Iran 2016 - Perspektiven

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King Kong 2006
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Wolverine hat geschrieben:(17 Jan 2016, 00:24)

Mmh, diese gespielte Naivität kaufe ich dir nicht ab. Die Industrie setzt die Regierungen unter Druck, weil die Mächtigen und Reichen Geld verdienen wollen. Jetzt habe ich es so einfach erklärt, dass sogar du es kapieren müsstest. :D
Die geplante Vernichtung Israels durch den Iran ist da wohl eher so ein nervender Klingelton. :rolleyes:
Also sind die Mächtigen und Reichen (wer wäre das z.B.?) daran interessiert gezielt Israel über den Jordan gehen zu lassen, um Geld zu verdienen?
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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schokoschendrezki
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von schokoschendrezki »

Wolverine hat geschrieben:(16 Jan 2016, 23:56)

Für mich wird der Iran immer der Staat innerhalb der UN sein, der vollkommen sanktionslos die Vernichtung eines Staates und seiner Einwohner fordern darf und dafür auch noch mit der Aufhebung von Sanktionen belohnt wird. Und das 71 nach der Befreiung von Auschwitz. Ich kann irgendwie nicht ganz nachvollziehen wie man über ein solch extremistisches Gebilde fabulieren kann, welches eine ganze Bevölkerung in Geiselhaft hält. Die offene Unterstützung des weltweiten Terrorismus wollte ich eigentlich unerwähnt lassen, aber jetzt ist es doch rausgerutscht.
Es ist mir schon mehrfach aufgefallen, dass kaum irgendwo eine solche (und solch unangebrachte weil rein subjektive) Häufung von Ewigkeitsattibuten wie "immer" oder "nie" fällt, wie im Zusammenhang mit Problemen im Nahen Osten.

Zur Erinnerung: Iran gehörte zu den allerersten Staaten nach 45, die Israel anerkannt haben. Noch bedeutsamer: Sowohl die "diffus linke" Regierung Mossadegh als auch das offen prowestliche Schah-Regime unterhielten ausgezeichnete Beziehungen zu Israel. Was ja wohl die Annahme einer irgendwie gearteten inneren, "ewiglichen" Feindschaft widerlegt.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Jekyll
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Jekyll »

Wolverine hat geschrieben:(17 Jan 2016, 00:24)Die geplante Vernichtung Israels durch den Iran ist da wohl eher so ein nervender Klingelton. :rolleyes:
Die "geplante Vernichtung" existiert nur in deiner Phantasie. Niemand hat die Absicht, Israel zu vernichten.
Sie schufen eine Wüste und nannten es...Frieden.
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Wolverine
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Wolverine »

Jekyll hat geschrieben:(17 Jan 2016, 07:38)

Die "geplante Vernichtung" existiert nur in deiner Phantasie. Niemand hat die Absicht, Israel zu vernichten.
Mmh, was machst du denn, wenn ich Zitate führender Militärs einstelle, die doch tatsächlich behaupten, dass die Vernichtung Israels die Nummer 1 der Agenda ist? Wenn ich dann noch die geistlichen verlinke, die das ebenfalls behaupten, was machst du dann? Meldest du dich dann vom Forum ab? :cool:
Der Iran, respektive die militärische und geistliche Führung haben definitiv die Absicht Israel zu vernichten und machen noch nicht mal einen Hehl daraus. Nicht meine Fantasie. Realität nennt man das. Wäre nett, würdest du irgendwann mal dort ankommen. :rolleyes:
If Israel were to put down its arms there would be no more Israel.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Die Aufhebung Sanktionen geht nicht nur mit ökonomischen Veränderungen einher, wie auch politischen im Kontext von Kooperationen mit dem Westen in der Region, sondern stellt wie gesagt auch Herausforderungen an die Hardliner im Iran. Die Öffnung birgt für diese Gefahren. Umso abgeschotteter ein System ist, desto geschützter. Die Reformer, nicht unwesentlicher Teile der iranischen Bevölkerung und auch der Westen baut darauf.
Analysis: Lifting of sanctions a blessing for Iran, but could endanger the Islamic regime

Iranian hardliners fear that economic change and openness will bring ideas such as democracy, human rights and sexual permissiveness, which will weaken their hold on the country.

http://www.jpost.com/Middle-East/Iran/A ... ime-441769
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Stimmen aus dem Iran:
Iraner über Ende der Sanktionen: "Als würde neues Blut in unseren Körpern fließen"

