https://refugeesmigrants.un.org/sites/d ... raft_0.pdf
Edit: Hier die deutsche Fassung, Danke an @immernoch_ratlos: "Zwischenstaatliche Konferenz zur Annahme des Globalen Paktes für eine sichere, geordnete und reguläre Migration" (32 Seiten)
Die USA unter Trump lehnen das Abkommen ab, aus Ungarn, Österreich und der Schweiz sind ebenfalls kritische Töne zu hören, andere werden möglicherweise dazukommen. Bislang hat aber eine sehr breite Mehrheit der Staaten ihre Zustimmung signalisiert.
Es geht um Migranten - nicht Flüchtlinge im (engeren) Sinne der GFK - und handelt sich um eine rechtlich nicht bindende Absichtserklärung, Migration als existenten globalen Prozeß besser zu steuern und zu managen. Sie besteht aus hauptsächlich erst mal aus sehr vielen auf dem Papier wohlklingenden Worten und relativ wenig konkreten Maßnahmen dahinter, das ist bei UN-Erklärungen in der Regel so und wäre auch nicht unbedingt Anlaß zu umfassenden Hoffnungen wie Befürchtungen. Da aber diese Erklärung in letzter Zeit in sehr aufgeregter Weise in gewissen Medien, im Netz und auch in diesem Forum als Scheckensszenario dargestellt wird, möchte ich mit diesem Strang mal versuchen, etwas mehr Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen.
Das Wichtigste überhaupt: Lesen, selbst lesen, genau lesen, und sich ein eigenes Urteil bilden. Und nicht irgendwelchen wilden Interpretationen und Verschwörungstheorien von irgendwelchen Schreiberlingen vertrauen. Es handelt sich um 34 Seiten. Die zumindest alle zu überfliegen, ist zu schaffen, und die Zeit sollte man sich nehmen, wenn man wirklich mitreden will.
Eine der wichtigsten Feststellungen zuerst, dieses Abkommen greift NICHT in die Souveränität der Nationalstaaten ein, selbst zu entscheiden, welche Migranten man haben will.
Was "reguläre" und was "irreguläre" Migration ist, wird in dem Papier nirgends definiert. Damit gilt die Definition der aufnehmenden Staaten und nichts anderes.The Global Compact reaffirms the sovereign right of States to determine their national migration policy and their prerogative to govern migration within their jurisdiction, in conformity with international law. Within their sovereign jurisdiction, States may distinguish between regular and irregular migration status, including as they determine their legislative and policy measures for the implementation of the Global Compact, taking into account different national realities, policies, priorities and requirements for entry, residence and work, in accordance with international law.
Worum geht es also? Ich zitiere mal stellvertretend für alles andere die 23 "Objectives & Commitments":
Wer sich für einzelne dieser Bereiche näher interessiert, kann das ja dann selbst nachlesen und hier darauf Bezug nehmen. Aus meiner Sicht liegt der Schwerpunkt vor allem auf der besseren und koordinierteren Steuerung eines sowieso vorhandenen Prozesses - Migration hat es immer gegeben und wird es immer geben. Fluchtursachen und illegrale Migrationsmethoden und -wege sollen reduziert werden, inclusive Grenzsicherung, legale Migration soll geordnet ablaufen und der Nutzen von Migration im Sinne ua. der Bedienung von lokalem Arbeitskräftebedarf soll gefördert werden.(1) Collect and utilize accurate and disaggregated data as a basis for evidence-based policies
(2) Minimize the adverse drivers and structural factors that compel people to leave their country of origin
(3) Provide accurate and timely information at all stages of migration
(4) Ensure that all migrants have proof of legal identity and adequate documentation
(5) Enhance availability and flexibility of pathways for regular migration
(6) Facilitate fair and ethical recruitment and safeguard conditions that ensure decent work
(7) Address and reduce vulnerabilities in migration
(8) Save lives and establish coordinated international efforts on missing migrants
(9) Strengthen the transnational response to smuggling of migrants
(10) Prevent, combat and eradicate trafficking in persons in the context of international migration
(11) Manage borders in an integrated, secure and coordinated manner
(12) Strengthen certainty and predictability in migration procedures for appropriate screening, assessment and referral
(13) Use migration detention only as a measure of last resort and work towards alternatives
(14) Enhance consular protection, assistance and cooperation throughout the migration cycle
(15) Provide access to basic services for migrants
(16) Empower migrants and societies to realize full inclusion and social cohesion
(17) Eliminate all forms of discrimination and promote evidence-based public discourse to shape perceptions of migration
(18) Invest in skills development and facilitate mutual recognition of skills, qualifications and competences
(19) Create conditions for migrants and diasporas to fully contribute to sustainable development in all countries
(20) Promote faster, safer and cheaper transfer of remittances and foster financial inclusion of migrants
(21) Cooperate in facilitating safe and dignified return and readmission, as well as sustainable reintegration
(22) Establish mechanisms for the portability of social security entitlements and earned benefits
(23) Strengthen international cooperation and global partnerships for safe, orderly and regular migration
Ich sehe hier nichts, worüber man sich sonderlich aufregen müsste. Daher erlaube ich mir mal, hier eine dieser wilden Interpretationen im Netz aufzugreifen, von der ich den Eindruck habe, dass sie von mehreren hier im Forum rezipiert wurde.
