JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2018, 23:52)
Unnötig, Orban hat die CSU nur eingeladen, weil bei der Seehofer CSU nach der Wahl vor Wahl ist und man es für opportun hält zu zeigen, dass der Konsens mit Frau Merkel zur Bundestagswahl Geschichte ist. Mit einer präferierten Richtung à la Ungarn hat das nichts zu tun. Würde die CSU die direkte Demokratie Bayerns versuchen gegen das eher diktatorische Modell Orbans auszuwechseln, kann sie sich auch gleich die politische Kugel geben.
Das ist dann vielleicht auch etwas falsch rübergekommen. Bayern eine politische Ausrichtung nach Ungarn ... das geht ja gleich in mehrfacher Hinsicht schon logisch strukturell nicht. Und dennoch handelt es sich ganz sicher um mehr als einen Wink mit dem Zaunpfahl Richtung Merkel. Dazu sind diese Einladungen an Orbán inzwischen zu verstetigt und gebräuchlich. Und es handelt sich ja auch nicht um eine Repräsentationsveranstaltung sondern um eine
Klausurtagung. Der BR sprach in einem Kommentar zur Veranstaltung in Seeon von einer "Konservativen Wende" der CSU. Und man müsse die Neuausrichtung der CSU auch im Zusammenhang a) mit dem Wahlausgang in Österreich, b) mit dem Brexit und c) mit den Vorgängen etwa in Katalonien sehen.
Wie denkt man in der CSU über die jüngere Ungarische Verfassung, (zurecht) Gegenstand heftiger Kritik demokratischer Kräfte in Europa:
Als "ideologisch einseitig und inhaltlich völlig abwegig" hat der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt Kritik an der neuen ungarischen Verfassung am Dienstag zurückgewiesen. Diese beinhalte das gesamte Völkerrecht, die EU-Grundrechtecharta, das weltweit beste Volksgruppen- und Minderheitenrecht sowie eine klare Verankerung der Europäischen Einigung als zentrales Verfassungsziel. Die demokratischen Institutionen und die Gewaltenteilung würden gestärkt (!!!). Die dezidiert christliche Orientierung der großen Mehrheit der ungarischen Bevölkerung schlage sich in der Präambel, im Schutz von Ehe und Familie, in einem verbesserten Lebensschutz auch für ungeborene, behinderte und alte Menschen sowie in höchsten bioethischen Standards nieder. Diese Kompetenz, so Posselt, belasse der EU-Vertrag ausdrücklich den Mitgliedsstaaten.
(Stand 2011, da war Posselt noch EU-Abgeordneter). Natürlich denkt nicht
jeder in der CSU so positiiv über das ungarische politische System Orbáns wie Posselt. Aber doch ein nicht unbeträchtlicher Teil denkt so. Und was speziell Posselt und seine Rolle in der CSU als ehemaliger Otto-von-Habsburg-Vertrauter und mit der Paneuropa-Union maßgeblich organisatorisch am Fall des Eisernen Vorhangs Beteiligter ... ich bin mir sicher, auch wenn ichs nicht nachweisen kann, dass wesentliche Züge, Passagen und Formulierungen der Neuen Ungarischen Verfassung in München ausgearbeitet wurden. Dazu muss man die gesammelten Aufsätze Posselts in den Nebensätzen entsprechend lesen und interpretieren. Und noch einmal auf einem anderen Blatt steht die kontinuierlich gedeihliche wirtschaftliche Zusammenarbeit von Unternehmen, die im Süden Deutschlands ansässig sind, mit ungarischen Unternehmen, Kommunen und staatlichen Einrichtungen. Die "Außenbeauftragten" dieser großen Unternehmen gehen als gute Freunde bei staatlichen Stellen in Budapest ein und aus. Solange die CSU sich (erfolgreich) gegen einen EVP-Ausschluss der Fidesz erwehrt, sind und bleiben Demokratie-Bekenntnisse und formale Verurteilungen ungarischer Politik durch CSU-Leute für mich, das was sie sind: Leere Worte, um die Empörung ein wenig zu bedienen. Sonst nix.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)