Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

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Dark Angel
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Ich weise nochmals darauf hin, dass es in diesem Thread NICHT um irgendwelche neuzeitlichen Sprachentwicklungen geht, sondern um die Herkunft der Indogermanen/Indoeuropäer! Sollte diese Schredderei nicht aufhören, werde ich die entsprechenden Posts in die Ablage entsorgen! (Mod)
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Ich denke der Ursprung liegt irgendwo in der Region des heutigen Irans. Der Begriff
Aryan deuted auch auf diese Region hin. Hitlers Arier haben damit absolut nichts zu tun.
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Dark Angel
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(15 Mar 2018, 12:17)

Ich denke der Ursprung liegt irgendwo in der Region des heutigen Irans. Der Begriff
Aryan deuted auch auf diese Region hin. Hitlers Arier haben damit absolut nichts zu tun.
Du denkst oder hast du irgendwelche Quellen, die diese Aussage stützen?
Wir sind hier in einem Unterforum des Wissenschaftsforums und da sollte schon etwas fundierteres kommen als "ich denke ..."

Es gibt da nämlich zwei konkurrierende Hypothesen - a) die Kurganhypothese von Gimbutas und b) die Anatolienhypothese.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 12:21)

Du denkst oder hast du irgendwelche Quellen, die diese Aussage stützen?
Wir sind hier in einem Unterforum des Wissenschaftsforums und da sollte schon etwas fundierteres kommen als "ich denke ..."

Es gibt da nämlich zwei konkurrierende Hypothesen - a) die Kurganhypothese von Gimbutas und b) die Anatolienhypothese.
Es gibt genug Quellen.

Zur Vereinfachung:

https://en.wikipedia.org/wiki/Indo-European_migrations

http://www.dictionary.com/browse/indo-european

Genug Sachbuecher erhaeltlich!
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Ammianus
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

H2O hat geschrieben:(14 Mar 2018, 23:41)

Als Laie frage ich mich natürlich, welchen sittlichen Gewinn Wissenschaftler haben, wenn sie gegen alle vorher mühsam ermittelten Daten einer Behauptung Geltung verschaffen, für die es keine Nachweise gibt. Gibt es dafür Gehaltserhöhung? :)

So sehe ich das auch bei der Feministin Gimbutas und dem Matriarchat. Woraus hat sie so etwas geschlossen? Und sind ihr da keinerlei Zweifel gekommen?
Das ist eine sehr weit gefasste Sache. Die Zeit spielt dabei eine Rolle, das Land und auch der Mensch. Archäologie und Geschichtsschreibung sind Wissenschaften, die gern für politische, religiöse und andere Zwecke genutzt werden. Und da ist jeder Forscher anders. Karriere, Familie, Selbstüberschätzung oder Teil eines Mainstreams zu sein und an diesen zu glauben spielt da eine Rolle. Man muss sich da jeden Fall für sich ansehen.

Wir hier in Deutschland haben ja zwei ideologische Diktaturen hinter uns. Da gab es Forscher, die standen voll dahinter und solche, die sich zurückhielten, resigniert die Schultern zuckten und versuchten mit einer gewissen Anpassung ihre Arbeit zu machen und sonst ihre Ruhe zu haben.

Heute sind es auch bestimmte gesellschaftliche Faktoren. Ich schrieb ja schon über das Wandern, das nicht mehr stattfinden sollte. Die Entwicklung der Genetik hat das zum Glück erledigt. Interessant ist auch der aggressive Teil der Feministinnen. Die versuchen dann ihre Ideologie in die Interpretation archäologischer Funde und Befunde einzubringen. Man denke an zahlreiche Frauen, die in den 90ern die Doppelaxt trugen. Dieses Symbol taucht sehr oft in den Hinterlassenschaften der Minoer, der Bewohner des bronzezeitlichen Kreta auf. Die Ideologinnen hatten nun einfach fest gelegt, dass es dort auf Grund zahlreicher Darstellungen ein Matriarchat gegeben haben soll. Allerdings haben wir, im Gegensatz zum Griechenland der Klassischen Zeit keinerlei relevante Texte, die uns etwas über die gesellschaftlichen Verhältnisse bei den Minoer mitteilen. Die Besonderheit gegenüber dem Festland, dem Orient und Ägypten aber ist, dass es keine wirklich deutlichen Hinweise auf Herrscherpersönlichkeiten gibt. Mann nehme nur die zahlreichen männlichen Statuen, die vielen Darstellungen auf Reliefs, die schon durch ihre Größenverhältnisse Hierarchien andeuten. Da ist der Pharao oder der Herrscher eines Reiches in Mesopotamien riesengroß und vor ihm stehen klein seine Untertanen.

Stellen wir uns jetzt vor, das klassische Griechenland hätte keinerlei Texte hinterlassen, wir hätten keine Beschreibung von Außenstehenden, nur ihre Statuen, Reliefs und die Vasenmalerei. Daraus ließe sich dann leicht, wenn schon kein Matriarchat, so aber eine gleichberechtigte Stellung der Frau, behaupten. Zahlreich Athena mit Helm, Speer und Schild, Artemis mit geschürztem Peplos, Pfeil und Bogen, die Amazonen im Kampf mit gut gerüsteten Männern. Es gibt auch auf den Vasen viele Darstellungen arbeitender Frauen – z.B. beim Bemalen von Vasen.
Durch unsere schriftlichen Quellen wissen wir jedoch, dass gerade in Athen die Frauen nichts zu sagen hatten. In einer Rede des Atheners Perikles, überliefert durch den Geschichtsschreiber Thukydides sagt der Politiker sinngemäß, dass die beste Frau jene ist von der man weder im Guten noch im Schlechten etwas hört.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
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Re: Re:

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(15 Mar 2018, 11:19)

Die Steinzeit begann vor über zwei Millionen Jahren in Afrika und dauerte bis etwa 5500 vor Christus.

Anzunehmen, dass in dieser Zeit keine sozialen Veränderungen und in der Rollenverteilung stattgefunden hätten, ist etwas kurzsichtig. Auch mag die Verteilung in den Stämmen unterschiedlich gewesen sein. Überlebt haben letztlich die, die am erfolgreichsten waren...und das scheinen die mit der "klassischen Rollenverteilung" gewesen zu sein.
Ja ... was ist "klassische Rollenverteilung"? Was ich meine, und da bin ich mir ziemlich sicher: Das verbreitete, populäre Bild der Menschen der Steinzeit ist noch immer sehr geprägt von dieser ungemein erfolgreichen biedermeierlichen Vor-TV-Bildungsbücherwelt. Von "Entdeckungen in Feld und Flur" und dergleichen. Ich habe ja selbst noch einige ererbte Exemplare dieses Genres. Die Autoren sind in der Regel Vertreter dieses eigentlich noch recht jungen Phänomens der bürgerlichen Kleinfamilie und haben entsprechende Präferenzen, die sie wahrscheinlich auch dem Bild der Steinzeit überstülpen. Im akademischen Bereich wird das natürlich anders sein. Aber wie zäh solche Vorstellungen in der Allgemeinheit sind, beweist diese nicht totzukriegende Legende vom Fleisch Grillen als angeblich letzter Domäne des Steinzeitmannes im modernen Mann.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(15 Mar 2018, 12:29)

Es gibt genug Quellen.

Zur Vereinfachung:

https://en.wikipedia.org/wiki/Indo-European_migrations

http://www.dictionary.com/browse/indo-european

Genug Sachbuecher erhaeltlich!
Ach du meinst, wenn du dich auf Wikipedia beziehst, dann stützt das deine Behauptung/Aussage von "ich denke ..."?
Nee - Fehlanzeige!
Hier geht es ja gerade um die Kritik der immer noch akzeptierten, aber widerlegten Kurganhypothese.
Es gab keine homogene Kurgankultur, sondern mehrere regionale Kulturen mit teilweise gleichen bzw ähnlichen Merkmalen.
Sorry, aber in einem wissenschaftlichen Unterforum kommst du mit "ich denke ..." und "es gibt genug Sachbücher" nicht weiter.
Wie wär's denn mit Fachliteratur, gibts auch im Internet.
Na dann gib mal Butter bei die Fische!
Worauf stützt du denn deine Behauptung?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

H2O hat geschrieben:(14 Mar 2018, 23:41)

Als Laie frage ich mich natürlich, welchen sittlichen Gewinn Wissenschaftler haben, wenn sie gegen alle vorher mühsam ermittelten Daten einer Behauptung Geltung verschaffen, für die es keine Nachweise gibt. Gibt es dafür Gehaltserhöhung? :)

