20 Jahre Leitkultur

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Teeernte
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Teeernte »

hafenwirt hat geschrieben:(11 May 2017, 20:05)

Hat eine ausführliche Problem-Revision erst gezeigt, dass das Brand-Switch gewerblich intelligent jeder Kritik standhält, wäre es politisch nur zu korrekt anzuführen, dass das kalkulativ ambivalente Operationspotential endokrin transaktionssicher alles bisherige in Frage stellt, wodurch die bipolare Chance ambivalent topologisch mit der Gegenseite interagiert. :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D
Natürlich ....NICHT !
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Teeernte »

Sozialdemokrat hat geschrieben:(11 May 2017, 20:16)

Danke für die Info.
Dafür ist auch in NRW zB die GastBauVO (Gaststättenbauverordnung) weggefallen...
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frems
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Re: Leitkultur in Deutschland

Beitrag von frems »

Helmuth_123 hat geschrieben:(11 May 2017, 17:30)

Vielleicht ist es ja hilfreich für die Diskussion, wenn die Thesen zur Leitkultur von Herrn de Maiziere hier zu lesen sind.

http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... ur/seite-2
Ein extrem hoher Fremdschämfaktor. Leidkultur träfe es da besser. :|
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Dark Angel »

hafenwirt hat geschrieben:(11 May 2017, 19:33)

Was soll denn sonst Gleichwertigkeit sein, als dass ich grundsätzlich Mann und Frau zugestehe, dass sie beide theoretisch dieselben Tätigkeiten ausüben können? Die bisherige Gleichwertigkeit ist also: Beide Hände schütteln ist ok, aber bei den Berufen sollen sie dann gefälligst das aussuchen, was zu Mann / Frau passt.
Die sollen das nicht. Die machen das, ganz nach Interessenlage und da sind bei Frauen Handwerksberufe die mit schwerer körperlicher Arbeit verbunden sind, nicht so beliebt. Frauen arbeiten lieber mit Menschen.
Legst du den Wert eines Menschen anhand seiner Berufswahl fest oder wie?
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
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Re: Leitkultur in Deutschland

Beitrag von Kibuka »

Sozialdemokrat hat geschrieben:(11 May 2017, 20:12)

Leitkulturdebatte ist Volksverarschung hoch zehn. Ablenkung von den echten Problemen, genauso wie die Doppelpass- und Burkadebatte.
So siehts aus.
Have no heroes, look up to no-one, for if you do, the best you'll ever be is second. If you have to ask why, you'll never understand!

„Weil das Wohl von einem genauso schwer wiegt, wie das Wohl von vielen.“
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Re: Leitkultur in Deutschland

Beitrag von Bleibtreu »

King Kong 2006 hat geschrieben:(11 May 2017, 20:05)

Wie immer man es nennen mag, es braucht klare Ansagen. Wischiwaschi empfundene Wirklichkeit wird von harten Haltungen (religiös oder kulturell fundiert) zur Seite gedrückt. Mittlerweile wählen sogar Immigranten, z.B. Türken und Russen die Afd, weil sie finden, daß diese klare Ansagen machen. Das sollte zu denken geben.
Richtig. Interessant ist es sich mit sehr gut integrierten Migranten zu unterhalten, kann ich nur jedem empfehlen. Die haben Null Verstaednis fuer die WischiWaschiNummern der europaeischen Einwanderungslaender, ebenso fuer die Rueckstandigkeiten und Faulheiten anderer Migranten, ueber die sie sich sehr empoeren. Die reden Tacheles, und wie! :D
• Wer fuer alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
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Re: Leitkultur in Deutschland

Beitrag von King Kong 2006 »

Bleibtreu hat geschrieben:(11 May 2017, 22:17)

Richtig. Interessant ist es sich mit sehr gut integrierten Migranten zu unterhalten, kann ich nur jedem empfehlen. Die haben Null Verstaednis fuer die WischiWaschiNummern der europaeischen Einwanderungslaender, ebenso fuer die Rueckstandigkeiten und Faulheiten anderer Migranten, ueber die sie sich sehr empoeren. Die reden Tacheles, und wie! :D
Ich habe mich vor nicht allzu langer Zeit mit einer Frau aus dem Orient unterhalten, die eine neue Heimat in Nordamerika gefunden hat. Die Kinder sind z.T. dort geboren, alle integriert mit Ausbildung bzw. Studium. Sie selbst arbeitet als Frisöse in einem Salon. Eines Tages, so erzählte sie mir, kam eine Muslima in den Salon. Soweit kein Problem. Sie war verschleiert (ob Kopftuch oder Niqab, weiß ich nicht mehr). Soweit auch kein Problem. Es wurde dann für die Frisöse zum Problem, als die Kundin verlangte, daß ihr die Haare in einem Nebenraum, der nicht einsehbar wäre frisiert werden sollte. Da rastete die Frisöse aus. Sie wäre genau wegen "solchen Leuten" gezwungen worden ihre Heimat zu verlassen, weil sie sich mit dieser Haltung nicht anfreunden konnte. Und nun kämen genau diese Leute in ihre neue Heimat und würden wieder dasselbe verlangen. :eek:

Die Kundin wurde unter diesen Umständen und Wünschen nicht bedient. Später kam der Chef, da es wohl eine Beschwerde gab und fragte was denn passiert sei. Die Frisöse meinte, das er sehr naiv gewesen wäre. Das ist eine Haltung, die viele "gut integrierte" Immigranten, auch Muslime, haben. Die Einwanderungsländer wären naiv in vielen Fragen. Würden zuviel zulassen. Wenn sie wüßten, wie der gelebte Alltag solcher Kunden in ihren Herkunftsländern wäre, der jetzt schleichend "hier" eingeschleppt werden würde, dann würden sie nicht so naiv damit umgehen. Nun ja, mag bei einer offenen Gesellschaft eben so sein. Aber dieses Geschehnis zeigt das Dilemma um eine Leitkultur. Soll das üblich werden? Z.B. Geschlechtertrennung aufgrund der Religion im offenen Raum? Kann das verlangt werden? Ähnliche Fragen bei Beamtentum usw. Wenn nicht, wäre die Kundin wegen einer "Bagatelle" kriminalisiert? Ich finde, die Kundin hätte, wenn sie sicher sein will, sich zuhause die Haare frisieren lassen können. Z.B. in der Küche. Ich habe das öfters gemacht. Das spart Geld und man kann einen Kaffee trinken. Wozu man sich ohnehin die Haare in einem Frisiersalon aufwendig machen lassen muß und dann wieder die Haare verhüllt?

