Rückkehr des Nationalismus in der EU

Moderator: Moderatoren Forum 3

Jörg

Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Jörg »

Gerade auf Yahoo gelesen: Kein Geld an den IWF: Eurozone zeigt Athen Rückzahlungstrick

Versteht hier eigentlich noch jemand, was hier abgeht? Ich persönlich ertrage es jedenfalls kaum noch. Da zeigt man dem uneinsichtigen Schuldner auch noch "Tricks"... Ehrlich: Es kotzt mich an.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich die EU-Müdigkeit von immer mehr Menschen. Ich stimme Cameron voll und ganz zu. Dieser korrupte, jämmerliche, bürgerferne Haufen gehört dringendst reformiert. Hoffentlich schafft er es, dieses Pack von Europolitikern endlich aufzurütteln....bevor die EU ganz zerfällt. Denn das Projekt Europa ist eine gute Sache, aber wie es praktisch gehandhabt wird, ist eine Schande.
Und die ewig gleiche Beschwörungsformel, daß Deutschland "wie kein anderes Land" vom Euro profitiere, kann ich auch nicht mehr hören.
Merke: Wir waren auch zu D-Mark-Zeiten schon Exportweltmeister. Was also soll dieses Gelaber?

Mit wütenden Grüßen
martin.unterholzner
Beiträge: 17
Registriert: Do 14. Mai 2015, 21:59

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von martin.unterholzner »

Wir hören mittlerweile täglich, dass die EU reformiert gehört. Seltener hört man allerdings, was genau verändert werden sollte und wer dafür verantwortlich sein sollte.

Dazu muss man zuerst einen Blick darauf werfen, was die EU heute ist. Welche Aspekte funktionieren heute in der EU und welche nicht?
Von wem wird die EU heute maßgeblich bestimmt?

Bei sehr vielen heiklen Themen wie dem Umgang mit der Flüchtlingskrise, Außen- und Sicherheitspolitik, Regulierung der Finanzmärkte, Kampf gegen Steuerflucht und Steuerdumping etc. spielt der Europäische Rat eine zentrale Rolle. Dabei müssen die Staats- und Regierungschefs einen Konsens finden, damit es zu einer Entscheidung kommt. Leider konkurrieren oder widersprechen sich die nationalen Interessen der verschiedenen Mitgliedsländer.

Beispiel:
Mehrere Länder im Norden sehen die Quotenregelung für die Aufteilung der Flüchtlinge nur ungern. Die Flüchtlinge landen schließlich in Italien, Spanien und Griechenland.

Warum sollen Länder wie Irland oder Luxemburg Vorstöße gegen Steuerdumping unterstützen, wenn doch ihr nationales Geschäftsmodell darauf basiert?

Während die Debatten und Abstimmungen des Europaparlaments, welches wie andere nationale Parlamente gewählt wird, demokratisch und transparent ablaufen, spielen sich die Treffen des Europäischen Rats hinter verschlossenen Türen ab. Welche Vereinbarungen und Machtspiele dort stattfinden kann man nur vermuten.
Sinnvolle Vorschläge können von einzelnen Ländern mit entsprechendem Gewicht gegen den Willen anderer und gegen das Interesse der restlichen EU blockiert werden.

Aus meiner Sicht ist die Tatsache, dass dieses intransparente Gremium nationalen Egoismen zuviel Gewicht verleiht ein großer Teil des Problems der heutigen EU.
Adam Smith
Beiträge: 38094
Registriert: Mi 18. Jan 2012, 21:57

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Adam Smith »

martin.unterholzner » Do 28. Mai 2015, 23:17 hat geschrieben:
Aus meiner Sicht ist die Tatsache, dass dieses intransparente Gremium nationalen Egoismen zuviel Gewicht verleiht ein großer Teil des Problems der heutigen EU.
Dass es nicht an der EU liegt sieht man an TTIP. In Bezug auf die EU gibt es noch viel mehr gemeinsame Standards, trotzdem wird TTIP noch leidenschaftlicher bekämpft als die EU. Die Bürger sind vermutlich sauer, dass die Wirtschaft in den Schwellenländern stärker wächst als in den Industrieländern und schieben das dann auf die EU.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Benutzeravatar
Provokateur
Beiträge: 12535
Registriert: Sa 3. Jan 2015, 16:44
user title: Alpha by choice&Liberalpatriot
Wohnort: जर्मनी

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Provokateur »

Quatsch. Oma Erna ist die Wirtschaft in den Schwellenländern egal. Die will, dass es ihrem Dackel Waldi, den Enkeln und ihrem Mann gutgeht (in der Reihenfolge), dass die Rente pünktlich kommt, dass Strom, Heizung und Wasser wenig kosten, dass Samstags der fesche Florian Silbereisen auftritt und dass sie kein Gift auf dem Teller hat.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
twitter.com/Provokateur_Tom
Benutzeravatar
Liegestuhl
Moderator
Beiträge: 41120
Registriert: Mo 2. Jun 2008, 12:04
user title: Herzls Helfer
Wohnort: אולדנבורג

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Liegestuhl »

martin.unterholzner » Do 28. Mai 2015, 23:17 hat geschrieben:Wir hören mittlerweile täglich, dass die EU reformiert gehört. Seltener hört man allerdings, was genau verändert werden sollte und wer dafür verantwortlich sein sollte.
Das ist nicht ganz richtig. David Cameron hat ziemlich konkret benannt, was er gerne verändert sehen möchte.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

Liegestuhl » Fr 29. Mai 2015, 08:26 hat geschrieben:
Das ist nicht ganz richtig. David Cameron hat ziemlich konkret benannt, was er gerne verändert sehen möchte.
Der will doch keine Reformen, sondern weitere Opt-Outs fürs UK.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Jörg » Do 28. Mai 2015, 22:40 hat geschrieben:Gerade auf Yahoo gelesen: Kein Geld an den IWF: Eurozone zeigt Athen Rückzahlungstrick

Versteht hier eigentlich noch jemand, was hier abgeht? Ich persönlich ertrage es jedenfalls kaum noch. Da zeigt man dem uneinsichtigen Schuldner auch noch "Tricks"... Ehrlich: Es kotzt mich an.
Naja. Der "Trick" besteht lediglich darin, alle im Juni fälligen Rechnungen zusammenzunehmen und erst am Ende des Monats die Gesamtsumme zu zahlen, so dass es einen gewissen Verhandlungsaufschub gibt. Ein legaler "Trick". Ich wüsste jetzt nicht, warum mich das besonders wütend machen sollte. Es steht auch in keinem Zusammenhang zum Thread-Titel. Diese "Rückkehr des Nationalismus in der EU" jedoch, die sich zum Beispiel in einem Erstarken rechtspopulistischer Parteien äußert, die mach mich tatsächlich wütend ...
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

martin.unterholzner » Do 28. Mai 2015, 23:17 hat geschrieben:Wir hören mittlerweile täglich, dass die EU reformiert gehört. Seltener hört man allerdings, was genau verändert werden sollte und wer dafür verantwortlich sein sollte.
Dazu hier noch eine Interview, wo dies bestätigt wird. Bisher gibt's keine konkreten Vorschläge, was Cameron überhaupt konkret vorschwebt: http://www.deutschlandradiokultur.de/eu ... _id=321132 (Audio)

Konkreter wird's hier:

http://derstandard.at/2000016408146/Cam ... -vertiefen
http://www.politico.eu/article/an-eu-fo ... bers-only/
http://www.zeit.de/politik/2015-05/euro ... el-debatte
Zuletzt geändert von frems am Fr 29. Mai 2015, 11:07, insgesamt 1-mal geändert.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
martin.unterholzner
Beiträge: 17
Registriert: Do 14. Mai 2015, 21:59

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von martin.unterholzner »

Liegestuhl » Fr 29. Mai 2015, 08:26 hat geschrieben:
Das ist nicht ganz richtig. David Cameron hat ziemlich konkret benannt, was er gerne verändert sehen möchte.
frems » Fr 29. Mai 2015, 11:06 hat geschrieben: Dazu hier noch eine Interview, wo dies bestätigt wird. Bisher gibt's keine konkreten Vorschläge, was Cameron überhaupt konkret vorschwebt: http://www.deutschlandradiokultur.de/eu ... _id=321132 (Audio)

Konkreter wird's hier:

http://derstandard.at/2000016408146/Cam ... -vertiefen
http://www.politico.eu/article/an-eu-fo ... bers-only/
http://www.zeit.de/politik/2015-05/euro ... el-debatte
Vielen Dank für die Ergänzungen und Links.

Aus meiner Sicht ist es nur positiv, wenn Reformimpulse und vor allem konkrete Vorschläge kommen, egal ob diese von Cameron oder anderen stammen. Jeder Vorschlag ist es wert, diskutiert zu werden.