So sehe ich das auch bei der Feministin Gimbutas und dem Matriarchat. Woraus hat sie so etwas geschlossen? Und sind ihr da keinerlei Zweifel gekommen?
Gimbutas folgt bei ihrer Hypothesenbildung - wie bereits erwähnt - der Meinung ihres Lehrers E.Wahle, dass es sich bei der - oder besser den - indoeuropäischen Wanderung(en) um eine Invasion/Eroberung kriegerischer Reiternomaden gehandelt haben muss.
Sie begeht jedoch den methodischen Fehler, nur religiöse Artefakte - oder das was sie dafür hält - in ihre Betrachtungen und Hypothesenbildung einzubeziehen. Dabei geht sie nach dem Motto vor "sieht aus wie, also ist es auch". Eine weibliche Figurine wird bei ihr in jedem Fall zur "Muttergöttin" und darin folgt sie wiederum Bachofen. Auch für Bachofen war jede weibliche Darstellung, insbesondere die Darstellung von Schwangeren ein Hinweis auf die Existenz a) einer Religion mit Muttergottheit und) daraus ableitend einer Herrschaftsform der Mütter/Frauen (Ammianus schrieb schon dazu).
Das eigentliche Problem ist, dass sich Gimbutas nie von ihren Aussagen distanzierte, neue Erkenntnisse nicht einbezog - heißt die Neuaflagen ihrer Werke nicht korrigierte.
Stattdessen zog sie sich immer weiter in die Mystifzierung ihres Weltbildes zurück, welches auch bei der Interpretation (ihrer) archäologischen Befunde zum Ausdruck kommt.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Die Kurganhypothese ist widerlegt? Heisst, die Anatolienhypothese hat sich bewahrheitet?
Was ist denn dann mit diesen Genanalysen, die eine Herkunft aus der süd-russischen Steppe nahelegen, das die Kurganhypothese als Ursprungsregion der Sprecher des Proto-Indoeuropäischen benennt?
Geht es darum, dass die Annahme eines indoeuropäischen "Urvolkes" nicht mehr vertreten wird?
Oder geht es hier nur um die Dame Gimbutas und ihre "speziellen" Thesen, die widerlegt sind?
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Re: Re:

Beitrag von Dark Angel »

Provokateur hat geschrieben:(15 Mar 2018, 11:19)

Die Steinzeit begann vor über zwei Millionen Jahren in Afrika und dauerte bis etwa 5500 vor Christus.

Anzunehmen, dass in dieser Zeit keine sozialen Veränderungen und in der Rollenverteilung stattgefunden hätten, ist etwas kurzsichtig. Auch mag die Verteilung in den Stämmen unterschiedlich gewesen sein. Überlebt haben letztlich die, die am erfolgreichsten waren...und das scheinen die mit der "klassischen Rollenverteilung" gewesen zu sein.
Es gibt aber keine "klassische Rollenverteilung", es gibt nur eine Arbeitsteilung und die hat ihre Grundlage in der Biologie.
Es sind nunmal die Frauen, die schwanger werden und Kinder gebären und infolge dieser biologischen Funktion für bestimmte Arbeiten ausfallen, dafür andere übernehmen.
Frauen haben nunmal einen "zarteren" Knochenbau und verfügen über eine geringere Muskelmasse als Männer. Verantwortlich dafür ist das Testosteron.
Allein schon aus der biologischen Funktion der Frau ergibt sich die Übernahme bestimmter Arbeiten. Für einen bestimmten Zeitraum ist das Kind nunmal ausschließlich auf die Mutter angewiesen. Daran hat sich auch über die Jahrtausende nichts geändert. Der Mensch ist immer noch ein Säugetier und die beste Nahrung für Neugeborene ist immer noch die Muttermilch.
Keine, noch so ausgeklügelte Säuglingsersatznahrung kann leisten, was die natürliche Nahrung leistet. Hinzu kommt die Befriedigung wichtiger Grundbedürfnisse des Kindes, die wiederum auch nur von der Mutter befriedigt werden können, weil diese (Bedürfnisbefriedigung) bereits in der fetalen Entwicklungsphase beginnt.
Sowas mögen allerdings Vertreter des Sozialkonstruktivismus gar nicht hören, weil die immer noch, die inzischen widerlegten Ansichten des Radikalbehaviorismus vertreten, denen zufolge der Mensch "tabula rasa" auf die Welt kommt und vollständig durch Erziehung und Umwelt "geprägt" wird.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(14 Mar 2018, 23:41)

Als Laie frage ich mich natürlich, welchen sittlichen Gewinn Wissenschaftler haben, wenn sie gegen alle vorher mühsam ermittelten Daten einer Behauptung Geltung verschaffen, für die es keine Nachweise gibt. Gibt es dafür Gehaltserhöhung? :)

So sehe ich das auch bei der Feministin Gimbutas und dem Matriarchat. Woraus hat sie so etwas geschlossen? Und sind ihr da keinerlei Zweifel gekommen?
Sind ihr. In "Die Zivilisation der Götter" (1991) distanziert sie sich ausdrücklich von dem Begriff "Matriarchat" weil er
... weit entfernt von der Realität des Alten Europa ist.
Es ist eine mindestens ebenso wichtige Frage, warum eine einzelne Autorin und Wissenschaftlerin gewissermaßen zum medialen Abschuss durch eine ideologisch befrachtete Gemeinschaft freigegeben wurde und nicht einfach kühl und sachlich und nach ungeschriebenen akademischen Regeln kritisiert wird.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von H2O »

Ammianus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 12:41)

Das ist eine sehr weit gefasste Sache. Die Zeit spielt dabei eine Rolle, das Land und auch der Mensch. Archäologie und Geschichtsschreibung sind Wissenschaften, die gern für politische, religiöse und andere Zwecke genutzt werden....

...In einer Rede des Atheners Perikles, überliefert durch den Geschichtsschreiber Thukydides sagt der Politiker sinngemäß, dass die beste Frau jene ist von der man weder im Guten noch im Schlechten etwas hört.
Vielen Dank für Ihre Erklärungen; ja, das leuchtet mir alles ein. Dennoch bleibt ein Staunen, was unsere neuzeitlichen Feministinnen und ihre Schlüsse auf Frauen als herrschende Klasse betrifft.

Skelettfunde zeigen doch immer wieder, daß Männer zumindest an Körperkraft den Frauen allgemein überlegen waren. Daraus schließe ich, daß zumindest in primitiven Gesellschaften in gefährlichen Umgebungen die Männer ihrer Sippe das Überleben sicherten... schweres Baumaterial bewältigten und große Beutetiere überwanden. Da käme ich gar nicht auf den Gedanken, daß dort eine Frauenherrschaft bestand. Daß Frauen als wertvoller Besitz galten, das scheint mir ebenso nahe zu liegen. Von ihnen hing ja wesentlich das Fortbestehen der Sippe ab, insbesondere das Überleben der Kinder und sicher auch die Sorge für die Alten.

So ist das doch schon bei Affenhorden zu beobachten. :)

Mit sich verfeinernden Umgangsformen unter besseren Lebensbedingungen und in abgeschichteten Gesellschaften werden sich diese Zwänge abgemildert haben. Andernfalls gäbe es sicher keine Herrscherinnen, die ihrer engeren Familie die Herrschaft sicherten. Aber, wie man lesen kann, scheint in der Welt der Griechen ebenfalls den Frauen eine stille Rolle im Hause zugewiesen gewesen sein. Sind kriegerische Amazonen dann doch nur sagenhafte Erzählfiguren?

Wenn es heißt, daß römische Krieger auch von Frauen niedergekämpfter Germanen angegriffen wurden, dann wird das auch nicht so überraschend sein können, denn auf die wartete Sklaverei. Ein Hinweis auf eine besonders hohe gesellschaftliche Stellung der Frauen sehe ich darin nicht.
Will sagen, daß uns Nachgeborenen von "WissenschaftlerInnen" tüchtige Bären aufgebunden wurden. Immerhin bildeten die Griechen auch Götter ab, die niemals ein Lebender gesehen haben konnte. Warum also nicht auch Amazonen, Nixen, Sirenen und Centauren...

Die Genforschung bringt vermutlich Ordnung in die vielen ausgeklügelten Hypothesen der Menschheitsgeschichte!
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Re: Re:

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 12:55)