Manchmal weiß ich nicht, ob ich lachen oder Mitleid haben soll, wenn ich so manche junge Frau oder Mädchen auf der Straße sehe. Kopftuch und hautenge Leggings. Ist das Unkenntnis oder Heuchelei? Wer sexy herumläuft (ja, leggings, ich weiß), aber meint, die Haare verhüllen zu müssen... Lächerlich. Dann sind die Frauen mit Vollverschleierung wirklich authentischer. Eine Frau mit hautenger Kleidung, dann aber Kopftuch ist totaler Blödsinn. Auf der anderen Seite kann man Mitleid haben. Sie müssen Kopftuch tragen und versuchen untenherum das zu unterlaufen.

Wie dem auch sei, so etwas wie eine Leitkultur ist für jedes Land sehr wichtig. Und die Leitkultur in Deutschland ist eben eine deutsche Leitkultur. Dazu gehören - meiner Meinung nach - neben rechtsstaatlichen Aspekten eine abendländisch geprägte Kultur. Nicht mal die (besser intergrierten) Immigranten verstehen, warum man sich als Biodeutscher damit so schwer tut. Auch nicht in Nordamerika. Viele Immigranten haben Angst und Sorge, daß die Umstände, die sie bewogen haben ihre Heimatländer zu verlassen sie jetzt hier einholen. Diesen Punkt sollte man ernst nehmen, denn sie wissen wovon sie reden. Das ist keine theoretische Utopie.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Zunder »

hafenwirt hat geschrieben:(11 May 2017, 19:33)

Was soll denn sonst Gleichwertigkeit sein, als dass ich grundsätzlich Mann und Frau zugestehe, dass sie beide theoretisch dieselben Tätigkeiten ausüben können?
Theoretisch könnte Helene Fischer natürlich den Job von Klitschko übernehmen. Nur praktisch klappt's halt doch nicht so gut.
Ist ja auch ziemlich kompliziert, Gleichheit und Gleichwertigkeit auseinanderzuhalten.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Teeernte »

Zunder hat geschrieben:(12 May 2017, 00:21)

Theoretisch könnte Helene Fischer natürlich den Job von Klitschko übernehmen. Nur praktisch klappt's halt doch nicht so gut.
Ist ja auch ziemlich kompliziert, Gleichheit und Gleichwertigkeit auseinanderzuhalten.
....na - verlieren geht auch ohne Boxen.... aber mit dem freien Oberkörper weltweit.... - muss Helene nicht....singen reicht. :D :D
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von hafenwirt »

Zunder hat geschrieben:(12 May 2017, 00:21)

Theoretisch könnte Helene Fischer natürlich den Job von Klitschko übernehmen.
Wenn sie trainiert hätte, ja. Versteht man aber im Schrumpel-Alter nicht mehr, zu hoch. Statt mit Extrem-Beispielen könnte man ja z.B. über die KfZ-Mechanikerin reden, die keinen Job findet, weil Weiber nunmal technisch nix drauf haben - aber das würde uns Ü-50-Menschen ja überfordern.
Zuletzt geändert von hafenwirt am Fr 12. Mai 2017, 01:17, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Leitkultur in Deutschland

Beitrag von Bleibtreu »

King Kong 2006 hat geschrieben:(11 May 2017, 23:57)

Ich habe mich vor nicht allzu langer Zeit mit einer Frau aus dem Orient unterhalten, die eine neue Heimat in Nordamerika gefunden hat. Die Kinder sind z.T. dort geboren, alle integriert mit Ausbildung bzw. Studium. Sie selbst arbeitet als Frisöse in einem Salon. Eines Tages, so erzählte sie mir, kam eine Muslima in den Salon. Soweit kein Problem. Sie war verschleiert (ob Kopftuch oder Niqab, weiß ich nicht mehr). Soweit auch kein Problem. Es wurde dann für die Frisöse zum Problem, als die Kundin verlangte, daß ihr die Haare in einem Nebenraum, der nicht einsehbar wäre frisiert werden sollte. Da rastete die Frisöse aus. Sie wäre genau wegen "solchen Leuten" gezwungen worden ihre Heimat zu verlassen, weil sie sich mit dieser Haltung nicht anfreunden konnte. Und nun kämen genau diese Leute in ihre neue Heimat und würden wieder dasselbe verlangen. :eek:

Die Kundin wurde unter diesen Umständen und Wünschen nicht bedient. Später kam der Chef, da es wohl eine Beschwerde gab und fragte was denn passiert sei. Die Frisöse meinte, das er sehr naiv gewesen wäre. Das ist eine Haltung, die viele "gut integrierte" Immigranten, auch Muslime, haben. Die Einwanderungsländer wären naiv in vielen Fragen. Würden zuviel zulassen. Wenn sie wüßten, wie der gelebte Alltag solcher Kunden in ihren Herkunftsländern wäre, der jetzt schleichend "hier" eingeschleppt werden würde, dann würden sie nicht so naiv damit umgehen. Nun ja, mag bei einer offenen Gesellschaft eben so sein. Aber dieses Geschehnis zeigt das Dilemma um eine Leitkultur. Soll das üblich werden? Z.B. Geschlechtertrennung aufgrund der Religion im offenen Raum? Kann das verlangt werden? Ähnliche Fragen bei Beamtentum usw. Wenn nicht, wäre die Kundin wegen einer "Bagatelle" kriminalisiert? Ich finde, die Kundin hätte, wenn sie sicher sein will, sich zuhause die Haare frisieren lassen können. Z.B. in der Küche. Ich habe das öfters gemacht. Das spart Geld und man kann einen Kaffee trinken. Wozu man sich ohnehin die Haare in einem Frisiersalon aufwendig machen lassen muß und dann wieder die Haare verhüllt?

Manchmal weiß ich nicht, ob ich lachen oder Mitleid haben soll, wenn ich so manche junge Frau oder Mädchen auf der Straße sehe. Kopftuch und hautenge Leggings. Ist das Unkenntnis oder Heuchelei? Wer sexy herumläuft (ja, leggings, ich weiß), aber meint, die Haare verhüllen zu müssen... Lächerlich. Dann sind die Frauen mit Vollverschleierung wirklich authentischer. Eine Frau mit hautenger Kleidung, dann aber Kopftuch ist totaler Blödsinn. Auf der anderen Seite kann man Mitleid haben. Sie müssen Kopftuch tragen und versuchen untenherum das zu unterlaufen.

