Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

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frems
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Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von frems »

Die niederländische Regierung verletzt die Fürsorgepflicht, urteilt ein Gericht und folgt einer vorherigen Instanz. Die siegreichen Umweltschützer fordern ein Ende des Kohlestroms und strengere Tempolimits.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/g ... 29057.html

Tja, in Deutschland vorstellbar? Die Bundesregierung musste ja vor wenigen Monaten eingestehen, dass sie die eigenen Klimaschutzziele aufgrund des Verkehrswesens kaum noch erreichen wird. Aber ein Ziel ist ja bekanntlich kein Gesetz. Wie auch immer: ein sinnvolles Urteil bei unseren Nachbarn im Westen nach Eurer Ansicht?
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
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yogi61
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von yogi61 »

Die Begründung spricht doch für sich.

Der Klimawandel stelle eine konkrete Bedrohung dar, sagte die Vorsitzende Richterin Marie Anne Tan-de Sonnaville. „Der Staat ist verpflichtet, dagegen Schutz zu bieten.“ Das Gericht skizzierte die hohen Risiken für die Niederlande wie Überflutungen, Krankheiten, Dürre, Waldbrände, Mangel an Trinkwasser und Schäden des Ökosystems.

Wenn eine Regierung nicht in der Lage ist, seine Beölkerung zu schützen, dann müssen Gerichte das eben anordnen und ich gehe davon aus, dass auch in diesem Land früher oder später ähnliche Urteile ergehen. In anderen Bereichen, mussten ja auch in diesem Land schon hohe Gerichte dem Murks der Regierung Einhalt gebieten.
In fünfzig Jahren werden sich die späteren Generationen eh nur noch an den Kopf fassen
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H2O
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von H2O »

Ja, diese Maßnahme und das Urteil gehen in Ordnung! Die Gefährdung der Niederlande durch steigende Meeresspiegel und Wasserstände der Flüsse bei Starkregen ist ja kein leerer Wahn, sondern sehr berechenbar und vorhersehbar.

Damit unterscheidet sich die Lage in den Niederlanden doch erheblich von unserer deutschen Lage, die mehr auf statistischen Opferzahlen und Krankheitsbildern aufgebaut wird. Selbst diese ziemlich ungewohnt langen Dürren im Sommer 2003 oder jetzt im Sommer 2018 werden doch als Ausnahmen empfunden und nur ganz aktuell als Bedrohungen.

Kein Wunder, daß sich in Deutschland immer noch eine Grundstimmung hält, wie: Alles Quatsch, "Stör' mir meine Kreise nicht!". Und der Jammer um fehlinvestierte Mobilität sich entlädt, ohne die Verantwortung bei sich selbst zu suchen. Spielverderber, elende!

Natürlich müssen wir sofort aus der Kohleverstromung aussteigen, müssen den Gas-, Benzin- und Dieseldurst unserer Fahrzeuge durch Gesetz eindämmen, wenn die Einsicht der Käufer dafür nicht zu wecken ist. Natürlich müssen wir unsere Wohn- und Arbeitsgebäude aufwendig gegen Energieverluste dämmen, auch wieder durch Gesetz, wenn die Einsicht der Bauherren und Hausbesitzer sich dazu nicht durchringen mag.

Natürlich müssen wir die Speichertechnik für pulsierende Energien voran bringen und investieren, investieren, investieren, damit das alles machbar ist. Und verzichten müssen wir auch, und zwar nicht über den Preis gesteuert, sondern ganz mitmenschlich sozial durch Gesetze, die Energieverschwendung bestrafen.

Besonders viel läßt sich mit Einsicht bewirken... aber wenn die vorsätzliche Wirklichkeitsverweigerung anhält, dann müssen Gesetze her, die dem ein Ende machen.

Jetzt fehlen nur noch Gesetze, die die Macht der Gerichte und bestehender Gesetze eindämmen, weil eine energiehungrige und energiesüchtige Mehrheit das politisch-demokratisch durchsetzen kann.
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Cat with a whip
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von Cat with a whip »

Tja, in Deutschland vorstellbar?