Jahre der Abschottung sind vorbei - nun beginnt für Iran eine neue Epoche. Oder? Viele hoffen mit dem Ende der Sanktionen auf ein besseres Leben. Doch es gibt auch Skepsis. Wir haben Stimmen im Land gesammelt.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/i ... 72758.html
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Wieder einmal wurden die meisten Kandidaten, die dem Reformlager zuzuordnen sind für die Wahl des Parlamentes ausgeschlossen. Rouhani bringt Stimmung mit seiner Meinung dazu in den Laden. Zumal er damit auch Khamenei widerspricht.
Wahl im Iran: Heftige Debatten um Ausschluss für viele Reformer

Mehr als 80 Prozent der liberalen Kandidaten von Parlamentswahl ausgeschlossen

Irans Präsident Hassan Rohani griff zu einem gewagten Vergleich: "Juden, Christen, Anhänger von Zarathustra und sonstige Minderheiten im Iran – sie haben im Parlament ihre Abgeordneten. Wieso also verweigert man sieben bis 20 Millionen anderen Menschen, ihre Favoriten zu wählen?", fragte der Regierungschef in einer Rede im Parlament. Ziel der scharfen Kritik: das Vorgehen des Wächterrats, der zuvor mehr als 80 Prozent der liberalen Kandidaten von der für Februar geplanten Parlamentswahl ausgeschlossen hatte.

Rohani reagierte damit direkt auf eine Rede des religiösen Führers Ayatollah Ali Khamenei. Dieser hatte zwar alle Iraner aufgefordert, an der Wahl teilzunehmen, aber indirekt auch das Vorgehen des Wächterrats begrüßt. Zudem hatte er vorausgesagt, das kommende Parlament werde sehr ähnlich wie das aktuelle aussehen, in dem es kaum Reformer gibt. "Wie will man Leute ermuntern, an Wahlen teilzunehmen, wenn man ihnen nicht ermöglicht, ihre Favoriten ins Parlament zu schicken?", fragte nun Rohani bei einem Zusammentreffen der Direktoren des Innenministeriums. - derstandard.at/2000029563163/Wahl-im-Iran-Heftige-Debatten-um-Ausschluss-fuer-viele-Reformer
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

King Kong 2006 hat geschrieben:(22 Jan 2016, 21:04)

Wieder einmal wurden die meisten Kandidaten, die dem Reformlager zuzuordnen sind für die Wahl des Parlamentes ausgeschlossen. Rouhani bringt Stimmung mit seiner Meinung dazu in den Laden. Zumal er damit auch Khamenei widerspricht.
Es gibt im Iran diverse Machtzentren und es ist sehr schwer, von aussen zu beurteilen, wer wem untersteht. Den schwächsten Stand scheint der gewählte Präsident zu haben, obwohl er die grösste Legitimation und ein hohes Ansehen hat. Es wäre im Interesse des Irans und auch des Westens, dass Rohani mehr Macht bekommt und so mehr Berechenbarkeit in die iranische Politik einbringt.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Kohlmeise hat geschrieben:(22 Jan 2016, 22:29)

Es gibt im Iran diverse Machtzentren und es ist sehr schwer, von aussen zu beurteilen, wer wem untersteht. Den schwächsten Stand scheint der gewählte Präsident zu haben, obwohl er die grösste Legitimation und ein hohes Ansehen hat. Es wäre im Interesse des Irans und auch des Westens, dass Rohani mehr Macht bekommt und so mehr Berechenbarkeit in die iranische Politik einbringt.
Dazu ein Art der Betrachtung:
Das iranische Regime wird allerdings nicht nur durch den Faktor „Äußere Bedrohung“ stabilisiert, wodurch man in der Lage ist, das Volk um sich zu scharen, sondern vor allem auch aufgrund seiner systemrelevanten Beschaffenheit und des ideologischen Überbaus.

Der größte ordnungspolitische Stabilitätsfaktor in der Islamischen Republik ist die Verfassung selbst. Iran ist nicht monolithisch, das heißt., dass es gleich mehrere zueinander konkurrierende Machtzentren gibt, wie die Exekutive, Legislative und Judikative, die institutionell unabhängig voneinander sind. Hinzu kommen das „überparteiische“ Amt des religiösen Staatsoberhauptes (Wilayat al-Faqih) und einige weitere Machtzentren, wie die des Schlichtungrates. Das heißt buchstäblich das, was in der westlichen Rezeption als „Systemfehler“, „Machtkampf“ und „Risse im Regime“ empfunden wird, ist in Wirklichkeit eine der Grundsäulen der iranischen Stabilität.