Wie dem auch sei, so etwas wie eine Leitkultur ist für jedes Land sehr wichtig. Und die Leitkultur in Deutschland ist eben eine deutsche Leitkultur. Dazu gehören - meiner Meinung nach - neben rechtsstaatlichen Aspekten eine abendländisch geprägte Kultur. Nicht mal die (besser intergrierten) Immigranten verstehen, warum man sich als Biodeutscher damit so schwer tut. Auch nicht in Nordamerika. Viele Immigranten haben Angst und Sorge, daß die Umstände, die sie bewogen haben ihre Heimatländer zu verlassen sie jetzt hier einholen. Diesen Punkt sollte man ernst nehmen, denn sie wissen wovon sie reden. Das ist keine theoretische Utopie.
Vielen Dank fuer dein Beispiel - genau das meinte ich. Bei sehr gut integrierten Migranten trifft die laissez-faire Haltung, die fast schon bornierte Gleichgueltigkeit der Einwanderungslaender, auf voelliges Unverstaendnis und... Wut. Empoerung darueber, wie die Einwanderungslaender leichtfertig ihre so wundervollen Werte aufs Spiel setzen, als waeren sie nicht faehig zu begreifen, wie grossartig und erhaltenswert diese Werte sind. Dass es nicht reicht, dass die Altvorderen sie muehsam abgerungen haben, sondern zu begreifen, dass deren Erhalt jeden Tag aufs neue erkaempft werden muss. Das ist doch kein statischer IstZustand, der immer so bleibt, einmal errungen. Je mehr Menschen mit einer archaisch patriarchalischen Sozialisierung ein Land bevoelkern, [nicht nur die neu Zugewanderten, auch die sich ausweitende Renaissance bei den schon lange im Land weilenden] - je mehr solch Menschen verachtende Haltungen toleriert werden, als Folkore :dead: ,desto mehr wird ein Land in diese Richtung kippen. WAS ist daran nur so schwer zu kapieren und erstrebenswert? :?:
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von hafenwirt »

Teeernte hat geschrieben:(12 May 2017, 00:53)

....na - verlieren geht auch ohne Boxen.... aber mit dem freien Oberkörper weltweit.... - muss Helene nicht....singen reicht. :D :D
Den letzten Umfragen und Microsoft entnommen eröffnet die isomorphe Mobilität der Wismut eine Wanderbewegung des Recyclings und hinterlegt nie einen lokal deduktiven Breakeven-Point in Einklang mit der Gewinnwarnung der DDR. :D :D :D :D :D :D :D
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Zunder »

hafenwirt hat geschrieben:(12 May 2017, 01:02)

Wenn sie trainiert hätte, ja. Versteht man aber im Schrumpel-Alter nicht mehr, zu hoch. Statt mit Extrem-Beispielen könnte man ja z.B. über die KfZ-Mechanikerin reden, die keinen Job findet, weil Weiber nunmal technisch nix drauf haben - aber das würde uns Ü-50-Menschen ja überfordern.
Eine meiner Nichten ist gelernte Kfz-Mechanikerin, arbeitet aber mittlerweile als Fahrschullehrerin, weil sie technisch halt einfach nix drauf hat.
Auch wenn Helene Fischer trainiert hätte, wäre sie nicht in der Gewichtsklasse der Klitschkos gelandet.
Aber um das verstehen zu können, bis du vermutlich zu jung und zu intelligent.

Kennst du übrigens den Unterschied zwischen Gleichheit und Gleichwertigkeit?
Kennst du eigentlich das Grundgesetz?

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 3

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.


Kennst du den Unterschied zwischen rechtlich und faktisch?
Kennst du überhaupt irgendwas oder kannst du nur rumpöbeln?
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2017, 14:35)

Alle großen wissenschaftlichen Entdeckungen und künstllerischen Neuentwürfe begannen mit Abweichungen von der Norm.
Von welcher Norm ist denn Newton mit den Gravitationsgesetzen abgewichen?
Von welcher Norm Einstein mit der Relativitätstheorie?
Von welcher Norm Heisenberg mit der Unschärferelation?

Von gar keiner.
Es gab und gibt in der Wissenschaft, wie sie sich in der abendländischen Kultur der Aufklärung darstellt, keine sozialen oder rechtlichen Normen, von denen die Forschung abweichen könnte.

Als Grundrecht formuliert, liest sich das so:

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 5

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.


Einen bestimmten Kulturbegriff denunzieren zu wollen, indem man einen Sachverhalt behauptet, der von genau dieser Kultur ausgeschlossen wird, ist schon ziemlich originell.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Hyde »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2017, 07:53)

Es ist ein gutes Recht jedes Menschen, jemanden zu verachten, der Frauen hasst. Ebenso wie es das Recht ist, sofern er oder sie nicht gegen Gesetze verstößt, Frauen zu hassen.
Es ist dann aber auch seine Pflicht, mit Kritik bezüglich seiner Einstellung zurechtzukommen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Hyde »

hafenwirt hat geschrieben:(11 May 2017, 08:23)

Richtig. Die Frage ist doch, weshalb es dann eine Debatte benötigt. Entweder ist man sich in Deutschland also unsicher darüber, ob dieser Wert, dass mit sozialer Ächtung bei Hass auf Frauen zu rechnen ist, noch besteht - dann wäre er keine Leitkultur, sondern wünschenswerte Leitkultur. Oder der Wert an sich, dass man Frauen als gleichberechtigt sieht besteht, dann benötigt es doch aber keine Debatte darüber. Die Mechanismen, welche zu sozialer Ächtung und Ausgrenzung führen, sind doch aus der Gesellschaft heraus entstanden, aus den Interaktionen der Individuen untereinander.



Richtig, der Meinung bin ich doch auch. Aber genau das wird doch tagtäglich in den Interaktionen der Menschen getan. Dazu braucht es keine Leitkultur-Debatte, angezettelt vom Innenminister.

Am sinnvollsten sind also Maßnahmen - meinetwegen staatlich - die ein Bewusstsein fördern, sich an den Werten des GG zu orientieren. Durch Vorträge, Informationsveranstaltungen, Reihen, usw, wie eben am Beispiel der Erkämpfung der Frauenrechte. Und nicht durch "In Deutschland gibt man sich die Hände, wer das nicht tut ist nicht Teil der Leitkultur"
Das sehe ich nicht so. Wenn man behauptet, öffentliche Debatten hätten keine Auswirkungen, dann ist das so, als würde man sagen, Kommunikation und Medien seien wirkungslos, hätten keine Auswirkungen.

Es ist eine der sicher größten Vorteile von offenen Gesellschaften, dass in ihnen alle denkbaren ergebnisoffenen Debatten möglich sind und regelmäßig geführt werden.

Der über die Medien geführte Historikerstreit hat beispielsweise dazu geführt, die Aufarbeitung der Nazi-Zeit besser und intensiver in den Köpfen der Menschen und der Bevölkerung insgesamt zu verankern, Meinungen zu schärfen, bewusster zu machen.

Das ist bei jeder öffentlichen Debatte so.

