Rückkehr des Nationalismus in der EU

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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(24 Jun 2017, 17:53)

Ja, ich fand's aber auch interessant, wie viele Brexit-Befürworter vom Kontinent, z.B. von FPÖ und FN, nun ziemlich leise wurden. Von einem Öxit wollte die FPÖ im Wahlkampf auf einmal nichts mehr wissen und der FN zerstreitet sich darüber, ob man noch die Einführung einer nationalen Währung aufs Programm setzen sollte. Genützt hat's ihnen aber dann auch nichts: das Chaos und die Planunglosigkeit, die wir derzeit in Großbritannien erleben dürfen, möchte einfach niemand verantworten. Man versprach Unsumme fürs Sozialsystem und diskutiert nun darüber, wie stark die Einschnitte und Zusatzbelastungen werden. Man versprach mehr Souveränität und Unabhängigkeit, aber muss nun betteln, um nicht völlig abgehängt zu werden. An Ideen für die Post-Brexit-Zeit mangelt es ja nicht und es ist vernünftig, dass sich Europa damit nun bevorzugt beschäftigt.
Ganz so hoffnungsfroh bin ich nicht, was die bestehende EU betrifft. Ich vermute, daß Deutsche und Franzosen erst einmal ein gemeinsames europäisches Konzept entwickeln müssen, mit dem beide gemeinsam aus der Erstarrung heraus finden können. Erst dann wird die EU wieder insgesamt in Schwung kommen. Deutschland allein hat diese Schubkraft nicht; wir brauchen den französischen Partner und Freund. Hoffentlich sind wir gemeinsam unwiderstehlich und können das europäische Projekt fortsetzen... wenn es denn unbedingt sein muß ohne die Visegradskis, die wohl stärker von einer nationalen Unabhängigkeit träumen. Mal sehen, wie weit sie damit kommen. Das werden wir uns sicher auch bei den Briten denken müssen.
Ger9374

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ger9374 »

Es gibt ja einen durchaus gesunden Nationalismus, geprägt durch Leistungen
von Menschen die viel für ihr Land und ihr Volk geleistet haben. Dichter, Forscher, Politiker,und auch Staatsbürger aus der Wirtschaft, Musiker ect.
Doch niemand hat das Recht diesen Nationalismus für sich oder eine Partei zu reklamieren. Das sehe ich als geistiges Allgemeingut. Nicht für niedere und geistig minderbemittelte Bio Deutsche mit Fahne reserviert.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(28 Jun 2017, 05:42)

Es gibt ja einen durchaus gesunden Nationalismus, geprägt durch Leistungen
von Menschen die viel für ihr Land und ihr Volk geleistet haben. Dichter, Forscher, Politiker,und auch Staatsbürger aus der Wirtschaft, Musiker ect.
Doch niemand hat das Recht diesen Nationalismus für sich oder eine Partei zu reklamieren. Das sehe ich als geistiges Allgemeingut. Nicht für niedere und geistig minderbemittelte Bio Deutsche mit Fahne reserviert.
Tja, das ist ein ziemlich schwieriges Gelände, in dem wir uns da bewegen. In nahezu jedem europäischen Volk finden sich Genies auf allen möglichen Gebieten, denen nahezu zeitgleich bestimmte Entdeckungen, Erfindungen, Kunstwerke gelangen. Die prägten den Zeitgeist und wurden von ihm geprägt... meine ich. Können wir davon Besitz ergreifen und uns im Besitzerstolz von anderen Völkern abheben? Oft sind Genies selbst sehr bescheiden aufgetreten, zumindest im internationalen Umgang miteinander. Uns Normalverbrauchern bleibt wohl doch mehr die Freude, daß es diese Genies gab und gibt. Wir Deutschen müssen uns in der Sache sicher nicht demütig verstecken, aber bitte, andere Europäer müssen das auch nicht. Wie erfreulich, daß wir in diesem Teil der Welt leben!
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Selina
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Selina »

Ger9374 hat geschrieben:(28 Jun 2017, 05:42)

Es gibt ja einen durchaus gesunden Nationalismus, geprägt durch Leistungen
von Menschen die viel für ihr Land und ihr Volk geleistet haben. Dichter, Forscher, Politiker,und auch Staatsbürger aus der Wirtschaft, Musiker ect.
Doch niemand hat das Recht diesen Nationalismus für sich oder eine Partei zu reklamieren. Das sehe ich als geistiges Allgemeingut. Nicht für niedere und geistig minderbemittelte Bio Deutsche mit Fahne reserviert.
Sorry, aber einen "gesunden Nationalismus" gibt es nicht. In diesem Begriff - und dann noch in Kombination mit "gesund" - schwingt immer das Gefühl der Überlegenheit der eigenen Nation über andere Nationen mit. Daher gehen Nationalismus und extreme Rechte ja auch Hand in Hand.

Zitat

Nationalismus
Übersteigertes Bewusstsein vom Wert und der Bedeutung der eigenen Nation. Im Gegensatz zum Nationalbewusstsein und zum Patriotismus (Vaterlandsliebe) glorifiziert der Nationalismus die eigene Nation und setzt andere Nationen herab. Zugleich wird ein Sendungsbewusstsein entwickelt, möglichst die ganze Welt nach den eigenen Vorstellungen zu formen.


http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/p ... ionalismus
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Nomen Nescio »

die EU (minister? rat?) kommission? hat entschieden das keine gummi boote mehr an libyen geliefert werden sürfen. auch keine motore die bei derartige boote benützt werden können.

nur an betrieben, die beweisen können tatsächlich einen derartigen boot zu benötigen, darf geliefert werden.

das ist nicht nationalismus, sondern »europanismus« (besteht das wort eigentlich ;) ).
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Pro&Contra »

Selina hat geschrieben:(28 Jun 2017, 09:26)

Sorry, aber einen "gesunden Nationalismus" gibt es nicht. In diesem Begriff - und dann noch in Kombination mit "gesund" - schwingt immer das Gefühl der Überlegenheit der eigenen Nation über andere Nationen mit. Daher gehen Nationalismus und extreme Rechte ja auch Hand in Hand.
Erzähl das mal den Franzosen. Die halten dich dann für plemplem.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Ger9374 hat geschrieben:(28 Jun 2017, 05:42)