Ja ... was ist "klassische Rollenverteilung"? Was ich meine, und da bin ich mir ziemlich sicher: Das verbreitete, populäre Bild der Menschen der Steinzeit ist noch immer sehr geprägt von dieser ungemein erfolgreichen biedermeierlichen Vor-TV-Bildungsbücherwelt. Von "Entdeckungen in Feld und Flur" und dergleichen. Ich habe ja selbst noch einige ererbte Exemplare dieses Genres. Die Autoren sind in der Regel Vertreter dieses eigentlich noch recht jungen Phänomens der bürgerlichen Kleinfamilie und haben entsprechende Präferenzen, die sie wahrscheinlich auch dem Bild der Steinzeit überstülpen. Im akademischen Bereich wird das natürlich anders sein. Aber wie zäh solche Vorstellungen in der Allgemeinheit sind, beweist diese nicht totzukriegende Legende vom Fleisch Grillen als angeblich letzter Domäne des Steinzeitmannes im modernen Mann.
All jenes, was du hier so verdammst, hat Europa für mindestens 400 Jahre (von der Entdeckung Amerikas bis zum ersten Weltkrieg) zur Führungsmacht auf diesem Planeten gemacht. Länger noch, wenn du die Hochkulturen seit Babylon mit dazunimmst, in denen die Rollenverteilung immer klar geregelt war. Sobald sich eine Zivilisation entwickelt, werden die Rollen verteilt. Schau dir die erfolgreichen Hochkulturen an - und zwar die Bevölkerungen und die Rolle der Frau. Mit dem Codex Hammurapi kannst du ja mal anfangen.
Dark Angel hat geschrieben: Es gibt aber keine "klassische Rollenverteilung", es gibt nur eine Arbeitsteilung und die hat ihre Grundlage in der Biologie.
Was du Arbeit nennst, nenne ich Rolle. Es bedeutet nur: jeder hat seine Feste Funktion, in der er zum Überleben der Population beiträgt.
Dark Angel hat geschrieben: Es sind nunmal die Frauen, die schwanger werden und Kinder gebären und infolge dieser biologischen Funktion für bestimmte Arbeiten ausfallen, dafür andere übernehmen.
Frauen haben nunmal einen "zarteren" Knochenbau und verfügen über eine geringere Muskelmasse als Männer. Verantwortlich dafür ist das Testosteron.
Anhand von Knochenzeugnissen aus der Steinzeit wurde vor kurzem nachgewiesen, dass die Frauen der Steinzeit einen Oberkörper wie Ruderinnen hatten. Ich habe Ruderinnen ausgebildet...die Mädels sind Schränke.
Die Beine allerdings waren denen der heutigen Frauen sehr ähnlich.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 13:24)

Die Kurganhypothese ist widerlegt? Heisst, die Anatolienhypothese hat sich bewahrheitet?
Was ist denn dann mit diesen Genanalysen, die eine Herkunft aus der süd-russischen Steppe nahelegen, das die Kurganhypothese als Ursprungsregion der Sprecher des Proto-Indoeuropäischen benennt?
Geht es darum, dass die Annahme eines indoeuropäischen "Urvolkes" nicht mehr vertreten wird?
Oder geht es hier nur um die Dame Gimbutas und ihre "speziellen" Thesen, die widerlegt sind?
Die Kurganhypothese ist dahingehend widerlegt, dass es keine homogene Kurgankultur gibt, sondern nur verschiedene regionale Kulturen, mit teilweise gleichen bzw ähnlichen Merkmalen.
Gimbutas' Kurganhypothese basiert auf einem einzigen Merkmal - der Bestattungsform - einem Grabhügel (Kurgan). Dabei ordnet sie ausschließlich gefundene Artefakte - die sie alle als religiös einordnet - einer einzigen gemeinsamen Kultur zu und das unabhängig von Fundkontext und archäologischem Horizont. Sie bezieht keinerlei Arbeitsgeräte, keine Alltagsgegenstände oder Waffen in ihre Betrachtung ein. Sie ordnet Gefäße, Statuetten und Muster unabhängig von Typologie oder Chronologie einer gemeinsamen Kultur zu.
Und NEIN - dass die Kurganhypothese widerlegt ist, bedeutet eben nicht zwingend, dass die Anatolienhypothese bestätigt wäre.
Vielmehr legen die genetischen Untersuchungen von Cavelli-Sforza nahe, aus beiden Hypothesen eine neue zu entwickeln.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:02)
Vielmehr legen die genetischen Untersuchungen von Cavelli-Sforza nahe, aus beiden Hypothesen eine neue zu entwickeln.
Die aber Sprachwissenschaftlich nicht ganz funktioniert. Genetisch durchaus, denn die Vorbevölkerungen in Anatolien wurden ja genauso wenig ausgerottet wie die im nördlichen Kaukasus.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 13:42)

Sind ihr. In "Die Zivilisation der Götter" (1991) distanziert sie sich ausdrücklich von dem Begriff "Matriarchat" weil er


Es ist eine mindestens ebenso wichtige Frage, warum eine einzelne Autorin und Wissenschaftlerin gewissermaßen zum medialen Abschuss durch eine ideologisch befrachtete Gemeinschaft freigegeben wurde und nicht einfach kühl und sachlich und nach ungeschriebenen akademischen Regeln kritisiert wird.
Meine Empfindungen decken sich mit Ihren, was das Niedermachen von Mitmenschen betrifft. Ich vermute, daß sich da ein tief sitzender Groll entlädt, wenn Menschen durch Glück oder Können hochgestellt weit über dem Durchschnitt verehrt werden (müssen), und sich deren Rolle durch Pech und Unglück nur als glückliche Fügung erweist. Denken wir doch an den gewesenen Bundespräsidenten Wulff. Außenstehende können auch kaum beurteilen, wie sehr die Hochverehrten ihr Glück in verächtlichen Umgang mit ihrer Umgebung/Fachwelt umsetzten. Da werden "akademische Regeln" wirkungslos, die Rachegeister wüten.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 13:42)

Sind ihr. In "Die Zivilisation der Götter" (1991) distanziert sie sich ausdrücklich von dem Begriff "Matriarchat" weil er


Es ist eine mindestens ebenso wichtige Frage, warum eine einzelne Autorin und Wissenschaftlerin gewissermaßen zum Abschuss durch eine ideologisch befrachtete Gemeinschaft freigegeben wurde und nicht einfach kühl und sachlich und nach ungeschriebenen akademischen Regeln kritisiert wird.
Gimbutas wird NICHT zum "medialen Abschuss durch eine ideologisch befrachtete Gemeinschaft freigegeben", sondern ihr wurden methodische Fehler und unsaubere Arbeitsweise nachgewiesen und zwar von Archäologen!
Die Widerlegung ihrer Thesen erfolgte sachlich, nach wissenschaftlichen Regeln!
Die einzigen, die das nicht akzeptieren wollen sind die Vertreter des Feminismus und der Genderideologie.
Und nein sie hat sich nicht vom Begriff "Matriarchat" distanziert, sie hat ihn nur durch den Begriff "Matrifokalität" ersetzt. Die Aussage bleibt die gleiche!
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Re: Re:

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(15 Mar 2018, 13:55)

All jenes, was du hier so verdammst, hat Europa für mindestens 400 Jahre (von der Entdeckung Amerikas bis zum ersten Weltkrieg) zur Führungsmacht auf diesem Planeten gemacht. Länger noch, wenn du die Hochkulturen seit Babylon mit dazunimmst, in denen die Rollenverteilung immer klar geregelt war. Sobald sich eine Zivilisation entwickelt, werden die Rollen verteilt. Schau dir die erfolgreichen Hochkulturen an - und zwar die Bevölkerungen und die Rolle der Frau. Mit dem Codex Hammurapi kannst du ja mal anfangen.
Weder Newton noch Einstein haben bildungsbürgerliche populärwissenschaftliche Bücher im Biedermeierstil geschrieben .... ich wüsste nicht, dass ich da irgendwas "verdammt" hättte.
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Re: Re:

Beitrag von Dark Angel »

Provokateur hat geschrieben:(15 Mar 2018, 13:55)
Was du Arbeit nennst, nenne ich Rolle. Es bedeutet nur: jeder hat seine Feste Funktion, in der er zum Überleben der Population beiträgt.
Es ist aber keine Rolle. Eine Rolle wird angelernt, anerzogen, was in Bezug auf Arbeitsteilung nicht der Fall ist. Die Arbeitsteilung hat sich evolutionär entwickelt.
Provokateur hat geschrieben:(15 Mar 2018, 13:55)Anhand von Knochenzeugnissen aus der Steinzeit wurde vor kurzem nachgewiesen, dass die Frauen der Steinzeit einen Oberkörper wie Ruderinnen hatten. Ich habe Ruderinnen ausgebildet...die Mädels sind Schränke.
Die Beine allerdings waren denen der heutigen Frauen sehr ähnlich.
Kommt darauf an wann in der Steinzeit und welcher Spezies gehörten diese Frauen an.
Homo Neanderthalensis war insgesamt stämmiger, untersetzter, Homo sapiens sapiens insgesamt "graziler".
Davon abgesehen müssen Frauen im Paläolithikum sehr viel kräftiger gewesen sein als rezente Frauen. Gleiches gilt jedoch auch für Männer.
Und wie ich bereits schrieb, waren Frauen im Paläolithikum keine "Heimchen am Herd", sondern beteiligten sich an Großwildjagden, jagden selbst. Darüber hinaus mussten sie auch imstande sein, schwere Lasten zu bewältigen.
Ab wann der Travoi als Transportmittel genutzt wurde, kann ich nicht sagen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:04)

Die aber Sprachwissenschaftlich nicht ganz funktioniert. Genetisch durchaus, denn die Vorbevölkerungen in Anatolien wurden ja genauso wenig ausgerottet wie die im nördlichen Kaukasus.
Tja sprachwissenschaftlich ist die Kurganhypothese noch sehr viel präsenter. Da werden Linguisten wohl nach neuen Ansätzen suchen müssen. ;)
Was wenn es "die" Ursprache gar nicht gab, sondern verschiedene ähnliche Dialekte, die ihrerseits Grundlage für die Entwicklung einer Sprachfamilie dienten?
Was wenn Vertreter beider "Lager" recht hätten, wenn es sowohl Wanderbewegungen, wie Siedlungskontinuität gegeben hat?
Eine sehr steile These - ich weiß.
ABER - für Wanderbewegungen gibt es die unterschiedlichsten Gründe, das können regionale Klimaveränderungen genauso sein, wie Bevölkerungswachstum, das konnen Naturereignisse sein u.v.m.
Zum Ende der Eiszeit hat es eine starke Bevölkerungsverschiebung von Nord nach Süd gegeben - Stichwort Doggerlands.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:08)

