Julian hat geschrieben:(21 Jul 2018, 15:49)
Das Vereinigte Königreich ist die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt. Wenn das nicht mehr ausreicht, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Ich halte eine Welt, in der nur noch Großblöcke den Ton angeben, weder für erstrebenswert noch für notwendig.
Warum geht es eigentlich Ländern wie der Schweiz, Norwegen, Singapur, Südkorea, Japan, Australien, Neuseeland, Kanada etc. so gut? Der hier vorherrschenden Ideologie zufolge hätten sich diese Länder ja schon längst irgendwelchen Großreichen unterwerfen müssen, oder müssten bettelarm sein.
Sie werden sicher bemerkt haben, daß die genannten Staaten ihrerseits anfangen Bündnisse ein zu gehen, die über eine reine Freihandelszone hinaus gehen. Warum machen sie das aber? Meine Vermutung dabei: Sie wollen keine Verfügungsmasse der ganz Großen sein, sondern durch ihren Zusammenschluß ein wirtschafts- und miltärpolitisches Gegengewicht zu den Großen in ihrer Region bilden.
Die Schweiz und Norwegen haben sich bewußt sehr eng an die EU angelehnt aus unterschiedlichen Gründen. Von Zeit zu Zeit wird ja auch eine Vollmitgliedschaft diskutiert. Auf jeden Fall sind beide wirtschaftlich geschützt, weil zu 100% beteiligt, politisch ist Norwegen geschützt durch die NATO, der mit wenigen Ausnahmen alle EU-Mitglieder angehören. Dort beginnen jetzt aber aus bekannten Gründen neue Zeiten, in denen sich die EU selbst um ihre Sicherheit zu bemühen hat.
In Ostasien gibt es die Asean-Staaten als Überbleibsel des Kalten Krieges mit wirtschaftlichen Zielen. Diese Staaten sind sehr unterschiedlich verfaßt, so daß sich ein sehr enger Zusammenschluß nach dem Muster der EU nicht ernsthaft anbietet.
Im Grunde hat der kanadische Premier schon erste Klagelaute ausgestoßen, daß Kanada sich von den USA nicht herumschubsen lassen will. Tja, da haben 40 Mio Mitbürger ja eine gewaltige Wirtschaftsmacht oder gar Streitkräfte in die Waagschale zu werfen. Merken Sie etwas? Wenn die USA einmal eine unzivilisierte Zeit durchmachen sollten, dann hat Kanada seine politische Freiheit (insbesondere in der Innenpolitik) verspielt. Und noch etwas: Warum versucht der andere Machtpolitiker mit Ausdauer, die EU zu zerlegen und zu verunsichern... die tut ihm doch gar nichts. Ja, sie hindert ihn, die Welt in Interessenzonen auf zu teilen, wie das einmal zwischen zwei europäischen Großmächten versucht wurde.
Was macht uns Europäer so sicher, daß ein solches Spiel nicht erneut transatlantisch inszeniert wird? Wollen wir als Gemeinschaft unseren Weg gehen, oder in Appetithäppchen zerlegt gesagt bekommen, was uns frommt? Von Demokratie ist das keine Spur mehr; nur platte militärische und/oder wirtschaftliche Macht.
Vor etlichen Jahren habe ich mit koreanischen Berufskollegen gesprochen: Die fühlen sich von Feinden umringt. Mein Vorschlag: Tut Euch auf demokratischer Grundlage mit den ehemaligen Feinden in Japan und Taiwan zusammen... immerhin auch freiheitlich-demokratische Gesellschaften und helft Euch gegenseitig. Die gegenseitige Ablehnung ist leider immer noch viel zu groß. Und dagegen haben wir in der EU geradezu paradiesische Verhältnisse.