How to: Entwicklungshilfe

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hallelujah
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von hallelujah »

Brainiac hat geschrieben:(22 Mar 2017, 20:51)


Mein persönliches Fazit besteht derzeit darin, so weit wie möglich Hilfsaktivitäten nicht selbst zu konzipieren, sondern vor allem auf Wünsche der Einheimischen (Regierende, Verwaltung, Unternehmer, Bürger) einzugehen. Dies kann man von Dingen wie Good Governance abhängig machen. Dafür muss man natürlich etwas zurückstecken und kann keine grossartigen Ziele formulieren.

Welche Wege der Entwicklungshilfe hält die Userschaft für nutzbringend?


Nun, Voraussetzung für Entwicklungshilfe ist ein einigermaßen funktionierendes Staatswesen. Sieht damit in den ärmsten Ländern Afrikas nicht gerade rosig aus.
Korruption, Bürgerkrieg, fehlende Kooperationsbereitschaft der Regierung mit den NGOs -> da kann Hilfe nur Not lindern, aber keine Nachhaltigkeit aufbauen.
Gäbe es einen Gott, hätte er keine Religionen erschaffen.
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3x schwarzer Kater
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

watisdatdenn? hat geschrieben:(23 Mar 2017, 19:21)

Bei über 30.000 usd bip/Einwohner ist es selbstverständlich ein "erste Welt Land" und nicht nur "teilweise" eine industrienation.
Geht man rein nach dem BIP, stimmt das natürlich. Aber es gibt keine einheitliche Definition für Schwellenländer. Je nachdem welche Kritierien angesetzt werden findet sich das Land in den entsprechenden Listen eben manchmal unter den Industrieländern und manchmal eben noch bei den Schwellenländern. Darauf zielte meine Anmerkung ab.
Ist aber sowieso nebensächlich für die Diskussion. Dass die wirtschaftliche Entwicklung in Südkorea aussergewöhnlich gut und beispielhaft ist, steht sowieso außer Frage.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Ger9374 »

Da braucht es Infrastruktur, politische Stabilität,
Rechtssicherheit, Kampf gegen Korruption.
Alles das was woanders selbstverständlich ist.
Klimaschwankungen , Umweltschutz, Gesundheitssystem das funktioniert.
Politischer Wille der Amtsträger. Ausnahme ist da wohl Südafrika. Bemerkenswert auch die Entwicklung Israels.
Afrika fehlt eigener unbedingter Wille, für mich
leider ein negativ Beispiel wie Entwicklungshilfe. über Jahrzehnte versandet.Da reicht auch die viel zitierte Bildung dann nicht.
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H2O
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von H2O »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(23 Mar 2017, 18:03)

Aber durchaus interessant und auch diskussionswürdig. Ich hab hier leider auch keinen Plan, da ich mich damit noch nicht näher beschäftigt habe.
Vielleicht hilft es mal einen Blick ehemalige Entwicklungsländer zu werfen. Südkorea z.B. Das war in den 60ern eines der ärmsten Länder. Bis 1990 galt es als Entwicklungsland, dann als Schwellenland. Mittlerweile spricht man teilweise schon von einer Industrienation. In meinen Augen ein sehr schneller Wandel und auch ein erfolgreicher.
Süd-Korea kenne ich aus der (dienstlichen) Nahansicht. Das Land hatte ähnlich wie Japan große Familien, die sich mit einem bunten Gemischtwarenladen allmählich zu großen Unternehmen hoch arbeiteten. Mir fallen sofort SAMSUNG, LG, HYUNDAI, DAEWOO ein. Bestimmt habe ich einen oder sogar mehrere ganz Große vergessen... aber das ist nicht so entscheidend. Wichtig ist aber, daß ab 1965 (PI mal Daumen) Großaufträge nach Europa gingen, die stets von einem know-how-Paket vertraglich begleitet wurden. Das beste Angebot war vermutlich das mit dem größten know-how-Übertrag. Zugleich stellte der Staat erhebliche Mittel bereit, seinen besten Schülern zu einem Studium in Europa und USA zu verhelfen. Die Rückkehrer wurden in staatlichen Instituten tätig, übernahmen dort Führungsfunktionen. Jungen akademischen Mitarbeitern wurde der Militärdienst erlassen; dafür wussten sie aber auch, daß sie dort keine Lebensstellung antraten. Eine Bestenauslese sorgte für möglichst viele Promotionen je Institut. Bewährte Institutsleiter übernahmen Professuren an den neu errichteten Hochschulen des Landes oder Führungsfunktionen in den Großkonzernen. Eine solche Dichte an promovierten Führungskräften wie in Süd-Korea ist mir weltweit nicht noch einmal begegnet.

Staat und Industrie Süd-Koreas sind also äußerst planvoll zu Werke gegangen. Hinzu kommt, daß Lehrer und Bildung sich einer sehr großen Wertschätzung erfreuen. Eltern üben unfaßbaren Druck auf den Nachwuchs aus, damit der die hohen Anforderungen der Schule möglichst mit Auszeichnung erfüllt. Ein Zeugnis dieses äußerst harten Drills ist der Dauerspitzenplatz süd-koreanischer Schüler in PISA-Vergleichen.

Nun folgt aus meiner Sicht heraus der Versuch, auf fast allen Gebieten der Technik in die Weltspitze vor zu dringen. Ich zweifele nicht daran, daß Süd-Korea dies auch mit eiserner Energie gelingen wird. Denn es ist nicht zu erkennen, daß dort eine Zeit der Verweichlichung begonnen hätte. Süd-Korea ist ein Industriestaat. Mit dem Export von Ginsengwurzeln macht das Land die geringeren Umsätze...

Ich kann nicht begreifen, weshalb dieser "kleine Tiger" so unterschätzt wird!
Zuletzt geändert von H2O am Do 23. Mär 2017, 20:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

Jede Entwicklungshilfe ist letztlich Rassismus, denn es MUSS, bei dem Terminus Entwicklungshilfe, als "Hilfe zur Entwicklung", davon ausgegangen werden, dass der Entwicklungsstand des Azubis unter der eigenen Norm ist.
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von hallelujah »

ThorsHamar hat geschrieben:(23 Mar 2017, 20:03)

Jede Entwicklungshilfe ist letztlich Rassismus, denn es MUSS, bei dem Terminus Entwicklungshilfe, als "Hilfe zur Entwicklung", davon ausgegangen werden, dass der Entwicklungsstand des Azubis unter der eigenen Norm ist.


Du hast Sorgen...
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von watisdatdenn? »

H2O hat geschrieben:(23 Mar 2017, 20:01)
Wichtig ist aber, daß ab 1965 (PI mal Daumen) Großaufträge nach Europa gingen, die stets von einem know-how-Paket vertraglich begleitet wurden. Das beste Angebot war vermutlich das mit dem größten know-how-Übertrag. Zugleich stellte der Staat erhebliche Mittel bereit, seinen besten Schülern zu einem Studium in Europa und USA zu verhelfen. Die Rückkehrer wurden in staatlichen Instituten tätig, übernahmen dort Führungsfunktionen. Jungen akademischen Mitarbeitern wurde der Militärdienst erlassen; dafür wussten sie aber auch, daß sie dort keine Lebensstellung antraten. Eine Bestenauslese sorgte für möglichst viele Promotionen je Institut. Bewährte Institutsleiter übernahmen Professuren an den neu errichteten Hochschulen des Landes oder Führungsfunktionen in den Großkonzernen.
Vielen Dank für das Teilen ihrer Lebenserfahrung und die Einblicke in die südkoreanische Entwicklung.

Da haben wir doch schon mal eine Anleitung für afrikanische Länder wie es funktioniert. Sie müssen es einfach nur tun.
Was hindert die afrikanischen Länder daran?
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von jack000 »

Brainiac hat geschrieben:(22 Mar 2017, 20:51)Mein persönliches Fazit besteht derzeit darin, so weit wie möglich Hilfsaktivitäten nicht selbst zu konzipieren, sondern vor allem auf Wünsche der Einheimischen (Regierende, Verwaltung, Unternehmer, Bürger) einzugehen. Dies kann man von Dingen wie Good Governance abhängig machen. Dafür muss man natürlich etwas zurückstecken und kann keine grossartigen Ziele formulieren.

Welche Wege der Entwicklungshilfe hält die Userschaft für nutzbringend?

(Beim Kollegen jack000 weiss ich es bereits: Investitionen in die Infrastruktur. http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... &p=1324963 Die ist aber nicht alles, und kann auch den Bach runter gehen, wenn sie nicht vernünftig erhalten wird.)
Generell muss das ganze so organisiert werden das die Hilfen nachhaltig sind. Bei der von mir geposteten Strasse hat dieses seine entsprechenden positiven Folgen gehabt.
Es müssen da auch Einheimische beim Bau dabei sein (Ich gehe auch davon auch das dem so gewesen ist) so das Instandhaltung/Wartung (Und sogar Ausbau) ohne fremde Einflüsse gewährleistet wird.

Zusätzlich zu der Infrastruktur muss Bildung kommen und da sehe ich in erster Linie die Bildung von Frauen, da diese ihre Bildung an die Kinder (Mädchen und Jungs) weiter geben, bzw. auch dann die Kontrolle über die Zahl der Kinder haben werden ...
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von H2O »

watisdatdenn? hat geschrieben:(23 Mar 2017, 20:40)

Vielen Dank für das Teilen ihrer Lebenserfahrung und die Einblicke in die südkoreanische Entwicklung.

Da haben wir doch schon mal eine Anleitung für afrikanische Länder wie es funktioniert. Sie müssen es einfach nur tun.
Was hindert die afrikanischen Länder daran?
Eine reichlich mit Nahrung aufwartende afrikanische Natur; Sie müssen sich die Lebensbedingungen auf der koreanischen Halbinsel einmal ansehen: Gebirgig, im Winter bitter kalt, im Sommer brüllend warm. Große Eroberungskriege mit China und Japan; die hohe Klasse Japans stammt aus Korea... das will dort nur niemand so genau wissen.

