Alexyessin hat geschrieben:(15 Mar 2018, 08:02)
Die Metadiskussion über die Parteiensystematik in der Bundesrepublik ist aber hier nicht ganz richtig. Das war mein Einwurf.
Hier geht es um die SPD. Abstrakt, wie auch konkret. Dass sich daraus - wie aus eigentlich allem - auch für Andere ableiten lässt, ist irrelevant und würde, würdest du diese Systematik tatsächlich anwenden wollen, zu Chaos in eurem sowieso schon - aus der SIcht des offensichtlichen Willens dieser Plattform - fragwürdigen Ordnungsprinzip, mit dem
politische Diskussionen eher erstickt als befruchtet werden, führen. Doch DAS zu diskutieren, würde HIER tatsächlich zu weit führen.
Alexyessin hat geschrieben:(15 Mar 2018, 08:02)
Nein, ich habe nicht gesagt, das der "Klüngel" typisch wäre.
Schon vergessen? Ich zitiere: "...
aber das sind die typischen Aufstiegsmöglichkeiten die die Politik bieten muss ..." Und in der Tat handelt es sich hier um eine etwa Christian Lindner vergleichbare Vita: Mehr oder weniger in der freien Wirtschaft versagt; zieht die Karriere - wie auch bei DDR-Eliten üblich - plötzlich hart an, sobald die Partei ihre Flügel darüber ausbreitet. Bei Barley einen Tick langsamer und weniger parteinah als bei Lindner; doch bei beiden erst - und, Achtung!, NUR - im Windschatten der Partei.
Sowas nennt man seit Jahrhunderten "Emporkömmling" bzw. "Günstling". Und es hat seit alters her das bittere Geschmäckle des Nepotismus. Denn es beweist - wie in einer DEMO-KRATIE eigentlich nötig - nicht die "Volksvertretung", sondern eine "Eliten-Vertretung". Auch Barley vertritt nicht das Volk, sondern - notwendigerweise - vor allem jene, die ihre Karriere geschützt und ermöglicht haben. Denn "sie schuldet etwas". Und das muss sie zurückzahlen. Wie in jeder robusten mafiösen Struktur: "
Eines Tages - vielleicht auch nie - werde ich einen Gefallen von dir einfordern. Doch bis dahin betrachte es als mein Geschenk an dich." (Don Corleone)
Nochmals: Das ist bei Konservativen seit alters her üblich (wie man etwa auch an der vergleichsweise größeren Menge der herbeigeschwindelten Doktor-Titel und etwa der Verteilung der "Nebenjobs" bei Vollzeit-gewählten politischen Vertretern sehen kann); es kennzeichnet mithin also ein "Maß des Konservativismus" innerhalb der SPD.
Alexyessin hat geschrieben:(15 Mar 2018, 08:02)
Das ist sehr düster ausgedrückt. Was meinst du denn, wie viele Menschen du für Parteiarbeit gewinnen kannst, die nebenbei noch arbeiten gehen müssen?
Das hängt davon ab, ob man "Partei-Arbeit" als "rein wirtschaftlichen Pragmatismus" betrachtet, oder ob man damit wirklich eine eigene Meinung vertritt. Tatsächlich ist der Besitz des richtigen Parteibuches nachweislich karrierefördernd. Das kannst auch du sicherlich allein schon in deiner eigenen Stadt-/Kommunalvertretung sehen: Da tauchen - auch von "vertretenen" Unternehmen - Namen in der Politik auf, bei denen du vehement zweifelst, ob diese - auch wirtschaftliche - Karriere ohne die politische Unterstützung möglich gewesen wäre.
Auf der anderen Seite sollten wir jedoch nie vergessen: Es war GENAU DIESES System, gegen das die alte SPD sich einst zusammenfand und aufstand.
Es war GENAU DIESES System des reinen Selbstzwecks, das die SPD seinerzeit abschaffen wollte und musste, um der Demokratie den Boden zu bereiten. Und nun, seit Ebert/Noske, ist die SPD selbst Teil des Systems, das sie abschaffen wollte und musste. Nicht ohne Grund gibt es einen 4-Jahres-Zyklus der Wahlen. Nicht ohne Grund gibt es im Grundgesetz weder eine Parteienbindungs-Pflicht für Abgeordnete, noch für Minister/Kanzler. Nicht ohne Grund, denn Demokratie kann nur außerhalb(!) dieses Parteien-zentrierten Systems existieren; Parteien sind also per se nur eine "Übergangslösung auf dem Weg zur Demokratie" und hier vornehmlich Korrektiv für (noch(!)) fehlende politische Bildung des Einzelnen.
Alexyessin hat geschrieben:(15 Mar 2018, 08:02)
Jetzt schweifst du ab. Liebknecht wollte am Schluß ein Sowjetsystem - und das in Zeiten als selbiges gerade eine Diktatur wurde. Was meinst du hätten die Demokraten tun sollen?
"Die Demokraten"? Sie hätten, wie es sich für eine Demokratie geziemt, die Dinge diskutieren und dann nach Mehrheitsbeschlüssen umsetzen müssen. Auch unter dem Aspekt, dass nicht alles gleichermaßen eintritt; ganz besonders, wenn man von Anfang an korrigierend agieren kann.
Mord als Teil der politischen Indoktrination ist einer Diktatur würdig. Niemals jedoch einer Demokratie. Die SPD-Eliten haben am Tag der DURCH SIE VERANLASSTEN Ermordung von Liebknecht und Luxemburg endgültig das Recht verwirkt, sich "Demokraten" nennen zu dürfen. Und das gilt bis zu ihrer Abkehr von der Verherrlichung jener, die an jenem Tag die Demokratie ermordeten.
