Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

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Europa2050
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Europa2050 »

Hyde hat geschrieben:(25 Jul 2017, 17:58)

Weltoffenheit muss nichts mit EU-Freundlichkeit zu tun haben. Dass die polnische Bevölkerung weltoffen wäre, kann niemand ernsthaft behaupten.
Doch, das würde ich schon ernsthaft behaupten :eek:

Und zwar unabhängig vom Handeln der aktuellen Regierung und ihrer frömmelnd-nationalen Klientel.

Ein Volk, dass jeweils eines der größten Ausländerkontigente in Deutschland, Grossbrittanien und USA stellt, ist eventuell schon weltoffen.

Und seinerzeit ist man in Polen mit Englisch besser durchgekommen als in allen anderen ComeCon-Ländern.

Und die ersten, die man mit Rucksack und Zelt aber ohne Geld nach 1989 im Westen überall sah, ob Stadt oder Alpen, um das unbekannte neue zu entdecken waren - Polen.

Und wessen Nationalheld Tadeusz Kośziuszko in drei Ländern als Held verehrt wird und sich zwischendrin noch für die Schwarzen in den USA stark gemacht hat könnte eventuell auch als weltoffen gelten?

Wie gesagt: die PiS gehört zu Polen, aber sie ist nicht Polen.
Zuletzt geändert von Europa2050 am Di 25. Jul 2017, 18:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Europa2050 hat geschrieben:(25 Jul 2017, 16:54)

Der Vergleich hinkt tatsächlich.
In Polen, das Widerstand gegen alles und jeden seit 1793 in regelmäßigem Turnus übt, wäre es undenkbar, tausende Oppositionelle einzusperren und Hunderttausende auf die Straße zu werfen. Das haben nicht einmal die Zaren, die Nazis oder die Sowjets wirklich geschafft.
Und auch wenn eine starke katholische konservative Strömung herrscht (die vielleicht mit der islamistischen in der Türkei vergleichbar ist), ist der liberale Geist aus der polnischen Gesellschaft nicht zu verdrängen.
Und die Europabegeisterung speist sich im Wesentlichen nicht aus den Subventionen, sondern aus dem Gefühl Europa könnte das polnische Dilema der bedrohlichen NachbarnDeutschland und Russland lösen.
Ja, das kann die EU bestimmt leisten; wenn Polen in dem Sinne kein Staat ist, daß es da etwas ein zu gemeinden gibt, weil es ohnehin wie selbstverständlich dazu gehört. So kann ich mir aus der Ferne vorstellen, daß die deutsche Schweiz nicht ernsthaft erwägt, Teile der französischen oder italienischen Schweiz ihrem Kanton oder ihren Kantonen zu zu schlagen. Und in Genf wird sich vermutlich niemand aufregen, wenn sich jemand in der Kneipe angeregt mit seinem Nachbarn im Schweizerdeutsch unterhält. Zumindest stelle ich mir das jetzt einmal so vor.

Wer das Sprachgebiet wechselt, der muß eben die dortige Umgangssprache erlernen. Heutzutage stehen audiovisuelle Medien und Kursangebote zur Verfügung, mit denen die jeweilige Landessprache in überschaubaren Zeiträumen erlernt werden kann... ein Pflichtprogramm, an das die Aufenthaltsgenehmigung geknüpft ist. Es muß unmöglich sein, durch Lernverweigerung eine schleichende Gebietserweiterung zu ertrotzen. Der Streit zwischen Flamen und Wallonen entzündet sich genau an solchen Vorgängen. So etwas gibt es in stadtnahen ländlichen Siedlungen ja auch: Zuerst die Landlust der Städter und dann Gerichtsverfahren gegen den Mistbauern gegenüber oder den Hahn, der zur Unzeit kräht. Hilft nichts, da müssen Bestandsgarantien greifen... auch für Sprachgebiete. Also keine öffentlichen Schulen, die in einer anderen Sprache unterrichten als in der Landessprache. Notfalls dann eben Internate im alten Sprachgebiet.

Hat man das alles geklärt, dann kann aus der EU auch für Polen ein ganz gemütlicher Lebensraum werden, in dem sich keine Sprachgruppe zum Lieblingsfeind der anderen Sprachgruppe entwickeln kann. Wer sich die Sprachwechsel nicht antun mag, der muß ja sein ursprüngliches Sprachgebiet nicht verlassen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Hyde hat geschrieben:(25 Jul 2017, 17:58)

Weltoffenheit muss nichts mit EU-Freundlichkeit zu tun haben. Dass die polnische Bevölkerung weltoffen wäre, kann niemand ernsthaft behaupten.
Na ja, lieber Hyde, die Polen, denen ich in Westpommern begegne, sind schon sehr weltoffen. Die haben eigentlich nur den schlimmen Fehler, daß sie Polnisch sprechen und nicht etwa Deutsch. Wirklich aufgeschlossene Leute, die auch neugierig fremde Ansichten aufnehmen und von ihren Erfahrungen berichten. Und genau diese Aufgeschlossenheit begegnet mir auch in den Ämtern. Ich gehe wirklich ohne Herzbeklemmungen und das Gefühl des ausgeliefert Seins dort hin. Die Leute merken ja nach meinem dritten polnischen Wort, daß ich kein Pole bin, und dann schalten sie um von dienstlich auf hilfsbereit.

Natürlich kann ich nicht über Ostpolen urteilen, oder über irgendwelche Erzkatholiken... die sind mir nie begegnet. Angeblich soll es die aber geben. Tatsächlich kann man Radio Maryja hören... übrigens astreines Polnisch... aber nicht so sehr mein Programm!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Hyde »

Europa2050 hat geschrieben:(25 Jul 2017, 18:27)

Doch, das würde ich schon ernsthaft behaupten :eek:

Und zwar unabhängig vom Handeln der aktuellen Regierung und ihrer frömmelnd-nationalen Klientel.

Ein Volk, dass jeweils eines der größten Ausländerkontigente in Deutschland, Grossbrittanien und USA stellt, ist eventuell schon weltoffen.
Wenn Weltoffenheit daran festgemacht wird, wie viele Menschen auswandern, dann ist Deutschland eines der am wenigsten weltoffenen Länder (weil kaum jemand von hier weg geht), während alle Dritte Welt Länder extrem weltoffen wären. Diese Kategorisierung macht keinen Sinn.

Wenn 80, 90% der Bevölkerung am liebsten keinen einzigen Moslem ins Land lassen würde, wenn allenfalls 10, 15% der Bevölkerung die Homo-Ehe gutheißen würde, wenn eine Partei wie PiS eine solche Unterstützung in der Bevölkerung erfährt, dann kann man diese Bevölkerung schwerlich als weltoffen bezeichnen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Hyde hat geschrieben:(26 Jul 2017, 01:52)

Wenn Weltoffenheit daran festgemacht wird, wie viele Menschen auswandern, dann ist Deutschland eines der am wenigsten weltoffenen Länder (weil kaum jemand von hier weg geht), während alle Dritte Welt Länder extrem weltoffen wären. Diese Kategorisierung macht keinen Sinn.

Wenn 80, 90% der Bevölkerung am liebsten keinen einzigen Moslem ins Land lassen würde, wenn allenfalls 10, 15% der Bevölkerung die Homo-Ehe gutheißen würde, wenn eine Partei wie PiS eine solche Unterstützung in der Bevölkerung erfährt, dann kann man diese Bevölkerung schwerlich als weltoffen bezeichnen.
Sind Sie mit Ihren Schlußfolgerungen nicht doch etwas einseitig vorgepolt? Was denn, wenn die Polen verfügbare Nachrichten über Terror und jede Menge Integrationsärger mit Moslems in ihren Nachbarländern so deuten, daß man sich diesen Ärger besser von vorn herein ganz energisch vom Halse hält? Was die Homo-Ehe betrifft, so gehöre ich auch zu der Minderheit, die darin keine staatstragende Veranstaltung erkennen kann. Meine Haltung zu diesem Thema ist aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Meinetwegen bin ich schon deshalb ein verstockter Hinterwäldler.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Hyde »

H2O hat geschrieben:(26 Jul 2017, 09:17)

Sind Sie mit Ihren Schlußfolgerungen nicht doch etwas einseitig vorgepolt? Was denn, wenn die Polen verfügbare Nachrichten über Terror und jede Menge Integrationsärger mit Moslems in ihren Nachbarländern so deuten, daß man sich diesen Ärger besser von vorn herein ganz energisch vom Halse hält?
Die gleiche Argumentation bringen auch Trump und AfD-Anhänger. Und die würde man auch nicht unbedingt als weltoffen bezeichnen. Oder würden Sie Trumps Einreisestopp als weltoffen bezeichnen?
Mag sein, dass Ihnen die Polen am Herzen liegen. Aber deswegen braucht man nicht gleich auf jegliche Objektivität verzichten oder meinen, die polnische Bevölkerung nicht kritisieren zu dürfen, nach dem Motto "right or wrong, my country".
Bei der vorliegenden Sachlage ist es mehr als berechtigt, an den Polen hinsichtlich Weltoffenheit Kritik zu üben. Gerade wenn man ein Polen-Freund ist, sollte man das tun, anstatt solche Probleme totzuschweigen und unter den Tisch zu kehren.
Was die Homo-Ehe betrifft, so gehöre ich auch zu der Minderheit, die darin keine staatstragende Veranstaltung erkennen kann. Meine Haltung zu diesem Thema ist aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Meinetwegen bin ich schon deshalb ein verstockter Hinterwäldler.
Solange man sich dann nicht selbst als tolerant und weltoffen bezeichnet, sondern das eigene Hinterwäldlertum einsieht, lebt man wenigstens nicht in Lüge zu sich selbst.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Hyde hat geschrieben:(26 Jul 2017, 15:23)

