In diesem Strang soll es um das Reich der Safawiden gehen, welches von 1501 bis 1722 in etwa auf dem Gebiet des heutigen Iran existiert hat.
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Einführung
Das historische Vermächtnis dieses Reiches ist vor allem:
a) Der Beginn des Iran in seiner heutigen territorialen Ausprägung, vorher hat es den Iran eigentlich gar nicht gegeben, vielmehr waren nach der islamischen Eroberung im siebten Jahrhundert die Gebiete die wir heute dem Iran zurechnen Teile von Reichen, welches sich nicht wirklich als Iran im heutigen Sinne verstanden haben.
b) Die Schiitisierung des Iran, zwar war in bestimmten Gebieten und Städten des heutigen Irans bereit vorher schiitische Gruppen präsent gewesen, aber dennoch wurden erst im Laufe der Herrschaft der Safawiden im 16ten und 17ten Jahrhundert Iran zur 12er-Schia konvertiert, heute gerade aufgrund der Islamischen Republik und seiner geopolitischen Ambitionen ein wesentliches Merkmal des Landes.
c) Dazu gibt es ein reiches kulturelles Erbe aus dieser Zeit, vor allem in Isfahan, welche Anfang des 17ten Jahrhunderts zur Hauptstadt des Reiches gemacht und mit zahlreichen Bauten zum Imperialen Hauptsitz ausgebaut wurde und der Ordensitz in Ardabil, der Stadt in der die Geschichte der Safawiden ihren Ausgang nahm. Beides für heutige Touristen die den Iran besuchen absolutes Pflichtprogramm. Dazu sind besonders die Miniaturmalereien z.B. eines Reza Abbasi oder die diversen Freskos, welche die Bauten dieser Zeit zieren, auch heute noch nett anzusehen.
Man ist über diese Zeit aufgeklärt durch einheimische Quellen, aber auch durch zahlreiche Reiseberichte europäischer Reisende - auch deutschsprachige - die ihre Eindrücke des fernen Persien notiert haben. Diese waren als Botschafter europäischer Mächte, Händler und/oder Abenteurer in den Iran gekommen. Einige davon findet man sogar online im Internet auf archive.org.
Dr. Kaempfer's Album of Persian Costumes and Animals
Adam Olearius - Vermehrte Newe Beschreibung Der Muscowitischen und Persischen Reyse
Insgesamt gibt es eine Menge Material in Text- oder Bildform dazu viele Gebäude, welche Auskunft über dieser Zeit geben. Wenn man sich ein wenig damit beschäftigt entsteht ein lebhaftes Bild eines Imperium, welches zeitlich mit zwei anderen großen islamischen Imperien entstanden ist, dem Osmanischen Reich in der heutigen Türkei und im arabischen Raum und dem Mogulreich in Indien, zu einer Zeit als es zwar Kontakte nach Europa gegeben hat, es allerdings noch kein eindeutiges Machtgefälle, wie im 19ten Jahrhundert, im Zeitalter des Kolonialismus. Für historisch Interessierte lohnt sich ein Blick.
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Safawiden als Sufi-Orden
In ihrem Ursprung waren die Safawiden ein mystischer Sufi-Orden, der im 14ten Jahrhundert von Safi ad Din im Nordwesten Irans in Ardabil gegründet wurde. Das Grab des Ordensgründers ist mittlerweile auch Unesco-Weltkulturerbe und man kann da auch als Tourist hingehen. Beim Sufismus geht es darum, dass Muslime sich auf einen mystischen Pfad machen um durch spirituelle Übungen und strenge Zucht einen Zustand der Gottesschau zu erreichen. Diese Form des Islams war in den Jahrhunderten nach dem Kommen des Islams entwickelt und ab dem 12ten Jahrhundert, spätestens mit dem Mongolensturm im 13ten Jahrhundert und dem Zusammenbruch der alten islamischen Ordnung zu einer Massenbewegung in der islamischen Welt geworden, die sich in verschiedenen Orden organisiert hat. Dabei spielt auch die Lehrer-Schüler-Beziehung eine wichtige Rolle, weswegen die Oberhäupter dieser Orden eine stark erhöhte spirituelle und eventuell damit auch weltliche Stellung beanspruchen können.