Eine öffentlich geführte Leitkulturdebatte (von Befürwortern und Gegnern) führt dazu, dass mehr Menschen in Deutschland für das Thema sensibilisiert werden, sie reflektieren, darüber nachdenken und diskutieren, welche Werte sie eigentlich für gut und notwendig halten - und sie dann auch, weil sie nun sensibilisierter dafür sind, öffentlich auch offensiver vertreten und Farbe bekennen. Eine Gesellschaft, die selbstbewusst zu gewissen Grundwerten steht, erleichtert auch Neuankömmlingen die Integration und gibt ihnen Orientierung.

Daher geht es doch bei der Leitkulturdebatte gar nicht darum, irgendwas "von oben zu verordnen" oder dass der Staat etwas vorschreibt. De Maizière sagte ja auch ausdrücklich, er wolle lediglich "zur Diskussion einladen", etwas anderes ist ihm ja auch gar nicht möglich. Es geht darum, dass wir alle mehr über das Thema reflektieren, und dann idealerweise im Alltag mehr für unsere Werte einstehen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(12 May 2017, 02:07)

Von welcher Norm ist denn Newton mit den Gravitationsgesetzen abgewichen?
Von welcher Norm Einstein mit der Relativitätstheorie?
Von welcher Norm Heisenberg mit der Unschärferelation?

Von gar keiner.
Es gab und gibt in der Wissenschaft, wie sie sich in der abendländischen Kultur der Aufklärung darstellt, keine sozialen oder rechtlichen Normen, von denen die Forschung abweichen könnte.
Na, Du hast ja vielleicht Vorstellungen. Die "Norm" in der Physik Ende des 19. Jahrhunderts war die Meinung, dass es so gut wie nix mehr zu entdecken gibt. Einstein und Heisenberg haben kurz und gut das hinter sich gelassen, was man die klassische Physik nennt. Das sind natürlich keine sozialen oder rechtlichen Normen. Die werden ja auch in Gesetzen, Verfassungen usw. geregelt. Was die Leitkulturalisten wollen, läuft jedoch auf eine Reglementierung von Gebräuchlichkeiten hinaus, die nicht nur nicht geregelt werden müssen, sondern die nicht geregelt werden dürfen. Mehr noch: Die nicht geregelt werden können. Die menschliche Kreativität lässt sich auf Dauer nicht in Ketten legen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Das Wiederinsspielbnringen von "Leitkultur" - also eines "Kampfbegriffs der deutschen Rechten" (Lukas Wallraff, taz) - ist so dermaßen offensichtlich eine simple wahltaktische Anbiederung der C-Parteien mit einer Sache die so sinnlos, alt und verbraucht ist wie ein vergammelter Scheuerlappen. Nur eben auch gefährlich: Sie zielt auf eine Gefährdung der wesentlchen Grundlagen einer liberalen, freiheitlichen Gesellschaft.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Hyde hat geschrieben:(12 May 2017, 02:35)

Das sehe ich nicht so. Wenn man behauptet, öffentliche Debatten hätten keine Auswirkungen, dann ist das so, als würde man sagen, Kommunikation und Medien seien wirkungslos, hätten keine Auswirkungen.

Es ist eine der sicher größten Vorteile von offenen Gesellschaften, dass in ihnen alle denkbaren ergebnisoffenen Debatten möglich sind und regelmäßig geführt werden.

Der über die Medien geführte Historikerstreit hat beispielsweise dazu geführt, die Aufarbeitung der Nazi-Zeit besser und intensiver in den Köpfen der Menschen und der Bevölkerung insgesamt zu verankern, Meinungen zu schärfen, bewusster zu machen.

Das ist bei jeder öffentlichen Debatte so.

Eine öffentlich geführte Leitkulturdebatte (von Befürwortern und Gegnern) führt dazu, dass mehr Menschen in Deutschland für das Thema sensibilisiert werden, sie reflektieren, darüber nachdenken und diskutieren, welche Werte sie eigentlich für gut und notwendig halten - und sie dann auch, weil sie nun sensibilisierter dafür sind, öffentlich auch offensiver vertreten und Farbe bekennen. Eine Gesellschaft, die selbstbewusst zu gewissen Grundwerten steht, erleichtert auch Neuankömmlingen die Integration und gibt ihnen Orientierung.

Daher geht es doch bei der Leitkulturdebatte gar nicht darum, irgendwas "von oben zu verordnen" oder dass der Staat etwas vorschreibt. De Maizière sagte ja auch ausdrücklich, er wolle lediglich "zur Diskussion einladen", etwas anderes ist ihm ja auch gar nicht möglich. Es geht darum, dass wir alle mehr über das Thema reflektieren, und dann idealerweise im Alltag mehr für unsere Werte einstehen.
Nein. Das widerspricht ganz grundsätzlich den Prinzipien einer liberalen, freien Gesellschaft. "Einzustehen" für unsere Werte haben Polizei und Justiz, Wenn die "Gesellschaft im Alltag" für unsere Werte einsteht, dann ist das nur eine scheinbar milde und gutmenschliche Umschreibung einer schrecklichen Blockwart-Gesellschaft, einer finsteren Dystopie, in der möglichst nix mehr unbeobachtet und unbewertet bleibt.

Wenn etwas mit den Werten unserer Gesellschaft in Übereinkunft gebracht werden muss, dann ist es sogar gut und richtig und genau angebracht, es "von oben" zu verordnen: Nämlich in Form von Gesetzen, Gesetze haben - neben vielen anderen Funktionen - unter anderem auch den Sinn, dass sich die Menschen nicht ständig gegenseitig beäugen und beäugt werden müssen sondern einfach machen können.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Hyde hat geschrieben:(12 May 2017, 02:17)

Es ist dann aber auch seine Pflicht, mit Kritik bezüglich seiner Einstellung zurechtzukommen.
Ist es nicht, Er kann Kritik bezüglich seiner Einstellungen vollkommen ignorieren und - solange wie er nicht gegen Gesetze verstößt - machen und sagen wie er will. Ist euch denn wirklich nicht klar, worauf eine solche Vision einer Werteübereinkunftskontrollgesellschaft letzendlich hinausläuft?
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Billie Holiday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 May 2017, 04:54)

Ist es nicht, Er kann Kritik bezüglich seiner Einstellungen vollkommen ignorieren und - solange wie er nicht gegen Gesetze verstößt - machen und sagen wie er will. Ist euch denn wirklich nicht klar, worauf eine solche Vision einer Werteübereinkunftskontrollgesellschaft letzendlich hinausläuft?
Richtig, innerhalb der Gesetze kann jeder machen, was er will. Und jeder andere kann daraus seine Schlüsse ziehen und dementsprechend reagieren.
„Wer mich beleidigt, bestimme ich.“ (Klaus Kinski)

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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Billie Holiday hat geschrieben:(12 May 2017, 05:16)