Während vor der Eurokrise die EU nicht täglich Thema in den Medien war, regt die heutige Medienpräsenz demokratische Debatten und Meinungsbildung an. Dies sollte den Reifungsprozess beschleunigen und Gelegenheiten bieten, tatsächlich bedeutende Fortschritte zu machen.
Es gibt nämlich mittlerweile immer mehr und immer lautere Stimmen, welche die Intransparenz und Willkür bei Entscheidungen im Rat kritisieren. Darüberhinaus wächst die Erkenntnis, dass eine gemeinsame Währung auch eine gemeinsame Wirtschafts- und Fiskalpolitik benötigt (Der französische Autor und Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty macht hierzu konkrete Vorschläge).
Die aktuelle Situation in der Ukraine wirft auch die Frage auf, ob eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nicht ebenfalls sinnvoll wäre.

Wir haben also viele Herausforderungen vor uns. Aber die Gelegenheit ist günstig. Auch Merkel und Hollande unterbreiten derzeit konstruktive Vorschläge für eine engere Zusammenarbeit in der Eurozone. Meine Vermutung ist, dass diese auch in Italien Unterstützung bekommen werden.
Checkpointe
Beiträge: 358
Registriert: Fr 2. Jan 2015, 00:40

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Checkpointe »

Ich denke was Cameron vorschwebt ist einfach eine europäische Freihandelszone ohne politischen Überbau, aber mit starkem Wettbewerb zwischen den einzelnen EU-Mitglied.

Die ganzen EU-Institutionen wie Parlament, Kommission und der ganze Bürokratieapparat drum herum sollten abgeschafft werden und die Mitgliedsstaaten ihre bisher an die EU abgetretenen politischen Kompetenzen zurückbekommen.
Adam Smith
Beiträge: 38094
Registriert: Mi 18. Jan 2012, 21:57

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Adam Smith »

Checkpointe » Sa 30. Mai 2015, 13:12 hat geschrieben:Ich denke was Cameron vorschwebt ist einfach eine europäische Freihandelszone ohne politischen Überbau, aber mit starkem Wettbewerb zwischen den einzelnen EU-Mitglied.

Die ganzen EU-Institutionen wie Parlament, Kommission und der ganze Bürokratieapparat drum herum sollten abgeschafft werden und die Mitgliedsstaaten ihre bisher an die EU abgetretenen politischen Kompetenzen zurückbekommen.
Wobei die Bürger ja auch TTIP leidenschaftlich ablehnen. Und das ist ja nur eine Freihandelszone.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

Adam Smith » Sa 30. Mai 2015, 13:42 hat geschrieben:
Wobei die Bürger ja auch TTIP leidenschaftlich ablehnen. Und das ist ja nur eine Freihandelszone.
Der durchschnittliche Ablehnungsgrad in der EU liegt bei lediglich 25 Prozent. [...] Der EU-Durchschnitt der Befürworter liegt bei 58 Prozent.
http://diepresse.com/home/politik/eu/46 ... gegen-TTIP

Also wenn das Leidenschaft ist... :?
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Checkpointe
Beiträge: 358
Registriert: Fr 2. Jan 2015, 00:40

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Checkpointe »

Wie man eine Freihandelszone genau organisieren möchte, kann man ja dann diskutieren. Aber wozu braucht man dann diesen ganzen politischen Überbau der EU? Das können die Staaten doch alles selbst regeln, ohne für teuer Geld da einen riesigen staatsähnlichen EU-Apparat zu betreiben, der die Staaten stückweise ihrer Souveränität beraubt?
martin.unterholzner
Beiträge: 17
Registriert: Do 14. Mai 2015, 21:59

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von martin.unterholzner »

Checkpointe » Sa 30. Mai 2015, 15:31 hat geschrieben:Wie man eine Freihandelszone genau organisieren möchte, kann man ja dann diskutieren. Aber wozu braucht man dann diesen ganzen politischen Überbau der EU? Das können die Staaten doch alles selbst regeln, ohne für teuer Geld da einen riesigen staatsähnlichen EU-Apparat zu betreiben, der die Staaten stückweise ihrer Souveränität beraubt?
Auf den ersten Blick mag das sehr plausibel klingen. Der Teufel steckt aber - wie meistens - im Detail.
Für einen gemeinsamen Markt sind gemeinsame, verbindliche Regeln nötig. Dies betrifft z. B. Sicherheitsvorschriften für Produkte, technische Standards und Normierungen und auch Marktregulierungen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Wie sollen diese gemeinsamen Rahmenbedingungen geschaffen werden, ohne "politischen Überbau"?

TTIP wird z. B. genau aus diesem Grund kritisiert: Die gemeinsamen Rahmenbedingungen werden von Lobbies vorgeschlagen und von Politikern, welche oft über zu wenig Fachwissen verfügen, abgenickt. Das alles passiert hinter verschlossenen Türen und bei Streitfällen kommt ein Schiedsgericht zum Zug.
Obwohl hauptsächlich TTIP dafür kritisiert wird, ist diese Vorgehensweise gang und gäbe bei Freihandelsabkommen.

Als EU-Bürger bevorzuge ich demokratisch legitimierte Institutionen und ein reguläres Europäisches Rechtssystem gegenüber reinen Freihandelsabkommen. Nichtsdestotrotz müssen die EU-Institutionen verbessert werden (siehe vorherige Posts) und einige Kompetenzen haben auf EU-Ebene wirklich nichts zu suchen.
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

Checkpointe » Sa 30. Mai 2015, 15:31 hat geschrieben:Wie man eine Freihandelszone genau organisieren möchte, kann man ja dann diskutieren. Aber wozu braucht man dann diesen ganzen politischen Überbau der EU? Das können die Staaten doch alles selbst regeln, ohne für teuer Geld da einen riesigen staatsähnlichen EU-Apparat zu betreiben, der die Staaten stückweise ihrer Souveränität beraubt?
Öhm, genau dieses "Nationalstaaten miteinander selbst regeln" ist das, was die EU am Ende ist. Sonderlich groß ist der EU-Apparat für über 500 Mio. Menschen mit gerade mal knapp 50.000 Beamten und Angestellten (inkl. Übersetzern) auch nicht. Da sind selbst in München mehr im öffentlichen Dienst. Rauben kann die EU auch nichts, weil selbst dem Rat (also die nationalen Staats- und Regierungschefs) diese Kompetenzkompetenz fehlt. Wenn sich aber Merkel mit ihren Kollegen trifft, eine gemeinsame Bankenunion aushandelt und die nationalen Parlamente einen Teil der Aufgaben in neue Institutionen verlegen, ist das kein "Raub von oben". Ebenso ist es kein "Raub von unten", wenn in einer Föderalismusreform die Aufgaben von Bund und Ländern neu verhandelt werden und einiges zu den Ländern kommt. Aber manche brauchen halt einfache Erklärungen für komplexe Dinge und gerade da sind Nationalisten ja gerne schnell zur Stelle.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

martin.unterholzner » Sa 30. Mai 2015, 15:45 hat geschrieben: Als EU-Bürger bevorzuge ich demokratisch legitimierte Institutionen und ein reguläres Europäisches Rechtssystem gegenüber reinen Freihandelsabkommen. Nichtsdestotrotz müssen die EU-Institutionen verbessert werden (siehe vorherige Posts) und einige Kompetenzen haben auf EU-Ebene wirklich nichts zu suchen.
Genau dagegen wehren sich ja die Nationalstaaten*. Man denke nur an Camerons Verbalattacken gegen Juncker, obwohl sie viele gemeinsame politische Ansichten haben. Der Streitpunkt war da bloß die Demokratisierung der Institutionen, weil 2014 erstmal das Parlament die Kommission wählte und beim "grilling" viele Kandidaten unter Druck setzte und auch durchfielen ließ. Da störte es Cameron, weil durch die Demokratisierung auch die politische Legitimation steigt. Er ist ja ein Verfechter der Hinterzimmerpolitik. Kurios wird's nur dann, wenn Nationalisten diese Politik auf die personifizierte "EU" schieben und als Konsequenz die nationalen Staats- und Regierungschefs gegenüber der EU noch weiter stärken wollen.

* Korrektur: Natürlich nicht alle Nationalstaaten und vor allem nicht alle Politiker und Parteien. Aber einige, die einflußreich sind und es auch bleiben wollen. Häufig wird das ein Schuß in den Ofen, so wie Cameron sich mit seinem Polterkurs zunehmend isoliert und sein Einfluß sinkt.
Zuletzt geändert von frems am Sa 30. Mai 2015, 16:24, insgesamt 1-mal geändert.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Wähler
Beiträge: 8554
Registriert: Di 25. Dez 2012, 13:04
user title: Bürgerjournalismus
Wohnort: Bayern

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Wähler »

Jörg » Do 28. Mai 2015, 21:40 hat geschrieben:
Vor diesem Hintergrund verstehe ich die EU-Müdigkeit von immer mehr Menschen. Ich stimme Cameron voll und ganz zu. Dieser korrupte, jämmerliche, bürgerferne Haufen gehört dringendst reformiert. Hoffentlich schafft er es, dieses Pack von Europolitikern endlich aufzurütteln....bevor die EU ganz zerfällt. Denn das Projekt Europa ist eine gute Sache, aber wie es praktisch gehandhabt wird, ist eine Schande.
Kann den Unmut verstehen, sehe aber auch die positiven Seiten. Großbritannien und Griechenland befinden sich sozusagen am Rand der EWU. Die beiden Klärungsprozesse sind dringend notwendig, wenn die EWU nicht nur eine "Verrechnungseinheit" bleiben will. Die USA weisen regelmäßig auf das Problem des "optimalen Währungsraumes" hin. Es wird immer klarer, dass sich die Regierungschefs der EWU nicht um die Kernfragen herummogeln können. Es bleibt also weiterhin spannend.
Zuletzt geändert von Wähler am Sa 30. Mai 2015, 16:39, insgesamt 1-mal geändert.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
Gregorius I
Beiträge: 2680
Registriert: Do 6. Mai 2010, 17:34
user title: Kardinaler Althumanist

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Gregorius I »

Man soll keiner Statistik trauen, die man nicht selbst gefälscht hat! :cool:
Errare humanum est, perseverare diabolicum.