Eine teilweise glanzvolle Geschichte von Königreichen. Hier denkt man immer an die Versklavung durch Japan. Aber da gab es auch fruchtbaren Austausch mit Japan und China. Der unbeirrbare Lerneifer und das stetige Bemühen, gute Dinge besser zu machen. Damit hat uns Japan in vielen Bereichen übertroffen, und Korea ist dabei, es Japan gleich zu tun.

Vor allem aber dieser unermüdliche Lerneifer... ob nun Technik oder Musikdarbietungen.

Leider kenne ich in Afrika aus eigener Anschauung nur Ägypten; als ich ein Junge war, lebten dort vielleicht 30 Mio Menschen. Heute wollen dort 90 Mio ernährt und gekleidet werden und wohnen. Kein Wunder, daß der einzelne Normalverbraucher dort auf keinen grünen Zweig kommt. Der weltoffene Lerneifer und auch notfalls die Nachahmung erfolgreicher Gesellschaften wie in Korea... das werden Sie dort eher nicht antreffen.

Das Kontrastprogramm liegt schräg gegenüber. Nun ist Israel kein Entwicklungsland, und ganz bestimmt haben die Menschen dort viel Wissen und Können aus Europa mitgebracht. Aber der Lerneifer der Juden und ihre Wertschätzung für Bildung und Wissenschaft sind doch legendär. Das so erworbene Können bildet das Rückgrat der israelischen Wirtschaft.

Eigentlich ist nach dem Gesagten ganz gut zu erkennen, was die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg eines Volkes ist: Bildung, Bildung und noch einmal Bildung in praktischer Anwendung. Nicht Schlips und weißer Kragen und tolle Titel, sondern zupacken und machen!
odiug

Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von odiug »

Na bei Korea, sued-Korea kommt natuerlich der Korea-Krieg und die amerikanische ... ist keine Besatzung, laeuft aber auf das Gleiche hinaus ... also Besatzung im kalten Krieg gegen die Chinesen und den kommunistischen Norden hinzu.
Das war kein Stellvertreter Krieg, sondern da standen sich die Supermaechte, China, UdSSR direkt den Amis gegenueber.
So bloed das klingen mag, aber im kalten Krieg half das.
Zumindest denen, die auf der richtigen Seite waren.

Ich bin aber vorsichtig den Koreanern, den Asiaten allgemein einen irgendwie besseren Nationalcharakter zuzuschreiben, die sie erfolgreicher als andere machen, besonders gegenueber den Afrikanern.
Die Bedingungen sind andere ... und sind die Bedingungen in Asien falsch, dann sieht es trotz des Fleisses und der Begeisterung fuer Bildung auch in Asien nicht gut aus ... siehe Nord Korea.

Das erste und aller Wichtigste in Afrika ist es, die zahlreichen Kriege zu beenden.
Wie ?
Keine Ahnung :(
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Europa2050 »

odiug hat geschrieben:(23 Mar 2017, 22:06)

Na bei Korea, sued-Korea kommt natuerlich der Korea-Krieg und die amerikanische ... ist keine Besatzung, laeuft aber auf das Gleiche hinaus ... also Besatzung im kalten Krieg gegen die Chinesen und den kommunistischen Norden hinzu.
Das war kein Stellvertreter Krieg, sondern da standen sich die Supermaechte, China, UdSSR direkt den Amis gegenueber.
So bloed das klingen mag, aber im kalten Krieg half das.
Zumindest denen, die auf der richtigen Seite waren.

Ich vorsichtig den Koreanern, den Asiaten allgemein einen irgendwie besseren Nationalcharakter zuzuschreiben, die sie erfolgreicher als andere machen, besonders als Afrikanern.
Die Bedingungen sind andere ... und sind die Bedingungen in Asien falsch, dann sieht es trotz des Fleisses und der Begeisterung fuer Bildung auch in Asien nicht gut aus ... siehe Nord Korea.
Da gebe ich dir recht, für Fleiß und Bildung ist Nordkorea durchaus schon ein Beispiel. Nur eben auch für die Fehlentwicklungen einer Diktatur.
Nordkoreas Leistungen auf dem Militärsektor sind hirnrissig und krank, beachtlich sind sie trotzdem, liegen sie doch auf dem Niveau der Grossmächte.
Nordkorea wäre bei einem politischen Umschwung binnen kürzester Zeit kein Problemfall mehr.

Asiaten sind - kulturell betrachtet - Kämpfer.
Europäer (und Amerikaner) - Tüftler/Denker
und Afrikaner eher fatalistisch, wobei es wohl keinen Unterschied macht, ob sie islamisch oder katholisch sind.
Wobei das m.E. nur kulturell und nicht etwa genetisch ist, d.h. entwickelbar.

Immerhin war die islamische Welt vor 1000
Jahren der christlichen um mindestens 200 Jahre voraus und auch Afrika (Mali...) stand gut da. Dann hat bekam jedoch in Europa die Politik die Oberhand über die Religion und die Verhältnisse drehten sich.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Odin1506 »

Brainiac hat geschrieben:(22 Mar 2017, 20:51)

Angeregt durch einige Posts im Sammelstrang Flüchtlinge möchte ich das Thema mal grundsätzlich aufgreifen. Es ist ja Fakt, dass eine Menge Mrd. Dollar, Euro etc. in Entwicklungshilfe investiert wurden und werden, jedoch mit begrenztem Erfolg, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Im Sammelstrang Flüchtlinge wurde auch die Meinung geäußert, der Misserfolg sei u.a. darin begründet, dass die Entwicklungshilfe gar nicht ehrlich gemeint sei, sondern vor allem zur Auftragsbeschaffung westlicher (u.a. deutscher) Firmen diene. Ich kenne mich im Thema theoretisch wie praktisch (vor Ort) ein wenig aus und halte diese Ansicht in dieser Pauschalität für falsch. M.E. besteht das Problem eher darin, dass alles, was innerhalb eines Entwicklungsprojekts investiert wird, nicht organisch aus dem dortigen Land heraus gewachsen und somit nicht nachhaltig ist. Ich selbst habe z.B. Mitarbeiter einer lokalen NGO in Excel trainiert. Ich habe natürlich auch versucht, Projekte aufzusetzen, in denen dieses Wissen nutzbringend eingesetzt werden könnte, auch über meine Anwesenheit hinaus. Was davon noch existiert und lebt, weiss ich leider nicht.

Mein persönliches Fazit besteht derzeit darin, so weit wie möglich Hilfsaktivitäten nicht selbst zu konzipieren, sondern vor allem auf Wünsche der Einheimischen (Regierende, Verwaltung, Unternehmer, Bürger) einzugehen. Dies kann man von Dingen wie Good Governance abhängig machen. Dafür muss man natürlich etwas zurückstecken und kann keine grossartigen Ziele formulieren.

Welche Wege der Entwicklungshilfe hält die Userschaft für nutzbringend?

(Beim Kollegen jack000 weiss ich es bereits: Investitionen in die Infrastruktur. http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... &p=1324963 Die ist aber nicht alles, und kann auch den Bach runter gehen, wenn sie nicht vernünftig erhalten wird.)
Ich bin der Meinung, das Geld sehr ungeeignet ist als Entwicklungshilfe.
Wenn man Geld in die Entwicklungsländer schickt/überweist verschwindet das meiste Geld in irgentwelche dunklen Kanälen.
Entwicklungshilfe steht meines Erachtens nach die Wirtschaft des Entwicklungslandes soweit aufzubauen, bis es sich selber versorgen kann.
Ich bin keine Signatur, ich putze hier nur!!! :p
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Quatschki »

Brainiac hat geschrieben:(23 Mar 2017, 18:41)
Andererseits ist ein Brain Drain bei Ländern wie Nigeria wohl kaum möglich, die haben ja fast unendlich viele junge Menschen.
Weißt du überhaupt,was "Brain Drain" bedeutet?
Gerade dann, wenn man unendlich viele junge Menschen hat, ist der Weggang oder die Nichtrückkehr jedes Klugen, der den anderen etwas beibringen kann, doppelt schlimm!

Wenn die Menschen nur von der Hungerhilfe durchgefüttert werden, dann verdummen die Gesellschaften nach ein zwei Generationen und dann hat man so Staaten wie Haiti, wo sich die Intelligenz des größten Teils der Bevölkerung auf einem infantilen Niveau bewegt und der Aberglauben die merkwürdigsten Blüten treibt.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

H2O hat geschrieben:(23 Mar 2017, 18:54)

Aus meiner etwas tiefer gehenden Beschäftigung mit dem Thema "Polen" ziehe ich folgende Erkenntnis: Der Vorwurf, daß die Geberländer von Entwicklungshilfe doch nur selbst davon Vorteile haben, ist doch gar nicht so aufregend neu. In Polen gibt es öffentlich geäußerte Meinungen, daß die Regionalen Entwicklungshilfen im wesentlichen der EU und insbesondere Deutschland nützen. Aber gottlob ist die Meinung der Mehrheit ganz anders und überaus anerkennend. Über die abwertende Meinung ärgere ich mich hier aber mehr als ich mich über die anerkennende freue...

Hier in Polen kann man die erstaunliche Aufbauleistung bewundern, die mit Hilfe des Regionalfonds vollbracht wurden. Überall findet man diese Hinweistafeln... "Tue Gutes und rede darüber!"

Wir sind uns aber wohl einig, dass Polen von einem anderen Niveau aus gestartet ist, als fast alle afrikanischen Länder.
Wie weit vergleichbare Maßnahmen auch in der Entwicklungshilfe zu Anerkennung führen, das kann ich nicht sagen. Böse Gerüchte in Europa und den USA sagen aber, daß die Mittel zu oft in völlig undurchsichtigen Kanälen verschwinden, und daß zu viele mit großer Anstrengung hergerichtete Einrichtungen nicht gepflegt und schlicht verbraucht werden. Etliche Jahre später sei das Zeug im Sand verweht oder als Altmetall entsorgt. Aus meiner Sicht nicht verwunderlich, wenn in korrupten Staatswesen oder Staatswesen ohne geordnete Verwaltung solche Einrichtungen hingestellt werden.

