Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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unity in diversity
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von unity in diversity »

Wähler hat geschrieben:(11 Nov 2017, 13:18)

Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich muss ja nicht bedeuten, dass die Visegrad-Staaten eine zweite EU bilden werden.
Eben.
Kerneuropa und Resteuropa, ist kein Europa mehr.
Man braucht eine koordinierte Standortpolitik, die jedes Land mitnimmt, weil keins unwichtig ist.
Das funktioniert in den USA recht gut.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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H2O
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(11 Nov 2017, 13:18)

Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich muss ja nicht bedeuten, dass die Visegrad-Staaten eine zweite EU bilden werden.
Die Visegradskis sind Trittbrettfahrer einer Gemeinschaft, die in Richtung einer Föderation Europa abgefahren war und dazu Wohltaten und Freiheiten vorhält, die das Ergebnis vorweg nimmt. Die Trittbrettfahrer sind wohl in der Lage, die Wohltaten und Vorteile der Gemeinschaft ab zu rufen, sie sind aber nicht in der Lage, sie zu erwirtschaften oder die dahinter aufgebaute Organisation zu betreiben. Die ersatzweise aufgebaute Organisation bräche durch nationalen Egoismus und Eigensinn sehr schnell zusammen.

Die EU hat nur eine Zukunft als Gemeinschaft, wenn die alten Ziele des europäischen Projekts hartnäckig weiter verfolgt werden. Präsident Macron hat das sehr klar erkannt und angesprochen. Das Gute an der EU ist doch, daß jedes europäische Land eingeladen ist, an diesem Gemeinschaftsziel mit zu arbeiten... oder ohne Groll seinen eigenen Weg zu gehen.
Ger9374

Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Wenn neue Ideen für Europas Zukunft immer nur als Versuch Brüssels gesehen wird die freiheiten und Rechte der Nationen zu beschneiden, dann läuft was gewaltig in die falsche Richtung.
Noch nie hatten auch die kleinsten E.U Staaten mehr einfluss wie heutzutage. Das ist ja eines der zu relativierenden dinge. Europa gewährt seinen teilnehmenden Nationen viel Spielraum. Soviel das darunter durchaus der Fortschritt der E.U leidet.
Der Selbstzweck der kontinurierlichen fortentwicklung der E.U zu einem Staatengebilde , ist ohne weiteren Druck der bereiten Staaten nicht
zu erreichen. Wobei der Druck daraus resultiert das einige vorangehen und nicht länger den zauderern das Tempo überlassen. Also mehr vorrangehendes Beispiel als drückende Kraft.
Auch etwas was so wohl nur Europas Demokratien praktizieren.
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H2O
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(11 Nov 2017, 17:50)

Wenn neue Ideen für Europas Zukunft immer nur als Versuch Brüssels gesehen wird die freiheiten und Rechte der Nationen zu beschneiden, dann läuft was gewaltig in die falsche Richtung.
Noch nie hatten auch die kleinsten E.U Staaten mehr einfluss wie heutzutage. Das ist ja eines der zu relativierenden dinge. Europa gewährt seinen teilnehmenden Nationen viel Spielraum. Soviel das darunter durchaus der Fortschritt der E.U leidet.
Der Selbstzweck der kontinurierlichen fortentwicklung der E.U zu einem Staatengebilde , ist ohne weiteren Druck der bereiten Staaten nicht
zu erreichen. Wobei der Druck daraus resultiert das einige vorangehen und nicht länger den zauderern das Tempo überlassen. Also mehr vorrangehendes Beispiel als drückende Kraft.
Auch etwas was so wohl nur Europas Demokratien praktizieren.
Vom politischen Empfinden her ist die EU-Kommission schon eine Art EU-Regierung geworden, die in Fachministerien die Themen bewegt, die für uns Europäer sehr bald eine grundsätzliche Bedeutung haben werden. Insofern kann ich das anhaltende Gemeckere über einen Mangel an politischer Mitwirkung der EU-Bürger ganz gut verstehen.

Deshalb darf auch der angepeilte "EURO-Finanzminister" kein Geschöpf der Ministerpräsidenten, Staatspräsidenten und Kanzler sein, diesen gegenüber also der Reihe nach berichtspflichtig sein. Diese Pflichten sehe ich eher umgekehrt; etwa daß der EURO-Finanzminister sich die Sünder vorknöpft, wenn sie wieder einmal geltende Regeln gebrochen haben sollten. Dafür müßte der EURO-Finanzminister von den Mitbürgern der Euro-Gruppe unmittelbar gewählt werden. Es muß also ein Wettbewerb zugelassen werden, in dem die Bürger diese Aufgabe unmittelbar besetzen.

Nach diesem Muster könnte man auch daran denken, weitere übergeordnete EURO-Ministerien für Sicherheit, Verteidigung usw zu besetzen, wenn die Zeit dazu reif ist. Klar steht am Ende dieses Weges ein Kerneuropa als Bestandteil der bestehenden EU. Die bestehende Organisation bleibt also weiter erhalten, muß sich aber mit einem größeren und mächtigen neuen Mitglied "Kerneuropa" auseinander setzen.

Ich meine, daß mit diesem Vorgehen Ihre Vorstellungen von einer entschlossen vorangehenden europäischen Gemeinschaft erfüllt wären.

Ich bin ehrlich gespannt, mit welchen Vorschlägen die Bundesregierung in Sachen vertiefter europäischer Integration die Vorschläge von Präsident Macron ergänzen wird.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von imp »

EU-"Minister" sollten vom eu-Parlament gewählt werden. Die Regierungen dürfen ein nicht ausschließliches Vorschlags- und Vetorecht haben.
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H2O
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(11 Nov 2017, 19:50)

EU-"Minister" sollten vom eu-Parlament gewählt werden. Die Regierungen dürfen ein nicht ausschließliches Vorschlags- und Vetorecht haben.
Zweiter Satz ganz mein Reden. Erster Satz holpert, weil es ein EU-Parlament gibt, das dann über die Euro-Gruppe (Kerneuropa) entscheidet, obwohl 1/3 der EU-Mitglieder noch gar nicht die Gemeinschaftswährung eingeführt hat. Deshalb also am EU-Parlament vorbei transnational unmittelbar gewählte "Kernminister". Ich fürchte, daß diese Kern-Struktur innerhalb der EU einige Jahrzehnte hält.

Aber wenn eines Tages sämtliche Mitglieder die Gemeinschaftswährung verantworten, dann ist das EU-Parlament die sinnvollste Ansammlung von EU-Bürgern, die auch die "Regierung" ernennt. Der Ministerrat sollte dann als 2. Kammer des Parlaments über erlassene Gesetze befinden, mit aufschiebender Wirkung für eine erneute Beratung im EU-Parlament
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von imp »

Du kannst ja nationale Delegationen ausschließen. Dann zerfällt das EU-Parlament wie die Bremer Bürgerschaft in zwei rechtlich verschiedene, personell sehr ähnliche Körper.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(12 Nov 2017, 13:28)

Du kannst ja nationale Delegationen ausschließen. Dann zerfällt das EU-Parlament wie die Bremer Bürgerschaft in zwei rechtlich verschiedene, personell sehr ähnliche Körper.
Das ist sicher eine Möglichkeit. Mich stört dabei die fallweise Unterschiedlichkeit der Befugnisse in einer Volksvertretung. Dazu müßte das EU-Parlament aufgewertet werden, denn letzten Endes sind seine fachlichen Entscheidungen verbindliche Vorgaben für Kanzler, MPs und Staatspräsidenten der Mitgliedsstaaten. Für diese Veränderung wird das Wahlvolk benötigt, fürchte ich.
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"Neue Sicherheitsstruktur" für eine "neue EU"?

