VR China oder die USA - kommt eine Hegemoniaablöse?

[streicher]

VR China wird immer wieder mal als der kommende Hegemon behandelt, der die USA ablösen wird. Wie seht ihr das?

[Tom Bombadil]

Solamge der Dollar die Weltwährung ist, solange bleiben die USA #1. Daran ändert auch Chinas gigantisches Dollarvermögen nichts, sie können es schlichtweg nicht in großen Mengen verwerten.

[Enas Yorl]

Ich bezweifle das die Zukunft eine neue Hegemonie bringt. China fehlt es an gleichgesinnten Verbündeten, gerade in der westlichen Welt. Die USA unter Trump, schaffen es gerade, das sich ihre Verbündeten emanzipieren. Russland wird als Macht wohl weiter auf der Stelle treten. Während eine Vielzahl von Schwellenländer wie Indien, Pakistan, Indonesien oder Brasilien zunehmend selbstbewusster global auftreten. Im Nahen Osten spielen die Türkei, Iran und Saudi Arabien längst ihr eigenes Machtspielchen. Das sind schlechte Bedingungen für eine Hegemonie. Ich würde eher davon ausgehen, das sich die USA und China in Zukunft schwerer tun werden, ihre Vormachtstellung auszuspielen.

[keinproblem]

Das stärkste Regime wird wohl bald das in Peking sein, die unipolare Weltordnung zugunsten D.C's. geht zu Ende und das weiß eigentlich auch jeder der dort Politik macht. Ich denke nicht, dass China sich eine Hegemonialstellung wie die der Amerikaner nach Ende des 2. Weltkriegs aufbauen kann, sondern eher, dass Xi Jinping unter einer multipolar funktionierenden Welt der stärkste auf dem Pausenhof sein wird. Vor allem die Fähigkeit, über mehrere Jahrzehnte hinweg strategische Pläne verfolgen zu können, die der eher taktischen Regierungsclique Washingtons abhanden gekommen zu sein scheint, macht die Volksrepublik überlegen.
Die ICBC ist übrigens auch nicht erst seit gestern die größte Bank der Menschheit, sondern hat schon vor elf Jahren die Citigroup abgelöst. In einer Welt, in der jeder Kontinent mindestens einen überregional agierenden Hegemon hat ist imho sowieso viel weniger die militärische Stärke (China hat das personell größte Heer des Planeten), also hard power von entscheidender Bedeutung, sondern vielmehr soft power, also subversive Methoden. Die stetig wachsenden Investitionen in afrikanische Länder sind bei weitem effektiver, als jedes Regime indirekt oder direkt mit Gewalt zu bedrohen (es sei noch einmal angemerkt, dass man alleine schon die Bodenschätze der DR Kongo auf einen Wert von ca. 24 Billionen US-Dollar schätzt). Es wird bestimmt faszinierend sein zu sehen, ob sich afrikanische Eliten weiterhin von primär europäischer "Entwicklungshilfe" einkaufen lassen, oder ob diese lieber einen großen Kumpel wählen der ihnen Infrastruktur hinzimmert, Arbeitsplätze schafft und auf lange Sicht bei der Generierung einer Mittelschicht hilft, wenn man zudem als Präsident und Minister den selben Lebensstandard genießen kann.
Wer ab und an mal euronews schaut oder deren Ableger "africanews" liest wird schon bemerkt haben, wie eifrig man in Lyon versucht Chinas zunehmende Einflussnahme in Europas Hinterhof zu dämonisieren (nicht falsch verstehen, bin von beiden Kolonialismusansätzen alles andere als begeistert). An Diamanten, Gold, Kobalt, Uran, Bauxit, Silber und vor allem den berühmt berüchtigten seltenen Erden, wird der Anstieg des Bedarfs dieses Jahrhundert wohl kaum ablfachen, der von Erdöl hingegen schon.

Was ich persönlich aber am interessantesten finde ist der Staatskapitalismus der Republik. Wenn Megakonzerne wie alphabet, facebook oder Microsoft ihren Sitz in einer strikt hierarchischen Diktatur hätten, hätte entsprechende Regierung selbstredend deutlich intensivere Druckmittel zur Verfügung als sie die USA zur Zeit wegen verfassungsmäßigen Vorgaben haben. In vielen technologischen Bereichen hat China übrigens die transatlantische Produktion nicht nur eingeholt, sondern sogar überholt.

Mein Fazit also: China wird die USA wohl als führender Hegemon ablösen, jedoch zu unserem Glück in einer hoffentlich dezentraleren, multipolaren Welt.

[Tom Bombadil]

Wishful thinking Enas Yorl's Meinung ist imho deutlich wahrscheinlicher.