DarkLightbringer hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:13)
Man kann es auch als Reaktion sehen - auf die Sicherheitsgefährdung Europas durch Nordstream 2 und auf die Untergrabung der Sanktionen im Iran.
Kann man. Allerdings ist der Kern der Politik der Trump-Regierung, in Wirklichkeit die Wirtschaft und Einigkeit Europas zu schwächen, deutlich erkennbar.
Fatalerweise zwingt Trump mit seiner Wirtschaftspolitik Europa leider auch in eine recht auswegslose und (leider auch) kontraproduktive, gefährliche
Gegenposition hinsichtlich des Iran und dessen militaristisch ausgerichteter Hegemonialpolitik im nahen und mittleren Osten.
Wirtschaftspolitisch ist die protektionistische Politik der USA ganz klar auf Schwächung und Zerschlagung der Wirtschaftskraft der EU ausgerichtet.
Und seitens der US-Regierung nutzt man dazu leider nicht nur fast schon erpresserische Gefolgschaft in Sachen Iran, sondern
zielt auch klar gegen die Schlüsselindustrie der EU, besonders Deutschlands. Siehe die drohenden Zölle auf EU-Autos.
Klar erkennbar ist, dass Trump in seinem nationalistisch-protektionistischen Wirtschaftskrieg für die Schwächung der EU
auch Sicherheitspolitik benutzt, nicht nur Strafzölle usw.
Der Fakt, Autos aus der EU - besonders aus Deutschland - als nationales Sicherheitsrisiko einzustufen, ist im Kern ja so lächerlich und durchschaubar
"plemmplemm", was die sicherheitspolitischen Aspekte angeht. (Die Begründung dafür seitens der USA wäre en Detail durchaus interessant, ich konnte
dazu aber bisher keine inhaltlichen Begründungen nachlesen. Offenbar behauptet man das einfach mal in guter "fake news"-Tradition Trump'scher
Fantasien und Erfindungen.
Natürlich geht es um die Schwächung der Autoindustrie und der gleichzeitigen Stärkung der US-Autobranche, die im Grunde schon länger
keinen Fuß mehr auf den Boden bringt.
Was Nordstream 2 angeht, wird auch hier Sicherheitspolitik als wirtschaftspolitischer Erpessungshebel vorgeschoben, um die EU zur Abnahme des US-Flüssiggases
zu nötigen oder zu zwingen. Und zwar erschreckenderweise als Wink mit dem Zaunpfahl. Es ist nicht ohne, darauf zu verweisen, dass man
Europa, besonders Deutschland und andere Staaten dann nicht mehr gegen die Atommacht Rußland schützen wird. Es sei denn, man buckelt vor
der aggressiven und einseitig die USA bevorteilenden wirtschaftspolitischen Knebelung der Trump-Regierung.
Ich bin auch der Auffassung, dass im Falle einer zweiten Präsidentschaft Trumps die Nato seitens der USA sowohl als Sicherheits- als auch als
Wertegemeinschaft Geschichte sein wird. Und diese zweite Präsidentschaft Trumps ist durchaus eine reale Gefahr.
Generell kann man zwar sagen, Trump und seine nationalistische Falkenregierung ist nicht Amerika. Derzeit bemüht man sich ja gerade von
demokratischer Parteiseite, dies zu betonen und wie sehr man zur Nato und der Sicherheitspartnerschaft mit Europas stehe.
Aber die geschaffenen Fakten sind andere. Die Anti-Trump-Opposition in den USA ist ein zahnloser Tiger der schönen und hehren Worte.
Auch was Teile der Republikanischen Politiker angeht, die die Politik Trumps durchaus kritisch sehen.
Nur, wenn es darum geht, diese Politik dann gemeinsam einzubremsen, ist da nichts an Wirkung. Im Gegenteil, wenn es
um den Machterhalt geht, drücken auch die kritischen Reps ihre "Glotzäpfel" samt Hühneraugen zu und finden sich mit den trumpgeschaffenen Fakten ab.