Die gleiche Argumentation bringen auch Trump und AfD-Anhänger. Und die würde man auch nicht unbedingt als weltoffen bezeichnen. Oder würden Sie Trumps Einreisestopp als weltoffen bezeichnen?
Mag sein, dass Ihnen die Polen am Herzen liegen. Aber deswegen braucht man nicht gleich auf jegliche Objektivität verzichten oder meinen, die polnische Bevölkerung nicht kritisieren zu dürfen, nach dem Motto "right or wrong, my country".
Bei der vorliegenden Sachlage ist es mehr als berechtigt, an den Polen hinsichtlich Weltoffenheit Kritik zu üben. Gerade wenn man ein Polen-Freund ist, sollte man das tun, anstatt solche Probleme totzuschweigen und unter den Tisch zu kehren.
Was man den Polen vorwerfen kann und muß, das ist die Weigerung, sich an den durch Flüchtlinge verursachten Lasten zu beteiligen. Das halte ich für einen Treuebruch. Aber daß sie sich keinerlei moslemische Zuwanderung antun wollen, dafür habe ich volles Verständnis. Die Polen sind in der Hinsicht lernfähig. Ihnen einen Mangel an Weltoffenheit durch Lernfähigkeit vorhalten zu wollen, das ist eben ein Hyde-Special. :)
Solange man sich dann nicht selbst als tolerant und weltoffen bezeichnet, sondern das eigene Hinterwäldlertum einsieht, lebt man wenigstens nicht in Lüge zu sich selbst.
Es gibt im Leben Gelegenheiten, bei denen man zwischen zwei Übeln wählen muß. Ich habe mich in dem Punkt auf "Hinterwäldler" festgelegt und kann damit gut leben.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Die EU-Kommission gibt der polnischen Regierung noch einen Monat Bedenkzeit zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit und der unabhängigen Justiz. Etwas unglücklich in diesem Zusammenhang der Zeitpunkt dieser Ansage, weil man sie mit der Zurückweisung der Gesetze für die Ernennung von Richtern für das Oberste Gericht und den Richterrat verbinden konnte.

Nein, das ist davon losgelöst. Im wesentlichen richtet sich diese Ansage auf das Verfahren zur Besetzung des polnischen Verfassungsgerichts. Die beiden von Präsident Duda zurückgewiesenen
Pakete und ein schon zugelassenes Gesetz für die Besetzung von "Amtsgerichten" werden dabei sicher auch betrachtet.

Spannend ist die Definition des Zugriffs auf das nationale Recht der EU-Mitglieder: Die EU vertritt den Standpunkt, daß das nationale Recht formal Gemeinschaftsrecht ist. Jede gerichtliche Entscheidung soll also anhand des nationalen Rechts in jedem Mitgliedsstaat geprüft werden, ob sie zum vergleichbaren Ergebnis geführt hätte. Kommt mir als Rechtslaien irgendwie plausibel vor. Es darf ja nicht sein, daß Verfehlungen aller Art grundsätzlich unterschiedlich bewertet werden.

Au weia, das war mir bisher überhaupt nicht klar, verdeutlicht aber die Sprengkraft eines Verfahren gegen die Verletzung der Rechtsstaatlichkeit eines Mitglieds!

Ein Sprecher der polnische Regierung wies die Einmischung der EU in die inneren Angelegenheiten Polens zurück mit dem Hinweis, daß das polnische Volk sich sein Staatswesen selbst ausgestalten will. Im Lichte obiger Erkenntnisse hätte Polen dann auch gleich seinen Austritt aus der EU erklären können.

Aus meiner Sicht ist es ganz schlecht, daß die polnische Regierung in Richtung Brüssel nur mit Megaphon spricht, anstatt sich mit der Kommission auf passender Augenhöhe sachlich aus zu tauschen. In dem Sinne hatte sich auch EU-Kommissar Timmermanns geäußert. Auf die Weise hätten die Polen sich und der EU insgesamt viel Ärger ersparen können.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Hyde »

Dass für den Stimmrechtsentzug Einstimmigkeit unter allen EU-Mitgliedsstaaten notwendig ist, halte ich für eine unsinnige Regel. Denn natürlich werden dann die Bad Boys zusammenhalten, so wie in diesem Fall Polen und Ungarn. Es kann nicht sein, dass eine Sanktion der EU wegen Rechtsstaatsverletzung am Ende allein an Victor Orban scheitert.

Wenn zumindest bloß eine 4/5-Mehrheit dazu notwendig wäre statt der utopischen Einstimmigkeit, dann könnte man solchen unsäglichen Missbrauch verhindern.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von unity in diversity »

Hyde hat geschrieben:(27 Jul 2017, 02:48)

Dass für den Stimmrechtsentzug Einstimmigkeit unter allen EU-Mitgliedsstaaten notwendig ist, halte ich für eine unsinnige Regel. Denn natürlich werden dann die Bad Boys zusammenhalten, so wie in diesem Fall Polen und Ungarn. Es kann nicht sein, dass eine Sanktion der EU wegen Rechtsstaatsverletzung am Ende allein an Victor Orban scheitert.

Wenn zumindest bloß eine 4/5-Mehrheit dazu notwendig wäre statt der utopischen Einstimmigkeit, dann könnte man solchen unsäglichen Missbrauch verhindern.
Die Polen wollen anscheinend nicht gegen ihre Verfassungsfälscher demonstrieren, oder auf dem Plac Zamkowy blaue Zelte aufstellen. Da müssen sie dann notfalls ohne EU durch.
Wie die Despotie am Bosporus.

Ergänzung:
Polen ist traditionell pro-amerikanisch, damit keiner Angst hat, die könnten, ohne EU, ins Putinlager wechseln.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

Hyde hat geschrieben:(27 Jul 2017, 02:48)

Dass für den Stimmrechtsentzug Einstimmigkeit unter allen EU-Mitgliedsstaaten notwendig ist, halte ich für eine unsinnige Regel. Denn natürlich werden dann die Bad Boys zusammenhalten, so wie in diesem Fall Polen und Ungarn. Es kann nicht sein, dass eine Sanktion der EU wegen Rechtsstaatsverletzung am Ende allein an Victor Orban scheitert.
Sie scheitert nicht nur an Victor Orbán sondern auch an der deutschen CSU, die nicht nur einfach Orbán/Fidesz protegiert und in Person EVP-Chef und CSU-Mann Weber einen EU-Parlementsfraktionsausschluss verhindert (auch wenn er ab und zu öffentlich kritische Statements in Richtung Budapest ablässt), sondern die maßgeblich hinter dem ganzen politischen Fidesz-Programm steht. Letzteres ist - zugegeben - eine gewagte Hypothese und müsste in einem Extra-Strang behandelt werden. Ich habe allerdings ziemlich einsichtige Belege dafür.

Und sie scheitert auch an der in allerjüngster Zeit demonstrativ vollzogenen Solidarität der USA und Israel mit den Visegrád-Staaten.

Es kann nur den einen Weg der Distanzierung der polnischen/ungarischen Bürger von ihrer jeweiligen Regierungspolitik geben. Und eines der gravierenden Probleme in diesen beiden Staaten besteht in dem völligen Totalversagen der traditionellen sozialdemokratischen Parteien in den letzten 25 Jahren.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(27 Jul 2017, 08:56)

Sie scheitert nicht nur an Victor Orbán sondern auch an der deutschen CSU, die nicht nur einfach Orbán/Fidesz protegiert und in Person EVP-Chef und CSU-Mann Weber einen EU-Parlementsfraktionsausschluss verhindert (auch wenn er ab und zu öffentlich kritische Statements in Richtung Budapest ablässt), sondern die maßgeblich hinter dem ganzen politischen Fidesz-Programm steht. Letzteres ist - zugegeben - eine gewagte Hypothese und müsste in einem Extra-Strang behandelt werden. Ich habe allerdings ziemlich einsichtige Belege dafür.

Und sie scheitert auch an der in allerjüngster Zeit demonstrativ vollzogenen Solidarität der USA und Israel mit den Visegrád-Staaten.

Es kann nur den einen Weg der Distanzierung der polnischen/ungarischen Bürger von ihrer jeweiligen Regierungspolitik geben. Und eines der gravierenden Probleme in diesen beiden Staaten besteht in dem völligen Totalversagen der traditionellen sozialdemokratischen Parteien in den letzten 25 Jahren.
Hyde hat schon Recht mit dem Unsinn der Einstimmigkeit. Damit ist schon die "vor-Maastricht"-EU so weit ausgebremst worden, daß man wenigstens auf den meisten zur Entscheidung freigegebenen Feldern die "qualifizierte Mehrheit" eingeführt hatte. Allerdings konnte man sich in der "alten EU" nicht vorstellen, daß ein Mitglied sich derart über geschlossene Verträge hinweg setzen würde. Auf diese neue Erfahrung muß die EU sich schleunigst einstellen.

Die EU leidet aus meiner Sicht an einem Mangel an unmittelbaren Zuständigkeiten der Gemeinschaft durch fehlende Volksbeteiligung. Parlament und Ministerrat müßten sich häufiger dem Wähler stellen, der EUGH müßte ein unabhängiges Gericht sein, dessen Entscheidungen nur mit Rechtsmitteln oder Austritt aus der EU ausgehebelt werden können. Ist doch zu blöd, daß in der Kommission ein Niederländer über Polens Rechtsbrüche befinden soll. Ein internationales EU-Gericht wäre in dem Sinne weniger parteiisch dem gesetzten Recht verpflichtet. Damit sage ich gar nichts gegen Herrn Timmermanns, der sicher seine Aufgabe hervorragend erfüllt.

Wenig überraschend, daß Polen von einigen Seiten und auch in Deutschland Zustimmung erfährt. Auch in Deutschland gibt es nicht 100% Zustimmung zur Weiterentwicklung der EU, wohl aber eine Mehrheit. Damit muß man in einer Demokratie leben.

Sollte sich also tatsächlich eine Entscheidung zum Thema Gewaltenteilung und unabhängiger Rechtsstaat wegen der festgelegten Einstimmigkeit nicht durchsetzen lassen, also ein klarer Rechtsbruch und Vertragsbruch durch rechtsstaatliche Gepflogenheiten das Recht nicht mehr an zu wenden sein, dann muß endlich die EU sich so umgestalten, daß solche Blockaden nicht mehr möglich sind. Ein Weg dahin, wenigstens ein Teil eines Weges, wäre die grundsätzliche Anerkennung der Entscheidungen eines unabhängigen EUGH durch alle Mitglieder.

