Internet-Urteile

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Michi
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Michi »

MoOderSo hat geschrieben:(09 Dec 2016, 20:17)

Nun ja, zumindest haben sie mit dem Urteil Gott und der Welt die Erlaubnis erteilt die Hamburger Justiz hochoffiziell zu trollen.
https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 67571.html
Ist doch auch was schönes. :D
Das hab ich auch gesehen. :D
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Fuerst_48 hat geschrieben:(09 Dec 2016, 16:22)

An sich gibt es (mittlerweile) klare Richtlinien. Sollten auch Juristen verstehen können, auch wenn sie als "Schmalspur-Akademiker" abkanzelt...
Was für "klare Richtlinien" meinst du denn da?
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Michi hat geschrieben:(09 Dec 2016, 15:47)

LG Hamburg urteilt: Man muss verlinkte Seiten auf Urheberrechtsverletzungen prüfen.
https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 66919.html

Manche Juristen scheinen echt das Internet nicht zu kapieren. :(
Es gab/gibt halt ein EuGH Urteil, das schon in die Richtung ging. Die Anwälte auf Klägerseite wollten da eine Klarstellung erreichen und haben das Gegenteil bekommen. Siehe Interview hier:

https://www.spiritlegal.com/de/aktuelle ... t-weg.html

Urheberrechte werden eben nicht durch das Internet ausgehebelt, auch wenn viele das nicht so eng sehen. Das Urteil des LG Hamburg ist dennoch als falsch zu beurteilen. Niemand ist in der Lage genau zu überprüfen, ob eine verlinkte Seite andere Urheberrechte verletzt. Letzten Endes ist die Politik aufgerufen, hier Klarheit zu schaffen, ähnlich zur Störerhaftung beim W-Lan.
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Michi
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Michi »

Fazer hat geschrieben:(15 Dec 2016, 17:12)

Urheberrechte werden eben nicht durch das Internet ausgehebelt, auch wenn viele das nicht so eng sehen. Das Urteil des LG Hamburg ist dennoch als falsch zu beurteilen. Niemand ist in der Lage genau zu überprüfen, ob eine verlinkte Seite andere Urheberrechte verletzt. Letzten Endes ist die Politik aufgerufen, hier Klarheit zu schaffen, ähnlich zur Störerhaftung beim W-Lan.
Ich hoffe, dass die Politik da reagiert, bevor es deswegen zu Massenabmahnungen kommt. :s
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fuerst_48 »

Fazer hat geschrieben:(15 Dec 2016, 17:10)

Was für "klare Richtlinien" meinst du denn da?
Das Urheberrecht ist klar definiert, somit sind "virtuelle Verletzungen" hervorgerufen durch Zitate auch deutlich erkennbar.
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Fuerst_48 hat geschrieben:(15 Dec 2016, 18:20)

Das Urheberrecht ist klar definiert, somit sind "virtuelle Verletzungen" hervorgerufen durch Zitate auch deutlich erkennbar.
Ja, und was hat das jetzt mit diesem deinen Spruch zu tun:

"An sich gibt es (mittlerweile) klare Richtlinien. Sollten auch Juristen verstehen können,"

Wenn ich gewerblich auf eine andere Seite verlinke, mache ich mir potentiell den Inhalt dieser Seite zu eigen. Also nutze ich die dort vorhandenen Bilder/urheberrechtlich geschützten Dokumente. Und genau dazu gibt es eben keine "Richtlinien" oder was du dir so vorstellst. Es gibt das Urheberrecht, dessen Anwendung im Internet eben auch durch Interpretation der Gesetze erfolgt. Und eins ist klar: die Kollegen vom LG Hamburg verstehen sicher mehr als du davon.
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fuerst_48 »

Fazer hat geschrieben:(15 Dec 2016, 18:41)

Ja, und was hat das jetzt mit diesem deinen Spruch zu tun:

"An sich gibt es (mittlerweile) klare Richtlinien. Sollten auch Juristen verstehen können,"

Wenn ich gewerblich auf eine andere Seite verlinke, mache ich mir potentiell den Inhalt dieser Seite zu eigen. Also nutze ich die dort vorhandenen Bilder/urheberrechtlich geschützten Dokumente. Und genau dazu gibt es eben keine "Richtlinien" oder was du dir so vorstellst. Es gibt das Urheberrecht, dessen Anwendung im Internet eben auch durch Interpretation der Gesetze erfolgt. Und eins ist klar: die Kollegen vom LG Hamburg verstehen sicher mehr als du davon.
Das will ich hoffen. Sind schliesslich Juristen. Mein Beispiel witer oben bezog sich auf eine Spitzfindigkeit, durch die ein Forenbetreiber wegen Urheberrechtsverletzung zu einem Pönale von 4000.-Euro verdonnert wurde. Das führte zur Schließung des betreffenden Forums.
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Fuerst_48 hat geschrieben:(15 Dec 2016, 18:46)

Das will ich hoffen. Sind schliesslich Juristen. Mein Beispiel witer oben bezog sich auf eine Spitzfindigkeit, durch die ein Forenbetreiber wegen Urheberrechtsverletzung zu einem Pönale von 4000.-Euro verdonnert wurde. Das führte zur Schließung des betreffenden Forums.
Ich habe dir schon oben gesagt, dass deine Geschichte nicht ganz schlüssig ist. Im übrigen sind private Foren durch die Entscheidung des LG Hamburg nicht betroffen, da es dort um gewerbliche Nutzung und Verlinkung zu gewerblichen/Gewinnerzielungszwecken ging. Das ist in einem non-Profit Forum nicht gegeben.
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fuerst_48 »

Fazer hat geschrieben:(15 Dec 2016, 19:12)

Ich habe dir schon oben gesagt, dass deine Geschichte nicht ganz schlüssig ist. Im übrigen sind private Foren durch die Entscheidung des LG Hamburg nicht betroffen, da es dort um gewerbliche Nutzung und Verlinkung zu gewerblichen/Gewinnerzielungszwecken ging. Das ist in einem non-Profit Forum nicht gegeben.
Ob es aus deiner Sicht nicht ganz schlüssig ist, spielt keine Rolle. Der Sachverhalt war so und die Konsequenz auch.
So what??
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Michi »

Fazer hat geschrieben:(15 Dec 2016, 18:41)

Ja, und was hat das jetzt mit diesem deinen Spruch zu tun:

"An sich gibt es (mittlerweile) klare Richtlinien. Sollten auch Juristen verstehen können,"

Wenn ich gewerblich auf eine andere Seite verlinke, mache ich mir potentiell den Inhalt dieser Seite zu eigen. Also nutze ich die dort vorhandenen Bilder/urheberrechtlich geschützten Dokumente. Und genau dazu gibt es eben keine "Richtlinien" oder was du dir so vorstellst. Es gibt das Urheberrecht, dessen Anwendung im Internet eben auch durch Interpretation der Gesetze erfolgt. Und eins ist klar: die Kollegen vom LG Hamburg verstehen sicher mehr als du davon.
Was mich mal interessieren würde, wäre wieviel Juristen von den technischen Hintergründen verstehen und bei der juristischen Bewertung berücksichtigen. Vielleicht kannst du etwas dazu sagen? Beispiel: Webserver liefern HTML-Dateien aus und das ist nur eine spezielle Art von Nur-Text-Datei. Insbesondere enhält so eine HTML-Datei keine Bilder und keine anklickbaren Links, das wird alles erst vom Client gemacht. Und was der Client mit der HTML-Datei anstellt, entzieht sich jeder Kontrolle durch den Server. Inwiefern kann man da einem Werbseitenbetreiber das Setzen eines "bösen Links" vorwerfen, wenn das eigentlich erst im Browser passiert?
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Michi hat geschrieben:(15 Dec 2016, 19:32)

