Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 12:03)
Sorry, ich glaube ich hatte falsch rübergebracht. Ich bin nicht derjenige, der rüber zeigt und meint "aber der Osten". Durch meine eigene Erfahrung in Leipzig aber auch weit in die Provinz hinein bis Döbeln weiß ich durchaus, das es dort auch "normale" Menschen gibt die die Mehrzahl bilden. Ich glaube nicht, das die bürgerliche Mitte dieses Problem bagatellisieren. Was mir in Leipzig, auch bei gebildeten Menschen im Gespräch aufgefallen ist, ist ein latenter Außländerunwohl. Die Mutter meiner damaligen Freundin meinte, das sie froh ist, das ihre Tochter keinen Ausländer heimgebracht hätte. Darauf entgegnete ich, das ich als Baier wohl sehr gut als Ausländer durchgehen würde. Aber das war schon eine sehr erkennbare Grenze. Nicht das es Mütter hier in Bayern nicht geben würde, die das meinen. Nur so offen ansprechen würde es hier keine. Zumindest nicht die ersten paar Mal.
Auf alle Fälle spielt dieser Umbruch, gerade im Arbeitsmarkt eine sehr große Rolle in der Radikalisierung einiger. Was mich aber verwundert ist eben die Tatsache, das in den Ländern, die halbwegs eine Arbeitsmarktsituation geschaffen haben die Radikalisierung größer ist oder spürbarer vorhanden. Natürlich rede ich hier von Sachsen und Thüringen und die beiden südlichen Regionen angrenzend von Brandenburg und Anhalt.
Dann kommt der Bruch mit der Vergangenheit, die Demokratie, die dann auch nicht wirklich das gehalten hat, was von selbiger erwartet wurde.
Die Demokratie lebt nicht von sich selbst. Und diese Erkenntnis ist glaub ich im Osten nicht so angekommen wie sie sich im Westen entwickeln konnte. Die Verwurzelung zwischen Demokratie vor Ort und den Vereinen, den jeweiligen sozialen Verbänden den Handwerkskammern und Industrievereinigungen hat im Osten keine Verwurzelung ( mehr ) da ja diese politischen Geschichten von der SED ja durchaus kritisch in Erinnerung waren.
In der alten Bundesrepublik hatten die Menschen mindestens 20 Jahre Vorsprung mit der innerstaatlichen Demokratie. Es bedurfte bei uns die Menschen, die im allgemeinen mit der Generation 68 umschrieben wird, die das lange Zeit getragen hatten.
Und das die SED bei den Menschen kein Vertrauen mehr hatte war nach Mielke keine große Überraschung, das Problem war eher, das sich circa 30 % in den neuen Bundesländern entpolitisiert hatten. Die PDS hat es lange Zeit verstanden zumindest das Ohr bei den Sorgen der meisten dieser Menschen zu haben und
hat meiner Meinung nach lange versucht diese der Politik mitzuteilen. Aber es gab halt auch, verständlicherweise, Menschen die ihre Sorgen eben nicht an die "ehemaligen Spitzel" anvertrauen konnten. Da aber halt auch die Kirche die 40 Jahre DDR nicht gut überstanden haben fehlte auch hier auf großer Fläche eine soziale Anlaufstation. So, jetzt gibt´s halt dann langsam nur noch die Wirtshäuser und Bier ist kein guter Begleiter bei politischen Diskussionen von sozial isolierten Menschen. Und dort denk ich, ist der Nährboden für das, was sich jetzt im Bundestag als AfD sammelt, natürlich auch mit Stimmen aus dem Westen und vor allem aus Bayern.
Natürlich, da bin ich vollkommen deiner Meinung. Und zwar sowohl wie auch. Einerseits ist da wieder diese Abneigung gegen politisch organisierter Arbeitnehmerschaft, somit die fehlende Weitergabe von Informationen an die Politik und auf der anderen Seite der Effekt, das es nicht die alte Bundesrepublik war, der sogenannte rheinische Kapitalismus, die die DDR einfach eingegliedert hat, sondern eine viel wirtschaftsliberalere Variante.
Es hieß 1998, die SPD hätte die Wahl vor allem im Osten gewonnen. Das stimmt. Helmuts Versprechungen haben nichts mehr gebracht, eine zweite rote Socken Kampagne ging schief und die Sozialdemokratie stellte den Kanzler. Also zusammen mit den neuen Bundesländern hat die Bundesrepublik dann das geschafft, was in einer Demokratie an sich normal sein sollte - den Machtwechsel durch Wahlen im Bund. Auf einmal war sie da, die Berliner Republik - und mit dem ganzen Strahlen durch dies und der ersten Regierung rot - grün schaute keiner auf die existierenden Probleme jenseits des Schmelztiegels Berlin.
Und wir wissen wie es weiterging, Schröder hatte es verstanden die Oder-Flut und die Irakpläne von Breznschorsch und schaffte mit Hilfe des Grünen Ströbele - dessen Direktmandat verhindert hat das die PDS mit drei Direktmandaten als Gruppe in den Bundestag zog - noch mal die Kanzlerschaft. Und dann kam Hartz.
