Ganz klares Nein. Diese Geschichtsvermittlung war niemals "plakativ" und ohne "Facetten". Im Gegenteil: Wir lernten, dass der antifaschistische Widerstand weit über Stauffenberg und co. hinaus ging. Das wird heute ja meistens ausgeblendet, dass das schon eine sehr breite Bewegung war, wenn auch erfolglos, dass da auch Kommunisten, Sozialdemokraten und Kirchenleute an vorderster Stelle gegen die Nazis gekämpft haben, von denen der größte Teil im KZ landete. Nur wurden nicht alle gleichermaßen gewürdigt. Bis heute gibt es da Defizite. Niemand vermittelte da, dass der "einzige Antifaschismus der sozialistische" ist. Sorry, aber das ist so ein typisches Schwarz-Weiß-Klischee aus der Zeit des Kalten Krieges. Wer sich engagierte und wer das wollte, konnte vieles erfahren, lesen und sehen, über den Geschichtsunterricht hinaus. Und ganz sicher gab es in der DDR eine andere Aufarbeitung der Nazizeit als in der damaligen BRD. Ich sage gar nicht, die bessere. Einfach eine andere. Und weggelassen wurde da nichts. Das einzige, was Mitschüler oft kritisierten, war die Masse an Lehrveranstaltungen zum Antifaschismus. Das nervte dann einige und für die verkehrte sich die gute Absicht sicher ins Gegenteil. Bei mir war das nicht der Fall, da es meine Eltern und Lehrer gut verstanden, mich anhand von Einzelschicksalen (beschrieben in Literatur und Film) immer aufs Neue zu interessieren an diesem Thema. Besonders lehrreich, gut gemacht und erschütternd der US-Spielfilm mit internationaler Beteiligung, "Das Narrenschiff" (Regie Stanley Kramer). Oder auch der französische Film "Monsieur Klein" mit Delon oder "Das alte Gewehr" mit Romy Schneider und Philippe Noiret, Filme, die wir in den 60ern und 70ern neben vielen anderen, auch eigenen, im DDR-Kino sahen. Übrigens: Die kann ich heute immer noch wärmstens empfehlenEuropa2050 hat geschrieben:(15 Dec 2017, 09:29)
Ich weiß nicht so recht, habe natürlich auch weder den Geschichtsunterricht der DDR noch den der BRD der 60-er Jahre genossen.
Aber die Tatsache, dass der Nationalismus bis hin zu Faschismus im ehemaligen ComeCon (nicht nur in der EX-DDR) geradezu einen Lauf hat, ist doch beängstigend.
Ich denke schon, dass da dieses „Faschisten sind die anderen, wir sind die Guten“ mitgewirkt hat, dass man sich sehr plakativ mit dem Thema beschäftigt hat. Und eben die diversen Facetten neben Holocaust und Angriffskrieg nicht so beachtet hat. Und damit den Menschen suggeriert hat, dass sie, wenn sie diese beiden Schandtaten ablehnen (was ich auch fast jedem AfD-Sympatisanten zugestehe) können sie auch gar keine Faschisten sein.
Sind denn Facetten wie zum Beispiel Heinrich Brüning, Otto Wels, Ludwig Czech, Südtirolfrage, Hitler-Stalin-Pakt wirklich adäquat aufgearbeitet worden? Oder war der einzige Antifaschismus der sozialistische?
Bis 1968 gehe ich auch davon aus, dass in der DDR besser informiert wurde, danach denke ich aber hat sich in der BRD sehr viel gedreht. Ich fürchte trotzdem, das die „staatlich verordnete Unschuld“ ein Nährboden für die ein oder andere auch hier gelesene AfD-Argumentation ist.
Ist übrigens in anderer Form auch in Österreich und Italien zu sehen, die nach eigenem historischen Narrariv ja auch Opfer und nicht Täter waren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Narrenschiff_(Film)
https://de.wikipedia.org/wiki/Monsieur_Klein
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_alte_Gewehr
PS: Und was die Hinwendung zur AfD anbelangt, dafür muss man die Gründe vorwiegend nach der Wende suchen, in den gravierenden Fehlern des Einigungsprozesses, die massenhaft Leuten (nach einer kurzen revolutionären Wenden-Phase) den Eindruck vermittelten, dass sie niemand brauche, dass sie keine Mitsprache-Möglichkeiten hätten und dass "die da oben" sowieso nicht interessiert, was "das Volk" denkt... etcpp. Aber Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gab es natürlich auch in der DDR, genauso wie in Westdeutschland.