Ich glaube deshalb, daß Ihr eigenes Empfinden Sie nicht trügt, und daß man Entwicklungshilfe nur dort leisten sollte, wo Gute Regierungsführung auch langfristig dafür sorgt, daß öffentliche Einrichtungen gepflegt und erhalten werden.

Ja. Allerdings muss man dann dem Vorwurf begegnen, man mische sich in die inneren Angelegenheiten des Landes ein (durch Belohnung von guter Regierungsführung). Muss man aber meiner Meinung nach sowieso. Und man darf, denn man gibt ja etwas.
An anderer Stelle hatte ich schon einmal von Rupert Neudeck und seiner Freundschaft zum Präsidenten von Ruanda berichtet. Als Herr Neudeck noch lebte, berichtete er mit höchstem Lob von der Aufbauleistung in diesem von schrecklichstem Völkermord verwüsteten Land... dank der unbestechlichen Strenge des Staatspräsidenten Paul Kagame. Vielleicht ist dort nach unserem Geschmack weniger Demokratie am Werk, aber offensichtlich ein selbstloser Staatschef in aller Strenge, damit sein Volk sich bildet und etwas schafft. Rupert Neudeck hatte sich dort für die handwerkliche Berufsausbildung als Entwicklungshilfe eingesetzt und Jahre später den Erfolg dieser Maßnahme besichtigt.

Vielleicht ist dieses Vorgehen im Kleinen klüger als über "Internationale Entwicklungsbanken" Großprojekte zu installieren, an denen Weltkonzerne tüchtig verdienen und die danach schlicht verbraucht werden. Im Grunde haben Sie das ja auch so getan mit Ihrer Excel-Schulung. Vor dem Hintergrund muß man sich die Rechnerausstattung vor Ort vorstellen, und daß diese Schmuckstücke auch nur eine endliche Lebensdauer haben. Ersatz planen diese Empfänger möglicherweise gar nicht, sondern warten auf den nächsten hochherzigen Spender. Und dann war Ihre mit viel Herzblut betriebene Ausbildung für die Katz!
Tja, das ist genau der wunde Punkt. Aber wenn man diese von Ihnen befürchtete Einstellung - Warten auf den nächsten Spender - vermeiden wollte, dürfte man gar nicht helfen.
History doesn't repeat itself, but it often rhymes (Twain). Unfortunately, we can't predict the rhyme.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

odiug hat geschrieben:(23 Mar 2017, 19:02)

Natuerlich ist meine Kritik an der Entwicklungshilfe als Subvention der deutschen Industrie, die ich im Fluechtlingsstrang geaeussert habe, zu pauschal.
Es gab mal bei einer Doku ueber Liberia ein huebsches Beispiel:
Da hat Norwegen im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklungshilfe eine Fischdosenfabrik aufgebaut ... einfach ... nix was jetzt eine ueberkomplizierte Infrastruktur benoetigt.
Die ist inzwischen, nach nur wenigen Jahren komplett zerfallen ... nur noch eine Ruine.
Warum ?
Zwei Gruende:
erstens die Handelshemmnisse der EU und zweitens die EU Fischtrawler vor der Kueste, die im Rahmen eines Lizenzabkommens mit der dortigen Regierung die Gewaesser industriell befischen und den Fisch gleich an Bord auch aufarbeiten.
wir haben also eine bankrotte Zentralregierung, die die Ressourcen der lokalen Bevoelkerung verschaerbeln muss, um das vom Buergerkrieg geschundene Land wieder aufzubauen um dann an der Konkurrenz der hochentickelten Industriestaaten zu scheitern.
Das Problem ist wirklich der lokale Markt, die fehlende Mittelschicht, die eine lokale Wirtschaft aufbauen, und deren Produkte auch abnehmen kann.
So tragisch das auch sein mag, aber irgendwelche Nomadenhirten mit Kunstduenger und einen Brunnen zu produktiveren Bauern zu machen, bringt eigentlich gar nix und wird die Probleme Afrikas auch nicht loesen..
Falls du mit den "Handelshemmnissen" die Importzölle meinst, wie siehst du die existierenden bzw geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Afrika? Bestandteil davon wäre ja der Entfall der EU-Importzölle, andererseits müssten auch die afrikanischen Länder ihre Märkte öffnen (bis auf definierte Ausnahmen). Bislang sind m.w. die Handelshemmnisse für europäische Firmen und Produkte in Afrika höher als umgekehrt, so dass Kritiker befürchten, das Ganze sei eher zum Nachteil als zum Vorteil Afrikas.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

Quatschki hat geschrieben:(23 Mar 2017, 23:26)

Weißt du überhaupt,was "Brain Drain" bedeutet?
Gerade dann, wenn man unendlich viele junge Menschen hat, ist der Weggang oder die Nichtrückkehr jedes Klugen, der den anderen etwas beibringen kann, doppelt schlimm!
Ok, ich habe mich unpräzise ausgedrückt. Eine Abwanderung von Talenten ist nie gut.

Nigeria kann das aber eher kompensieren als manch anderes Land. Aktuell findet man dort ca. 60 Mio Menschen unter 25 (Deutschland hat ca. 10 Mio). Ob davon nun 10 oder 20 Tausend, also unter 0,1% (über mehr reden wir ja nicht), im Ausland ausgebildet werden, macht den Kohl nicht fett. Ausserdem sollen sie ja zurückkehren, bitte ggfs den Beitrag von Europa2050 lesen, auf den ich geantwortet habe.

Deine Logik, wonach der Brain Drain für bevölkerungsreiche Länder schlimmer sein soll als für bevölkerungsarme, erschließt sich mir nicht. Bevölkerungsreiche Länder können diesen doch eher kompensieren (vergleichbare Absolutzahlen der Abwandernden unterstellt).
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von H2O »

Brainiac hat geschrieben:(24 Mar 2017, 01:30)

Wir sind uns aber wohl einig, dass Polen von einem anderen Niveau aus gestartet ist, als fast alle afrikanischen Länder.
Das haben Sie "in den falschen Hals bekommen!" Natürlich haben Sie mit Ihrer Aussage Recht. Mir ging es vorrangig um das mutwillige Herabsetzen der Hilfsbereitschaft. Da spielt die Ausgangslage eine geringere Rolle.
Ja. Allerdings muss man dann dem Vorwurf begegnen, man mische sich in die inneren Angelegenheiten des Landes ein (durch Belohnung von guter Regierungsführung). Muss man aber meiner Meinung nach sowieso. Und man darf, denn man gibt ja etwas.
Wenn die Leute vor Ort solche Sorgen umtreiben, dann benötigen sie ja gar keine Hilfe. Andere Bedürftige suchen, die die Hilfe zu schätzen wissen.
Tja, das ist genau der wunde Punkt. Aber wenn man diese von Ihnen befürchtete Einstellung - Warten auf den nächsten Spender - vermeiden wollte, dürfte man gar nicht helfen.
Ja, das ist ärgerlich; man muß vor Ort offenbar vorrangig die Einsicht fördern, daß Hilfe ein Anschub zur Selbsthilfe und Unabhängigkeit ist. Eine dauerhafte Nehmereinstellung darf gar nicht erst aufkommen. (Ein Grundsatz, den ich auch in unserer Innenpolitik und Europapolitik vertrete.)
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von H2O »

odiug hat geschrieben:(23 Mar 2017, 22:06)

Na bei Korea, sued-Korea kommt natuerlich der Korea-Krieg und die amerikanische ... ist keine Besatzung, laeuft aber auf das Gleiche hinaus ... also Besatzung im kalten Krieg gegen die Chinesen und den kommunistischen Norden hinzu.
Das war kein Stellvertreter Krieg, sondern da standen sich die Supermaechte, China, UdSSR direkt den Amis gegenueber.
So bloed das klingen mag, aber im kalten Krieg half das.
Zumindest denen, die auf der richtigen Seite waren.

Ich bin aber vorsichtig den Koreanern, den Asiaten allgemein einen irgendwie besseren Nationalcharakter zuzuschreiben, die sie erfolgreicher als andere machen, besonders gegenueber den Afrikanern.
Die Bedingungen sind andere ... und sind die Bedingungen in Asien falsch, dann sieht es trotz des Fleisses und der Begeisterung fuer Bildung auch in Asien nicht gut aus ... siehe Nord Korea.

Das erste und aller Wichtigste in Afrika ist es, die zahlreichen Kriege zu beenden.
Wie ?
Keine Ahnung :(
Nein, lieber odiug, das geht aalglatt ins Auge! Ja, Nord-Korea ist ein entsetzliches Gewaltsystem. Aber seine technische Leistungsfähigkeit ist wohl nicht zu bestreiten. Das hat schon viel mit "Nationalcharakter" zu tun. Natürlich gibt es günstige und ungünstige Bedingungen. Aber das Wirken eines Nationalcharakters sehe ich schon ganz weit vorn, nicht nur in Europa, sondern auch in Ostasien.

Eine vergleichbare Aufbauhilfe wie den Marshallplan hat es in Korea nicht gegeben. Bis knapp vor den Olympischen Spielen in Seoul lag das Land am Boden. Halten Sie Vietnam daneben... aus meiner Sicht der nächste "kleine Tiger". Zeigen Sie mir einen solchen "kleinen Tiger" in Afrika... Ruanda einmal außen vor, siehe oben. Oder in Lateinamerika... Chile als Leuchtturm. Die RSA hat eine andere Geschichte.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Teeernte »

Odin1506 hat geschrieben:(23 Mar 2017, 22:48)

Ich bin der Meinung, das Geld sehr ungeeignet ist als Entwicklungshilfe.
Wenn man Geld in die Entwicklungsländer schickt/überweist verschwindet das meiste Geld in irgentwelche dunklen Kanälen.
Entwicklungshilfe steht meines Erachtens nach die Wirtschaft des Entwicklungslandes soweit aufzubauen, bis es sich selber versorgen kann.
Man hat das (Hilfe) mit Saatgetreide versucht...... viele haben sich durch Verzehr vergiftet ( Saatgetreide ist "gebeizt" ).