Zur Gegenüberstellung: In Tunesien gab nur ein einziges Machtzentrum, nämlich das des Präsidenten. Alles war auf eine Person zugeschnitten, die seit mehr als 20 Jahren regiert. Sein Sturz kam daher dem Sturz des gesamten Regimes gleich, in Iran ist dies dagegen nur eine Frage der Personalentscheidung. Das heißt, dass die Islamische Republik im Falle von Unruhen fähig ist, durch den Austausch eines einzelnen oder mehrerer Verantwortungsträger oder einer politischen Strömung die Schuld von Miseren und Krisen auf einer einzelne Person bzw. einer politischen Strömung zu delegieren, wodurch neue glaubwürdige Versprechen möglich sind und neue Hoffnungen verbreitet werden können und der Volkszorn damit stark gedämpft wird.

http://irananders.de/nachricht/detail/410.html
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

Saudi Arabien, also unser "Verbündeter und guter Freund" hat ja nicht einmal eine Verfassung :D .
Wie kann ein solcher Staat unser Verbündeter sein?
Bei allen Problemen und religiösem Getöse im Iran, ist das Land mit Saudi Arabien nicht zu vergleichen. Es sind Welten dazwischen.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

Über Ruhani:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... -hardliner

Ruhani kämpft gegen Irans Hardliner.
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Platon
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Platon »

ja, der war sauer
aber hilft wahrscheinlich nix
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Kohlmeise

Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

Platon hat geschrieben:(24 Jan 2016, 22:49)

ja, der war sauer
aber hilft wahrscheinlich nix
Er ist ambitioniert. Vielleicht will er in den Chefsessel?
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Platon »

Kohlmeise hat geschrieben:(24 Jan 2016, 22:54)

Er ist ambitioniert. Vielleicht will er in den Chefsessel?
Wenn er das wollen würde, würde er sich nicht so verhalten. Der nächste Revolutionsführer wird jemand auf den sich alle Fraktionen einigen können, bestimmt ein Konservativer mit der Bereitschaft zum Kompromiss, der nach Möglichkeit nicht allzu viel angeeckt ist. Dazu würde es dem Amt des Revolutionsführers nicht schaden, wenn es wieder ein echter Ayatollah wird.

Ich denke es geht bei seinen Aussagen um den innenpolitischen Machtkampf und natürlich seine eigene Glaubwürdigkeit vor denjenigen die ihn gewählt haben.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

Platon hat geschrieben:(24 Jan 2016, 23:24)

Wenn er das wollen würde, würde er sich nicht so verhalten. Der nächste Revolutionsführer wird jemand auf den sich alle Fraktionen einigen können, bestimmt ein Konservativer mit der Bereitschaft zum Kompromiss, der nach Möglichkeit nicht allzu viel angeeckt ist. Dazu würde es dem Amt des Revolutionsführers nicht schaden, wenn es wieder ein echter Ayatollah wird.

Ich denke es geht bei seinen Aussagen um den innenpolitischen Machtkampf und natürlich seine eigene Glaubwürdigkeit vor denjenigen die ihn gewählt haben.
Wie man im Atomstreit sehen konnte, ist das Regime gar nicht so starr, wie man die ganze Zeit gedacht hatte. Vielleicht erkennen die Geistlichen irgendwann, dass sie ihren Erzfeind in Saudi Arabien mit dessen eigenen Waffen schlagen können, nämlich mit der Annäherung an die USA. Am Ende geht es den Mullahs ja auch nur um ihre irdische Macht. Diese könnten sie mit einem klugen und relativ liberalen Ruhani an der Spitze länger behalten und nebenbei dem Westen klarmachen, dass der Iran für ihn mittelfristig die bessere Wahl ist als die Saudis.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Platon »

Kohlmeise hat geschrieben:(25 Jan 2016, 00:10)

Wie man im Atomstreit sehen konnte, ist das Regime gar nicht so starr, wie man die ganze Zeit gedacht hatte.
Eigentlich war das vorher auch bekannt. Es gibt in der Islamischen Republik immer ein Hin- und Herpendeln zwischen verschiedenen Teilen des Establishments, die miteinander um Posten und Einfluss ringen. In Bezug auf die USA haben die Iraner unter Revolutionsführer Khamenei immer gesagt, dass man sich unter gewissen Umständen eine Annäherung an die USA vorstellen könnte.
Vielleicht erkennen die Geistlichen irgendwann, dass sie ihren Erzfeind in Saudi Arabien mit dessen eigenen Waffen schlagen können, nämlich mit der Annäherung an die USA. Am Ende geht es den Mullahs ja auch nur um ihre irdische Macht. Diese könnten sie mit einem klugen und relativ liberalen Ruhani an der Spitze länger behalten und nebenbei dem Westen klarmachen, dass der Iran für ihn mittelfristig die bessere Wahl ist als die Saudis.
Die Macht der Islamischen Republik basiert auf der militärischen Stärke der Revolutionsgarden, der ökonomischen Macht des Staates und der Fähigkeit seine Verbündeten loyal zu halten und eng an sich zu binden. Die USA können da gar nicht so viel gegen machen, als sich damit zu arrangieren. Genau das machen sie ja jetzt. Umgekehrt müssen die Iraner sich damit abfinden, dass die USA in ihrer Region die dominante Weltmacht sind und es sich lohnt mit ihnen zusammen zu arbeiten, wenn man gemeinsame Interessen hat. Rohani ist übrigens auch nicht wirklich liberal, außenpolitisch hat sich in erster Linie der Ton geändert, nicht aber der Inhalt.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

