Teeernte hat geschrieben:(02 Feb 2018, 07:17)ich bin voll auf Deiner Seite.. Die Länder organisieren den Nahverkehr nur halbherzig. ...sonst würden wir keine Autos kaufen.
Das Thema ist doch gar nicht so verzwickt, daß man es in nicht zusammenhängende Einzelthemen zerlegen müßte.
Der Ausgangspunkt ist die Luftverschmutzung durch Stickoxyde in Ballungsgebieten mit statistisch nachgerechneten Atemwegserkrankungen bis hin zu nachfolgenden Todesfällen. Dafür gibt es "amtliche Grenzwerte", die ein zu halten sind, genau wegen dieser Folgen auf Gesundheit und Lebenserwartung.
Als wesentliche Ursache dieser Luftverschmutzung wurden im wesentlichen Dieselfahrzeuge mit geringer (nur noch wenig Feinstaub wird ausgeblasen) bis gar keiner Abgasreinigung erkannt. Wobei diesen Abgasbehandlungsstufen zugeordnet viel eingesetzte Motorleistung auch hohe Abgasbelastung bedeutet.
Die Hersteller von Dieselfahrzeugen zünden die nächste Stufe mit einer katalytischen Abgasreinigung, die in kritischen Fahrtzuständen Stickoxyde in weniger gesundheitsschädigende Stoffe umwandelt. Einige Hersteller werden dabei erwischt, daß sie systematisch den kritischen Fahrzustand in den Prüf- und Abnahmeverfahren für ihre Fahrzeuge sehen. Im gewöhnlichen Fahrbetrieb ist die Abgasreinigung nicht wirksam... man hat also Zulassungsbehörden und Verbraucher mit Vorbedacht betrogen. Dafür gab es heftig Prügel bis hin zu Gefängnisstrafen durch Umweltbehörden; leider nur in den USA.
Also wird die vorläufig letzte Stufe gezündet mit einer Programmänderung in der Motorsteuerung, damit die Abgasreinigung ständig wirksam ist.
Mit Hilfe von wissenschaftlich angreifbaren Laborversuchen mit Affen weist ein Lobbyunternehmen die Unbedenklichkeit dieser Belastung durch Dieselfahrzeuge der neueren Generation nach. Wobei der Hersteller VW ein Fahrzeug dazu eigens vorbereitet hatte. Niemand weiß, welche serienmäßige Motorsteuerung dabei eingesetzt wurde. Die Affen haben den Versuch überlebt.
Das ist die gegebene Ausgangslage für weitere Maßnahmen.
Das Problem wird verursacht vom stark angewachsenen Kfz-Verkehr mit sehr hohem Dieselanteil. Jeder Haushalt erfüllt sich eben seinen völlig verständlichen Wunsch nach großer persönlicher Unabhängigkeit... und die Fahrer verbringen täglich viel Zeit im Stau auf den Zufahrtswegen in die Ballungsgebiete. Dabei vergiften sie die Atemluft ganzer Städte. Vor allem vermitteln große schwere Geländewagen mit hoher Motorleistung das Gefühl von Freiheit und Überlegener Fahrkultur. Mit Dieselmotoren ausgestattet bleibt der Kraftstoffverbrauch dieser Kolosse im noch erschwinglichen Rahmen. Kein Wunder, daß diese "SUV" genannten Fahrzeuge nicht nur Neid sondern auch Ärger verursachen: Viel eingesetzte Mororleistung... siehe einige Absätze weiter oben.
Unter dem Strich verursacht also der leicht nachvollziehbare Wunsch nach persönlicher Mobilität ein unlösbares Problem, indem Leib und Leben von Menschen an den Zufahrtsstraßen betriebsbedingt gefährdet werden... inzwischen in 20 deutschen Städten weit über den zugelassenen Grenzwerten für Stickoxyde in der Atemluft.
Eine Güterabwägung muß wirksam werden: Persönliche Entscheidung für das eigene Fahrzeug gegen keineswegs abstrakte Gefährdung der Gesundheit von Bewohnern in Ballungsgebieten. Auf der einen Seite also das durch Auflagen der Behörden (Einfahrtverbot, Fahrverbot) verletzte Eigeninteresse des Fahrzeugbesitzers und auf der anderen Seite das Allgemeininteresse an erträglichen Lebensbedingungen in Ballungsgebieten. Auch dort leben ja viele Menschen mit technischen Luftverpestern.
Das Szenarium ist doch der Hintergrund für etliche Stränge zur Fahrzeugtechnik, zum Öffentlichen Nahverkehr und hier nun zu verharmlosenden Affenversuchen, womöglich mit hingemogelten Motorsteuerungen. Jetzt muß der Gesetzgeber eingreifen, und zwar nicht durch weitere Gesetze, sondern mit der Durchsetzung von bestehendem Recht, so schmerzhaft das dem Gesetzgeber und den betroffenen Fahrzeughaltern auch erscheinen mag.
Wir sind inzwischen da angelangt, daß die EU als gemeinsamer Überbau unserer europäischen Gesetzgeber diese Gesetzgeber nachdrücklich durch Strafandrohung (Vertragsverletzung!) drängt, seine Pflicht zum Schutz der Allgemeinheit zu erfüllen.