Augustinus
Gregorius I
Beiträge: 2680
Registriert: Do 6. Mai 2010, 17:34
user title: Kardinaler Althumanist

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Gregorius I »

Checkpointe » Sa 30. Mai 2015, 15:31 hat geschrieben:Wie man eine Freihandelszone genau organisieren möchte, kann man ja dann diskutieren. Aber wozu braucht man dann diesen ganzen politischen Überbau der EU? Das können die Staaten doch alles selbst regeln, ohne für teuer Geld da einen riesigen staatsähnlichen EU-Apparat zu betreiben, der die Staaten stückweise ihrer Souveränität beraubt?
Die europäischen Länder werden ihrer Souveränität nicht "beraubt"! Soweit es nötig ist, staatliche Souveränitätsrechte auf die EU zu übertragen, geschieht das freiwillig und aufgrund von Gesetzen.

Die EU-Institutionen kosten freilich Geld. Langfristig werden die Mitgliedsstaaten einige Souveränitätsrechte, für die sie jetzt noch riesige Geldbeträge verschwenden, ganz der EU überlassen, z. B. - und m. M. n. vordringlich - das komplette Wehrwesen. Dadurch werden die Haushalte der einzelnen EU-Staaten um viele Mrd. Euro entlastet, die sinnvoller auszugeben sind. Voraussetzung wird sein - und man sollte nicht länger warten -, dass die EU den Schritt zur wirklichen Großstaats-, um nicht zu sagen: Imperiumsbildung endlich vollzieht. Dazu sind alle Institutionen der EU zu demokratisieren und für die Staatsvertretungen eine eigene Kammer zu schaffen, die aufgrund einer Verfassung die EU leiten.
Errare humanum est, perseverare diabolicum.

Augustinus
Checkpointe
Beiträge: 358
Registriert: Fr 2. Jan 2015, 00:40

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Checkpointe »

martin.unterholzner » Sa 30. Mai 2015, 14:45 hat geschrieben:Wie sollen diese gemeinsamen Rahmenbedingungen geschaffen werden, ohne "politischen Überbau"?
Indem die Nationalstaaten miteinander verhandeln und gemeinsam Verträge abschliessen. So wie es international eben üblich ist.
Checkpointe
Beiträge: 358
Registriert: Fr 2. Jan 2015, 00:40

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Checkpointe »

Gregorius I » Sa 30. Mai 2015, 16:49 hat geschrieben: Die EU-Institutionen kosten freilich Geld. Langfristig werden die Mitgliedsstaaten einige Souveränitätsrechte, für die sie jetzt noch riesige Geldbeträge verschwenden, ganz der EU überlassen, z. B. - und m. M. n. vordringlich - das komplette Wehrwesen. Dadurch werden die Haushalte der einzelnen EU-Staaten um viele Mrd. Euro entlastet, die sinnvoller auszugeben sind.
Und woher kommt das Geld, mit dem dann ei EU-Armee finanziert werden soll? Das sind doch auch Steuern, die wir sowieso bezahlen.

Und wie stellst du dir das vor? Die Bundeswehr ist ja eine deutsche Parlamentsarmee. Soll die aufgelöst werden oder dem neuen Oberbefehlshaber Junker unterstellt werden?

Und wie soll es dann gehen, wenn die Staaten unterschiedliche Interessen haben? Ich denke an den Irak 2003, da waren Frankreich, Deutschland und Russland gegen den Krieg, während Grossbritannien, Italien, Spanien und Polen bei der "Koalition der Willigen" dabei waren.
martin.unterholzner
Beiträge: 17
Registriert: Do 14. Mai 2015, 21:59

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von martin.unterholzner »

Gregorius I » Sa 30. Mai 2015, 17:49 hat geschrieben: Die EU-Institutionen kosten freilich Geld. Langfristig werden die Mitgliedsstaaten einige Souveränitätsrechte, für die sie jetzt noch riesige Geldbeträge verschwenden, ganz der EU überlassen, z. B. - und m. M. n. vordringlich - das komplette Wehrwesen. Dadurch werden die Haushalte der einzelnen EU-Staaten um viele Mrd. Euro entlastet, die sinnvoller auszugeben sind. Voraussetzung wird sein - und man sollte nicht länger warten -, dass die EU den Schritt zur wirklichen Großstaats-, um nicht zu sagen: Imperiumsbildung endlich vollzieht. Dazu sind alle Institutionen der EU zu demokratisieren und für die Staatsvertretungen eine eigene Kammer zu schaffen, die aufgrund einer Verfassung die EU leiten.
Dem kann ich nur zu 100% zustimmen.

Für jedes Problem gibt es eine institutionelle Ebene, welche sich idealerweise damit befassen sollte.
Dadurch, dass die Welt kontinuierlich zusammenwächst, entgleiten Probleme zunehmend der nationalen Kontrolle. Deshalb wird die europäischen Einigung in den nächsten Jahrzehnten noch wichtiger.
Umso notwendiger ist es, jetzt die Struktur der EU darauf vorzubereiten.
martin.unterholzner
Beiträge: 17
Registriert: Do 14. Mai 2015, 21:59

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von martin.unterholzner »

Checkpointe » Sa 30. Mai 2015, 19:18 hat geschrieben: Und woher kommt das Geld, mit dem dann ei EU-Armee finanziert werden soll? Das sind doch auch Steuern, die wir sowieso bezahlen.

Und wie stellst du dir das vor? Die Bundeswehr ist ja eine deutsche Parlamentsarmee. Soll die aufgelöst werden oder dem neuen Oberbefehlshaber Junker unterstellt werden?

Und wie soll es dann gehen, wenn die Staaten unterschiedliche Interessen haben? Ich denke an den Irak 2003, da waren Frankreich, Deutschland und Russland gegen den Krieg, während Grossbritannien, Italien, Spanien und Polen bei der "Koalition der Willigen" dabei waren.
Tatsächlich ergäbe sich aus der Verschmelzung in ein europäisches Militär ein gewaltiges Sparpotential, und das bei einer effektiveren Armee. Das Militär könnte kleiner sein und die technische Ausrüstung könnte vereinheitlicht werden. Finanzieren würde sich das Projekt also von selbst.

Die unterschiedlichen Interessen sind sicher ein großer Hemmschuh. Außerdem hat das Militär auch sicher einen hohen symbolischen Charakter was die Souveränität angeht. Insofern ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich Frankreich und das Vereinigte Königreich darauf einlassen würden.
Bei einem bewaffneten Konflikt gegen ein EU-Land - sofern es NATO-Mitglied ist - würde aber heute schon der NATO-Bündnisfall eintreten, was dann de facto fast die gesamte EU involvieren würde.
Bei Fällen wie dem Irak müsste es einen Entscheid des Parlaments geben, nur eben nicht auf nationaler, sondern auf europäischer Ebene. Auf jeden Fall wäre es aber sinnvoll, völkerrechtswidrige Präventionskriege generell gesetzlich zu unterbinden.

