:21)

Ein PolExit wäre für Polen nicht nur eine Katastrophe, sondern ein neues Kapitel in der polnischen Tragödie.
Für den Rest der EU wäre es ein Glücksfall.
Was ich beeindruckend finde: die deutsch-polnische Aussöhnug hat weitgehend ohne staatliche Assistenz statt gefunden. Da haben die Bürger das Heft des Handelns selbst in die Hand genommen. Und das ist gut so.
Wie bitte? Ohne Brandts Kniefall hätte sich gar keine deutsch-polnische Aussöhnung entwickeln können.
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H2O
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(20 Jun 2018, 09:38)

Für den Rest der EU wäre es ein Glücksfall.
Wie bitte? Ohne Brandts Kniefall hätte sich gar keine deutsch-polnische Aussöhnung entwickeln können.
Warum so verbittert? Hat nicht die polnische Bischofskonferenz schon in 1965 an die gemeinsame Geschichte und schuldhafte Verstrickungen beider Völker erinnert? "Wir vergeben, und wir bitten um Vergebung!" Und sie haben damals ihre deutschen Amtsbrüder eingeladen zur 1000-jährigen Christianisierung Polens. Hervor zu heben ist auch, daß der spätere Papst Paul II, Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyla, diese Botschaft besonders energisch voran getrieben hat.

Das alles in einer Zeit, als politisch gar nichts möglich war, weil die Sowjetunion ihre polnischen Vasallen auf Abwehr aller Versuche zun friedlichen Ausgleich drängte! Da haben die Bischöfe wirklich etwas riskiert, und ohne den Rückhalt der polnischen Gläubigen wäre das Vorhaben auch gescheitert.

Nein, man kann der rückwärtsgewandten chauvinistischen PiS-Regierung wenig Sympathie entgegen bringen... man muß sie aber im täglichen Umgang sorgfältig von den Bürgern trennen. Nirgendwo... nirgendwo!... ist die Zustimmung der Menschen zur EU und zur europäischen Gemeinschaft größer als in Polen. Umfragen zeigten mehrfach weit über 70%! Deswegen sind Polen aber dennoch Polen.

Gehen wir ohne überspanntes Mißtrauen auf die Leute zu; dann fallen die paar Armleuchter gar nicht mehr auf, die immer wieder ärgerlich sichtbar sind. Eine Minderheit von Armleuchtern.

Natürlich darf sich die EU nicht gefallen lassen, daß ein Partnerstaat einseitig die Beitrittsbedingungen zur EU nachträglich verändert (Rechtsstaatlichkeit mit Gewaltenteilung). Und selbstverständlich darf Solidarität keine Einbahnstraße sein. Das muß die polnische Regierung zu spüren bekommen, und sie muß das dann ihrem Volk "verkaufen". Aber anti-polnische Stimmungen sollten wir uns nicht leisten. Immerhin sind in 2017 über 200.000 Polen in Deutschland seßhaft geworden. Ja, die merkt man gar nicht... die sind wie wir!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Gegen Polen läuft ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren.

"Die Europäische Kommission hat offiziell ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Mitgliedsland Polen wegen dessen Gesetz zum polnischen Obersten Gerichtshof gestartet. Grund ist die geplante vorzeitigen Pensionierung. Dies teilte ein Sprecher in Brüssel mit." Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/polen- ... n-101.html

Auch dieses Vertragsverletzungsverfahren wird den Weg Polens in die Autokratie nicht stoppen können. Die EU ist ein zahnloser Tiger wenn es um Mitgliedstaaten geht die gegen die EU-Verträge verstoßen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(02 Jul 2018, 15:02)

Gegen Polen läuft ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren.

"Die Europäische Kommission hat offiziell ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Mitgliedsland Polen wegen dessen Gesetz zum polnischen Obersten Gerichtshof gestartet. Grund ist die geplante vorzeitigen Pensionierung. Dies teilte ein Sprecher in Brüssel mit." Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/polen- ... n-101.html

Auch dieses Vertragsverletzungsverfahren wird den Weg Polens in die Autokratie nicht stoppen können. Die EU ist ein zahnloser Tiger wenn es um Mitgliedstaaten geht die gegen die EU-Verträge verstoßen.
Das sehe ich genau so; niemand konnte sich vorstellen, daß die neuen Mitglieder im Osten für die europäische Einigung nicht geradezu brennen, daß sie nicht ganz unbedingt Teil des größeren Ganzen werden wollen. Solche heiligen Versprechungen gab es ja aus diesen Partnerstaaten, um in die EU aufgenommen zu werden. Das hörte man mit Wohlgefallen.

Was geschehen wird, das sind nun ganz natürliche Absetzbemühungen der alten EU; dort werden die vorsätzlich vertragsverletzenden Mitglieder ein wenig wie Aussätzige gesehen: Besonders herzlich geht es dort dann nicht mehr zu. Wohlwollend schon gar nicht. An den Gedanken muß ich mich auch erst noch gewöhnen.
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Orbiter1
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Inzwischen gibt es ein Gerichtsurteil des EuGH über die Auslieferung von Straftätern nach Polen auf Basis eines Europäischen Haftbefehls.

"EU-Staaten müssen einen Europäischen Haftbefehl aus Polen nicht mehr in jedem Fall vollstrecken. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wegen der jüngsten polnischen Justizreformen im konkreten Fall ein unfaires Gerichtsverfahren droht, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Eilurteil entschied. Stellt eine Justizbehörde fest, dass die gesuchte Person in Polen kein faires Gerichtsverfahren zu erwarten hat, kann sie demnach ausnahmsweise die Auslieferung verweigern." Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/gerich ... n-101.html

Soweit ist es also schon mit der polnischen Justiz gekommen. Die Polen haben offenbar kein Problem mit dem Weg in die Autokratie, sonst wäre die PiS ja nicht so beliebt. Inzwischen dürfte es problematisch sein gegen die PiS überhaupt noch Demonstrationen organisieren zu können. Wer das tut steht mit einem Bein im Gefängnis oder muß mit drakonischen Geldstrafen rechnen.
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