Ein anderer Ansatz wäre die Umgestaltung der EU in einen "vollwertigen Kern" und Teilnehmer am Binnenmarkt, so wie das heute für die Schweiz oder Norwegen eingerichtet wurde. Eine solche Umgestaltung schließt aber dumm gemachte Regeln... siehe oben... nicht aus, so daß auch hier der Rückgriff auf unabhängige Gerichte Blockaden verhindern muß... bis hin zum Ausschluß eines Mitglieds.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Heute hat die EU das lange angedrohte und angekündigte Verfahren gegen Polen wegen der Verletzung der EU-Verträge eingeleitet. Ausgelöst wurde dieses Verfahren durch Verfassungsänderungen, die der polnischen Regierung sehr weit gehende Eingriffe in die Besetzung von Richterämtern gestatten.

Die Auffassungsunterschiede in der EU-Kommission und in der polnischen Regierung kann man auf einen sehr einfachen Nenner bringen:

Die polnische Regierung meint, daß jedes Mitgliedsland sein Rechtswesen nach eigenem Gutdünken durch demokratische Beschlüsse verändern darf. Durch EU-Verträge begrenzte Entscheidungsfreiheiten sieht die polnische Regierung nicht.

Die EU Kommission sieht den demokratischen Rechtsstaat mit seiner Gewaltenteilung in Gesetzgebung, Regierung und unabhängige Justiz als wesentliches Merkmal eines Mitgliedsstaats der EU an. Mitglieder können deshalb an diesem Grundsatz nichts verändern, ohne dadurch nicht zugleich ihre Mitgliedschaft zu verlieren.

Die Gestaltungsfreiheit der Gesetzgeber ist aber noch weiter eingeschränkt, was die geltenden Gesetze betrifft. Die EU will sicher stellen, daß in der Gemeinschaft strafbare Handlungen einheitlich beschrieben und bewertet werden, damit Straftäter sich nicht das Land aussuchen können, wo ihnen die geringste oder gar keine Strafe droht. Klingt vernünftig, war mir bis vor wenigen Tagen aber auch nicht bekannt.

Vor diesem Hintergrund sind geradezu unverschämte Widerreden polnischer Regierungsmitglieder zu verstehen. Diesen Politikern ist offenbar nicht klar, worauf sie sich mit der EU-Mitgliedschaft eingelassen haben. Auch sind sie offenbar nicht bereit, mit ihren Vorstellungen kollegial an die EU-Kommission heran zu treten, um gemeinsam die rechtliche Lage zu umrunden.
http://www.rp.pl/Sedziowie-i-sady/17072 ... hnych.html

Das Thema "Vertragsbruch" wird nun der EuGH bewegen. Kommt der EuGH zur Auffassung, daß die EU-Verträge gebrochen wurden, dann können seitens der EU Strafen verhängt werden bis hin zum Verlust des polnischen Stimmrechts im Ministerrat. Wenn in dem Zusammenhang auch die Zuwendungen aus der Entwicklungsförderung der Landwirtschaft, der Regionen und vielleicht noch anderer Bereiche gestrichen werden, dann ist das Mitglied von der Gemeinschaft weitgehend ausgeschlossen.

Hinzu kommen weitere gemeinschaftswidrige Verhaltensweisen Polens bei der Verteilung von Asylbewerbern und Gruppenbildung innerhalb der EU, um Druck auf die EU-Kommission ausüben zu können.

Nun scheint das Faß endgültig übergelaufen zu sein!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(29 Jul 2017, 19:00)

Das Thema "Vertragsbruch" wird nun der EuGH bewegen. Kommt der EuGH zur Auffassung, daß die EU-Verträge gebrochen wurden, dann können seitens der EU Strafen verhängt werden bis hin zum Verlust des polnischen Stimmrechts im Ministerrat. Wenn in dem Zusammenhang auch die Zuwendungen aus der Entwicklungsförderung der Landwirtschaft, der Regionen und vielleicht noch anderer Bereiche gestrichen werden, dann ist das Mitglied von der Gemeinschaft weitgehend ausgeschlossen.

Hinzu kommen weitere gemeinschaftswidrige Verhaltensweisen Polens bei der Verteilung von Asylbewerbern und Gruppenbildung innerhalb der EU, um Druck auf die EU-Kommission ausüben zu können.
es wurde zeit. ist aber, fürchte ich, viel zu spät. die gemüter haben sich in den letzten 9 monaten sehr verhärtet. eine aktion gegen polen betrachten einige länder auch als einen angriff gegen ihr eigenes land. und wenn es nur wäre wegen möglichen konsequenzen für sie.

persönlich denke ich, das bußegeld DAZU auch nicht schlecht ist. statt nichts zu empfangen, müssen sie (theoretisch) dann zahlen: die zeche :D
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(29 Jul 2017, 22:56)

es wurde zeit. ist aber, fürchte ich, viel zu spät. die gemüter haben sich in den letzten 9 monaten sehr verhärtet. eine aktion gegen polen betrachten einige länder auch als einen angriff gegen ihr eigenes land. und wenn es nur wäre wegen möglichen konsequenzen für sie.

persönlich denke ich, das bußegeld DAZU auch nicht schlecht ist. statt nichts zu empfangen, müssen sie (theoretisch) dann zahlen: die zeche :D
So empfinde ich diese unerfreuliche Entwicklung auch. Nur darf die EU sich das nicht gefallen lassen, wenn alle Partner, die sich durch Disziplinierungen irgendwie angefaßt fühlen könnten, sich gemeinsam gegen die EU verschwören, um ihre Arbeit für eine funktionierende Gemeinschaft zu behindern. Dann muß der Kern der EU institutionell enger zusammenrücken mit dem Ziel, die stetig sich vertiefende Union weiter zu entwickeln.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(30 Jul 2017, 00:03)

So empfinde ich diese unerfreuliche Entwicklung auch. Nur darf die EU sich das nicht gefallen lassen, wenn alle Partner, die sich durch Disziplinierungen irgendwie angefaßt fühlen könnten, sich gemeinsam gegen die EU verschwören, um ihre Arbeit für eine funktionierende Gemeinschaft zu behindern. Dann muß der Kern der EU institutionell enger zusammenrücken mit dem Ziel, die stetig sich vertiefende Union weiter zu entwickeln.
wir können einander schulterklopfen geben, aber haben WIR eine konstruktive idee?
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(30 Jul 2017, 13:46)

wir können einander schulterklopfen geben, aber haben WIR eine konstruktive idee?
Eine konstruktive Idee kann wohl niemand beisteuern, weil der ja alle 27 Mitglieder folgen müßten. Das ist aber derzeit nicht zu erwarten. Bleibt die EU der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die Kommissionspräsident Juncker schon grob vorstrukturiert hatte..

Fast bin ich davon überzeugt, daß Präsident Macron mit der Bundeskanzlerin solche Pläne schmieden wird. Denn Präsident Macron hat doch ziemlich deutlich das Verhalten einiger Partner gerügt ("Die EU ist kein Supermarkt..."). Ähnlicher Protest kam auch von Premier Renzi und von seinem Nachfolger Gentilioni. Wenn die Niederlande in dem Sinne handlungsfähig geworden sind, dann müssen die sechs Gründungsmitglieder der EU sich eben zusammen setzen und überlegen, wie weit sie Nationalstaaten bleiben wollen und wie weit sie im nächsten Schritt die sich stetig vertiefende Zusammenarbeit treiben wollen... bis hin zu einer Föderation oder einer teilweisen Föderation der Euro-Gruppe?

Wenn da nichts kommt, dann zerbröckelt die heutige EU in den kommenden 10 Jahren. Da sind zu viele gut gemeinte Vorleistungen mißbraucht worden, angefangen bei Griechenland und endend bei den Visegradskis. Deren EU braucht niemand... oder richtiger: Für die bezahlt niemand etwas!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(30 Jul 2017, 19:23)

Eine konstruktive Idee kann wohl niemand beisteuern, weil der ja alle 27 Mitglieder folgen müßten. Das ist aber derzeit nicht zu erwarten. Bleibt die EU der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die Kommissionspräsident Juncker schon grob vorstrukturiert hatte..

Fast bin ich davon überzeugt, daß Präsident Macron mit der Bundeskanzlerin solche Pläne schmieden wird. Denn Präsident Macron hat doch ziemlich deutlich das Verhalten einiger Partner gerügt ("Die EU ist kein Supermarkt..."). Ähnlicher Protest kam auch von Premier Renzi und von seinem Nachfolger Gentilioni. Wenn die Niederlande in dem Sinne handlungsfähig geworden sind, dann müssen die sechs Gründungsmitglieder der EU sich eben zusammen setzen und überlegen, wie weit sie Nationalstaaten bleiben wollen und wie weit sie im nächsten Schritt die sich stetig vertiefende Zusammenarbeit treiben wollen... bis hin zu einer Föderation oder einer teilweisen Föderation der Euro-Gruppe?

Wenn da nichts kommt, dann zerbröckelt die heutige EU in den kommenden 10 Jahren. Da sind zu viele gut gemeinte Vorleistungen mißbraucht worden, angefangen bei Griechenland und endend bei den Visegradskis. Deren EU braucht niemand... oder richtiger: Für die bezahlt niemand etwas!
das ist nicht korrekt. spätestens bei italien, aber eigentlich schon bei frankreich. die kontrolle war immer teils blind.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(30 Jul 2017, 20:12)

das ist nicht korrekt. spätestens bei italien, aber eigentlich schon bei frankreich. die kontrolle war immer teils blind.
Sicher ist viel Mist gebaut worden; mir geht es um wirklich teueren Mist. Das darf bei einer Neugründung so nicht weiter gehen, oder man kann den Verein auch auflösen.
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Polen will ein Bündnis innerhalb der EU schaffen

Beitrag von PhilippDecker »

http://s1.bild.me/bilder/110417/45524243c.jpg
Im Juli 2017 fand ein weiterer "Drei-Meer-Initiative"-Gipfel in Polen statt. Es ist bemerkenswert, dass im Gegensatz zum vorigen Jahr nur zwölf EU-Staaten, die sich zwischen dem Adriatischen Meer, dem Schwarzen Meer und dem Ostsee befinden, und US-Präsident Donald Trump als Ehrengast die Einladung zu diesem Ereignis bekommen haben. Dabei wurde der Gipfel unter der Schirmherrschaft von Wiederbelebung des Projekts der Konföderation Zwischenmeer gehalten. Die Präsidenten Trump und Duda betonten eine wichtige Rolle der Ukraine bei der Umgestaltung der ganzen Region sowie die Perspektiven der Schaffung von einem politischen, wirtschaftlichen und militärischen Bündnis mit ihrer Teilnahme. Es schien, als ob der Gipfel selbst für die Wiedervereinigung von der Ukraine mit Polen einberufen worden wäre. Allerdings wurde "die Gefeierte" selbst zu diesem schwerwiegenden Ereignis nicht eingeladen. Nach den ins Internet durchsicherten Materialen – einem von vielen – zu urteilen, erregten die Teilnehmer des Gipfels allermeist die Nachteile der innenpolitischen Lage in der Ukraine. Allein die Frage über die Probleme der nationalen Minderheiten ist zum Thema eines ganzen Vortrags geworden.