Obwohl es möglich und sinnvoll wäre, das Militär zu europäisieren, glaube ich aber nicht, dass das in nächster Zeit politisch durchsetzbar ist. Vermutlich reicht nicht einmal die Krise in der Ukraine aus, den nötigen Schub zu geben.
Benutzeravatar
paradoxx
Beiträge: 1193
Registriert: Fr 29. Jun 2012, 13:42

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von paradoxx »

martin.unterholzner » Do 28. Mai 2015, 22:17 hat geschrieben:
  1. Warum sollen Länder wie Irland oder Luxemburg Vorstöße gegen Steuerdumping unterstützen, wenn doch ihr nationales Geschäftsmodell darauf basiert?
  2. Während die Debatten und Abstimmungen des Europaparlaments, welches wie andere nationale Parlamente gewählt wird, demokratisch und transparent ablaufen, spielen sich die Treffen des Europäischen Rats hinter verschlossenen Türen ab.
  3. Welche Vereinbarungen und Machtspiele dort stattfinden kann man nur vermuten.
  4. Sinnvolle Vorschläge können von einzelnen Ländern mit entsprechendem Gewicht gegen den Willen anderer und gegen das Interesse der restlichen EU blockiert werden.
Aus meiner Sicht ist die Tatsache, dass dieses intransparente Gremium nationalen Egoismen zuviel Gewicht verleiht ein großer Teil des Problems der heutigen EU.
Quoten bei der Kandidatur wären der Akzeptanz bei den Wählern förderlich

... damit man einen Wal bei der Wahl hat

... und dass ein J.C. Juncker zum Ober-€uropäer mutiert, das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht ;)
Zuletzt geändert von paradoxx am Mo 1. Jun 2015, 18:20, insgesamt 1-mal geändert.
Willensbildung ist demokratisch-repräsentativ oder totalitär, eins schließt das andere aus (s. Art. 137 GG)
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

Checkpointe » Sa 30. Mai 2015, 19:03 hat geschrieben:
Indem die Nationalstaaten miteinander verhandeln und gemeinsam Verträge abschliessen. So wie es international eben üblich ist.
Was sind denn die EU-Verträge, die die Nationalstaaten miteinander verhandelten und gemeinsam unterzeichneten?
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

paradoxx » Sa 30. Mai 2015, 20:00 hat geschrieben:Quoten bei der Kandidatur wären der Akzeptanz bei den Wählern förderlich

... damit man einen Wahl bei der Wahl hat

... und dass ein J.C. Juncker zum Ober-€uropäer mutiert, das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht ;)
So haben halt die Wähler entschieden. Sie wählten überwiegend die EVP-Parteien mit dem Spitzenkandidaten Juncker, der von einer parlamentarischen Mehrheit ernannt wurde. Ober-Europäer trifft es auch nicht, da die Kommission weniger Befugnisse als der Rat hat. Die Ober-Europäer, die das Sagen in der EU haben, sind Merkel, Cameron, Renzi, Hollande und die anderen 24 Staats- und Regierungschefs. Das könnte sich sicherlich eines Tages auch mal ändern. Wer weiß schon, wie die Welt in fünf oder 50 Jahren aussieht? Vielleicht verfällt Europa wieder in Richtung Nationalismus, vielleicht besteht eine (leicht reformierte) EU fort, vielleicht gibt's eine "Europäische Föderation" als Nachfolger... die Zukunft wird's zeigen.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Benutzeravatar
Kibuka
Beiträge: 20906
Registriert: Mo 2. Jun 2008, 21:35
user title: Der schon länger hier lebt
Wohnort: München

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Kibuka »

Jörg » Do 28. Mai 2015, 21:40 hat geschrieben:Gerade auf Yahoo gelesen: Kein Geld an den IWF: Eurozone zeigt Athen Rückzahlungstrick

Versteht hier eigentlich noch jemand, was hier abgeht? Ich persönlich ertrage es jedenfalls kaum noch. Da zeigt man dem uneinsichtigen Schuldner auch noch "Tricks"... Ehrlich: Es kotzt mich an.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich die EU-Müdigkeit von immer mehr Menschen. Ich stimme Cameron voll und ganz zu. Dieser korrupte, jämmerliche, bürgerferne Haufen gehört dringendst reformiert. Hoffentlich schafft er es, dieses Pack von Europolitikern endlich aufzurütteln....bevor die EU ganz zerfällt. Denn das Projekt Europa ist eine gute Sache, aber wie es praktisch gehandhabt wird, ist eine Schande.
Und die ewig gleiche Beschwörungsformel, daß Deutschland "wie kein anderes Land" vom Euro profitiere, kann ich auch nicht mehr hören.
Merke: Wir waren auch zu D-Mark-Zeiten schon Exportweltmeister. Was also soll dieses Gelaber?

Mit wütenden Grüßen
Cameron trägt selbst maßgeblich Verantwortung für diese Entwicklung. In Großbritannien ist es seit Jahren üblich, Probleme und eigenes Versagen derart umzuinterpretieren, so dass die EU dafür bluten muss. Dann wird gegen Einwanderer gehetzt und der Verfall der Industrie der EU in die Schuhe geschoben. So kann man gut von der eigenen Unfähigkeit ablenken.

Noch dazu hat Großbritannien immer wieder versucht Extrawürste zu braten und so die europäische Idee zu konterkarieren.

In Russland betreibt Putin übelste Propaganda gegenüber dem Westen. In Europa wird so ein Bashing gegenüber der EU betrieben.

Die meisten Menschen sind strunzdumm ist meine Erkenntnis dieser Entwicklungen. In Russland nehmen viele Menschen Armut und wirtschaftlichen Abschwung billigend in Kauf, nur um einem absurden Nationalismus zu frönen. Man trägt seinen nationalen Stolz vor sich her, wie ein krankes Ehrenabzeichen. Mancher ertrinkt lieber, als dass er um Hilfe ruft.

In Griechenland ist dasselbe Spektakel zu beobachten. Die Troika wurde für alle Probleme verantwortlich gemacht. Obwohl die Troika half, das Land wieder auf Kurs zu bringen.

Ganz übel wird es auch, wenn es um den Euro geht. Hier wird einer Währung, ich wiederhole, einer Währung, die Schuld für wirtschaftliche Probleme in die Schuhe geschoben.

Der Pöbel in England echauffiert sich eher über eingewanderte Polen, als über die Tatsache, dass seit den 90igern die Schere zwischen arm und reich massiv auseinander driftet.

Und wenn man die EU-Kritiker nach konstruktiven Lösungsvorschlägen fragt, herrscht schweigen im Walde.

Dieser Kontinent und seine Menschen ist dekadent und selbstgefällig geworden. Es geht nur noch um Grabenkämpfe von vorhandenen Geldern. Mut zu Veränderung, Fleiß oder Visionen sucht man vergeblich. Kein Wunder, dass die Amerikaner sich abwenden und die Musik sich zunehmend in China, Indien oder Australien abspielt.
Have no heroes, look up to no-one, for if you do, the best you'll ever be is second. If you have to ask why, you'll never understand!

„Weil das Wohl von einem genauso schwer wiegt, wie das Wohl von vielen.“
Gregorius I
Beiträge: 2680
Registriert: Do 6. Mai 2010, 17:34
user title: Kardinaler Althumanist

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Gregorius I »

Checkpointe » Sa 30. Mai 2015, 19:18 hat geschrieben:
Und woher kommt das Geld, mit dem dann ei EU-Armee finanziert werden soll? Das sind doch auch Steuern, die wir sowieso bezahlen.
Steuergelder, gewiss. Aber die Kosten für eine genügende, bestens ausgerüstete Armee werden im Umlageverfahren von allen EU-Staaten getragen, und zwar in einer Höhe, die nur noch einen Teil der Summen ausmachen, die heute jeder Staat für militärische Rüstung und Unterhaltung aufbringt.
Und wie stellst du dir das vor? Die Bundeswehr ist ja eine deutsche Parlamentsarmee. Soll die aufgelöst werden oder dem neuen Oberbefehlshaber Junker unterstellt werden?
Deutschland braucht keine eigene Armee mehr, und auch die anderen EU-Staaten nicht. Eine gemeinsame EU-Armee genügt völlig. Wer den Oberbefehl übernimmt, wird sich nach militärischen Gesichtspunkten entscheiden. Ob diese Armee auch eine Parlamentsarmee, des EU-Parlamentes, oder eine Armee der Staatsvertreter sein wird, muss sorgfältig überlegt und ausdiskutiert werden.
Und wie soll es dann gehen, wenn die Staaten unterschiedliche Interessen haben? Ich denke an den Irak 2003, da waren Frankreich, Deutschland und Russland gegen den Krieg, während Grossbritannien, Italien, Spanien und Polen bei der "Koalition der Willigen" dabei waren.
Die Staaten werden lernen müssen, sich zu einigen.
Errare humanum est, perseverare diabolicum.

Augustinus
Gregorius I
Beiträge: 2680
Registriert: Do 6. Mai 2010, 17:34
user title: Kardinaler Althumanist

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Gregorius I »

martin.unterholzner » Sa 30. Mai 2015, 19:45 hat geschrieben:
Tatsächlich ergäbe sich aus der Verschmelzung in ein europäisches Militär ein gewaltiges Sparpotential, und das bei einer effektiveren Armee. Das Militär könnte kleiner sein und die technische Ausrüstung könnte vereinheitlicht werden. Finanzieren würde sich das Projekt also von selbst.

Die unterschiedlichen Interessen sind sicher ein großer Hemmschuh. Außerdem hat das Militär auch sicher einen hohen symbolischen Charakter was die Souveränität angeht. Insofern ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich Frankreich und das Vereinigte Königreich darauf einlassen würden.
Bei einem bewaffneten Konflikt gegen ein EU-Land - sofern es NATO-Mitglied ist - würde aber heute schon der NATO-Bündnisfall eintreten, was dann de facto fast die gesamte EU involvieren würde.
Bei Fällen wie dem Irak müsste es einen Entscheid des Parlaments geben, nur eben nicht auf nationaler, sondern auf europäischer Ebene. Auf jeden Fall wäre es aber sinnvoll, völkerrechtswidrige Präventionskriege generell gesetzlich zu unterbinden.