Was mich mal interessieren würde, wäre wieviel Juristen von den technischen Hintergründen verstehen und bei der juristischen Bewertung berücksichtigen. Vielleicht kannst du etwas dazu sagen? Beispiel: Webserver liefern HTML-Dateien aus und das ist nur eine spezielle Art von Nur-Text-Datei. Insbesondere enhält so eine HTML-Datei keine Bilder und keine anklickbaren Links, das wird alles erst vom Client gemacht. Und was der Client mit der HTML-Datei anstellt, entzieht sich jeder Kontrolle durch den Server. Inwiefern kann man da einem Werbseitenbetreiber das Setzen eines "bösen Links" vorwerfen, wenn das eigentlich erst im Browser passiert?
Ganz kann ich dir nicht folgen.

Im entschiedenen Fall war es klar: jemand hatte das Foto eines Fotografen ohne Nutzungserlaubnis auf seiner Homepage. Ein Dritter verlinkte als Teil seines gewerblichen Auftritts auf diese Homepage und damit auch auf dieses Bild. Der Dritte wurde wegen Urheberrechtsverletzung belangt. Dass der Inhaber der Homepage das Urheberrecht verletzt hat war klar und unstreitig. Die einzige Frage ist/war, ob durch das Setzen eines Links auf eine andere Seite der Dritte sich den Inhalt derer (zumindest in dem Zeitpunkt wo er den Link setzt und sehen kann, was sich darauf befindet) zu eigen mache. Es geht insoweit gar nicht um irgendwelche technischen Besonderheiten. Ich halte die Entscheidung jedenfalls für falsch. Nur der Homepagebetreiber selber weiss und kann wissen, ob er die erforderlichen Nutzungsrechte hat. Wenn ich für Linke hafte auf Seiten, die ich sinnvoll gar nicht prüfen kann, dann kann ich keine Links mehr setzen. Damit wird das Internet ad absurdum geführt. Wobei man manchmal eben auch differenzieren muss. Wenn ich z.B. bei einer privaten Homepage etwas über dich schreiben würde und dann verlinke ich mit den Hinweis "mehr zu Michi findet ihr hier". Und dann ist das eine Hetzseite voll Lügen gegen dich, und das habe ich gesehen - dann könntest du mich dafür belangen, da ich mir den Inhalt der anderen Seite quasi zu eigen gemacht habe. ABer eine Haftung im vorliegenden Fall halte ich für falsch.
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Michi »

Fazer hat geschrieben:(16 Dec 2016, 00:43)

Wobei man manchmal eben auch differenzieren muss. Wenn ich z.B. bei einer privaten Homepage etwas über dich schreiben würde und dann verlinke ich mit den Hinweis "mehr zu Michi findet ihr hier". Und dann ist das eine Hetzseite voll Lügen gegen dich, und das habe ich gesehen - dann könntest du mich dafür belangen, da ich mir den Inhalt der anderen Seite quasi zu eigen gemacht habe.
Was mich interessiert: Ist es juristisch von Bedeutung, ob der Link anklickbar ist? Um bei deinem Beispiel zu bleiben, angenommen auf der Seite steht: "mehr zu Michi findet ihr in dem Buch ... von ...", und das Buch enthält dann Hetze, ist das dann juristisch genauso zu bewerten?
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Michi hat geschrieben:(16 Dec 2016, 06:41)

Was mich interessiert: Ist es juristisch von Bedeutung, ob der Link anklickbar ist? Um bei deinem Beispiel zu bleiben, angenommen auf der Seite steht: "mehr zu Michi findet ihr in dem Buch ... von ...", und das Buch enthält dann Hetze, ist das dann juristisch genauso zu bewerten?
Ich denke, das ist der entscheidende Unterschied. In dem von mir verlinkten Beitrag mit dem Interview wurde ja auch diskutiert, ob man z.B. durch schlichte Verlinkung auf die erste Seite einer Homepage dem Problem entgehen könnte, also eben keinen deep link setzen würde. Der Verweis auf ein kaufbares Buch, das ich nicht selber z.B. als PDF verlinke/zur Verfügung stelle dürfte nicht ausreichen, um zu sagen, dass ich mir die Aussagen/das Buch zu eigen mache und insoweit selber eine Beleidigung begehe.
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von MoOderSo »