Beitrag von King Kong 2006 »

Europäische Verteidigungsgemeinschaft

23 EU-Staaten gründen Militärunion

"Ein großer Tag für Europa": In Brüssel haben die zuständigen Minister eine EU-Verteidigungsgemeinschaft beschlossen. Nur fünf Länder machen nicht mit.

Seit vielen Jahren ringen die Europäer um eine gemeinsame Verteidigungspolitik, der Erfolg war bisher äußerst überschaubar. Das aber könnte sich nun ändern: Am Montag haben die Außen- und Verteidigungsminister von 23 der 28 EU-Staaten dem Europäischen Rat mitgeteilt, in der Verteidigung künftig gemeinsame Wege zu gehen. Zumindest vorerst nicht dabei: Dänemark, Irland, Portugal, Malta - und natürlich Großbritannien, das ohnehin die EU verlassen will.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/b ... 77685.html
Das ist schon einmal ein Anfang. Wenn die EU eine Rolle spielen will, dann gehört so etwas wie eine Militärunion dazu.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
- Frank Herbert, Die Kinder des Wüstenplaneten
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(12 Nov 2017, 14:07)

Das ist sicher eine Möglichkeit. Mich stört dabei die fallweise Unterschiedlichkeit der Befugnisse in einer Volksvertretung. Dazu müßte das EU-Parlament aufgewertet werden, denn letzten Endes sind seine fachlichen Entscheidungen verbindliche Vorgaben für Kanzler, MPs und Staatspräsidenten der Mitgliedsstaaten. Für diese Veränderung wird das Wahlvolk benötigt, fürchte ich.
Fürchte dich nicht vor dem Volk. Das sind Menschen wie du.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(16 Nov 2017, 13:42)

Fürchte dich nicht vor dem Volk. Das sind Menschen wie du.
Das stimmt natürlich; aber die formalen Hürden sind dann riesengroß, weil erheblicher Machtverlust auf nationaler Ebene droht. Nun ja, vielleicht lockt die Aussicht auf Macht über 400 Mio Europäer...
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

H2O hat geschrieben:(16 Nov 2017, 20:19)

Das stimmt natürlich; aber die formalen Hürden sind dann riesengroß, weil erheblicher Machtverlust auf nationaler Ebene droht. Nun ja, vielleicht lockt die Aussicht auf Macht über 400 Mio Europäer...

Es kann nur über Machtverzicht der Nationalstaaten gehen. Sonst wird aus der E.U.
nie ein ernstzunehmendes Staatengebilde.
Wenn denn auch die angeblichen pro Europäer
bereit sind ans eingemachte ihrer eigenen Machtbefugnisse zu gehen. Wohlgemerkt das soll nicht zu einem Tauschbasar werden, das Wohl der Europäer sollte immer im Vordergrund sein.
Dazu braucht es auch Politiker die weitsichtige Entscheidungen notfalls mit unangenehmen Wahrheiten für das Volk bereithalten.
Da beginnen so meine kleinen Zweifel!
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(17 Nov 2017, 05:23)

Es kann nur über Machtverzicht der Nationalstaaten gehen. Sonst wird aus der E.U.
nie ein ernstzunehmendes Staatengebilde.
Wenn denn auch die angeblichen pro Europäer
bereit sind ans eingemachte ihrer eigenen Machtbefugnisse zu gehen. Wohlgemerkt das soll nicht zu einem Tauschbasar werden, das Wohl der Europäer sollte immer im Vordergrund sein.
Dazu braucht es auch Politiker die weitsichtige Entscheidungen notfalls mit unangenehmen Wahrheiten für das Volk bereithalten.
Da beginnen so meine kleinen Zweifel!
Genau; wozu Leute wählen, die Unangenehmes verkünden? Im Wettbewerb gibt es genügend viele, die das Schlaraffenland versprechen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Ger9374 »

Was wird jetzt Herr Macron sagen, die liberalen brachten ihn doch in not, wenn sie mit an der Regierung wären.Ein hindernis aus seiner sicht weniger?
Der Weg zu einer Fiskalunion frei?
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Präsident Macron will das Europa der zwei Geschwindigkeiten voran bringen, wobei die Euro-Zone als das schnellere Europa zu verstehen ist. Allerdings meine ich, daß er bei der grundsätzlichen Überlegung überhaupt nicht auf eine funktionierende Bundesregierung angewiesen ist.

http://www.epochtimes.de/politik/europa ... 74123.html

Der Anstoß könnte genau so gut oder sogar besser über den ebenfalls angekündigten Dialog mit den Bürgern besprochen werden. Denn das europäische Projekt sollte doch für die Bürger entwickelt werden... warum also nicht auch durch die Europäer? Natürlich muß am Ende die Politik die Vorschläge und Wünsche ordnen... aber im Vorfeld davon könnte wertvolle Zeit gewonnen werden, wenn dann über das gesprochen wird, was die Europäer sich wünschen.

Die Bewegung "Pulse of Europe" könnte eine überparteiliche Plattform für diese Gespräche sein. Die EU könnte mit ihren Fachleuten die Zeit und Kraft raubende Organisationsarbeit für diese öffentlichen Diskussionen übernehmen, Übersetzungsdienste vor Ort stellen und so die Sache überhaupt gängig machen.
Zuletzt geändert von H2O am Mi 22. Nov 2017, 13:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(22 Nov 2017, 12:19)

Was wird jetzt Herr Macron sagen, die liberalen brachten ihn doch in not, wenn sie mit an der Regierung wären.Ein hindernis aus seiner sicht weniger?
Der Weg zu einer Fiskalunion frei?
Aus meiner Sicht kann die Fiskalunion nur ein Baustein in einem größeren Bauwerk sein. Allein für sich betrachtet wäre sie eine weitere Vorleistung auf eine staatenähnliche politische Gemeinschaft ohne indes diese politische Gemeinschaft ins Leben zu rufen. Mit solchen Vorleistungen muß jetzt Schluß sein, zumal die Sicherungsleinen in Verbindung mit dem Euro wirkungslos waren und weitere waghalsige Hilfskonstruktionen zur Rettung der Gemeinschaftswährung notwendig machten.

Warum nicht zuerst jene Schritte einleiten, die mit geringen Geldmitteln um zu setzen sind, wenn nur der gute Wille zur Gemeinschaftsbildung vorhanden ist? Danach wären Verhandlungen über gegenseitige Hilfen, Transfers nach Art der Ausgleichszahlungen für Bundesländer und ähnliche Gemeinschaftsleistungen ohne das Mißtrauen zu führen, daß Partner bei voller Nutzung ihrer Hoheitsrechte andern Partnern ins Portemonnaie zu greifen versuchen.

Mich ärgert allmählich der wiederkehrende Versuch, ohne Fortschritt in der Sache an das Geld der Partner heran kommen zu wollen. Der eine will den gemeinsamen Finanzminister (wer kontrolliert den denn politisch?), der andere eine eigene EU-Steuer. Beides ja gar nicht schlecht, aber doch bitte nicht losgelöst von Fortschritten der Gemeinschaftsbildung. Fortschritt in der Sache heißt Übertragung von Hoheitsrechten auf die Gemeinschaft, Harmonisierung von innerstaatlichen Regeln und demokratische Kontrolle der Institutionen dieser Gemeinschaft durch freie und geheime Wahlen.
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von Wähler »

http://www.sueddeutsche.de/politik/jama ... -1.3763062
SZ 23. November Sowohl in der CDU als auch in der FDP gibt es Differenzen über die zukünftige Europapolitik
Danach beginnt der Streit über die Zukunft der Euro-Zone und eine spezielle Frage: Sollen die Euro-Staaten wirtschaftliche Notlagen über einen Stabilitätsmechanismus abfedern können, sich also einen eigenen Geldtopf einrichten, der bei Schocks angezapft werden kann?