Platon hat geschrieben:(25 Jan 2016, 00:28)

Eigentlich war das vorher auch bekannt. Es gibt in der Islamischen Republik immer ein Hin- und Herpendeln zwischen verschiedenen Teilen des Establishments, die miteinander um Posten und Einfluss ringen. In Bezug auf die USA haben die Iraner unter Revolutionsführer Khamenei immer gesagt, dass man sich unter gewissen Umständen eine Annäherung an die USA vorstellen könnte.

Die Macht der Islamischen Republik basiert auf der militärischen Stärke der Revolutionsgarden, der ökonomischen Macht des Staates und der Fähigkeit seine Verbündeten loyal zu halten und eng an sich zu binden. Die USA können da gar nicht so viel gegen machen, als sich damit zu arrangieren. Genau das machen sie ja jetzt. Umgekehrt müssen die Iraner sich damit abfinden, dass die USA in ihrer Region die dominante Weltmacht sind und es sich lohnt mit ihnen zusammen zu arbeiten, wenn man gemeinsame Interessen hat. Rohani ist übrigens auch nicht wirklich liberal, außenpolitisch hat sich in erster Linie der Ton geändert, nicht aber der Inhalt.
Ich hatte eigentlich auf was anderes abgehoben. Ich meine, es würde die Position Irans in der Region besonders gegenüber dem Erzfeind Saudi Arabien erheblich stärken, wenn man zu echter Kooperation mit den USA übergehen würde, wobei Koopertion natürlich keine Unterwerfung zur Folge haben muss. Ein selbstbewusster Iran kann auf seine Interessen achten und diese wahren und trotzdem ein verlässlicher Partner für den Westen sein. Ruhani traue ich den Mut dazu absolut zu. Er ist nach meinem Eindruck der liberalste Politiker nicht nur im Iran, sondern in der gesamten islamischen Welt.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Platon »

Kohlmeise hat geschrieben:(25 Jan 2016, 12:48)

Ich hatte eigentlich auf was anderes abgehoben. Ich meine, es würde die Position Irans in der Region besonders gegenüber dem Erzfeind Saudi Arabien erheblich stärken, wenn man zu echter Kooperation mit den USA übergehen würde, wobei Koopertion natürlich keine Unterwerfung zur Folge haben muss. Ein selbstbewusster Iran kann auf seine Interessen achten und diese wahren und trotzdem ein verlässlicher Partner für den Westen sein. Ruhani traue ich den Mut dazu absolut zu. Er ist nach meinem Eindruck der liberalste Politiker nicht nur im Iran, sondern in der gesamten islamischen Welt.
Wie stellst du dir diese echte Kooperation denn vor? Also was sollten die Iraner und die USA denn noch mehr machen? Weil sie kämpfen doch bereits gegen einen gemeinsamen Feind und sie knüpfen immer engere politische und bald auch ökonomische Beziehungen. Vielleicht eröffnen die USA ja mal wieder eine Botschaft in Teheran. Die größten Unterschiede zwischen den USA und den Iraner ist Israel und Assad. Bei Israel wird es zwischen den USA und Iran nie eine Annäherung der Standpunkte geben, beim Thema Assad wird man sehen was passiert.

Das die USA irgendwann einen Militärstützpunkt im Iran eröffnen ist nebenbei gesagt völlig undenkbar, wenn die Iraner das akzeptieren, ist die Islamische Republik am Ende.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

Platon hat geschrieben:(25 Jan 2016, 13:42)

Wie stellst du dir diese echte Kooperation denn vor? Also was sollten die Iraner und die USA denn noch mehr machen? Weil sie kämpfen doch bereits gegen einen gemeinsamen Feind und sie knüpfen immer engere politische und bald auch ökonomische Beziehungen. Vielleicht eröffnen die USA ja mal wieder eine Botschaft in Teheran. Die größten Unterschiede zwischen den USA und den Iraner ist Israel und Assad. Bei Israel wird es zwischen den USA und Iran nie eine Annäherung der Standpunkte geben, beim Thema Assad wird man sehen was passiert.