Meine Empfindungen decken sich mit Ihren, was das Niedermachen von Mitmenschen betrifft. Ich vermute, daß sich da ein tief sitzender Groll entlädt, wenn Menschen durch Glück oder Können hochgestellt weit über dem Durchschnitt verehrt werden (müssen), und sich deren Rolle durch Pech und Unglück nur als glückliche Fügung erweist. Denken wir doch an den gewesenen Bundespräsidenten Wulff. Außenstehende können auch kaum beurteilen, wie sehr die Hochverehrten ihr Glück in verächtlichen Umgang mit ihrer Umgebung/Fachwelt umsetzten. Da werden "akademische Regeln" wirkungslos, die Rachegeister wüten.
Es war, wenn ich es recht verstanden habe, vor allem ein Artikel in der "Los Angeles Times" von 1989, der ihren akademischen Ruf diskreditierte. Der ist hier nachzulesen: http://articles.latimes.com/1989-06-11/ ... o-european.
Darin beruft sich der Autor auf verschiedene Akademiker. Unter anderem die Anthropologin Ruth Tringham von der Berkeley-Uni. Und darin heißt es u.a. (auf Seite 3):
Since Gimbutas often omits the logical steps by which she arrives at her conclusions, Tringham says she has no way to judge the validity of the conclusions, and therefore can't accept them. Tringham is unconvinced, for example, that Gimbutas' figurines represent goddesses, or that neolithic cultures were dominated by women.
Ich muss noch nicht einmal irgendwo nachschlagen, um zu sehen, dass Gimbutas Begriff "Matrifokalität" "Mütterzentriertheit bedeutet und der von Gimbutas selbst abgelehnte Begriff "Matriarchat" "Mütterbeherrschung". Und dass das ja wohl ein ziemlicher Unterschied ist. Man unterstellt ihr etwas, was sie so nie gesagt oder geschrieben hat. Rudeljournalismus kommt eben auch im akademischen Umfeld vor.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:28)

Tja sprachwissenschaftlich ist die Kurganhypothese noch sehr viel präsenter. Da werden Linguisten wohl nach neuen Ansätzen suchen müssen. ;)
Wieso, die Sprache hat ja nicht per se was mit der Bestattung in Kurganen zu tun. Es gibt da ja verschiedene Marker an denen das feststellbar ist und die besagen halt unisono, das die Sprache nicht aus dem anatolischen Raum kommen kann. Vrebindungen zum Uralischen durch Kulturtransfer usw. ist das zum Beispiel genannt.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:32)

...

...Rudeljournalismus kommt eben auch im akademischen Umfeld vor.
Wissenschaftler sind wohl auch nicht frei von Eitelkeit. Da steht man denn ehrfürchtig vor deren eindrucksvollem Wissensvorrat... und der hat nicht unbedingt etwas zu tun mit dem menschlich allzu Menschlichen, das eben auch diese Genies bewegt.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:32)

Es war, wenn ich es recht verstanden habe, vor allem ein Artikel in der "Los Angeles Times" von 1989, der ihren akademischen Ruf diskreditierte. Der ist hier nachzulesen: http://articles.latimes.com/1989-06-11/ ... o-european.
Darin beruft sich der Autor auf verschiedene Akademiker. Unter anderem die Anthropologin Ruth Tringham von der Berkeley-Uni. Und darin heißt es u.a. (auf Seite 3):

Ich muss noch nicht einmal irgendwo nachschlagen, um zu sehen, dass Gimbutas Begriff "Matrifokalität" "Mütterzentriertheit bedeutet und der von Gimbutas selbst abgelehnte Begriff "Matriarchat" "Mütterbeherrschung". Und dass das ja wohl ein ziemlicher Unterschied ist. Man unterstellt ihr etwas, was sie so nie gesagt oder geschrieben hat. Rudeljournalismus kommt eben auch im akademischen Umfeld vor.
Der Begriff Matriarchat bedeutet NICHT "Mutterbeherrschung", sondern Mutterherrschaft oder "Herrschaft der Mütter"
Bei diesem Begriff handelt es sich um ein Kunstwort, zusammengesetzt aus <lat> "Mater" = Mutter und altgriechisch "archein" = herrschen, walten oder "arche" = Oberste, Erste, an der Spitze stehend.
Aso nix mit "beherrschung"
Von Zentriertheit, "im Zentrum/Mittelpunkt stehend" bis Herrschaft ist nun wirklich kein allzu großer Schritt, da besteht kein allzugroßer Unterschied!
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:42)

Wissenschaftler sind wohl auch nicht frei von Eitelkeit. Da steht man denn ehrfürchtig vor deren eindrucksvollem Wissensvorrat... und der hat nicht unbedingt etwas zu tun mit dem menschlich allzu Menschlichen, das eben auch diese Genies bewegt.
Archäologie kann sehr stupide sein. Monatelang sammelt man aus der Literatur Artefakte, vergleicht sie, versucht Bezüge zu finden, sie zeitlich einzuordnen. Dann kommt man zu Ergebnissen, freut sich.

Und dann kommt etwas Neues und ein Teil der so mühsam erarbeiteten Erkenntnisse ist regelrecht für die Katz. So ging es Hermann Müller-Karpe. Als in den 50ern die 14C Methode auftauchte und erste Ergebnisse lieferte, stellten sich manche zeitlichen Einordnungen als falsch heraus. Müller-Karpe hat bedeutende Beiträge zur Prähistorischen Archäologie geleistet. Aber bis zu seinem Tod lehnte er die Radiokarbondatierung ab. Das führt dann dazu, dass die selbsternannten Chronologiekritiker, deren Aussagen natürlich durch naturwissenschftliche Methoden ad absurdum geführt werden, sich immer gern auf seinen Prominenten Namen berufen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:01)

Der Begriff Matriarchat bedeutet NICHT "Mutterbeherrschung", sondern Mutterherrschaft oder "Herrschaft der Mütter"
Bei diesem Begriff handelt es sich um ein Kunstwort, zusammengesetzt aus <lat> "Mater" = Mutter und altgriechisch "archein" = herrschen, walten oder "arche" = Oberste, Erste, an der Spitze stehend.
Aso nix mit "beherrschung"
Von Zentriertheit, "im Zentrum/Mittelpunkt stehend" bis Herrschaft ist nun wirklich kein allzu großer Schritt, da besteht kein allzugroßer Unterschied!
Ja, sicher, "Herrschaft" und nicht "Beherrschung". Sorry. Aber wenn wirs mal ganz genau nehmen, bedeutet "Fokalität" auch nicht "im Zentrum stehend" sondern "im Fokus, Brennpunkt stehend". Eine Frage der Betrachter und nicht eine Frage derjenigen, die sich in irgendeinem Punkt sehen oder selbst stellen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:35)

Wieso, die Sprache hat ja nicht per se was mit der Bestattung in Kurganen zu tun. Es gibt da ja verschiedene Marker an denen das feststellbar ist und die besagen halt unisono, das die Sprache nicht aus dem anatolischen Raum kommen kann. Vrebindungen zum Uralischen durch Kulturtransfer usw. ist das zum Beispiel genannt.
Das Problem ist, dass Linguisten nach einer Urheimat der Indogermanen, als Träger einer Ursprache suchen und sich dabei auf Gimbutas' Kurganhypothese stützen.
Nun hat Gimbutas jedoch verschiedene regionale Kulturen, deren gemeisames Merkmal diese Hügelbestattungen sind, die sich ansonsten jedoch voneinander unterschieden, zu einer einzigen Kultur vermischt. Sie ist dabei, wie mehrfach beschrieben vorgegangen. Sie hat Artefakte unisono als religiös/kultisch eingeordnet und unabhängig von deren Typologie und Chronologie dieser gedachten Kultur zugeordnet und sie hat Arbeitsgeräte, Alltagsgegenstände und Waffen unberücksichtigt gelassen.
Und genau darin besteht das Problem - wenn es kein Urvolk gegeben hat, sondern verschiedene Urvölker mit ähnlichen Dialekten, dann kann es auch keine Ursprache gegeben haben.
Darin liegt m.M.n. auch die Kontroverse zwischen Linguisten und Genetikern - hier wird von falschen Prämissen ausgegangen.
Dies wird u.a. auch von Prof. Udolph kritisiert, welcher sich durch Einbeziehung von Toponymen und Hydronymen versucht, der Sprachentwicklung anzunähern.
Einen interessanten Artikel findest du hier.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ammianus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:06)

Archäologie kann sehr stupide sein. Monatelang sammelt man aus der Literatur Artefakte, vergleicht sie, versucht Bezüge zu finden, sie zeitlich einzuordnen. Dann kommt man zu Ergebnissen, freut sich.