Obwohl es möglich und sinnvoll wäre, das Militär zu europäisieren, glaube ich aber nicht, dass das in nächster Zeit politisch durchsetzbar ist. Vermutlich reicht nicht einmal die Krise in der Ukraine aus, den nötigen Schub zu geben.
Sicherlich, in der EU dauern Entwicklungen lange. Aber im Hinblick auf die Entwicklungen der letzten beiden Jahrzehnte bin ich nicht ganz pessimistisch.
Errare humanum est, perseverare diabolicum.

Augustinus
Checkpointe
Beiträge: 358
Registriert: Fr 2. Jan 2015, 00:40

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Checkpointe »

frems » So 31. Mai 2015, 14:52 hat geschrieben: Was sind denn die EU-Verträge, die die Nationalstaaten miteinander verhandelten und gemeinsam unterzeichneten?
Du Frage ist, warum man die EU braucht um Verträge abzuschliessen. Wir haben ja Verträge mit allen möglichen Staaten aus der ganzen Welt. Klappt prima.
Zuletzt geändert von Checkpointe am So 31. Mai 2015, 23:51, insgesamt 1-mal geändert.
Jörg

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Jörg »


In Russland nehmen viele Menschen Armut und wirtschaftlichen Abschwung billigend in Kauf, nur um einem absurden Nationalismus zu frönen. Man trägt seinen nationalen Stolz vor sich her, wie ein krankes Ehrenabzeichen. Mancher ertrinkt lieber, als dass er um Hilfe ruft.
No Sir, das ist eine sehr einseitige Interpretation.

Ich persönlich habe immer mehr Verständnis dafür, wenn sich Jemand sagt: Ich mag diese ganze Gleichmacherei und diese ganze Fokussierung auf Wirtschaft und Geld nicht mehr, wenn dabei meine nationale Identität "flöten" geht. Was habe ich davon, wenn ich einen dicken Geldbeutel habe, aber im Kopf nichts als Leere....
Auch das ist eine legitime Sichtweise!
Benutzeravatar
nichtkorrekt
Beiträge: 6485
Registriert: So 19. Aug 2012, 12:10
Wohnort: Neufünfland

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von nichtkorrekt »

Ist der EU-Imperialismus ala "von Finnland bis zum Schwarzen Meer" nicht auch eine Art Nationalismus, nur auf einer Stufe darüber?

Mein Vorschlag um dieses elende Brüssel mit seinen Gurken- und Staubsaugerverordnungen zu bändigen wäre folgender: Alle Regierungschefs der EU-Länder oder deren Bevollmächtigte beschließen die Gesetze etc., diese Gesetze brauchen alle eine 2/3 Mehrheit, wichtige Staaten wie Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und meinetwegen Polen haben ein Veto-Recht, das ganze Theater in Brüssel kann man sich dann sparen und vll. würde man sich dann mit wichtigeren Problemen beschäftigen und sich auf das Wesentliche beschränken, anstatt Glühlampen und Staubsauger zu verbieten. In diesem Sinne, fuck the EU ;)
Wer nicht AfD wählt, wählt Merkel.
Benutzeravatar
paradoxx
Beiträge: 1193
Registriert: Fr 29. Jun 2012, 13:42

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von paradoxx »

frems » So 31. Mai 2015, 14:58 hat geschrieben: So haben halt die Wähler entschieden. Sie wählten überwiegend die EVP-Parteien mit dem Spitzenkandidaten Juncker, der von einer parlamentarischen Mehrheit ernannt wurde. Ober-Europäer trifft es auch nicht, da die Kommission weniger Befugnisse als der Rat hat. Die Ober-Europäer, die das Sagen in der EU haben, sind Merkel, Cameron, Renzi, Hollande und die anderen 24 Staats- und Regierungschefs. Das könnte sich sicherlich eines Tages auch mal ändern. Wer weiß schon, wie die Welt in fünf oder 50 Jahren aussieht? Vielleicht verfällt Europa wieder in Richtung Nationalismus, vielleicht besteht eine (leicht reformierte) EU fort, vielleicht gibt's eine "Europäische Föderation" als Nachfolger... die Zukunft wird's zeigen.
... und einer, der den -flüchtlingen dieser Welt eine 2. Steuerheimat bereitete, empfiehlt sich denen, die was zu hinterziehen haben.
Willensbildung ist demokratisch-repräsentativ oder totalitär, eins schließt das andere aus (s. Art. 137 GG)
Benutzeravatar
Blickwinkel
Beiträge: 15030
Registriert: Mi 7. Nov 2012, 19:29
user title: Demokratischer Europäer
Wohnort: Erde

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Blickwinkel »

nichtkorrekt » Mo 1. Jun 2015, 12:25 hat geschrieben:Ist der EU-Imperialismus ala "von Finnland bis zum Schwarzen Meer" nicht auch eine Art Nationalismus, nur auf einer Stufe darüber?

Mein Vorschlag um dieses elende Brüssel mit seinen Gurken- und Staubsaugerverordnungen zu bändigen wäre folgender: Alle Regierungschefs der EU-Länder oder deren Bevollmächtigte beschließen die Gesetze etc., diese Gesetze brauchen alle eine 2/3 Mehrheit, wichtige Staaten wie Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und meinetwegen Polen haben ein Veto-Recht, das ganze Theater in Brüssel kann man sich dann sparen und vll. würde man sich dann mit wichtigeren Problemen beschäftigen und sich auf das Wesentliche beschränken, anstatt Glühlampen und Staubsauger zu verbieten. In diesem Sinne, fuck the EU ;)
Die Vereinigten Staaten von Europa sind der einzige Weg, der wirklich gangbar ist. Dazu müssen EU-weite einheitliche Standards verabschiedet werden und das wird bereits getan. Es sollte noch weiter gehen und wird auch weiter gehen.
Nichts ist in der Regel unsozialer als der sogenannte Wohlfahrtsstaat, der die menschliche Verantwortung erschlaffen und die individuelle Leistung absinken läßt. (Ludwig Erhard)
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

Checkpointe » So 31. Mai 2015, 23:51 hat geschrieben:
Du Frage ist, warum man die EU braucht um Verträge abzuschliessen. Wir haben ja Verträge mit allen möglichen Staaten aus der ganzen Welt. Klappt prima.
Man "braucht" die EU nicht. Sie ist das Ergebnis dieser Verträge. Es ist ja der Einbildung diverser Randgruppen -- u.a. die genannten Nationalisten --, die in der EU etwas sehen, was gar nicht existiert. Das Problem ist rechtlich nicht zu lösen, sondern nur mit Bildung über die Funktionsweisen der EU-Institutionen und ihren jeweiligen (nicht vorhandenen) Kompetenzen.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Benutzeravatar
paradoxx
Beiträge: 1193
Registriert: Fr 29. Jun 2012, 13:42

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von paradoxx »

Blickwinkel » Mo 1. Jun 2015, 17:32 hat geschrieben:
Die Vereinigten Staaten von Europa sind der einzige Weg, der wirklich gangbar ist. Dazu müssen EU-weite einheitliche Standards verabschiedet werden und das wird bereits getan. Es sollte noch weiter gehen und wird auch weiter gehen.
Die Vereinigten Staaten haben auch eine $-Währung, aber €uropa ist anders, und die falsche Parität kann vernichten.
Willensbildung ist demokratisch-repräsentativ oder totalitär, eins schließt das andere aus (s. Art. 137 GG)
Benutzeravatar
Kibuka
Beiträge: 20906
Registriert: Mo 2. Jun 2008, 21:35
user title: Der schon länger hier lebt
Wohnort: München

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Kibuka »

Jörg » Mo 1. Jun 2015, 10:58 hat geschrieben:
No Sir, das ist eine sehr einseitige Interpretation.

Ich persönlich habe immer mehr Verständnis dafür, wenn sich Jemand sagt: Ich mag diese ganze Gleichmacherei und diese ganze Fokussierung auf Wirtschaft und Geld nicht mehr, wenn dabei meine nationale Identität "flöten" geht. Was habe ich davon, wenn ich einen dicken Geldbeutel habe, aber im Kopf nichts als Leere....
Auch das ist eine legitime Sichtweise!
So ein Unsinn. Niemand hat von Russland gefordert, dass sie ihre nationale Identität aufgeben, genausowenig, wie man von Bayern gefordert hat aufzuhören bayerisch zu sein, nachdem Bayern Teil einer Bundesrepublik wurde.

Eine Fokussierung auf die Wirtschaft wird es immer geben, weil du ohne Wirtschaft nichts zu Beißen im Mund hast. Das wird auch den Russen früher oder später noch klar werden.

Und die generelle Frage ist, was du unter "nationaler Identität" konkret verstehst. Wenn du darunter verstehst, in Nachbarstaaten einmarschieren zu können und dich wie ein asoziales Arschloch international aufzuführen, welches seine Komplexe einer nationalen Großmacht kompensieren will, dann bist du wahrscheinlich an der falschen Adresse.