Jetzt wurden die Menschen, gerade im Osten, ein zweites Mal verarscht. Statt der erwarteten staatlichen Wärme unter der SPD kam der Abstieg in H4. Das ist frustrierend. Und was machen diese Menschen? Es gibt einige, die zu Lafontaines Linken vertrauen finden, rechts fallen noch keine runter, es ist ja die SPD und dann kommt Merkel. Und Merkel hat es in den südlichen Ländern verstanden auf der wirtschaftlichen Erfolgswelle die aus den Hartz-Reformen entstanden sind zu reiten aber die Probleme die damit entstanden sind der SPD zuzuschieben. Dann kommt die Eurokrise mit Griechenland und den damit verbundenen Zahlungen aus der Regierungskasse. Und hier passiert ein Vorbeben, das ich erst in der Nachbetrachtung erkannt habe, und erzeugt den Anfang eines Risses bei den Konservativen der dann in der AfD münden sollte.
Es gibt eine Studie aus den 90ern, die hatte den etwas anrüchigen Namen "Rotlicht macht braun" - leider habe ich diese nicht mehr greifbar. Ich hoffe ich bekomme die nochmal, denn es war vor allem ein Teil, der mir besonders im Gedächtnis geblieben ist.
Die DDR war schon als Staatsräson verpflichtet antifaschistisch zu sein und war demnach nie zimperlich NS-Verbrecher zu verurteilen und auch bei jungen Menschen da schnell den Riegel vorgeschoben hat. Das Problematische an der Geschichte war, das die Jungen, die, und das ist nicht als Relativierung verstanden werden sondern als Maßstab an der Strafe, mal den rechten Arm gehoben haben, die kamen zusammen mit den alten Nazis. Und dort konnte sich Gedankengut konservieren und weitermittelt werden, Netzwerke geschaffen werden und, so seltsam es klingt, eine Art Paralellgeschellschaft dadurch aufgebaut haben. Und natürlich kannten die Spitzel die Menschen, ein Wissen, das später dann auch zur Verwicklung zwischen einigen Verfassungsschutzämtern, den V-Leuten und der rechten Szene führte. Das war ein Punkt, der vollkommend von den Bundesbehörden verpennt wurde.
Und natürlich gibt es bei der AfD Menschen, deren Verbindungen sich bis in diese Zeit zurückverfolgen lassen können. Und dafür werden sie gewählt, von denen, die sich offen undemokratisch Rechts geben.
Als letztes kommt natürlich die Entscheidung von 2015 hinzu. Und da hat es Tom Bombadil mir mal gut beschrieben - es wurde schnell geholfen, aber um die Hilfe an Teile der deutschen Bevölkerung kümmerte sich niemand. ( Als Gefühl !! Keine Wertung )
Und genau da punktete dann die AfD. Nährboden. Kohl abgewählt - nix gebracht, SPD gewählt Hartz IV bekommen. Nach 45 erfolglosen Bewerbungen apathisch geworden. Abgehängt worden. Und was macht Mutti? Lässt die ganzen Ausländer rein und die bekommen sofort alles........
Was genau unter König Kurt nicht funktioniert hat, möchte ich auch mal gerne wissen. Es kann doch niemand behaupten, das es unbekannt war, das gerade in Sachsen der Rechtsextremismus tiefer verwurzelt war als woanders. Kopernikus, hier unser alter Vorstand und Moderator, kam aus dem braunen Dreieck, wie er es gerne geschildert hat. Irgendwo Freiberg. Der meinte auch, das in den Bergen die Nationalen wirklich stark vertreten waren.
Also, warum wurde diese Szene vom Verfassungsschutz nicht genauer, nicht stringenter überwacht? Keine Ahnung.´
Leipzig ist wirklich dahingehend ein gutes Vorbild. Ich erinnere mich noch an diesen Legida Tag Anfang 2015. Zum Glück wars es danach.
Es ist nicht nur in der ehemaligen DDR nach 1990 vieles schief gelaufen, sondern im gesamten RGW-Raum. Ursache waren meiner Meinung nach auch die völlig überzogenen Erwartungen in den Ostblockländern, die auf verantwortungslose Versprecherei der westlichen Staaten basierte. Teilweise herrschten da kindische Vorstellungen über den "Goldenen Westen". Man hat 1990 geglaubt, jetzt bräche der pure Luxus aus. Und zwar gratis und ohne eigenes Zutun. Sich einfach mal bedienen lassen... Als das nicht kam, wurde man sauer.
König Kurt hat aus meiner Sicht in Sachsen den Fehler begangen, alles mit Geld lösen zu wollen. Gleichzeitig wurde die Vergangenheit glorifiziert - besonders in Dresden. Nur war das alte Dresden im Februar 1945 untergegangen. Man holt aber nicht die Vergangenheit zurück. Das kann nicht funktionieren, weil es der heutigen Lebensrealität nicht entspricht.