Fazer hat geschrieben:(16 Dec 2016, 10:46)In dem von mir verlinkten Beitrag mit dem Interview wurde ja auch diskutiert, ob man z.B. durch schlichte Verlinkung auf die erste Seite einer Homepage dem Problem entgehen könnte, also eben keinen deep link setzen würde.
Ein Verzicht auf DeepLinks macht die Sache nicht besser. Da verkommt jeder Seitenwechsel zu einer elenden Rechercheorgie. Bei entsprechend großer Zielseite könnte das Stunden oder Tage dauern bis man das Gewünschte gefunden hat. Das ist Steinzeitniveau. Da kann ich auch gleich mit dem Fahrrad zur Bibliothek fahren und Bücher durchblättern.
Der Anarchist ist kein Feind der Ordnung. Er liebt die Ordnung so sehr, daß er ihre Karikatur nicht erträgt.
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Michi »

Fazer hat geschrieben:(16 Dec 2016, 10:46)

Ich denke, das ist der entscheidende Unterschied. In dem von mir verlinkten Beitrag mit dem Interview wurde ja auch diskutiert, ob man z.B. durch schlichte Verlinkung auf die erste Seite einer Homepage dem Problem entgehen könnte, also eben keinen deep link setzen würde. Der Verweis auf ein kaufbares Buch, das ich nicht selber z.B. als PDF verlinke/zur Verfügung stelle dürfte nicht ausreichen, um zu sagen, dass ich mir die Aussagen/das Buch zu eigen mache und insoweit selber eine Beleidigung begehe.
Dankeschön für die Erklärung.

Kommt mir aber merkwürdig vor, dass die Anklickbarkeit des Links entscheidend sein soll. Aus technischer Sicht müsste man nämlich sagen, dass dafür eher die Browserhersteller zuständig sind, nicht die Seitenbetreiber. Die Webserver liefern nur HTML-Dokumente aus und die enthalten noch keine anklickbaren Links. Erst der Browser erzeugt dann eine hübsche, benutzerfreundliche Seitendarstellung mit Links, die man anklicken kann. Ohne Browser sieht eine Webseite ungefähr so aus:

Code: Alles auswählen

<!DOCTYPE html>
<html>
    <head>
        <meta charset="utf-8">
        <title>Irgendein Titel</title>
    </head>
    <body>
        Mehr zu Michi findet ihr <a href="http://hetzseite.xy">hier</a>
    </body>
</html>
Aber ich muss natürlich auch zugeben, dass ich juristischer Laie bin und die juristische Sichtweise nicht ganz verstehe. Deswegen frage ja nach. ;)
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Michi hat geschrieben:(16 Dec 2016, 17:57)

Dankeschön für die Erklärung.

Kommt mir aber merkwürdig vor, dass die Anklickbarkeit des Links entscheidend sein soll. Aus technischer Sicht müsste man nämlich sagen, dass dafür eher die Browserhersteller zuständig sind, nicht die Seitenbetreiber. Die Webserver liefern nur HTML-Dokumente aus und die enthalten noch keine anklickbaren Links. Erst der Browser erzeugt dann eine hübsche, benutzerfreundliche Seitendarstellung mit Links, die man anklicken kann. Ohne Browser sieht eine Webseite ungefähr so aus:

Code: Alles auswählen

<!DOCTYPE html>
<html>
    <head>
        <meta charset="utf-8">
        <title>Irgendein Titel</title>
    </head>
    <body>
        Mehr zu Michi findet ihr <a href="http://hetzseite.xy">hier</a>
    </body>
</html>
Aber ich muss natürlich auch zugeben, dass ich juristischer Laie bin und die juristische Sichtweise nicht ganz verstehe. Deswegen frage ja nach. ;)
Keine Ahnung, was du da mit deiner Technik willst. Der Browser ist nur Hilfsmittel.