Aber du darfst gerne einmal von deiner nationalen Identität aus dem Alltag berichten! Hat man dir verboten die deutsche Flagge auf dem Balkon zu hissen? Oder gehörst du einfach zu den überforderten Globalisierungsgegnern, die ihr Heil im Nationalismus suchen ohne zu wissen, was man darunter verstehen soll oder was dadurch konkret im Leben besser wird? Welche Leere herrscht eigentlich bei dir im Kopf oder bei den Russen?

Oder ist es das Gefühl der Zusammengehörigkeit? Nach dem Motto, wir auf der einen Seite gegen die bösen Buben auf der anderen? So ein heimeliches "Wir-Gefühl"? Nationalisten haben dieses Gemeinschaftsgefühl immer schon vorgeschoben, um ihre absurden Weltanschauungen durchzudrücken. Parolen wie "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" stärkten das Gemeinschaftsgefühl und die Identifikation des Einzelnen mit dem NS-System schon damals! Ist also nicht sonderlich neu das Ganze...
Have no heroes, look up to no-one, for if you do, the best you'll ever be is second. If you have to ask why, you'll never understand!

„Weil das Wohl von einem genauso schwer wiegt, wie das Wohl von vielen.“
Benutzeravatar
nichtkorrekt
Beiträge: 6485
Registriert: So 19. Aug 2012, 12:10
Wohnort: Neufünfland

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von nichtkorrekt »

Blickwinkel » Mo 1. Jun 2015, 17:32 hat geschrieben:
Die Vereinigten Staaten von Europa sind der einzige Weg, der wirklich gangbar ist. Dazu müssen EU-weite einheitliche Standards verabschiedet werden und das wird bereits getan. Es sollte noch weiter gehen und wird auch weiter gehen.
Solche eine "USE" (geile Abkürzung) kann ich mir nur als Diktatur vorstellen, als neues Rom, die europäischen Völker sind viel zu verschieden um freiwilli in einem Staat aufgehen zu können, jedes Volk hat seine eigene, tausende Jahre alte Geschichte, seine eigene Sprache, wir haben in der EU nicht nur keine gemeinsame Sprache, sondern sogar 3 Alphabete (Latein, Griechisch und Kyrillisch in Bulgarien) und ich bin immer wieder erstaunt wie schlecht selbst manche Studenten in Englisch sind, man kann also nicht mal bei den jungen Deutschen voraussetzen, das alle Englisch sprechen.

Ich fürchte es wird eines Tages tatsächlich ein neues Rom geben, aber dieses wird ebenso untergehen wie das alte Rom.
Zuletzt geändert von nichtkorrekt am Mo 1. Jun 2015, 19:16, insgesamt 1-mal geändert.
Wer nicht AfD wählt, wählt Merkel.
Jörg

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Jörg »





Oder ist es das Gefühl der Zusammengehörigkeit? Nach dem Motto, wir auf der einen Seite gegen die bösen Buben auf der anderen? So ein heimeliches "Wir-Gefühl"? Nationalisten haben dieses Gemeinschaftsgefühl immer schon vorgeschoben, um ihre absurden Weltanschauungen durchzudrücken. Parolen wie "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" stärkten das Gemeinschaftsgefühl und die Identifikation des Einzelnen mit dem NS-System schon damals! Ist also nicht sonderlich neu das Ganze...
Lassen sie die braune Keule stecken, Herr Moderator. Dieses "politisch korrekte" Gesülze zieht bei mir nicht und glücklicherweise zieht es bei immer weinger Menschen.

Nationale Identität ist tatsächlich ein "Wir"-Gefühl. Ich weiß nicht, was daran ehrenrührig sein soll.

Um beim Thema EU zu bleiben: Es wird ja immer behauptet, ein Grexit hätte schwere wirtschaftliche Konsequenzen.
Nun, ich bin gerne bereit finanzielle Einbußen hinzunehmen, wenn ich dafür nicht das Gefühl habe, als Deutscher die Melkkuh der EU zu sein, wenn ich dafür nicht das Gefühl haben muss, von gewissen Südeuropäern verarscht zu werden, und bloß aus Angst vor wirtschaftlichen Konsequenzen dies zähneknirschend dulden zu müssen.
Auch das ist Nationalbewusstsein. Wenn sie das nicht verstehen, ist es mir auch egal.
Jetzt können sie wieder die politisch korrekte moralische Keule schwingen. Nur zu.... :D
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

Jörg » Mo 1. Jun 2015, 19:57 hat geschrieben: Auch das ist Nationalbewusstsein.
Nationalbewusstsein ist das "Gefühl", daß einen den Rest der Welt ausbeutet? Na dann. Sonderlich anspruchsvoll scheint der Nationalismus wohl nicht mehr zu sein.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Benutzeravatar
Kibuka
Beiträge: 20906
Registriert: Mo 2. Jun 2008, 21:35
user title: Der schon länger hier lebt
Wohnort: München

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Kibuka »

Jörg » Mo 1. Jun 2015, 18:57 hat geschrieben: Lassen sie die braune Keule stecken, Herr Moderator. Dieses "politisch korrekte" Gesülze zieht bei mir nicht und glücklicherweise zieht es bei immer weinger Menschen.

Nationale Identität ist tatsächlich ein "Wir"-Gefühl. Ich weiß nicht, was daran ehrenrührig sein soll.
Ich habe dir einige hypothetische Fragen gestellt, da dein Eingangsbeitrag leider gar keinen Inhalt hatte. Offensichtlich war eine Vermutung richtig. Ich bin Deutscher, aber ich teile mit dir kein "Wir"-Gefühl. Weder kenne ich dich, noch verspüre ich den Drang dich näher kennenzulernen. Also von welchem "Wir"-Gefühl redest du? Sind wir jetzt die besten Freunde, nur weil in deinem Pass unter Staatsangehörigkeit auch zufällig deutsch steht?
Jörg » Mo 1. Jun 2015, 18:57 hat geschrieben: Um beim Thema EU zu bleiben: Es wird ja immer behauptet, ein Grexit hätte schwere wirtschaftliche Konsequenzen.
Nun, ich bin gerne bereit finanzielle Einbußen hinzunehmen, wenn ich dafür nicht das Gefühl habe, als Deutscher die Melkkuh der EU zu sein, wenn ich dafür nicht das Gefühl haben muss, von gewissen Südeuropäern verarscht zu werden, und bloß aus Angst vor wirtschaftlichen Konsequenzen dies zähneknirschend dulden zu müssen.
Auch das ist Nationalbewusstsein. Wenn sie das nicht verstehen, ist es mir auch egal.
Jetzt können sie wieder die politisch korrekte moralische Keule schwingen. Nur zu....
Dein Einwand hat mit nationaler Identität, die du vorgebracht hast, wenig zu tun. Hier geht es um das Eurosystem. Darüber kann man lange diskutieren, es gibt in Deutschland Positionen für und gegen den Grexit.

Im Übrigen scheinst du zu vergessen, dass Griechenland Notkredite auch von Italien oder Slowenien erhalten hat. Prozentual hat ein Slowene sogar mehr den Griechen zur Verfügung gestellt, als du.

Ich bin als Bayer übrigens trotz allem "Wir"-Gefühls auch nicht bereit Berliner und andere Bundesländer über den LFA dauerzualimentieren. Dabei komme ich mir irgendwie auch als Melkkuh der Bundesrepublik vor.

Aber das ist nunmal im Grundgesetz verankert.

Was sollten wir Bayern nun deiner Ansicht nach machen? Aus der Bundesrepublik austreten? Oder Grenzen um Bayern herum aufbauen?

Du versuchst wohlfeile nationale Ressentiments zu schüren, nur weil du mit gewissen ökonomischen Entscheidungsprozessen in der Eurozone nicht einverstanden bist. Genauso haben EU-Gegner bei der krummen Gurke reagiert. Politische Entscheidungen der EU werden, sofern man diese selbst ablehnt, dazu mißbraucht gegen die EU Stimmung zu machen. Derweil sitzen in Brüssel auch deutsche Politiker und ich bezweifel, dass du mit jedem verabschiedeten deutschen Gesetz im deutschen Bundestag glücklich bist.

Du bist bereit einen seit Jahrzehnten erfolgreich stattfindenden Integrationsprozess in Europa über den Haufen zu werfen, nur weil gewisse Aspekte nicht perfekt oder nicht exakt nach deinen Vorstellungen ablaufen. Alle positiven Ergebnisse dieser Integration blendest du aus.

Und du glaubst wohl nicht ernsthaft, dass sich das russische Volk mit einer derart nationalistischen Einstellung einen Gefallen tut? Wenn die Wirtschaft in die Rezession fällt und Güter knapp werden, beginnt für viele Russen der harte Alltag.

Ich hoffe das sogenannte "Wir"-Gefühl ist dann ein guter Trost. In Wahrheit ist es nichts anderes, als falscher Stolz und Arroganz. Typische Eigenschaften des Menschen...
Zuletzt geändert von Kibuka am Mo 1. Jun 2015, 22:08, insgesamt 4-mal geändert.
Have no heroes, look up to no-one, for if you do, the best you'll ever be is second. If you have to ask why, you'll never understand!