Im Dokument vom 14. November sind vier eckige Klammern vorhanden, drei davon für Union, FDP und Grüne. Kategorisch nein, sagt die FDP. Die Union zeigt sich bereit unter der Bedingung, dass es keine automatischen Geldtransfers gibt. Die Grünen fabulieren über asymmetrische Schocks, sind sich aber mit der Union einig. Interessant ist die vierte Klammer, die mit der ungewöhnlichen Bemerkung beginnt: Der folgende Kompromissvorschlag konnte nicht geeint werden. Gibt es einen Kompromiss, ja oder nein?

Ein Unterhändler erklärt das so: Ja, die Vierergruppe war sich fachlich einig. Politisch aber nicht, weil einer der Unterhändler, in diesem Fall von der FDP, sich mehr auf die anderen zubewegte als parteipolitisch erlaubt. Deshalb sei man auf einen diplomatischen Kniff verfallen: Man setzte den Kompromiss in Klammern: Das düpierte den Parteichef nicht, sollte aber den Chefs helfen, sich zu einigen.

Aufgegangen ist der Plan nicht. Merkel akzeptierte den Kompromiss zwar, Lindner aber nicht. Er will plötzlich Passagen des niederländischen Koalitionsvertrages übernehmen, der den Stabilitätsmechanismus ablehnt. Genau vor dieser expliziten Ablehnung aber hatte Merkel stets gewarnt, weil es nichts mehr zum Verhandeln auf europäischer Ebene gegeben hätte. Die Zukunft Europas wäre im deutschen Koalitionsvertrag entschieden worden. Am Sonntag lehnten Union und Grüne Lindners Vorstoß ab. Kurz danach war alles zu Ende.
Das mit der Fiskalunion wird noch viele Konflikte auf nationaler und EU-Ebene mitsichbringen. Da geht es eben ans Eingemachte und das Königsrecht der nationalen Parlamente.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Die "neue" EU? Chance in der Krise?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(24 Nov 2017, 17:43)

http://www.sueddeutsche.de/politik/jama ... -1.3763062
SZ 23. November Sowohl in der CDU als auch in der FDP gibt es Differenzen über die zukünftige Europapolitik

Das mit der Fiskalunion wird noch viele Konflikte auf nationaler und EU-Ebene mitsichbringen. Da geht es eben ans Eingemachte und das Königsrecht der nationalen Parlamente.
Vor allem aber ist die Reihenfolge "hier Institution, da Organisation", erneut weitgehend unverbindlich. Wenn wir uns gemeinsame Institutionen bis in die nationalen Haushalte hinein zulegen, dann müßte aus meiner Sicht zwingend das Haushaltsrecht auf die "Fiskalunion" übertragen werden. Daraus folgt dann aber auch die Notwendigkeit einer demokratischen Kontrolle dieser gemeinschaftlichen Institution.

Nach den schlechten Erfahrungen mit Griechenland und der allgemeinen Haushaltsdisziplin, insbesondere Italiens mit derzeit 160% Staatsverschuldung auf das BIP, wäre diese Institution nur ein Werkzeug, die in den Euro-Verträgen festgelegten und dauerhaft gebrochenen Regeln ab zu lösen durch Regeln, die sich noch lustiger mißachten lassen. Dann muß sich die Riege der Sünder noch nicht einmal mehr beschimpfen lassen.
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Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Tom Bombadil »

Viele Institutionen machen sich Gedanken um Europas Zukunft, zum Beispiel die FES: https://www.fes.de/de/aus-der-traum-vie ... t-europas/
Die CIA macht düstere Prognosen (Angstmache?): http://www.focus.de/politik/experten/ja ... 95127.html

Ich bin momentan zwiegespalten, ich sehe Deutschlands Zukunft eindeutig in der EU, bin aber auch der Meinung, dass die EU zu schnell zu groß geworden ist, der Euro wurde auch viel zu freizügig verteilt, die Maastrichtkriterien und -vereinbarungen sind das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt wurden. Dazu kommen noch ein paar deutsche Alleingänge, die den europäischen Partnern so gar nicht gefallen, der Brexit, das Erstarken von rechtspopulistischen Parteien, die sehr hohe Arbeitslosigkeit besonders bei jungen Menschen besonders in den EU-"Südstaaten", die hohe Schuldenlast vieler EU-Staaten, die schlechte wirtschaftliche Entwicklung vieler EU-Staaten und nicht zuletzt auch die Flüchtlingskrise. Das sind massive Probleme, die von fähigen Politikern gelöst werden müssten, die meiner Meinung nach auf weiter Flur nicht zu sehen sind, daher wird mir Angst und Bange um die EU, die für mich - bei allen Fehlern und Mängeln - ein "alternativloser" Segen für Europa ist.

Was haltet ihr von solchen Prognosen? Ist der Zeitraum (2030, 2035) zu lang? Wie seht ihr die Entwicklung Europas?
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

Mein WUNSCH...nicht das ich meinen würde, das er kurzfristig erfüllt werden wird...

Europa (die EU) sollte sich erst einmal auf sich selbst besinnen und in den nächsten 5 Jahren
überlegen, aber eben auch defintiv klären, wie es weiter gehen soll.

- Konzentration auf eine Kern EU, in der die die Länder DORT gleiche Regeln und Standards akzeptieren,
definitiv Kompetenzen an eine "Bundes EU" abgeben
- keine neuen EU - Mitglieder auf mittlere Sicht
- Definitive Abschaffung von Blockademöglichkeiten innerhalb der Entscheidungsprozesse der EU
- Stärkung und somit echte gesetzgebende Kompetenz des EU Parlamentes
- Einführung von Volksentscheidungsmöglichkeiten innerhalb der EU

DIE Länder, die dazu bereit sind, gehen eben voran.
Die Länder, die dieses nicht wollen, bilden eine Assozations-EU oder machen ihre eigenes Ding.

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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Alpha Centauri »

Die Bezeichnung EU ist purer Etiketten Schwindel, die EU ist doch in Wahrheit nicht als ein loser Vertragsbund von Nationalstaaten.

Keine wirkliche politische ökonomische uns soziale Union. Eine Währungsunion alleine reicht nicht, sie führt im Gegenteil zu Problemen wie die Gegenwart ja zeigt.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von imp »

Tom Bombadil hat geschrieben:(27 Nov 2017, 11:06)

Viele Institutionen machen sich Gedanken um Europas Zukunft, zum Beispiel die FES: https://www.fes.de/de/aus-der-traum-vie ... t-europas/
Die CIA macht düstere Prognosen (Angstmache?): http://www.focus.de/politik/experten/ja ... 95127.html

Ich bin momentan zwiegespalten, ich sehe Deutschlands Zukunft eindeutig in der EU, bin aber auch der Meinung, dass die EU zu schnell zu groß geworden ist, der Euro wurde auch viel zu freizügig verteilt, die Maastrichtkriterien und -vereinbarungen sind das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt wurden. Dazu kommen noch ein paar deutsche Alleingänge, die den europäischen Partnern so gar nicht gefallen, der Brexit, das Erstarken von rechtspopulistischen Parteien, die sehr hohe Arbeitslosigkeit besonders bei jungen Menschen besonders in den EU-"Südstaaten", die hohe Schuldenlast vieler EU-Staaten, die schlechte wirtschaftliche Entwicklung vieler EU-Staaten und nicht zuletzt auch die Flüchtlingskrise. Das sind massive Probleme, die von fähigen Politikern gelöst werden müssten, die meiner Meinung nach auf weiter Flur nicht zu sehen sind, daher wird mir Angst und Bange um die EU, die für mich - bei allen Fehlern und Mängeln - ein "alternativloser" Segen für Europa ist.