Das die USA irgendwann einen Militärstützpunkt im Iran eröffnen ist nebenbei gesagt völlig undenkbar, wenn die Iraner das akzeptieren, ist die Islamische Republik am Ende.
Der Feindschaft mit Israel würde spätestens dann die Grundlage entzogen werden, wenn der Staat Palästina gegründet wird, der Israel und dessen Grenzen ja anerkennen wird.
Danach sieht es z. Z. zwar nicht aus, aber der Staat Palästina wird schon irgendwann kommen.

Wenn der Iran und die USA wieder volle diplomatische Beziehungen aufnehmen würden, könnten sie in wichtigen politischen Fragen immer noch völlig unterschiedlicher Auffassung sein und trotzdem blühenden Handel miteinander treiben. Der schiitische Iran hat ja auch hervorragende wirtschaftliche Beziehungen zur sunnitischen Türkei, obwohl beide Staaten gerade in Syrien erbitterte Stellvertreterkriege gegeneinander führen. In Bezug auf Syrien sind die Amis viel näher bei Iran als bei der Türkei, die Assad stürzen will, koste, was es wolle.

Man sollte ausserdem die Fexibilität der Islamischen Republik nicht unterschätzen, die treuen Anhänger des Regimes nehmen nämlich alles als angezeigt und angemessen hin, was der geistliche Führer gerade sagt und entscheidet. Eine Rebellion gegen die oberste religiöse Führung ist absolut verpönt. Das Ende der islamischen Republik wird ja zwar schon länger von ein paar Auslandspersern dauernd vorausgesagt, bislang ist es aber nur bei Ankündigung und Kaffeesatzleserei geblieben.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Platon »

Kohlmeise hat geschrieben:(25 Jan 2016, 14:12)

Der Feindschaft mit Israel würde spätestens dann die Grundlage entzogen werden, wenn der Staat Palästina gegründet wird, der Israel und dessen Grenzen ja anerkennen wird.
Danach sieht es z. Z. zwar nicht aus, aber der Staat Palästina wird schon irgendwann kommen.
Das ist schwer vorauszusagen. Nach der offiziellen iranischen Ideologie ist Israel ein Produkt der kolonialen/imperialen Aggression gegen den Islam. Auch im Falle einer 2-Staaten-Lösung würde sich daran nichts ändern, weswegen die Islamische Republik den Friedensprozess auch ablehnt und bewaffnete Gruppen unterstützt, welche die Vernichtung Israels anstreben.

Es gab aber mal die Aussage von Rafsanjani, dass man nicht palästinensischer als die Palästinenser sein müsse, d.h. wenn diese einer Friedenslösung per Volksabstimmung zustimmen, könnte man über diese Art zu einer gemäßigteren Position kommen, die nicht die totale Vernichtung Israels fordert.
Wenn der Iran und die USA wieder volle diplomatische Beziehungen aufnehmen würden, könnten sie in wichtigen politischen Fragen immer noch völlig unterschiedlicher Auffassung sein und trotzdem blühenden Handel miteinander treiben.
Volle diplomatische Beziehungen, d.h. die Eröffnung einer Botschaft sehe ich skeptisch. Die Ereignisse der Botschaftsbesetzung sind noch sehr frisch, dazu hat das Regime jetzt bald 30 Jahre lang erzählt die US-Botschaft sei eine Spionage-Hochburg und die Besetzung daher gerechtfertigt gewesen. Da kann man nicht mal eben die Botschaft neu eröffnen bzw. die USA wollen natürlich Garantien für die Sicherheit des eigenen Personals, nur US-Marines auf iranischen Straßen sind für die Iraner kaum zu akzeptieren. Das ist alles nicht so einfach.

Davon mal abgesehen eröffnet die Lösung des Atomkonflikts ja die Möglichkeit politisch und ökonomisch zu kooperieren. Visums kann man sich ja auch austellen lassen, ich glaube über die Schweizer Botschaft. Das geht alles schon.
Man sollte ausserdem die Fexibilität der Islamischen Republik nicht unterschätzen, die treuen Anhänger des Regimes nehmen nämlich alles als angezeigt und angemessen hin, was der geistliche Führer gerade sagt und entscheidet. Eine Rebellion gegen die oberste religiöse Führung ist absolut verpönt. Das Ende der islamischen Republik wird ja zwar schon länger von ein paar Auslandspersern dauernd vorausgesagt, bislang ist es aber nur bei Ankündigung und Kaffeesatzleserei geblieben.
Also zunächst mal ist die Stellung bzw. Rolle des Revolutionsführers nicht derart, wie du es hier darstellst. Khamenei bzw. sein Büro treffen alle wichtigen Entscheidungen, allerdings tut er das nicht einfach so, sondern er formuliert was er bzw. seine Mitarbeiter für einen Elitenkonsens halten. Das heißt im Normalfall gibt es zu bestimmten Sachen bei den Eliten, zumeist hinter verschlossenen Türen manchmal auch öffentlich, heftige Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten und Khamenei formuliert dann einen Kompromis bzw. das Ergebnis dieser Diskussionen. Und dabei spielen die Revolutionsgarden, neben der Clique von Veteranen der Revolution 79 und des Golfkrieges die Hauptrolle. Es ist ja die große Stärke der Islamischen Republik, dass eben nicht ein Mann, ein Diktator, alles entscheidet, sondern, dass die Politik von den politischen (eine Clique von Leuten die sich seit langem kennen) und militärischen (d.h. die Revolutionsgarden) Eliten gemacht wird. Und da geht es ja derzeit mal wieder hoch her, weil die Reformer unter Rohani zurück in die Institutionen drängen.

