Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

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frems
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Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von frems »

Auch bekannt als Fabrik- bzw. Herstellerdirektverkaufszentren, lassen sie nicht nur Raum- bzw. Verkehrsplaner, sondern vor allem Geschäfte in kleineren Städte gerne aufstöhnen. Während sie in den 90ern vor allem in Ostdeutschland wie Pilze aus dem Boden schießen, kamen hie und da auch einige in den Alten Ländern. So beispielsweise in Niedersachsen:
Im Schatten des Designer-Outlet leidet eine Stadt

Etwa 1,4 Millionen Menschen besuchen im Jahr das Designer Outlet-Center in Soltau. Künftig sollen es sogar noch mehr werden. Und nebenan kämpft die Stadt um jeden einzelnen Besucher.
http://www.welt.de/regionales/hamburg/a ... Stadt.html

Was haltet Ihr von den Dingern? Sollte man sie raumordnungspolitisch einschränken, um Händler in Innenstädten zu schützen/fördern? Oder sollte der Markt bzw. der Konsument mit seiner Nachfrage es einfach regeln und man die (meist sehr kleinen, inhabergeführten) Läden in den Städten einfach mit einem "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit" abtun? Und was heißt das Sterben der Innenstädte (ohne Berücksichtigung, daß auch durch den Versand- bzw. Internethandel starke Konkurrenz auftritt)? Kann die Verlagerung an den Stadtrand in FOCs gar sinnvoll sein für neue Zwischen- bzw. Umnutzungen des Gewerberaumes? Oder besiegelt es eher das Ende der Kleinstädte, die fast flächendeckend in Deutschland an Einwohnern bereits abnehmen?
Zuletzt geändert von frems am Di 9. Dez 2014, 17:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Adam Smith
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Adam Smith »

frems » Di 9. Dez 2014, 17:46 hat geschrieben:
Was haltet Ihr von den Dingern? Sollte man sie raumordnungspolitisch einschränken, um Händler in Innenstädten zu schützen/fördern? Oder sollte der Markt bzw. der Konsument mit seiner Nachfrage es einfach regeln und man die (meist sehr kleinen, inhabergeführten) Läden in den Städten einfach mit einem "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit" abtun?
Der Markt soll es entscheiden. Genauso gut könnte man ja auch Amazon verbieten.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Kanzlerqualle

Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Kanzlerqualle »

frems » Di 9. Dez 2014, 17:46 hat geschrieben: So beispielsweise in Niedersachsen:

Im Schatten des Designer-Outlet leidet eine Stadt ..
Etwa 1,4 Millionen Menschen besuchen im Jahr das Designer Outlet-Center in Soltau. Künftig sollen es sogar noch mehr werden. Und nebenan kämpft die Stadt um jeden einzelnen Besucher.
.... und die Stadt Bispingen hatte geklagt und wollte dieses Outlet-Center selber haben .. eigentlich dürfte doch jedem Stadtplaner klar sein , daß solche "Billigmärkte" die Kaufkraft aus den Innenstädten abzieht ...
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Amun Ra
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Amun Ra »

Hier bei uns im Ort kann man sich diesen Krieg der Kerne der benachbarten Städte und Gemeinden gegen ein Outlet-Center ja live anschauen. Und auch die Zahlen recht gut überschauen.

Zum Hintergrund: Metzingen ist nicht nur ein beschauliches 22.000 Seelendorf in Baden-Württemberg sondern verfügt mit einer Einkaufsfläche von ca. 70.000m² auch über eines der größten Outlets in Deutschland (je nach Ranking - Metzingen hat schliesslich kein reines Outlet-Center an sich sondern über das gesamte Stadtgebiet verteilte Stores, darum auch der Begriff "Outlet-City" und darum auch die unterschiedliche Platzierungen in den Rankings - steht Metzingen irgendwo unter den Top 3). Derzeit läuft ein Raumordnungsverfahren, in welchem entschieden werden soll ob Metzingen weitere mind. 10.000m² dazubekommt.

Die Gegner dieser Erweiterung im Speziellen und der Outlet-City Metzingen im Allgemeinen sind die Städte Reutlingen (ca. 110.000 Einwohner), Nürtingen (ca. 40.000 Einwohner) und Tübingen (ca. 85.000 Einwohner). Diese wollen vom Regierungspräsidium einen generellen Stopp für zukünftige Ausweisung neuer Verkaufsflächen in Metzingen erwirken unter Berufung auf die wirtschaftlichen Gefahren die für ihre Einzelhändler von Metzingen ausgehen.