Was haltet ihr von solchen Prognosen? Ist der Zeitraum (2030, 2035) zu lang? Wie seht ihr die Entwicklung Europas?
Hallo Tom, du stellst viele interessante Fragen. Ich meine, dass der Zeitraum bis 2035 recht weit ist, aber in der politischen Planung, gerade was Außenpolitik, Konvergenz und Handel angeht, nicht ungewöhnlich. Die EU hat bei der Östlichen Partnerschaft und bei der Erweiterungsrunde 2004/2007 Fehler gemacht. Bulgarien, Rumänien und Ungarn hätten ruhig in einer Art privilegiertem Wartestand verbleiben können, bis einige Fragen gründlicher geklärt sind. Das hätte auch geholfen, die EU handlungsfähiger zu halten. Dagegen finde ich den Beitritt Estlands 2004 oder Kroatiens 2013 sehr gelungen. Beide Länder bekennen sich klar zur Union, freilich sind sie keine Schwergewichte. Estland hat sogar den Euro - läuft.

Ich finde den Austritt der Briten nicht uneingeschränkt schlecht für die Zukunft der EU. Wir verlieren ein in vieler Hinsicht privilegiertes Mitglied, das jeder Vertiefung eher kritisch gegenüber stand. Reform und Vertiefung der EU sind aber dringend nötig. Es ist nicht unbedingt so, dass jetzt alles auf EU-Ebene muss. Manche Themen sollten vielleicht auch national oder regional gehandhabt werden. Jedoch muss die EU ein stärkeres Parlament bekommen und in ihren ureigenen Politikfeldern durch EU-Beamte und EU-Abgeordnete regiert werden. Die nationalen Regierungen sollten da allenfalls den Rang einer zweiten Kammer haben.

Du sprichst von deutschen Alleingängen und von den rechten Partei en. Ich meine, dass diese Probleme überschätzt werden. Deutschland hat jedes Recht, voranzugehen und beispielsweise Flüchtlinge aufzunehmen, die die EU bereits in einem anderen Staat betreten haben. Als führende, große, wirtschaftlich und politisch wichtige Hauptnation der EU spielt ein Vorschlag Deutschlands für politische Vertiefungen oder Änderungen der EU immer auch eine Initiativrolle. Dass Deutschland und Frankreich hier vorangehen, herausfordern, Vorschläge machen, sehe ich als gut an. Nicht alles lässt sich nachher mit Mehrheiten durchsetzen, manchmal ist das auch gut so. Das ist ein demokratisches Normal. Wenn es hilft, den jungen EU-Mitgliedern klarzumachen, dass dieses Projekt kein bloßer Handelsvertrag und kein starrer Besitzstand ist, umso besser.

Was die radikalen Parteien in und um Europa angeht, bin ich heute entspannter als vor zwei Jahren. Fidesz ist ideologisch bankrott, die türkische AKP kämpft mit der politischen Besitzstandswahrung. Geert Wilder interessiert keine Sau mehr und die UKIP ist in einer schweren Krise. In Katalonien kam es zum Schwur und bisher sieht es so aus, als ob radikale Parteien dabei nicht so gut wegkommen, wie man dachte.

Was indessen die deutsche AfD angeht, die ist von der Macht weitgehend ausgemischt. Es gibt starke Anzeichen, dass sie uns nicht dauerhaft erhalten bleibt. Sie wird sich entweder verändern müssen oder untergehen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Nomen Nescio »

Skull hat geschrieben:(27 Nov 2017, 12:12)

- keine neuen EU - Mitglieder auf mittlere Sicht
- Definitive Abschaffung von Blockademöglichkeiten innerhalb der Entscheidungsprozesse der EU
- Stärkung und somit echte gesetzgebende Kompetenz des EU Parlamentes
- Einführung von Volksentscheidungsmöglichkeiten innerhalb der EU
mit dem 1. punkt bin ich einverstanden.
bei dem 2. punkt sehe ich sehr große probleme. ich habe noch gut ins gedächtnis wie D+F zusammen die regeln von maastricht brachen. und die kommission tat nichts dagegen. auch jetzt noch bricht F die finanziellen verpflichtungen.
bei dem 3. punkt kann ich gut mitgehen, aber auch da besteht die gefahr von punkt 2.
bei dem 4. punkt haben wir jetzt erfahrung. und ich muß dazu sagen »keine gute«. die parteien die ein bindend referendum wollten, wollen es jetzt gar nicht mehr. sie wollen nicht einmal mehr ein durch sie eingebrachtes gesetzentwurf unterstützen. manipulieren durch russen ist kein phantom.
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

Meine MEINUNG und Wünsche bleiben und sind MEINE Meinungen und Wünsche. :)

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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Tom Bombadil »

@Skull: wünschen kann man sich vieles, aber weder das Leben noch die europäische Einigung sind ein Wunschkonzert.

@Sole.survivor: ob sich die Probleme alle einfach so in Luft auflösen, ohne dass man eigentlich was machen muss, halte ich dann doch für sehr fragwürdig.

Man kann vorangehen und trotzdem seine Partner mit ins Boot holen, indem man vorher mit ihnen spricht und Kompromisse findet, einfach mal was machen und die anderen müssen gucken, wo sie bleiben, ist als vertrauensbildende Maßnahme nicht so ideal.

Wo seht ihr die EU denn in 20-30 Jahren?
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

Tom Bombadil hat geschrieben:(27 Nov 2017, 23:01)

@Skull: wünschen kann man sich vieles, aber weder das Leben noch die europäische Einigung sind ein Wunschkonzert
Stimmt. Schrieb ich ja selbst.
Skull hat geschrieben:(27 Nov 2017, 12:12)

Mein WUNSCH...nicht das ich meinen würde, das er kurzfristig erfüllt werden wird...
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

Tom Bombadil hat geschrieben:(27 Nov 2017, 23:01)

Man kann vorangehen und trotzdem seine Partner mit ins Boot holen,
indem man vorher mit ihnen spricht und Kompromisse findet
Hört sich ja nett an. Wie siehst Du denn Kompromissvorschläge und nette Gespräche mit...

- Polen zum Thema Unabhängigkeit der Verfassungsgerichte
- Ungarn und Freiheit der Presse
- Bulgarien und Vorgehen gegen Korruption
- Osteuropa und Flüchtlingskontingente
- Griechenland und Staatsdefizite
- Grossbrittanien und EU-Finanzierung

Wie hätte man sich da gegenseitig ins Boot holen können und einen Kompromiss finden können ?
Was wäre alleine bei diesen 6 Punkten Deiner Meinung nach ein vernünftiger Kompromiss ?

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Tom Bombadil
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Tom Bombadil »

Okay, ich nehme deine Antwort dann mal als ziemlichen Ausdruck der Hoffnungslosigkeit in Sachen EU-Zukunft.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

Tom Bombadil hat geschrieben:(28 Nov 2017, 03:21)

Okay, ich nehme deine Antwort dann mal als ziemlichen Ausdruck der Hoffnungslosigkeit in Sachen EU-Zukunft.
Jein.