Ich kann ja schon hier im Forum einfach einen Link einkopieren. Wie das technisch funktioniert ist mir ziemlich Schnuppe. Aber wer auf diesen Textlink klickt, der erreicht im Normalfall die verlinkte Seite, und ggf. urheberrechtlich geschütztes Material. Was hier im Forum unkritisch ist, da nicht gewerblich. Und bei einem Gewerbetreibenden dann eben kritisch.
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Michi »

Leicht OT: Es wundert mich, dass dieser Klassiker hier noch nicht verlinkt wurde: http://www.daufaq.de/index.php4

Kostprobe:
F: Wie kommuniziert ein Webbrowser mit einem Webserver?

A: Es antwortet Funke, Susann, Die Speicherung von IP-Adressen, NWB 2008, 2843:
Der Browser fragt dazu für einen Domainnamen ("www.xyz.de") die IP-Adresse bei einem Nameserver an und spricht deren Webserver direkt unter seiner IP-Adresse ("123.45.678.999") an.
Das muss wohl eine Adresse aus dem verschollenen IPv5 sein. :D
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Interessante Entscheidung des BAG zur Mitbestimmungspflichtigkeit eines Facebook Auftritts eines Arbeitgebers. Relevant allerdings nur bei Postings, die unmittelbar veröffentlicht werden und sich auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern beziehen.


Pressemitteilung Nr. 64/16

Mitbestimmung des Betriebsrats beim Facebook-Auftritt des Arbeitgebers

Ermöglicht der Arbeitgeber auf seiner Facebook-Seite für andere Facebook-Nutzer die Veröffentlichung von sogenannten Besucher-Beiträgen (Postings), die sich nach ihrem Inhalt auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Beschäftigter beziehen, unterliegt die Ausgestaltung dieser Funktion der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Die Arbeitgeberin ist das herrschende Unternehmen eines Konzerns, der Blutspendedienste betreibt. Bei den Blutspendeterminen sind ein oder mehrere Ärzte sowie bis zu sieben weitere Beschäftigte tätig. Sie tragen Namensschilder. Im April 2013 richtete die Arbeitgeberin bei Facebook eine Seite für konzernweites Marketing ein. Bei Facebook registrierte Nutzer können dort Postings einstellen. Nachdem sich Nutzer darin zum Verhalten von Arbeitnehmern geäußert hatten, machte der Konzernbetriebsrat geltend, die Einrichtung und der Betrieb der Facebook-Seite sei mitbestimmungspflichtig. Die Arbeitgeberin könne mit von Facebook bereitgestellten Auswertungsmöglichkeiten die Beschäftigten überwachen. Unabhängig davon könnten sich Nutzer durch Postings zum Verhalten oder der Leistung von Arbeitnehmern öffentlich äußern. Das erzeuge einen erheblichen Überwachungsdruck.

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen die Abweisung seiner Anträge durch das Landesarbeitsgericht hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Der Mitbestimmung unterliegt die Entscheidung der Arbeitgeberin, Postings unmittelbar zu veröffentlichen. Soweit sich diese auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern beziehen, führt das zu einer Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.