Auf solche Weise entscheiden die "großen Brüder" für die kleine Ukraine. Ohne Zweifel ist die Diskriminierung der Nationalgemeinden in diesem Land eine deprimierende Realitätstatsache, die in gesetzlicher Weise beigelegt werden soll – besser in Anwesenheit vom Beklagten. Aber in diesem Fall sieht die Situation viel mehr wie eine Erpressung aus, die von dem Ehrengast aus Übersee genehmigt wurde. Im Grunde benutzen die europäischen Nachbarn die Ukraine als ein Werkzeug, um sowohl Russland als auch die EU unter Druck zu setzen.

Man fragt sich: was hat das mit der EU zu tun? Die Initiatoren des Zwischenmeers legen doch den Fokus auf die Entwicklung der wirtschaftlichen und der energetischen Infrastrukturprojekte im Rahmen der EU und auf Kosten der EU. Es ist aber zu erwähnen, dass die ursprüngliche Idee des Zwischenmeers dem Sozialisten und Nationalisten Pilsudski gehörte, der heute in Polen eine hochverehrte Figur ist. Das war ein geopolitisches Verteidigungsprojekt, das die geschaffene Konföderation sowohl der Sowjetunion als auch den anderen europäischen Staaten gegenüberstellte. Und deswegen, so viel die Teilnehmer der jüngsten Gipfeln auch den Zusammenhang ihrer multidirektionalen, progressiven und vor allem informellen Initiative mit den alten polnischen Ambitionen, Rzeczpospolita mit den Grenzen des 17. Jahrhunderts wiederherzustellen, leugneten, ist es aber nicht leicht, vom angemessenen Eindruck loszukommen.

Vor allem soll man die Teilnehmerliste beachten. Die einigen, die die Unterschiede zwischen dem Projekt der 90-er Jahre und der modernen Initiative mit der Anwesenheit Österreichs auf dem Gipfel beweisen, sollen an die aktive österreichische Teilnahme an der Teilung Polens sowie auch an die engverflochtene Geschichte dieser zwei Staaten und einer seit einer längeren Zeit existierenden sogenannten "Österreichischen Teilung" erinnert werden. Dabei wird die Initiative von der Visegrad-Gruppe unter der Leitung von Polen geprägt, die im letzten Jahr mehrmals in einem offenen Konflikt mit Brüssel geraten ist. Die Gründe dafür waren sowohl die politischen Auseinandersetzungen innerhalb des Bündnisses, als auch die Verletzung des Formats eines EU-Staates.

Zum Schlussstrich wird die Anwesenheit von Donald Trump auf dem Gipfel. Allein seine Wahl im November des vorigen Jahres hat viele Länder des "alten" Europas schockiert und empört. Später hat sich die Konfrontation zwischen den USA und der EU zugespitzt, insbesondere wegen des Übereinkommens von Paris. Es sei bemerkt, dass der Herr vom Weißen Haus – nach dem Vortrag über die nationalen Minderheiten in der Ukraine zu urteilen – nicht nur die Rolle eines Gasts und Beobachters am Rand auf dem Gipfel spielte. Seine Anerkennung wurde offiziell am Ende des Vortrags dokumentiert. Außerdem hat Trump seinen Ruf eines erfolgreichen Geschäftsmannes noch einmal bewährt, indem er noch ein paar günstigen Abkommen – insbesondere über die Lieferungen von den Flugabwehrraketen Patriot und dem amerikanischen Flüssiggas – mit den Vernehmern des Gipfels abgeschlossen hat.

Die Abwesenheit der Ukraine ist auch verständlich: der Auftritt von Poroschenko auf so einer Veranstaltung würde die Bundeskanzlerin sowie den französischen Präsidenten, mit denen er nur frisch Beziehungen aufgebaut hat, beunruhigen. Allerdings zeugt die bekannte alte Bestrebung von Kiew, der Visegrad-Gruppe beizutreten, gepaart mit dem Selbstbewusstsein, mit dem sich die Teilnehmer des Gipfels in die innere gesetzgebende und staatliche Ordnung des Landes eingemischt haben, davon, dass der ukrainische Konföderationsbeitritt eine schon beschlossene Frage ist.

Auf solche Weise kann man schlussfolgern, dass sich unter dem Deckmantel einer gemeinsamen Lösung der Wirtschafts- und Verteidigungsfragen in Europa, unter dem amerikanischen "Regenschirm" eine Konföderation herausbildet, die sich sowohl Russland als auch der EU gegenüberstellt. Als Anreger und eindeutiger Leader dieses Bündnisses tritt Polen auf. Schon jetzt kann man ohne Zweifel behaupten, dass der Brexit, der der EU den ersten Schlag versetzt hat, ein Kinderspiel im Vergleich zu dem Riss ist, der sich zwischen dem "alten" und dem "neuen" Europa im Laufe der Zwischenmeer-Initiative schon ausgestreckt hat.
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Re: Polen will ein Bündnis innerhalb der EU schaffen

Beitrag von H2O »

Neben dem Hirngespinst Trójmorze läuft auch Międzymorze mit ähnlichem polnischen Führungsanspruch. Dagegen ist nichts ein zu wenden, so lange unsere Visegradskis die Verträge mit der EU erfüllen. Dann nehmen diese Staaten eben nicht an gemeinsamen Rüstungs- und Verteidigungsvorhaben in der EU teil, sondern arbeiten auf NATO-Ebene zusammen. Die gewählte Überschrift drückt den Sachverhalt nicht ganz richtig aus: Das angepeilte Bündnis umfaßt auch Staaten, die der EU auf absehbare Zeit nicht angehören werden.

Derartige Sonderbemühungen sind nicht ganz neu. Frankreich hatte vor 10 Jahren eine ähnliche größere Zusammenarbeit im Mittelmeerraum unter französischer Führung angestrebt. Gescheitert ist das Vorhaben damals, weil man unverhohlen Deutschland als nicht stimmberechtigten Zahlmeister dieser meist bedürftigen Partner gewinnen wollte. Das war denn doch zuviel des Guten.

Aus meiner Sicht kann die EU diesem Spiel gelassen zusehen; sie hat darauf zu achten, daß die geschlossenen Verträge erfüllt werden. Wenn dort ein Vertragsbruch festgestellt wird, dann müssen nach vorsorglicher Mahnung und Abmahnung die vorgesehenen Disziplinierungsmaßnahmen eingesetzt werden, die von Geldstrafen bis zum Ausschluß aus der Gemeinschaft führen können. Der erste Schritt dazu wurde vollzogen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ausgelöst.
JuergenSchmid

EU gegen Polen

Beitrag von JuergenSchmid »

http://i.imgur.com/0Lldwes.jpg

Das Reformprojekt des polnischen Justizsystems, das vor etwa anderthalb Jahren von der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) vorgelegt und vom Sejm bestätigt worden war, wurde zum Stein des Anstoßes in den Beziehungen zwischen der EU-Kommission und der polnischen Regierung. Die von der Kaczynskis Partei vorgeschlagenen Änderungen widersprechen grundsätzlich nicht nur den europäischen Normen, sondern auch der Umsetzung demokratischer Bürgerrechte. Es ist keine Überraschung, dass diese Reform eine öffentliche Resonanz und Massenproteste innerhalb des Landes sowie auch die Kritik seitens der EU-Staatschefs verursacht hat. Als die Sanktionen und die Abschaffung des polnischen Vetorechtes im Rat der EU zur Sprache gebracht wurden, musste Präsident Duda umkehren und sein Veto gegen das Projekt einlegen.

Dennoch bleibt die Atmosphäre um das Problem immer wieder geladen. Die mit den innenpolitischen Besonderheiten bekannten polnischen Vertreter in der EU-Kommission und dem EU-Parlament äußern immer wieder ihre Empörung über die Regierungspartei, indem sie Kaczynski und seinem Team nicht vertrauen. Insbesondere schreibt darüber EU-Binnenkommissarin Elzbieta Bienkowska in ihrem Schreiben an den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans.

http://i.imgur.com/BS1Nngn.jpg

Bienkowska spricht offen über die schweren Probleme mit der Umsetzung demokratischer Rechte im Lande. Diese Frage sei dringlicher als die Wahlen in Deutschland, weil der Verlust von Polen zu einem Zerfall der EU führen könnte. Vielleicht tritt die EU-Kommissarin allzu dramatisch auf. Allerdings deuten die von der polnischen Seite initiierten mehrmaligen Konflikte mit der gesamteuropäischen Regierung darauf hin, dass wir den Polexit möglicherweise viel früher erleben werden, als die Autoren dieses Präzedenzfalls vollends austreten.
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Re: EU gegen Polen

Beitrag von H2O »

JuergenSchmid hat geschrieben:(03 Aug 2017, 13:16)

http://i.imgur.com/0Lldwes.jpg

Das Reformprojekt des polnischen Justizsystems, das vor etwa anderthalb Jahren von der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) vorgelegt und vom Sejm bestätigt worden war, wurde zum Stein des Anstoßes in den Beziehungen zwischen der EU-Kommission und der polnischen Regierung. Die von der Kaczynskis Partei vorgeschlagenen Änderungen widersprechen grundsätzlich nicht nur den europäischen Normen, sondern auch der Umsetzung demokratischer Bürgerrechte. Es ist keine Überraschung, dass diese Reform eine öffentliche Resonanz und Massenproteste innerhalb des Landes sowie auch die Kritik seitens der EU-Staatschefs verursacht hat. Als die Sanktionen und die Abschaffung des polnischen Vetorechtes im Rat der EU zur Sprache gebracht wurden, musste Präsident Duda umkehren und sein Veto gegen das Projekt einlegen.

