11.11.18

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Nomen Nescio
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11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

am 11. november 1918 um 11 uhr 11 schwiegen am front in europa die waffen. ein waffenhstillstand herrschte. aber keine friede.
die friede die danach kam war eigentlich eine verschnaufpause für das weiterzuführen des krieges von '14-'18.

WK I war ein krieg, der das ganze weltbild änderte. auf viel sachen will ich nicht eingehen, denn die sind/werden an anderen stellen breiter und tiefgehender behandelt. nein, ich beleuchte einen aspekt der m.e. mehr aufmerksamkeit bekommen soll, weil es - fast notgezwungen - den krieg änderte.

im anfang des krieges gab es noch ritterlichkeit. sah man den feind zwar als feind, doch auch als mensch. denk mal an weihnachten 1914 !!
dieses bild änderte sich im laufe des krieges. logisch. wenn man tag ein, tag aus, in schützengraben hinter drahtverhau in elenden umständen (regen, beschießungen, angriffe mit aufgeplanzten bajonetten bzw verteidigung dagegen, kameraden, freunde, ja sogar direkte verwandten sieht man fallen). das beeinflußt die mentalität. die menschen die am ende aus dem krieg kamen waren verwundet. wenn nicht am körper, dann doch in der seele. und gerade dies ist ein punkt, daß n.m.m. nicht genug in betracht gezogen wird. laß ich erst ein beispiel geben, dann wird es deutlich was ich suggerieren will.
WK II hat uns eine lehre erteilt. sadistische mörder könnte man leichter bei metzgern finden, habe ich mal jahre her gelesen. bei ihnen ist offensichtlich die schwelle niedriger als bei »normalos«. daß das am ende des krieges geändert ist, ist deutlich.

jetzt also meine frage. wenn es die grausamkeiten von WK I nicht gegeben hätte, wäre dann ein holocaust viel schwieriger - wenn nicht unmöglich - zu organisieren?
genauso könnte man in der heutigen zeit versetzt sagen »wir sind zu zivilisiert«. wir haben ja über 70 jahre friede in unserem teil von europa und sind krieg, besonders die bestialitäten, entwöhnt. wir können terroristen nicht mit ihren eigenen waffen bekämpfen, auch wenn das eine sprache ist die sie verstehen.

was denkt ihr? sind wir zu zivilisiert? könnte noch ein holocaust statt finden. ja, hätte ohne die greuel von WK I denn überhaupt in den gedanken von kranken menschen solche abstrusen und perverten ideen fuß fassen können ?
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
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twilight
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Re: 11.11.18

Beitrag von twilight »

Faschingstart
Woppadaq
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Re: 11.11.18

Beitrag von Woppadaq »

Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Jan 2018, 22:40)

jetzt also meine frage. wenn es die grausamkeiten von WK I nicht gegeben hätte, wäre dann ein holocaust viel schwieriger - wenn nicht unmöglich - zu organisieren?
Der Holocaust konnte im wesentlichen nur klappen, weil er im Kriegszustand organisiert wurde. Das Gemüt der Organisierenden hatte dafür keinerlei Bedeutung, entweder waren es Leute, die die Chance ergriffen, ihre sadistischen Neigungen auszuleben (und sowas gibt es überall, zu jeder Zeit, auch heute, hier, bei uns ) oder es waren, wie der Auschwitz-Organisator Höß, Leute mit einem geradezu abnormalen Grad an Gehorsamkeit. Dafür sorgte weniger der Krieg, vielmehr die Erziehung.

genauso könnte man in der heutigen zeit versetzt sagen »wir sind zu zivilisiert«. wir haben ja über 70 jahre friede in unserem teil von europa und sind krieg, besonders die bestialitäten, entwöhnt. wir können terroristen nicht mit ihren eigenen waffen bekämpfen, auch wenn das eine sprache ist die sie verstehen.

was denkt ihr? sind wir zu zivilisiert? könnte noch ein holocaust statt finden. ja, hätte ohne die greuel von WK I denn überhaupt in den gedanken von kranken menschen solche abstrusen und perverten ideen fuß fassen können ?
Dass es Leute gibt, die nicht eine Sekunde zögern würden, ein neues Auschwitz zusammenzuorganisieren, daran zweifle ich keine Sekunde. Die Frage ist eher, ob unsere Gesellschaft noch einmal auf eine Hitler-Figur hereinfällt. Vieles spricht dafür, dass wir dazu zu wachsam geworden sind.
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Nomen Nescio
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

Woppadaq hat geschrieben:(11 Jan 2018, 19:09)

Der Holocaust konnte im wesentlichen nur klappen, weil er im Kriegszustand organisiert wurde. Das Gemüt der Organisierenden hatte dafür keinerlei Bedeutung, entweder waren es Leute, die die Chance ergriffen, ihre sadistischen Neigungen auszuleben (und sowas gibt es überall, zu jeder Zeit, auch heute, hier, bei uns ) oder es waren, wie der Auschwitz-Organisator Höß, Leute mit einem geradezu abnormalen Grad an Gehorsamkeit. Dafür sorgte weniger der Krieg, vielmehr die Erziehung.
daß er im kriegszustand organisiert wurde ist eher eine folge von früheren maßnahmen. es gab noch keinen krieg als die abschottung der juden schon statt fand.
wenn esz nikcht so schrecklich wäre, könnte man bemerken »was einzigartig? es ist nur eine moderne weise um ein bewährtes pogrom zu organisieren«.
Woppadaq hat geschrieben:(11 Jan 2018, 19:09)

Dass es Leute gibt, die nicht eine Sekunde zögern würden, ein neues Auschwitz zusammenzuorganisieren, daran zweifle ich keine Sekunde. Die Frage ist eher, ob unsere Gesellschaft noch einmal auf eine Hitler-Figur hereinfällt. Vieles spricht dafür, dass wir dazu zu wachsam geworden sind.
vieles spricht aber auch dagegen. die menschen sind anfällig für populistische phrasen. meist denken sie nicht weiter. man braucht einen der »flux de paroles« hat, der also sehr gut seine zunge benützen kann und die menschen begeistern kann. kurz: ein demagoge wird gesucht.

schau mal wie im westen unds osten menschen beeinflußt wurden: trump (viel gelogen aber o so viel glauben das nicht); farage (die eine lüge ist noch grober als die andere); putin (gegenbehauptungen werden erstickt).

fakten sind nebensächlich geworden. sie müssen - wie ein niederländischer kabarettist zeigte - lächerlich gemacht werden. dann erst scheinen sie deutlich zu sein.
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Dark Angel
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Re: 11.11.18

Beitrag von Dark Angel »

Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Jan 2018, 22:40)
jetzt also meine frage. wenn es die grausamkeiten von WK I nicht gegeben hätte, wäre dann ein holocaust viel schwieriger - wenn nicht unmöglich - zu organisieren?
Ohne den WK1 hätte es den Holocaust gar nicht gegeben, so wie es wahrscheinlich einiges andere auch nicht gegeben hätte.
Unter Historiker herrscht inzwischen Einigkeit, dass Deutschland am Ausbruch dieses Krieges nicht die Alleinschuld trägt, dass auch keine monokausalen Ursachen ausgemacht werden können.
Ohne den WK1 sähe die "politische Weltkarte" unter Umständen ganz anders aus und ich gehe sogar soweit zu sagen, dass es trotz des WK1 keinen Holocaust gegeben hätte, wenn Präsident Wilsons 14-Punkte-Programm angenommen worden wäre, statt des Versailler Vertrages, welcher durch "Rachegelüste", insbesondere der französischen Regierung diktiert wurde.
Dass Rache für 1870/71 einen sehr großen Einfluss hatte, bestätigen auch französische Historiker in ihren Analysen.
Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Jan 2018, 22:40)genauso könnte man in der heutigen zeit versetzt sagen »wir sind zu zivilisiert«. wir haben ja über 70 jahre friede in unserem teil von europa und sind krieg, besonders die bestialitäten, entwöhnt. wir können terroristen nicht mit ihren eigenen waffen bekämpfen, auch wenn das eine sprache ist die sie verstehen.
Weder ist Europa der Nabel der Welt, noch leben Europäer in einer Blase. Und selbst wenn der Ausbruch eines (großen) Krieges auf Grund wirschaftlicher Globalisierung unmöglich erscheint, darf man nicht unterschätzen welche Auswirkungen asymmetrische Kriege haben. Bei asymmetrischen Kriegen sind auch Genozide, mit den damit verbundenen Bestialitäten nicht ausgeschlossen - nicht einmal in Europa.
Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Jan 2018, 22:40)was denkt ihr? sind wir zu zivilisiert? könnte noch ein holocaust statt finden. ja, hätte ohne die greuel von WK I denn überhaupt in den gedanken von kranken menschen solche abstrusen und perverten ideen fuß fassen können ?
Ja - könnte! Selbst wenn "wir" uns als zu zivilisiert betrachten und Werte wie die universellen Menschrechte "verinnerlicht" haben, sind es andere nicht. Religiöser Fanatismus, verbunden mit Hegemonie- bzw Allmachtsbestrebungen (einer Religion/politischen Ideologie) kennt derartige Skrupel nicht, weil dort Menschen in "vollwertig" = rechtgläubig und "minderwertig" = ungläubig unterteilt werden.
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Re: 11.11.18

Beitrag von ThorsHamar »

Dark Angel hat geschrieben:(12 Jan 2018, 13:10)

:p Ohne den WK1 hätte es den Holocaust gar nicht gegeben, so wie es wahrscheinlich einiges andere auch nicht gegeben hätte.
Unter Historiker herrscht inzwischen Einigkeit, dass Deutschland am Ausbruch dieses Krieges nicht die Alleinschuld trägt, dass auch keine monokausalen Ursachen ausgemacht werden können.
Ohne den WK1 sähe die "politische Weltkarte" unter Umständen ganz anders aus und ich gehe sogar soweit zu sagen, dass es trotz des WK1 keinen Holocaust gegeben hätte, wenn Präsident Wilsons 14-Punkte-Programm angenommen worden wäre, statt des Versailler Vertrages, welcher durch "Rachegelüste", insbesondere der französischen Regierung diktiert wurde.
Dass Rache für 1870/71 einen sehr großen Einfluss hatte, bestätigen auch französische Historiker in ihren Analysen. ...
Oh oh, da warte ich schon mal auf die Relativierungsjäger ... :cool:
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

ThorsHamar hat geschrieben:(12 Jan 2018, 13:20)

Oh oh, da warte ich schon mal auf die Relativierungsjäger ... :cool:
dazu gehöre ich jedenfalls nicht. in gegenteil. meine meinung ist sogar noch trauriger gewordent.

ich will nicht prätendieren daß kenntnis der geschichte seligmachend ist. denn geschichte wiederholt sich nicht. dennoch ist es nützlich. man bemerkt ähnlichkeiten und ist also in der lage zu »extrapolieren«. soll also gewarnt sein.

was betrifft meine antwort an DA, da muß ich zeit für nehmen. sie hat ja vieles konzentriert in einigen sätzen.
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Re: 11.11.18

Beitrag von ThorsHamar »

Nomen Nescio hat geschrieben:(12 Jan 2018, 13:30)

dazu gehöre ich jedenfalls nicht. in gegenteil. meine meinung ist sogar noch trauriger gewordent.

ich will nicht prätendieren daß kenntnis der geschichte seligmachend ist. denn geschichte wiederholt sich nicht. dennoch ist es nützlich. man bemerkt ähnlichkeiten und ist also in der lage zu »extrapolieren«. soll also gewarnt sein. ...
Ich stimme Dir ausdrücklich und vollumfänglich zu.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

ThorsHamar hat geschrieben:(12 Jan 2018, 13:51)

Ich stimme Dir ausdrücklich und vollumfänglich zu.
:thumbup:
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
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Re: 11.11.18

Beitrag von Dark Angel »

ThorsHamar hat geschrieben:(12 Jan 2018, 13:20)

Oh oh, da warte ich schon mal auf die Relativierungsjäger ... :cool:
Wo siehst du Relativierung?
Die Ursachen für den WK1 sind nicht monokausal!
Da war zum Einen eine Verschiebung des "wirtschaftlichen Kräfteverhältnisses" zugunsten des Deutschen Kaiserreichs.
Immerhin entwickelte sich Deutschland im Zuge der Industrialisierung zur zweitstärksten Wirtschaftsmacht nach den USA. Damit verbunden waren Expansionsbestrebungen, bestehende Bündnissysteme und Konkurrenzdenken
Zum anderen gab es sehr starke Unabhängikeitsbestrebungen der verschiedenen Völker. Diese Unabhängigkeitsbestrebungen resultierten aus dem schwindenden Einfluss des Osmanischen Reiches.
Beides zusammen führte bei allen Großmächten Europas zu einem dynamischen Rüstungswettlauf, der zu diesem Zeitpunkt seinesgleichen suchte und der nur vergleichbar ist, mit dem "atomaren" Rüstungswettlauf zur Zeit des Kalten Krieges.

Bei den genannten handelt es sich jedoch nur um einen Teil der Ursachen, die letztendlich zum Ausbruch des WK1 führte.

Man könnte jetzt spekulieren "was wäre, wenn es nicht zum Ausbruch des Krieges gekommen wäre, wenn alle Probleme auf diplomatischen Wege gelöst worden wären"
Nun - mit ziemlicher Sicherheit kann man wohl vermuten, dass die so genannte "Dolchstoßlegende" nicht auf so fruchtbaren Boden gefallen wäre.
Ursache hierfür wiederum ist der Versailler Vertrag, der das 14-Punkte-Programm des US-Präsidenten Woodrow Wilson unberücksichtigt ließ.
Darin wurde u.a. gefordert, dass sich Staatsgrenzen an Nationalitätsgrenzen orientieren sollten, Abrüstung bzw Rüstungsbegrenzung aller europäischer Staaten, die Freiheit der Meere - wobei strategisch wichtige Meeresstraßen unter Internationale Verwaltung gestellt werden sollten, einen Europäischen Wirtschaftsverbund(!) und die Gründung einer "Gesellschaft der Nationen".
Bis auf den letztegenannten Punkt - Gründung des Völkerbundes - blieben alle anderen Punkte unberücksichtigt.
Stattdessen wurden Gebietsabtretungen der "Kriegsverlierer" durchgesetzt und Deutschland und dessen Verbündeten wurden für alle Schäden und Verluste verantwortlich gemacht, die in Form von Reparationen zurück zuzahlen sind. Die Höhe der Reparationen wurden im Vertrag von Versailles nicht festgelegt, sondern immer wieder "nach oben" korrigiert.
Die Folgen für die deutsche Wirtschaft z.B. Hyperflation dürften bekannt sein. Dass dies und die schwache Demokratie der Weimarer Republik, den "geeigneten Nährboden" für Totalitarismus legte, müsste eigentlich einleuchten.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Dark Angel »

Nomen Nescio hat geschrieben:(12 Jan 2018, 13:30)

dazu gehöre ich jedenfalls nicht. in gegenteil. meine meinung ist sogar noch trauriger gewordent.

ich will nicht prätendieren daß kenntnis der geschichte seligmachend ist. denn geschichte wiederholt sich nicht. dennoch ist es nützlich. man bemerkt ähnlichkeiten und ist also in der lage zu »extrapolieren«. soll also gewarnt sein.

was betrifft meine antwort an DA, da muß ich zeit für nehmen. sie hat ja vieles konzentriert in einigen sätzen.
Geschichte wiederholt sich nicht? Nun - ich wäre mir da nicht so sicher!
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Jan 2018, 22:40)

am 11. november 1918 um 11 uhr 11 schwiegen am front in europa die waffen. ein waffenhstillstand herrschte. aber keine friede.
die friede die danach kam war eigentlich eine verschnaufpause für das weiterzuführen des krieges von '14-'18.