„Weil das Wohl von einem genauso schwer wiegt, wie das Wohl von vielen.“
martin.unterholzner
Beiträge: 17
Registriert: Do 14. Mai 2015, 21:59

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von martin.unterholzner »

nichtkorrekt » Mo 1. Jun 2015, 19:15 hat geschrieben: Solche eine "USE" (geile Abkürzung) kann ich mir nur als Diktatur vorstellen, als neues Rom, die europäischen Völker sind viel zu verschieden um freiwilli in einem Staat aufgehen zu können, jedes Volk hat seine eigene, tausende Jahre alte Geschichte, seine eigene Sprache, wir haben in der EU nicht nur keine gemeinsame Sprache, sondern sogar 3 Alphabete (Latein, Griechisch und Kyrillisch in Bulgarien) und ich bin immer wieder erstaunt wie schlecht selbst manche Studenten in Englisch sind, man kann also nicht mal bei den jungen Deutschen voraussetzen, das alle Englisch sprechen.

Ich fürchte es wird eines Tages tatsächlich ein neues Rom geben, aber dieses wird ebenso untergehen wie das alte Rom.
Ja, die europäischen Völker haben unterschiedliche Sprachen und unterschiedliche kulturelle Merkmale. Wieso sollte das aber ein Hindernis für die europäische Integration sein? Die Schweiz vereint vier Sprachgruppen auf ihrem kleinen Territorium. Trotzdem haben die Schweizer eine äußerst starke nationale Identität. Wir (Europäer) können von der Schweiz sehr viel lernen, denn die Schweiz ist in mancherlei Hinsicht in klein das was die EU in groß sein sollte. Wichtiger als die Sprachen sind die Werte. Haben wir Europäer nicht sehr ähnliche Werte aufgrund unserer gemeinsamen Errungenschaften in der Vergangenheit (Humanismus, Aufklärung, Demokratie usw.)?

Die nationalstaatlichen Gebilde auf europäischem Boden sind relativ jung. Auch deren Bildung bzw. Vereinigung war weder einfach noch selbstverständlich. Die EU ist noch einmal deutlich jünger als die Nationalstaaten. Obwohl Kritik an der EU gerechtfertigt und nötig ist, sollten wir aber nicht erwarten, dass sich so ein großes Projekt im Zeitrahmen von nur 2 Generationen vollständig umsetzen lässt.
martin.unterholzner
Beiträge: 17
Registriert: Do 14. Mai 2015, 21:59

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von martin.unterholzner »

Ein anderer Aspekt, welcher im Zusammenhang mit der Entwicklung der EU nicht vergessen werden sollte, ist die Schnelligkeit, mit der sich die Machtverhältnisse in der Welt verschieben können.

Zwar ist es für die heute lebenden Personen (vor allem für die Generation bis 40 Jahre) selbstverständlich, dass die USA eine Supermacht sind. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und damit eine gewaltige weltweite Machkonzentration auf die USA liegt noch nicht einmal drei Jahrzehnte zurück. Noch unglaublicher erscheint es, dass die USA erst durch die beiden Weltkriege die europäischen Staaten in Punkto Weltmacht überholt hat. Das zeigt, wie die weltweiten Machtverhältnisse sich innerhalb eines Jahrhunderts verschieben können.

Obwohl wir es wegen der anscheinend langsamen, schrittweisen Veränderung kaum merken, verschiebt sich das globale Machtzentrum erneut, und zwar in Richtung Asien (China, Indien). Sowohl durch die wirtschaftliche als auch durch die katastrophale demografische Entwicklung in Europa wird im Laufe der nächsten Jahrzehnte das ökonomische und politische Gewicht Europas
schrumpfen. Die - im weltweiten Maßstab - winzigen europäischen Nationalstaaten werden dann einzeln ihrer Stimme kaum mehr Gehör verleihen können. Oder warum sollte sich China für die Meinung eines Deutschland mit zukünftig nur mehr 60 Mio. Einwohnern interessieren? Erfahrungsgemäß haben kleine, auf der Weltbühne als schwach empfundene Länder ein höheres Risiko, wegen der Interessen der Großen unter die Räder zu kommen. Eine als Wertegemeinschaft aufgebaute EU, die starke demokratische Strukturen hat (hier muss noch sehr viel nachgebessert werden), kann für uns Europäer zukünftig ein wichtiger Faktor sein (das BIP des Europäischen Binnenmarktes ist doppelt so groß wie das Chinas).
Jörg

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Jörg »

Kibuka » Mo 1. Jun 2015, 20:49 hat geschrieben:
Ich habe dir einige hypothetische Fragen gestellt, da dein Eingangsbeitrag leider gar keinen Inhalt hatte. Offensichtlich war eine Vermutung richtig. Ich bin Deutscher, aber ich teile mit dir kein "Wir"-Gefühl. Weder kenne ich dich, noch verspüre ich den Drang dich näher kennenzulernen. Also von welchem "Wir"-Gefühl redest du? Sind wir jetzt die besten Freunde, nur weil in deinem Pass unter Staatsangehörigkeit auch zufällig deutsch steht?



Dein Einwand hat mit nationaler Identität, die du vorgebracht hast, wenig zu tun. Hier geht es um das Eurosystem. Darüber kann man lange diskutieren, es gibt in Deutschland Positionen für und gegen den Grexit.

Im Übrigen scheinst du zu vergessen, dass Griechenland Notkredite auch von Italien oder Slowenien erhalten hat. Prozentual hat ein Slowene sogar mehr den Griechen zur Verfügung gestellt, als du.

Ich bin als Bayer übrigens trotz allem "Wir"-Gefühls auch nicht bereit Berliner und andere Bundesländer über den LFA dauerzualimentieren. Dabei komme ich mir irgendwie auch als Melkkuh der Bundesrepublik vor.

Aber das ist nunmal im Grundgesetz verankert.

Was sollten wir Bayern nun deiner Ansicht nach machen? Aus der Bundesrepublik austreten? Oder Grenzen um Bayern herum aufbauen?

Du versuchst wohlfeile nationale Ressentiments zu schüren, nur weil du mit gewissen ökonomischen Entscheidungsprozessen in der Eurozone nicht einverstanden bist. Genauso haben EU-Gegner bei der krummen Gurke reagiert. Politische Entscheidungen der EU werden, sofern man diese selbst ablehnt, dazu mißbraucht gegen die EU Stimmung zu machen. Derweil sitzen in Brüssel auch deutsche Politiker und ich bezweifel, dass du mit jedem verabschiedeten deutschen Gesetz im deutschen Bundestag glücklich bist.

Du bist bereit einen seit Jahrzehnten erfolgreich stattfindenden Integrationsprozess in Europa über den Haufen zu werfen, nur weil gewisse Aspekte nicht perfekt oder nicht exakt nach deinen Vorstellungen ablaufen. Alle positiven Ergebnisse dieser Integration blendest du aus.

Und du glaubst wohl nicht ernsthaft, dass sich das russische Volk mit einer derart nationalistischen Einstellung einen Gefallen tut? Wenn die Wirtschaft in die Rezession fällt und Güter knapp werden, beginnt für viele Russen der harte Alltag.

Ich hoffe das sogenannte "Wir"-Gefühl ist dann ein guter Trost. In Wahrheit ist es nichts anderes, als falscher Stolz und Arroganz. Typische Eigenschaften des Menschen...
Ich weiß nicht: Wovon redest du eigentlich? Von Bayern? Der EU? Von Russland? Wie kann jemand, der alles durcheinanderwirft, Moderator werden? Das Thema war EU (Hattest Du das bemerkt? ;) )
Und nur am Rande: Bayern ist jahrelang selber über den LFA alimentiert worden. Jetzt, wo es Ihnen besser geht, wird natürlich lamentiert. Naja, die Bayern.... :eek:


Hast Du eigentlich mal darüber nachgedacht, warum es in fast allen europäischen Ländern einen starken Rechtsruck gibt? Ironiemodus ein: Könnte das daran liegen, daß eine große Anzahl von Bürgern den " seit Jahrzehnten erfolgreich stattfindenden Integrationsprozess " aus "falschem Stolz und Arroganz" nicht sehen? Ironiemodus aus

Wo hast du eigentlich dieses Politikergequatsche gelernt?
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

Jörg » Mo 1. Jun 2015, 23:25 hat geschrieben: Hast Du eigentlich mal darüber nachgedacht, warum es in fast allen europäischen Ländern einen starken Rechtsruck gibt?
Hm, in den letzten fünf Jahren sind eher konservative von sozialdemokratisch und sozialistischen Regierungen abgelöst worden, nicht umgekehrt. Aber schön, daß Du besorgt bist von einem "starken Rechtsruck", der natürlich monokausal daran liegt, daß die Europäer miteinander kooperieren zum gemeinsamen Nutzen. Schnarch. Wo hast Du eigentlich dieses Populistengequatsche gelernt?
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Benutzeravatar
Kibuka
Beiträge: 20906
Registriert: Mo 2. Jun 2008, 21:35
user title: Der schon länger hier lebt
Wohnort: München