Dennoch bleibt die Atmosphäre um das Problem immer wieder geladen. Die mit den innenpolitischen Besonderheiten bekannten polnischen Vertreter in der EU-Kommission und dem EU-Parlament äußern immer wieder ihre Empörung über die Regierungspartei, indem sie Kaczynski und seinem Team nicht vertrauen. Insbesondere schreibt darüber EU-Binnenkommissarin Elzbieta Bienkowska in ihrem Schreiben an den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans.

http://i.imgur.com/BS1Nngn.jpg

Bienkowska spricht offen über die schweren Probleme mit der Umsetzung demokratischer Rechte im Lande. Diese Frage sei dringlicher als die Wahlen in Deutschland, weil der Verlust von Polen zu einem Zerfall der EU führen könnte. Vielleicht tritt die EU-Kommissarin allzu dramatisch auf. Allerdings deuten die von der polnischen Seite initiierten mehrmaligen Konflikte mit der gesamteuropäischen Regierung darauf hin, dass wir den Polexit möglicherweise viel früher erleben werden, als die Autoren dieses Präzedenzfalls vollends austreten.
Wenn ich die in der Rzeczpospolita online nachlesbaren Artikel gedanklich zusammenfasse, dann herrscht in Polen weitgehend Einigkeit darüber, daß die Personalauswahl im Rechtssystem mehr Mitwirkung "des Volkes" braucht. Leider ist es wohl so, daß die Kaczyński-Partei PiS unter "Volk" nur ihre führenden Mitglieder in Partei und Regierung versteht. Dieses etwas einseitige Konzept müßte auf dem gesamten Parlament und auf Wojewodschaftsebene aufbauen, und dann wäre es unseren deutschen System sehr ähnlich. Hoffen wir einmal, daß Präsident Duda mit solchen versachlichenden Vorschlägen Zustimmung findet.

Der tollste Schuß in den Ofen ist schon die Besetzung des Verfassungsgerichts TK durch die Regierung... da wird also eine willfährige Gruppe zur Bewertung von Gesetzen geschaffen... die politische Mehrheit kann dann tun, was immer ihr einkommt. Das ist ein ganz grober Verstoß gegen die Gewaltenteilung, die in allen demokratischen Verfassungen der EU-Partner enthalten ist.

Die EU-Kommission macht es ganz richtig: Sie meckert, droht an, leitet Verfahren ein, droht mit Mittelkürzung und Sperren, und mit Verlust des Stimmrechts bei Entscheidungen. Damit hat Polen Zeit, sich anders zu besinnen und vielleicht auch einmal zu zu hören, was denn die demokratie-erfahrenen Nachbarn zu solchen Vorschlägen zu sagen haben, wenn diese Regierung nicht von selbst darauf kommen konnte.

Mir drängt sich der Eindruck auf, daß die polnische Regierungspartei die EU-Verträge, die sie selbst in 2004 und 2005 nach viel Streit um den Vertrag von Lissabon geschlossen hatte, gar nicht mehr gegenwärtig hat. Dem Sinne nach äußern sich führende Parteimitglieder etwa so: "Polen ist ein selbständiger Staat mit demokratisch gewählter Regierung. Die EU-Kommission ist mit ihren Funktionären überhaupt nicht ermächtigt, auf Entscheidungen der polnischen Regierung ein zu wirken." Und das in ziemlich barschem Ton... auf jeden Fall nicht partnerschaftlich.

Die EU-Kommission ist nach ihrem Selbstverständnis aber die Hüterin der EU-Verträge. Sie versteht nationales Recht als Teil der EU-Gesetzgebung... daß also bestimmte Sachverhalte in allen nationalen Gesetzgebungen der EU gleich bewertet werden.

Sie haben schon Recht: Es kann wirklich aus Wut und Trotz dazu kommen, daß Polen sich plötzlich vor der Tür der EU wiederfindet. In seiner derzeitigen nur noch streitsüchtig zu bezeichnenden Verhaltensweise wäre dieser Austritt/Rausschmiß auch nicht so furchtbar bedauerlich. Ich meine aber, daß die polnische Zivilgesellschaft sich doch noch rechtzeitig diesem Wahnsinn ihrer Regierungspartei entgegen stemmt. Einen ersten zaghaften Schritt in diese Richtung hat Präsident Duda gewagt. In Umfragen steht eine satte Mehrheit der Polen hinter ihm, auch unter den Wählern der PiS.

Darum meine Hoffnung: Noch ist Polen nicht verloren!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nun pfeifen es die Spatzen von fast allen Dächern: Die Führung der Regierungspartei PiS steuert ganz offenbar einen Streit mit der EU und mit Deutschland an: Sie bricht EU-Grundverträge, insbesondere die Gewaltenteilung, sie erkennt Mehrheitsbeschlüsse des EU-Ministerrats nicht an, insbesondere die Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedear der EU, sie bricht geltendes Recht, indem sie einen Urwald abholzen läßt, der als Weltkulturerbe der UNO eingetragen ist. Sie setzt eine öffentliche Debatte über Reparationen Deutschlands für Zerstörungen im 2. Weltkrieg an. Den Streit und ihre "Forderungen" verkündet die polnische Regierung mit dem Megaphon.

http://www.t-online.de/nachrichten/ausl ... glich.html

Ich glaube jetzt auch nicht mehr daran, daß Polen die Entwicklung der EU behindern will. Polen sucht den großen Knall, indem es alle Türen zur EU zuschlägt. Die EU sollte sich auf einen POLXIT einstellen, wenn Polen die Urteile des EuGH zu strittigen Fragen nicht anerkennt. Der Neuaufbau der EU muß ohne Polen angesteuert werden.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(07 Aug 2017, 14:33)

Ich glaube jetzt auch nicht mehr daran, daß Polen die Entwicklung der EU behindern will. Polen sucht den großen Knall, indem es alle Türen zur EU zuschlägt. Die EU sollte sich auf einen POLXIT einstellen, wenn Polen die Urteile des EuGH zu strittigen Fragen nicht anerkennt. Der Neuaufbau der EU muß ohne Polen angesteuert werden.
1. wann gibt es in polen wieder parlamentswahlen?

2. was die PiS will ist nicht identisch mit was die polen willen. ich erinnere mich noch die »aufstände« der polen. rokoskowsky ging, gomulka ging, jaruszelski ging...
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(07 Aug 2017, 14:40)

1. wann gibt es in polen wieder parlamentswahlen?

2. was die PiS will ist nicht identisch mit was die polen willen. ich erinnere mich noch die »aufstände« der polen. rokoskowsky ging, gomulka ging, jaruszelski ging...
Die nächsten Paramentswahlen in Polen werden im Herbst 2019 abgehalten. Bis dahin kann die PiS noch viel Unheil anrichten.

Sicher, die PiS ist nicht "alle Polen". Aber eine klare Mehrheit hat sie schon, trotz zuletzt sehr niedriger Wahlbeteiligung. Die Dinge stehen schlimmer, fast so wie in der Türkei. Es könnrte also eine sehr knappe Mehrheit für den totalen Wahnsinn geben.

Der EU bleibt nichts anderes übrig, als die vorgesehenen Verfahren systematisch ab zu spulen: Geldstrafen, Entzug von Fördermitteln, Entzug des Stimmrechts, Grenzen schließen. Vielleicht kommen die Leute dann zur Vernunft? So wie jetzt darf die Sache ja auf gar keinen Fall weiter laufen. Schade, das hatte ich mir nicht so vorgestellt!
Ger9374

Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Es muss ja nicht zum Exzess kommen.
Die PIS wird ab 2018 auch langsam an die nächste
Parlamentswahl denken müssen. Gegen die E.U
auf Dauer Politik zu machen dürfte in Polen unpopulär sein! Auch der einfache durchschnittliche Pole wird Strafmassnahmen aus Brüssel gegen Warschau als kritisch ansehen.
Bleibt die Frage inwieweit die PIS die Nationalismus Karte gegen die E.U ausspielen wird. Aber auch das klappt nur begrenzt.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Allenstein »

Wo ist mein Beitrag?
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

Allenstein hat geschrieben:(08 Aug 2017, 20:24)

Wo ist mein Beitrag?
habe ich entfernt. »ein joch brüssels« akzeptiere ich nicht.

NN, mod
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(08 Aug 2017, 19:52)

Es muss ja nicht zum Exzess kommen.
Die PIS wird ab 2018 auch langsam an die nächste
Parlamentswahl denken müssen. Gegen die E.U
auf Dauer Politik zu machen dürfte in Polen unpopulär sein! Auch der einfache durchschnittliche Pole wird Strafmassnahmen aus Brüssel gegen Warschau als kritisch ansehen.
Bleibt die Frage inwieweit die PIS die Nationalismus Karte gegen die E.U ausspielen wird. Aber auch das klappt nur begrenzt.
Ich bin in der Sache nicht so wohlgemut! Wir haben doch im Fall Türkei gesehen, wie gering die Einflußmöglichkeiten der EU auf einen Nationalstaat sind. Die führenden Politiker müssen nur verstehen, wie man das Vorgehen der EU gegen polnisches Regierungshandeln als Maßnahme zur Demütigung Polens "verkaufen" kann.

Ansonsten hoffe ich natürlich, daß Sie Recht behalten!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(08 Aug 2017, 22:47)

Ich bin in der Sache nicht so wohlgemut! Wir haben doch im Fall Türkei gesehen, wie gering die Einflußmöglichkeiten der EU auf einen Nationalstaat sind. Die führenden Politiker müssen nur verstehen, wie man das Vorgehen der EU gegen polnisches Regierungshandeln als Maßnahme zur Demütigung Polens "verkaufen" kann.