Und dann kommt etwas Neues und ein Teil der so mühsam erarbeiteten Erkenntnisse ist regelrecht für die Katz. So ging es Hermann Müller-Karpe. Als in den 50ern die 14C Methode auftauchte und erste Ergebnisse lieferte, stellten sich manche zeitlichen Einordnungen als falsch heraus. Müller-Karpe hat bedeutende Beiträge zur Prähistorischen Archäologie geleistet. Aber bis zu seinem Tod lehnte er die Radiokarbondatierung ab. Das führt dann dazu, dass die selbsternannten Chronologiekritiker, deren Aussagen natürlich durch naturwissenschftliche Methoden ad absurdum geführt werden, sich immer gern auf seinen Prominenten Namen berufen.
Und manchmal soll etwas so sein, weil es so sein soll und nicht weil es so ist. Prominentestes Beispiel ist vielleicht die sogenannte Deutsche Physik. Und das waren keineswegs nur Dummköpfe, die sie vertraten.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:13)

Ja, sicher, "Herrschaft" und nicht "Beherrschung". Sorry. Aber wenn wirs mal ganz genau nehmen, bedeutet "Fokalität" auch nicht "im Zentrum stehend" sondern "im Fokus, Brennpunkt stehend". Eine Frage der Betrachter und nicht eine Frage derjenigen, die sich in irgendeinem Punkt sehen oder selbst stellen.
Werter Schokoschendrezki - es geht hier NICHT um die Erörterung der Begriffe Matriarchat oder Matrifokalität, sondern es geht um Indogermanen/Indoeuropäer und darum, ob es ein solches "Urvolk" gegeben hat und woher es kam!
In diesem Zusammenhang geht es u.a. um die Thesen von Marija Gimbutas, aber NICHT um Marija Gimbutas selbst.
Wenn du konkrete Erkenntnisse zum Thema beisteuern kannst, dann beschränke dich auf diese Erkenntnisse, wenn nicht, dann höre auf, das Thema zu schreddern!
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:17)

Und manchmal soll etwas so sein, weil es so sein soll und nicht weil es so ist. Prominentestes Beispiel ist vielleicht die sogenannte Deutsche Physik. Und das waren keineswegs nur Dummköpfe, die sie vertraten.
nochmal - wenn du etwas zum Thema zu sagen hast dann tu das, aber lass deine Themenschredderei!
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:35)

Wieso, die Sprache hat ja nicht per se was mit der Bestattung in Kurganen zu tun. Es gibt da ja verschiedene Marker an denen das feststellbar ist und die besagen halt unisono, das die Sprache nicht aus dem anatolischen Raum kommen kann. Vrebindungen zum Uralischen durch Kulturtransfer usw. ist das zum Beispiel genannt.
Nachtrag: Genetische Untersuchungen besagen jedoch, dass die "Träger der Sprache" möglicherweise sowohl aus Anatolien als auch aus den südrussischen/nordpontischen Steppen kamen/gekommen sein könnten.
Wenn man Marker einbezieht und nach einem "Urvolk" sucht, darf man genetische Befunden, die ebenfalls wichtige Marker darstellen, nicht unberücksichtigt lassen.

Vielleicht gibt es sogar ein einziges "Urvolk". Dies herauszufinden bedarf es aber einer vollständigen Verabschiedung von der Kurganhypothese. Dann müsste jede einzelne regionale Kultur aus der Hypothese von Gimbutas heraus gedröselt und gesondert untersucht werden. Das wäre eine Sysiphosarbeit sondergleichen und ob das möglich ist, bezweifle ich.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:32)

Nachtrag: Genetische Untersuchungen besagen jedoch, dass die "Träger der Sprache" möglicherweise sowohl aus Anatolien als auch aus den südrussischen/nordpontischen Steppen kamen/gekommen sein könnten.
Wenn man Marker einbezieht und nach einem "Urvolk" sucht, darf man genetische Befunden, die ebenfalls wichtige Marker darstellen, nicht unberücksichtigt lassen.

Vielleicht gibt es sogar ein einziges "Urvolk". Dies herauszufinden bedarf es aber einer vollständigen Verabschiedung von der Kurganhypothese. Dann müsste jede einzelne regionale Kultur aus der Hypothese von Gimbutas heraus gedröselt und gesondert untersucht werden. Das wäre eine Sysiphosarbeit sondergleichen und ob das möglich ist, bezweifle ich.
Ich bin in der Arbeit. Schreibe heute Abend mal meine Meinung dazu ausführlich ( und auch dann begründet ;) )
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von H2O »

@Dark Angel:

Im ersten Beitrag
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 0#p4155842
beschreiben Sie ein Frauenbild, das sehr allgemein auch meinem "biedermeierlichen" Frauenbild
entspricht. [Das "biedermeierlich" meint: durch unser überliefertes Gesellschaftsbild geprägt]

Im zweiten Beitrag
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 0#p4155872
nehmen die Frauen eine fast männlich heldenhafte Stelle ein:
  • ...wie ich bereits schrieb, waren Frauen im Paläolithikum keine "Heimchen am Herd", sondern beteiligten sich an Großwildjagden, jagden selbst. Darüber hinaus mussten sie auch imstande sein, schwere Lasten zu bewältigen.
    Ab wann der Travoi als Transportmittel genutzt wurde, kann ich nicht sagen.
Woraus schließt man, daß Frauen in dieser Kulturstufe als Großwildjäger loszogen?

Meine Bedenken: Die Lebensspanne der Menschen war nur gering (ungeschützt: ? 35 Jahre ?). Waren die jungen Frauen nicht viel zu sehr mit dem Kinderaustragen und der Kinderpflege eingespannt, und nach dieser Zeit schon zu geschwächt, um allein zu solchen lebensgefährlichen Jagdabenteuern los zu ziehen?

Was ich mir gut vorstellen könnte: Daß bei Treibjagden in der Sippe "alles was Beine hatte" mit ging, um die Treiberkette möglichst eng auf zu stellen. Und daß Frauen und große Kinder schon zum Selbstschutz Spieße und Äxte mitführten. Gängige Darstellungen zeigen auch, daß diese Jagden nicht durchweg wirklich heldenhaft verliefen. Da wurden Tiergruppen über steile Klippen gejagt, über die sie abstürzten. Und auch klar: "Alles was Arme hatte", also auch Frauen und große Kinder, mußte mit zupacken, um die Beute zu sichern.

Frage also: Gibt es Funde/Felsbilder, die Frauen als Jägerinnen auf Großwild (vom Wildschwein an aufwärts) vermuten lassen? So richtig mit Spieß und Axt?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:02)

Die Kurganhypothese ist dahingehend widerlegt, dass es keine homogene Kurgankultur gibt, sondern nur verschiedene regionale Kulturen, mit teilweise gleichen bzw ähnlichen Merkmalen.
Gimbutas' Kurganhypothese basiert auf einem einzigen Merkmal - der Bestattungsform - einem Grabhügel (Kurgan).
Ich habe - bislang - "Kurganhypothese" primär als Herkunftshypothese für die Sprecher des Proto-Indoeuropäischen interpretiert, im Gegensatz zur Herkunftshypothese Anatolien. Ob es sich dabei um "ein Volk" oder um mehrere Völker mit ähnlichen kulturellen Ausprägungen gehandelt hat, dürfte sich nach ca. 5 bis 7 Jahrtausenden wohl nicht mehr zweifelsfrei nachweisen lassen. Vielleicht sollte man bei allen Überlegungen auch berücksichtigen, dass die Bevölkerungsdichte damals doch eher bescheiden war, von "Volk" also sowieso kaum die Rede sein kann.

Das mit den ähnlichen Dialekten, die sich schließlich zu der neuen Sprachfamilie verdichteten - Ist das Vorgehen der Linguisten nicht genau entgegengesetzt? Aus modernen Sprachen eine frühe, gemeinsame Proto-Sprache erarbeiten? Ähnliche Dialekte wären doch demnach ein starkes Indiz für eine hohe sprachliche Verwandtschaft der verschiedenen "Völker", was dann über das gemeinsame Siedlungsgebiet und die genetische Äquivalenz doch auch eine "Ein-Urvolk-These" stützen könnte?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:36)

@Dark Angel:

Im ersten Beitrag
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 0#p4155842
beschreiben Sie ein Frauenbild, das sehr allgemein auch meinem "biedermeierlichen" Frauenbild
entspricht. [Das "biedermeierlich" meint: durch unser überliefertes Gesellschaftsbild geprägt]

Im zweiten Beitrag
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 0#p4155872
nehmen die Frauen eine fast männlich heldenhafte Stelle ein:
  • ...wie ich bereits schrieb, waren Frauen im Paläolithikum keine "Heimchen am Herd", sondern beteiligten sich an Großwildjagden, jagden selbst. Darüber hinaus mussten sie auch imstande sein, schwere Lasten zu bewältigen.
    Ab wann der Travoi als Transportmittel genutzt wurde, kann ich nicht sagen.
Woraus schließt man, daß Frauen in dieser Kulturstufe als Großwildjäger loszogen?
Wir haben Skelettfunde, die lt. Aussage von Forensikern eindeutige Merkmale aufweisen, die für Verletzungen bei Großwildjagden typisch sind - von Männern UND Frauen.
H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:36)]Meine Bedenken: Die Lebensspanne der Menschen war nur gering (ungeschützt: ? 35 Jahre ?). Waren die jungen Frauen nicht viel zu sehr mit dem Kinderaustragen und der Kinderpflege eingespannt, und nach dieser Zeit schon zu geschwächt, um allein zu solchen lebensgefährlichen Jagdabenteuern los zu ziehen?
1. die errechnete durchschnittliche Lebenserwartung sagt nichts darüber aus, wie alt die Menschen tatsächlich wurden.
In diese Berechnungen fließt die hohe Säuglings- und Kinder- und Müttersterblichkeit mit ein. Wir haben (wenn auch insgesamt recht wenige) Skelettfunde von Personen unterschiedlichen Alters, darunter auch Personen die das gleiche Alter erreichten wie rezente Menschen.