In der Form, wie die EU heute existiert, also in Bezug auf

- Entscheidungsprozesse
- Solidarität
- Institutionen
- gemeinsame verbindliche Regeln und Standards
- Akzeptanz der Bevölkerung

bin ich skeptisch. Sehe ich keine positive Zukunft.
BIn da aber nicht hoffnungslos. Du ja scheinbar auch (nicht).

Du selbst schreibst ja von Reformen und einer Vertiefung, die notwendig sind.
Das sehe ich ähnlich.

Ich hatte meine (theoretischen) Ideen genannt.

Von Dir konnte ich leider nichts lesen. Hatte Dir eher kritische Fragen gestellt.
Die Du nicht beantworten konntest oder wolltest.

Es ist einfach, Zustände zu kritisieren. Es ist aber schwierig, konkrete Veränderungen zu benennen.
Gerade auch Veränderungen, die notwendig, aber überhaupt möglich sind.

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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von schokoschendrezki »

Es gibt einen wachsenden Zwiespalt zwischen politischer und wirtschaftlicher Entwicklung. Politisch gehts von einer Krise in die nächste. Und auf der anderen Seite titelte die ZEIT im Juni 2017 im Wirtschaftsteil: "Europa boomt". Nach einem absoluten Tief ungefähr 2013 geht es wirtschaftlich und auch im Zusammenhang und Dank EU, Euro, Erweiterung fast überall aufwärts.

Wie in einem anderen Thread schon geschrieben: Kaum irgendwo zeigt sich diese Diskrepanz deutlicher als bei der Entwicklung der Visegrád-Staaten. Sie werden politisch als akute Krisenregionen wahrgenommen. Gleichzeitig wird von privatunternehmerischer Seite dort investiert, gebaut, produziert was das Zeug hält. Ich denke, die langfristige Entwicklung wird auf eine weitere Priorisierung dieser ökonomischen Seite hinauslaufen. Große internationale Unternehmen werden die Fäden noch mehr in der Hand halten. Dinge wie die Medienpolitik in Ungarn oder die Justizpolitik in Polen werden irgendwo ganz hinten auf der Kulturbeilage stehen. So wie Glyphosat nun weiter zulässig ist, wird die Fidesz weiter in der EVP bleiben. Weil es ein wirtschaftliches Interesse daran gibt.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Tom Bombadil »

Skull hat geschrieben:(28 Nov 2017, 07:39)

Ich hatte meine (theoretischen) Ideen genannt.
Du hast ein Wunschkonzert genannt. Ich wünsche mir auch Frieden auf Erden, das Ende von Hunger und Armut und dass alle Menschen freundlich miteinander umgehen. Darum geht es hier aber nicht, es geht mir auch nicht darum, irgendwelche Lösungsansätze zu welchen Probleme auch immer zu finden. Mir ging es darum zu erfahren, wie die User hier zu solchen Studien stehen und wie sie meinen, wie sich die EU entwickeln wird.
Skull hat geschrieben:Die Du nicht beantworten konntest oder wolltest.
Bitte zum Thema und nicht ad hominem schreiben, danke.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

Tom Bombadil hat geschrieben:(28 Nov 2017, 11:16)

Bitte zum Thema und nicht ad hominem schreiben, danke.
Entschuldigung das ich Dich persönlich anspreche.

Hast DU Antworten auf meine Fragen ?
Hast DU selbst Vorstellungen, wie sich die EU entwickeln wird ?

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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Skull hat geschrieben:(28 Nov 2017, 11:23)

Entschuldigung das ich Dich persönlich anspreche.

Hast DU Antworten auf meine Fragen ?
Hast DU selbst Vorstellungen, wie sich die EU entwickeln wird ?

mfg
Höchstwahrscheinlich kann man aus dem europäischen Vorwärtsdrang des französischen Präsidenten etwas machen, das am Ende Hand und Fuß hat. Präsident Macron sieht durchaus die EU der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, will sagen der Partner, die eine weitere Übertragung von Hoheitsrechten auf die "verschworene Gemeinschaft" für sinnvoll halten, während andere Partner nicht so weit gehen möchten. Präsident Macron hat sich dazu die bestehende Euro-Gruppe auserkoren, und er will deshalb auch mit einer gemeinschaftlichen Finanzordnung mit Minister und Verwaltung loslegen.

Die deutsche Seite ist infolge ihrer parteipolitisch unterschiedlichen Vorstellungen nicht so leicht zu durchschauen. Sie müßte aber den französischen Ball aufnehmen und deutsche Vorstellungen ins Spiel bringen. So weit ich die Sache verfolgt habe, ist ein Mangel an Bürgerbeteiligung bei Vorgängen und Beschlüssen in der EU zu beklagen. Wie weit werden also die Bürger der "verschworenen Gemeinschaft" in diese und künftige Entscheidungen eingebunden?

Dazu könnte man die Anregung des französischen Präsidenten zum Gespräch mit den Unionsbürgern aufgreifen und diese Gespräche organisieren. Immerhin ginge man in diese öffentlichen Gespräche schon mit vorentwickelten Gedanken hinein.

Hier sollte schon eine Vorauswahl der Partner wirken: Wer nichts von vertiefter politischer Union hält, will sagen von dem europäischen Projekt, der sollte diese Gespräche auch nicht belasten.

Danach wird hoffentlich ein Stand erreicht sein, der in praktische Maßnahmen umgesetzt werden kann... meinetwegen also die gemeinsame (und hoffentlich demokratisch kontrollierte) Finanz- und Wirtschaftsregierung, Abgleich der unterschiedlichen Sozialsysteme Schritt für Schritt, die gemeinsame Sicherheitspolitik und die gemeinsame Verteidigung. Tja, die Außenpolitik, da wird viel Herzblut fließen, wenn von vielleicht 20 EU-Außenministern nur noch einer sichtbar wird. Aber auch das muß sein.

Das alles kann aber ohne ausgiebigen Abgleich der unterschiedlichen Sichtweisen nicht in Gang gesetzt werden. In den Bürgergesprächen sollten diese Sichtweisen heraus gearbeitet werden. Danach folgen Verhandlungen und Kompromisse, über die politisch abgestimmt werden muß, immer noch Land für Land. Dort, wo Übereinstimmung fest zu stellen ist, könnte man schon einmal mit der vertieften Union beginnen und die übrigen Partner einladen, ihre Ablehnungsgründe ab zu wägen. So bliebe der Streit außerhalb der "verschworenen Gemeinschaft", ohne diese Partner auf Dauer ab zu hängen.

Meine Vorstellung ist die, daß am Ende ein neuer Staat innerhalb der EU und innerhalb des EU-Binnenmarktes entstanden ist. Und natürlich, daß Deutschland, Frankreich und Italien auf jeden Fall darin aufgehen. Ohne diese großen Gründungsmitglieder der EU kann man das europäische Projekt vergessen. Und je mehr unserer Nachbarn daran mitwirken, um so besser.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(28 Nov 2017, 19:26)

Höchstwahrscheinlich kann man aus dem europäischen Vorwärtsdrang des französischen Präsidenten etwas machen, das am Ende Hand und Fuß hat.
....
Meine Vorstellung ist die, daß am Ende ein neuer Staat innerhalb der EU und innerhalb des EU-Binnenmarktes entstanden ist. Und natürlich, daß Deutschland, Frankreich und Italien auf jeden Fall darin aufgehen. Ohne diese großen Gründungsmitglieder der EU kann man das europäische Projekt vergessen. Und je mehr unserer Nachbarn daran mitwirken, um so besser.
Das ist die Vorstellung, aus den bestehenden Strukturen heraus reformerisch das "europäische Projekt" neu aufzulegen. Ich glaube, das kann man vergessen.