WK I war ein krieg, der das ganze weltbild änderte. auf viel sachen will ich nicht eingehen, denn die sind/werden an anderen stellen breiter und tiefgehender behandelt. nein, ich beleuchte einen aspekt der m.e. mehr aufmerksamkeit bekommen soll, weil es - fast notgezwungen - den krieg änderte.

im anfang des krieges gab es noch ritterlichkeit. sah man den feind zwar als feind, doch auch als mensch. denk mal an weihnachten 1914 !!
dieses bild änderte sich im laufe des krieges. logisch. wenn man tag ein, tag aus, in schützengraben hinter drahtverhau in elenden umständen (regen, beschießungen, angriffe mit aufgeplanzten bajonetten bzw verteidigung dagegen, kameraden, freunde, ja sogar direkte verwandten sieht man fallen). das beeinflußt die mentalität. die menschen die am ende aus dem krieg kamen waren verwundet. wenn nicht am körper, dann doch in der seele. und gerade dies ist ein punkt, daß n.m.m. nicht genug in betracht gezogen wird. laß ich erst ein beispiel geben, dann wird es deutlich was ich suggerieren will.
WK II hat uns eine lehre erteilt. sadistische mörder könnte man leichter bei metzgern finden, habe ich mal jahre her gelesen. bei ihnen ist offensichtlich die schwelle niedriger als bei »normalos«. daß das am ende des krieges geändert ist, ist deutlich.

jetzt also meine frage. wenn es die grausamkeiten von WK I nicht gegeben hätte, wäre dann ein holocaust viel schwieriger - wenn nicht unmöglich - zu organisieren?
genauso könnte man in der heutigen zeit versetzt sagen »wir sind zu zivilisiert«. wir haben ja über 70 jahre friede in unserem teil von europa und sind krieg, besonders die bestialitäten, entwöhnt. wir können terroristen nicht mit ihren eigenen waffen bekämpfen, auch wenn das eine sprache ist die sie verstehen.

was denkt ihr? sind wir zu zivilisiert? könnte noch ein holocaust statt finden. ja, hätte ohne die greuel von WK I denn überhaupt in den gedanken von kranken menschen solche abstrusen und perverten ideen fuß fassen können ?
In EU-Europa kann ich mir derzeit auch keinen "richtigen" Krieg oder einen industriell organisierten Massenmord mehr vorstellen. Zwar gibt es da und dort tumbe Populisten, aber denen würde der Rest der Mitbürger wohl doch in den Arm fallen. Ich meine, daß selbst im ehemaligen Jugoslawien diese Lehre gezogen wurde.

Aber, wenn wir unseren Blick auf die Schlächtereien des Nahen Ostens lenken: Da haben doch massenhafte Morde in aller Öffentlichkeit stattgefunden, mit eigens vorgeführten Greuelmorden an Gefangenen und "Untermenschen". Mich wundert, daß der Kampf gegen diese menschenverachtende Mörderbande und ihre Anhänger inzwischen so versandet ist.

Und war nicht gerade noch in den Nachrichten die Rede davon, daß Anhänger des IS schon wieder einige Ortschaften in Syrien zurück erobert haben? Wo bleibt der Ausrottungsfeldzug gegen die Anhänger dieser Mörderbanden? Wer steht denn dafür ein, wenn sich dieser Wahnsinn in Pakistan mit seiner riesigen Bevölkerungszahl und Zugang zu Kernwaffen durchsetzt, dort Minderheiten ermordet... und in Afghanistan schon einmal übt.

Wie einer meiner Vorredner sagte: Europa ist nicht der Nabel der Welt; aber wir Europäer haben eine schlimme Lektion wohl doch verstanden... hoffe ich.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Europa2050 »

H2O hat geschrieben:(12 Jan 2018, 17:29)

In EU-Europa kann ich mir derzeit auch keinen "richtigen" Krieg oder einen industriell organisierten Massenmord mehr vorstellen. Zwar gibt es da und dort tumbe Populisten, aber denen würde der Rest der Mitbürger wohl doch in den Arm fallen. Ich meine, daß selbst im ehemaligen Jugoslawien diese Lehre gezogen wurde.

...


Wie einer meiner Vorredner sagte: Europa ist nicht der Nabel der Welt; aber wir Europäer haben eine schlimme Lektion wohl doch verstanden... hoffe ich.
Gerade Jugoslawien hat mich eines besseren gelehrt. Zwei Weltkriege, die auf Jugoslawischem Boden mit am grausamsten waren, inklusive Völkermord etc., dann eine Phase, da Nationen und Religionen im Hintergrund standen, überwunden schienen.

Und dann der erneute Ausbruch in seit 1945 in Europa nicht gekannter Grausamkeit.
Jahrzehntelange gute Nachbarn, die übereinander herfallen. Arbeitskollegen, die sich umbringen.
Und immer noch ein bisschen mehr.

Nach den Ereignissen von Srebrenica halte ich ab einer gewissen Opferzahl alles für möglich, es muss nur genügend Hass da sein verbreitet werden und jeder sicher sein, im Recht zu sein.
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Europa2050 hat geschrieben:(12 Jan 2018, 17:39)

Gerade Jugoslawien hat mich eines besseren gelehrt. Zwei Weltkriege, die auf Jugoslawischem Boden mit am grausamsten waren, inklusive Völkermord etc., dann eine Phase, da Nationen und Religionen im Hintergrund standen, überwunden schienen.

Und dann der erneute Ausbruch in seit 1945 in Europa nicht gekannter Grausamkeit.
Jahrzehntelange gute Nachbarn, die übereinander herfallen. Arbeitskollegen, die sich umbringen.
Und immer noch ein bisschen mehr.

Nach den Ereignissen von Srebrenica halte ich ab einer gewissen Opferzahl alles für möglich, es muss nur genügend Hass da sein verbreitet werden und jeder sicher sein, im Recht zu sein.
Damit haben Sie zweifellos Recht; aber EU-Europa/der Westen hat diesem furchtbaren Spiel doch bald ein Ende bereitet. Das meinte ich mit "Mördern in den Arm fallen". Vergessen wir auch nicht, daß die Veranstalter alles andere als demokratische Rechtsstaaten waren.

Darum bin ich in diesem Forum auch so geladen, wenn jemand das Wertesystem der EU-Verträge für nebensächlich hält oder es aufweichen möchte. Der demokratische Rechtsstaat mit Gewaltenteilung und Minderheitenschutz ist natürlich das Unterpfand für Gespräche anstelle von Tätlichkeiten.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Europa2050 »

H2O hat geschrieben:(12 Jan 2018, 18:24)

Damit haben Sie zweifellos Recht; aber EU-Europa/der Westen hat diesem furchtbaren Spiel doch bald ein Ende bereitet. Das meinte ich mit "Mördern in den Arm fallen". Vergessen wir auch nicht, daß die Veranstalter alles andere als demokratische Rechtsstaaten waren.