Es gibt ja einen durchaus gesunden Nationalismus, geprägt durch Leistungen
von Menschen die viel für ihr Land und ihr Volk geleistet haben. Dichter, Forscher, Politiker,und auch Staatsbürger aus der Wirtschaft, Musiker ect.
Es existieren keine wirklich kreativen Leistungen, wirklich: keine. Absolut keine! ... die von ihren Urhebern "für ihr Land und ihr Volk" geleistet worden sind. Das geht gar nicht. Eine der notwendigen (wenn auch natürlich nicht hinreichenden) Vorbedingungen für Kreativität ist Nonkonformismus. Das passt weder zu einem gesunden noch zu einem ungesunden Nationalismus.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Pro&Contra hat geschrieben:(17 Jul 2017, 23:13)

Erzähl das mal den Franzosen. Die halten dich dann für plemplem.
Dann frag dich mal, was "die Franzosen" von ihren eigenen großen Geistern jüngerer Zeit hielten: Sartre zum Beispiel.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ger9374 »

Eine positive Besinnung auf das was in einem Staat von Bürgern geleistet und bewahrt wurde
sehe ich als positiv. Errungenschaften die meist allen Menschen auch anderer Länder zum Vorteil reichen.Mag man sich am Begriff Nationalismus stören, Patriotismus finde ich noch unpassender.
Das hat etwas noch radikaleres in sich!
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Selina
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Selina »

Ger9374 hat geschrieben:(18 Jul 2017, 06:12)

Eine positive Besinnung auf das was in einem Staat von Bürgern geleistet und bewahrt wurde
sehe ich als positiv. Errungenschaften die meist allen Menschen auch anderer Länder zum Vorteil reichen.Mag man sich am Begriff Nationalismus stören, Patriotismus finde ich noch unpassender.
Das hat etwas noch radikaleres in sich!
Man kann sich nur "positiv" auf eigene Leistungen "besinnen", nicht auf die einer Nation oder eines Staates. Und die so genannten "Errungenschaften" des Westens haben immer auch eine Schattenseite am anderen Ende der Welt. Der Reichtum eines Teils der Menschheit wird mit der Armut eines anderen bezahlt. Nix, worauf irgendjemand stolz sein könnte.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

@Ger9374: Du sprachst ursprünglich von Forschern, Dichtern, Musikern etc. Im Nachhinein werden herausragende künstlerische oder wissenschaftliche kreative Leistungen historisiert und dabei dann beinahe unvermeidlich von der Nachwelt auch einer Nation zugordnet. Und die nachgeborenen Bürger dieser Nation werden diese Zuordnung dankbar annehmen und sogar nach und nach als irgendwo auch "ihre" Leistungen ansehen. Auch wenn das eigentlich unlauter ist (Siehe auch den Beitrag weiter oben von Selina.) Aber motivisch ... niemand setzt sich hin und entwickelt eine neue Theorie oder schreibt einen Roman als "Leistung für das Vaterland". Und wenn doch, dann wird dabei nix sonderlich Kreatives herauskommen. Wie schon geschrieben: Voraussetzung für Kreativität ist. u.a. ein gewisser Grad von Nonkonformismus.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von imp »

Viele bedeutende Musik- und Kunstwerke entstanden als Auftragsarbeit gegen klingende Münze der Herrschaft.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(19 Jul 2017, 14:17)

Viele bedeutende Musik- und Kunstwerke entstanden als Auftragsarbeit gegen klingende Münze der Herrschaft.
Ohne eine halbwegs gesicherte wirtschaftliche Lebensgrundlage, und sei sie noch so kümmerlich, wird sich kein Genie entfalten können. Der damit unauflösbar verbundene Mensch braucht Nahrung, Kleidung und Wohnung... ansonsten er allein mit seinem Kamnpf um das körperliche Dasein von früh bis spät beschäftigt ist. Selbst ein sagenumwobener Diogenes "in seiner Tonne" war auf freundliche Einladung seiner reicheren Mitbürger angewiesen, die er dann mit klugen Betrachtungen unserer Daseinsbedingungen unterhielt. Man sollte also Genies nicht vorhalten, daß sie in einem bedürftigen menschlichen Körper zu Hause sind.... und wohl auch richtig, daß sie ihre Gedanken in der Sprache der Menschen ihrer Zeit ausgebreitet haben.

Hölderlin, Schiller oder Goethe haben nun einmal die deutschen Sprache benutzt, um ihrer staunenden Umwelt ihre Gedanken mit zu teilen. Darüber dürfen wir Deutschen uns sicher freuen, auch über unsere so leistungsfähige Sprache, selbstverständlich. Aber so richtig "national" sehe ich keines dieser Genies... und sie selbst sahen sich auch nicht als Nationalisten... eher als Weltbürger im gedanklichen Austausch mit Zeitgenossen gleicher geistiger Kraft... bis in den Orient! Andere europäische Völker hatten fast gleichzeitig ähnlichen Funkenschlag ihrer Genies.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von imp »

Es gibt auch wichtige Künstler, die zeitlebens prekär, also nicht zwingend arm, aber ohne Sicherheit auskommen mussten.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(19 Jul 2017, 19:29)

Es gibt auch wichtige Künstler, die zeitlebens prekär, also nicht zwingend arm, aber ohne Sicherheit auskommen mussten.
Ja klar; jedem von uns wird danach Spitzwegs Bild des armen Poeten dabei sofort vor Augen stehen.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Jean-Paul Sartre befand sich 1964 in nicht geringen persönlichen finanziellen Schwierigkeiten. Und hätte das Geld für den Literaturnobelpreis eigentlich dringend gebraucht. Dennoch lehnte er diesen Preis (als bislang einziger Literaturnobelpreisträger) ab. Intellektuelle haben unabhängig, resistent, nonkonformistisch zu sein. Sie gehören innerlich weder einer Nation noch einem Staat an. Auch wenn sie Steuern zahlen. Voltaire war bekanntlich lange Zeit am Hofe des Preußenkönigs (der wiederum bevorzugt französisch sprach). Mit Sartre und Voltaire haben wir schon mal zwei der vielleicht 10 berühmtesten Franzosen der Weltgeschichte, die in dieses Nationendienst-Schema überhaupt nicht passen. Dass man sie im Nachhinein quasi für den Frankreich-Ruhm gegen ihren Willen usurpiert ... nun ja, dagegen können sie sich leider nicht mehr wehren.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Bobo »

Unsere Regierung handelt überhaupt nicht! Welche Werte sollen es den sein, auf denen NATO und EU heute noch basieren? Werte meint doch für alle offensichtlich den Wert des Geldes. Dank der Wirtschaftslobbi ist die EU nur noch ein Misthaufen, von dem sich Länder wie Polen eine Diktatur finanzieren lassen. Polens Mitgliedschaft kann nicht vorübergehend suspendiert werden, weil ein weitere ehemaliger Ostblock-Aspirant die Blockade eines solchen Antrags nach Artikel 7 verhindern wird. Und Erdogan kassiert trotz offenkundigem Abgleitens in ein Sultanat ohne Menschenrechte weiter Vorbeitritsgelder und zeigt insbesondere Deutschland den Stinkefinger.