Doch nun zu den Zahlen: Metzingen hat gerade so ca. 3,5 Millionen Shopping-Touristen pro Jahr. Davon kommen etwa 40% aus dem Ausland, etwa 25% aus Baden-Württemberg und der Rest aus dem übrigen Bundesgebiet. Lassen wir mal die Touristen aus dem Ausland und aus dem übrigen Bundesgebiet ausser Acht, denn diese kommen ja eben nur wegen dem Outlet-Center, d. h. Einzelhändlern vor Ort werden diese Kunden garnicht abspenstig gemacht durch ein Outlet-Center und können darum auch keine Umsatzeinbußen, allenfalls bei diesen ein Umsatzplus, generieren. Betrachten wir uns nur die Shopping-Touristen aus dem Bundesland Baden-Württemberg. Bei 3,5 Millionen pro Jahr kommen demzufolge etwa 875.000 aus Baden-Württemberg. Nun fährt sicherlich keiner dieser Shopping-Touristen von Konstanz nach Mannheim um sich bei einem Einzelhändler vor Ort eine neue Jeans zu kaufen. Er wird dafür voraussichtlich nichtmal in den nächsten Landkreis fahren. D. h. die tatsächliche Anzahl der Kunden, die vor Ort leben und tatsächlich für Umsatzeinbußen bei lokalen Einzelhändlern sorgen könnten ist mehr als nur überschaubar, er ist nahezu verschwindend gering. Im Rahmen der Gutachten für das derzeit noch laufende ROV war von etwa 4% der Kunden aus den Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen die Rede. Also gerade mal um die 35.000 Outlet-Kunden pro Jahr. Oder, um wieder eines der Gutachten zu zitieren, ein zu erwartendes Umsatzminus von maximal 1,6-3,0% bei lokalen Einzelhändlern in den umliegenden Gemeinden Reutlingen (LK RT), Nürtingen (LK ES) und Tübingen (LK TÜ). Gegengerechnet werden muss jedoch beim Shoppingtourismus auch noch die Mehreinnahmen für Unterkunft und Verpflegung die zu einem Großteil von eben jenen Gemeinden, die am lautesten gegen eine Erweiterung schreien, erzielt werden. Hier werfen sich die verschiedenen Streitparteien unterschiedliche Zahlen an den Kopf, von 100 Millionen Euro bis zu 150 Millionen Euro die alleine im Hotel- und Gastronomiegewerbe durch den Shoppingtourismus in Metzingen aktuell - also ohne die Erweiterung - generiert werden. In diese Zahlen nicht eingerechnet sind zusätzliche Einnahmen die durch sonstigen Tourismus in der Region durch Shopping-Touristen generiert werden. Selbst in Berlin generiert Metzingen durch seine Shopping-Touristen Mehreinnahmen: asiatische Reisebüros bieten ein bis zweitägige Busausflüge nach Metzingen an und arbeitet dafür mit einem Berliner Busunternehmen zusammen, welches die asiatischen Touristen von Hamburg, Berlin und Bremen für einen Tag zum Einkaufen nach Metzingen karrt.

Alles in allem gesagt: Es ist erfahrungsgemäß eine Mär, wenn vom aussterbenden Einzelhandel aufgrund eines Outlets erzählt wird. Der Einzelhandel passt sich entweder den Gegebenheiten an indem er Marktnischen bedient (in der Metzinger Innenstadt gibt es etwa 100 Meter voneinander entfernt zwei alteingesessene Schuhhäuser) oder indem er schlichtweg ein Sortiment abseits von Kleidung bedient. Und mit Unterstützung der Gemeindeverwaltung, aber auch von Einzelhandelsvereinen sowie dem Outlet-Verband als Partner funktioniert die Existenz auch. Sicherlich ist es keine einfache Koexistenz, aber Einzelhandel war schon immer ein hartes Pflaster.