Darum bin ich in diesem Forum auch so geladen, wenn jemand das Wertesystem der EU-Verträge für nebensächlich hält oder es aufweichen möchte. Der demokratische Rechtsstaat mit Gewaltenteilung und Minderheitenschutz ist natürlich das Unterpfand für Gespräche anstelle von Tätlichkeiten.
Da bin ich voll und ganz bei Ihnen, obwohl ein demokratischer Rechtsstaat noch keine Garantie für menschenrechtskonformes Handeln ist. Ich möchte da nur mal an die Schweinereien der USA in Vietnam erinnern.

Letztlich habe ich deshalb einen anderen Friedensfeind ausgemacht: Den Nationalismus (mit, aber auch ohne -sozial-). Der hat Millionen Tote auf dem Konto und Europa um ein Jahrhundert zurückgeworfen. Und bringt mich deshalb regelmäßig in Rage. Und leider sind da auch Demokratien nicht gefeit.

Im Gegenzug bin ich notfalls sogar bereit, Autokratien weitestgehend zu ignorieren, wenn sie ihre Nachbarn in Ruhe lassen - als Beispiel sei Belarus genannt.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

Dark Angel hat geschrieben:(12 Jan 2018, 17:02)

Geschichte wiederholt sich nicht? Nun - ich wäre mir da nicht so sicher!
ich brauch dir doch nicht zu sagen, daß es den begriff »mutatis mutandis« gibt.
beispiel: pol pot, auch son massenmörder; kann man vergleichen mit AH. ... mutatis mutandis
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(12 Jan 2018, 17:29)

In EU-Europa kann ich mir derzeit auch keinen "richtigen" Krieg oder einen industriell organisierten Massenmord mehr vorstellen. Zwar gibt es da und dort tumbe Populisten, aber denen würde der Rest der Mitbürger wohl doch in den Arm fallen. Ich meine, daß selbst im ehemaligen Jugoslawien diese Lehre gezogen wurde.
ich gehe konform mit dir. nur in diesem absatz nicht. gerade durch jugolawien haben wir gesehen wie dünn (noch) die firnisschicht der anstand ist
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

Europa2050 hat geschrieben:(12 Jan 2018, 18:42)

Letztlich habe ich deshalb einen anderen Friedensfeind ausgemacht: Den Nationalismus (mit, aber auch ohne -sozial-). Der hat Millionen Tote auf dem Konto und Europa um ein Jahrhundert zurückgeworfen. Und bringt mich deshalb regelmäßig in Rage. Und leider sind da auch Demokratien nicht gefeit.

Im Gegenzug bin ich notfalls sogar bereit, Autokratien weitestgehend zu ignorieren, wenn sie ihre Nachbarn in Ruhe lassen - als Beispiel sei Belarus genannt.
ad 1: korrekt
ad 2: negieren nicht, aber auch nicht auf demselben thema quengeln bleiben.
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Europa2050 hat geschrieben:(12 Jan 2018, 18:42)

Da bin ich voll und ganz bei Ihnen, obwohl ein demokratischer Rechtsstaat noch keine Garantie für menschenrechtskonformes Handeln ist. Ich möchte da nur mal an die Schweinereien der USA in Vietnam erinnern.

Letztlich habe ich deshalb einen anderen Friedensfeind ausgemacht: Den Nationalismus (mit, aber auch ohne -sozial-). Der hat Millionen Tote auf dem Konto und Europa um ein Jahrhundert zurückgeworfen. Und bringt mich deshalb regelmäßig in Rage. Und leider sind da auch Demokratien nicht gefeit.

Im Gegenzug bin ich notfalls sogar bereit, Autokratien weitestgehend zu ignorieren, wenn sie ihre Nachbarn in Ruhe lassen - als Beispiel sei Belarus genannt.
Auch damit haben Sie Recht! Der Nationalismus kann furchtbare Kräfte im Guten und im Bösen entfalten. Er paßt als politisches Überbleibsel des 19. und 20. Jahrhunderts aber nicht mehr in unsere EU. Deshalb werde ich im Forum regelmäßig "deutlich", wenn dieser Wahn seine Liebhaber findet. Das europäische Projekt sieht keine autonomen Nationalstaaten vor.

Die bulgarische EU-Präsidentschaft ist angetreten unter dem Leitspruch "Einigkeit macht stark!". Damit war die EU insgesamt gemeint. Lassen wir nicht zu, daß EU-Mitglieder sich in sich selbst zurück ziehen mit der Bemerkung: "Was in unserem Lande geschieht, das ist allein unsere Sache!". Ist sie nämlich nur so lange, wie alle anderen Partner stillschweigend zahlen und die in Verträgen festgelegte Wertegemeinschaft für eine nette Verzierung halten.

Dazu sind auch beinharte Entscheidungen notwendig, die an Klarheit keinen Spielraum mehr lassen.

Mich ermutigt das Ergebnis der Sondierungsgespräche unserer Volksparteien gerade zum Thema der Weiterentwicklung des europäischen Projekts. Gemeinsam voran mit der Ausweitung der demokratischen Kontrollen der EU über das EU-Parlament... und da, wo sich die 27 nicht einigen können, gemeinsam mit unseren französischen Nachbarn. Da soll es doch mit dem Teufel zugehen, wenn man vor diesem Hintergrund an einen möglichen Krieg in der EU auch nur einen Gedanken verlieren muß!
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Re: 11.11.18

Beitrag von Dampflok94 »

Der 11.11.18 War natürlich erst mal ein guter Tag. Ein Krieg, der Millionen von Opfern forderte, fand sein Ende.

Was folgte war nicht ganz so positiv. Der Friedensvertrag von Versailles schaffte mindestens genau so viele Probleme wie er beseitigte. Und so wird er auch in den Ländern der damaligen Entente gesehen. Aber hinterher ist man ja immer klüger. Und man muß immer die Zeit betrachten, in der Ereignisse stattfinden.
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Dampflok94 hat geschrieben:(14 Jan 2018, 13:56)

Der 11.11.18 War natürlich erst mal ein guter Tag. Ein Krieg, der Millionen von Opfern forderte, fand sein Ende.

Was folgte war nicht ganz so positiv. Der Friedensvertrag von Versailles schaffte mindestens genau so viele Probleme wie er beseitigte. Und so wird er auch in den Ländern der damaligen Entente gesehen. Aber hinterher ist man ja immer klüger. Und man muß immer die Zeit betrachten, in der Ereignisse stattfinden.
Die vernünftige Antwort auf alle diese Schrecken in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben wir doch gefunden, indem ehemalige Erbfeinde und Erzfeinde sich in der EU zusammen geschlossen haben, um künftig nur noch friedlich und mit gegenseitigem Wohlwollen zusammen zu arbeiten. Die Erinnerung an dieses Datum 11. 11. 1918 und seine Folgen sollte uns auf diesem Wege bestärken: 60 Jahre Frieden unter den Mitgliedern der Europäischen Union!
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Beitrag von Senexx »

Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Jan 2018, 22:40)
jetzt also meine frage. wenn es die grausamkeiten von WK I nicht gegeben hätte, wäre dann ein holocaust viel schwieriger - wenn nicht unmöglich - zu organisieren?
Eine interessante Frage.

Nun waren die Niederlande gar nicht am 1. WK beteiligt. Wie ist es dann möglich, dass sie nach 1945 den grausamen Kolonialkrieg in Indonesien führen konnten, bei dem sie gg. 100000 Guerillas und etwa eine gleich große Zahl von Zivilisten umbrachten?
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(14 Jan 2018, 22:00)

Eine interessante Frage.