Merkels Handlungsunfähigkeit in Krisenzeiten zieht sich über alle Jahre ihrer Amtszeit. Im Fall Erdogan hämmert man weiter auf die Furcht, die Türkei könne sich zu Putin hingezogen fühlen. Na und? Was ist daran so schrecklich? Dass die Amis dann möglicherweise keine Raketen mehr dort stationieren dürfen? Hier geht’s um europäische, im Falle der Inhaftierungen präzise um deutsche Interessen! Glaubt irgendwer, Putin fiele über Europa her, sobald Erdogan ihm die Hand reicht? Gerade für Erdogan dürfte es eine heilsame Erfahrung werden, unter Putin vom Präsidenten zum Verwalter und Befehlsempfänger innerhalb einer russischen Föderation reduziert zu werden. Also hört doch bitte auf, dass Schreckgespenst einer russischen Invasion weiter zu missbrauchen. Es dienst doch nur als Nebelgranate für pervertierte wirtschaftliche Gier, deren Opfer die Inhaftieren zu werden drohen.

Die Zahlungen zum Vorbeitritt durch die EU gehören nicht demnächst geprüft, sondern sofort eingestellt. Unabhängig von denen für den Flüchtlingspakt, da die nun mal real sind und versorgt werden müssen. Angesichts der wachsenden Misthaufen in der EU hielte ich es für einen EU-weiten heilsamen Schock, wenn nach England auch Deutschland offen über ein Referendum zum Austritt aus der EU nachdenken täte. Nicht um sein Ding allein zu machen, sondern um Interessenten für eine Neugründung ausschließlich mit gefestigt demokratischen Ländern, die sich bewährt haben, anzustreben. Beginnend mit England. Weitere Interessenten würden folgen. Die EU wie sie heute aus hemmungsloser Profitgier besteht, hat keine Zukunft wird von Scheindemokratien als Finanzier für neustrukturierte Diktaturen durch die Hintertür missbraucht und durch dieselben mit Blockaden handlungsunfähig gemacht. Was die NATO angeht, na ja. Das mag jeder für sich beurteilen. Ich würde weder für die Türkei noch für Polen oder andere nicht wirklich demokratische Länder in die Stiefel steigen. Das sollen die wenigen Profiteure beider Seiten mal schön selbst erledigen. Übrigens täte ich es auch nicht für eine USA unter dem Schwachkopf, der sich heute Präsident nennt. Scheiß auf die heutige NATO. Es lebe die deutsch-französische Achse. Essen und leben wollen die Menschen auch ohne diese längst pervertierten Bündnisse, die längst nicht mehr nur Demokratien nähren und schützen.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Bobo hat geschrieben:(20 Jul 2017, 10:13)

Unsere Regierung handelt überhaupt nicht! Welche Werte sollen es den sein, auf denen NATO und EU heute noch basieren? Werte meint doch für alle offensichtlich den Wert des Geldes. Dank der Wirtschaftslobbi ist die EU nur noch ein Misthaufen, von dem sich Länder wie Polen eine Diktatur finanzieren lassen.
Wärst Du bitte so lieb und würdest konkret schreiben, welcher Anteil der polnischen Gesamtstaatsausgaben von ca. 177 Milliarden Euro minus EU-Förderungs-Netto-Einnahmen von ca. 9.5 Milliarden Euro = 166,5 Milliarden Euro durch welche EU-Zahlungsquellen wie gedeckt werden? (Alles bezogen auf 2015).
http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-u ... empfaenger
http://www.haushaltssteuerung.de/staats ... polen.html
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ger9374 »

Jeder Däne hat Stolz seinen Dann Ebro im Garten gehisst.Wie auch anderes zur Identifikation mit
seinem Heimatland besteht. Nur Deutschland legt sich in einer Art Selbstkasteiung tausend Gründe
dagegen stolz auf diese Nation zu sein zurecht.
Perfide, weil gerade diese 1 richtige Deutsche Demokratie schon vieles bewältigt hat.
Die Weimarer Republik lasse ich weg.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ein Terraner »

Ger9374 hat geschrieben:(20 Jul 2017, 12:17)

Jeder Däne hat Stolz seinen Dann Ebro im Garten gehisst.Wie auch anderes zur Identifikation mit
seinem Heimatland besteht. Nur Deutschland legt sich in einer Art Selbstkasteiung tausend Gründe
dagegen stolz auf diese Nation zu sein zurecht.
Perfide, weil gerade diese 1 richtige Deutsche Demokratie schon vieles bewältigt hat.
Die Weimarer Republik lasse ich weg.
Ich finde die Farben der Flagge scheiße.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

Ein Terraner hat geschrieben:(20 Jul 2017, 12:19)

Ich finde die Farben der Flagge scheiße.
Wenn wir Deutschen nur deshalb Trauer tragen, dann ist es um unser Land doch gut bestellt!
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ein Terraner »

H2O hat geschrieben:(20 Jul 2017, 14:15)

Wenn wir Deutschen nur deshalb Trauer tragen, dann ist es um unser Land doch gut bestellt!
"Die wohlfeilste Art des Stolzes ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt."
Der gute alte Schopi trifft das schon recht gut.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

Ein Terraner hat geschrieben:(20 Jul 2017, 14:24)