In Deutschland vielleicht nur wenn es um das Überleben einer seltenen Fledermausart oder sowas geht wie im Hambacher Forst. Bei Wald und Viechern wird auch der Deutsche in der Mitte romantisch.
Menschenleben und Gemeinwohl hingegen sind in Deutschland eher dem kurzfristigen Profit untergordnet und die konservative, liberale bis zur sozialdemokratische Senilheit nickt wohlwollend wenn Kohlegegner krankenhausreif geprügelt werden.
"Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen." Joseph Weizenbaum
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yogi61
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von yogi61 »

Cat with a whip hat geschrieben:(09 Oct 2018, 19:08)

In Deutschland vielleicht nur wenn es um das Überleben einer seltenen Fledermausart oder sowas geht wie im Hambacher Forst. Bei Wald und Viechern wird auch der Deutsche in der Mitte romantisch.
Menschenleben und Gemeinwohl hingegen sind in Deutschland eher dem kurzfristigen Profit untergordnet und die konservative, liberale bis zur sozialdemokratische Senilheit nickt wohlwollend wenn Kohlegegner krankenhausreif geprügelt werden.
Der Deutsche in der Mitte war wohl über Jahrzehnte lang eher romantisch wenn es um sogenannte Kohlekumpel ging, die dabei halfen Energie sinnlos und billig zu verpulvern.
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NMA
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von NMA »

So kleine Bilderbuchländer haben Deutschland schon öfters und in unterschiedlichsten Belangen Best Practice vor Augen geführt. Aber auch bei uns gibt es manchmal dann doch gute Nachrichten:
https://www.tagesschau.de/regional/nord ... t-101.html
Also prinzipiell zumindest. Ein Schritt in die richtige Richtung, jetzt bräuchten wir nur noch 7-Meilen-Stiefel.
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Weniger Klimaschutz wird teurer als mehr Klimaschutz!
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von Troh.Klaus »

Nun, wir könnten in Deutschland sofort jeden fossilen Energieeinsatz komplett verbieten, also nicht nur Diesel in großen Städten, sondern jedwede Nutzung von Öl, Kohle, Gas. Wäre zwar ziemlich krass für die Deutschen, aber die Niederländer wären dann ganz sicher gerettet.
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Cat with a whip
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von Cat with a whip »

Im Lausitzer Braunkohlerevier herrscht dank Rot-Roter Senilität noch lange Planungssicherheit und drei riesige Dreckschleudern in Boxberg, Schwarze Pumpe und Jänschwalde laufen munter weiter. Dort wird Abbau von der Politik weiter genehmigt, obwohl die Energiekonzerne eher unsicher werden. In Schweden hatte 2014 eine neue sozialdemokratische Regierung dafür gesorgt, dass das Staatsunternehmen Vattenfall aus der deutschen Kohle aussteigt. Schock bei den Zonen-Morlocks, denn in Brandenburg gehen die Uhren unter Rot-Rot ganz anders.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/di ... _id=390956
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Liegestuhl
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von Liegestuhl »

Der Holländer schleicht doch ohnehin schon über seine Autobahnen.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
Senexx

Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von Senexx »

yogi61 hat geschrieben:(09 Oct 2018, 17:54)

Die Begründung spricht doch für sich.

Der Klimawandel stelle eine konkrete Bedrohung dar, sagte die Vorsitzende Richterin Marie Anne Tan-de Sonnaville. „Der Staat ist verpflichtet, dagegen Schutz zu bieten.“ Das Gericht skizzierte die hohen Risiken für die Niederlande wie Überflutungen, Krankheiten, Dürre, Waldbrände, Mangel an Trinkwasser und Schäden des Ökosystems.

Wenn eine Regierung nicht in der Lage ist, seine Beölkerung zu schützen, dann müssen Gerichte das eben anordnen und ich gehe davon aus, dass auch in diesem Land früher oder später ähnliche Urteile ergehen. In anderen Bereichen, mussten ja auch in diesem Land schon hohe Gerichte dem Murks der Regierung Einhalt gebieten.
In fünfzig Jahren werden sich die späteren Generationen eh nur noch an den Kopf fassen
Ob die Niederländer irgendwas tun oder nicht, ist im Ergebnis irrelevant. Wenn sie absaufen, dann können sie sich nicht dagegen wehren.

Irgendjemand müsste diese durchgeknallte Richterin zur Vernunft bringen.
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MoOderSo
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von MoOderSo »

Als nächstes dürfen dann in Rotterdam nur noch Segelschiffe anlegen. :)
Der Anarchist ist kein Feind der Ordnung. Er liebt die Ordnung so sehr, daß er ihre Karikatur nicht erträgt.
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von Schnitter »

Senexx hat geschrieben:(09 Oct 2018, 22:05)

Ob die Niederländer irgendwas tun oder nicht, ist im Ergebnis irrelevant. Wenn sie absaufen, dann können sie sich nicht dagegen wehren.
Offensichtlich ist deine asoziale Einstellung für die Niederländer irrelevant ;)
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H2O
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von H2O »

Cat with a whip hat geschrieben:(09 Oct 2018, 20:37)