2. Die Frauen waren nicht "dauerschwanger" und deshalb auch nicht geschwächt. Forensische Untersuchungen legen nahe, dass Frauen i.d.R. nicht mehr als 3 bis 4 Kinder - im Abstand von mehreren Jahren - zur Welt brachten.

3. Frauen, die infolge häufiger Geburten - kurz hintereinander - geschwächt sind, wären für eine steinzeitliche Gruppe von Nachteil gewesen, hätten deren Überlebensfähigkeit beträchtlich eingeschränkt.

4. war eine Großwildjagd in jedem Fall lebensgefährlich - egal ob Mann oder Frau - aber sie war kein Abenteuer, sondern Überlebensnotwendigkeit. Ortsfeste Jagd bedeutet beispielsweise mittel- oder langfristige Lagerung an den Wanderrouten der Mammute. Treibjagden werden jeweils im Frühjahr oder Herbst stattgefunden haben, wenn die Tiere zu ihren jeweiligen Sommer- oder Winterweiden zogen.
H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:36)Was ich mir gut vorstellen könnte: Daß bei Treibjagden in der Sippe "alles was Beine hatte" mit ging, um die Treiberkette möglichst eng auf zu stellen. Und daß Frauen und große Kinder schon zum Selbstschutz Spieße und Äxte mitführten. Gängige Darstellungen zeigen auch, daß diese Jagden nicht durchweg wirklich heldenhaft verliefen. Da wurden Tiergruppen über steile Klippen gejagt, über die sie abstürzten. Und auch klar: "Alles was Arme hatte", also auch Frauen und große Kinder, mußte mit zupacken, um die Beute zu sichern.
Diese Sichtweise entpuppt sich mehr und mehr als Mythos. Die Menschen haben nicht mehr gejagd als sie verwerten konnten. Sicherlich werden sich auch mehrere Gruppen zur gemeinsamen Jagd zusammen geschlossen haben. Und natürlich werden sie in einer Art und Weise durchgeführt worden sein, die das geringsmögliche Risiko für die Beteiligten beinhaltete.
Nur sagt die Menge der gefundenen Tierknochen noch nichts darüber aus, wieviele Tiere jeweils bei einer Jagd getötet wurden.
Die Tierknochen können sich durchaus über mehrere Generationen hinweg angesammelt haben.
H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:36)Frage also: Gibt es Funde/Felsbilder, die Frauen als Jägerinnen auf Großwild (vom Wildschwein an aufwärts) vermuten lassen? So richtig mit Spieß und Axt?
Großwild im Paläolithikum bedeutet Mammut, Riesenhirsch, Wollnashorn etc. Wir haben - wie bereits geschrieben - Skelettfunde mit den typischen Merkmalen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:17)

Und manchmal soll etwas so sein, weil es so sein soll und nicht weil es so ist. Prominentestes Beispiel ist vielleicht die sogenannte Deutsche Physik. Und das waren keineswegs nur Dummköpfe, die sie vertraten.
Das ist ja das, was ich die ganze Zeit in verschiedenen Beiträge anspreche. Da waren die beiden deutschen Diktaturen z.B. In der Sowjetunion kostetes es zu mindest die Karriere, wenn man auf die Rolle der Skandinavier bei der Gründung der Rus verwies. Wobei da sich dann halt Stalinismus mit Nationalismus gepaart hatte. In Polen gab es den Prähistoriker Kostrzewski. Der behauptete die Träger Lausitzer Kultur wären frühe Slawen gewesen.
Empfehlenswert auch Schachermeyrs "Indogermanen und Orient". Der Mann hatte nach dem letzten Krieg allerdings mehrere Jahre Lehrverbot. Der war nicht nur Mitläufer, der glaubte das Zeug.

Heute hat man dann bestimmte Sachen wie Feminisierungsversuche oder eben die Wanderverbote. Letztere sind ja grandios gescheitert.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 16:06)

Ich habe - bislang - "Kurganhypothese" primär als Herkunftshypothese für die Sprecher des Proto-Indoeuropäischen interpretiert, im Gegensatz zur Herkunftshypothese Anatolien. Ob es sich dabei um "ein Volk" oder um mehrere Völker mit ähnlichen kulturellen Ausprägungen gehandelt hat, dürfte sich nach ca. 5 bis 7 Jahrtausenden wohl nicht mehr zweifelsfrei nachweisen lassen. Vielleicht sollte man bei allen Überlegungen auch berücksichtigen, dass die Bevölkerungsdichte damals doch eher bescheiden war, von "Volk" also sowieso kaum die Rede sein kann.
Naja - jemand der eine Sprache spricht, gehört auch zu einem Volk. ;)
Najaaa - wenn man alle Funde berücksichtigt und vergleicht, kristllisieren sich schon lokale und/oder regionale Unterschiede heraus und seien die noch so klein. Das legt dann schon das Vorhandensein bestimmter Völker und Kulturen nahe.
Und zweifelsfrei ist in den Wissenschaften gar nix. Jeder neue Fund kann bisherige Annahmen und Theorien über den Haufen werfen.
Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 16:06)Das mit den ähnlichen Dialekten, die sich schließlich zu der neuen Sprachfamilie verdichteten - Ist das Vorgehen der Linguisten nicht genau entgegengesetzt? Aus modernen Sprachen eine frühe, gemeinsame Proto-Sprache erarbeiten? Ähnliche Dialekte wären doch demnach ein starkes Indiz für eine hohe sprachliche Verwandtschaft der verschiedenen "Völker", was dann über das gemeinsame Siedlungsgebiet und die genetische Äquivalenz doch auch eine "Ein-Urvolk-These" stützen könnte?
Die Sprachfamilien sind willkürliche Zuordnungen aufgrund von Ähnlichkeiten. Da hat sich nichts "verdichtet", da hat sich höchstens was "auseinander dividiert", von der Ursprache abgespalten. Bei verschiedenen regionalen Kulturen mit ähnlichen Merkmalen ist weder eine sprachliche noch ethnische Verwandtschaft ausgeschlossen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Ammianus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 16:50)
Heute hat man dann bestimmte Sachen wie Feminisierungsversuche oder eben die Wanderverbote. Letztere sind ja grandios gescheitert.
Das mit den "Wanderverboten" habe ich noch nicht verstanden. Wer hat da was genau mit welcher Begründung "verboten"?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:13)
Die Sprachfamilien sind willkürliche Zuordnungen aufgrund von Ähnlichkeiten. Da hat sich nichts "verdichtet", da hat sich höchstens was "auseinander dividiert", von der Ursprache abgespalten. Bei verschiedenen regionalen Kulturen mit ähnlichen Merkmalen ist weder eine sprachliche noch ethnische Verwandtschaft ausgeschlossen.
Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:17)
Und genau darin besteht das Problem - wenn es kein Urvolk gegeben hat, sondern verschiedene Urvölker mit ähnlichen Dialekten, dann kann es auch keine Ursprache gegeben haben.
Darin liegt m.M.n. auch die Kontroverse zwischen Linguisten und Genetikern - hier wird von falschen Prämissen ausgegangen.
Verschiedene Urvölker mit ähnlichen Dialekten, die sich nicht aus einer Ursprache "auseinander dividierten"? Aber es hat sich nichts "verdichtet", sondern höchstens "auseinander dividiert", aus der Ursprache abgespalten? Was denn nun?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:19)

Das mit den "Wanderverboten" habe ich noch nicht verstanden. Wer hat da was genau mit welcher Begründung "verboten"?
Einige Wssenschaftler (Archäologen) sind der Meinung Wanderbewegungen/Bevölkerungsverschiebunen habe es nicht gegeben. Sie versuchen nachgewiesene Siedlungkontinuität, die es in einigen Regionen durchaus gegeben hat, zu verallgemeinern. In diesem Zusammenhang postulieren sie eine Entwicklung von bestimmten Techniken die innerkulturell unabhängig voneinander an verschiedlichen Orten stattgefunden hat. Lässt sich diese These nicht aufrecht erhalten, versuchen sie die Wanderbewegungen zu marginalisieren. Aus welchem Grund derart verfahren wird, kann ich nicht sagen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:36)