Nun waren die Niederlande gar nicht am 1. WK beteiligt. Wie ist es dann möglich, dass sie nach 1945 den grausamen Kolonialkrieg in Indonesien führen konnten, bei dem sie gg. 100000 Guerillas und etwa eine gleich große Zahl von Zivilisten umbrachten?
Einen Kolonialkrieg, so grausam und verurteilenswert er dann auch ist, würde ich wirklich nicht vergleichen mit dem industriell durchorganisierten Massenmord an mißliebigen Zivilisten, Kindern, Greisen, Frauen und Männern. Das ist doch immer das alte Lied, daß nahezu jede zu berichtende Grausamkeit auf die organisierten Massenmorde der Nazis bezogen wird. Diese industriell durchorganisierten Massenmorde mit unfaßbaren Begleiterscheinungen sind schon einmalig in der Menschheitsgeschichte. Bei unzulässigen Vergleichen wird zugleich diese Einzigartigkeit auf eine von vielen Grausamkeiten abgewertet.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Senexx »

H2O hat geschrieben:(14 Jan 2018, 22:30)

Einen Kolonialkrieg, so grausam und verurteilenswert er dann auch ist, würde ich wirklich nicht vergleichen mit dem industriell durchorganisierten Massenmord an mißliebigen Zivilisten, Kindern, Greisen, Frauen und Männern. Das ist doch immer das alte Lied, daß nahezu jede zu berichtende Grausamkeit auf die organisierten Massenmorde der Nazis bezogen wird. Diese industriell durchorganisierten Massenmorde mit unfaßbaren Begleiterscheinungen sind schon einmalig in der Menschheitsgeschichte. Bei unzulässigen Vergleichen wird zugleich diese Einzigartigkeit auf eine von vielen Grausamkeiten abgewertet.
Sie haben leider, den Eingangsbeitrag von NN nicht genau gelesen. Er hat geschrieben, der 2. WK habe uns eine Lehre erteilt. Den Holländern nicht?
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(14 Jan 2018, 22:50)

Sie haben leider, den Eingangsbeitrag von NN nicht genau gelesen. Er hat geschrieben, der 2. WK habe uns eine Lehre erteilt. Den Holländern nicht?
Ach, denen bestimmt auch... wie auch Norwegern, Franzosen, Italienern und anderen Völkerschaften, die sich in Nazi-Greuel verstrickt hatten. Die ehrlichen und gebildeten Europäer wissen sehr wohl darum, auch wenn natürlich kurz danach niemand etwas davon gewußt haben wollte. Das ist so viel anders nicht als bei uns auch.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Senexx »

Wie konnten sie aber nach dem zweiten Weltkrieg dann noch solche Kriegsgräuel begehen? Das war meine Frage.
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(14 Jan 2018, 23:01)

Wie konnten sie aber nach dem zweiten Weltkrieg dann noch solche Kriegsgräuel begehen? Das war meine Frage.
Ich meine nicht, daß es um Kriegsgreuel geht. Es geht aus meiner Sicht um die Frage, wie ein sorgfältig durchgeplanter Massenmord an Mißliebigen aller Art, Kindern, Greisen, Frauen, Männern so durchführbar war. Bei Kriegsgreueln prallen meist Menschen in Kampfhandlungen oder in Kampfhandlungen verwickelt als Todfeinde aufeinander. Das ist schon anders, als Häuser und Wohnungen leer zu räumen, die Beute zu verteilen und die Bewohner dann systematisch zu ermorden. Aber nebenbei: Ich bin nicht der Meinung, daß die Verrohung durch den 1. Weltkrieg dieses Menschheitsverbrechen ermöglicht hat.

So, wie ich auch nicht der Meinung bin, daß die Verrohung durch Verbrechen Assads oder Saddams die systematischen Morde des IS möglich gemacht hat.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

Senexx hat geschrieben:(14 Jan 2018, 22:00)

Eine interessante Frage.

Nun waren die Niederlande gar nicht am 1. WK beteiligt. Wie ist es dann möglich, dass sie nach 1945 den grausamen Kolonialkrieg in Indonesien führen konnten, bei dem sie gg. 100000 Guerillas und etwa eine gleich große Zahl von Zivilisten umbrachten?
da überfragst du mich. was ich von jener zeit weiß, was nicht wenig ist, ist daß es keine »polizeiaktion« war, wie die regierung es nannte. stattdessen einen richtigen krieg. BEIDERSEITS.
die indonesische regierung hemmt untersuchungen durch ein offizielles NL institut. wie ich vernam, weil dann bekannt wird wie schwer auch an indonesischer seite die verbrechen waren.
die zahlen kenne/kannte ich nicht. muß ich mal nachsuchen. odxer hast du eine quelle?

eine mögliche erklärung liegt vllt in der geschichte davor, WK II. denke nicht daß die nazis das monopol auf grausamkeit hatten. das bedeutet daß die gewaltschwelle erheblich gesunken ist, verglichen mit dem zustand vor WK II.

dies gehört aber in einem eigenen strang, denn ist hier OT.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

Senexx hat geschrieben:(14 Jan 2018, 22:50)

Sie haben leider, den Eingangsbeitrag von NN nicht genau gelesen. Er hat geschrieben, der 2. WK habe uns eine Lehre erteilt. Den Holländern nicht?
das geschah aber nicht von gestern auf heute. menschen mußten eigentlich neu erzogen worden. wenn du willst »brain washed«.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(14 Jan 2018, 23:21)

...Ich bin nicht der Meinung, daß die Verrohung durch den 1. Weltkrieg dieses Menschheitsverbrechen ermöglicht hat.

So, wie ich auch nicht der Meinung bin, daß die Verrohung durch Verbrechen Assads oder Saddams die systematischen Morde des IS möglich gemacht hat.
ad 1. ich halte es für möglich. es bleibt natürlich spekulation.

ad 2. wer wind sät wird sturm ernten.
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(15 Jan 2018, 09:19)

ad 1. ich halte es für möglich. es bleibt natürlich spekulation.

ad 2. wer wind sät wird sturm ernten.
Das ist wohl wahr; man kann auch von einem Abstumpfungs- und Gewöhnungsverlauf sprechen. Dennoch haben die Menschheitsverbrechen von 1. und 2. einen ideologischen Hintergrund. Das heißt, man hat sich im Vorfeld der Verbrechen eine Art Begründung für die Massenmorde zurecht gezimmert.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(15 Jan 2018, 09:23)

Das ist wohl wahr; man kann auch von einem Abstumpfungs- und Gewöhnungsverlauf sprechen. Dennoch haben die Menschheitsverbrechen von 1. und 2. einen ideologischen Hintergrund. Das heißt, man hat sich im Vorfeld der Verbrechen eine Art Begründung für die Massenmorde zurecht gezimmert.
ja, die wahrscheinlichkeit ist n.m.m. groß. und das vorfeld wäre dann jedenfalls WK II. abgesehen davon was noch danach geschah.
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(15 Jan 2018, 09:28)

ja, die wahrscheinlichkeit ist n.m.m. groß. und das vorfeld wäre dann jedenfalls WK II. abgesehen davon was noch danach geschah.
Meine Befürchtung: Die Menschheitsverbrechen von 1. wären auch mitten im Frieden denkbar gewesen. Die ideologische Vorspannung hätte nur länger befeuert werden müssen. Und, natürlich, es fehlten die großen Siedlungsgebiete der Opfer außerhalb des Großdeutschen Reichs, die so auch unter Mitwirkung der dort lebenden Bevölkerung systematisch leergeräumt werden konnten. Das will selbstverständlich heute niemand mehr wahr haben... zum Schämen und Bereuen ist es aber nie zu spät.