"Die wohlfeilste Art des Stolzes ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt."
Der gute alte Schopi trifft das schon recht gut.
Das Vaterland verächtlich machen, daß war zu Schopenhauers Glanzzeiten auch nicht so in Schwung. Sonst wären ihm dazu ähnlich geistreiche Einfälle gekommen. Die Farben unserer Flagge gehen auf die ältesten Darstellungen des Reichsadlers mit dem Doppelkopf im HRR zurück. Einfach einmal genauer hinsehen.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ein Terraner »

H2O hat geschrieben:(20 Jul 2017, 14:44)

Das Vaterland verächtlich machen, daß war zu Schopenhauers Glanzzeiten auch nicht so in Schwung. Sonst wären ihm dazu ähnlich geistreiche Einfälle gekommen. Die Farben unserer Flagge gehen auf die ältesten Darstellungen des Reichsadlers mit dem Doppelkopf im HRR zurück. Einfach einmal genauer hinsehen.
Ist trotzdem eine Farbkombination für Blinde.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

Ein Terraner hat geschrieben:(20 Jul 2017, 14:52)

Ist trotzdem eine Farbkombination für Blinde.
Meinetwegen; außerordentlich eben.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ein Terraner »

H2O hat geschrieben:(20 Jul 2017, 14:44)

Das Vaterland verächtlich machen, daß war zu Schopenhauers Glanzzeiten auch nicht so in Schwung. Sonst wären ihm dazu ähnlich geistreiche Einfälle gekommen.
Jetzt muss ich doch nochmal nachhaken. Wie bekommst du das jetzt eigentlich mit Schopenhauers Aussage, das Menschen die Nationalstolz entwickeln Versager sind, unter einen Hut?
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Bobo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Jul 2017, 11:33)

Wärst Du bitte so lieb und würdest konkret schreiben, welcher Anteil der polnischen Gesamtstaatsausgaben von ca. 177 Milliarden Euro minus EU-Förderungs-Netto-Einnahmen von ca. 9.5 Milliarden Euro = 166,5 Milliarden Euro durch welche EU-Zahlungsquellen wie gedeckt werden? (Alles bezogen auf 2015).
http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-u ... empfaenger
http://www.haushaltssteuerung.de/staats ... polen.html

Sobald du den Futterneid außer Acht lässt und den amtierenden Machthabern zuhörst, und natürlich auch die Auswirkungen der EU-Osterweiterung in die Überlegungen mit einbeziehst, erkennst du, dass es mir nicht um den üblichen Futterneid im Sinne von "wer gibt / bekommt was?". Während z. B. auch Merkel nicht müde wird, die Öffentlichkeit mit der Wertegemeinschaft EU einzuschläfern, kommen die Regierungschefs ehemaliger Ostblockländer auf den Punkt. Sie verneinen die behauptete Wertegemeinschaft offen und nennen sie Vertragsgemeinschaft. Und so führen sie sich auch auf, in dem aus den Ländern hochoffiziell Leihfirmen gegründet werden, die Kräfte für Löhne zwischen 1,- und 3,- Euro je Stunde schuften lassen, und sei es, um die heimischen Sozialkassen zu entlasten. Natürlich werden Beiträge in die Krankenversicherungen der Länder, in denen die Arbeiten ausgeführt werden, nicht einbezogen. Ein bisserl komplexer sind die Zusammenhängen dann doch schon, als dass man sie hier in voller Breite auslegen könnte. Die "Wertegemeinschaft" endet bei der Europafahne, die Vertragsgemeinschaft gibt es nicht. Da kocht jeder sein eigenes Süppchen, der zur Freude der Wirtschaft, die nach Kräften von den desaströsen Hintertüren der EU maximal profitieren. A bisserl komplexer als der ewige Futterneid ist die Geschichte dann doch.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

Ein Terraner hat geschrieben:(20 Jul 2017, 16:16)

Jetzt muss ich doch nochmal nachhaken. Wie bekommst du das jetzt eigentlich mit Schopenhauers Aussage, das Menschen die Nationalstolz entwickeln Versager sind, unter einen Hut?
Gibt es nicht den viel älteren Spruch: "Dummheit und Stolz wachsen auf dem selben Holz." Den hat Schopenhauer ein wenig aufgeblasen. Na, warum nicht, schließlich ist er Philosoph gewesen.

Dennoch bekenne ich mich dazu, daß ich immer wieder gerührt war, wenn ich nach längerem Aufenthalt in der Fremde wieder meine Muttersprache in meinem Vaterland ganz einfach so sprechen konnte, und auch keiner der Zuhörer fragen mußte, was ich wohl gemeint haben könnte.

Ich gebe aber zu, daß nach längerem Heimaturlaub und Vertrautheit mit meinen Gastgebern in der Fremde sich beim Wiedersehen ein ähnliches Glücksgefühl einstellte... vorausgesetzt, deren Sprache war mir in Fleisch und Blut übergegangen. Dann hat man Freunde und mehrere Heimaten... jedenfalls geht mir das so.

Als alter Mensch reise ich nach Hause... und spreche Polnisch mit meinen Freunden. Was Schopenhauer dazu wohl gesagt hätte? Bestimmt etwas Gescheites!
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Quatschki »

Man muß solche Leute immer im Kontext ihrer Zeit sehen.
An den Befreiungskriegen hat er als Zivilist keinen Anteil genommen. Das patriotische Geschrei, der Volkskrieg, war ihm zuwider. Als sich über den Dingen stehend wähnender Intellektueller hätte er auch in einem napoleonischen Europa seinen Platz gefunden.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von H2O »

Quatschki hat geschrieben:(20 Jul 2017, 19:24)

Man muß solche Leute immer im Kontext ihrer Zeit sehen.
An den Befreiungskriegen hat er als Zivilist keinen Anteil genommen. Das patriotische Geschrei, der Volkskrieg, war ihm zuwider. Als sich über den Dingen stehend wähnender Intellektueller hätte er auch in einem napoleonischen Europa seinen Platz gefunden.
Klar, isso; wer kann sich schon aus seiner Umwelt lösen?