Richtig, innerhalb der Gesetze kann jeder machen, was er will. Und jeder andere kann daraus seine Schlüsse ziehen und dementsprechend reagieren.
Und damit könnte man sagen: Ist das Ganze kein politisches Thema mehr. Werden kulturelle Präferenzen Pro oder Kontra jenseits von Gesetzlichkeiten dennoch politisiert und verlangt, zu Leitlinien gemacht zu werden, ist das nix weniger als ein Dammbruch: Weg von einer liberalen Gesellschaft, die auf absolute und uneingeschränkte persönliche Freiheit setzt und hin hin zu einer normativierten Gesellschaft. Nicht nur wissenschaftlich und kulturell sondern auch wirtschaftlich, hängt der Erfolg unserer Gesellschaft ganz entscheidend davon ab, dass Kreativität in Form von Normverletzung möglich, und nicht nur möglich sondern anerkannt, gefördert, wünschenswert ist.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Billie Holiday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 May 2017, 07:21)

Und damit könnte man sagen: Ist das Ganze kein politisches Thema mehr. Werden kulturelle Präferenzen Pro oder Kontra jenseits von Gesetzlichkeiten dennoch politisiert und verlangt, zu Leitlinien gemacht zu werden, ist das nix weniger als ein Dammbruch: Weg von einer liberalen Gesellschaft, die auf absolute und uneingeschränkte persönliche Freiheit setzt und hin hin zu einer normativierten Gesellschaft. Nicht nur wissenschaftlich und kulturell sondern auch wirtschaftlich, hängt der Erfolg unserer Gesellschaft ganz entscheidend davon ab, dass Kreativität in Form von Normverletzung möglich, und nicht nur möglich sondern anerkannt, gefördert, wünschenswert ist.
Wo siehst du Kreativität in Abwertung von Frauen und anderen mittelalterlichen Sitten und Gebräuchen?
Sowas wird sich nicht durchsetzen. Leider müssen alle anderen das Genögel ertragen, sie würden Mr. Mittelalter ausgrenzen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Hyde hat geschrieben:(12 May 2017, 02:17)

Es ist dann aber auch seine Pflicht, mit Kritik bezüglich seiner Einstellung zurechtzukommen.
Nein! Es ist eben keine Pflicht. Es gibt keine "Pflicht", mit irgendetwas zurechtzukommen. Er/Sie kann Kritik an frauenfeindlichen Einstellungen vollkommen ignorieren. Bzw hat das Recht, mit Kritik nicht nur nicht zurechtzukommen sondern daran zu verzweifeln, Es werden da Dinge, die in die Sphäre von persönlichen Präferenzen gehören, in die Sphäre der Politik, also Übereinkünften eines Gemeinwesens, hineingemischt. Es gibt in einer liberalen Gesellschaft ein Recht darauf, unsympathisch zu sein. Und es gibt keineswegs eine Pflicht, sympathisch zu sein. Und auch keine Pflicht, Kritik an irgendeinem Verhalten zu akzeptieren. Und das ist auch keineswegs eine Nebenangelegenheit sondern absolut zentral und essentiell.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Billie Holiday hat geschrieben:(12 May 2017, 07:28)

Wo siehst du Kreativität in Abwertung von Frauen und anderen mittelalterlichen Sitten und Gebräuchen?
Sowas wird sich nicht durchsetzen. Leider müssen alle anderen das Genögel ertragen, sie würden Mr. Mittelalter ausgrenzen.
Es liegt ganz grundsätzlich im Wesen der Kreativität, sich von eingeübten Ausschließungen zu befreien. Das ist kein Plädoyer für Frauenfeindlichkeit. Es ist nur ein Plädoyer gegen einen normativen Verhaltenskatalog namens "Leitkultur".
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von hafenwirt »

Hyde hat geschrieben:(12 May 2017, 02:35)

Das sehe ich nicht so. Wenn man behauptet, öffentliche Debatten hätten keine Auswirkungen, dann ist das so, als würde man sagen, Kommunikation und Medien seien wirkungslos, hätten keine Auswirkungen.
Gar keine Auswirkungen nicht. Langfristig sicher. Siehe AfD. Seit die existieren, meinen alte Leute unter dem Label "das wird man doch sagen dürfen" alles rauszukotzen, was sie schon immer mal störte. Aber der kurzfristige Effekt wird überschätzt. Und das Gefühl habe ich bei Konservativen und dem angehörigen Klientel: Man macht ein bisschen Leitkultur-Debatte, erzählt den Leuten dass in diesem unserem Staate jedem die Hand zu geben ist, und innerhalb eines halben Jahres gibt jeder jedem die Hand.
Eine öffentlich geführte Leitkulturdebatte (von Befürwortern und Gegnern) führt dazu, dass mehr Menschen in Deutschland für das Thema sensibilisiert werden, sie reflektieren, darüber nachdenken und diskutieren, welche Werte sie eigentlich für gut und notwendig halten - und sie dann auch, weil sie nun sensibilisierter dafür sind, öffentlich auch offensiver vertreten und Farbe bekennen. Eine Gesellschaft, die selbstbewusst zu gewissen Grundwerten steht, erleichtert auch Neuankömmlingen die Integration und gibt ihnen Orientierung.

Daher geht es doch bei der Leitkulturdebatte gar nicht darum, irgendwas "von oben zu verordnen" oder dass der Staat etwas vorschreibt. De Maizière sagte ja auch ausdrücklich, er wolle lediglich "zur Diskussion einladen", etwas anderes ist ihm ja auch gar nicht möglich. Es geht darum, dass wir alle mehr über das Thema reflektieren, und dann idealerweise im Alltag mehr für unsere Werte einstehen.
Das ist sicher richtig, dem würde ich zustimmen. Aber bisher ist nicht viel bei rumgekommen. Allein auf dieser Plattform war bisher die Erkenntnis zur Leitkultur in D: "Die Leute sollen sich an die Gesetze halten". Die Beispiele von de Maiziere waren lächerlich und unpassend. Rund die Hälfte halte ich für nicht zutreffend auf mich. Ich stünde dann also außerhalb deutscher Leitkultur und wäre jemand, der ausgegrenzt würde in den kommenden Jahren, weil ich mich nicht an Konventionen wie Händeschütteln halte. Es wäre schön, wenn doch irgendwann mal wer nach Tagen erzählt, was denn nun Teil der deutschen Leitkultur ist. Es sei denn, die deutsche Gesellschaft weiß das selbst nicht so genau und ist sich unsicher, welche Werte sie vertritt? Es ist in meinen Augen viel zu individualisiert. Sub-Gesellschaft zu Sub-Gesellschaft vertritt unterschiedliche Werte. Jung und Alt zum Beispiel ist das offensichtlichste.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Laertes »

hafenwirt hat geschrieben:(12 May 2017, 08:10)Es sei denn, die deutsche Gesellschaft weiß das selbst nicht so genau und ist sich unsicher, welche Werte sie vertritt? Es ist in meinen Augen viel zu individualisiert. Sub-Gesellschaft zu Sub-Gesellschaft vertritt unterschiedliche Werte. Jung und Alt zum Beispiel ist das offensichtlichste.
Weitere Beispiele, wo ich den (Leit)Kulturunterschied innerhalb Deutschlands größer, als zu benachbarten/vergleichbaren Regionen des Auslands ansehe:

Metropolen - Provinz
Ostdeutschland - Westdeutschland
Zuletzt geändert von Laertes am Fr 12. Mai 2017, 08:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Billie Holiday »

Jugend ist übrigens kein Verdienst.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Laertes »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 May 2017, 07:21)
Werden kulturelle Präferenzen Pro oder Kontra jenseits von Gesetzlichkeiten dennoch politisiert und verlangt, zu Leitlinien gemacht zu werden, ist das nix weniger als ein Dammbruch: Weg von einer liberalen Gesellschaft, die auf absolute und uneingeschränkte persönliche Freiheit setzt und hin hin zu einer normativierten Gesellschaft.
Ich sehe nicht, dass wir in einer Gesellschaft leben, "die auf absolute und uneingeschränkte persönliche Freiheit setzt", halte das weder für erstrebenswert noch im Angesicht der menschlichen Natur für realisierbar. Und ich sehe nicht, dass diese Utopie von mehr als ein/zwei Prozent (dem liberalsten Teil der Bevölkerung) geteilt wird.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Laertes hat geschrieben:(12 May 2017, 08:23)

Ich sehe nicht, dass wir in einer Gesellschaft leben, "die auf absolute und uneingeschränkte persönliche Freiheit setzt", halte das weder für erstrebenswert noch im Angesicht der menschlichen Natur für realisierbar. Und ich sehe nicht, dass diese Utopie von mehr als ein/zwei Prozent (dem liberalsten Teil der Bevölkerung) geteilt wird.
Dass es im sozialen Miteinander starke Vorbehalte, Präferenzen, negative und positive gibt, ist völlig unbestreitbar. Die entscheidende Frage ist aber, ob diese Präferenzen politisiert bzw. "verrechtlicht" werden (sollen oder müssen). Der Dammbruch besteht darin, dass es plötzlich irgendeinen hochoffiziellen Punktekatalog von Verhaltensrichtlinien geben soll.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Laertes »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 May 2017, 08:34)

Dass es im sozialen Miteinander starke Vorbehalte, Präferenzen, negative und positive gibt, ist völlig unbestreitbar. Die entscheidende Frage ist aber, ob diese Präferenzen politisiert bzw. "verrechtlicht" werden (sollen oder müssen). Der Dammbruch besteht darin, dass es plötzlich irgendeinen hochoffiziellen Punktekatalog von Verhaltensrichtlinien geben soll.
Ich bin selber strikt gegen ein normatives Verständnis von Leitkultur. Aber ich kann auch nicht ignorieren, dass es hierzulande mehrheitlich akzeptierte und vorausgesetzte gesellschaftliche Spielregeln, kulturelle Selbstverständlichkeiten gibt, die erheblich zur wesentlich höheren Lebensqualität und zur Produktivität unseres Landes im Vergleich zu 90% der Welt beitragen. Festzustellen welche Spielregeln und Selbstverständlichkeiten das sein könnten, diktiert ja keine Norm.

Beispiel: Die Steuerzahlmoral in Deutschland vs. Griechenland. Gesetzliche Verpflichtungen gibt es in beiden Ländern, aber die Einstellung zur Verbindlichkeit dieser Gesetze scheint erheblich zu differieren. Mir ist der hiesige Status lieber und ich möchte ihn bewahren.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Provokateur »

Wenn das Wort "Leitkultur" so einen schlechten, bösen und völkischen Nachhall hat, warum unterhalten wir uns nicht über eine "Lebensweise"?

Es gibt den American Way of Life, das französische Savoir-vivre - warum soll es nicht eine deutsche Lebensweise - "das richtige Leben" - geben?

Das engt nicht ein, denn jedem bleibt es ja freigestellt, das falsche Leben zu führen. Zum richtigen Leben gehören dann gute Umgangsformen, gegenseitiger Respekt, Leistungsbereitschaft und defensives Fahren. Um das ganze mal übertrieben darzustellen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von hafenwirt »

Laertes hat geschrieben:(12 May 2017, 08:46)
Beispiel: Die Steuerzahlmoral in Deutschland vs. Griechenland. Gesetzliche Verpflichtungen gibt es in beiden Ländern, aber die Einstellung zur Verbindlichkeit dieser Gesetze scheint erheblich zu differieren. Mir ist der hiesige Status lieber und ich möchte ihn bewahren.
Danke für diesen Beitrag. Das erste Mal in diesem Strang ein einleuchtendes Beispiel für etwas, was mir übergreifend in der Gesellschaft fest verankert erscheint.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von hafenwirt »

Provokateur hat geschrieben:(12 May 2017, 08:54)
Es gibt den American Way of Life, das französische Savoir-vivre - warum soll es nicht eine deutsche Lebensweise - "das richtige Leben" - geben?
Kann es ja geben. Nur schafft es kein Deutscher, dass irgendwie darzustellen, nicht mal der Innenminister.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Provokateur »

hafenwirt hat geschrieben:(12 May 2017, 09:13)

Kann es ja geben. Nur schafft es kein Deutscher, dass irgendwie darzustellen, nicht mal der Innenminister.
Hab ich doch oben gemacht.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Dark Angel hat geschrieben:(10 May 2017, 12:22)

Und eben diese, im Grundgesetz verankerten Werte haben etwas mit Leitkulur zu tun, deren Anerkennung von Migranten erwartet und verlangt werden kann.
Das halte ich so nicht für korrekt. Das Grundgesetz regelt den Aufbau unseres Staates und unseres Rechtssystem. Speziell die im ersten Abschnitt niedergeschriebenen Grundrechte stellen ein Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat dar. Vereinfacht ausgedrückt. Das GG richtet sich ausschließlich an den Staat. Was der einzelne Bürger vom GG hält ist schnuppe und ob er die Werte, die da drinnen stehen akzeptiert auch. Der einzelne Bürger kann auch nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Das kann nur der Staat.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Dark Angel »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(12 May 2017, 09:42)