Zum Anderen ist es so, dass Khamenei alt ist. Er war auch schon mehrfach krank. Sein Nachfolger bzw. seine Nachfolger (die Möglichkeit ein 3er Gremium zu ernennen gibt es ja auch) müsste erst einmal beginnen, sich einen Status aufzubauen, welche ihn in die Position versetzt dieselbe Rolle zu spielen wie aktuell Khamenei. Dieser hat ja auch einige Jahre gebraucht bis man ihn als die herausragende Figur wahr genommen hat bzw. sein eigener Status ist nach wie vor nicht mit dem von Khomeini zu vergleichen. Das heißt grundlegende Veränderungen müssten noch von Khamenei selbst ausgehen und der wird nichts entscheiden, welches den Revolutionsgarden massiv gegen den Strich geht.

Von daher mag die Islamische Republik flexibel sein, diese Flexibilität hat aber auch Grenzen, weil man muss die Konservativen immer mitnehmen, man kann nichts entscheiden was von diesen krass abgelehnt wird.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

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Platon hat geschrieben:(25 Jan 2016, 14:40)Das ist alles nicht so einfach.
Das ist wohl wahr.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

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Rouhani beginnt seine Europa Tour in Italien, dann geht es nach Frankreich weiter.
Mega-deals await as Iranian president starts European trip in Rome

Heading a 120-strong delegation of Iranian business leaders and ministers, Rouhani will spend two days in Rome before flying to France on Wednesday, hoping to burnish Tehran's international credentials at a time of turmoil across the Middle East.

Officials in Rome said Italian firms were set to sign deals worth up to 17 billion euros ($18.4 billion) over the next two days, including in the energy, infrastructure and steel sectors.

http://www.reuters.com/article/us-iran- ... SKCN0V31DJ
Der Iran ist auch an Boeing aus den USA interessiert. Die Direktflüge in die Staaten sind eine Möglichkeit geworden.
Iran wants to buy 500 planes and resume flights to U.S.
http://money.cnn.com/2016/01/25/news/ir ... s-flights/
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

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Paris und Teheran wollen ihre Beziehungen normalisieren. Frankreich ist neben Deutschland ein alter Handelspartner. Neue Automodelle sollen im Iran produziert werden. Die alte Produktion frz. Modelle wird wieder angefahren. Der Iran kann wieder auf Paris zählen. Interessant. Warum eigentlich? Hat sich irgendetwas geändert? Ach ja, der Iran will keinen Atomkrieg mehr... Welch eine großartige Aufführung. :rolleyes:
Frankreich und Iran auf Kooperationskurs

Mit satten Wirtschaftsverträgen und einer politischen Annäherung wollen Frankreich und der Iran ihre Beziehungen wiederbeleben. Irans Präsident Ruhani sagte in Paris, er wolle die Ära einer "neuen Beziehung" zwischen beiden Ländern einläuten.

Mit satten Wirtschaftsverträgen und einer politischen Annäherung wollen Frankreich und der Iran ihre Beziehungen wiederbeleben. Irans Präsident Hassan Ruhani sagte am Donnerstag in Paris, er wolle die Ära einer "neuen Beziehung" zwischen beiden Ländern einläuten. Premierminister Manuel Valls entgegnete, Teheran könne "auf Frankreich zählen". Am Nachmittag sollten unter anderem Verträge mit dem Flugzeugbauer Airbus und dem Energieriesen Total unterzeichnet werden.
Zudem kündigte der französische Autobauer PSA Peugeot-Citroën seinen Wiedereinstieg in den iranischen Markt an. Geplant sind ein Joint Venture mit dem Hersteller Iran Khodro sowie Investitionen im Umfang von 400 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren. Langfristiges Ziel ist die Produktion von 200.000 Fahrzeugen pro Jahr im Iran.
Ein immer wieder kehrendes Thema ist auch die Lage der Menschenrechte im Iran. Diese Frage werde nicht ausgespart, hieß es in Paris, sie sei aber kein Gegenstand öffentlicher Äußerungen.