Ansonsten hoffe ich natürlich, daß Sie Recht behalten!
In mehreren aktuellen Kommentaren ist davon die Rede, dass das Ziel der PiS/Kaczynskis (wie auch Orbán) nicht der Austritt, sondern eine Änderung des Kräfteverhältnisses zwischen Europäischem Rat und Europäischer Kommission zugunsten des Ersteren ist. Ob sie einen entsprechenden Einfluss dahingehend ausüben können, wird nicht zuletzt davon abhängen, ob es im sonstigen Europa ähnliche Bestrebungen gibt, die nur nicht so vollmundig und lauthals herausposaunt werden. Dass zumindest Orbán im Europäischen Parlament über gehörigen Einfluss verfügt, beweist zum einen die Tatsache, dass er trotz öffentlicher Bekundungen nicht aus der EVP-Fraktion ausgeschlossen wurde. Und zum anderen, dass er sehr enge Beziehungen zur CSU unterhält. Die CSU ist überhaupt das Musterbeispiel für solche "ähnlichen Bestrebungen", nur eben nicht so polternd.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Aug 2017, 08:30)

In mehreren aktuellen Kommentaren ist davon die Rede, dass das Ziel der PiS/Kaczynskis (wie auch Orbán) nicht der Austritt, sondern eine Änderung des Kräfteverhältnisses zwischen Europäischem Rat und Europäischer Kommission zugunsten des Ersteren ist. Ob sie einen entsprechenden Einfluss dahingehend ausüben können, wird nicht zuletzt davon abhängen, ob es im sonstigen Europa ähnliche Bestrebungen gibt, die nur nicht so vollmundig und lauthals herausposaunt werden. Dass zumindest Orbán im Europäischen Parlament über gehörigen Einfluss verfügt, beweist zum einen die Tatsache, dass er trotz öffentlicher Bekundungen nicht aus der EVP-Fraktion ausgeschlossen wurde. Und zum anderen, dass er sehr enge Beziehungen zur CSU unterhält. Die CSU ist überhaupt das Musterbeispiel für solche "ähnlichen Bestrebungen", nur eben nicht so polternd.
Ich meine, daß für uns Europäer widersprüchliche Wünsche einzelner Regierungen keine Richtschnur sein können. Unsere Wünsche gehen sehr klar in Richtung einer vertieften Zusammenarbeit in der Euro-Gruppe, so wie das von D & F angedacht ist, aber mit einer verbesserten demokratischen Beteiligung der Wähler an folgendem Überbau: Euro-Parlament, gewählter "Ältestenrat" als 2. Kammer, Euro-Regierung durch das Parlament besetzt. Der Zug soll endlich abfahren in Richtung der europäischen Föderation. Der Binnenmarkt mit seinen Freiheiten und Zahlungsströmen soll als Gemeinschaftsleistung nur innerhalb der Föderation gelten, desgleichen die offenen Grenzen. Praktisch bedeutet das, daß jetzt schleunigst nachgeholt werden muß, was mit der Einführung der Gemeinschaftswährung als "folgerichtige Entwicklung" vermutet wurde... bislang Pustekuchen!

Die Europäische Föderation kann Verträge mit anderen Partnern zum gegenseitigen Vorteil schließen. So etwa auch mit Polen, wenn das Land daran Interesse hat.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(09 Aug 2017, 13:55)

Ich meine, daß für uns Europäer widersprüchliche Wünsche einzelner Regierungen keine Richtschnur sein können. Unsere Wünsche gehen sehr klar in Richtung einer vertieften Zusammenarbeit in der Euro-Gruppe, so wie das von D & F angedacht ist, aber mit einer verbesserten demokratischen Beteiligung der Wähler an folgendem Überbau: Euro-Parlament, gewählter "Ältestenrat" als 2. Kammer, Euro-Regierung durch das Parlament besetzt. Der Zug soll endlich abfahren in Richtung der europäischen Föderation. Der Binnenmarkt mit seinen Freiheiten und Zahlungsströmen soll als Gemeinschaftsleistung nur innerhalb der Föderation gelten, desgleichen die offenen Grenzen. Praktisch bedeutet das, daß jetzt schleunigst nachgeholt werden muß, was mit der Einführung der Gemeinschaftswährung als "folgerichtige Entwicklung" vermutet wurde... bislang Pustekuchen!

Die Europäische Föderation kann Verträge mit anderen Partnern zum gegenseitigen Vorteil schließen. So etwa auch mit Polen, wenn das Land daran Interesse hat.
Nur dass eben "Wir" <> "D" <> "E" gilt ...
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Aug 2017, 14:58)

Nur dass eben "Wir" <> "D" <> "E" gilt ...
Die Einzigartigkeit des "Wir" wäre bei einer Wahl zum EU-Parlament zu klären. Wahlbeteiligung > 50% bedeutet "Wir". Oder wozu braucht die EU ein Parlament, wenn es "Wir" nicht gibt?
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Wenn eine Brüsseler Institution mehr Macht dann ja wohl ein demokratisch gewähltes Parlament.
Dieses hat dann eine E.U Regierung zu wählen. ein Ministerrat oder ähnliches wird noch gebraucht als 2. Kammer ist.
Eindeutige Kompetenzen wie Bundestag und Bundesrat sie haben, sollte auch geklärt sein.
Ger9374

Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Ich sehe das Potenzial um eine weiterentwicklung
der E.U zu behindern als begrenzt an. Polens Einfluss dürfte sich auf nur wenige Aspiranten
stützen, sofern das auch ernsthaft erfolgen sollte.
Als E.U Befürworter sollte in jedem Fall nichts mehr schöngeredet werden. Klare Worte für eindeutige Entscheidungen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

Ger9374 hat geschrieben:(10 Aug 2017, 12:38)

Als E.U Befürworter sollte in jedem Fall nichts mehr schöngeredet werden. Klare Worte für eindeutige Entscheidungen.
korrekt, nicht mehr pampern. undiplomatisch sein.
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Aug 2017, 13:24)

korrekt, nicht mehr pampern. undiplomatisch sein.
Wir dürfen nicht vergessen, daß die polnische Regierung ihr gemeinschaftswidriges Verhalten für ihr gutes Recht hält! Vielleicht hat ein Geisterfahrer auf der Autobahn ähnliche Empfindungen... alle Entgegenkommenden hupen und geben Lichtzeichen... was soll dieser Unsinn? ;)

Inzwischen wird einigen polnischen Kommentatoren aber klar, daß es keine Form des Patriotismus sein kann, sich mit allen Nachbarn zu überwerfen: Zoff mit Litauen, Weißrußland und Ukraine wegen des Umgangs mit der polnischen Minderheit, Zoff mit Rußland wegen des verrückten Verdachts, vor Jahren das Flugzeug mit Präsident Lech Kaczyński zum Absturz gebracht zu haben und Zoff sowieso wegen der russischen Besetzung der Krim und der Süd-Ost-Ukraine, Zoff mit Deutschland allgemein und wegen ausbleibender Reparationen, Zoff mit Frankreich wegen respektloser Kritik des Präsidenten Macron am Verhalten Polens und anderer, und Zoff mit der EU, wegen Einmischung in die polnische Innenpolitik und sowieso. Unsere alten Rittersleute kannten den Spruch: Viel Feind, viel Ehr! Der Gedanke muß inzwischen in Polen angekommen sein ;)

Dem allen könnte man eine witzige Note abgewinnen, wenn damit nicht lebende Menschen um ihre Zukunft in der europäischen Gemeinschaft gebracht würden. Man darf nicht vergessen, daß jährlich ungefähr 200.000 Polen nach Deutschland auswandern. Die werden im Laufe der Jahre in ihren Ankunftsländern assimiliert und gehen Polen auf Dauer verloren! Ich vermute, daß mindestens die gleiche Anzahl junger Polen in andere Länder der EU abwandert, auch nachdem der BREXIT den Weg nach GB risikoreicher erscheinen läßt. Bei rund 40 Mio Einwohnern Polens ist das ein sehr großer Aderlaß!

Die Menschen wandern ab, weil sie in Polen keine erstrebenswerte Zukunft für sich und ihre Kinder sehen. Anstatt dann aber ausländischen Investoren den Roten Teppich aus zu rollen, verbeißt die polnische Regierung öffentlich diese Anleger mit dem Vorhalt der Fremdherrschaft über die polnische Wirtschaft und Gesellschaft. Die Bundeskanzlerin muß deshalb anläßlich ihres Letzten Besuchs in Warschau energisch nachgefaßt haben, sodaß sowohl Strippenzieher Kaczyński als auch Ministerpräsidentin Szydło beteuerten, daß deutsche Unternehmen in Polen willkommen seien. Der helle Wahnsinn!