Man hat es mit sehr teurem Zuchtvieh versucht - das ist DIREKT in den Kochtopf gewandert.

Möglicherweise ist der "chinesische Weg" (zumindest ein Teil davon) der richtige......Kleinbauern aus der chin. Provinz betreuen DIREKT kleine Projekte vor Ort - mit Saatgut, Wissen und Technik....
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
odiug

Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von odiug »

H2O hat geschrieben:(24 Mar 2017, 08:06)

Nein, lieber odiug, das geht aalglatt ins Auge! Ja, Nord-Korea ist ein entsetzliches Gewaltsystem. Aber seine technische Leistungsfähigkeit ist wohl nicht zu bestreiten. Das hat schon viel mit "Nationalcharakter" zu tun. Natürlich gibt es günstige und ungünstige Bedingungen. Aber das Wirken eines Nationalcharakters sehe ich schon ganz weit vorn, nicht nur in Europa, sondern auch in Ostasien.

Eine vergleichbare Aufbauhilfe wie den Marshallplan hat es in Korea nicht gegeben. Bis knapp vor den Olympischen Spielen in Seoul lag das Land am Boden. Halten Sie Vietnam daneben... aus meiner Sicht der nächste "kleine Tiger". Zeigen Sie mir einen solchen "kleinen Tiger" in Afrika... Ruanda einmal außen vor, siehe oben. Oder in Lateinamerika... Chile als Leuchtturm. Die RSA hat eine andere Geschichte.
Also du tust ja so, als ob Afrika nur aus Hungergebieten besteht.
Und Ruanda ist auch kein so tolles Beispiel, die heizen die Buergerkriege in ihren Nachbarlaendern fleissig mit an.
Gluecklich jenes Land, von dem man in den Nachrichten nichts hoert.
Ich denke, ein Fehler der Entwicklungspolitik ist es, Europa oder die industrialisierte Welt als Vorbild zu nehmen.
Aber wie gesagt ... alles ist fuer die Katz, wenn es nicht gelingt, den Kontinent zu befrieden.
Dir nutzt ein Zentralklinikum mit gut ausgebildeten Personal rein gar nichts, wenn ein paar Boko Haran oder sonstwas dir mit Macheten und Kalaschnikows alles kurz und klein schlagen.
odiug

Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von odiug »

Brainiac hat geschrieben:(24 Mar 2017, 01:52)

Falls du mit den "Handelshemmnissen" die Importzölle meinst, wie siehst du die existierenden bzw geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Afrika? Bestandteil davon wäre ja der Entfall der EU-Importzölle, andererseits müssten auch die afrikanischen Länder ihre Märkte öffnen (bis auf definierte Ausnahmen). Bislang sind m.w. die Handelshemmnisse für europäische Firmen und Produkte in Afrika höher als umgekehrt, so dass Kritiker befürchten, das Ganze sei eher zum Nachteil als zum Vorteil Afrikas.
Ich meine damit vor allem, dass man damit aufhoeren muss, Afrika mit unsren Abfaellen zuzuscheissen.
Kein Bauer in Ghana kann gegen Schlachtabfaelle aus Niedersachsen konkurrieren, kein Textilunternehmen in Ghana gegen Altkleidersammlungen aus Baden Wuertenberg.
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ThorsHamar
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

odiug hat geschrieben:(24 Mar 2017, 09:05)

Also du tust ja so, als ob Afrika nur aus Hungergebieten besteht.
Und Ruanda ist auch kein so tolles Beispiel, die heizen die Buergerkriege in ihren Nachbarlaendern fleissig mit an.
Gluecklich jenes Land, von dem man in den Nachrichten nichts hoert.
Ich denke, ein Fehler der Entwicklungspolitik ist es, Europa oder die industrialisierte Welt als Vorbild zu nehmen.
Aber wie gesagt ... alles ist fuer die Katz, wenn es nicht gelingt, den Kontinent zu befrieden.
Dir nutzt ein Zentralklinikum mit gut ausgebildeten Personal rein gar nichts, wenn ein paar Boko Haran oder sonstwas dir mit Macheten und Kalaschnikows alles kurz und klein schlagen.
Völlig korrekt soweit.
Aber wessen Pflicht ist es denn zuerst mal, "den Kontinent zu befrieden"?
Ich meine, dass es Eltern sind, welche ihren Kindern eine Zukunft in Frieden wünschen.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von relativ »

Brainiac hat geschrieben:(24 Mar 2017, 01:52)

Falls du mit den "Handelshemmnissen" die Importzölle meinst, wie siehst du die existierenden bzw geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Afrika? Bestandteil davon wäre ja der Entfall der EU-Importzölle, andererseits müssten auch die afrikanischen Länder ihre Märkte öffnen (bis auf definierte Ausnahmen). Bislang sind m.w. die Handelshemmnisse für europäische Firmen und Produkte in Afrika höher als umgekehrt, so dass Kritiker befürchten, das Ganze sei eher zum Nachteil als zum Vorteil Afrikas.
Nunja, daß wäre dann ungefähr so, als wenn du ein Schwergewichtsboxer gegen ein Fliegengewichtsboxer antreten lässt.
Entscheidender für mich wäre es zuerst in den afrikanischen Ländern den Binnenmarkt und die staatliche Fürsorge zu stärken. D.h. bekämpfung der Korruption, Stärkung der demokratische Kräfte, Stärkung der nationalen Einheit in den Ländern wo vielerorts der Clan noch vor dem Staat kommt.

Zur Entwicklungshilfe und wie sie gestaltet werden sollte.
Zuerst sollte man Entwicklungshilfe natürlich differenziert betrachten, da sie sich natürlich sehr veilschichtig gestaltet.
Da hätten wir die reine Nothilfe, die im eigentlich Sinne keine Entwicklungshilfe ist. Da ist die staatliche Entwickliungshilfe um zu Wissen wie sie arbeitet sollte man erstmal wissen auf welchen Säulen diese steht.
Da sind die technischen, die finanziellen und die personellen Säulen, die aus GTZ (Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit), die KfW die als Kridit und Geldgeber fingiert und die DED, die spezielles Personal und Freiwillige stellt.
Dies sind schon mal 3 ziemliche Bürokratiemonster, die natürlich hier Geld binden, aber eben auch Arbeitsplätze hier schaffen. Dazu kommt noch, daß sie bei größeren projekten wie z.B. in Afghanistan eine riesige Logistik und Personaldecke aufbauen.
Ich hab das Hauptquartier in Afghanistan gesehen. Wichtig ist zu wissen, daß vorwiegend natürlich die örttliche Bauindustrie temporär von zig Baumaßnahmen profitiert hat, aber ich wenig erkennen konnte, wo dies Nachhaltig eine Industrie aufbauen kann, mit der sich Afghanistan selber hätte wieder erneuern können.
Für mich wäre die Landwirtschaft ein erster und relativ einfacher Schritt gewesen, nur hat dies unter anderem die FAO mit ihren billigen Nahrungsmittelverteilung nahezu für jeden Bauer unmöglich gemacht. Was macht der bauer also um seine Familie zu ernähren? Er baut weiter Drogen für die Warlords an.

Neben der staatlichen Entwicklungshilfe gibt es noch unzählige NGO, die aber auch zum großen Teil von öffentlchen Geldern leben die z.B. die KfW verteilt. Das ist eine ganze Industrie und nicht nur in Deutschland.
In Kabul kamen zum Aufbau der Krankenhäuser ganze Containerladungen von Teils modernen, Teils gebrauchten deutschen Knwo how an. Da kann man natürlich nicht pauschal sagen dies wäre alles unsinnig, aber unbestritten ist, daß der große Teil dieser Gelder natürlich in die deutschen Industrie zurückfließen.
Wirklich nachhaltige Entwicklungshilfe zu späteren Selbsthilfe habe ich nicht erkennen können. Brückenbau, Schulbau, also Aufbau der Infrastruktur gehört zwar auch zur Hilfe, aber eben nicht zu einer wirtschaftlichen Hilfe zur Selbsthilfe. Da habe ich manchmal den Eindruck, daß dies gar nicht so gewollt ist, bzw. in letzter Konsequenz nicht durchgezogen wird.

Für Afrika ist es erst mal ganz wichtig, daß die Staaten dort stabilisert werden, so daß dort auch von Ausland investiert werden kann. Erst dann kann auch ein know how Austausch gewährleistet werden und die Bevölkerung kann sich entwickeln.
Da sollte m.M., neben der Nothilfe, der entwicklungstechnische Schwerpunkt liegen.
Das Banale braucht man nicht zu schälen.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von H2O »

odiug hat geschrieben:(24 Mar 2017, 09:05)

Also du tust ja so, als ob Afrika nur aus Hungergebieten besteht.
Und Ruanda ist auch kein so tolles Beispiel, die heizen die Buergerkriege in ihren Nachbarlaendern fleissig mit an.
Gluecklich jenes Land, von dem man in den Nachrichten nichts hoert.
Ich denke, ein Fehler der Entwicklungspolitik ist es, Europa oder die industrialisierte Welt als Vorbild zu nehmen.
Aber wie gesagt ... alles ist fuer die Katz, wenn es nicht gelingt, den Kontinent zu befrieden.
Dir nutzt ein Zentralklinikum mit gut ausgebildeten Personal rein gar nichts, wenn ein paar Boko Haran oder sonstwas dir mit Macheten und Kalaschnikows alles kurz und klein schlagen.
Selbstverständlich lohnt es nicht, in einem Kriegsgebiet Aufbauarbeit zu leisten... das tun nur Leute, die für das verdampfende Geld nicht arbeiten müssen. Ich vermute, daß Sie Burundi mit Ruanda verwechseln... ist aber nicht so wichtig, weil ich beide nicht aus eigener Anschauung kenne. So weit ich das verstanden habe, sind Hutubanden in Zentralafrika als Räuberbanden tätig, nachdem sie in Ruanda am Ende ihrer Mordbrennereien von den Tutsis vertrieben wurden. Ruanda hat eine funktionierende Regierung... sagte Rupert Neudeck. Der kann sich auch irren.