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(spanisch, aber hübsche Bilder, vor allem die letzten Sekunden)
Turkstämme aus Zentralasien
Ab dem 11ten Jahrhundert waren aus Zentralasien immer wieder türkische Stämme in das Gebiet des heutigen Irans eingewandert, viele bis rüber nach Anatolien gezogen und hatten dort diverse Reiche gegründet, die zumeist aber aufgrund von Nachfolgestreitigkeiten wieder zerfielen. Die herausragende Figuren in dieser Hinsicht ist natürlich der Mongolensturm von Dschingis Khan und die Reichsgründung durch Timur. Die meisten dieser Stämme waren bereits in Zentralasien zum Islam konvertiert, brachten allerdings einige eher heterodoxe Bräuche mit in die islamische Welt, die Mongolen waren übrigens bei ihren Eroberungen keine Muslime, sondern konvertierten nach einiger Zeit. Ein Mongolenherrscher versuchte sogar einige Zeit lang den Iran zum Buddhismus zu konvertieren. Der springende Punkt ist jedenfalls, dass diese Reiterstämme der sesshaften Bevölkerung militärisch weit überlegen war und vom 11ten Jahrhundert bis zur islamischen Revolution 1979 Iran von Leuten regiert wurde, die aus Zentralasien eingewanderten Turkstämmen angehörten.
Eroberungen unter Ismail I
Was die Safawiden nun gemacht haben, war mit den Kizilbasch einige Stämme in Ostanatolien anzuwerben, die sich der spirituellen und politischen Leitung des Oberhaupts dieses Ordens unterstellt haben in der Person von Ismail I. Sie vertraten dabei extremistisch-schiitische Ansichten, das heißt sie verbanden gnostische mit islamisch-schiitischen Vorstellungen. Man glaubte an die Seelenwanderung, dass Gott sich in bestimmten Personen inkarniert, wie z.B. die 12 Imame. Ebenfalls ist nach gewohnt gnostischer Art die Ausführung der Scharia nicht unbedingt für die Erlösung notwendig, sofern man Kenntnis über die gnostischen Geheimnisse hat. Als Anführer eines Ordens mit solchem Gedankengut behauptete Ismail I nun zum Einen ein Nachkomme Alis zu sein und einige seiner Anhänger mögen in ihm nichts Anderes als eine Inkarnation Gottes, den zurückgekehrten 12ten Imam oder ähnliches gesehen haben. Entsprechend gibt es den Bericht, dass seine Anhänger ohne Rüstung in die Schlacht gezogen seien, weil sie ja die Kämpfer Gottes seien.
In Gedichtsform hört sich das dann so an:
https://en.wikipedia.org/wiki/Ismail_I#Poetry_example_1Today I have come to the world as a Master. Know truly that I am Haydar's son.
I am Fereydun, Khosrow, Jamshid, and Zahak. I am Zal's son (Rostam) and Alexander.
The mystery of I am the truth is hidden in this my heart. I am the Absolute Truth and what I say is Truth.
I belong to the religion of the "Adherent of the Ali" and on the Shah's path I am a guide to every one who says: "I am a Muslim." My sign is the "Crown of Happiness".
I am the signet-ring on Sulayman's finger. Muhammad is made of light, Ali of Mystery.
I am a pearl in the sea of Absolute Reality. I am Khatai, the Shah's slave full of shortcomings. At thy gate I am the smallest and the last [servant].
Er hat in Azeri-Türkisch gedichtet, weswegen er in Aserbeidschan auch noch als Nationalheld oder so verehrt wird. Weil der Ursprung der Safawiden liegt natürlich in Aserbeidschaft, dass sie dann auch erobert haben und Azeri-Türkisch war auch bis zum Ende der Dynastie die Sprache bei Hofe, weil es waren ja Azeri-Türken und keine Iraner. Ismail krönte sich 1501 zum Schah von Iran und erklärte die 12er schiitische Religion zur Staatsreligion in seinem Reich. Daraufhin eroberte er noch den restlichen Iran. In den Jahren danach kam es allerdings zum Konflikt mit dem osmanischen Reich. Die Kizilbash-Stämme auf denen sich die Eroberungen von Ismail stützten hatten ihre Heimat in Ostanatolien, von wo aus sie die Osmanen bedrohten. Es kam 1514 zur Schlacht bei Tschaldiran, bei denen die Osmanen das safawidische Heer vernichtend schlagen konnten. Das war nicht nur militärisch eine Katastrophe und es kam zwischenzeitlich zur Besetzung von Tabriz, schlimmer war noch, dass Ismail und auch seine Nachfolger für sich selbst und für die Heerführer der Kizilbasch-Stämme den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren. Der Anspruch der Mahdi oder die Inkarnation Gottes zu sein, war damit natürlich dahin.