https://www.journalistenwatch.com/2018/ ... eichische/[...] Dieser soll zukünftig die globale Migration regeln und es Migranten ermöglichen,sich „aufgrund ihrer eigens getroffenen Wahl und nicht aufgrund einer entstandenen Notwendigkeit” zu bewegen. Migration soll im Gegenzug von jenen Ländern, die von der UN als Migrationsziel bestimmt werden – also vornehmlich Deutschland – als “Chance und unausweichliches Schicksal“ verstanden werden. Die „Rahmenbedinungen“ hierfür – Kritik daran unter Strafe zu stellen oder Mirgranten den uneingeschränkte Zugang zu den sozialen Systemen zu ermöglichen – ist in diesem fatalen Pakt ebenfalls festgeschrieben.
Das ist, von den diversen Rechtschreibfehlern abgesehen, blanker Unsinn. Nehmen wir das mal auseinander:
1. Nirgends im Dokument wird festgeschrieben, dass Migranten von den aufnehmenden Ländern als "unausweichliches Schicksal" zu sehen seien. Wie ich oben erläutert und mit Zitat begründet habe, gilt das Vorrecht der Nationalstaaten, zu entscheiden, wen man aufnimmt und wen nicht.
2. Nirgends im Dokument wird Migranten der "uneingeschränkte Zugang zu den sozialen Systemen" garantiert. Sie sollen Zugang zu "Basic Services" erhalten, siehe (15) unter den og 23 Zielen. Darunter werden im UN-Kontext üblicherweise Unterkunft, Essen, Trinken und elementare medizinische Versorgung verstanden, mehr nicht. Wer hier wollte Migranten diese verweigern?
3. Nirgends in dem Dokument wird die bloße Kritik an der Migrationspolitik "unter Strafe gestellt". Was verfolgt werden soll, sind Diskriminierungen, Rassismus und Gewalt (Punkt (17)). Ich persönlich halte nicht allzu viel von zu weitgehenden Gesetzen in dieser Richtung, Stichwort "Hatespeech". Das ist ein Thema für sich, es geht aber jedenfalls um was anderes als um bloße Kritik an der Migrationspolitik.
Sollte ich hier irren und irgendeinen gefährlichen Nebensatz im Dokument überlesen haben, bitte ich um entsprechende Hinweise.
Worüber man ansonsten von mir aus diskutieren kann, ist, dass Migration in dem Papier von der Tonlage als etwas grundsätzlich Positives rüberkommt und die Probleme in den aufnehmenden Ländern wenig thematisiert bzw nur angedeutet werden ("Nonetheless, migration undeniably affects our countries, communities, migrants and their families in very different and sometimes unpredictable ways."). Das sehe ich etwas anders, Migration hat positive und negative Aspekte, ist ein Prozess mit offenem Ausgang und kann in Summe auch sehr nachteilig für das aufnehmende Land sein. Man hätte auch etwas mehr auf die Verpflichtungen der Migranten selbst, sich an Gesetze und Bestimmungen der aufnehmenden Staaten zu halten und aktiv um Integration zu bemühen, eingehen können. Die Tonlage des Papiers kann man kritisieren, aber dabei bitte auf dem Teppich bleiben. Danke.