Schade, daß Napoleon nicht auf Dauer die Oberhand gewonnen hatte. Dann hätten wir heute so manchen Streit in der EU nicht aus zu fechten! Harmonisierung der Rechtsordnung, der Gesetzbücher; Harmonisierung des Staatsaufbaus; eine gemeinsame Amtssprache... Aber so etwas mochte Schopi wohl doch nicht vorschlagen :)
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Bobo hat geschrieben:(20 Jul 2017, 18:42)

Sobald du den Futterneid außer Acht lässt und den amtierenden Machthabern zuhörst, und natürlich auch die Auswirkungen der EU-Osterweiterung in die Überlegungen mit einbeziehst, erkennst du, dass es mir nicht um den üblichen Futterneid im Sinne von "wer gibt / bekommt was?". Während z. B. auch Merkel nicht müde wird, die Öffentlichkeit mit der Wertegemeinschaft EU einzuschläfern, kommen die Regierungschefs ehemaliger Ostblockländer auf den Punkt. Sie verneinen die behauptete Wertegemeinschaft offen und nennen sie Vertragsgemeinschaft. Und so führen sie sich auch auf, in dem aus den Ländern hochoffiziell Leihfirmen gegründet werden, die Kräfte für Löhne zwischen 1,- und 3,- Euro je Stunde schuften lassen, und sei es, um die heimischen Sozialkassen zu entlasten. Natürlich werden Beiträge in die Krankenversicherungen der Länder, in denen die Arbeiten ausgeführt werden, nicht einbezogen. Ein bisserl komplexer sind die Zusammenhängen dann doch schon, als dass man sie hier in voller Breite auslegen könnte. Die "Wertegemeinschaft" endet bei der Europafahne, die Vertragsgemeinschaft gibt es nicht. Da kocht jeder sein eigenes Süppchen, der zur Freude der Wirtschaft, die nach Kräften von den desaströsen Hintertüren der EU maximal profitieren. A bisserl komplexer als der ewige Futterneid ist die Geschichte dann doch.
Bezogen auf deine Aussage "Dank der Wirtschaftslobbi ist die EU nur noch ein Misthaufen, von dem sich Länder wie Polen eine Diktatur finanzieren lassen." sind die Zusammenhänge eigentlich recht einfach. Was soll das "finanzieren Gelassene" im Prinzip anderes sein als die Gesamtsumme der Staatsausgaben? Und wie ich schrieb beläuft sich die 2015 für Polen auf ca. 177 Milliarden Euro. Darin sind Netto 9.5 Milliarden EU-Fördergelder enthalten. Damit ist Polen zwar absolut und relativ Hauptprofiteur dieses Fördermechanismus aber rund 95 Prozent seiner Staatsausgaben erwirtschaftet es selbst. Es ist dieses ewige gedankenlose Nachgeplappere von Phrasen wie dem "des am Leben haltens Polens durch EU-Gelder", die einfach durch die vieltausendfache Nennung eine Art eigene Faktizität in den Medien und Netzen bekommen.

Was in der Wirtschaft unter den Stichworten Lohnwettbewerb, Sozialstandards usw. läuft, lässt sich in der Bilanz von Vor- und Nachteilen niemals einem Teilstaat oder einer Staatengruppe zuordnen. Was die Leihfirmen an Sozialausgaben sparen, sparen die Auftraggeber in Wirtschaft und Privat (als Angehöriger von zu Pflegenden zum Beispiel) um ein mehrfaches ein.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Alter Stubentiger »

schokoschendrezki hat geschrieben:(21 Jul 2017, 10:29)

Bezogen auf deine Aussage "Dank der Wirtschaftslobbi ist die EU nur noch ein Misthaufen, von dem sich Länder wie Polen eine Diktatur finanzieren lassen." sind die Zusammenhänge eigentlich recht einfach. Was soll das "finanzieren Gelassene" im Prinzip anderes sein als die Gesamtsumme der Staatsausgaben? Und wie ich schrieb beläuft sich die 2015 für Polen auf ca. 177 Milliarden Euro. Darin sind Netto 9.5 Milliarden EU-Fördergelder enthalten. Damit ist Polen zwar absolut und relativ Hauptprofiteur dieses Fördermechanismus aber rund 95 Prozent seiner Staatsausgaben erwirtschaftet es selbst. Es ist dieses ewige gedankenlose Nachgeplappere von Phrasen wie dem "des am Leben haltens Polens durch EU-Gelder", die einfach durch die vieltausendfache Nennung eine Art eigene Faktizität in den Medien und Netzen bekommen.

Was in der Wirtschaft unter den Stichworten Lohnwettbewerb, Sozialstandards usw. läuft, lässt sich in der Bilanz von Vor- und Nachteilen niemals einem Teilstaat oder einer Staatengruppe zuordnen. Was die Leihfirmen an Sozialausgaben sparen, sparen die Auftraggeber in Wirtschaft und Privat (als Angehöriger von zu Pflegenden zum Beispiel) um ein mehrfaches ein.
Für 2014-2020 sind es 86 Milliarden für die Polen. Ich weiß nicht ob das jetzt sooo wenig ist.Gering schätzen sollte man die Unterstützung aber nicht. Wer das tut sollte dann auch so konsequent sein und das Geld nicht annehmen. Aber nehmen tun die Neo-Nationalisten ja alle gerne.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(18 Jul 2017, 13:33)

Man kann sich nur "positiv" auf eigene Leistungen "besinnen", nicht auf die einer Nation oder eines Staates. Und die so genannten "Errungenschaften" des Westens haben immer auch eine Schattenseite am anderen Ende der Welt. Der Reichtum eines Teils der Menschheit wird mit der Armut eines anderen bezahlt. Nix, worauf irgendjemand stolz sein könnte.
Aber selbstverständlich kann man sich auch positiv auf die Leistung anderer besinnen, kann man sich positiv auf die Leistung(en) früherer Generationen besinnen - hat etwas mit Achtung und Respekt der Person(en) gegenüber, die diese Leistung erbracht haben, sogar dann, wenn diese Leistungen zum Wohle eines Staates/einer Nation erbracht wurden.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(21 Jul 2017, 10:37)