Frankreich und Iran auf Kooperationskurs - Lesen Sie mehr auf:
http://www.donaukurier.de/nachrichten/t ... 1887996672
Neben der Revitalisierung von Produktionsstandorten und industrieller und technologischer Kooperation gilt es jetzt auch die iranischen Rohstoffe, insbesondere die immensen im Mineralsektor auszubeuten. Die Infrastruktur im Iran ist aufgrund der bisherigen Dominanz der fossilen Rohstoffe und auch durch Sanktionen unterentwickelt. Das Gebirgsland Iran ist ein Goldgrube dahinsichtlich.
Iran poised to make billions off country's vast mineral wealth

Iran is poised to become one of the richest countries in the world -- and its potential for profit goes far beyond oil.

After years of economic sanctions and international isolation, the Islamic Republic stands to make an estimated $700 billion off its vast deposits of minerals -- such as copper, iron ore, zinc and lead.

"They are an incredibly mineral-rich nation," said Rebecca Keller, a science and technology analyst with the Texas-based global intelligence company, Stratfor.

"There’s potential for high-quality, fairly low-cost mining in Iran," Keller told FoxNews.com Wednesday, as Iranian President Hassan Rouhani tours Europe this week, signing business deals with Western countries clamoring to profit off its natural resources, including its mineral deposits.
Mit Italien wurden Verträge zur Modernisierung und Ausbau von Stahl- und Aluminumwerke im Iran getroffen.
Iran has more than 3,000 active mines -- mostly privately owned -- that contain copper, iron ore and heavy rare earth elements, according to the website mining.com.

"They're everywhere," Keller said of Iran's minerals, noting the potential for mining near the Afghanistan border and through a ridge that runs down the middle of the country.

http://www.foxnews.com/world/2016/01/27 ... ealth.html
Nicht nur asiatische Staaten wie China erwarten durch den sich zu erschließenden Markt Wachstumsschübe, sondern gerade auch Europa.
Iran als neuer Wachstumstreiber für europäische Wirtschaft

Iran: Milliardenaufträge für europäische Unternehmen

Das Ende der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran ist sowohl für den Iran selbst als auch für die potenziellen Handelspartner des Landes ein wahrer Befreiungsschlag. Schon wenige Tage nach Aufhebung der Sanktionen besucht Irans Präsident Hassan Rohani dieser Tage Europa. Der Hauptgrund seiner Reise ist, die einst engen Wirtschaftsbeziehungen zu Europa wiederzubeleben.
Zudem plant die Regierung, ihre Ölexporte auszuweiten und strebt ein Wirtschaftswachstum von 8% pro Jahr an. Letzteres dürfte allerdings aufgrund des niedrigen Ölpreises für das laufende Jahr etwas zu ambitioniert sein.
Der Iran wird neben anderen großen Märkten wie China, Russland, Indien oder Brasilien Chancen für europäische Investoren bieten.
Auch in anderen Branchen werden demnächst große Investitionen getätigt werden, von denen viele europäische Unternehmen profitieren. Daher gilt: Die aktuell schwächelnde Nachfrage aus Brasilien, Russland und China wird durch den Investitionsboom aus dem Iran und das dynamische Wachstum in Indien abgemildert bzw. aufgefangen.

http://www.gevestor.de/news/iran-als-ne ... 60736.html
Daher ist der Iran wie so oft König - als Kunde.
Der iranische Kunde ist König

Goldgräberstimmung in Europa. Automanager in Frankreich und Deutschland reiben sich die Hände. Bei Airbus liegt ein Jahrhundertvertrag für 114 Flugzeuge unterschriftsreif im Konzernsafe. Italiens Pipeline- und Bauindustrie rechnet mit Milliardenaufträgen, fünf komplette Krankenhäuser soll das Land in den nächsten Jahren liefern. Und nebenbei gab es im Vatikan noch eine höfliche Audienz beim Papst – sozusagen von Gottesmann zu Gottesmann. In den Kapitolinischen Museen wurden sogar nackte Skulpturen mit Holzpanelen vernagelt, damit der gelernte Kleriker aus dem Iran keinen Anstoß nimmt. Hassan Ruhani ist auf Europatour, nicht mehr als Dunkelmann der Achse des Bösen, sondern als Präsident eines Landes, das gerade frisch aus dem Keller der international Geächteten geklettert ist. Er gibt sich aufgeräumt und erleichtert, denn er kommt nicht als Bittsteller, sondern als umworbener Großeinkäufer, der nach zwei Jahrzehnten Sanktionen praktisch alles braucht, was der Modernisierung dient und gegen Geld zu haben ist.

