EU will "Vorherrschaft im Nuklearsektor"

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Tom Bombadil
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EU will "Vorherrschaft im Nuklearsektor"

Beitrag von Tom Bombadil »

EU-Kommission will Atomenergie in Europa stärken
http://www.focus.de/finanzen/news/vorhe ... 38643.html

Eine konträre Entwicklung zum Atomausstieg in Deutschland. Werden deutsche Forscher, Institute und Unternehmen trotzdem beteiligt sein? Oder sollte die Bundesregierung dafür sorgen, dass Kernenergie und Nukleartechnik komplett aus Deutschland verbannt wird?
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H2O
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Re: EU will "Vorherrschaft im Nuklearsektor"

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(17 May 2016, 12:28)

EU-Kommission will Atomenergie in Europa stärken
http://www.focus.de/finanzen/news/vorhe ... 38643.html

Eine konträre Entwicklung zum Atomausstieg in Deutschland. Werden deutsche Forscher, Institute und Unternehmen trotzdem beteiligt sein? Oder sollte die Bundesregierung dafür sorgen, dass Kernenergie und Nukleartechnik komplett aus Deutschland verbannt wird?
Vermutlich braucht die Bundesregierung sich überhaupt nicht um die Rückkehr der Kernenergie nach Deutschland zu kümmern. Der Wahnsinn dieses Selbstmordversuchs in Mitteleuropa ist hier beendet. Mal sehen, welche Worte die Menschen in anderen dicht besiedelten Ländern finden werden, wenn so ungefähr im Takt von 20 oder 30 Jahren ein Reaktor schlapp macht und einen GAU auslöst.

Nukleartechnik muß man wohl von Kernenergie trennen, schon wegen der riesigen Mengen an strahlendem Sondermüll aus Kernkraftanlagen. Wohin damit in den nächsten 100.000 Jahren? Wer darauf eine gute Antwort weiß, der sollte sich bei der Bundesregierung melden.
immernoch_ratlos
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Re: EU will "Vorherrschaft im Nuklearsektor"

Beitrag von immernoch_ratlos »

Na das war wohl nur so eine "Anfrage" wer wohl in Europa gerne wieder mal mehr AKW bauen möchte.

Das Klopfen auf den Busch hat lt. "Frankfurter Allgemeine" zu einem raschen Dementi geführt : Atompläne der EU - EU-Kommission dementiert neue Atompläne

So wird "zurückgerudert" :
FAZ hat geschrieben:Das besagte Diskussionspapier basiere auf früheren öffentlichen Themenpapieren und öffentlichen Konsultationen, so die Sprecherin weiter. Es handelt sich aber offenbar nicht um ein endgültiges Dokument, das – wie „Spiegel Online“ schreibt – noch am Mittwoch von den zuständigen Kommissaren verabschiedet werden und dann dem Parlament vorgelegt werden soll.

Zudem bleibe die Europäische Union bei ihrer Position, dass die Entscheidung über die Nutzung der Kernenergie auch weiterhin in der nationalstaatlichen Zuständigkeit bleibt und damit nicht Sache der EU-Kommission ist.
Was die Sorgen um das dt. Personal aus Restbeständen angeht :
SPON 42/2009 hat geschrieben: Mangelndes Know-how ist eine der Ursachen für die Pannenserie :rolleyes:

Schon vor der Bundestagswahl hat Kanzlerin Angela Merkel bei den Energieversorgern durchblicken lassen, dass sie die Laufzeiten nur verlängern werde, wenn die Meiler auf höchste Sicherheitsstandards aufgerüstet werden. Das könnte in Biblis oder Krümmel aber Milliarden kosten und sich am Ende dann vielleicht doch nicht mehr rechnen. Die Stromriesen konzentrieren sich jetzt auf das Naheliegende: Sie wollen das Abschalten der Uraltkraftwerke wie Biblis und Neckarwestheim I, die innerhalb der nächsten zwei Jahre vom Netz sollen, so weit wie möglich hinauszögern.

Doch kann man der Atombranche irgendeine Modernisierung zutrauen, wenn ihr beim Neubau solche Fehler unterlaufen wie in Finnland? Seit über einem Jahrzehnt ist in der westlichen Welt kein AKW mehr errichtet worden. Die Atomaufseher sehen im mangelnden Know-how eine Ursache für die Pannenserie: "Einigen Vorarbeitern fehlt Erfahrung", sagt Ingenieur Tiippana, "viele Firmen sind neu im Nuklearsektor, ihre Leute müssen trainiert werden, sich an die Standards zu halten."

Und das Problem wird sich verschärfen. So gehen 40 Prozent der Beschäftigten in US-Kernkraftwerken demnächst in Rente. Die Branche muss in den nächsten zehn Jahren 26.000 neue Beschäftigte einstellen - selbst wenn sie kein neues AKW baut. Aber nur 841 Nuklearingenieure schlossen 2008 ihr Studium in den USA ab.

In Deutschland ist die Lage noch dramatischer. Zwischen 1998 und 2002 schlossen nur zwei Studenten mit einem Examen in Nukleartechnik ab. Areva hat deshalb in Karlsruhe im Februar einen Aufbaustudiengang Nukleartechnik eingerichtet. Die Studenten werden von Areva bezahlt und erhalten sogar eine Jobgarantie.