Dabei ist es so, daß ich nur beste Erfahrungen mit den Polen in Polen gemacht habe... ob nun als Nachbarn im Dorfe, als Helfer auf dem Bau, als Fachleute für Installationen, als Zulieferer, als Sachbearbeiter in den Behörden umd Ämtern... die Höflichkeit, Hilfsbereitschaft und Liebenswürdigkeit in Person! Darum schmerzt mich dieses blödsinnige Gehabe der polnischen Regierung besonders. Ich frage mich: Wo sind nur diese Holzköpfe, die solche Auftritte ihrer politischen Klasse zulassen... ihnen nicht öffentlich über den Mund fahren, wenn wieder einmal Bösartigkeiten in Umlauf gebracht werden?
Ger9374

Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Der ganz große Aufschrei wegen der PIS blieb
in Polen auch bisher aus. Dabei zündeln die doch wo es geht. Tausende auf den Straßen, leider nur im unteren Bereich. Selbst eine zersplittert auftretende Opposition bringt doch wohl mehr
auf die Straße!? Sind die Polen nicht im Klaren das sie Gefahr laufen sich zu isolieren. Am Bahnsteig zu stehen wenn der E.U zug Fahrt aufnimmt.
Will denn dieses Polen überhaupt noch im Projekt Europa konstruktive Arbeit leisten?:

Diese Frage sollten alle ehrlichen Polen ihrer
Regierung allmählich stellen!
Auch PIS Wähler sind Europäer, doch was ist ihnen wichtiger?
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(10 Aug 2017, 20:08)

Der ganz große Aufschrei wegen der PIS blieb
in Polen auch bisher aus. Dabei zündeln die doch wo es geht. Tausende auf den Straßen, leider nur im unteren Bereich. Selbst eine zersplittert auftretende Opposition bringt doch wohl mehr
auf die Straße!? Sind die Polen nicht im Klaren das sie Gefahr laufen sich zu isolieren. Am Bahnsteig zu stehen wenn der E.U zug Fahrt aufnimmt.
Will denn dieses Polen überhaupt noch im Projekt Europa konstruktive Arbeit leisten?:

Diese Frage sollten alle ehrlichen Polen ihrer
Regierung allmählich stellen!
Auch PIS Wähler sind Europäer, doch was ist ihnen wichtiger?
Die PiS hat soziale Leistungen versprochen und sie auch durchgesetzt. Die bedeutendste davon ist ein Kindergeld von 500 PLN = 125 € je Kind. Das ist in Polen eine ganz betrąchtliche Summe. So mancher Rentner muß mit 700 PLN zufrieden sein! Ein Verkäufer (einräumen, aufräumen, kassieren) bei LIDL bekommt 2.900 PLN Monatsgehalt bei 7 Verkaufstagen/Woche, also im Schichtdienst. Das sind 700 €. Weiterhin erhalten Kleinbauern Geld aus der EU-Kasse, das mit dem obigen Kindergeld deren Leben erleichtert. Mag sein, daß die PiS so die Staatskasse plündert, aber erst einmal ist das ihre Leistung für die Kleinen Leute.

Den Polen ist schon bewußt, daß ihre Regierung europäischen Mist verzapft... jedenfalls wenn man die Rzeczpospolita zur Thematik auswertet. Aber die Leute sind hin und hergerissen, weil die PiS es verstanden hat, die EU als Feind Polens dar zu stellen. Ein toller Vorwurf in der heutigen Ausgabe: Der polnische Präsident Duda (war auch PiS-Mitglied, bevor er sein Amt antrat) telefoniere regelmäßig mit der Bundeskanzlerin, bevor er eine Entscheidung fälle. Zuletzt über die Ernennung hochrangiger Offiziere, zuvor zum Verfahren der Ernennung von Richtern an Amtsgerichten. Anstatt aber Zufriedenheit über eine enge politische Abstimmung beiderseits der Oder weckt diese Behauptung (wäre aus meiner Sicht schön, wenn sie zuträfe...) auch noch feindselige Gefühle gegen Deutschland und die EU.

Ich glaube, daß die Polen erst den Schock verdauen müssen, daß sie plötzlich ohne Geld und Einfluß dem abgefahrenen Geleitzug der EU hinterher schauen müssen. Dann wird der Jammer groß sein... ist zu erwarten! Mir ist dieser Wahnsinn besonders deutlich geworden, weil mir die sehr engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Polen und Deutschland und der EU allgemein bewußt sind. Die Polen spielen mit ihrem relativen Wohlstand, und sie nähern sich dabei einem Abgrund.

Das nette Beispiel von einem Menschen, der von einem Wolkenkratzer abstürzt und bei jedem an ihm vorübersausenden Stockwerk sagt: "Bis jetzt ist nichts passiert..."
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schokoschendrezki
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ger9374 hat geschrieben:(10 Aug 2017, 20:08)

Der ganz große Aufschrei wegen der PIS blieb
in Polen auch bisher aus. Dabei zündeln die doch wo es geht. Tausende auf den Straßen, leider nur im unteren Bereich. Selbst eine zersplittert auftretende Opposition bringt doch wohl mehr
auf die Straße!? Sind die Polen nicht im Klaren das sie Gefahr laufen sich zu isolieren. Am Bahnsteig zu stehen wenn der E.U zug Fahrt aufnimmt.
Schön wärs ja. Und das war jetzt ganz ehrlich und Null ironisch gemeint. Das Projekt Europa wird nur funktionieren, wenn eine breite Bevölkerungsmehrheit dahinter steht. Das ist sogar wichtiger als die EU-Politik-Ausrichtung der jeweils gewählten Regierungen. Kennst Du die Zustimmungswerte in Dänemark, Niederlande, Frankreich, Finnland ...?
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Aug 2017, 10:44)

Schön wärs ja. Und das war jetzt ganz ehrlich und Null ironisch gemeint. Das Projekt Europa wird nur funktionieren, wenn eine breite Bevölkerungsmehrheit dahinter steht. Das ist sogar wichtiger als die EU-Politik-Ausrichtung der jeweils gewählten Regierungen. Kennst Du die Zustimmungswerte in Dänemark, Niederlande, Frankreich, Finnland ...?
Mir wäre ehrlich gesagt eine erträgliche EU-Verdossenheit in Polen lieber, wenn dafür in Polen die EU-Regeln sehr weitgehend eingehalten würden, wie etwa in Dänemark, den Niederlanden, Frankreich und Finnland.

Von den genannten sucht nicht ein Partner Streit mit Deutschland oder der EU... noch nicht einmal zum Zeitvertreib.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Inzwischen merken auch die polnischen Normalverbraucher mehrtheitlich, daß sich ihre Regierung mit ihren Maßnahmen gegen den Rat der EU böse verrannt hat. Die Rzeczpospolita ist an diesem Wochenende (Ende August 2017) voll damit.

Auslöser der Artikel ist eine Dienstreise des französischen Staatspräsidenten nach Österreich, wo er am Ende der zweiseitigen Gespräche auch mit den Regierungen von Tschechien und der Slowakei sprach. Danach folgte ein Besuch und Gespräch in Rumänien am Donnerstag und am Freitag eins mit Bulgarien im Seebad Warna.

Formaler Gesprächsgegenstand war das Entsendegesetz, das die besser gestellten EU-Länder als Werkzeug des Sozial- und Lohndumpings empfinden. Denn die entsandten Arbeitskräfte arbeiten im Gastland für Löhne und Sozialbeiträge ihrer Herkunftsländer. Aus Macrons Sicht kommt obendrauf noch Geld der EU für die Entwicklung der Herkunftsstaaten, weil dort ja so wenig verdient wird. Die EU will das Entsendegesetz ändern auf der Grundlage "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort". Da schwimmen einigen "Entsendern" wohl die Felle davon. Die polnische Ministerpräsidentin Szydło hat deshalb in einem Gespräch mit Präsident Macron einen Streit vom Zaun gebrochen, weil sie Interessen Polens (welcher Polen?) schützen wollte. Österreicher, Tschechen, Slowaken und Rumänen haben Verständnis für das Anliegen der EU (und Präsident Macrons). Bulgarien will diesen Gesetzesvorschlag der EU aus 2016 noch prüfen, signalisierte aber vorab die Bereitschaft zu Kompromissen.

In der abschließenden Pressekonferenz in Warna griff Staatspräsident Macron den Streit Polens mit der EU über den Abbau des rechtsstaatlichen Staatsaufbaus Gesetzgeber, Regierung, unabhängige Justiz auf und auch die Wahnvorstellung von Międzymorze und Trójmorze auf, die Polen mit Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien entwickeln wollte: "Polen hat in der Vergangenheit nicht den Kurs der EU bestimmt, und das wird auch in Zukunft so bleiben!"

Für Polen unangenehme Begleitmusik: Tschechen und Slowaken hatten ihre ganz andere europäische Interessenlage gegenüber Macron dargestellt... und daß sie nicht daran dächten, Verträge der Art Międzymorze zu unterschreiben. Das war's denn wohl mit Międzymorze und Polen als Vormacht in Mittel-Osteuropa.

Inzwischen mehren sich die Stimmen, die darauf dringen, das unselige Reparationsthema zum 2. Weltkrieg zu entschärfen und mehr Gemeinsamkeit mit Deutschland zu entwickeln. Mir scheint, daß die Kanzlerin gar keinen Streit mit Polen über offene Fragen im beiderseitigen Verhältnis führen kann, weil diese Themen von der polnischen Seite zurück gezogen werden. Na, mich soll's freuen, zumal die Polen, mit denen ich zu tun habe, durchweg liebenswert und freundlich auftreten. Da tat es weh, immer diesen schwebenden Streit im Rücken zu fühlen.

Mir scheint auch, daß der polnische Präsident Duda zum Retter Polens aus der selbstverschuldeten Isolation aufgebaut wird, weil der sich sowohl gegenüber Staatspräsident Macron als auch bei der Kanzlerin als umgänglicher Gesprächspartner bewährt hat. Na, vielleicht wird ja doch noch etwas aus dem "Weimarer Dreieck"; das würde mich freuen!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von DarkLightbringer »

Die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft ist in Polen besonders groß, aber...
Dabei ist das Verhältnis der Polen zur EU eigentlich positiv: 88 Prozent geben noch immer in Umfragen an, für eine Mitgliedschaft zu sein. Das ist Rekord unter den Osteuropäern. Keine ernst zu nehmende Partei tritt offen für den Austritt ein, anders als in Großbritannien oder Frankreich. Doch diese Zustimmung ist leicht ins Wanken zu bringen. Fragen die Meinungsforscher zum Beispiel: Soll Polen im Rahmen europäischer Vereinbarungen Flüchtlinge aufnehmen - oder besser austreten? Dann sprechen sich 51 Prozent für den Polexit aus.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/e ... 65610.html

Das heißt, die Stimmung könnte kippen. Kritiker halten der Regierung vor, sie würde die EU systematisch schlecht reden. Das mag so sein, realistischerweise müsste man aber sehen, dass ein bestimmtes Narrativ weit verbreitet ist - demnach werde die Brüsseler Bürokratie just von Deutschland dominiert, es gehe um Interessen und mit der Solidarität sei es nicht weit her, wenn es etwa um die sicherheitsrelevante Ostsee-Pipeline geht.
Das spricht schon auch Punkte an, die nicht zur Gänze von der Hand zu weisen sind. Deutschland hat aufgrund seiner Dynamik eine Schlüsselrolle eingenommen, die EU-Kommission hat Defizite in der Legitimation und die deutsch-russische Energie-Achse ist nicht sonderlich logisch.