Bundesarbeitsgericht
Beschluss vom 13. Dezember 2016 - 1 ABR 7/15 -

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cg ... m&nr=19003
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Re: Internet-Urteile

Beitrag von Fazer »

Das KG Berlin hat in Sachen Facebook entschieden, dass die Eltern eines Kindes als Erben kein Zugangsrecht zum FB Account des Kindes haben. Grund hierfür ist u.a. der Schutz des Fermeldegeheimnisses, das die Kommunikation zwischen Menschen schützt, in diesem Fall die zwischen der Tochter und Dritten. Das anders lautende Urteil des Landgerichts Berlin wurde damit aufgehoben. Revision zum BGH wurde zugelassen.
Das Kammergericht hat in zweiter Instanz zu Gunsten von Facebook entschieden und die Klage einer Mutter, die den Zugang zu dem Facebook-Account ihres verstorbenen Kindes zusammen mit dem Kindesvater aus Erbrecht durchsetzen wollte, abgewiesen und damit zugleich das Urteil des Landgerichts Berlin abgeändert. Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses stehe dem Anspruch der Erben entgegen, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten.
Das Kammergericht ließ offen, ob die Klägerin und der Kindesvater als Erben in den Vertrag eingerückt seien, den die verstorbene Tochter mit Facebook geschlossen hatte. Es sei zwar grundsätzlich möglich, dass die Erben in die Rechte und Pflichten dieses Vertrages eingetreten seien, und zwar nicht im Sinne der aktiven Fortführung dieses Vertrages, sondern um passive Leserechte zu erhalten. In den von Facebook gestellten Nutzungsbedingungen sei nicht geregelt, ob Rechte aus dem Vertrag im Falle des Todes des Nutzers auf seine Erben übergehen könnten. Auch der Grundgedanke des Vertrages spreche nicht generell dagegen, dass er nicht vererblich sei. Facebook wolle den Nutzern nur eine Kommunikationsplattform zur Verfügung stellen und Inhalte vermitteln. Durch eine Änderung in der Person des Vertragspartners würden die Leistungen in ihrem Charakter nicht verändert.
Andererseits regele das Bürgerliche Gesetzbuch nicht, ob höchstpersönliche Rechtspositionen (ohne vermögensrechtliche Auswirkungen) vererbbar seien, sondern setze für eine Vererbung voraus, dass sie in irgendeiner Form im Eigentum des Verstorbenen verkörpert seien und nicht nur virtuell existierten. Um zu klären, ob es sich bei – nicht verkörperten – E-Mails um solche handele, die aufgrund ihres höchstpersönlichen Inhalts nicht vererbbar seien, oder um solche, die aufgrund ihres wirtschaftlichen Bezuges vererbbar seien, würde man in der Praxis auf erhebliche Probleme und Abgrenzungsschwierigkeiten stoßen.
Der Senat müsse jedoch die Frage der Vererbbarkeit des Facebook-Accounts nicht entscheiden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass dieser Account in das Erbe falle und die Erbengemeinschaft Zugang zu den Account-Inhalten erhalten müsse, stehe das Fernmeldegeheimnis nach dem Telekommunikationsgesetz entgegen. Dieses Gesetz sei zwar ursprünglich für Telefonanrufe geschaffen worden. Das Fernmeldegeheimnis werde jedoch in Art. 10 Grundgesetz geschützt und sei damit eine objektive Wertentscheidung der Verfassung. Daraus ergebe sich eine Schutzpflicht des Staates und auch die privaten Diensteanbieter müssten das Fernmeldegeheimnis achten. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 16.6.2009, 2 BvR 902/06, BVErfGE 124, 43) erstrecke sich das Fernmeldegeheimnis auch auf E-Mails, die auf den Servern von einem Provider gespeichert seien. Denn der Nutzer sei schutzbedürftig, da er nicht die technische Möglichkeit habe, zu verhindern, dass die E-Mails durch den Provider weitergegeben würden. Dies gelte entsprechend für sonstige bei Facebook gespeicherten Kommunikationsinhalte, die nur für Absender und Empfänger oder jedenfalls einen beschränkten Nutzerkreis bestimmt sind.