Und als Lokalpatridiot - man möge mir diese persönliche Anmerkung vergeben - ist es mir ehrlich gesagt scheißegal ob in Reutlingen, Nürtingen und Tübingen irgendwann den Einzelhändlern reihenweise die Lichter ausgehen. Gerade Tübingen kann man wegen mir lieber gestern als heute abwickeln, plattwalzen und einen Parkplatz für Hugo Boss draus machen.
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Milady de Winter
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Milady de Winter »

Zudem bekommt man in den Designer Outlets - wie der Name schon sagt - sehr viele Produkte und Marken, die es im "normalen" Einzelhandel gar nicht gibt, und/oder die man tendenziell zum regulären Preis dort eh nie kaufen würde. Oft ist die Ware auch die Vorjahreskollektion oder schlicht Ausschuss. Anders als in den USA, wo man in den Outlets z.T. 1:1 die Ware aus den Läden in den Malls findet, meist günstiger.

Wir haben das Wertheim Village in der Nähe... Aber deshalb fahren wir auch nicht alle Nas lang dort hin, alleine deshalb, weil klamottentechnisch eben kaum Marken des täglichen Lebens vorhanden sind. Wer nur Designerklamotten tragen will, für den mag sich das durchaus lohnen, ansonsten ist es bestenfalls mal alle 1-2 Jahre "nice to have". Deshalb muss m.E. aber kein Händler seinen Laden schließen. Da müssen schon mehr Faktoren zusammen kommen in meinen Augen.
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Amun Ra
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Amun Ra »

Und wie zu erwarten war:
Regierungspräsidium Tübingen hat geschrieben:Das Regierungspräsidium Tübingen hat das Raumordnungsverfahren und das darin enthaltene Zielabweichungsverfahren für die geplante Umsiedlung und Erweiterung des Hugo-Boss-Outlets auf 8.000 m² Verkaufsfläche und die Errichtung weiterer fünf Fabrikverkaufsgeschäfte mit maximal 2.745 m² Verkaufsfläche auf dem Gaenslen & Völter-Areal abgeschlossen.

In seiner Entscheidung stimmt das Regierungspräsidium einer Abweichung von Zielen des Landesentwicklungsplans zu, weil das Vorhaben keine erheblichen Auswirkungen auf umliegende Kommunen hat und deshalb das System der Einzelhandelssteuerung insgesamt nicht verlässt. Grund hierfür ist vor allem die Ausrichtung auf einen überregionalen bzw. internationalen Kundenkreis.

Um diese auch auf Dauer sicherzustellen, hat das Regierungspräsidium eine Reihe von verbindlichen Maßgaben festgesetzt, wie etwa die Beschränkung auf Fabrikverkaufsware der Firma Hugo Boss sowie auf Fabrikverkaufsware von Markenherstellern des Luxus- und Premiumsegments.
Die Erweiterung, von der ich in meinem Beitrag geschrieben habe wurde also genehmigt und das RP folgt in seiner Argumentation dem, was ich geschrieben habe, die Erweiterung hat auf die Einzelhändler der Kläger keinen relevanten Einfluss.

Lustig nur, das mal wieder ein grünes Rumpelstilzchen meint, alles besser wissen zu müssen:
Die Pressestelle der Stadt Tübingen hat geschrieben:...
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer ist enttäuscht von der Entscheidung des Regierungspräsidiums: „Das Regierungspräsidium stellt fest, dass die Erweiterung der Outlet-City gegen zwei Ziele der Landesplanung zum Schutz der Innenstädte verstößt. Es ist für mich nicht verständlich, warum man trotzdem zur der Auffassung gelangt, der Antrag auf Erweiterung der Outlet-City müsse genehmigt werden.“

Palmer geht es um den Erhalt des Einzelhandels in Tübingen: „Der Innenstadthandel ist schon durch das Internet gewaltig unter Druck. Jeder weitere Kaufkraftabfluss kann ein Ladensterben auslösen. Metzingen hat schon bisher erheblich Kaufkraft aus Tübingen abgezogen. Mit der heutigen Erlaubnis soll das noch mehr werden.“
...
Vielleicht sollte mal irgendwem diesem Id... ich meine De... neinnein, Ar... herrje, wie schwer kann es sein... diesem Tro... args... dem Herrn Palmer klarmachen, dass Kunden, die nur wegen Metzingen in die Region überhaupt anreisen, für den Tübinger Einzelhandel durch ihr Fortbleiben keinen Verlust darstellen. Das schlimmste was passieren kann ist das diese Kunden den Tübinger Einzelhändlern Umsatz bescheren. Aber gut, wir lernen: Palmer hat nicht nur von Verkehr keine Ahnung, wirtschaftlich ist er auch nicht gerade die hellste Kerze auf dem Kuchen. Eine Schande, sein Vater war eigentlich ein sehr bekannter und erfolgreicher Krämer...
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Excellero
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Excellero »

Ich wohn in dem Eck... und was ich über Metzingen sagen kann ist daß es mich nervt, wenn ich da durch fahren muss und an fast jeder Ampel ewig warten muss weil irgendwelche Snobs ihre Boss un Co Taschen rumzeigen müssen...