Bei den Menschheitsverbrechen von 2. brauchte diese "Bewegung" die Unordnung im Irak und in Syrien für ihre rasche Ausbreitung... und sicher auch viel Geld aus noch auf zu klärenden Quellen. Klassisch für 2. doch das "Vorbild" von 1., sich am Eigentum der Opfer zu bereichern und sogar noch die Menschen in niedrigster Weise zu benutzen. Und jede Menge Mitläufer, die schon immer "dagegen gewesen" waren.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(15 Jan 2018, 09:42)

Bei den Menschheitsverbrechen von 2. brauchte diese "Bewegung" die Unordnung im Irak und in Syrien für ihre rasche Ausbreitung... und sicher auch viel Geld aus noch auf zu klärenden Quellen. Klassisch für 2. doch das "Vorbild" von 1., sich am Eigentum der Opfer zu bereichern und sogar noch die Menschen in niedrigster Weise zu benutzen. Und jede Menge Mitläufer, die schon immer "dagegen gewesen" waren.
sich bereichern: das war schon immer eine gute motivation. durch alle jhdt her. bereichern kann man auf soviel weisen sehen. die hirten in afrika sehen ihre grasflächen verdürren. also gehen sie zu den bauern und plantagen.
die französische revolution: haben sie kein brot? gib sie dann kuchen (marie antolinette)
der bauernkrieg: right or wrong, my country. ein vorwand ist so gefunden.
WK I: es ist eine existenzfrage (sir edward grey, britisch außenminister).
usw, usf

die »mitläufer sind immer die schlimmsten gewesen. sie müßten ja zeigen wie sehr sie den kurs folgten. »plus catholique que le pape«.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Quatschki »

Nomen Nescio hat geschrieben:(15 Jan 2018, 09:11)
eine mögliche erklärung liegt vllt in der geschichte davor, WK II. denke nicht daß die nazis das monopol auf grausamkeit hatten. das bedeutet daß die gewaltschwelle erheblich gesunken ist, verglichen mit dem zustand vor WK II.
Bereits die Kolonialkriege im 19.Jh waren unglaublich grausam, zum Bespiel der britische Feldzug zur Niederschlagung der Mahdi-Bewegung. Oder die Rifkriege in Marokko, nach dem 1.Weltkrieg auch mit massiven Giftgaseinsätzen gegen die Zivilbevölkerung. Die britischen Bombenkriege gegen Aufständische im Irak oder Afghanistan in den 20er Jahren
Oder die Italienischen Kolonialkriege in Abessinien und Libyen, ebenfalls mit Giftgaseinsätzen.
Dann haben wir das Kapitel Osmanisches Reich/Türkei mit einer langen Tradition grausamer Kriegsführung gegen Aufständische und Abtrünnige, den Völkermord an den Armeniern und die wechselseitigen Massaker und Vertreibungen zwischen Türken und Griechen, aber auch das grausame Abschlachten türkischer Garnisionen durch die Araber.

Und dann natürlich Rußland!
Lenin hockte während des Ersten Weltkrieges im friedlichen Schweizer Exil, eigentlich mit der Eidgenossenschaft die ideale Staatsform vor der Nase, und hat im Bergidyll munter geplant, wen er alles ausrotten muß, um dem Proletariat weltweit zum Sieg zu verhelfen. Und ab 1917 hat er das dann umgesetzt:
Ausrottung der Aristokratie, Bourgeoisie, des Klerus und der als "konterrevolutionär" eingeschätzten Teile der Bauernschaft, sowie der kompletten islamischen geistigen udn politischen Führungsschicht der Völker Mittelasiens und des Kaukasus (soweit sie nicht vorher schon der Soldateska des Zaren zum Opfer gefallen waren),
Stalin, der selbst auch nie im Schützengraben gelegen hat, hat das bekanntlich dann noch erheblich ausgeweitet.
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Re: 11.11.18

Beitrag von H2O »

Quatschki hat geschrieben:(15 Jan 2018, 12:56)

Bereits die Kolonialkriege im 19.Jh waren unglaublich grausam, zum Bespiel der britische Feldzug zur Niederschlagung der Mahdi-Bewegung. Oder die Rifkriege in Marokko, nach dem 1.Weltkrieg auch mit massiven Giftgaseinsätzen gegen die Zivilbevölkerung. Die britischen Bombenkriege gegen Aufständische im Irak oder Afghanistan in den 20er Jahren
Oder die Italienischen Kolonialkriege in Abessinien und Libyen, ebenfalls mit Giftgaseinsätzen.
Dann haben wir das Kapitel Osmanisches Reich/Türkei mit einer langen Tradition grausamer Kriegsführung gegen Aufständische und Abtrünnige, den Völkermord an den Armeniern und die wechselseitigen Massaker und Vertreibungen zwischen Türken und Griechen, aber auch das grausame Abschlachten türkischer Garnisionen durch die Araber.

Und dann natürlich Rußland!
Lenin hockte während des Ersten Weltkrieges im friedlichen Schweizer Exil, eigentlich mit der Eidgenossenschaft die ideale Staatsform vor der Nase, und hat im Bergidyll munter geplant, wen er alles ausrotten muß, um dem Proletariat weltweit zum Sieg zu verhelfen. Und ab 1917 hat er das dann umgesetzt:
Ausrottung der Aristokratie, Bourgeoisie, des Klerus und der als "konterrevolutionär" eingeschätzten Teile der Bauernschaft, sowie der kompletten islamischen geistigen udn politischen Führungsschicht der Völker Mittelasiens und des Kaukasus (soweit sie nicht vorher schon der Soldateska des Zaren zum Opfer gefallen waren),
Stalin, der selbst auch nie im Schützengraben gelegen hat, hat das bekanntlich dann noch erheblich ausgeweitet.
Ich würde dennoch reine Raubkriege mit Mord und Totschlag von ideologisch begründeten Metzeleien trennen. Aber sicher kann man auch Mischformen davon erkennen.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(15 Jan 2018, 13:47)

Ich würde dennoch reine Raubkriege mit Mord und Totschlag von ideologisch begründeten Metzeleien trennen. Aber sicher kann man auch Mischformen davon erkennen.
ich habe mal versucht herauszufinden was die motivierung von anarchisten und nihilisten im 19. jhdt war. zu meinem erstaunen gab es keinen echten grund. sie waren einfach dagegen. gegen alles. gegen reichtum, gegen besitz, gegen gesetze, gegen behörden, usw.

bei den kolonialkriege was es meist gewinn und monopolisieren. ein sehr deutliches beispiel ist kina, das sehr lange das einzige mittel gegen malaria (kinine) gab. brasilien hütete sorgfältig das monopol. nichtsdestotrotz gelang es dem deutschen junghun einige stecklinge außerhalb brasilien zu schmuggeln. ich lernte dies in der schule als ich 10 oder 11 war. junghun war angestellt bei einem niederländischen betrieb in der damaligen kolonie niederländisch ost-indien.
und so war das monopol der südamerikaner gebrochen. um de facto ersetzt zu werden durch ein niederländisches monopol. die landwirtschaftliche pflege der NL von den kinabäume war so gut, daß konkurrenz eigentlich kaum bestand.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Progressiver »

Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Jan 2018, 22:40)

am 11. november 1918 um 11 uhr 11 schwiegen am front in europa die waffen. ein waffenhstillstand herrschte. aber keine friede.
die friede die danach kam war eigentlich eine verschnaufpause für das weiterzuführen des krieges von '14-'18.

