Ger9374 hat geschrieben:(08 Feb 2018, 20:57)
Aussagen für ein ganzes Volk zu treffen halte ich für falsch. Das können selbst Zeitzeugen nur aus ihrem eigenen blickwinkel heraus.
Wer trotzdem antworten will, begibt sich auf Glatteis.
Das Problem ist, dass hier mit unterschiedlichem Maß gemessen wird. In aller Regel bedeutet eine Verallgemeinerung ("die Deutschen", "die Tschechen") nicht, dass damit alle ausnahmslos gemeint sind, sondern nur so viele, dass man es als typisch oder wirkmächtig beschreiben kann.
So schreibt man ja auch etwa davon, dass die Juden im Mittelalter verfolgt wurden. Das ist eine meiner Meinung nach richtige Verallgemeinerung, obwohl sie, wenn es genau betrachtet, nicht richtig ist. Denn selbstverständlich wurden nicht alle Juden an jedem Ort durch das gesamt Mittelalter hinweg verfolgt. So gab es im frühen Mittelalter nicht die starken Verfolgungen, die erst mit den Kreuzzügen, teilweise erst mit der Pest einsetzen. Es mag also durchaus viele Juden im Mittelalter gegeben haben, die nie ein Verfolgungserlebnis hatten. Sprache ist nun einmal nicht mathematisch präzise und lässt so manches offen.
Und so haben eben die Deutschen Hitler an die Macht gebracht, obwohl es auch ausgewiesene Gegner Hitlers gab. Warum man dann auch nicht mal verallgemeinernd von den Tschechen etc. reden darf, erschließt sich mir nicht. Selbstverständlich gab es viele Tschechen, die ganz anders dachten und sich beispielsweise schämten, wie die zurückkehrenden Juden behandelt wurden.
Ich bezweifle auch stark, dass es unter den Deutschen eine Mehrheit für den Völkermord gegeben hätte. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie die Deutschen nach 1945 dachten. Sicherlich ist der Antisemitismus nicht über Nacht verschwunden, aber der Nationalsozialismus ist in der Tat relativ schnell und umfassend aus den Köpfen verschwunden.
Gut, aber dies ist der Moderationsstrang. Ob hier so viel differenziertes Denken erwünscht ist, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht erhofft man sich eher weitere Aussagen Julians, die man ihm ankreiden kann.