Das halte ich so nicht für korrekt. Das Grundgesetz regelt den Aufbau unseres Staates und unseres Rechtssystem. Speziell die im ersten Abschnitt niedergeschriebenen Grundrechte stellen ein Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat dar. Vereinfacht ausgedrückt. Das GG richtet sich ausschließlich an den Staat. Was der einzelne Bürger vom GG hält ist schnuppe und ob er die Werte, die da drinnen stehen akzeptiert auch. Der einzelne Bürger kann auch nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Das kann nur der Staat.
Grundrechte sind Abwehrrechte - richtig - und der Staat hat diese zu garantieren. Grundrechte garantieren bedeutet aber auch, Verstöße, Einschränkungen bzw Missachtung dieser Grundrechte zu ahnden. Und da sind wir wieder bei Leitkultur und Anerkennung unserer, im GG verankerten Werte. Der Staat/die Gesellschaft kann (muss) erwarten, dass diese Grundrechte/Werte anerkannt und respektiert werden, andernfalls erfolgen entsprechende Sanktionen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Provokateur »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(12 May 2017, 09:42)

Das halte ich so nicht für korrekt. Das Grundgesetz regelt den Aufbau unseres Staates und unseres Rechtssystem. Speziell die im ersten Abschnitt niedergeschriebenen Grundrechte stellen ein Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat dar. Vereinfacht ausgedrückt. Das GG richtet sich ausschließlich an den Staat. Was der einzelne Bürger vom GG hält ist schnuppe und ob er die Werte, die da drinnen stehen akzeptiert auch. Der einzelne Bürger kann auch nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Das kann nur der Staat.
Das ist so richtig, grundsätzlich hat aber das Grundgesetz normativen Basischarakter, der sich in allen anderen Gesetzen niederschlagen muss. Auch beim Erlassen der Gesetze, die den Umgang der Bürger untereinander regeln, muss der Staat bzw. müssen die gesetzgebenden Organe das Grundgesetz beachten.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 May 2017, 04:17)

Na, Du hast ja vielleicht Vorstellungen. Die "Norm" in der Physik Ende des 19. Jahrhunderts war die Meinung, dass es so gut wie nix mehr zu entdecken gibt. Einstein und Heisenberg haben kurz und gut das hinter sich gelassen, was man die klassische Physik nennt. Das sind natürlich keine sozialen oder rechtlichen Normen. Die werden ja auch in Gesetzen, Verfassungen usw. geregelt. Was die Leitkulturalisten wollen, läuft jedoch auf eine Reglementierung von Gebräuchlichkeiten hinaus, die nicht nur nicht geregelt werden müssen, sondern die nicht geregelt werden dürfen. Mehr noch: Die nicht geregelt werden können. Die menschliche Kreativität lässt sich auf Dauer nicht in Ketten legen.
So ein Unsinn - den Wissens- und Erkenntnisstand mit "Norm" gleichzusetzen. Nach dieser verqueren Logik ist auch Keppler von der "Norm" des kopernikanischen Weltbildes abgewichen, als er seine Planetengesetze formulierte, die gegen die Vorstellungen Kopernikus', der von Kreisbahnen ausging, "verstieß" und nach dieser Logik hat Kopernikus gegen die "Norm" verstoßen, als er die Erde nicht mehr als Zentrum, des Sonnensystems betrachtete. Gehört beides zur so geannten klassischen Mechanik.
Erweiterung von Wissens- und Kenntnisstand hat nichts mit Verstoß gegen die "Norm" zu tun, aber absolut gar nichts.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Dark Angel hat geschrieben:(12 May 2017, 09:51)

Grundrechte sind Abwehrrechte - richtig - und der Staat hat diese zu garantieren. Grundrechte garantieren bedeutet aber auch, Verstöße, Einschränkungen bzw Missachtung dieser Grundrechte zu ahnden.
Das ist nicht ganz korrekt. Das Grundgesetz richtet sich ausschließlich an den Staat. Der Staat kann keinen Bürger auf Grund eines Verstoßes gegen das Grundgesetz sanktionieren. Vielmehr muss die Staats- und Rechtsordnung dem Grundgesetz entsprechen. Daher ist es auch einzig und allein der Staat, der gegen das Grundgesetz verstoßen kann.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Provokateur hat geschrieben:(12 May 2017, 09:53)

Das ist so richtig, grundsätzlich hat aber das Grundgesetz normativen Basischarakter, der sich in allen anderen Gesetzen niederschlagen muss. Auch beim Erlassen der Gesetze, die den Umgang der Bürger untereinander regeln, muss der Staat bzw. müssen die gesetzgebenden Organe das Grundgesetz beachten.
Genau so ist es. Nichts anderes habe ich geschrieben.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Provokateur »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(12 May 2017, 10:07)

Genau so ist es. Nichts anderes habe ich geschrieben.
Es klang aber so, als hätte das Grundgesetz auf den Umgang der Bürger untereinander keinerlei Einfluss. Den hat es schon, by Proxy.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Provokateur hat geschrieben:(12 May 2017, 10:09)

Es klang aber so, als hätte das Grundgesetz auf den Umgang der Bürger untereinander keinerlei Einfluss. Den hat es schon, by Proxy.
Dann hab ich mich falsch ausgedrückt. Natürlich hat es Einfluss über die Gesetze. Ich halte nur die immer wieder kehrende Behauptung für falsch, der Bürger müsse sich in irgendeiner Art und Weise an das Grundgesetz halten oder die dort niedergeschrieben Grundsätze irgendwie akzeptieren. Und Verstöße dagegen müssten irgendwie geahndet werden. Das ist nun mal falsch, da sich das Grundgesetz nun mal ausschließlich an den Staat wendet.
Insofern ist es auch ziemlich sinnfrei, wenn immer wieder gefordert wird, dass Migranten das Grundgesetz oder die Grundsätze dort akzeptieren müssen.
Dabei wird ja unterstellt, dass Deutsche das automatisch tun. Und das ist natürlich nicht der Fall. da kann ja jeder abweichende Meinungen dazu vertreten. Und das wird auch getan.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Dark Angel »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(12 May 2017, 10:06)

Das ist nicht ganz korrekt. Das Grundgesetz richtet sich ausschließlich an den Staat. Der Staat kann keinen Bürger auf Grund eines Verstoßes gegen das Grundgesetz sanktionieren. Vielmehr muss die Staats- und Rechtsordnung dem Grundgesetz entsprechen. Daher ist es auch einzig und allein der Staat, der gegen das Grundgesetz verstoßen kann.
Das meinte ich mit "Staat muss Grundrechte garantieren" und "Verstöße, Einschränkungen bzw Missachtung dieser Grundrechte zu ahnden." Sorry, dämlich ausgedrückt!