Verschiedene Urvölker mit ähnlichen Dialekten, die sich nicht aus einer Ursprache "auseinander dividierten"? Aber es hat sich nichts "verdichtet", sondern höchstens "auseinander dividiert", aus der Ursprache abgespalten? Was denn nun?
Das "was denn nun" ist ja die große Frage. Vertreter der Kurganhypothese gehen von einem "Urvolk" als Träger einer/der "Ursprache" aus, aus welcher sich die verschiedenen Sprachen der indoeuropäischen Sprachfamilie (zu unterschiedlichen Zeiten) abgespalten haben. Dem widersprechen jedoch die genetischen Untersuchungen von Cavelli-Sforza.
Eine weitere Möglichkeit - die bisher jedoch nicht in Betracht gezogen wird - wären verschiedene Völker mit ähnlichen Sprachen.
Der Usprung der Indoeuropäer bzw deren Herkunft und ebenso der Ursprung der indoeuropäischen Sprache(n) werden immer noch kontrovers diskutiert.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:37)

Einige Wssenschaftler (Archäologen) sind der Meinung Wanderbewegungen/Bevölkerungsverschiebunen habe es nicht gegeben. Sie versuchen nachgewiesene Siedlungkontinuität, die es in einigen Regionen durchaus gegeben hat, zu verallgemeinern. In diesem Zusammenhang postulieren sie eine Entwicklung von bestimmten Techniken die innerkulturell unabhängig voneinander an verschiedlichen Orten stattgefunden hat. Lässt sich diese These nicht aufrecht erhalten, versuchen sie die Wanderbewegungen zu marginalisieren. Aus welchem Grund derart verfahren wird, kann ich nicht sagen.
Ok, Komische Sache das. Weil der Mensch sich doch irgendwie über den Erdball verteilt hat, also ein rechter Vagabund gewesen sein muss, und es doch eigentlich bis heute geblieben ist.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:45)

Das "was denn nun" ist ja die große Frage. Vertreter der Kurganhypothese gehen von einem "Urvolk" als Träger einer/der "Ursprache" aus, aus welcher sich die verschiedenen Sprachen der indoeuropäischen Sprachfamilie (zu unterschiedlichen Zeiten) abgespalten haben. Dem widersprechen jedoch die genetischen Untersuchungen von Cavelli-Sforza.
Eine weitere Möglichkeit - die bisher jedoch nicht in Betracht gezogen wird - wären verschiedene Völker mit ähnlichen Sprachen.
Der Usprung der Indoeuropäer bzw deren Herkunft und ebenso der Ursprung der indoeuropäischen Sprache(n) werden immer noch kontrovers diskutiert.
Nun, so richtig widersprechen die genetischen Befunde von Cavalli-Sforza dem nicht. Aus seinen Gen-Daten liest er eine frühe Wanderungsbewegung aus Anatolien in den nord-pontischen Raum, etwa 2000 Jahre, bevor die Kurgan-Leute in dieser Region unterwegs sind.
Und noch mal das Thema "verschiedene Völker" mit ähnlichen Sprachen. Ich überspitze mal: Es kommt ein Clan von West und trifft auf einen Clan aus dem Osten. Sie sprechen einen ähnlichen Dialekt, aber haben ethnisch und/oder sprach-geschichtlich nichts miteinander zu tun? Was wäre denn dann das Proto-Indoeuropäische? So eine Art Esperanto oder lingua franca der Steppenvölker?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:19)

Das mit den "Wanderverboten" habe ich noch nicht verstanden. Wer hat da was genau mit welcher Begründung "verboten"?
Die Antwort von Dark Angel sagt eigentlich schon alles. Interessant dazu ist auch der hier im Eingangsbeitrag verlinkte Aufsatz von Häusler. Der kommt dann auch zu der Feststellung, es habe seit dem Mesolithikum in Mitteleuropa keine nennenwerte Zuwanderung gegeben. Die traditionelle Archäologie - will ich mal so nennen - war da anderer Meinung. Und diese Traditionelle Meinung wurde jetzt durch die Genetik bestätigt.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ammianus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 16:50)

Das ist ja das, was ich die ganze Zeit in verschiedenen Beiträge anspreche. Da waren die beiden deutschen Diktaturen z.B. In der Sowjetunion kostetes es zu mindest die Karriere, wenn man auf die Rolle der Skandinavier bei der Gründung der Rus verwies. Wobei da sich dann halt Stalinismus mit Nationalismus gepaart hatte. In Polen gab es den Prähistoriker Kostrzewski. Der behauptete die Träger Lausitzer Kultur wären frühe Slawen gewesen.
Empfehlenswert auch Schachermeyrs "Indogermanen und Orient". Der Mann hatte nach dem letzten Krieg allerdings mehrere Jahre Lehrverbot. Der war nicht nur Mitläufer, der glaubte das Zeug.

Heute hat man dann bestimmte Sachen wie Feminisierungsversuche oder eben die Wanderverbote. Letztere sind ja grandios gescheitert.
Aktuell am kuriosesten in dieser Hinsicht ist vielleicht die Ablehnung der - eigentlich wissenschaftlich erwiesenen - Zugehörigkeit des Ungarischen zum finno-ugrischen Zweig der uralischen Sprachfamilie. Man wünscht von seiten nationalistischer Kräfte eine (vermeintlich) "vornehmere" Sprachverwandtschaft. Und nur, damit ich nicht wegen Unthematigkeit des Threads verwiesen werde:
Eine nächstweitere Verwandtschaft [der uralischen Sprachfamilie] wird von vielen Forschern mit dem Urindogermanischen gesehen, nicht zuletzt wegen der jahrtausende währenden Nachbarschaft, aber auch wegen vermuteter lexikalischer und grammatikalischer Beziehungen. So lassen sich sowohl für den Wortschatz als auch die grammatischen Strukturen zwischen den indogermanischen als auch uralischen Sprachen konvergente Elemente rekonstruieren. Die Epizentren beider Ethnien lagen wahrscheinlich im östlichen Europa, wobei das Siedlungsgebiet der Uralier nördlicher lag als das postulierte der Indoeuropäer.
Auch wenn die sogenannte "Landnahme" der ugrischen Menschen im pannonischen Becken, dem heutigen Ungarn, sehr viel jüngeren Datums ist als das, worums in diesem Strang geht (etwa vor Tausend Jahren) ... in der heutigen ungarischen Sprache kann man immer noch deutlich die Herkunft von Begriffen der sesshaften Landwirtschaft (z.B. Káposzta=Kohl, russisch капуста, Kapusta) der bei dieser Landnahme vorgefundenen slawischsprachigen Menschen und den aus dem Uralgebiet stammenden eher nicht-sesshaften ugrischen Völkern erkennen. Ganz offensichtlich gab es stets längere Perioden der Koexistenz und des Austauschs.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Mar 2018, 00:39)

Aktuell am kuriosesten in dieser Hinsicht ist vielleicht die Ablehnung der - eigentlich wissenschaftlich erwiesenen - Zugehörigkeit des Ungarischen zum finno-ugrischen Zweig der uralischen Sprachfamilie. Man wünscht von seiten nationalistischer Kräfte eine (vermeintlich) "vornehmere" Sprachverwandtschaft. Und nur, damit ich nicht wegen Unthematigkeit des Threads verwiesen werde:


Auch wenn die sogenannte "Landnahme" der ugrischen Menschen im pannonischen Becken, dem heutigen Ungarn, sehr viel jüngeren Datums ist als das, worums in diesem Strang geht (etwa vor Tausend Jahren) ... in der heutigen ungarischen Sprache kann man immer noch deutlich die Herkunft von Begriffen der sesshaften Landwirtschaft (z.B. Káposzta=Kohl, russisch капуста, Kapusta) der bei dieser Landnahme vorgefundenen slawischsprachigen Menschen und den aus dem Uralgebiet stammenden eher nicht-sesshaften ugrischen Völkern erkennen. Ganz offensichtlich gab es stets längere Perioden der Koexistenz und des Austauschs.
Nationalismus und Wissenschaft - das ist oft wirklich so ein Ding. In Bezug auf Ungarn bin ich schon auf Türken getroffen, die meinten, Türkisch wäre mit dem Ungarischen verwandt und die Ungarn so eben ein Turkvolk. Doch obwohl es Ähnlichkeiten in der Grammatik gibt, sind sich Sprachwissenschaftler einig, dass es nicht so ist. Das Ungarische hat auch z.B. den Begriff für Wurst aus dem Slawischen übernommen kolbász - колбаса (Kolbasa) und aus dem Deutschen ház - Haus.
Und jetzt so richtig OT: Im Russischen gibt es einige teilweise lustig klingende Lehnworte aus dem Deutschen. Rucksack - рюкзак (Rjuksak), Bunker - bomboibeschitze (Letzteres findet sich aber nur in einem alten Wörterbuch aus der Sowjetunion).
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Ammianus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 20:27)