Diesen Pessimismus habe ich bislang eher nur gefühlsmäßig erahnt als sachlich begründet verstanden. Bis ich diesen Hörsaal-Beitrag der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot hörte:
Ulrike Guérot war enttäuscht. Die EU, dieses ganze Projekt Europa, an das die Politikwissenschaftlerin irgendwann mal geglaubt hatte, war ihrer Ansicht nach endgültig gescheitert.
...
"Die entscheidende Stellschraube, nämlich das was Europa sein sollte, die Überwindung der Nationalstaaten, wurde nicht gemacht."
...
Vor allem müssten wir von dem nationalstaatlichen Denken Abschied nehmen, wenn wir eine funktionierende Gemeinschaft entstehen lassen wollen, denn souverän sei der Bürger, nicht der Nationalstaat. Außerdem benötige die institutionelle Struktur dringend ein Relaunch. Und Europa müsse mehr als ein gemeinsamer Markt sein. Ulrike Guérots Vorschlag: Eine Republik Europa. Das klingt utopisch. Aber genauso utopisch klang es, als Winston Churchill 1946 ein vereinigtes Europa vorschlug. Aus der Utopie wurde bekanntermaßen aber in wenigen Jahren Realität.
...
"Das Problem heute kann sein, dass Europa längst weg ist, während wir noch darüber diskutieren, ob oder dass es weg ist."
https://www.deutschlandfunknova.de/beit ... lik-europa

Der Gegenentwurf lautet "Republik Europa". Anstelle von "Europäische Union". Der ist radikal und utopisch. Aber einzig akzektabel.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Nov 2017, 08:11)

Das ist die Vorstellung, aus den bestehenden Strukturen heraus reformerisch das "europäische Projekt" neu aufzulegen. Ich glaube, das kann man vergessen.

Diesen Pessimismus habe ich bislang eher nur gefühlsmäßig erahnt als sachlich begründet verstanden. Bis ich diesen Hörsaal-Beitrag der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot hörte:
Das sehe ich anders.
Die sogenannten Nationalstaaten sind früher langsam über viele, viele Generationen entstanden.
Deutschland gibt es gerade mal seit knapp 150 Jahren.

Und das ist heute halt auch nicht anders. Es ist utopisch zu denken,
das man so etwas in zwei Generationen erreichen kann.

Da nehme man gerade Länder aus dem Balkan oder Osten.
Da hat man sich die Freiheit und Eigenständigkeit mühsam erkämpft.
Da ist man -durchaus verständlich- nicht bereit dieses in einer Generation wieder aufzugeben.

Es dauert eben Zeit und Geduld. Die heutige jüngere Generation tickt da schon wieder anders.
Die nächste und übernächste noch mehr...

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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Nov 2017, 08:11)

Das ist die Vorstellung, aus den bestehenden Strukturen heraus reformerisch das "europäische Projekt" neu aufzulegen. Ich glaube, das kann man vergessen.

Diesen Pessimismus habe ich bislang eher nur gefühlsmäßig erahnt als sachlich begründet verstanden. Bis ich diesen Hörsaal-Beitrag der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot hörte:

https://www.deutschlandfunknova.de/beit ... lik-europa

Der Gegenentwurf lautet "Republik Europa". Anstelle von "Europäische Union". Der ist radikal und utopisch. Aber einzig akzektabel.
Aus dem Beitrag heraus habe ich nicht verstanden, in welcher Weise sich eine Republik Europa organisieren will. Wir leben doch auch in einer Republik und haben dem "Bundes" vorangestellt. Wie auch immer die engere Gemeinschaft sich aufstellen könnte... für unabhängige Staaten darf es darin keine Zukunft geben. Lieber weniger Mitglieder als viele, die sich gegenseitig ärgern wollen.

Um mit Deng Xiao Ping zu sprechen: "Ob schwarz oder weiß, Hauptsache die Katze fängt Mäuse!"

In einer Nachlese habe ich verstanden, daß in einer Republik Europa sozusagen der Einheitsbürger überall gleichberechtigt zu Hause und wohlgelitten sein soll. Dieses Ziel geht doch sehr weit an unserem Europa der Sprachvielfalten und gewohnten Staatsaufbauten vorbei. Am Ende gäbe es dann die Welthauptstadt Germania oder Paris oder Brüssel, und alles hört auf mein Kommando... :)

Diese Vorstellung halte ich für noch schwieriger als einen europäischen Bundesstaat, in den Groß und Klein lieb gewordene Eigenheiten fröhlich weiter leben darf, so lange die Gemeinschaft dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Skull hat natürlich Recht, daß sich die nachwachsenden Generationen an neue Lagen anpassen und Änderungen für denkbar halten, bei denen es mir altem Menschen kalt den Rücken herunter läuft. Aber so lange ich politisch noch mitentscheiden kann, würde mein Streben doch die Föderation sein. Sie ist auch leichter zu erreichen. Käme es zur angepeilten Republik Europa... auch gut. Mit 6 leidlich beherrschten Sprachen werde ich darin gut leben können. Aber für viele weniger sprachbeflissene Menschen wird's dann eng.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von schokoschendrezki »

@Skull, @H2O: Die erwähnte Ulrike Guérot nennt ihr Buch "Warum Europa eine Republik werden muss!" ja ganz bewusst im Untertitel "Eine politische Utopie". Sie weiß wohl ziemlich gut, dass das derzeitig völlig unverwirklichbar ist. Aber die Utopie als Ziel muss erstmal her um das - aus ihrer Sicht - nicht rettbare Projekt "Europäische Union" (an das sie mal sehr geglaubt hat) zu delegitmieren. Und es ist keineswegs nur wegen der Nationalstaaterei nicht rettbar. Am einleuchtendsten scheint mir ihr Argument zu sein, die alte EU legitimiere sich über eine "Output-Demokratie" und nicht über eine "Input-Demokratie". Damit meint sie, dass es zum Beispiel in der EU keine klare Trennung zwischen Exekutive und Legislative gibt. Dass das EU-Parlament keine Legislativrechte hat usw. Nach wie vor bildet die Gemeinsame Agrarpolitik finanziell gesehen den weitaus größten Anteil des EU-Haushalts. Die war ursprünglich mal angelegt, um im Nachkriegseuropa Nahrungsmittelversorgung zu sichern. Das ist mit Output-Legitimität gemeint. Und das läuft immer noch und immer weiter. Da plädiert sie für ein grundsätzliches neu von vorn. Das ist verständlich.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Tom Bombadil »

Skull hat geschrieben:(28 Nov 2017, 11:23)

Hast DU Antworten auf meine Fragen ?
Hast du denn Antworten auf meine Fragen, um die es hier im Strang eigentlich gehen sollte?
Hast DU selbst Vorstellungen, wie sich die EU entwickeln wird ?
Ja, aber keine besonders guten, trotzdem hoffe ich, dass die EU irgendwie die Kurve bekommt-
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

Tom Bombadil hat geschrieben:(29 Nov 2017, 11:33)

Hast du denn Antworten auf meine Fragen, um die es hier im Strang eigentlich gehen sollte?