Vor allem am WE ist das ganze Eck dort verstopft bis zum Anschlag.
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Amun Ra
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Amun Ra »

Excellero » Di 3. Mär 2015, 17:54 hat geschrieben:Ich wohn in dem Eck... und was ich über Metzingen sagen kann ist daß es mich nervt, wenn ich da durch fahren muss und an fast jeder Ampel ewig warten muss weil irgendwelche Snobs ihre Boss un Co Taschen rumzeigen müssen...

Vor allem am WE ist das ganze Eck dort verstopft bis zum Anschlag.
Wenn man nicht gerade von den dunkelsten Dörfern runtersteigt (bist du etwa ein Nuiffener!? :mad: ) sehe ich eigentlich keinen Grund warum man heutzutage, in Zeiten der B312 bzw. der Umgehung B12 noch durch Metzingen durch müsste. :?: Man kann Metzingen, wenn man nicht gerade von der Alb runtersteigt, heutzutage so angenehm umfahren... Vor 10 oder 15 Jahren, als es die Umgehung B12 noch nicht gab und die B12 durch Metzingen durch führte, herrje, das war der Horror schlechthin. Da konnte man in der Tat bis zu zwei Stunden oder mehr in Metzingen im Stau stehen.
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Excellero
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Excellero »

Amun Ra » Di 3. Mär 2015, 18:21 hat geschrieben: (bist du etwa ein Nuiffener!? :mad: )
Nun werd mal nicht gleich beleidigend... du Balinger du! :D
Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen, muß man eigenen haben.
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Amun Ra
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Amun Ra »

Excellero » Di 3. Mär 2015, 19:44 hat geschrieben:
Nun werd mal nicht gleich beleidigend... du Balinger du! :D
Arsch! Das war unter der Gürtellinie! :D ;) :p
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jack000
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von jack000 »

Amun Ra » Mi 10. Dez 2014, 14:21 hat geschrieben:Und als Lokalpatridiot - man möge mir diese persönliche Anmerkung vergeben - ist es mir ehrlich gesagt scheißegal ob in Reutlingen, Nürtingen und Tübingen irgendwann den Einzelhändlern reihenweise die Lichter ausgehen. Gerade Tübingen kann man wegen mir lieber gestern als heute abwickeln, plattwalzen und einen Parkplatz für Hugo Boss draus machen.
Warst du nicht Reutlinger :?: Aber wie auch immer, in der Bekleidungsbranche gibt es, bis auf wenige Ausnahmen, quasi nur Billigjobs. Daher hat auch Metzingen das neue Hugo-Boss-Lager abgelehnt, da bereits Vollbeschäftigung herrscht und keinerlei Interesse an Billig-Jobs in Metzingen besteht:
Metzingen plagt ein Luxusproblem: Das Städtchen hat kaum noch Arbeitslose. Nun legen sich die Einwohner mit dem größten Arbeitgeber an - Hugo Boss.

[...]
Monatelang hatte eine Bürgerinitiative Stimmung gegen das geplante Boss-Lager gemacht, ein riesiger Bau, 305 Meter lang, 20 Meter hoch, 180 Meter breit. Das Logistikzentrum sei hässlich und viel zu groß, das Landschaftsbild werde "nachhaltig gestört". Man brauche ohnehin keine neuen Boss-Jobs. In der Region herrsche "Vollbeschäftigung". Tatsächlich liegt die Arbeitslosenquote im Umkreis bei nur 3,8 Prozent. Die Mehrzahl der avisierten Jobs sei zudem wohl schlecht bezahlt. "Arbeitsplätze im Niedriglohnniveau sind nicht geeignet, den Lebensstandard unserer Region zu halten", wurde gewettert.