Sie könnten mich wieder aufbauen: Wo in Afrika ist kein Chaos und kein Krieg oder Bürgerkrieg? Wo gibt es die unbestechliche und der Gemeinschaft dienende Regierung? Da könnte man denn ja unbedenklich Aufbauhilfe leisten.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von relativ »

ThorsHamar hat geschrieben:(24 Mar 2017, 09:22)

Völlig korrekt soweit.
Aber wessen Pflicht ist es denn zuerst mal, "den Kontinent zu befrieden"?
Ich meine, dass es Eltern sind, welche ihren Kindern eine Zukunft in Frieden wünschen.
Natürlich muessen dies Grundsätzlich die Menschen vor Ort selber hinkriegen, wir können bzw. sollten eigentlich nur helfend zur Hand gehen , dort wo wir dies Verantworten, oder für Angemessen ansehen. Die Frage inwieweit Konflikte von aussen angeheizt werden spielt auch eine Rolle, genauso wie Waffenlieferungen ect.pp. Alles Dinge die die Menschen vor Ort nur bedingt oder gar nicht beeinflussen können.
Die generelle Frage , ob wir Bürgerkriegen und Menschenrechtsverletzungen tatenlos zusehen, wird dadurch auch nicht obsolet.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

relativ hat geschrieben:(24 Mar 2017, 10:22)

Natürlich muessen dies Grundsätzlich die Menschen vor Ort selber hinkriegen, wir können bzw. sollten eigentlich nur helfend zur Hand gehen , dort wo wir dies Verantworten, oder für Angemessen ansehen. Die Frage inwieweit Konflikte von aussen angeheizt werden spielt auch eine Rolle, genauso wie Waffenlieferungen ect.pp. Alles Dinge die die Menschen vor Ort nur bedingt oder gar nicht beeinflussen können.
Die generelle Frage , ob wir Bürgerkriegen und Menschenrechtsverletzungen tatenlos zusehen, wird dadurch auch nicht obsolet.
Die generelle Antwort ist, endlich mal zu realisieren, dass Bürgerkriege von Bürgern gemacht werden, dass die sog. "Menschenrechte" keine universelle Vorgabe eines Gottes sind, sondern eine, im zivilisatorischem Sinne, humanistische Errungenschaft, welche letztlich unverbindlich ist.
Und für Menschen, deren Gesellschaft um 200 bis 20 000 Jahre hinter der Moderne zurückliegt, haben "Menschenrechte" KEINE Bedeutung!
Ja, für den guten Humanisten gelten die Menschenrechte natürlich für ALLE, aber für Gesellschaften aus ( für uns ) vergangenen Zeiten gibt es diese Menschenrechte nicht für uns!
WIR können nicht einfach helfen, WIR wissen nichtmal, WEM!! Und wie oft die Falschen unterstützt wurden, ist ja bittere Erfahrung ...
btw:
Wir haben doch in Deutschland gemerkt, wie gravierend schon nur winzige 40 Jahre unterschiedliche gesellschaftliche Entwicklung das Zusammengehen beeinflusst, und das bei vorhergehend gemeinsamer Kultur.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von relativ »

ThorsHamar hat geschrieben:(24 Mar 2017, 11:47)

Die generelle Antwort ist, endlich mal zu realisieren, dass Bürgerkriege von Bürgern gemacht werden, dass die sog. "Menschenrechte" keine universelle Vorgabe eines Gottes sind, sondern eine, im zivilisatorischem Sinne, humanistische Errungenschaft, welche letztlich unverbindlich ist.
Und für Menschen, deren Gesellschaft um 200 bis 20 000 Jahre hinter der Moderne zurückliegt, haben "Menschenrechte" KEINE Bedeutung!
Ja, für den guten Humanisten gelten die Menschenrechte natürlich für ALLE, aber für Gesellschaften aus ( für uns ) vergangenen Zeiten gibt es diese Menschenrechte nicht für uns!
WIR können nicht einfach helfen, WIR wissen nichtmal, WEM!! Und wie oft die Falschen unterstützt wurden, ist ja bittere Erfahrung ...
btw:
Wir haben doch in Deutschland gemerkt, wie gravierend schon nur winzige 40 Jahre unterschiedliche gesellschaftliche Entwicklung das Zusammengehen beeinflusst, und das bei vorhergehend gemeinsamer Kultur.
Du vergisst dabei wieder völlig, daß unsere Kultur extrem in deren Entwicklung eingegriffen hat und es immer noch tut. Du kannst sowas nicht einfach aus der Gleichung schmeißen.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Marmelada »

Brainiac hat geschrieben:(22 Mar 2017, 20:51)

...

Welche Wege der Entwicklungshilfe hält die Userschaft für nutzbringend?

...
Fairen Handel
„Afrika ist nicht arm, sondern wir haben Afrika arm gemacht“, so Müller. Der Minister setzte sich für Direktverträge der Erzeuger mit den Weiterverarbeitern oder Vermarktern in Europa unter Umgehung der Rohstoffbörsen ein, bei denen ein großer Teil der Wertschöpfung hängen bleibe. In dieser Richtung habe sich schon einiges getan: „In zehn Jahren ist ,fair’ so weit wie heute bio“, zeigte sich Müller überzeugt.
So optimistisch wie Müller sehe ich das aber nicht. Die Zwischenhändler lassen sich nicht so einfach ausschalten. Bei einigen Projekten, wo das lokal versucht wurde, gab es dann auch Tote.
Zur wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas gebe es für Europa keine Alternative. 20 Prozent der Menschen in den Industrieländern verbrauchten derzeit 80 Prozent der Ressourcen, die zum erheblichen Teil aus Afrika kämen. Wenn sich dies nicht ändere, setze eine „neue Völkerwanderung“ ein.
Das ist ein Punkt, über den sich viele nicht klar sind. Alle denkbaren Produkte zu möglichst günstigen Schnäppchenpreisen geht einher mit Verarmung der Erzeuger, was Fluchtbewegungen verursacht.
odiug hat geschrieben:(24 Mar 2017, 09:07)

Ich meine damit vor allem, dass man damit aufhoeren muss, Afrika mit unsren Abfaellen zuzuscheissen.
Kein Bauer in Ghana kann gegen Schlachtabfaelle aus Niedersachsen konkurrieren, kein Textilunternehmen in Ghana gegen Altkleidersammlungen aus Baden Wuertenberg.
Ja, das ist auch ein Problem, an dem man etwas tun müsste.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

relativ hat geschrieben:(24 Mar 2017, 12:16)

Du vergisst dabei wieder völlig, daß unsere Kultur extrem in deren Entwicklung eingegriffen hat und es immer noch tut. Du kannst sowas nicht einfach aus der Gleichung schmeißen.
Gerade WEIL ich nicht vergesse, dass wir die Kolonialzeit an der Backe haben, sehe ich die Realität !!
Ich frage mich, wem Du wie helfen willst, wenn Du Kindersoldaten gegenüberstehst, kleinen Jungs .... Ich habe das erlebt ...
Ich frage mich, wo Deine helfende Hand bleibt, wenn Du in Ruanda ein paar Frauen, Männer und ihre Kinder erlebst, die gerade eben 3 Tutsis, also schwarzen Nachbarn, mit einem Küchenmesser den Kopf abgeschnitten haben und dabei stolz und lächelnd fotografiert werden wollen ....
Ja, Afrika ist gross .... wie der Hass unter den Stämmen der Steinzeit .... mit Kalaschnikow und Brotmesser .... :mad:
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von relativ »

ThorsHamar hat geschrieben:(24 Mar 2017, 14:12)

Gerade WEIL ich nicht vergesse, dass wir die Kolonialzeit an der Backe haben, sehe ich die Realität !!
Ich frage mich, wem Du wie helfen willst, wenn Du Kindersoldaten gegenüberstehst, kleinen Jungs .... Ich habe das erlebt ...
Ich frage mich, wo Deine helfende Hand bleibt, wenn Du in Ruanda ein paar Frauen, Männer und ihre Kinder erlebst, die gerade eben 3 Tutsis, also schwarzen Nachbarn, mit einem Küchenmesser den Kopf abgeschnitten haben und dabei stolz und lächelnd fotografiert werden wollen ....
Ja, Afrika ist gross .... wie der Hass unter den Stämmen der Steinzeit .... mit Kalaschnikow und Brotmesser .... :mad:
Eben, Afrika ist groß und deshalb beschreibst du eben nicht Afrika und 2 denkst du Aufgrund dieser "erlebten Vorkommnisse" lohnt es sich nicht zu helfen. Ich sehe dies nicht so, schon aus Eigeninteresse (Flüchtlingsbewegung) nicht.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

relativ hat geschrieben:(24 Mar 2017, 14:23)

Eben, Afrika ist groß und deshalb beschreibst du eben nicht Afrika und 2 denkst du Aufgrund dieser "erlebten Vorkommnisse" lohnt es sich nicht zu helfen. Ich sehe dies nicht so, schon aus Eigeninteresse (Flüchtlingsbewegung) nicht.
Das Eigeninteresses muss sein, die Ursachen für die gesellschaftliche Rückständigkeit mal ehrlich und politisch unabhängig zu benennen. Wenn das nicht endlich mal passiert, sind alle anderen Aktionen Blödsinn ....
Es gibt fast keine Staatsgebilde in Afrika, welche als Partner überhaupt relevant sein können!!
Die eigenen Ansprüche von Menschenrechten und Gleichberechtigung können bei einem so gigantischen Gefälle an Zivilisation niemals eingehalten werden, weder dort noch hier.
Das Einzige, was wir als Hilfe machen könnten, ist, dass jeder Bedürftige in Afrika ein Konto von der Deutschen Bank bekommt und sich dort jeden Monat Geld abholt und damit machen kann, was er will, Hauptsache, er bleibt zu Hause.
Das hätte den gleichen Effekt wie hierherzukommen und nichts zu tun, wäre aber ungefährlicher.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Quatschki »

odiug hat geschrieben:(24 Mar 2017, 09:07)