WK I war ein krieg, der das ganze weltbild änderte. auf viel sachen will ich nicht eingehen, denn die sind/werden an anderen stellen breiter und tiefgehender behandelt. nein, ich beleuchte einen aspekt der m.e. mehr aufmerksamkeit bekommen soll, weil es - fast notgezwungen - den krieg änderte.

im anfang des krieges gab es noch ritterlichkeit. sah man den feind zwar als feind, doch auch als mensch. denk mal an weihnachten 1914 !!
dieses bild änderte sich im laufe des krieges. logisch. wenn man tag ein, tag aus, in schützengraben hinter drahtverhau in elenden umständen (regen, beschießungen, angriffe mit aufgeplanzten bajonetten bzw verteidigung dagegen, kameraden, freunde, ja sogar direkte verwandten sieht man fallen). das beeinflußt die mentalität. die menschen die am ende aus dem krieg kamen waren verwundet. wenn nicht am körper, dann doch in der seele. und gerade dies ist ein punkt, daß n.m.m. nicht genug in betracht gezogen wird. laß ich erst ein beispiel geben, dann wird es deutlich was ich suggerieren will.
WK II hat uns eine lehre erteilt. sadistische mörder könnte man leichter bei metzgern finden, habe ich mal jahre her gelesen. bei ihnen ist offensichtlich die schwelle niedriger als bei »normalos«. daß das am ende des krieges geändert ist, ist deutlich.

jetzt also meine frage. wenn es die grausamkeiten von WK I nicht gegeben hätte, wäre dann ein holocaust viel schwieriger - wenn nicht unmöglich - zu organisieren?
genauso könnte man in der heutigen zeit versetzt sagen »wir sind zu zivilisiert«. wir haben ja über 70 jahre friede in unserem teil von europa und sind krieg, besonders die bestialitäten, entwöhnt. wir können terroristen nicht mit ihren eigenen waffen bekämpfen, auch wenn das eine sprache ist die sie verstehen.

was denkt ihr? sind wir zu zivilisiert? könnte noch ein holocaust statt finden. ja, hätte ohne die greuel von WK I denn überhaupt in den gedanken von kranken menschen solche abstrusen und perverten ideen fuß fassen können ?
Da ist einiges falsch gelaufen ab dem Friedensvertrag von Versailles 1919. Aber einen Automatismus zu Ausschwitz herzustellen, halte ich für weit hergeholt. Frankreich hatte 1871 auch einen Krieg verloren. Auch dieses Land hatte zumindest eine Dreyfus-Affäre. Die Reparationen an das Deutsche Kaiserreich waren hart. Hier aber gewann im Endeffekt die Demokratie und der Laizismus. Die Politik des Deutschen Kaiserreichs war jedoch ziemlich dumm. Was wollten die Kaiser mit Elsass-Lothringen? Selbst Bismarck war seinerzeit gegen die Annektierung dieses Gebietes. Da Elsass-Lothringen jedoch deutsch wurde, hatte man sich einen Todfeind auf Lebenszeit geschaffen.

Als das Deutsche Reich aufgrund seiner desaströsen Politik und einem schlecht geführten Krieg dann selbst besiegt war, konnten die Rechten die Niederlage nicht anerkennen. Obwohl der deutsche Generalstab selbst um Waffenstillstandsverhandlungen bat, wurde danach die "Dolchstoßlegende" ins Leben gerufen, die besagte, dass das deutsche Heer "im Felde unbesiegt" gewesen sei. Und dementsprechend gingen die Rechten danach vor. Um den nächsten Krieg zu gewinnen, wollten sie alle linken Defätisten, Sozialdemokraten und Juden ausschalten bzw. vernichten, die sie für die eigentlichen Verursacher der Kriegsniederlage im Ersten Weltkrieg hielten.

Ebenso darf man nicht vergessen, dass die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen das Land weiter verelenden ließ. Weiterhin passierte es, dass Politiker wie Friedrich Ebert und Gustav Stresemann viel zu früh gestorben sind.

Der Antijudaismus bzw. Antisemitismus ist jedenfalls viel älter als das Reich der Deutschen. Und esoterische Wirrköpfe, die von einer "germanischen Rasse" schwärmten, gab es auch schon zu Zeiten Wilhelms II. Damals waren aber alle imperialistischen Völker davon beseelt, "the white man´s burden" der Kolonisierung der Welt nachzugehen. Dass die Nazis dann andere europäische Völker als "Untermenschen" ansahen, war einzigartig. Nach Versailles 1919 sahen die Westmächte die Deutschen immer noch als Menschen an. Der Friedensvertrag von Versailles mag hart gewesen sein. Aber die Deutschen wurden weder ausgerottet noch wurde Deutschland geteilt. Dass die größenwahnsinnigen Nazis dann zu Verbrechern und Völkermördern wurden, war alleine ihre eigene Schuld.

Und zu der Frage, ob sich die Geschichte wiederholen kann: Ja, wenn man sich der historischen Verantwortung nicht stellt und sich weigert, daraus etwas zu lernen. Auch zeigt sich, dass die Decke der Zivilisation nur sehr dünn ist. Wenn wirtschaftliche und soziale Probleme zunehmen, ist für manche dann schnell eine Minderheit als Schuldige ausgemacht, auf die sich die Aggression entlädt. Dies kann jedoch verhindert werden, indem man die Demokratie und den Sozialstaat verteidigt und immer wieder wachsam ist.
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Re: 11.11.18

Beitrag von garfield336 »

Nomen Nescio hat geschrieben:(10 Jan 2018, 22:40)
jetzt also meine frage. wenn es die grausamkeiten von WK I nicht gegeben hätte, wäre dann ein holocaust viel schwieriger - wenn nicht unmöglich - zu organisieren?
genauso könnte man in der heutigen zeit versetzt sagen »wir sind zu zivilisiert«. wir haben ja über 70 jahre friede in unserem teil von europa und sind krieg, besonders die bestialitäten, entwöhnt. wir können terroristen nicht mit ihren eigenen waffen bekämpfen, auch wenn das eine sprache ist die sie verstehen.
Idiotische Frage, denn es bedurfte erst der Grausamkeit, damit Menschen zur Vernunft kommen. Die Erinnerung an die Grausamkeit verblast aber so langsam, so dass eine erneute Katastrophe wahrscheinlicher wird.

Die Grausamkeiten des WK1 waren zwangsläufig durch die Weiterentwicklung der Militärtechnik.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Quatschki »

garfield336 hat geschrieben:(22 Jan 2018, 08:47)
Die Grausamkeiten des WK1 waren zwangsläufig durch die Weiterentwicklung der Militärtechnik.
Das täuscht.
Die Napoleonkriege waren genauso grausam.
Es gab praktisch kein Sanitätswesen. Die Hälfte der Verwundeten sind verreckt.
Troß und örtliche Bevölkerung plünderten die Schlachtfelder, zogen den teilweise noch lebenden Soldaten die Sachen aus, um sie zu verhökern.
Die Empathie mit den Gefallenen war gering, Soldatenfriedhöfe oder Gedenkstätten kannte man nicht. Die Bauern betrachteten den Knochendünger als Entschädigung für ihre verwüsteten Felder.
Die Todesrate der Zivilbevölkerung durch Seuchen, Hunger und Übergriffe war ähnlich hoch wie im 2.WK
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Re: 11.11.18

Beitrag von garfield336 »

Quatschki hat geschrieben:(22 Jan 2018, 09:20)

Die Empathie mit den Gefallenen war gering, Soldatenfriedhöfe oder Gedenkstätten kannte man nicht.
Naja in Luxemburg gibt es einen deutschen Soldatenfriedhof wo bereits gefallene des Napoleonkrieges begraben liegen.

Der Friedhof wurde fast durchgängig zwischen 1815? und 1918 genutzt.