Für mich am Schlimmsten ist diese - in meinen Augen - sinnfreie und gefährlich freundliche Haltung der EU gegenüber Iran.
Die Trump leider mit anderen erpresserischen Forderungen verknüpfte und damit wohl seine wahren Ziele erreicht:
Europa politisch zu spalten, die EU in Sachen Iran in eine ungute Ecke zu stellen, die diesen Schlüsselstaat des Terrorismus
Staat hofiert, statt ihn klar zu bekämpfen, und er dabei statt Einigkeit Spaltung produziert.
Klar ist auch, dass Trump die EU nicht nur politisch spalten und schwächen will, sondern vor allem auch wirtschaftlich.
Dass er damit auch fast zwangsläufig mehr Nähe Europas zu nicht koscheren anderen big players (Rußland, China) produziert,
die alles andere als wirtschafts- und sicherheitspolitische Partner und Werteverbündete sind, ist eine weitere, sehr ungute
Änderung der politischen Ausgangslage.
Der mittlerweile verstorbene Journalist und Buchautor Peter-Scholl-Latour hatte schon sehr viel früher genau von dieser
Möglichkeit einer geänderten US-Politik gewarnt und entsprechend gefordert, Europa müsse sich sicherheitspolitisch
unabhängig und glaubhaft in der Abschreckung machen. Was für ihn auch eine, von den USA entkoppelte, selbstständige nukleare Aufrüstung
zwangsläufig machte. Eine Atommacht Europa, an der sich - selbst die USA - im Falle des Falles die Finger verbrennen müssten.
Nicht nur China, Rußland oder andere Atommächte wie Indien und Pakistan.
Er meinte, wirtschaftliche Potenz ohne entsprechendes sicherheitspolitisches Gewicht werde Europa, besonders die EU,
früher oder später zum Spielball der machtpolitischen Schwergewichte machen. Sowoh sicherheits- als auch wirtschaftspolitisch.
Ohne wirksame Möglichkeiten der Gegenwehr. Man ist einfach der Politik dieser Mächte ausgeliefert.
Genau das zeigt sich aktuell im Falle der USA. Für mich ist die Sicherheitsgarantie, Freundschaft und Wertegemeinschaft
der USA mit Europa längst passé. Die USA unter Trump anno 2019 sind mittlerweile sowohl sicherheitspolitisch als auch wirtschaftlich
ein Gegner Europas. Genauso wie Rußland oder China.
Ob Europa die Kraft und die Einsicht aufbringen kann, sowohl politisch als auch militärisch gemeinsam, stark, entschlossen und vor
allem schnell auf diese veränderte Lage zu reagieren ... und zu handeln, steht in den Sternen. Ich glaube, eher nicht.
Wobei ein gesamteuropäisches Rüstungsprogramm durchaus auch wirtschaftspolitisch und technologisch Einiges an Wachstumspotenzial
hätte. Wie auch immer...Es deutet nichts darauf hin, weder in Berlin, noch in Paris oder anderen EU-Regierungshauptstädten,
einen solchen Plan B schleunigst und ernsthaft zu entwickeln und umzusetzen.
Lieber ergießt man sich in "appeasement" und muss halt notfalls den politischen "Sch...z" einziehen.
Und ja, der drohende "no-deal"-Brexit kommt als Pfund noch oben drauf, in der schwersten Krise Europas (und der Welt) nach WWII.
Natürlich gibt es auch das andere Amerika. Jene USA, denen gerade wir in Deutschland unendlich viel zu verdanken haben und das nie
vergessen sollten. Aber ich habe immer mehr Zweifel daran, ob dieses andere, geliebte Amerika noch starkt genug ist, die Trump'sche Hegemonial-
und Erpressungspolitik einzubremsen oder gar positiv zu verändern.
Ich glaube nicht mehr daran.