Risse am Haus kittet man nicht durch Wanddurchbrüche und ächzendes Gebälk wird durch Einzäunung nicht leiser.H2O hat geschrieben:(07 Sep 2017, 18:49)
Ohne Frage sind 70 Jahre Frieden und wirtschaftlicher Fortschritt ein bärenstarkes Argument, auf der europäischen Schiene gemeinsam geduldig weiter zu rollen. Nur sollte der Zug nicht gerade rückwärts in Bewegung geraten... von Ihnen als kleinere Meinungsverschiedenheit unter Partnern verniedlicht. Sie wollen offensichtlich nicht wahr haben, daß sich im "euro-atlantischen Stabilitätsraum" ganz erhebliche Risse gebildet haben, die weit über alltägliche Meinungsverschiedenheiten hinaus gehen.
In diesem Umfeld sucht Deutschland seinen Weg; daß der nun nicht geradlinig verläuft und verlaufen kann; das liegt an wechselnden Lagebildern, über die ich mich hier nicht auslassen muß. Die Bundesregierung hat sich entschlossen, mehr auf eigene Stärke auf dem Gebiet der Sicherheit und der Außenpolitik zu setzen, bevorzugt mit Partnern, die die Lage im "euro-atlantischen Stabilitätsraum" ähnlich einschätzen, und die unsere Wertevorstellungen teilen. Daraus sind weitergehende Schlüsse zu ziehen, die Ihnen nicht gefallen, die aber zur Rettung des europäischen Projekts notwendig sind.
Das europäische Projekt hat eine neue Chance erhalten durch den überzeugenden Wahlsieg des französischen Staatspräsidenten Macron mit seiner betonten Hinwendung zur vertieften Zusammenarbeit mit den Partnern und insbesondere Deutschland. Ich meine auch, daß wir Europäer dieses Eisen schmieden sollten, solange es glüht.
Aber mit der bevorzugten Behandlung deutscher Politiker durch Rußland hat sich soeben eine weitere noch zaghafte Option bei möglichem Scheitern des europäischen Projekts abgezeichnet. Höchst albern, mit dieser Option etwa drohen zu wollen, aber auch ziemlich einfältig von unseren Partnern, diese noch ferne Möglichkeit außer Acht zu lassen.
Die Meinungsverschiedenheiten mit östlichen Partnern waren mal erheblich größer und ganz drastischer Art. Der Eiserne Vorhang quer durch Europa galt nicht mal als diskussionsfähig. Nicht ganz alltägliche Meinungsverschiedenheiten gibt es übrigens auch im Binnenland, der gegenwärtige Wahlkampf zeugt davon.
Rosneft und Gazprom sind kein europäisches Projekt, sondern bestenfalls ein eurasisches unter russischer Führung. Anderes Team, anderer Verein.
Unsere Partner, Verbündeten und sogar die EU-Kommission nehmen die Bedrohung durch die Röhre schon gewahr und raten eben deshalb zur Vorsicht und zur Solidarität in der bestehenden Sicherheitsarchitektur, die unter weit schwierigeren Bedingungen erfolgreich war.
Der hybride Krieg hat viele Gesichter, aber eines sollte doch klar sein - die Energieversorgung der noch so wohlmeinendsten und engsten Partner wird nicht durch russische Söldner gewährleistet.