Für 2014-2020 sind es 86 Milliarden für die Polen. Ich weiß nicht ob das jetzt sooo wenig ist.Gering schätzen sollte man die Unterstützung aber nicht. Wer das tut sollte dann auch so konsequent sein und das Geld nicht annehmen. Aber nehmen tun die Neo-Nationalisten ja alle gerne.
Komm. Das ist doch jetzt im wahrsten Sinne eine Milchmädchenrechnung. Man braucht lediglich auch die (getätigten und prognostizierten) Staatsausgaben von 2014-2020 aufzusummieren, um die richtige Relation zu den Fördergeldern wiederherzustellen. Es behauptet auch niemand, dass es sich dabei um "wenig" handelt. Ich bin auch der letzte, der die Politik der aktuellen polnischen Regierung verteidigt. Es geht, nochmal, um diese gedankenlose Nachplapperei von solchem Unsinn wie dem, dass die EU Länder wie Polen "künstlich am Leben hält".
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ein Terraner »

Dark Angel hat geschrieben:(21 Jul 2017, 10:59)

Aber selbstverständlich kann man sich auch positiv auf die Leistung anderer besinnen, kann man sich positiv auf die Leistung(en) früherer Generationen besinnen - hat etwas mit Achtung und Respekt der Person(en) gegenüber, die diese Leistung erbracht haben, sogar dann, wenn diese Leistungen zum Wohle eines Staates/einer Nation erbracht wurden.
Was verstehst du unter besinnen?
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Bobo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(21 Jul 2017, 10:29)

Was in der Wirtschaft unter den Stichworten Lohnwettbewerb, Sozialstandards usw. läuft, lässt sich in der Bilanz von Vor- und Nachteilen niemals einem Teilstaat oder einer Staatengruppe zuordnen. Was die Leihfirmen an Sozialausgaben sparen, sparen die Auftraggeber in Wirtschaft und Privat (als Angehöriger von zu Pflegenden zum Beispiel) um ein mehrfaches ein.
Mit einer wesentlichen Korrektur ist genau dass der Knackpunkt. "Die Wirtschaft" spart ein, kein "Privater". Im Bau sind es die GUs, die höchste Kreativität an den Tag legen, wenn es um Profitmaximierung zu Lasten Dritter im B2B-Bereich geht. Heimische Fachkräfte, die es angeblich nicht gibt, purzeln wie Kegel. Ich wiederhole gern. Es gibt sie nur nicht zum Preis Minderqualifizierter oder eines illegal beschäftigen Litauers, um ein häufig auftretendes Phänomen aufzugreifen. Was den Pflegebereich angeht, sorry, aber du hast offenbar nur den eben noch legalen Bereich im Blick. Bewegte sich ein verrenteter Mitbürger oder Jobber in dem Schattenbereich, von dem die Rede war, wären die Konsequenzen für dessen Existenz allein durch die rechtliche Seite unabsehbar bis ruinös. Also wirf mit bitte nicht das Wiederholen von Phrasen vor, wenn dir die Schattenwüchse nicht vertraut sind.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(21 Jul 2017, 10:59)

Aber selbstverständlich kann man sich auch positiv auf die Leistung anderer besinnen, kann man sich positiv auf die Leistung(en) früherer Generationen besinnen - hat etwas mit Achtung und Respekt der Person(en) gegenüber, die diese Leistung erbracht haben, sogar dann, wenn diese Leistungen zum Wohle eines Staates/einer Nation erbracht wurden.
Ja sicher kann man daran denken, was Wissenschaftler, Maler, Schriftsteller und andere bewerkstelligt haben. Es bereichert das eigene Leben enorm, viel zu lesen, sich mit bildender und darstellender Kunst zu befassen, mit Architektur und dergleichen mehr. Das hatte ich auch nicht gemeint. Mir geht es darum, dass diese Bereicherung, die man dabei ganz individuell und auf einzigartige Weise erlebt, von einigen Leuten auf den großen Begriff der Nation übertragen wird und sie dann in diesem Zusammenhang von "Stolz" sprechen. Das ist mir einfach zu abstrakt, zu pathetisch und zu gewollt. Stolz auf die eigene Nation zu sein, ist ein gedankliches Konstrukt, das sich manche zurechtzimmern. Ich bleibe da schon lieber beim konkreten Shakespeareschen Lear. Oder beim Goetheschen Faust oder bei der Brechtschen Kinderhymne und so weiter und so fort. Da steckt in jeder einzelnen Zeile mehr Inhalt drin als in jeder noch so großen Debatte über Nationalstolz.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Dark Angel »

Ein Terraner hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:33)

Was verstehst du unter besinnen?
Ich habe einfach Userin selinas Wortwahl übernommen.
Persönlich würde ich sowas unter Geschichte subsummieren, meinetwegen auch "Erinnerung" an die Person und deren Leistung wachhalten, weil die erbrachten Leistungen immer auch Kulturleistungen sind bzw Leistungen die Teil kultureller Entwicklung sind.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Bobo hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:38)

Mit einer wesentlichen Korrektur ist genau dass der Knackpunkt. "Die Wirtschaft" spart ein, kein "Privater". Im Bau sind es die GUs, die höchste Kreativität an den Tag legen, wenn es um Profitmaximierung zu Lasten Dritter im B2B-Bereich geht. Heimische Fachkräfte, die es angeblich nicht gibt, purzeln wie Kegel. Was den Pflegebereich angeht, sorry, aber du hast offenbar nur den eben noch legalen Bereich im Blick. Bewegte sich ein verrenteter Mitbürger oder Jobber in dem Schattenbereich, von dem die Rede war, wären die Konsequenzen für dessen Existenz allein durch die rechtliche Seite unabsehbar bis ruinös. Also wirf mit bitte nicht das Wiederholen von Phrasen vor, wenn dir die Schattenwüchse nicht vertraut sind.
Um Kosten von relevanter Größe geht es ohnehin eher im wirtschaftlichen Bereich. EU-Fördergelder, um darauf nochmal zurückzukommen, werden zu großen Teilen in der Infrastruktur ausgegeben. Auf den neuen polnischen Autobahnen rollen unter anderem und nicht zuletzt die im gigantischen "Automobilcluster Mitteleuropa" (Länderdreieck Tschechien, Slowakei, Polen) in zahllosen Werken gefertigten Wagen zurück nach Westeuropa. Diese globale Industrie kennt keine Ländergrenzen und sie ist es in der Hauptsache, die von diesem Fördersystem profitiert. Nicht der polnische Staat.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:46)

Ich habe einfach Userin selinas Wortwahl übernommen.
Das war bei mir aber in Anführung geschrieben, weil ich damit einen anderen User zitierte. Hier der Beitrag, auf den ich da reagierte:

von Ger9374 » Di 18. Jul 2017, 06:12
Eine positive Besinnung auf das was in einem Staat von Bürgern geleistet und bewahrt wurde
sehe ich als positiv. Errungenschaften die meist allen Menschen auch anderer Länder zum Vorteil reichen.Mag man sich am Begriff Nationalismus stören, Patriotismus finde ich noch unpassender.
Das hat etwas noch radikaleres in sich!