Areva-Mann Mouroux glaubt trotz allem fest an eine Renaissance der Reaktoren. Der Ingenieur sitzt im Konferenzraum eines Baucontainers, er trägt einen gutgeschnittenen Anzug und hält nicht viel von Zweifeln: "Wir werden den Reaktor überall auf der Welt bauen", sagt Mouroux. Was mache es schon, wenn die Maschine teurer werde und der Bau etwas länger brauche: "Dafür soll der EPR 60 Jahre laufen."
Nochmal SPON :
SPIEGELONLINE 42/2009 hat geschrieben: 13 Atommeiler sind schon seit mehr als 20 Jahren "im Bau" :thumbup:

Aber nicht nur der französische Staatskonzern tut sich schwer, neue AKW zu errichten. Im vergangenen Jahr ging erstmals seit Beginn des nuklearen Zeitalters weltweit kein neuer Reaktor ans Netz. Wie sich aus dem "Welt-Statusreport Atomindustrie" ergibt, sind zwar 52 Meiler "im Bau" - 13 davon allerdings schon seit mehr als 20 Jahren. Und bei 24 ist noch nicht einmal theoretisch klar, wann sie hochgefahren werden könnten.

Zudem sollen 36 der neuen Reaktoren nicht im sicherheitsbewussteren Westen gebaut werden, sondern in China, Indien, Russland und Südkorea. "Mir wird schwarz vor Augen, wenn ich daran denke, dass in China 16 Kraftwerke gleichzeitig gebaut werden, und man hört nur, da gebe es keine Probleme", sagt Atomkritiker Schneider.

In der westlichen Welt wird außer in Finnland nur noch ein Atommeiler neugebaut: in Flamanville in der Normandie - aber da plagen sich die Franzosen mit ähnlichen Problemen herum wie in Finnland.

In den USA hat die frühere Bush-Regierung die Hürden für die Errichtung von Neubauten drastisch gesenkt. 2007 stellte sie zudem über 20 Milliarden Dollar für Kreditbürgschaften bereit. Doch die Industrie winkt ab. Sie hat seit mehr als 30 Jahren keinen einzigen Neubau begonnen.

"Eine Reihe amerikanischer Firmen haben sich die Situation in Finnland und die Größe der Investition dort erschüttert angesehen", sagt der US-Ökonom Paul Joskow vom Massachusetts Institute of Technology.

Das Haushaltsbüro des US-Kongresses bewertete schon 2003 die Risiken, dass Bürgschaften zum Bau neuer Atomkraftwerke fällig werden, mit "mehr als 50 Prozent". 2007 schrieben sechs große Investmentbanken ans US-Energieministerium: Geld für Neubauten lasse sich nur beschaffen, wenn der Staat "zu 100 Prozent ohne Bedingungen" für diese Kredite bürge. :?:
Die Idee vom "Mini AKW" ist von Loriot - ein AKW zu Weihnachten und dann .... BOOMMM
"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." (aus China)
immernoch_ratlos
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Re: EU will "Vorherrschaft im Nuklearsektor"

Beitrag von immernoch_ratlos »

Vermutlich interessieren so alte Berichte zu einem immer wieder aus der Kiste geholten Thema nicht so recht. Deswegen etwas noch "frisches" von Heise 17.05.2016 :

"Atomkraftwerke sind wirtschaftlich nicht tragbar"
Der Atomkraftwerksbetreiber Iberdrola hat bei seiner Einschätzung auch die massiven und teuren Probleme im Atomstromland Frankreich im Blick

Die Lage der französischen Atomindustrie wird zunehmend dramatisch. Die Probleme werden zahlreicher und teurer. Klar ist nun, dass Sicherheitszertifikate über 50 Jahre für wichtige Bauteile für Atomkraftwerke (AKW) gefälscht wurden, weshalb die Stilllegung von Meilern drohe. Dazu kommen weitere Mängeln in diversen AKWs, die auch teuer nachgebessert werden müssen. Diese hatten dazu geführt, dass der Pannenreaktor in Fessenheim außer Kontrolle geriet (Fessenheim soll nach fatalen Vorgängen abgeschaltet werden).

Die Situation des hoch verschuldeten Kraftwerksbetreiber EDF spitzt sich zu. Die Aktien stürzen ab, weil er frisches Kapital braucht. Er musste die auch intern umstrittene Entscheidung über den teuren AKW-Bau im britischen Hinkley Point verschieben, der sogar 23 Milliarden Euro kosten soll. So verwundert es kaum, wenn der große spanische Energieversorger und Atomkraftwerksbetreiber Iberdrola nichts mehr von der teuren gefährlichen Technik hält.

Es waren Worte, die in Europa kaum Widerhall fanden. Doch mit erstaunlicher Offenheit :thumbup: äußerte sich der Chef des zweitgrößten spanischen und des siebtgrößten europäischen Stromerzeugers zur Atomkraft-Frage. Der Iberdrola-Chef Ignacio Sánchez Galán hatte in einem Radiointerview erklärt: "Die Atomkraftwerke sind wirtschaftlich nicht tragbar."

Der Chef des Konzerns mit Sitz im baskischen Bilbao, der in 40 Ländern aktiv ist, wies darauf hin, "dass heute Atomkraftwerke nicht aus politischen Gründen geschlossen werden, sondern aus ökonomischen". Er stellte seine Aussagen in den Kontext der Frage, "welche Technologien sicher und nachhaltig sowie effizient aus Sicht der Umwelt und der ökonomischen Tragfähigkeit sind".
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