Ja, aber keine besonders guten, trotzdem hoffe ich, dass die EU irgendwie die Kurve bekommt-
Ja, ich hatte Antworten. Meine Wünsche und meine Vorstellungen FÜR eine EU benannt.

Von DIR konnte ich da nichts lesen.

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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Brainiac »

Tom Bombadil hat geschrieben:(27 Nov 2017, 11:06)

... Wie seht ihr die Entwicklung Europas?
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 1#p3804711

Skull hat bereits einige Punkte genannt, denen ich zustimme, H2O ebenfalls. Die Gretchenfrage besteht für mich tatsächlich darin, ob und wann man sich trauen wird, die Bürger zu befragen, und dem zu folgen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Hyde »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(27 Nov 2017, 15:32)
Was die radikalen Parteien in und um Europa angeht, bin ich heute entspannter als vor zwei Jahren. Fidesz ist ideologisch bankrott, die türkische AKP kämpft mit der politischen Besitzstandswahrung. Geert Wilder interessiert keine Sau mehr und die UKIP ist in einer schweren Krise. In Katalonien kam es zum Schwur und bisher sieht es so aus, als ob radikale Parteien dabei nicht so gut wegkommen, wie man dachte.

Was indessen die deutsche AfD angeht, die ist von der Macht weitgehend ausgemischt. Es gibt starke Anzeichen, dass sie uns nicht dauerhaft erhalten bleibt. Sie wird sich entweder verändern müssen oder untergehen.
Das Problem sind auch weniger die rechten Parteien in Westeuropa. Deren Wählerpotential liegt bei maximal 25% (Frankreich, Österreich). Dass Le Pen Präsidentin wird, war eigentlich nie realistisch.
Das Problem liegt in Osteuropa. In Polen arbeitet die PiS seit 2 Jahren gegen die Demokratie und gegen den Rechtsstaat und ist mittlerweile in der Bevölkerung so beliebt wie nie zuvor. Ähnliches gilt in anderen osteuropäischen Ländern. Das zeigt, dass die osteuropäische Bevölkerung scheinbar noch nicht weit genug entwickelt ist, um wirklich demokratiefest zu sein.
Ich glaube, man muss sich in Osteuropa auf eine längere autoritäre Phase gefasst machen. Das gab es früher auch in Westeuropa, als die westeuropäische Bevölkerung demokratiemäßig noch nicht weit genug entwickelt war (z.B. Deutschland, Österreich und Italien zwischen den Weltkriegen, sowie Südeuropa bis in die 70er Jahre).

Ich befürchte, Osteuropa steht jetzt auch so eine antidemokratische Phase bevor, aber irgendwann (das zeigt die Geschichte) wird die Bevölkerung auch in Osteuropa weit genug entwickelt sein, sodass die Demokratie sich früher oder später dauerhaft durchsetzen wird.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von unity in diversity »

Ohne eine wirtschaftliche Angleichung, scheitert die politische Union in Europa.
Allem Anschein nach, erfolgt die wirtschaftliche Angleichung aber nach unten.
Die damit einhergehenden wachsenden Verteilungskämpfe, stellen eine harte Herausforderung an das demokratische Grundverständnis aller Beteiligten dar.
Wenn es schief geht, versinkt alles in scheindemokratischen Zuständen, wie in Osteuropa.
Wahlen gibt es zwar noch, aber die dienen nur noch der Legitimation von zunehmend autokratischen Herrschaftsformen.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Skull hat geschrieben:(29 Nov 2017, 13:40)

Ja, ich hatte Antworten. Meine Wünsche und meine Vorstellungen FÜR eine EU benannt.

Von DIR konnte ich da nichts lesen.

mfg
Das ist menschlich-allzumenschlich: Kritik, selbstverständlich berechtigte, ist schnell geäußert, Mißstände sind schnell aufgezeigt. Aber das Ausbreiten von Lösungswegen bedeutet eine Art Mitverantwortung für das, was dann geschehen sollte. Und ganz selbstverständlich kann ein Vorschlag auf den Holzweg führen... und ist dennoch notwendig.

Ich meine, daß wir beharrlich das europäische Projekt preisen sollten und Politiker bevorzugen sollten, denen dieses europäische Projekt eine Herzensangelegenheit ist. Präsident Macron scheint für das europäische Projekt zu brennen. Geben wir ihm flankierend Unterstützung... vielleicht kommen unsere politischen Eigengewächse dadurch auch in Stimmung.

Am wichtigsten scheint mir auch das öffentliche Gespräch der Politiker mit den Bürgern über deren Vorstellungen von Europa zu sein, so wie Brainiac das schon ins Spiel brachte. Ohne Politiker geht das nicht, aber ohne Mitwirkung der betroffenen Bürger kommt auch nichts Gutes dabei heraus.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Skull »

H2O hat geschrieben:(30 Nov 2017, 09:13)

Am wichtigsten scheint mir auch das öffentliche Gespräch der Politiker mit den Bürgern über deren Vorstellungen von Europa zu sein, so wie Brainiac das schon ins Spiel brachte. Ohne Politiker geht das nicht, aber ohne Mitwirkung der betroffenen Bürger kommt auch nichts Gutes dabei heraus.
Ich würde da noch weiter gehen.

DIe betroffene Bevölkerung muss es wollen. Letztendlich bestimmen.
Es sind ihre ureigenen Systeme. SIE muß entscheiden,
welche Form von Zusammenleben sie in Europa wollen.
Von oben herab, ohne echte Verankerung und Willen einer Bevölkerung
...funktioniert kein System. Langfristig.

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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Hyde hat geschrieben:(30 Nov 2017, 04:01)

Das Problem sind auch weniger die rechten Parteien in Westeuropa. Deren Wählerpotential liegt bei maximal 25% (Frankreich, Österreich). Dass Le Pen Präsidentin wird, war eigentlich nie realistisch.
Das Problem liegt in Osteuropa. In Polen arbeitet die PiS seit 2 Jahren gegen die Demokratie und gegen den Rechtsstaat und ist mittlerweile in der Bevölkerung so beliebt wie nie zuvor. Ähnliches gilt in anderen osteuropäischen Ländern. Das zeigt, dass die osteuropäische Bevölkerung scheinbar noch nicht weit genug entwickelt ist, um wirklich demokratiefest zu sein.
Ich glaube, man muss sich in Osteuropa auf eine längere autoritäre Phase gefasst machen. Das gab es früher auch in Westeuropa, als die westeuropäische Bevölkerung demokratiemäßig noch nicht weit genug entwickelt war (z.B. Deutschland, Österreich und Italien zwischen den Weltkriegen, sowie Südeuropa bis in die 70er Jahre).

Ich befürchte, Osteuropa steht jetzt auch so eine antidemokratische Phase bevor, aber irgendwann (das zeigt die Geschichte) wird die Bevölkerung auch in Osteuropa weit genug entwickelt sein, sodass die Demokratie sich früher oder später dauerhaft durchsetzen wird.
Ja, einige reizvolle Gedanken tragen Sie hier schon vor, ohne Frage. Dennoch meine ich, daß Sie nicht flächendeckend Recht haben. So ist mir bisher nicht bekannt geworden, daß die von Ihnen befürchtete Abkehr von der Demokratie in den baltischen Staaten Zulauf hätte. Mir scheint auch, daß diese nationalistische Grundlinie nur in solchen Staaten Schwung gewinnt, die man als verhinderte Mittelmächte in Mitteleuropa einordnen könnte. Mal unter Führung der SU, jetzt unter Führung der EU. Ganz verwegene Vertreter dieser nationalistischen Bewegung sprechen dann gleich von der EUdSSR... ist zwar Quatsch, aber umreißt deren Denken.