Daher das Wort "sich besinnen". Wie ich aber gerade eben schrieb, hatte ich das alles ein wenig anders gemeint, siehe oben.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Die Frage ist nur eben, worauf man sich denn besinnt, wenn man sich auf die Relativitätstheorie, das Brecht-Theater oder die Musik Bachs besinnt ... Richtig: Auf die Relativitätstheorie, das Brecht-Theater, die Musik Bachs.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:46)

Jedes Volk, jede Nation/jeder Staat hat eine Geschichte und ist Teil "der Geschichte" und die kann man nicht einfach ausblenden, ignorieren oder negieren, weder die positven noch die negativen Aspekte
Macht auch keiner. Was mich an der Diskussion eher interessiert, steht im Strang-Titel. Ich aktualisiere die Fragestellung dahingehend: Warum erstarkt der Nationalismus wieder so deutlich in Europa und insbesondere auch in Deutschland? Woran liegt das und wie kann man dem begegnen? Wie gesagt, mir geht es nicht um den Begriff der Nation schlechthin, sondern um Nationalismus als "übersteigertes Bewusstsein vom Wert und der Bedeutung der eigenen Nation. Im Gegensatz zum Nationalbewusstsein und zum Patriotismus (Vaterlandsliebe) glorifiziert der Nationalismus die eigene Nation und setzt andere Nationen herab. Zugleich wird ein Sendungsbewusstsein entwickelt, möglichst die ganze Welt nach den eigenen Vorstellungen zu formen".

http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/p ... ionalismus
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:57)

Die Frage ist nur eben, worauf man sich denn besinnt, wenn man sich auf die Relativitätstheorie, das Brecht-Theater oder die Musik Bachs besinnt ... Richtig: Auf die Relativitätstheorie, das Brecht-Theater, die Musik Bachs.
Genau ;)
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:44)

Ja sicher kann man daran denken, was Wissenschaftler, Maler, Schriftsteller und andere bewerkstelligt haben. Es bereichert das eigene Leben enorm, viel zu lesen, sich mit bildender und darstellender Kunst zu befassen, mit Architektur und dergleichen mehr. Das hatte ich auch nicht gemeint. Mir geht es darum, dass diese Bereicherung, die man dabei ganz individuell und auf einzigartige Weise erlebt, von einigen Leuten auf den großen Begriff der Nation übertragen wird und sie dann in diesem Zusammenhang von "Stolz" sprechen. Das ist mir einfach zu abstrakt, zu pathetisch und zu gewollt. Stolz auf die eigene Nation zu sein, ist ein gedankliches Konstrukt, das sich manche zurechtzimmern. Ich bleibe da schon lieber beim konkreten Shakespeareschen Lear. Oder beim Goetheschen Faust oder bei der Brechtschen Kinderhymne und so weiter und so fort. Da steckt in jeder einzelnen Zeile mehr Inhalt drin als in jeder noch so großen Debatte über Nationalstolz.
Der Begriff "Stolz"/stolz sein hat etwas mit Achtung und Respekt bzw mit Anerkennung zu tun.
Jede Medaille hat zwei Seiten und so ist der Begriff "Stolz" eben nicht nur negativ konnotiert - i.S.v. Überheblichkeit, Selbstaufwertung etc
Im positiven Sinn kann man sehr wohl auch stolz auf einen Staat, eine Nation sein - auf die Leistung(en) der Gesamtgesellschaft, von der man selbst ein Teil ist. Das hat mit "sich selbst zurecht zimmern" herzlich wenig zu tun.
Und eigenartigerweise kommen Menschen anderer Staaten nicht auf die abstruse Idee, so etwas wie Nationalstolz sei per se negativ. In Frankreich beispielsweise gibt es innerhalb der Académie francaise eine "Institution zur Reinhaltung der französischen Sprache". Wenn das nicht etwas mit Nationalstolz zu tun hat - was dann?
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(21 Jul 2017, 12:02)

Der Begriff "Stolz"/stolz sein hat etwas mit Achtung und Respekt bzw mit Anerkennung zu tun.
Jede Medaille hat zwei Seiten und so ist der Begriff "Stolz" eben nicht nur negativ konnotiert - i.S.v. Überheblichkeit, Selbstaufwertung etc
Im positiven Sinn kann man sehr wohl auch stolz auf einen Staat, eine Nation sein - auf die Leistung(en) der Gesamtgesellschaft, von der man selbst ein Teil ist. Das hat mit "sich selbst zurecht zimmern" herzlich wenig zu tun.
Du kannst das gerne so empfinden, das ist dein gutes Recht. Ich dagegen empfinde es halt nicht so. Dieses deutsche Nationalstolz-Gerede verursacht bei mir Bauchschmerzen. Was auch nicht mehr anders werden wird bis an mein Lebensende. Und das ist auch gut so :D
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Bobo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:07)

Es geht, nochmal, um diese gedankenlose Nachplapperei von solchem Unsinn wie dem, dass die EU Länder wie Polen "künstlich am Leben hält".
Eine solche Aussage wäre in der Tat Mumpitz. Aber es ist ganz sicher nicht zu leugnen, dass Polen wie jedes andere Land, das er EU Beitritt wirtschaftlich davon profiziert. Natürlich durch geben und nehmen.