Im Lausitzer Braunkohlerevier herrscht dank Rot-Roter Senilität noch lange Planungssicherheit und drei riesige Dreckschleudern in Boxberg, Schwarze Pumpe und Jänschwalde laufen munter weiter. Dort wird Abbau von der Politik weiter genehmigt, obwohl die Energiekonzerne eher unsicher werden. In Schweden hatte 2014 eine neue sozialdemokratische Regierung dafür gesorgt, dass das Staatsunternehmen Vattenfall aus der deutschen Kohle aussteigt. Schock bei den Zonen-Morlocks, denn in Brandenburg gehen die Uhren unter Rot-Rot ganz anders.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/di ... _id=390956
Wir müssen aber schon einen sehr aufmerksamen Blick auf den Broterwerb der Menschen in diesen Braunkohlerevieren haben. Will sagen, daß Ihre Empörung mehr der Planlosigkeit der Politik gelten sollte, die Lösungen anbieten muß, damit ein anderer Broterwerb an die Stelle der Braunkohlenförderung und Braunkohlenverbrennung treten kann.

Hier haben wir nicht mehr die Zeit, bis zum Ende der Braunkohle zu warten, wie das bei der Steinkohle geschehen ist, die nur noch sehr weit über den Weltmarktpreisen zu Tage kommen konnte. Das Geschäft mußte schon deshalb aufgegeben werden.

Unsere Forderung müßte also angepaßt an die Lage vor Ort lauten, daß die Politik mit ihren Mitteln dafür sorgt, daß dort andere lohnende Beschäftigung entsteht. Wenn in Deutschland Wohnungen fehlen, warum keine Betonbauelemente herstellen, die modernen Anforderungen an Komfort und Wärmedämmung entsprechen und gut zu montieren sind. Warum nicht geplante Erweiterungen von Unternehmen in Ballungsgebieten darauf abprüfen, ob diese Erweiterungen auch in aufgelassenen Braunkohlerevieren mit dem notwendigen Personal versorgt werden können, notfalls mit Weiterbildung der vorhandenen Menschen, die ja wissen, daß sie in ihrem gewohnten Beruf keine Zukunft haben werden.

Man kann nicht erwarten, daß sich die Menschen in den Braunkohlerevieren frohgemut ins Nichts stürzen werden, damit die Leute in den Niederlanden davor bewahrt werden, ihr Land zu verlassen. Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Auf "den Markt" würde ich da lieber nicht warten.
immernoch_ratlos
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Re: Niederlande: Gericht zwingt Regierung zum Klimaschutz

Beitrag von immernoch_ratlos »

Da ist sie doch schon die Antwort.

Die "Extremisten unter uns" - zugleich straffe Anhänger der These "nach uns die Sintflut" - steuern doch - unter völkischem Beifall - in genau die andere Richtung. Wer bestehende Gesetze und die darin enthaltenen Festlegungen, die zu deren Weltbild nicht passt abschaffen möchte - "durchgeknallte Richterin zur Vernunft bringen", kann sich durchaus im Einklang mit einer "schweigenden Mehrheit" sehen.

Die Idee, über sich hinaus auch an Andere zu denken, ist sichtlich unpopulär. Selbst, wenn die "Anderen" womöglich die Kinder seiner Nachbarn, Freunde oder Verwanden sind.

Der populäre aber saudumme Einwand, "wir können die Welt nicht retten" weil wir so wenige sind und überhaupt und wieso soll uns etwas jenseits der eigenen Schädelknochen überhaupt interessieren. Das ist leider die bestehende Mehrheitsmeinung, wenn es darum geht das etwas (zwar völlig unsinniges) hin zu mehr Vernunft verändert werden soll. Da stören solche Richter nur :(

Für nicht wenige gibt es den "menschengemachten" Klimawandel (noch nichteinmal ein Teil desselben) schlicht nicht. Den anderen ist das schei...egal. Die Wut, die oft ungeschminkt sichtbar wird, wenn Gerichte - ob sie wollen oder nicht - nach Recht und Gesetz urteilen (was ja deren originäre Aufgabe ist), lässt tief in die "Ohnemichelseele" blicken.

"Tja, in Deutschland vorstellbar?" - nur sehr, sehr schwer - man betrachte nur, was die sich mehrenden Urteile zu Fahrverboten - auch die Gerichte hatten drei Jahre um ihre Urteile "eigentlich zeitnah zwingend(er)" zu formulieren - in der "enteigneten Volksseele" gerade anrichten.

Das große Problem an "Umweltproblemen" ist, sie wirken auf niemanden direkt - keiner fällt da gut sichtbar tot um - für das was passiert - unweigerlich geschieht, gibt es nur kausale Zusammenhänge. Das kapiert Homo sapiens leider nicht....

Auch entlarvend - der FAZ-Artikel ist im Teil "Wirtschaft" erschienen - warum wohl :?:
"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." (aus China)
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