Schah Abbas und die Etablierung der 12er Schia
In den folgenden 100 Jahren waren die Kizilbasch die dominante militärische und politische Kraft des Reiches. Die safawidischen Prinzen wurden zur Aufzucht einem Kizilbasch-Stammesführer zur Obhut gegeben, welcher sich natürlich, sobald ein Thronwechsel anstand, bemüht war, seinen eigenen Prinzen an die Macht zu bringen. Das führte dann auch zu zwei Bürgerkriegen, die das Land verwüsteten. Diesen Zustand zu beenden gelang schließlich Schah Abbas, welcher ein Heer aus ihm ergebenen Sklaven aufstellte und die Macht der Kizilbasch-Stämme brach. Er verlegte die Hauptstadt von Qazwin nach Isfahan und errichtete dort verschiedene Bauwerke, die auch heute noch Pflicht für Touristen sind, wie vor allem der weltberühmte Meidan-i Imam (früher Meidan-i Schah).
Unesco:
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In religiöser Hinsicht waren die Kizilbasch nach wie vor Vertrter eines extremistisch-schiitischen Sufi-Islams, theoretisch mit dem Schah als Ordensführer an der Spitze. Einen organisierten Sunna-Islam gab es nicht, vielmehr galt die Verfluchung der ersten drei Kalifen als obligatorisch, ein Affront gegen jeden Sunniten, und im Laufe der Jahrzehnte konvertierten weite Teile der Bevölkerung zur Schia. Durch den Schah und seinen Hofstaat wurden dabei von Anfang an vor allem die zwölfer-schiitischen Gelehrten, d.h. die Mullahs gefördert. Sie besetzten die wichtigsten religiösen Ämter, es wurden Moscheen, Lehreinrichtungen gebaut und sie kontrollierten die religiöse Gerichtsbarkeit. Umgekehrt unterstützten sie den Schah und legitimierten seine Herrschaft. So konnte sich im Laufe der Zeit eine schiitische Orthodoxie durchsetzen, die andere religiöse Strömungen wie vor allem die Sufis und extremistischen Schiiten an den Rand drängte und die 1979 dann sogar ganz die Macht übernehmen konnte. Der Wahl der Schahs fiel auf diese Strömung, weil sie massentauglich, flexibel und zur Staatenbildung geeignet war und seine Vertreter im Iran die Autorität des Schahs anerkannten.
Der absolute Inbegriff des Sieges der schiitischen Orthodoxie ist Allamah Majlisi, welcher den neunten und letzten Safawiden-Schah Hussein krönte und dafür von ihm den Erlass erhielt alle Sufis aus Isfahan zu verbannen und Alkohol zu verbieten. Das wird dann als endgültiger Sieg der schiitischen Orthodoxie gesehen. Wenngleich der Erlass langfristig zumindest was den Alkohol angeht nicht umgesetzt wurde, weil der Schah selber diesem später nicht abgeneigt war.
Das Ende des Safawidenreichs
Sein Ende fand das Safawidenreich eher zufällig durch einen Aufstand in Afghanistan, diese marschierten auf das iranische Hochland, besiegten ein safawidischen Heer und belagerten Isfahan, welches nach einigen Monaten ausgehungert aufgeben musste, woraufhin der Safawiden-Schah den afghanischen Eroberern die Stadt 1722 übergeben musste. Das Reich war besiegt, der Iran zerfiel in verschiedene Herrschaften und es sollte bis Ende des 18ten Jahrhunderts dauern, als mit den Kadscharen einer der Kizilbasch-Stämme den Iran erneut dauerhaft unter einer Dynastie vereinen konnte.
Die Grenzen des Iran
Die Außengrenzen des Safawidenreiches waren nicht stabil. Es gab mehrere Kriege mit den Osmanen im Westen und den Usbeken im Nordosten. Am Ende konnten die Safawiden den Irak nicht halten und der Kaukasus wurde zwischen beiden Reichen aufgeteilt. (Osmanisch-Safawidischer Krieg (1623–1639)) Die Grenzen, die sich in dieser Zeit ergaben, entsprechen den heutigen Grenzen abzüglich diverser Gebiete, welche die Kadscharen im 19ten Jahrhundert im Zeitalter des Kolonialismus noch an die Russen abtreten mussten. Dazu der endgültige Verlust von Herat aufgrund englischen Drucks. (Wiki: Kadscharen - Verlorene Kriege und Machtverlust)
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