H2O hat geschrieben:(28 Feb 2019, 21:49)Ja, auch das macht Mut, weil es auf der Ebene der bestehenden Streitkräfte wirkt. Aus meiner Sicht ungelöst bleibt dabei die Aufstellung im Konfliktfall. Im Rahmen der NATO dürfte dieses Problem wohl längst durch Einsatzregeln gelöst worden sein. Ich stelle mir die wohl wirklich sehr enge Zusammenarbeit mit den Niederländern beispielhaft vor. Wie wird dann die Verfügung über Bundeswehrangehörige geregelt? Müssen dann Bundestag und das Niederländische Parlament einen gemeinsamen Marschbefehl erteilen...
*Lach*....
Und da liegt Dein Finger genau mitten in der offenen Wunde!
Beim Framework Nations Concept ist Deutschland einerseits Vorreiter (das ganze wurde auf deutsche Inititative ins Leben gerufen) und anderseits der größte Bremser - weil gerade Deutschland sich gern internationalen Einsätzen verweigert. Das ist aber ein politisches Problem, kein militärisches. Es kann auch nur von Politikern gelöst werden. In den Niederlanden ist das einfach. Dort gibt es keine "Parlamentsarmee". Die Regierung muss das Parlament nur über Einsatzbefehle informieren, aber keine Zustimmung einholen. In Deutschland ist das halt anders. Da muss das Parlament mit all seiner (zumeist durchaus berechtigen!!!) Behäbigkeit jedem Einsatz erstmal zustimmen. Deshalb ist Framework Nations auch durchaus umstritten in Europa. Die möglichen Partner fragen sich, ob sie sich denn auf Deutschland als "Rahmennation" verlassen können. Außerdem haben viele den Verdacht, dass Deutschland all das nur tut, um seine Rüstungsindustrie zu stärken... Wenn wir der Wahrheit die Ehre geben, dann könnte an diesem Vorwurf sogar was dran sein. Das ist aber, wie schon geschrieben, die rein politische Diskussion!
Auf militärischer Ebene gibt es solche Probleme nicht. Die Truppenteile, die in die Bundeswehr integriert wurden oder noch werden, werden genauso behandelt wie deutsche Truppenteile. Gleiche Ausrüstung, gleiche Ausbildung, gleiche Führungsstrukturen. Das sind Einheiten, die zur Bundeswehr gehören und unter deutschem Kommando stehen - mit der Option, dass die Herkunftsnationen diese Truppenteile "zurückholen" können, wenn sie sie brauchen. Was wir alle nicht hoffen wollen!
Wenn das Konzept konsequent weiter verfolgt wird, dann ist es so, als würde Deutschland im Moment schon mit dem Aufbau einer europäischen Armee unter deutschem Kommando beginnen. Das habe ich jetzt bewusst etwas überspitzt formuliert.
Der große Vorzug des Konzepts liegt darin, dass durch "Angliederung" die zwangsläufig begrenzten militärischen Fähigkeiten kleiner und kleinster Nationen für eine EUROPÄISCHE! Verteidigung "nutzbar" gemacht werden können. Die Streitkräfte der vier großen Nationen (künftig ja nur noch drei...) muss man nicht zusammenfassen. Alle vier verfügen über alle relevanten Fähigkeiten, um auf eigenen Füßen zu stehen. Es reicht völlig, diese Streitkräfte im Bedarfsfall unter ein Oberkommando zu stellen. Bei den Kleineren ist das ganz anders. Die haben einfach nicht die Mittel, um Verbände aufzustellen, die eigenständig operieren können. Sie müssen sich irgendwo angliedern. Das machen sie auch. Ich erinnere mich da zum Beispiel an einen Zeitungsbericht über einen Einsatz einer deutschen Fregatte gegen ein Frachtschiff, das von Piraten gekapert worden war (Somalia). Das Enterkommando bestand dabei aus litauischen Soldaten.
Auf der militärischen Seite alles kein Problem. Politisch sieht es anders aus. Ich gehe allerdings davon aus, dass Deutschland mit der Festigung solcher Kooperationen auch eine Verantwortung gegenüber den kleineren Partnern übernimmt, aus der sich die Politik dann nicht mehr so einfach herausstehlen kann. Das Auftreten als "Rahmennation" verpflichtet Deutschland in gewisser Weise, im Interesse der Partner an einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik mitzuwirken.
Aus Sicht der deutschen Politik ist das Framework Nations Concept im Moment möglicherweise trotzdem nur der Versuch, den "Personalmangel" der Bundeswehr schnell zu beheben. Schneller als durch Eingliederung ausländischer Verbände kann die Bundeswehr nicht auf den Personalstand gebracht werden, den sie eigentlich braucht. Kalt-rational betrachtet, stört mich das aber auch gar nicht. Die EU-Länder haben derzeit zusammen etwa 1,5 Millionen Soldaten unter Waffen. Gut 50 Prozent mehr als Russland. Nach dem Ausscheiden der Briten werden es immer noch 1,3 Millionen sein. Mehr müssen es auch nicht sein. Das reicht völlig, wenn alle in eine Organisationsstruktur eingebunden sind.