Die Antwort von Dark Angel sagt eigentlich schon alles. Interessant dazu ist auch der hier im Eingangsbeitrag verlinkte Aufsatz von Häusler. Der kommt dann auch zu der Feststellung, es habe seit dem Mesolithikum in Mitteleuropa keine nennenwerte Zuwanderung gegeben. Die traditionelle Archäologie - will ich mal so nennen - war da anderer Meinung. Und diese Traditionelle Meinung wurde jetzt durch die Genetik bestätigt.
Im Zusammenhang mit der Kurganhypothese und dem "Wanderverbot" ist mir etwas aufgefallen, was ich beim ersten Überfliegen gar nicht registriert habe. Die Thesen von Gimbutas von Reiternomaden/Kriegernomaden, die in Europa einfielen und eine "blühende matrifokale Kultur" zerstörten, ist mittels archäologischer Befunde nicht haltbar. Statt dessen zeichnen sich eine Vielzahl regionaler Kulturen ab, die landwirtschaftliche Mischwirtschaft betrieben und die formal einige gemeinsame Merkmale aufweisen.
Die Archäologen um Lüning konzentrieren sich derart auf die Nichthaltbarkeit der Eroberungs-/Katastrophenthesen durch Reiter-/Kriegernomaden, dass sie daraus gleichzeitig mögliche Wanderbewegungen bzw Bevölkerungsverschiebungen von landwirtschaftlicher Mischwirtschaft treibenden Völkern negieren. Damit begehen sie im Grunde den gleichen Fehler wie Gimbutas.
Sie schließen wiederum aus dem Fehlen bestimmter Merkmale darauf, dass keine Wanderungen stattgefunden haben können.
Siedlungskontinuität mit nur schwachen kulturellen Veränderungen bedeutet nicht zwingend, dass sich die Bevölkerungszusammensetzung nicht verändert hat. Nicht jede Wanderbewegung, v.a. wenn es sich um Völker mit ähnlicher bzw gleicher Wirtschaftsweise und ähnlichen Traditionen handelt, bedeutet zwingend einen Bruch.
Daraus lässt sich auch nicht zwingend das Fehlen von Bevölkerungsmischungen und/oder Bevölkerungsverschiebungen ableiten.
Das einzige was sich ableiten lässt, dass die Wanderungen bzw Bevölkerungsverschiebungen nicht durch Nomaden allgemein bzw Kriegernomaden stattgefunden haben. Es lässt sich nicht einmal ableiten, dass das Zusammentreffen unterschiedlicher Völker und Kulturen friedlich verlief.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 18:02)

Nun, so richtig widersprechen die genetischen Befunde von Cavalli-Sforza dem nicht. Aus seinen Gen-Daten liest er eine frühe Wanderungsbewegung aus Anatolien in den nord-pontischen Raum, etwa 2000 Jahre, bevor die Kurgan-Leute in dieser Region unterwegs sind.
Aus diesem Grund wird ja auch vorgeschlagen, die Kurganhypothese und die Anatolienhypothese zu einer neuen Hypothese zu vereinigen.
Ein anderes Problem besteht in der Unsauberkeit von Gimbutas Arbeiten zur Kurganhypothese. Dadurch dass die das Vorkommen einzelner gemeinsamer (formaler) Merkmale verschiedener Regionalkulturen zu einer Kultur, ohne Berücksichtigung von Typologie und Chronologie der Funde, ist es denkbar, dass sie Wanderbewegungen eines oder mehrerer Völker zu spät ansetzt bzw sich zu sehr auf die Nutzung des Pferdes konzentriert.
Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 18:02)Und noch mal das Thema "verschiedene Völker" mit ähnlichen Sprachen. Ich überspitze mal: Es kommt ein Clan von West und trifft auf einen Clan aus dem Osten. Sie sprechen einen ähnlichen Dialekt, aber haben ethnisch und/oder sprach-geschichtlich nichts miteinander zu tun? Was wäre denn dann das Proto-Indoeuropäische? So eine Art Esperanto oder lingua franca der Steppenvölker?
Das Problem besteht darin, dass sich einzelne Dialekte nach mehreren Jahrtausenden nicht mehr rekonstruieren lassen. Das einzige was möglich ist, ist Wortstämme aus bestimmten Writschafts- oder Lebensbereichen zu finden, die sich in den verschiedenen Sprachen für bestimmte Begriffe in ähnlicher Form erhalten.
Diese Wortstämme können sowohl auf eine einzige "Ursprache" hindeuten, aber auch verschiedenen Dialekten gemeinsam gewesen sein.
Was in diesem Zusammenhang jedoch naheliegend ist, ist eine ethnische Verwandschaft der Träger dieser Sprachen/Dialekte.
Ein Auseinanderdriften weist ja gerade auf Wanderbewegungen hin.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Ich habe den Eindruck, dass ich mein Problem mit dem Terminus "Dialekt" nicht recht klar machen kann.
Also noch ein Versuch: Dialekte sind für mich Variationen einer gemeinsamen Sprache, die z.B. durch räumliche Trennung der Sprecher entstanden sind. Wenn also die indoeuropäischen Sprachen aus mehreren "Dialekten" entstanden sein sollen, heißt das für mich, es gab eine indoeuropäische Ursprache, aus der sich verschiedenen Dialekte entwickelt haben.

Aber vielleicht bedeutet "Dialekt" in diesem linguistischen Kontext ja ganz was anderes ...

Noch was zu den "Reiternomaden": Soweit ich weiß, haben nicht einmal die Hethiter über eine Kavallerie verfügt, sie sind mit pferde-betriebenen Streitwagen in den Krieg gezogen (z.B. in Kadesh). Von daher halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass die frühen Indoeuropäer 2000 Jahre vorher auf dem Rücken von Pferden zu Eroberungszügen ausgeschwärmt sind.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Mar 2018, 12:13)

Im Zusammenhang mit der Kurganhypothese und dem "Wanderverbot" ist mir etwas aufgefallen, was ich beim ersten Überfliegen gar nicht registriert habe. Die Thesen von Gimbutas von Reiternomaden/Kriegernomaden, die in Europa einfielen und eine "blühende matrifokale Kultur" zerstörten, ist mittels archäologischer Befunde nicht haltbar. Statt dessen zeichnen sich eine Vielzahl regionaler Kulturen ab, die landwirtschaftliche Mischwirtschaft betrieben und die formal einige gemeinsame Merkmale aufweisen.
Die Archäologen um Lüning konzentrieren sich derart auf die Nichthaltbarkeit der Eroberungs-/Katastrophenthesen durch Reiter-/Kriegernomaden, dass sie daraus gleichzeitig mögliche Wanderbewegungen bzw Bevölkerungsverschiebungen von landwirtschaftlicher Mischwirtschaft treibenden Völkern negieren. Damit begehen sie im Grunde den gleichen Fehler wie Gimbutas.
Sie schließen wiederum aus dem Fehlen bestimmter Merkmale darauf, dass keine Wanderungen stattgefunden haben können.
Siedlungskontinuität mit nur schwachen kulturellen Veränderungen bedeutet nicht zwingend, dass sich die Bevölkerungszusammensetzung nicht verändert hat. Nicht jede Wanderbewegung, v.a. wenn es sich um Völker mit ähnlicher bzw gleicher Wirtschaftsweise und ähnlichen Traditionen handelt, bedeutet zwingend einen Bruch.
Daraus lässt sich auch nicht zwingend das Fehlen von Bevölkerungsmischungen und/oder Bevölkerungsverschiebungen ableiten.
Das einzige was sich ableiten lässt, dass die Wanderungen bzw Bevölkerungsverschiebungen nicht durch Nomaden allgemein bzw Kriegernomaden stattgefunden haben. Es lässt sich nicht einmal ableiten, dass das Zusammentreffen unterschiedlicher Völker und Kulturen friedlich verlief.
Das ist ja das, was ich meine. Zum einen gibt es Leute, die glauben auf dem richtigen Weg zu sein und dann nur noch das heranziehen, dass ihre Thesen bestätigt. Alles andere wird ausgeklammert oder uminterpretiert. Parallel dazu gab es schon immer die Bemühungen seine Erkenntnisse als neues Paradiktum zu etablieren. Da schwimmen dann oft auch viele mit.

Radikalfeministische Archäologinnen z.B. brachten für das nichtvorhandensein von Geschlechterrollen immer gern einige - glaube frühmittelalterliche - Gräber in Großbritannien ins Spiel. Da ware angeblich Schwerter in Frauengräbern. Bis dann irgendwann mal jemand nachschaute und feststellte, dass es eine Rettungsgrabung war. Na ja, wie da unter Zeitdruck teilweise gearbeitet und dokumentiert werden muss.
Kein seriöser Archäologe würde derartige Befunde für so grundlegende Feststellungen nehmen.

Oder eben Lüning. Da nicht mehr gewandert werden durfte, breitete sich der Bandkeramische Komplex durch Missionare aus. Diese Abneigung gegenüber Wanderungen, Verdrängungen, Unterwerfungen kann auch durch unser doch wirklich friedvolles Zeitalter entstanden sein. In früheren Generationen war fast jeder Mann Soldat gewesen oder hatte wenigstens einen Krieg erlebt. Das war vollkommen selbstverständlich.
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