Aber ok, wir sind nicht Russland.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Quatschki »

garfield336 hat geschrieben:(22 Jan 2018, 10:06)

Naja in Luxemburg gibt es einen deutschen Soldatenfriedhof wo bereits gefallene des Napoleonkrieges begraben liegen.

Der Friedhof wurde fast durchgängig zwischen 1815? und 1918 genutzt.

Aber ok, wir sind nicht Russland.
Mit Rußland hat das nichts zu tun.
Die Massenschlachten 1813 fanden n Mitteldeutschland statt
Um die Festung Luxembourg herum gab es nur einige Scharmützel.
Für die lange Belagerung 1794/95 gibt die englische Wikipedia 1200 Tote an.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Progressiver »

Der Erste Weltkrieg war der erste totale Krieg, der die ganze Gesellschaft eines am Krieg beteiligten Landes beanspruchte. Außerdem wurde selbst in den kalten Wintermonaten gekämpft. In früheren Jahrhunderten war das nicht möglich. Auch war der industrielle Ausstoß an kriegswichtigen Waffen, Munition etc. derart groß, dass die Millionenheere fähig waren, an langen Fronten sich zu halten und zu beschießen. Früher wurden dagegen oft nur die Provinzen vom Krieg gebeutelt, in denen auch die Soldaten einquartiert wurden. Da es zudem keine schnellen Verkehrsverbindungen gab, mussten die ganzen Vorräte an Nahrung und Munition in Festungen gelagert werden. Im Ersten Weltkrieg waren diese jedoch nicht mehr so wichtig, da auf der ganzen Frontlinie im Westen Grabenkrieg herrschte. Und dauerte in den Napoleonischen Kriegen eine Schlacht vielleicht maximal ein paar Tage, so konnte das Grauen im Ersten Weltkrieg auf ein vielfaches gesteigert werden.

Davon abgesehen sehe ich beim Datum 11. November 1918 auch noch andere Anknüpfungspunkte. So kann man hier auf internationaler Ebene den Versailler Friedensvertrag und seine Folgen und Details betrachten. Auf deutscher Ebene bleibt innenpolitisch festzuhalten, dass es zu einer Revolution gekommen war. Die Arbeiter und Soldaten wollten aber nicht, wie früher oftmals behauptet, eine bolschewistische Diktatur errichten, sondern es waren im Gegenteil die Basis der SPD, die eben eine Demokratie wollte. Der Tenor der neueren Autoren scheint zu sein: Wenn sich diese Sozialdemokraten durchgesetzt hätten, dann wäre aus dem deutschen Kaiserreich eine demokratische und soziale Republik geworden. Leider hatte das die SPD-Führung damals nicht kapiert. So kam es dann mit Noske und anderen zum Verrat an der eigenen Basis. Aber die Novemberrevolution wie auch der Friedensvertrag von Versailles wären eigentlich auch Themen, in denen in separaten Threads diskutiert werden könnte.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Dampflok94 »

Progressiver hat geschrieben:(28 Jan 2018, 00:00)
Davon abgesehen sehe ich beim Datum 11. November 1918 auch noch andere Anknüpfungspunkte. So kann man hier auf internationaler Ebene den Versailler Friedensvertrag und seine Folgen und Details betrachten. Auf deutscher Ebene bleibt innenpolitisch festzuhalten, dass es zu einer Revolution gekommen war. Die Arbeiter und Soldaten wollten aber nicht, wie früher oftmals behauptet, eine bolschewistische Diktatur errichten, sondern es waren im Gegenteil die Basis der SPD, die eben eine Demokratie wollte. Der Tenor der neueren Autoren scheint zu sein: Wenn sich diese Sozialdemokraten durchgesetzt hätten, dann wäre aus dem deutschen Kaiserreich eine demokratische und soziale Republik geworden. Leider hatte das die SPD-Führung damals nicht kapiert. So kam es dann mit Noske und anderen zum Verrat an der eigenen Basis. Aber die Novemberrevolution wie auch der Friedensvertrag von Versailles wären eigentlich auch Themen, in denen in separaten Threads diskutiert werden könnte.
Ich glaube kaum, daß es DAS Ziel DER Arbeiter und Soldaten gab. Außer ganz am Anfang. Da ging es los mit dem Matrosenaufstand in Kiel, Man wollte schlicht nicht mehr für eine verlorene Sache sterben. Und das Ziel Kriegsbeendigung war am Anfang allgemein. Aber das Kriegsende kam ja dann sehr schnell. Die Aufstände gingen weiter. Und dann gab es plötzlich Unterschiede. Die einen waren sicherlich nur an sozialen und demokratischeen reformen interessiert. Aber viele wünschten sich zu mindest eine Räterepublik. Eine bolschewistische Diktatur wünschten sich sicherlich nur wenige. Aber das war ja selbst in Rußland so. Aber natürlich hatten die USPD und der Spartakus andere Vorstellungen vom neuen deutschen Staat als es die SPD hatte.
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Re: 11.11.18

Beitrag von Progressiver »

Dampflok94 hat geschrieben:(30 Jan 2018, 09:48)

Ich glaube kaum, daß es DAS Ziel DER Arbeiter und Soldaten gab. Außer ganz am Anfang. Da ging es los mit dem Matrosenaufstand in Kiel, Man wollte schlicht nicht mehr für eine verlorene Sache sterben. Und das Ziel Kriegsbeendigung war am Anfang allgemein. Aber das Kriegsende kam ja dann sehr schnell. Die Aufstände gingen weiter. Und dann gab es plötzlich Unterschiede. Die einen waren sicherlich nur an sozialen und demokratischeen reformen interessiert. Aber viele wünschten sich zu mindest eine Räterepublik. Eine bolschewistische Diktatur wünschten sich sicherlich nur wenige. Aber das war ja selbst in Rußland so. Aber natürlich hatten die USPD und der Spartakus andere Vorstellungen vom neuen deutschen Staat als es die SPD hatte.
Dem kann ich einerseits zustimmen. Aber andererseits darf man meines Erachtens die Sache nicht nur vom Ende her sehen. Hätten die linken Kräfte sich nicht auseinanderdividieren lassen, dann wären die Rechten -und später die Nazis- viel eher in die Schranken gewiesen worden. Aber die SPD-Führung wollte sich das ja nicht nehmen lassen, sich mit den rechten Generälen zu verbünden, um im Falle Noskes auf die eigene Bevölkerung schießen zu lassen. Ein wenig mehr Loyalität der eigenen Basis gegenüber wäre sicher besser gewesen. Und selbst Ebert hat sich ja 1918/19 vor den Karren Hindeburgs und Ludendorfs spannen lassen, die -nachdem sie den Waffenstillstand erbeten hatten- frech behaupteten, dass die Truppen durch die eigene Heimatfront am Endsieg gehindert wurden. Das ist dann die sogenannte "Dolchstoßlegende". Ebert selbst sagte ja auch noch den heimkehrenden Truppen, dass kein äußerer Feind sie besiegt habe. Im Verbreiten dieser "Dolchstoßlegende" waren aber die Rechtsradikalen letztendlich besser. So wurde dann vergessen, dass die Reichswehr 1918 total erschöpft war und gegen die Massen der neuen amerikanischen und anderen Truppen keine Chance mehr hatte. Ebenso wurde ausgeblendet, dass alle anderen Verbündeten ebenfalls schon vorher zusammengebrochen waren. Diese Geschichte mochte dann später Hitler gedient haben. Aber es bedurfte erst der totalen Niederlage des Zweiten Weltkriegs, um zu beweisen, dass Deutschland nicht alleine die Welt erobern kann.
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