Ich meine, daß man diese Widerborste ganz schlicht nicht mehr in die Weiterentwicklung der EU einbeziehen sollte, die sie ohnehin ablehnen. Da muß man auf die Zeit und wachsende europäische Reife setzen. Wenn der leckere Essensgeruch aus der Gemeinschaft dorthin weht, werden neue Einsichten reifen. Mit Rechtsmitteln sind diese Leute nicht ein zu fangen... nur Wohlstandsverlust wird sie zur Vernunft bringen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von Tom Bombadil »

Brainiac hat geschrieben:(29 Nov 2017, 23:53)

Die Gretchenfrage besteht für mich tatsächlich darin, ob und wann man sich trauen wird, die Bürger zu befragen, und dem zu folgen.
Das ist ein Ansatz. Damit die Einigung der EU weitergehen kann, muss man imho weg von "der EU der Eliten" hin zur EU der Bürger. Aber kann das funktionieren? Wir reden hier über 500 Millionen Menschen, die man unter einen Hut bringen muss. Wie könnte man das angehen? Ich formuliere es mal platt: die Nordstaaten wollen nicht Zahlmeister sein, die Südstaaten wollen und brauchen endlich Arbeit für ihre Kinder. Ohne Verluste im Norden wird das nicht ablaufen, wie kann man deren Bürger überzeugen, Arbeit nach Süden abzugeben?

Meiner Meinung nach bedarf die EU einer riesigen Umstrukturierung. Der Euro muss umgebaut werden, wirtschaftlich schwächere Länder müssten raus aus dem Euro (nicht, weil ich ihnen etwas Böses will, im Gegenteil), eine Transferunion nach dem Vorbild des deutschen Länderfinanzausgleichs kann es erst dann geben, wenn die Staaten wirtschaftlich einigermaßen auf Augenhöhe sind und die politische Einigung vollzogen wurde.

Diese politische Einigung muss in der "Kern-EU" stattfinden und darf am Anfang nicht zu groß werden, wenn Frankreich, Deutschland und Benelux dabei sind, dann wäre das schon eine Riesensache mit ca. 170 Millionen Bürgern.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Skull hat geschrieben:(30 Nov 2017, 09:19)

Ich würde da noch weiter gehen.

DIe betroffene Bevölkerung muss es wollen. Letztendlich bestimmen.
Es sind ihre ureigenen Systeme. SIE muß entscheiden,
welche Form von Zusammenleben sie in Europa wollen.
Von oben herab, ohne echte Verankerung und Willen einer Bevölkerung
...funktioniert kein System. Langfristig.

mfg
Klar, am Ende muß eine große Mehrheit dem europäischen Projekt voller Überzeugung zustimmen. Aber man darf nicht erwarten, daß diese Überzeugung den Menschen von allein zu wächst. Das dürfte so ähnlich wie zur Zeit der Reformation oder der Aufklärung funktionieren: Einige klare Köpfe führen den Menschen vor Augen, wohin sie sich haben treiben lassen, zeigen Wege zur Veränderung und Besserung auf, und dann kommen die Menschen allmählich auch in Gang.

Deshalb meinte ich, daß aus dem europäischen Projekt ohne Politiker nichts werden kann, aber ohne überzeugte Mitbürger wird auch nichts daraus. Das ist vermutlich eine Wechselwirkung, die vom Zeitgeist befeuert wird.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von schokoschendrezki »

Was der User H2O in seiner sympathisch höflich, zivilisiert, zurückhaltenden Art als Antwort auf User Hyde als "nicht flächendeckend Recht habend" formulierte, würde ich als brachial argumentierender User einfach mal als typische Kombination von dummer Westarroganz und infantilem Nachgeplappere bezeichnen.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(30 Nov 2017, 09:36)

Das ist ein Ansatz. Damit die Einigung der EU weitergehen kann, muss man imho weg von "der EU der Eliten" hin zur EU der Bürger. Aber kann das funktionieren? Wir reden hier über 500 Millionen Menschen, die man unter einen Hut bringen muss. Wie könnte man das angehen? Ich formuliere es mal platt: die Nordstaaten wollen nicht Zahlmeister sein, die Südstaaten wollen und brauchen endlich Arbeit für ihre Kinder. Ohne Verluste im Norden wird das nicht ablaufen, wie kann man deren Bürger überzeugen, Arbeit nach Süden abzugeben?

Meiner Meinung nach bedarf die EU einer riesigen Umstrukturierung. Der Euro muss umgebaut werden, wirtschaftlich schwächere Länder müssten raus aus dem Euro (nicht, weil ich ihnen etwas Böses will, im Gegenteil), eine Transferunion nach dem Vorbild des deutschen Länderfinanzausgleichs kann es erst dann geben, wenn die Staaten wirtschaftlich einigermaßen auf Augenhöhe sind und die politische Einigung vollzogen wurde.

Diese politische Einigung muss in der "Kern-EU" stattfinden und darf am Anfang nicht zu groß werden, wenn Frankreich, Deutschland und Benelux dabei sind, dann wäre das schon eine Riesensache mit ca. 170 Millionen Bürgern.
Diese Reihenfolge der Entwicklung über die Gründungsstaaten der EU dürfte noch am ehesten zum Erfolg führen. Vielleicht sollten wir deshalb auch Italien nicht abschreiben! Aus meiner Sicht hat es wenig Sinn, mit aller Gewalt die heute 27 Mitglieder der EU für das europäische Projekt zu gewinnen.

Ich meine aber, daß der "Norden" nichts wirklich abgeben muß, sondern der "Süden" muß so weit durch Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Ausbildung, Gewerbebetriebe gefördert werden, daß er wirtschaftlich erfolgreich im Konzert der "Großen" mitspielen kann. Und warum soll der Norden nicht über Investitionen dieser Art auch gutes Geld verdienen? Das Ziel muß doch Ausbreitung des allgemeinen Wohlstands sein, und nicht Schaffung mächtiger Nationalstaaten. Mein Hintergedanke: Irgendwann kommen wir mit unseren Nachbarn ohnehin so eng zusammen, so daß der Firmensitz politisch nicht mehr entscheidend ist, sondern er aus wirtschaftlichen Gründen dort liegt, wo das Unternehmen besonders gut wirtschaften kann.
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Re: Quo Vadis, Europa?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(27 Nov 2017, 15:32)
Was die radikalen Parteien in und um Europa angeht, bin ich heute entspannter als vor zwei Jahren. Fidesz ist ideologisch bankrott, die türkische AKP kämpft mit der politischen Besitzstandswahrung. Geert Wilder interessiert keine Sau mehr und die UKIP ist in einer schweren Krise. In Katalonien kam es zum Schwur und bisher sieht es so aus, als ob radikale Parteien dabei nicht so gut wegkommen, wie man dachte.
Was ganz genau ... würde mich wirklich interessieren! ... soll die Bemerkung "Fidesz ist ideologisch bankrott" bedeuten? Dass ihre reaktionär-konservative Politik in Europa ein isolierter extremer Sonderfall ist? Wie bitte? Dass sie als Partei als Extremfall isoliert dasteht? Wie bitte? Sie ist nach wie vor Mitglied in der EVP-Fraktion und ich bin absolut sicher, dass sie das trotz einiger publiker Abgrenzungsäußerungen nicht nur bleiben wird, sondern dass Orbán, im Gegenteil, dort noch an Einfluss gewinnen wird.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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