Die eigentliche Frage, die dann aber doch beantwortet werden sollte schein mir. Sind wir, die EU, nun eine Wertegemeinschaft oder nicht? Sind wir keine, dann frage ich mich, warum nicht jedes Land, bis hin zum Extrembeispiel Nordkorea der EU beitreten können sollte? In meinen Erinnerungen waren wir zumindest mal eine Wertegemeinschaft, die friedlich und bis auf kleine Eifersüchteleien reibungslos miteinander koexistierte. Hält Polens Trend zur Autokratie trotz Proteste in der Bevölkerung an, ist der Vorwurf, den Beitritt zur EU nur aus finanziell taktischen Erwägungen heraus vollzogen zu haben, um eben die Wandlung zur Autokratie mithilfe einer stabilen Wirtschaft als Beruhigungspille für die Bevölkerung sicherzustellen. Die ähnlichen Verläufe in der Türkei, wenn auch deutlich extremer, sind für die Türkei KO-Kriterien für die Beitrittsverhandlungen. Die Abkehr von der Demokratie eines Mitgliedes der EU erforderte ein Verfahren nach Artikel 7, wenn ich nicht irre! Die vorübergehende Suspendierung der polnischen Mitgliedschaft in der EU, bis die Demokratie in Gänze wiederhergestellt ist. Dieser Beschluss kann aber nur einstimmig gefasst werden. Da ein ehemaliges Ostblockland bereits erklärt hat, einen solchen Beschluss zu blockieren, wurde die EU zur Hure, die von den demokratisch eben nicht gefestigten ehemaligen Ostblockändern nach belieben gevögelt werden kann, ohne etwas dagegen unternehmen zu können.

Was also wollte eine Regierung, welche die bisherige Wertegemeinschaft offen in Abrede stellte und die EU auf eine Vertragsgemeinschaft reduzierte, von der EU? Doch wohl eindeutig die wirtschaftlichen Vorteile. Nicht aber die Abgabe gewisser nationaler Befugnisse schon gar nicht das gemeinsame Bekenntnis zur Demokratie und Freiheit. Klarer kann es doch wohl nicht auf dem Tisch liegen. Wobei die "Hure" EU natürlich metaphorisch gemeint war, die aber besser nicht zutreffen kann. Wohin sich die einzelnen Länder auch entwickeln, durch die Vorgabe der Einstimmigkeit ist die EU handlungsunfähig und dazu verurteilt, dem Treiben tatenlos zuzusehen. Pflichten wollen bekannter Weise diverse ehemaligen Ostblockstaaten nicht erfüllen. Siehe Verhalten zur Flüchtlingsfrage. Eindeutiger gehts nicht. Wie die Entscheider im Westen, hatten auch die im Osten nur die eigenen finanziellen Vorteile durch die Zusammenschlüsse der Märkte im Sinn.
Zuletzt geändert von Bobo am Fr 21. Jul 2017, 12:19, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Bobo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:48)

Um Kosten von relevanter Größe geht es ohnehin eher im wirtschaftlichen Bereich. EU-Fördergelder, um darauf nochmal zurückzukommen, werden zu großen Teilen in der Infrastruktur ausgegeben. Auf den neuen polnischen Autobahnen rollen unter anderem und nicht zuletzt die im gigantischen "Automobilcluster Mitteleuropa" (Länderdreieck Tschechien, Slowakei, Polen) in zahllosen Werken gefertigten Wagen zurück nach Westeuropa. Diese globale Industrie kennt keine Ländergrenzen und sie ist es in der Hauptsache, die von diesem Fördersystem profitiert. Nicht der polnische Staat.

Ist ja alles richtig und unwidersprochen: ich räume sogar ein, dass "Polnischer Staat" eine zu sorglose Bezeichnung für das Problem ist. Allenfalls geht's um die wenigen Protagonisten neben deren Unterstützern im Volk, welche die Regeln der EU und die demokratischen Strukturen in Polen zu unterlaufen bzw. zu demontieren versuchen.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:59)

Macht auch keiner. Was mich an der Diskussion eher interessiert, steht im Strang-Titel. Ich aktualisiere die Fragestellung dahingehend: Warum erstarkt der Nationalismus wieder so deutlich in Europa und insbesondere auch in Deutschland? Woran liegt das und wie kann man dem begegnen? Wie gesagt, mir geht es nicht um den Begriff der Nation schlechthin, sondern um Nationalismus als "übersteigertes Bewusstsein vom Wert und der Bedeutung der eigenen Nation. Im Gegensatz zum Nationalbewusstsein und zum Patriotismus (Vaterlandsliebe) glorifiziert der Nationalismus die eigene Nation und setzt andere Nationen herab. Zugleich wird ein Sendungsbewusstsein entwickelt, möglichst die ganze Welt nach den eigenen Vorstellungen zu formen".

http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/p ... ionalismus
Dann sollte zunächst mal geklärt werden, ob es sich tatsächlich um eine Rückkehr des Nationalismus handelt oder um ein Erstarken/Wiedererstarken von Nationalbewusstsein.
Beide Begriffe werden nämlich von ganz bestimmten Zeitgenossen gerne synomym verwendet.
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Ein Terraner »

Dark Angel hat geschrieben:(21 Jul 2017, 11:46)

Ich habe einfach Userin selinas Wortwahl übernommen.
Persönlich würde ich sowas unter Geschichte subsummieren, meinetwegen auch "Erinnerung" an die Person und deren Leistung wachhalten, weil die erbrachten Leistungen immer auch Kulturleistungen sind bzw Leistungen die Teil kultureller Entwicklung sind.
Jedes Volk, jede Nation/jeder Staat hat eine Geschichte und ist Teil "der Geschichte" und die kann man nicht einfach ausblenden, ignorieren oder negieren, weder die positven noch die negativen Aspekte
Und wie würde sich das dann als Praxis im Alltag niederschlagen?
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Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Dark Angel »

Ein Terraner hat geschrieben:(21 Jul 2017, 12:30)

Und wie würde sich das dann als Praxis im Alltag niederschlagen?
Es schlägt sich tagtäglich in der Praxis nieder - z.B. indem Motoren nach ihrem Erfinder benannt/bezeichnet werden, die Namen der Dichter, Komponisten etc genannt werden, wissenschaftliche Theorien immer im Zusammenhang mit der Person in Verbindung gebracht werden, die sie aufgestellt hat, indem es in der Schule gelehrt wird etc pp

Nachtrag:
Nur hat das herzlich wenig mit dem behaupteten Nonkonformismus zu tun, auch nichts mit "nachträglicher Historisierung".
Es hat schlicht etwas damit zu tun, in welchem gesellschaftlich-kulturellem Umfeld der Betreffende lebte/lebt, es hat damit zu tun welche wirtschaftlichen Bedingungen herrschen, ob "gesellschaftlicher Bedarf" besteht, ob überhaupt die Voraussetzungen gegeben sind etc pp.
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