Denn wir sollten nicht vergessen: Den Konservativen und Rechtsnationalen waren Liebknecht & Co. mit ihrem fast schon absolutistischen Ziel der (nahezu) vollständigen Enteignung der PM ein noch weitaus größerer Dorn im Auge. Doch nicht einmal sie wollten sich die Hände mit politischem Blut besudeln. Das überließen sie der zuverlässig willfährigen SPD-Elite.
All das gilt für "Liebknechts Ziele" genauso, wie für die "Agenda 2010", die von den SPD-Eliten - zum mittlerweile unzweifelhaft nachweislich einzigen Vorteil der Reichen - hinterrücks eingeführt und umgesetzt wurde. Beispielhaft hier steht der Mindestlohn als Vergleich: Dieser wurde über 6 - in Worten: sechs - Legislaturperioden diskutiert, bis er eingeführt wurde. Und selbst dann noch in einer Höhe, die schon zum Zeitpunkt der Einführung kaufkraftbereinigt an der westeuropäischen Untergrenze lag und nachweislich in Armut und insbesondere Altersarmut führen musste. Nicht so die Agenda 2010: Vor der Wahl kein Thema, noch nicht einmal ein rein theoretisches Gedankenspiel, wurde sie in Nacht-&-Nebel-Aktionen innerhalb nur einer einzigen Legislaturperiode vollständig eingeführt. Und sie war UM WELTEN KOMPLEXER, als etwa die "
leider sehr komplexe Berechnung der Mindestlohn-Grundlage", was die SPD stets als Hinderungsgrund für dessen alsbaldige Einführung vorschob, wenn sie sich gerade mal nicht hinter den Konservativen und Liberalen verstecken konnte.
Und das gilt auch für den aktuellen "Koalitionsvertrag", der abermals ein Symptom der "Ermordung der sozialen Demokraten" (nicht: "der Sozialdemokraten"; das ist ein himmelweiter Unterschied) ist: Praktisch NICHTS von dem, was die SPD bei den Wahlen vollmundig versprach, findet sich im Koalitionsvertrag als "verpflichtende Aufgabe" wieder. Bestenfalls steht da ein unverbindliches "
Wir wollen ..."; üblicherweise steht dort nur "
Lasst mal prüfen, was die Spatzen seit 30 Jahren vom Dach pfeifen!" Es ist ein Grundmuster der SPD. Seit gut 100 Jahren. Im traditionellen sozialdemokratischen Halbjahr vor den Wahlen ruft man sozialdemokratische Parolen, etwa "Bürgerversicherung!", "Erbschaftssteuer!" und "Vermögenssteuer!"; doch schon bei den Verhandlungen um die Posten und Pöstchen wird es stante pedes "vergessen": "
Könnten wir ..." - "
NIEMALS! Nur über unsere Leichen!" - "
Na gut, wir haben es wenigstens versucht. Das mit dem Ermorden machen wir nur bei eigenen Leuten, also fällt es aus."
Man kann es auch so ausdrücken:
Die SPD ist nachweislich die einzige Partei in Deutschland, die mit höchster Konsequenz nahezu ausschließlich ihre eigenen Wähler belügt und betrügt. Sie positionierte sich vor gut 100 Jahren als Steigbügelhalter der Konservativen und Rechtsnationalen. Und diese Position hat sie bis einschließlich heute nie mehr verlassen. Selten direkt; doch stets als serviler Katalysator. Und sie lernte nie, dass sie nur dienstbarer Geist ist, der nicht an den Tischen, an denen die Pfründe verteilt werden, gelitten wird. Nicht in der Weimarer Republik. Nicht an deren Ende, das die SPD aktiv mit herbeiführte. Und auch nicht in Zeiten der Bundesrepublik, wo sie diese Strategie fortsetzte und bis heute fortsetzt, wenn wir etwa - wohlgemerkt: beispielhaft für SPD-Eliten-Karrieren! - Hannelore Kraft, die nun, quasi "in der Blüte ihrer Jahre" und nachdem sie die SPD als Sprungbrett benutzt und fallengelassen hat, einen Aufsichtsratsposten in einem Steinkohlekonzern innehat.
Die SPD dient den eigenen Partei-Eliten also nahezu ausschließlich nur als Wirt für ihr eigenes parasitäres Dasein. Und die SPD-Mitglieder bezahlen's freudig ... mit ihrem Geld ... vor allem aber mit ihrer Würde.
Will die SPD also eine mittelfristige Zukunft haben, muss sie sich - natürlich unter Voraussetzung der Vermeidung des Fehlers, den die Partei-Eliten seit der Ermordung Liebknechts und Luxemburgs systematisch bei allen eigenen Problemlagen wiederholen - nur eine einzige Frage stellen: Braucht es tatsächlich eine fünfte "konservative Volks-Partei" in Deutschland; will das Volk, das immerhin noch - bisher unvermeidlich - zumindest alle vier Jahre an der "Demokratie" partizipieren darf, eine fünfte konservative Volkspartei haben? Die Antwort auf diese eine Frage gibt auch Antworten darauf, wie die Partei sich aufstellen muss: "Unverdrossen weiter so!", wie es bis heute getan wird. Oder eben radikaler(!), weil über die Jahrzehnte derart umfassend erforderlich gewordener, Schnitt und Rückbesinnung zumindest auf das Godesberger Programm als fundamentale Basis der Sozialdemokratie, als politisches Gegengewicht zum aristokratischen Konservativismus und als Rettung der Demokratie überhaupt."
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PS: Die Standard-Schriftgröße in dieser Plattform heraufzusetzen erhöht die Lesbarkeit insbesondere längerer und/oder pointierterer Einlassungen enorm. Aber das scheint mir - s.o. - nicht gewollt, richtig?!