Die nach dem Telekommunikationsgesetz vorgesehenen Ausnahmen würden entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht greifen. Zwar sehe das Gesetz vor, dass einem Dritten Kenntnisse vom Inhalt der Kommunikation verschafft werden dürfe, wenn dies erforderlich sei. Als erforderlich könne jedoch nur angesehen werden, was dazu diene, den Dienst technisch zu ermöglichen oder aufrecht zu erhalten. Da Facebook jedoch seine Dienste nur beschränkt auf die Person des Nutzers angeboten habe, sei es auch aus der Sicht der ebenfalls schutzbedürftigen weiteren Beteiligten am Kommunikationsvorgang (Chat) in technischer Hinsicht nicht erforderlich, einem Erben nachträglich Zugang zum Inhalt der Kommunikation zu verschaffen.
Ebenso wenig existiere eine andere gesetzliche Vorschrift, die erlaube, von dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses eine Ausnahme zu machen (sogenanntes „kleines Zitiergebot“). Insbesondere das Erbrecht nach dem BGB lasse nicht erkennen, dass der Gesetzgeber den Willen gehabt habe, das Fernmeldegeheimnis einzuschränken. Auch aus sonstigen Gründen sei es nicht geboten, ohne gesetzliche Regelung Ausnahmen zuzulassen und von dem so genannten “kleinen Zitiergebot“ abzuweichen.
Schließlich komme nicht in Betracht, von einem Verzicht auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses auszugehen, indem die klagende Mutter sich darauf berufen hatte, die Zugangsdaten von der Tochter überlassen bekommen zu haben. Dieser Umstand war zwischen den Parteien streitig. Eine Beweisaufnahme sei jedoch nicht erforderlich gewesen, da nicht nur die Verstorbene als Nutzerin des Accounts und Vertragspartnerin von Facebook, sondern zumindest auch alle diejenigen, die in einem Zwei-Personen-Verhältnis mit der Verstorbenen kommuniziert haben, auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses verzichtet haben müssten. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. insb. Urteil vom 27.2.2008, 1 BvR 370/07, BVerfGE 120,274, Rz 290 bis 293) folge für den vorliegenden Fall im Endergebnis nichts Abweichendes. Die somit erforderliche Zustimmung dieser anderen Kommunikationspartner liege jedoch nicht vor.
Der Senat hat ferner geprüft, ob zu Gunsten der Klägerin außerhalb des Erbrechts ein Anspruch auf Zugang zu dem Account bestehe. Dies sei zu verneinen. Insbesondere das Recht der elterlichen Sorge verhelfe nicht zu einem solchen Anspruch. Dieses Recht erlösche mit dem Tode des Kindes. Das den Eltern noch zufallende Totenfürsorgerecht könne nicht dazu dienen, einen Anspruch auf Zugang zu dem Social-Media-Account des verstorbenen Kindes herzuleiten. Auch das eigene Persönlichkeitsrecht der Mutter sei nicht geeignet, einen Anspruch auf diesen Zugang zu begründen. Als ein Teilbereich des Persönlichkeitsrechts sei z.B. anerkannt, seine eigene Abstammung zu kennen. Trotz des verständlichen Wunsches der Eltern, die Gründe für den tragischen Tod ihres Kindes näher zu erforschen, lasse sich hieraus kein Recht auf Zugang zu dem Account ableiten. Auch wenn eine verbleibende Unkenntnis darüber die Persönlichkeitsentfaltung der Eltern massiv beeinträchtigen könne, gebe es auch vielfältige andere Ereignisse, die die gleiche Wirkung zeigen könnten. Dadurch würde das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu einem konturenlosen und nicht mehr handhabbaren Grundrecht führen.
Das Urteil des Kammergerichts ist nicht rechtskräftig, da der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat.
Die schriftlichen Urteilsgründe werden in Kürze nachfolgend veröffentlicht.

Landgericht Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2015, Aktenzeichen 20 O 172/15
Kammergericht, Urteil vom 31. Mai 2017, Aktenzeichen 21 U 9/16

http://www.berlin.de/gerichte/presse/pr ... 596076.php
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