Es ist in der gegebenen Situation sehr zu bezweifeln, ob eine Politik mit der Brechstange sinnvoll sein kann. Man kann sicher darüber streiten, ob sich die EU nun demokratisieren oder aber vereinfachen soll, aber das ist eigentlich ein europäisches Reform-Thema und keine deutsch-polnische Machtfrage.

Ich plädiere für Einheit und Vereinfachung auf der Basis gemeinsamer Nenner und für die Konzentration auf das Wesentliche. Die EU muss wieder als Lösung wahrgenommen werden und nicht als Problem. Das ist ein Unterschied.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Die E.U. ist zu gross und komplex geworden für einfache Lösungen. Stop für neue beitrittskandidaten und durchstarten für Kerneuropa. Die unwilligen auf die Zuschauertribüne.
Mehrheitsentscheidungen und Parlament und E.U
Regierung aufbauen. Sonst wird das nie was!!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Pro&Contra »

Was ist denn das für eine Union, wenn man jeden zwingen will nach EU Pfeife zu tanzen? Im Prinzip ist die EU doch nur eine Bündnis, welches durch Geld zusammengehalten wird. Weder gemeinsame Werte noch gemeinsame Interessen halten das Bündnis zusammen.

Keine Wunder, dass jeder dämonisiert wird, der aus der Reihe tanzt. Es ist ein Bündnis auf wackeligen Füßen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von frems »

Ger9374 hat geschrieben:(02 Sep 2017, 20:39)

Die E.U. ist zu gross und komplex geworden für einfache Lösungen. Stop für neue beitrittskandidaten und durchstarten für Kerneuropa. Die unwilligen auf die Zuschauertribüne.
Mehrheitsentscheidungen und Parlament und E.U
Regierung aufbauen. Sonst wird das nie was!!
Darauf läuft's ja hinaus, um die Handlungsfähigkeit zu stärken. Blockiert ein Mitglied Integrationsschritte, weil es sich durch einen Kuhhandel mehr Mittel verspricht, kann das nicht im Sinne des Erfinders sein. Da braucht man eben demokratische Mehrheitsbeschlüsse, die alle akzeptieren müssen. Die Polen können ja selbst entscheiden, ob sie ein Mitglied erster oder zweiter Klasse sein wollen. Ich find das persönlich gar nicht so dramatisch. Es gab ja von einigen progressiven Politikern (u.a. aus der FDP) den Vorschlag, dass man ein Drei-Ringe-System aufstellt. Im Kern sind die Mitglieder der Eurozone mit eigenem Haushalt und Parlament, wo es staatsähnliche, föderale Strukturen mit einer handlungsfähigen Exekutive gibt. Im zweiten Ring sind die sonstigen EU-Mitglieder, die sich weitestgehend nur an der wirtschaftlichen Integration ohne gemeinsame Währung beteiligen. Das bedeutet aber natürlich auch weniger Rechte, um mitzuentscheiden. Was der Kern macht, entscheidet er selbst. Und der dritte Ring ist eine losere Form der Partizipation, welches keinen kompletten Zugriff zum Binnenmarkt bedeutet. Das wäre ein Nachfolgemodell für die EFTA (Schweiz), den EWR (Norwegen, Island, Liechtenstein) und ggf. die Zollunion (Andorra, Monaco, San Marino, die Türkei und u.U. bald Großbritannien).
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

Pro&Contra hat geschrieben:(02 Sep 2017, 20:54)

Was ist denn das für eine Union, wenn man jeden zwingen will nach EU Pfeife zu tanzen? Im Prinzip ist die EU doch nur eine Bündnis, welches durch Geld zusammengehalten wird. Weder gemeinsame Werte noch gemeinsame Interessen halten das Bündnis zusammen.

Keine Wunder, dass jeder dämonisiert wird, der aus der Reihe tanzt. Es ist ein Bündnis auf wackeligen Füßen.
nicht ganz. das EU-gerichtshoft sorgt z.b. dafür daß rechtsregeln in allen ländern uniform ausgelegt werden wenn sie einen EU-vertrag oder EU-regel betreffen. damit wird willkür wie unter orban zuvorzukommen.
aber auch die freiheit von bewegung ist mir viel wert. vllt daß du es nicht weißt, aber ich erinnere mich noch ganz gut daß ich merkte, daß es länder gibt wo die menschen nicht wohnen wollen. sie durften aber nicht weggehen.
usw.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(02 Sep 2017, 22:40)

Darauf läuft's ja hinaus, um die Handlungsfähigkeit zu stärken. Blockiert ein Mitglied Integrationsschritte, weil es sich durch einen Kuhhandel mehr Mittel verspricht, kann das nicht im Sinne des Erfinders sein. Da braucht man eben demokratische Mehrheitsbeschlüsse, die alle akzeptieren müssen. Die Polen können ja selbst entscheiden, ob sie ein Mitglied erster oder zweiter Klasse sein wollen. Ich find das persönlich gar nicht so dramatisch. Es gab ja von einigen progressiven Politikern (u.a. aus der FDP) den Vorschlag, dass man ein Drei-Ringe-System aufstellt. Im Kern sind die Mitglieder der Eurozone mit eigenem Haushalt und Parlament, wo es staatsähnliche, föderale Strukturen mit einer handlungsfähigen Exekutive gibt. Im zweiten Ring sind die sonstigen EU-Mitglieder, die sich weitestgehend nur an der wirtschaftlichen Integration ohne gemeinsame Währung beteiligen. Das bedeutet aber natürlich auch weniger Rechte, um mitzuentscheiden. Was der Kern macht, entscheidet er selbst. Und der dritte Ring ist eine losere Form der Partizipation, welches keinen kompletten Zugriff zum Binnenmarkt bedeutet. Das wäre ein Nachfolgemodell für die EFTA (Schweiz), den EWR (Norwegen, Island, Liechtenstein) und ggf. die Zollunion (Andorra, Monaco, San Marino, die Türkei und u.U. bald Großbritannien).
Genau diese Zielvorgabe getraut sich derzeit aber niemand ernsthaft aus zu sprechen. In Kommentaren, auch in Polen, wird die entsprechende Befürchtung schon angesprochen, daß sich Polen urplötzlich am Rande Europas wiederfinden könnte. Ich halte diese Befürchtung inzwischen für untertrieben, denn eine EU-Mitgliedschaft setzt schon noch Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung voraus, einmal unabhängig von der Tiefe der Zusammenarbeit und gemeinschaftlichen oder nationalen Hoheitsrechten. Speziell Polen könnte sich also irgendwann ohne jedes Stimmrecht und ohne Zahlungsströme hin und zurück hinter einer Zollgrenze wiederfinden.

Kommissionspräsident Juncker hatte das Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten skizziert, weil er den Zerfall de bestehenden Union erkannt hatte. Präsident Hollande hatte vor drei Jahren das Kern-Europa der Willigen als Notlösung gegen Bremser der Fortentwicklung der EU ins Rennen geschickt, als Premier Cameron mit der BREXIT-Drohung weitere Lockerungen der EU-Bindungskräfte ertrotzen wollte.

Inzwischen hat das Kerneuropa theoretisch Gestalt angenommen... eine Gemeinschaft mit gemeinsamer Währung, einem eigenen Parlament und mindestens einer "Wirtschaftsregierung"... oder mehr. Der Schönheitsfehler dieses Konzepts ist aber, daß bisher keiner der entscheidenden Mitgliedsstaaten praktische Schritte zu diesem Ziel vorgeschlagen hat, oder daß eine erkennbare "Vereinsbildung" dazu zu erkennen wäre. Im Gegenteil gehen die untauglichen Versuche immer weiter, mit den Regeln der EU "unbotmäßige" Mitglieder bei der Stange halten zu wollen. Irgendwie fehlt die Einsicht, daß solche Regeln nur etwas taugen, wenn sie allseits anerkannt werden... und dann bräuchte man sie auch gar nicht. :)

Mit anderen Worten: Der Mut fehlt zu einer gründlichen Umgestaltung der EU mit dem Ziel einer Gemeinschaft, die das europäische Projekt vollendet. Dabei ist völlig klar, daß nicht alle derzeitigen EU-Mitglieder dabei mitmachen werden, daß es also eine Rückentwicklung geben wird, wodurch diese kleinere Gemeinschaft an wirtschaftlicher Bedeutung verlieren wird. Dafür gewinnt sie aber an politischer Bindekraft und aller Voraussicht nach auch an wirtschaftlicher Dynamik.

Die EWG hat letztendlich auch durch ihren wirtschaftlichen Erfolg die Nordeuropäer und Iberer dazu gebracht, sich tiefer in die EU ein zu bringen... und dieser Erfolg hat letztendlich auch die große Osterweiterung bewirkt. Ohne einen kühnen Schritt in Richtung Kerneuropa verfault die EU an allen Ecken und Enden durch nationalen Eigensinn. Da aber das Kerneuropa ohne seine Protonen D & F niemals erfolgreich wirken kann, sollten nach der Bundestagswahl die beiden Regierungen einen Werbefeldzug für das Kerneuropa anstarten, um den "Kreis der Willigen" zu ermitteln, der wesentliche Hoheitsrechte auf den Kern überträgt mit dem Ziel, das europäische Projekt zu verwirklichen. Offene Grenzen, gegenseitige Zahlungsverpflichtungen und die Grundfreiheiten der EU sollte es auch nur noch im Kern-Europa geben. Für Partner, denen der Kern zu enge Bindungen abverlangt, sollte eine Zusammenarbeit nach dem Muster Norwegens oder der Schweiz offen stehen... aber nur unter der Bedingung der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung. Von der politischen Gestaltung des Kerns sind die dann aber ausgeschlossen... können ihm aber beitreten, wenn die Mehrheit der Wähler im Kern dem zustimmt.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von DarkLightbringer »

Brechstangen-Politik bringt gar nichts. Selbst wenn man Regierungen kleinerer Staaten unter Druck setzen kann, die Bevölkerung wählt dann ab, wenn sie gefragt wird. Das hat man etwa beim entsprechenden Frankreich-Referendum gesehen.

Es bleibt nichts anderes übrig, als durch Erfolge zu überzeugen. Außer, man will ein Europa ohne Europäer.
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