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Kibuka »

Jörg » Mo 1. Jun 2015, 22:25 hat geschrieben:
Ich weiß nicht: Wovon redest du eigentlich? Von Bayern? Der EU? Von Russland? Wie kann jemand, der alles durcheinanderwirft, Moderator werden? Das Thema war EU (Hattest Du das bemerkt? ;) )
Ich werfe überhaupt nichts "durcheinander". Ich antworte auf deine Beiträge mit kontextrelevanten Sätzen. Statt von irgendwelchen Moderatoren zu faseln, solltest du anfangen einmal konkret auf meine Beiträge einzugehen!
Jörg » Mo 1. Jun 2015, 22:25 hat geschrieben: Und nur am Rande: Bayern ist jahrelang selber über den LFA alimentiert worden. Jetzt, wo es Ihnen besser geht, wird natürlich lamentiert. Naja, die Bayern....
Bayern hat während der Zeit, in der es Gelder aus dem LFA bekam inflationsbereinigt nur einen Bruchteil erhalten, was es mittlerweile eingezahlt hat. Insgesamt weist Bayern ein Saldo von +42 Milliarden € auf.
Jörg » Mo 1. Jun 2015, 22:25 hat geschrieben: Hast Du eigentlich mal darüber nachgedacht, warum es in fast allen europäischen Ländern einen starken Rechtsruck gibt? Ironiemodus ein: Könnte das daran liegen, daß eine große Anzahl von Bürgern den " seit Jahrzehnten erfolgreich stattfindenden Integrationsprozess " aus "falschem Stolz und Arroganz" nicht sehen? Ironiemodus aus
Trotz Rechtsruck ist die moderate Mitte immer noch in der Mehrheit.

Es hat genauso einen Linksruck gegeben.

Es ist nicht unüblich, dass in Krisenzeiten die Ränder profitieren.

Aber erneut lieferst du keine Antworten, sondern Symptome und Pauschalkritiken. Das was du praktizierst, praktizieren aktuell deine linken Kameraden in Griechenland. Viel "Blabla", aber keine konstruktiven Lösungsvorschläge. Und Schuld sind natürlich immer die Anderen! Ob EU, Deutschland oder die Troika.
Zuletzt geändert von Kibuka am Mo 1. Jun 2015, 23:57, insgesamt 1-mal geändert.
Have no heroes, look up to no-one, for if you do, the best you'll ever be is second. If you have to ask why, you'll never understand!

„Weil das Wohl von einem genauso schwer wiegt, wie das Wohl von vielen.“
Benutzeravatar
Marty McFly
Beiträge: 242
Registriert: Sa 30. Mai 2015, 04:32
user title: NO MA'AM
Wohnort: Germany

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Marty McFly »

nichtkorrekt » Mo 1. Jun 2015, 12:25 hat geschrieben:Ist der EU-Imperialismus ala "von Finnland bis zum Schwarzen Meer" nicht auch eine Art Nationalismus, nur auf einer Stufe darüber?
Genau genommen ist es eine Art Imperialismus. Man könnte jetzt noch erwähnen, dass schon die Nazis fast die gleichen Argumente hatten, von wegen ganz Europa damit man relevant bleibt in der Welt, aber das verschweigt man wohl nicht ohne Grund - denn ansonsten hat die EU da natürlich keine Gemeinsamkeiten.

Ich finde aber trotzdem, dass man in der EU einen Fehler gemacht hat, indem man zu sehr auf Gleichmacherei gesetzt, anstatt gleichzeitig auch Unterschiede als Stärke genutzt hat. Nun fühlen sich also diverse Nationen vor den Identitäts-Kopf gestoßen.

Am Ende kommt es nur darauf an, ob man die ganzen Streitereien vernünftig nutzt, oder nicht. Denn es ist ja auch eine Chance, die EU besser zu machen.

So wirklich zusammenwachsen kann die EU sowieso erst, wenn Deutsche und (vor allem) Franzosen in ferner Zukunft mal Englisch lernen. Ich jedenfalls kann mit den Franzosen rein gar nichts anfangen. Hätten die keine Computer-Terminals in französischen McDonald's Filialen, dann würde ich dort glatt verhungern, da niemand Englisch versteht und man es wohl auch nicht verstehen will.
"It were not best that we should all think alike; it is difference of opinion that makes horse races."
Mark Twain
Jörg

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Jörg »

Aber Jetzt: Die wichtigsten Geldgeber haben sich im Kanzleramt getroffen und wollen nun Griechenland ein Ultimatum stellen.... :D :D

Ich vermute mal: Sollte dieses Ultimatum verstreichen bekommt Griechenland dann "die letzte Chance". Und danach die allerletzte Chance... :D
Sollte auch die nicht genutzt werden folgt die "wirklich letzte Chance"....

Mein Gott, was für ein Schmierentheater. Wenn Ich zur Bank gehe und will einen Kredit, dann präsentiert mir die Bank ihre Bedingungen. Evtl. kann ich noch ein paar Zehntel%-Punkte herausholen. Wenn ich nicht will, dann wars das!
Aber hier wedelt offensichtlich seit Monaten der Schwanz mit dem Hund. Ich fühle mich hier als Geldgeber verarscht und nehme deshalb diese EU nicht mehr für Ernst.
Wie man in anderen Ländern sieht, geht es ja offensichtlich vielen Anderen auch so. Bravo. Unsere Schmierenkomödianten rund um Merkel erkennen offensichtlich nicht die Zeichen der Ablehnung, die da heißen: AfD, Front National, Die wahren Finnen, Kabinett Orban, Ukip usw....
Ich habe vollstes Verständnis für diese nationalistischen Tendenzen, gleichzeitig finde ich sie sehr schade. Schade deshalb, weil sie offensichtlich nötig sind. Noch mehr schade weil das Ausmaß des Protestes anscheinend immer noch nicht ausreicht, denn unsere Schmierenkomödianten kapieren es ja immer noch nicht...
Benutzeravatar
frems
Beiträge: 47101
Registriert: Sa 4. Apr 2009, 14:43
user title: Hochenergetisch
Wohnort: Hamburg, Europa

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von frems »

Marty McFly » Di 2. Jun 2015, 07:14 hat geschrieben:
Genau genommen ist es eine Art Imperialismus. Man könnte jetzt noch erwähnen, dass schon die Nazis fast die gleichen Argumente hatten, von wegen ganz Europa damit man relevant bleibt in der Welt, aber das verschweigt man wohl nicht ohne Grund - denn ansonsten hat die EU da natürlich keine Gemeinsamkeiten.
Öhm, nein, die europäische Integration ist der Gegenentwurf zum kriegerischen Nationalismus, den wir über Generationen in Europa sahen und der letztendlich zum Zweiten Weltkrieg führte. Daß auch ökonomische und sicherheitspolitische Gründe für die Integration sprechen, schließt das andere nicht aus. Fiktives Beispiel: Imperialismus wäre es, wenn Deutschland bzw. die EU-15 in Polen eingefallen wäre, die Bürger unterworfen hätte und sie mit aller Staatsgewalt gegen ihren Willen eingliedern würden. Die Polen entschieden sich (genau wie andere Länder) bloß demokratisch für die Mitgliedschaft, nachdem sie viele Jahre (teils harte) Reformen durchmachten, um aufnahmefähig zu werden. Heute partizipieren sie in den Institutionen und gestalten die EU mit. Wer da den Unterschied zum Imperialismus sowie Nationalismus nicht erkennt, dem kann man wohl nicht mehr helfen. Jeder Mitgliedsstaat kann freiwillig wieder austreten, was sogar vertraglich geregelt ist.
Ich jedenfalls kann mit den Franzosen rein gar nichts anfangen. Hätten die keine Computer-Terminals in französischen McDonald's Filialen, dann würde ich dort glatt verhungern, da niemand Englisch versteht und man es wohl auch nicht verstehen will.
Tja, und vermutlich hast Du mit französischen "EU-Kritikern" gedanklich mehr gemein als mit diversen Bundesbürgern von den "Altparteien". Schon schlimm diese Gleichmacherei. Wo raubt Dir denn die Integration die Kultur?
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
Jörg

Re: Rückkehr des Nationalismus in der EU

Beitrag von Jörg »

Du bist bereit einen seit Jahrzehnten erfolgreich stattfindenden Integrationsprozess in Europa über den Haufen zu werfen, ...
Soviel zum "erfolgreich stattfindenden Integrationsprozess in Europa" ;) ;)

Zitat FAZ vom 2.Juni 2015 "Seit nunmehr über fünf Jahren wird Griechenland von der Europäischen Union mit billigem Geld gepäppelt. Gläubiger verzichten auf Forderungen, Politiker verzichten auf Nachtschlaf, und Sparer verzichten auf Zinsen. Doch die ganze Solidarität läuft ins Leere; Erfolge sind nirgends zu sehen. Im Gegenteil..."Zitat Ende

Kibuka, hast Du sonst noch eine Politikerfloskel abzuschiessen?
Antworten