Ich meine damit vor allem, dass man damit aufhoeren muss, Afrika mit unsren Abfaellen zuzuscheissen.
Kein Bauer in Ghana kann gegen Schlachtabfaelle aus Niedersachsen konkurrieren, kein Textilunternehmen in Ghana gegen Altkleidersammlungen aus Baden Wuertenberg.
Afrika hat 1 Milliarde Einwohner
Glaubst du wirklich, dass die paar Kleiderspenden oder ein paar tausend Tonnen Geflügelfleisch da allein schon von der Größenordnung her relevant sein können?
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Boraiel »

Vielleicht am besten gar nicht.
Libertas veritasque.
Lesen und verstehen: http://www.feynmanlectures.caltech.edu/I_01.html
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

H2O hat geschrieben:(24 Mar 2017, 07:52)

Wenn die Leute vor Ort solche Sorgen umtreiben, dann benötigen sie ja gar keine Hilfe. Andere Bedürftige suchen, die die Hilfe zu schätzen wissen.
Da haben nun Sie mich missverstanden. Diese Kritik habe ich vor Ort in den "Nehmerländern" auch noch nicht gehört, sie kommt von hier. Es sei ein unzulässiger Eingriff in die Souveränität der Entwicklungsstaaten. Habe ich sogar hier im Forum schon gelesen.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

odiug hat geschrieben:(24 Mar 2017, 09:07)

Ich meine damit vor allem, dass man damit aufhoeren muss, Afrika mit unsren Abfaellen zuzuscheissen.
Kein Bauer in Ghana kann gegen Schlachtabfaelle aus Niedersachsen konkurrieren, kein Textilunternehmen in Ghana gegen Altkleidersammlungen aus Baden Wuertenberg.
relativ hat geschrieben:(24 Mar 2017, 09:49)

Nunja, daß wäre dann ungefähr so, als wenn du ein Schwergewichtsboxer gegen ein Fliegengewichtsboxer antreten lässt.
Entscheidender für mich wäre es zuerst in den afrikanischen Ländern den Binnenmarkt und die staatliche Fürsorge zu stärken. D.h. bekämpfung der Korruption, Stärkung der demokratische Kräfte, Stärkung der nationalen Einheit in den Ländern wo vielerorts der Clan noch vor dem Staat kommt.
Marmelada hat geschrieben:(24 Mar 2017, 13:00)

Fairen Handel
So optimistisch wie Müller sehe ich das aber nicht. Die Zwischenhändler lassen sich nicht so einfach ausschalten. Bei einigen Projekten, wo das lokal versucht wurde, gab es dann auch Tote.

Das ist ein Punkt, über den sich viele nicht klar sind. Alle denkbaren Produkte zu möglichst günstigen Schnäppchenpreisen geht einher mit Verarmung der Erzeuger, was Fluchtbewegungen verursacht.
Es geht also darum, die afrikanischen Binnenmärkte zu schützen vor Dumping-Produkten aus Europa und anderswo. Das bedeutet höhere Importzölle, sonstige Barrieren oder freiwillige Selbstbeschränkung der EU und anderer.

Gleichzeitig, das ist auch eine Aussage von Müller aus dem Link zum "Fairen Handel", sollen "die afrikanischen Länder ohne Zölle und sonstige Handelsbarrieren Zugang zum europäischen Markt erhalten". Das ist sicher genauso wichtig, um deren Exporte zu fördern.

Daraus folgt aber, das möchte ich gerne mal auf den Punkt bringen, die Forderung einer asymmetrischen Bevorzugung der afrikanischen Länder. Sie sollen frei zu uns exportieren können, aber wir nicht dorthin. Ist das gemeint, wenn im Kontext der Dritten Welt von "Fairem Handel" gesprochen wird?

Es kann sein, dass das richtig und wichtig und notwendig ist, weil die Drittweltstaaten anders nicht vom Fleck kommen. Man kann dies auch als insofern fair ansehen, als es das ökonomische Ungleichgewicht sozusagen ausgleicht - die EU und andere sollen mit Handicap spielen. Ich habe trotzdem Störgefühle bei solchen Forderungen.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von odiug »

Brainiac hat geschrieben:(24 Mar 2017, 18:32)

Es geht also darum, die afrikanischen Binnenmärkte zu schützen vor Dumping-Produkten aus Europa und anderswo. Das bedeutet höhere Importzölle, sonstige Barrieren oder freiwillige Selbstbeschränkung der EU und anderer.

Gleichzeitig, das ist auch eine Aussage von Müller aus dem Link zum "Fairen Handel", sollen "die afrikanischen Länder ohne Zölle und sonstige Handelsbarrieren Zugang zum europäischen Markt erhalten". Das ist sicher genauso wichtig, um deren Exporte zu fördern.

Daraus folgt aber, das möchte ich gerne mal auf den Punkt bringen, die Forderung einer asymmetrischen Bevorzugung der afrikanischen Länder. Sie sollen frei zu uns exportieren können, aber wir nicht dorthin. Ist das gemeint, wenn im Kontext der Dritten Welt von "Fairem Handel" gesprochen wird?

Es kann sein, dass das richtig und wichtig und notwendig ist, weil die Drittweltstaaten anders nicht vom Fleck kommen. Man kann dies auch als insofern fair ansehen, als es das ökonomische Ungleichgewicht sozusagen ausgleicht - die EU und andere sollen mit Handicap spielen. Ich habe trotzdem Störgefühle bei solchen Forderungen.
Stoergefuehle hat wohl jeder.
Ist auch nicht einfach ... die Entwicklungshelfer sind ja nicht bloed.
Auch die wollen was bewirken und auch sie sind an Nachhaltigkeit interessiert.
Keiner will, dass seine Arbeit wieder den Bach herunter geht ... auch Entwicklungshelfer nicht.
Ich weiss ... persoenliche Erfahrungen sind immer fragwuerdige Zeugen, weil es geht ja um das Grosse und Ganze, aber mein Opa arbeitete mal fuer die deutsche Botschaft in Ghana.
Er bekam da einen Auftrag die Gebaeude betreffend.
Er stellte sich ein paar Ghanaer ein und lernte sie an.
Mit deutscher Gruendlichkeit und Puenklichkeit.
Ab 12 Uhr Mittags waren die Arbeiter weg und kamen nicht mehr vor 5 Uhr Abends, was meinen Opa, alte Schule was Zuverlaessigkeit betrifft, auf die Palme brachte ... standen auch genug herum da.
Das ging eine Woche so, bis er selbst fast Zusammen brach auf der Arbeit, er erlitt einen Hitzschlag.
Er merkte, es hat einen Grund, warum Ghanaer nicht am Nachmittag in der Hitze arbeiten ...
Das gesagt, gibt es viele Beispiele, wo man einfach mal schauen sollte, was gibt es denn in Afrika was funktioniert.
ZB. Bei einem Bericht ueber afrikanische Landwirtschaft kam ein einheimischer Experte zu Wort, der witziger weise in Weihnstephan studierte und berichtete ueber einheimische Gemuesesorten, die mit einem Bruchteil des Wassers auskommen, aber heute nahezu vergessen sind, weil natuerlich wir Europaeer immer alles besser wissen wie was ao zu funktionieren hat.
Sei es nun als Kolonialist auf der Plantage, oder als Entwicklungshelfer mit schlechtem Gewissen wegen des Kolonialismus.
Aehnliche Projekte, einheimische Sorten, die von der kolonialen oder industriellen Landwirtschaft verdraengt wurden, auf ihren spezifischen Nutzen zu untersuchen, gibt es auch in Indien und das auch erfolgreich.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

relativ hat geschrieben:(24 Mar 2017, 09:49)

Zur Entwicklungshilfe und wie sie gestaltet werden sollte.
Zuerst sollte man Entwicklungshilfe natürlich differenziert betrachten, da sie sich natürlich sehr veilschichtig gestaltet.
Da hätten wir die reine Nothilfe, die im eigentlich Sinne keine Entwicklungshilfe ist. Da ist die staatliche Entwickliungshilfe um zu Wissen wie sie arbeitet sollte man erstmal wissen auf welchen Säulen diese steht.
Da sind die technischen, die finanziellen und die personellen Säulen, die aus GTZ (Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit), die KfW die als Kridit und Geldgeber fingiert und die DED, die spezielles Personal und Freiwillige stellt.
Dies sind schon mal 3 ziemliche Bürokratiemonster, die natürlich hier Geld binden, aber eben auch Arbeitsplätze hier schaffen. Dazu kommt noch, daß sie bei größeren projekten wie z.B. in Afghanistan eine riesige Logistik und Personaldecke aufbauen.
Ich hab das Hauptquartier in Afghanistan gesehen. Wichtig ist zu wissen, daß vorwiegend natürlich die örttliche Bauindustrie temporär von zig Baumaßnahmen profitiert hat, aber ich wenig erkennen konnte, wo dies Nachhaltig eine Industrie aufbauen kann, mit der sich Afghanistan selber hätte wieder erneuern können.
Für mich wäre die Landwirtschaft ein erster und relativ einfacher Schritt gewesen, nur hat dies unter anderem die FAO mit ihren billigen Nahrungsmittelverteilung nahezu für jeden Bauer unmöglich gemacht. Was macht der bauer also um seine Familie zu ernähren? Er baut weiter Drogen für die Warlords an.

