Flat » Mo 2. Nov 2015, 15:30 hat geschrieben:
Moin,
bei der Flüchtlings-Familie, die ich mit betreue, ist eine über 70jährige Frau. Sie spricht nur ihre Heimatsprache und kann keine lateinischen Buchstaben (ich vermute sogar, dass sie auch in der Heimatsprache Analphabetin ist). Dazu ist sie gehbehindert.
An welche Front würdest Du sie denn gerne zurück schicken, wenn sie kein deutsch mehr lernen wird? In Ihrem Fall wäre das wahrscheinlich der IS.
In meiner Heimatstadt gab es seinerzeit Anfang der 90er zig Russlanddeutsche, die nur russisch sprachen. Vor allem die älteren Leute, erstaunlicherweise. Den Kindern von damals hörst Du heute nicht mal mehr einen Akzent an, die mittlere Generation spricht auch fließend deutsch. Da, wo ich heute lebe, haben wir überproportional viele Migranten, und besonders viele der älteren - auch wenn sie schon über 20 oder 30 Jahre hier sind, können kaum bzw. schlecht deutsch. Das hat fast Methode. Ich denke, NMA bezog sich in seiner Aussage mehr auf diejenigen, für die die deutsche Sprache essentiell ist, um sich hier eine Existenz aufzubauen oder die Chance auf einen Job zu haben. Das schließt die 70- oder 80-jährige Omi nicht zwingend ein. Die wird tendenziell mit versorgt.
Zudem steht hier der WILLE, die Sprache zu lernen, im Vordergrund. Wo keine Not ist, deutsch zu lernen, und zugleich auch das Interesse fehlt, da wird es auch mit der Integration scheitern. Hier in meiner Umgebung muss man kein deutsch können. In den kleinen Enklaven kriegt man alles, was man braucht, und wenn dann doch mal deutsch gebraucht wird, dann kann es meistens jemand aus der Familie oder im Zweifelsfall jemand aus der Nachbarschaft.
So etwas würde in meiner kleinen Heimatstadt nicht funktionieren. Daher klappt meiner Erfahrung nach eine Integration immer dort am besten, wo man keine "Parallelgesellschaften" gründen kann, weil einfach die Infrastruktur nicht da ist bzw. die Leute schlicht nicht vorhanden sind. Trotzdem funktioniert das Leben hier. Ich kann zwar kein Türkisch, aber mein türkischer Bäcker, die Jungs im Kebaphaus und der Gemüsehändler können deutsch. Und schon geht's.