Die Mehrheit der abstimmenden Bürger sah das auch so. Der Oberbürgermeister Dieter Hauswirth reichte schockiert seinen Rücktritt ein.
http://www.spiegel.de/spiegel/a-576905.html

Nun steht das Lager in Filderstadt auf dem Gewerbegebiet "Affelter", welches seltsamerweise jahrelang leerstand und nun 1 Arbeitgeber das ganze Gelände befüllt.
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!
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Amun Ra
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Amun Ra »

jack000 » Di 3. Mär 2015, 20:29 hat geschrieben:Warst du nicht Reutlinger :?:
BLASPHEMIE!!! :mad: Wie kannst du nur...!!! :mad: Ich war noch nie Reutlinger! :mad:
jack000 » Di 3. Mär 2015, 20:29 hat geschrieben:Aber wie auch immer, in der Bekleidungsbranche gibt es, bis auf wenige Ausnahmen, quasi nur Billigjobs. Daher hat auch Metzingen das neue Hugo-Boss-Lager abgelehnt, da bereits Vollbeschäftigung herrscht und keinerlei Interesse an Billig-Jobs in Metzingen besteht:

http://www.spiegel.de/spiegel/a-576905.html

Nun steht das Lager in Filderstadt auf dem Gewerbegebiet "Affelter", welches seltsamerweise jahrelang leerstand und nun 1 Arbeitgeber das ganze Gelände befüllt.
Öhm ja. :? Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen: Über diesen Schildbürgerstreich könnte ich mir heute noch die Haare raufen. Die Ablehnung des Logistikzentrums war nicht gerade ein Glanzstück meiner Gemeinde. Nicht einmal annähernd. Mit gewisser Schadenfreude möchte ich allerdings anmerken, dass auch etliche der Personen, die so selbstsicher dagegen gestimmt haben (und auf die wohlfeilen Versprechen der Bürgerbewegung reingefallen sind), sich heute über ihren finanziellen Verlust in den Hintern beißen... Schadenfreude ist manchmal eben doch die beste Freude... :?
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von jack000 »

Amun Ra » Di 3. Mär 2015, 21:20 hat geschrieben: BLASPHEMIE!!! :mad: Wie kannst du nur...!!! :mad: Ich war noch nie Reutlinger! :mad:
So hatte ich es aber in Erinnerung. Aber als Niedersachse bin ich da ggf. etwas oberflächlicher und meine Heimat gebe ich i.d.R. mit "Südniedersachsen" an. In BW hingegen werden Ortsangaben über die Heimat fast bis auf die Straßenseite heruntergebrochen :s :?

Manchmal hängt es auch davon ab, ob man eine Eule oder Rabe ist:
http://lrabb.de/,Lde/start/Aktuelles/Ho ... abben.html
Öhm ja. :? Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen: Über diesen Schildbürgerstreich könnte ich mir heute noch die Haare raufen. Die Ablehnung des Logistikzentrums war nicht gerade ein Glanzstück meiner Gemeinde. Nicht einmal annähernd. Mit gewisser Schadenfreude möchte ich allerdings anmerken, dass auch etliche der Personen, die so selbstsicher dagegen gestimmt haben (und auf die wohlfeilen Versprechen der Bürgerbewegung reingefallen sind), sich heute über ihren finanziellen Verlust in den Hintern beißen... Schadenfreude ist manchmal eben doch die beste Freude... :?
Aber was hätte dieses Logistikzentrum denn gebracht? Wozu noch mehr Billigjobs in Metzingen? Die bestehende Arbeitslosenquote hätte es doch nicht geändert, sondern es würden wohl ausschließlich "Nicht-Metzinger" dort arbeiten.
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Amun Ra »

jack000 » Di 3. Mär 2015, 21:52 hat geschrieben:So hatte ich es aber in Erinnerung.
Noch nie in meiner Forenexistenz habe ich auch nur rudimentär angedeutet ein Reutlinger zu sein! :mad:
jack000 » Di 3. Mär 2015, 21:52 hat geschrieben:Aber als Niedersachse bin ich da ggf. etwas oberflächlicher und meine Heimat gebe ich i.d.R. mit "Südniedersachsen" an. In BW hingegen werden Ortsangaben über die Heimat fast bis auf die Straßenseite heruntergebrochen :s :?
Zwischen Krieg und Frieden können hierzulande tatsächlich nur wenige Meter liegen. Geh nach Kappis und sag zu einem dortigen Einwohner mal "Kohlberger". Wenn du länger als zwei Minuten überlebst bist du gut und ich bezahle dir ein Bier. (Die Tatsache, das ich als Schwabe diese Wette überhaupt anbiete... Ach, warum erwähne ich das offensichtliche überhaupt noch...) :)
jack000 » Di 3. Mär 2015, 21:52 hat geschrieben:Manchmal hängt es auch davon ab, ob man eine Eule oder Rabe ist:
http://lrabb.de/,Lde/start/Aktuelles/Ho ... abben.html