Neben der staatlichen Entwicklungshilfe gibt es noch unzählige NGO, die aber auch zum großen Teil von öffentlchen Geldern leben die z.B. die KfW verteilt. Das ist eine ganze Industrie und nicht nur in Deutschland.
In Kabul kamen zum Aufbau der Krankenhäuser ganze Containerladungen von Teils modernen, Teils gebrauchten deutschen Knwo how an. Da kann man natürlich nicht pauschal sagen dies wäre alles unsinnig, aber unbestritten ist, daß der große Teil dieser Gelder natürlich in die deutschen Industrie zurückfließen.
Wirklich nachhaltige Entwicklungshilfe zu späteren Selbsthilfe habe ich nicht erkennen können. Brückenbau, Schulbau, also Aufbau der Infrastruktur gehört zwar auch zur Hilfe, aber eben nicht zu einer wirtschaftlichen Hilfe zur Selbsthilfe. Da habe ich manchmal den Eindruck, daß dies gar nicht so gewollt ist, bzw. in letzter Konsequenz nicht durchgezogen wird.
Danke für die konkreten Details. Das kling für mich aber alles eher wie eine Beschreibung, wie man es besser nicht machen sollte.
Für Afrika ist es erst mal ganz wichtig, daß die Staaten dort stabilisert werden, so daß dort auch von Ausland investiert werden kann. Erst dann kann auch ein know how Austausch gewährleistet werden und die Bevölkerung kann sich entwickeln.
Da sollte m.M., neben der Nothilfe, der entwicklungstechnische Schwerpunkt liegen.
Wie erreicht man das am besten, "die Stabilisierung von Staaten"?
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

ThorsHamar hat geschrieben:(24 Mar 2017, 14:12)

Gerade WEIL ich nicht vergesse, dass wir die Kolonialzeit an der Backe haben, sehe ich die Realität !!
Ich frage mich, wem Du wie helfen willst, wenn Du Kindersoldaten gegenüberstehst, kleinen Jungs .... Ich habe das erlebt ...
Ich frage mich, wo Deine helfende Hand bleibt, wenn Du in Ruanda ein paar Frauen, Männer und ihre Kinder erlebst, die gerade eben 3 Tutsis, also schwarzen Nachbarn, mit einem Küchenmesser den Kopf abgeschnitten haben und dabei stolz und lächelnd fotografiert werden wollen ....
Ja, Afrika ist gross .... wie der Hass unter den Stämmen der Steinzeit .... mit Kalaschnikow und Brotmesser .... :mad:
Darf ich mal fragen, hast du eigentlich nur desillusionierende und furchtbare Erlebnisse dort unten gehabt?
Oder gab es auch Situationen, die positiv waren, wo etwas funktioniert hat, wo etwas voran ging, wo du dachtest: "Hey! so müsste es doch eigentlich laufen..."?
Und wenn ja, wie war das?
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

Brainiac hat geschrieben:(24 Mar 2017, 19:52)

Darf ich mal fragen, hast du eigentlich nur desillusionierende und furchtbare Erlebnisse dort unten gehabt?
Oder gab es auch Situationen, die positiv waren, wo etwas funktioniert hat, wo etwas voran ging, wo du dachtest: "Hey! so müsste es doch eigentlich laufen..."?
Und wenn ja, wie war das?
Nein, der grösste Teil waren positive Ereignisse, Gastfreundschaft, Herzlichkeit, gute Zusammenarbeit, gemeinsame Erfolgserlebnisse.
Das zählt aber letztlich nicht, wenn diese positive Stimmung fast unmittelbar nach Abreise und Übergabe der Verantwortung stirbt.
Und das ist es doch, worüber wir hier sprechen, oder?
Was ich fast überall bemerkt habe, ist das Unverständnis für ein gemeinsames, grösseres Staatswesen als Notwendigkeit für Zukunftsplanung.
Es waren erstaunlich wenige Menschen, welche diesen Part begreifen wollten. Es gab aber ein paar ....
Und die sind nach relativ kurzer Zeit ausgewandert, ich habe immerhin in den US zwei der Kollegen getroffen.
Sie hatten die Nase voll von der Unfähigkeit von Regierungen, von der Korruption, von der Dummheit mit Macht gepaart, auch von der Beschränktheit ihrer Landsleute und somit der Unmöglichkeit, als Inländer vernünftige Bedingungen zur Arbeit zu erhalten.
Deshalb gehen viele Projekte eben den sprichwörtlichen Bach runter ...
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

ThorsHamar hat geschrieben:(24 Mar 2017, 20:24)

Nein, der grösste Teil waren positive Ereignisse, Gastfreundschaft, Herzlichkeit, gute Zusammenarbeit, gemeinsame Erfolgserlebnisse.
Das zählt aber letztlich nicht, wenn diese positive Stimmung fast unmittelbar nach Abreise und Übergabe der Verantwortung stirbt.
Und das ist es doch, worüber wir hier sprechen, oder?

Richtig.

Das heißt also, alles was gut lief, lief nicht mehr gut, wenn die Helfer weg waren? Wie kann man überhaupt darüber einen vollständigen Überblick behalten?
Was ich fast überall bemerkt habe, ist das Unverständnis für ein gemeinsames, grösseres Staatswesen als Notwendigkeit für Zukunftsplanung.
Es waren erstaunlich wenige Menschen, welche diesen Part begreifen wollten. [...]

Mir ist nicht ganz klar, was du mit "gemeinsames, grösseres Staatswesen" meinst. Dieses gibt es ja vielfach schon, oftmals in Form überbordernder Bürokratie.

Du meinst vielleicht ein "effizientes und gut funktionierendes, nicht korruptes Staatswesen" . Demnach wäre das dein Hauptansatzpunkt. Und dein Kritikpunkt wäre, dass die Bedeutung dessen zu wenigen bewusst ist.

Das kann ich aber nicht bestätigen. Nach meinen Erfahrungen (die sicher geringer sind als deine) ist sehr vielen Menschen dieses Manko durchaus bewusst. Sie wissen nur nicht so recht, was sie dagegen, gegen schlechte Regierungsführung und Korruption, tun können. Ausser Politiker oder Parteien zu wählen, die dagegen vorgehen wollen (falls es die gibt *).

*) Nachtrag; Wie z.B. EllenJohnson Sirleaf in Liberia.
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ThorsHamar
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

Brainiac hat geschrieben:(24 Mar 2017, 20:42)

Mir ist nicht ganz klar, was du mit "gemeinsames, grösseres Staatswesen" meinst. Dieses gibt es ja vielfach schon, oftmals in Form überbordernder Bürokratie.

Du meinst vielleicht ein "effizientes und gut funktionierendes, nicht korruptes Staatswesen" . Demnach wäre das dein Hauptansatzpunkt. Und dein Kritikpunkt wäre, dass die Bedeutung dessen zu wenigen bewusst ist.

Das kann ich aber nicht bestätigen ....
Musst Du auch nicht, ich meine etwas Anderes.
Ich meine eine Gesellschaft, welche als Staat die Interessen der verschiedenen Stämme als Ansprechpartner vertritt, als Koordinator für die Zukunftsplanung, eine Verwaltungsebene, die als Vertretung tatsächlich akzeptiert wird.
Das ist imho unmöglich, weil kein einziger Stamm von seinen eigenen Pfründen abgeben will. Der Hass der Schwarzen untereinander, der ganz besondere Rassismus ist hier kaum bekannt. Was meinst Du, warum praktisch jeder Stamm in der Gegend um Zentralafrika in einen oder mehrere Kriege verwickelt ist?
Hier mal 'n Hinweis zum Thema http://www.spiegel.de/politik/ausland/s ... 10917.html

"23 von 53 Staaten seien in diesem Zeitraum in Konflikte verwickelt gewesen, die ihre Entwicklung behinderten. "

Genau das meine ich.

Nachtrag: http://www.n-tv.de/politik/Banden-ersch ... 64175.html
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von H2O »

Brainiac hat geschrieben:(24 Mar 2017, 18:16)

Da haben nun Sie mich missverstanden. Diese Kritik habe ich vor Ort in den "Nehmerländern" auch noch nicht gehört, sie kommt von hier. Es sei ein unzulässiger Eingriff in die Souveränität der Entwicklungsstaaten. Habe ich sogar hier im Forum schon gelesen.
Ok, habe ich tatsächlich so verstanden; das hatte aber auch einen Hintergrund. Natürlich gab es Kritik vor Ort, daß die Geber unverschämterweise auf die Landespolitik Einfluß nähmen. Mir fällt nun nicht sofort das abschreckendste Beispiel dazu ein. Aber das wird sich ändern, denn mein Gedächtnis ist leider etwas langsamer geworden.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

ThorsHamar hat geschrieben:(24 Mar 2017, 23:32)

Musst Du auch nicht, ich meine etwas Anderes.
Ich meine eine Gesellschaft, welche als Staat die Interessen der verschiedenen Stämme als Ansprechpartner vertritt, als Koordinator für die Zukunftsplanung, eine Verwaltungsebene, die als Vertretung tatsächlich akzeptiert wird.
Das ist imho unmöglich, weil kein einziger Stamm von seinen eigenen Pfründen abgeben will. Der Hass der Schwarzen untereinander, der ganz besondere Rassismus ist hier kaum bekannt. Was meinst Du, warum praktisch jeder Stamm in der Gegend um Zentralafrika in einen oder mehrere Kriege verwickelt ist?
Hier mal 'n Hinweis zum Thema http://www.spiegel.de/politik/ausland/s ... 10917.html

"23 von 53 Staaten seien in diesem Zeitraum in Konflikte verwickelt gewesen, die ihre Entwicklung behinderten. "

Genau das meine ich.

Nachtrag: http://www.n-tv.de/politik/Banden-ersch ... 64175.html
Ok. Ja, die inneren ethnischen und sonstigen Konflikte sind ein furchtbares Hindernis für die Entwicklung, sehe ich auch so. Aber wären zur Verhinderung bzw. Beendigung der Bürgerkriege nicht vor allem eine funktionierende Staatsgewalt und die Durchsetzung von Recht und Gesetz erforderlich? Womit wir wieder bei dem von mir ausgeführten Punkt wären.

