Welfenprinz hat geschrieben:(27 Oct 2016, 13:15)
Die Ursachen sind sicher verschieden.
Bei Ängsten,Vorurteilen und Verhalten gibt es sehr grosse Schnittmengen.
Kulturelle Ähnlichkeit? Ich lach mich schlapp.
Ostpreussen,Schlesier und Balten waren ausgesperrte Exoten. Nur aus meinem Dorf kann ich ein Buch mit Geschichten darüber füllen.
Noch in den 90ern hab ich Formulierungen wie “das ist ja erst seit die Katholen hier sind“ gehört.
Bei uns waren 5Familien einquartiert,ich bin 1960 geboren und habe bewusst noch 2davon namentlich in Erinnerung,sprich die waren bis 64 oder 65 da.
Meine Eltern hatten am Anfang ihrer Ehe zwei Zimmer(in einem 1909er Bauernhaus mit über 300 qm Wohnfläche)
Die deutsche organisatorische Logistik war genauso effizient wie in den Konzentrationslagern. ;-) Zum Glück! Die Behörden und Bürgermeister, Einzelpersonen und : die Kirchen - hatten damals noch eine GANZ andere Nummer zu wuppen. Heute?! das sind Peanuts dagegen.
ALLES wurde organisiert. Von Schulklassen, die die neuen Flüchtlinge durch den Ort führten, von Interims-Unterkünften übers Wochenende von Ankunft bis Einzug in die neue Wohnung, von Fresspaketen bis Mittagsmahlzeiten usw. etc. - Perfekt! Und alles trotz des Elends.
Hier ein paar Ausschnitte von Originaldokumenten:
An den Flüchtlingsminister Herrn Pastor Albertz. -
Sehr geehrter Herr Minister, in der Kenntnis dessen, dass unsere Gemeinde in Ihrer psychischen und physischen Struktur etwas Ähnliches wie ein KZ-Lager darstellt, hat der Gemeinderat beschlossen, Ihnen die dringende Bitte zu unterbreiten, baldmöglichst unserer Gemeinde einen Besuch abzustatten. Die treibende Sorge, Flüchtlingen erstmal ein Dach überm Kopf zu beschaffen, ließ die Frage nach der menschenwürdigen Unterkunft und der Existenzmöglichkeit gar nicht erst aufkommen. So wurde Benefeld ein Fleckchen Erde, auf welchem ein von 300 auf über 3000 Seelen angestiegener Menschenknäuel aller moralischen und beruflichen Schattierungen zusammengepfercht wurde.
... Dächer ohne Dachpappe/ durchgefaulte Fußböden/ Wanzen/ Ratten/ Mäuse. Ein Trockenklo für 50 Leute/kein Friedhof/keine Schulmöbel/ /keine Steuereinnahmen/Mieterhöhungen trotz Preisstop. Dreiviertel Familien leben von Fürsorge und unser Trinkwasserwerk soll zugunsten der Besatzungsmacht demontiert werden.
Ihren Besuch an einem Wochenende würden wir also sehr begrüßen und ich bitte Sie herzlich, Herr Minister, während Ihres Aufenthaltes in unserer Gemeinde mein Gast zu sein. Hochachtungsvoll, Ahrens, Bürgermeister.
Eines der Fluchgebete:
Herrgott im Himmel, sieh unsere Not ,
wir Bauern haben kein Fett und kein Brot.
Flüchtlinge fressen sich dick und fett und stehlen uns unser letztes Bett .
Wir verhungern und leiden große Pein. Herrgott, schick das Gesindel heim.
Laufende Nummer der eingegebenen Transporte: 22
Ankunftsdatum 2.12.52
Transportnummer 2122
Planverbindung 0
Abgangsbahnhof Göttingen
Zielbahnhof: Gau Bickelheim
Transportstärke 114
Männer 14-65 : 35 / Frauen: 14-65: 43
Arbeitsfähige Männer: 31 / arbeitsfähige Frauen 36
24 Familien mit 112 Personen, zwei Einzelpersonen.
Es ist verständlich, dass bei diesen Masseneinweisungen auch Heimatvertriebene eingeschleust werden, die die erwarteten Hoffnungen in keiner Weise erfüllen. Dem guten Ruf der anständigen Heimatvertriebenen, die ebenso dies traurige Los getroffen hat, wird dadurch Abbruch getan. Es ist außerordentlich bedauerlich, dass in vielen Fällen auch Familien zugewiesen wurden, bei denen es sich um wilde Ehen handelt, die vor allem in den Landgemeinden eine ablehnende Haltung hervorrufen. Mit derart unliebsamen Auseinandersetzungen müssen sich die Wohnungsbehörden leider auseinandersetzen.
usw.
dies nur ein oberflächlich hingeschriebener Abriss.