Also die "Entstalinisierung" auch der SED fand ja bereits zu tiefsten DDR-Zeiten (mehr oder weniger konsequent) statt. Das ist also sowieso nicht das Problem. Den kritischen Parteimitgliedern (natürlich gabs die auch) steht allerdings eine Biografie wie die des Schriftstellers Franz Fühmann (den ich auch persönlich kannte) gegenüber: Vom Nazi-Mitläufer zum DDR-"Kulturschaffenden" zum kritischen Dissidenten-Schriftsteller. Das ist der Maßstab: Stellt es nicht auch eine Entwertung dar, wenn man eine innerparteiliche Distanzierung von SED-Genossen gegenüber völkischen Einstellungen auf gleiche Stufe zu konsequentem Dissidententum stellt?Selina hat geschrieben:(19 Jan 2018, 14:15)
Mal abgesehen davon, dass das Attribut "völkisch" im Zusammenhang mit der SED der reinste Blödsinn ist und viele der zum Teil auch sehr kritischen Parteimitglieder von damals (ja, auch solche gabs) stark diffamiert, hat die heutige Linke nun wahrlich nichts mehr mit der stalinistischen SED zu tun. Absolut nichts. Bei meiner Familiengeschichte, die ich hier schon mehrfach andeutete, könnte ich niemals Sympathien für die Linke entwickeln, wenn da noch eine SED-Nähe wäre.
Ich halte den Zusammenhang von SED und "völkisch" nicht für völligen Blödsinn, Auch wenn man berücksichtigt, dass nicht wenige SED-Genossen mit ausdrücklich völkischen Ideologien gar nix am Hut hatten.
Der Historiker Waibel hat nach Auswertung von Stasi-Unterlagen mehrere Monografien zu den Themen Rassismus in DDR und SED gescrhieben.In seinem Buch Rechtsextremisten in der DDR bis 1989 vertritt Waibel unter anderem die These, dass die autoritäre Struktur der DDR, die gegenüber Jugendlichen besonders wirksam gewesen sei, eine wesentliche Voraussetzung war, damit Jugendliche fremdenfeindliche und profaschistische Einstellungen übernehmen konnten. Bürokratismus und Zentralismus seien der ideale Nährboden für rechtsextremistische Einstellungen gewesen. Die DDR-Führung habe einen Obrigkeitsstaat geschaffen, daher sei es für Rechtsextreme ein Leichtes gewesen, gesellschaftliche Anknüpfungspunkte zu finden.
Überlegungen dieser Art werden ja nicht zuletzt aktuell mit dieser seltsamen Parolenfortsetzung "Wir sind das/ein Volk" befördert. Aber es geht ja eigentlich auch gar nicht so sehr um die SED. Vielleicht ist das auch etwas falsch von mir herübergebracht worden.
Es geht (der Name steht schließlich im Thema) um LaFontaine. Rechne es mir nicht als nachtragend an. Der Mann war Mitte der 00er ein absolut erfahrener und mit allen Wassern gewaschenr Profi-Politiker. Dem rutscht nicht einfach irgendwas heraus. Schon gar nicht bei einer Rede (und nicht in einer Diskussion). Die Verwendung der Begriffe "Fremdarbeiter" und "Familienväter" in seiner berüchtigten Chemnitzer Rede war hundert Prozent gezielt und sie war hunderteinprozent völkisch. Was denn sonst. Und er hat bis heute (meines Wissens zumindest) nix davon zurückgenommen.
Die weit links stehende Zeitschrift "konkret" bildete seinerzeit einen geifernden LaFontaine mit Hitlerbärtchen auf der Titelseite ab. Die linke "tageszeitung" schrieb noch im September letzten Jahres:
"Im Kern Rassismus" von einer eher linken Zeitung. Ich bin ja manchmal mir selbst gegenüber skeptisch, ob man mit seiner Kritik tatsächlich so weit gehen kann. Ja. Muss man offensichtlich. Auch nach hundertmal erklären wie er das in Chemnitz "gemeint" habe, ist es offensichtlich auch bei bewusst sich als links verstehenden Journalisten als "im Kern Rassismus bedienend" angekommen. Noch immer. Und das wird sich auch nicht mehr ändern. Und selbst wenn er es nicht völkisch gemeint hat (was ich nicht glaube) muss man als sich irgendwie links sehender Mensch erkennen, dass der Mann "verbrannt" ist. Ein für alle mal. Niemand will ihm irgendwas tun. Man soll nur die Diskreditierung linker Bewegungen durch diese Person unterbinden.Des weiteren spricht Lafontaine voll taktischem Kalkül mit vollster Absicht Ressentiments an, die letztlich rein populistische Stimmungsmache sind und im Kern Rassismus und Xenophobie bedienen.