Wer unser Wertesystem (Grundgesetz) missachtet, dagegen verstößt, missachtet gleichzeitig unser Rechtssystem, verstößt gegen selbiges. Das eine kann man aber nicht losgelöst vom anderen betrachten, weil eins auf dem anderen aufbaut.
Ohne die Ideen des Humanismus, die die europäische Kultur hervor gebracht hat, gäbe es keine Grundrechte, die vom Staat zu garantieren sind und es gäbe auch kein Rechtssystem, das geeignet ist, diese Grundrechte zu garantieren.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Laertes hat geschrieben:(12 May 2017, 08:46)

Ich bin selber strikt gegen ein normatives Verständnis von Leitkultur. Aber ich kann auch nicht ignorieren, dass es hierzulande mehrheitlich akzeptierte und vorausgesetzte gesellschaftliche Spielregeln, kulturelle Selbstverständlichkeiten gibt, die erheblich zur wesentlich höheren Lebensqualität und zur Produktivität unseres Landes im Vergleich zu 90% der Welt beitragen. Festzustellen welche Spielregeln und Selbstverständlichkeiten das sein könnten, diktiert ja keine Norm.

Beispiel: Die Steuerzahlmoral in Deutschland vs. Griechenland. Gesetzliche Verpflichtungen gibt es in beiden Ländern, aber die Einstellung zur Verbindlichkeit dieser Gesetze scheint erheblich zu differieren. Mir ist der hiesige Status lieber und ich möchte ihn bewahren.
Das ist eine durch Soziologen empirisch ermittelbare Tatsache. Von solchen Tatsachen dürfte es noch eine ganze Reihe weiterer geben. Der Schritt von der Feststellung einer Mehrheitsgewohnheit zur normativen Vorgabe dieser Gewohnheit ist das Problem. Aber es ist nicht einfach so, dass man damit eine irrelevante Minderheit irgendwie unberücksichtigt lässt: Man verlässt den eigentlichen Kern und das Prinzip liberaler, freiheitlicher Gesellschaften. Dieser Kern zeigt sich gerade auch in der Akzeptanz von Praktiken, die statistisch gesehen eine Minderheit betreffen.

Das Eichsfeld ist überwiegend katholisch und Katholiken dort stellen das auch als eine bewahrenswerte Tatsache hin. Es ist dennoch kategorisch abzulehnen, den katholischen Glauben als Bestandteil einer richtungsweisenden Leitkultur auszuweisen. Deutschlandweit sowieso nicht. Und im Eichsfeld aber auch nicht.
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Re: Leitkultur in Deutschland

Beitrag von relativ »

Habe gestern mal bei Lanz reingeschaut, wie ich finde eine sehr konstruktive und interessante Gesprächsrunde war dort. Wo es um den Islam und auch die leitkultur ging, gerade im Unterschied zu anderen Einwanderungsländern. Wer es nicht gesehen hat und lust hat sich dies mal anzuhören/schauen hier der link.

Gerade die "Schlussworte" ab 38 min. von Hamed Abdel-Samad Lanz und Ulrich Kienzle zum Thema kann ich auch aus meinen Erfahrungen fast genau so weiter geben.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(12 May 2017, 09:56)

So ein Unsinn - den Wissens- und Erkenntnisstand mit "Norm" gleichzusetzen. Nach dieser verqueren Logik ist auch Keppler von der "Norm" des kopernikanischen Weltbildes abgewichen, als er seine Planetengesetze formulierte, die gegen die Vorstellungen Kopernikus', der von Kreisbahnen ausging, "verstieß" und nach dieser Logik hat Kopernikus gegen die "Norm" verstoßen, als er die Erde nicht mehr als Zentrum, des Sonnensystems betrachtete. Gehört beides zur so geannten klassischen Mechanik.
Erweiterung von Wissens- und Kenntnisstand hat nichts mit Verstoß gegen die "Norm" zu tun, aber absolut gar nichts.
Die Keplerschen Gesetze sind eine Modifizierung des Kopernikanischen Weltbilds. Die moderne Physik dagegen ist nicht einfach eine "Erweiterung des aktuellen Kenntnisstands" sondern ein grundsätzlicher Wandel des ganzen physikalischen Weltbilds. Allein schon in der Frage Determinismus/Indeterminismus. Der Widerspruch in dieser Leitkultur-Frage besteht darin, dass man eigentlich diese Bereitschaft zum grundsätzlich-auch-anders-denken-können als leitkulturellen Wert ausweisen müsste. Da beißt sich die Katze in den Schwanz: Etwas als Grundatz zu formulieren, was darauf hinausläuft, Grundsätze auch immer hinterfragen zu sollen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von schokoschendrezki »

hafenwirt hat geschrieben:(12 May 2017, 09:13)

Kann es ja geben. Nur schafft es kein Deutscher, dass irgendwie darzustellen, nicht mal der Innenminister.
In mehreren Kommentaren wird - völlig richtig - angemerkt, dass die konkret aufgeführten Punkte zur Leitkultur gar nicht für einen praktischen Gebrauch, für eine praktische Anwendung geeignet oder auch überhaupt nur gedacht sind. Es geht nur und ausschließlich darum, eine "Leitkultur"-Debatte wieder zu entfachen und mit ihr Positionierungsmöglichkeiten und Sammlungsofferten zu schaffen.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Antonius »

Provokateur hat geschrieben:(12 May 2017, 08:54)
Wenn das Wort "Leitkultur" so einen schlechten, bösen und völkischen Nachhall hat, warum unterhalten wir uns nicht über eine "Lebensweise"?

Es gibt den American Way of Life, das französische Savoir-vivre - warum soll es nicht eine deutsche Lebensweise - "das richtige Leben" - geben?

Das engt nicht ein, denn jedem bleibt es ja freigestellt, das falsche Leben zu führen. Zum richtigen Leben gehören dann gute Umgangsformen, gegenseitiger Respekt, Leistungsbereitschaft und defensives Fahren. Um das ganze mal übertrieben darzustellen.
D'accord.
Und das ist keinesfalls übertrieben dargestellt.
Es ist die Akzeptanz der gewachsenen kulturellen Lebensweise, von Sitten und Gebräuchen, in einer Region.
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Re: 20 Jahre Leitkultur

Beitrag von Antonius »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 May 2017, 11:23)
In mehreren Kommentaren wird - völlig richtig - angemerkt, dass die konkret aufgeführten Punkte zur Leitkultur gar nicht für einen praktischen Gebrauch, für eine praktische Anwendung geeignet oder auch überhaupt nur gedacht sind. Es geht nur und ausschließlich darum, eine "Leitkultur"-Debatte wieder zu entfachen und mit ihr Positionierungsmöglichkeiten und Sammlungsofferten zu schaffen.
Nein.
Es geht keineswegs darum, eine "Leitkultur"-Debatte wieder zu entfachen.
Es geht um die Beschreibung des Zustandes der Lebenskultur in einer Gesellschaft.
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