Aber was hätte dieses Logistikzentrum denn gebracht? Wozu noch mehr Billigjobs in Metzingen? Die bestehende Arbeitslosenquote hätte es doch nicht geändert, sondern es würden wohl ausschließlich "Nicht-Metzinger" dort arbeiten.
Um die Arbeitsplätze ging es doch auch nur vordergründig. Überleg doch mal. Ein Logistikzentrum dieser Größe. Grund und Boden der vorher von den Anwohnern nur als Ackerland genutzt wurde. Und dann kommt eine Bürgerbewegung die auf einmal sagt "Mit dem Bau des Logistikzentrums sinkt der Wert der Grundstücke, denn wer will neben so einem Klotz schon ein Wohnhaus bauen." Tja, wie entscheiden bei einer solchen Aussage wohl die schwäbischen Sparer, die sich den Grund und Boden für ihre Nachkommen gesichert haben? Hugo Boss hätte gutes Geld für den Grund und Boden gezahlt. Die Bürgerbewegung hat versichert, dass auch andere Firmen gutes Geld bezahlen und man sich, als Gemeinde, nicht von Hugo Boss abhängig machen solle (Bwuahahahahahahahahahahahahaha, Metzingen war zwar schon von Hugo Boss abhängig als Adolf noch die Uniformen geordert hat aber egal...). Doof halt nur, dass die versprochene Industrie nach der Absage nicht gekommen ist, bzw. sogar die Industrie, die zugesichert hatte zu bauen, nach der Absage des Logistikzentrums ebenfalls einen Rückzieher gemacht hat... Frag dich mal warum seit der Abstimmung auf dem Areal ausser zwei alteingesessenen Metzinger Unternehmen niemand sonst in dem "Industrie"-Areal angesiedelt hat...
Zuletzt geändert von Amun Ra am Di 3. Mär 2015, 22:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Corella
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Re: Factory Outlet Center auf der grünen Wiese

Beitrag von Corella »

frems » Di 9. Dez 2014, 17:46 hat geschrieben:Auch bekannt als Fabrik- bzw. Herstellerdirektverkaufszentren, lassen sie nicht nur Raum- bzw. Verkehrsplaner, sondern vor allem Geschäfte in kleineren Städte gerne aufstöhnen. Während sie in den 90ern vor allem in Ostdeutschland wie Pilze aus dem Boden schießen, kamen hie und da auch einige in den Alten Ländern. So beispielsweise in Niedersachsen:


http://www.welt.de/regionales/hamburg/a ... Stadt.html

Was haltet Ihr von den Dingern? Sollte man sie raumordnungspolitisch einschränken, um Händler in Innenstädten zu schützen/fördern? Oder sollte der Markt bzw. der Konsument mit seiner Nachfrage es einfach regeln und man die (meist sehr kleinen, inhabergeführten) Läden in den Städten einfach mit einem "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit" abtun? Und was heißt das Sterben der Innenstädte (ohne Berücksichtigung, daß auch durch den Versand- bzw. Internethandel starke Konkurrenz auftritt)? Kann die Verlagerung an den Stadtrand in FOCs gar sinnvoll sein für neue Zwischen- bzw. Umnutzungen des Gewerberaumes? Oder besiegelt es eher das Ende der Kleinstädte, die fast flächendeckend in Deutschland an Einwohnern bereits abnehmen?
"Der Markt" ist ein Idealkonzept mit Grenzen des sinnvollen und macht leider auch viel Quatsch. Eines der innenliegenden Aspekte Deines Beispiels dürfte zum Beispiel dieses sein: http://de.wikipedia.org/wiki/Hotellings_Gesetz
Und der ganze Logistikscheiß, der dazu kommt, macht mal wieder Kosten und Schäden, die wir alle anderswo internalisieren dürfen. Mir wäre es egal, wer solche Probleme löst. Wenn unsere Marktexperten Staat nur für Planwirtschaft und Kommunismus halten, dann sollen sie eben erklären, wie Markt optimieren kann (z.B. über Dachverbände). Die Wettkampfsportler müssen halt mal irgendwie lernen, dass sie gemeinsame Probleme lösen müssen, genau wie Nationen auch!
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