Unter deinem "gemeinsamen Staatswesen" als "Verwaltungsebene" und übergreifender "Koordinator zur Zukunftsplanung" kann ich mir nicht so recht was vorstellen. Vielleicht magst du das ein wenig ausführen oder etwas verlinken? Jedenfalls würde das ja bedeuten, dass sich die Stämme freiwillig einer Verwaltungsinstanz unterwerfen, was Konfliktparteien in Bürgerkriegen natürlich selten von selbst tun. Oder geht es um etwas Schwächeres und Unverbindlicheres, sozusagen eine Art "Runder Tisch" als Anfang?
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von JJazzGold »

Brainiac hat geschrieben:(25 Mar 2017, 08:45)

Ok. Ja, die inneren ethnischen und sonstigen Konflikte sind ein furchtbares Hindernis für die Entwicklung, sehe ich auch so. Aber wären zur Verhinderung bzw. Beendigung der Bürgerkriege nicht vor allem eine funktionierende Staatsgewalt und die Durchsetzung von Recht und Gesetz erforderlich? Womit wir wieder bei dem von mir ausgeführten Punkt wären.

Unter deinem "gemeinsamen Staatswesen" als "Verwaltungsebene" und übergreifender "Koordinator zur Zukunftsplanung" kann ich mir nicht so recht was vorstellen. Vielleicht magst du das ein wenig ausführen oder etwas verlinken? Jedenfalls würde das ja bedeuten, dass sich die Stämme freiwillig einer Verwaltungsinstanz unterwerfen, was Konfliktparteien in Bürgerkriegen natürlich selten von selbst tun. Oder geht es um etwas Schwächeres und Unverbindlicheres, sozusagen eine Art "Runder Tisch" als Anfang?

Vielleicht meint ThorsHamar etwas wie die AU, African Union. Die existiert als Nachfolger der OAU schon ein paar Jahre, scheint aber nicht so recht voran zu kommen?
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Mar 2017, 10:09)

Vielleicht meint ThorsHamar etwas wie die AU, African Union. Die existiert als Nachfolger der OAU schon ein paar Jahre, scheint aber nicht so recht voran zu kommen?
Ja, auch sowas meine ich.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

Brainiac hat geschrieben:(25 Mar 2017, 08:45)

Ok. Ja, die inneren ethnischen und sonstigen Konflikte sind ein furchtbares Hindernis für die Entwicklung, sehe ich auch so. Aber wären zur Verhinderung bzw. Beendigung der Bürgerkriege nicht vor allem eine funktionierende Staatsgewalt und die Durchsetzung von Recht und Gesetz erforderlich? Womit wir wieder bei dem von mir ausgeführten Punkt wären.

Unter deinem "gemeinsamen Staatswesen" als "Verwaltungsebene" und übergreifender "Koordinator zur Zukunftsplanung" kann ich mir nicht so recht was vorstellen. Vielleicht magst du das ein wenig ausführen oder etwas verlinken? Jedenfalls würde das ja bedeuten, dass sich die Stämme freiwillig einer Verwaltungsinstanz unterwerfen, was Konfliktparteien in Bürgerkriegen natürlich selten von selbst tun. Oder geht es um etwas Schwächeres und Unverbindlicheres, sozusagen eine Art "Runder Tisch" als Anfang?
Ich fasse es mal kurz zusammen als die Bereitschaft, angesichts der Lage, funktionierende Nationalstaaten mit Verantwortlichkeit zu unterstützen, bzw. sich bewusst zu sein, ein Nationalstaat zu sein, sich einer grösseren gesellschaftlichen Einheit ein -oder unterordnen zu müssen.
Hilfe und Problemlösungen sind unmöglich, wenn es tausende verschiedene Splitter gibt.
Diese Bereitschaft müssen die Menschen von sich aus bringen, aber sie sind bislang offensichtlich grossteilig nicht in der Lage, die Situation überhaupt zu begreifen und so die richtigen Schlüsse zu ziehen.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Ger9374 »

Die AU ist mehr militärisch aktiv wenn sich die
Staaten auf einen Einsatz einigen.
Das wirtschaftliche Problem der Afrikaner ist so komplex das da Entwicklungshilfe ein Punkt von sehr vielen ist. In absehbarer Zeit werden da keine
Besseren Ansätze entstehen da die Rahmenbedingungen in Afrika zu desolat sind.
Alles was an Infrastruktur aufgebaut wird verrottet weil noch nicht Mal die Instandhaltung funktioniert.
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

Als jemand, der in dieser globalisierten, digitalisierten Welt Staatenbünde, Kooperationen und Integrationsbestrebungen generell befürwortet, halte ich auch die AU, oder vergleichbare Initiativen, für den richtigen Weg. Dies vor allem aufgrund der oftmals recht willkürlichen Grenzziehungen auf diesem Kontinent mit eigentlich (m.E.) zu vielen einzelnen Staaten, die gemeinsam definitiv stärker wären.

Der Einigungsprozess setzt aber m.E. zunächst funktionierende Einzelstaaten voraus. Mir fehlt die Vorstellung, wie eine AU an den Nationalstaaten vorbei etwas bewerkstelligen soll, sei es ethnische Konfliktlösung, Aufbau von Good Governance oder wirtschaftliche Entwicklung. Kompetenzen, die man national gar nicht hat, kann man auch nicht an die AU übertragen.

Oder müsste man eine "AU der Stämme" gründen, die von, angenommen es gäbe diese, führenden Vertretern von Hausa, Yeruba, Bantu, Tuareg, Berber etc. und den hunderten kleineren Ethnien besetzt würde, und die dann - nach entsprechender Einigung und Zukunftsplanung - auf die Menschen in den verschiedenen Ländern mehr Einfluss nehmen könnten, als die Nationalstaaten dazu in der Lage sind? Das klingt äußerst utopisch. :|
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von ThorsHamar »

Brainiac hat geschrieben:(25 Mar 2017, 14:54)

Als jemand, der in dieser globalisierten, digitalisierten Welt Staatenbünde, Kooperationen und Integrationsbestrebungen generell befürwortet, halte ich auch die AU, oder vergleichbare Initiativen, für den richtigen Weg. Dies vor allem aufgrund der oftmals recht willkürlichen Grenzziehungen auf diesem Kontinent mit eigentlich (m.E.) zu vielen einzelnen Staaten, die gemeinsam definitiv stärker wären.

Der Einigungsprozess setzt aber m.E. zunächst funktionierende Einzelstaaten voraus. Mir fehlt die Vorstellung, wie eine AU an den Nationalstaaten vorbei etwas bewerkstelligen soll, sei es ethnische Konfliktlösung, Aufbau von Good Governance oder wirtschaftliche Entwicklung. Kompetenzen, die man national gar nicht hat, kann man auch nicht an die AU übertragen.

Oder müsste man eine "AU der Stämme" gründen, die von, angenommen es gäbe diese, führenden Vertretern von Hausa, Yeruba, Bantu, Tuareg, Berber etc. und den hunderten kleineren Ethnien besetzt würde, und die dann - nach entsprechender Einigung und Zukunftsplanung - auf die Menschen in den verschiedenen Ländern mehr Einfluss nehmen könnten, als die Nationalstaaten dazu in der Lage sind? Das klingt äußerst utopisch. :|
Ja, eben. Das klingt nicht nur utopisch, das ist utopisch.
Wir ignorieren aus politisch-ideologischen Gründen die tatsächliche Relevanz von gesellschaftlicher Evolution.
Entweder mischen wir uns endlich mal konsequent in die Entwicklung ein, was voraussetzt, dass erstmal offiziell eine Unterentwicklung konstatiert wird, oder wir vermeiden jegliche Einmischung in die Entwicklung von Gesellschaften aus der Steinzeit.
Diese gegenwärtige, halbherzige Kleckerpolitik ermöglicht noch mehr Mord und Totschlag, weil wir von hier aus sog. Rebellen definieren und unterstützen, welche vor Ort aber die Arschlöcher sein können ..... aber dann mit unseren Waffen .... und nächstes Jahr sind es dann die Anderen ....
Btw. ist auch genau Das, was das eigentlich Gefährliche an der sog. Flüchtlingspolitik ist. Die politische Verfolgung betrifft praktisch alle Seiten ....

Die einzig vernünftige, allerdings unmachbare Lösung ist, den Stämmen ihre Gebiete zuzuweisen, ohne Staatengrenzen, und die Menschen ihre Erfahrungen selbst machen zu lassen!
Irgendwann kommen sie auf die Idee, dass ihre Kinder besser leben, wenn auch die Kinder ihrer "Gegner" besser leben können ....
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Re: How to: Entwicklungshilfe

Beitrag von Brainiac »

ThorsHamar hat geschrieben:(25 Mar 2017, 16:28)

Ja, eben. Das klingt nicht nur utopisch, das ist utopisch.
Wir ignorieren aus politisch-ideologischen Gründen die tatsächliche Relevanz von gesellschaftlicher Evolution.
Entweder mischen wir uns endlich mal konsequent in die Entwicklung ein, was voraussetzt, dass erstmal offiziell eine Unterentwicklung konstatiert wird,

Letzteres, die Konstatierung der Unterentwicklung, wird doch getan, mehr als deutlich. :?:

Und mit dem "konsequent Einmischen" meinst du...
oder wir vermeiden jegliche Einmischung in die Entwicklung von Gesellschaften aus der Steinzeit.
Diese gegenwärtige, halbherzige Kleckerpolitik ermöglicht noch mehr Mord und Totschlag, weil wir von hier aus sog. Rebellen definieren und unterstützen, welche vor Ort aber die Arschlöcher sein können ..... aber dann mit unseren Waffen .... und nächstes Jahr sind es dann die Anderen ....
Btw. ist auch genau Das, was das eigentlich Gefährliche an der sog. Flüchtlingspolitik ist. Die politische Verfolgung betrifft praktisch alle Seiten ....

Die einzig vernünftige, allerdings unmachbare Lösung ist, den Stämmen ihre Gebiete zuzuweisen, ohne Staatengrenzen, und die Menschen ihre Erfahrungen selbst machen zu lassen!
Irgendwann kommen sie auf die Idee, dass ihre Kinder besser leben, wenn auch die Kinder ihrer "Gegner" besser leben können ....
... diesen Ansatz?

Das ist natürlich auch utopisch, wie du schon selbst sagst, wir können ja nicht von hier aus 54 Nationalstaaten auflösen, ohne das Völkerrecht auf drn Kopf zu stellen.
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