Mit dem Atomabkommen von Wien ist der gordische Knoten durchtrennt im Verhältnis zwischen dem Alten Kontinent und den Erben der 2.500-jährigen persischen Geschichte. Viele europäische Regierungen und Geschäftsleute waren dem immer strikteren Sanktionskurs Washingtons ohnehin nur zähneknirschend und widerwillig gefolgt. Die Iraner mit ihrer Zivilisation und Geschichte, ihrem Bildungsniveau und ihrer reichen Kultur haben den Europäern immer gelegen. Die Wirtschaftsbeziehungen zu der mit Öl und Gas gesegneten Nation waren eng und profitabel. Die iranischen Partner galten als gute Kunden, selbstbewusst und kompetent, pünktlich zahlend und zuverlässig. Alle wittern Geschäfte: Irans Präsident Ruhani bereist Europa nach dem Ende der Sanktionen nicht als Bittsteller, sondern Großeinkäufer. Daheim wird der Wandel härter.
Irans Bevölkerung lehnt den Westen nicht ab

Mit dem wirtschaftlichen Frühling aber werden auch die politischen und kulturellen Beziehungen wieder aufblühen. Der Iran ist wegen seiner faszinierenden Städte und atemberaubenden Landschaften ein erstklassiges Touristenziel. Wenn der Austausch von Wissenschaftlern, Künstlern und Politikern wieder in Gang kommt, werden die gegenseitigen Debatten belebt und kann sich das Vertrauen regenerieren. Anders als in vielen arabischen Staaten hegt die iranische Bevölkerung Sympathie für den Westen. Viele Familien haben Verwandte dort. Jedes Jahr kehren 150.000 Hochtalentierte ihrer Heimat den Rücken.

Und so setzt Hassan Ruhani bei seiner Öffnungspolitik vor allem auf Europa. Mit den Vereinigten Staaten wieder anzuknüpfen, ist weitaus vertrackter – auch wenn in der politischen Elite der Islamischen Republik die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zu Washington inzwischen als der Jackpot außenpolitischer Regierungskunst gilt. Das Misstrauen sitzt tief. Für viele Iraner ist der vom CIA 1953 organisierte Putsch gegen Mohammed Mossadeq, den ersten demokratisch gewählten Premier Irans, genauso unvergessen wie die Waffenhilfe für Saddam Hussein im irakisch-iranischen Krieg von 1980 bis 1988.
Viele Hardliner sind Entspannungsverlierer. Ihre Macht im Inneren bröckelt, ihre üppigen Schwarzgeschäfte unter dem Sanktionsregime haben sich in Luft aufgelöst. Die nächste Kraftprobe ist mit den kommenden Parlamentswahlen bereits in vollem Gange. Denn der ultraorthodoxe Wächterrat blockiert praktisch sämtliche Reformkandidaten, was die Abstimmung am 26. Februar zur absoluten Farce machen würde. Selbst Khomeini-Enkel Hassan, der für seine aufgeklärten Ansichten bekannt ist, darf nicht antreten. Und so muss der diese Woche in Rom und Paris hofierte Ruhani nächste Woche daheim wieder harte Bretter bohren. Außenpolitik ist Innenpolitik – den Schwung seiner Europareise kann er dabei gut gebrauchen.

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... wirtschaft
Iran kehrt als Wirtschaftsmacht zurück auf die Weltbühne

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/n ... -1.2833319
Ein Großteil der "Sorge" der Königreiche auf der Arabischen Halbinsel beruht auch auf diese "Wiederauferstehung". Die Emirate z.B. sind einer der weltweiten Dreh-und Angelpunkte des Flugverkehrs. Das könnte sich ändern.

Gerade die arabischen Staaten am Persischen Golf haben daran partizipiert, daß der Iran "kalt gestellt" wurde. Sonst wären viele Entwicklungen in der Form gar nicht geschehen. Nachdem der Schah und somit der Iran sich in ein Schattendasein verabschiedete. In einigen Bereichen konnten deshalb die arabischen Golfstaaten sich hineinentwickeln. Hier nur ein Beispiel.
Could Iran Become the Next Dubai, an Aviation Superpower?

While the country was an international pariah, an Arab state saw and seized a prize that could have been theirs for the taking: crossroads of international aviation.

http://www.thedailybeast.com/articles/2 ... power.html
Es ist viel bequemer und wirkmächtiger wenn man vor einem Atomkrieg mit dem Iran warnt, sprich für die Beibehaltung von Sanktionen wirbt, als einfach zu sagen, daß man Angst um seine Pfründe hat, die man erhaschen konnte, weil der Iran weggefallen ist.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Platon
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Platon »

Das mit den Autos ist meines Erachtens ein Riesenmarkt, dort sollten auch deutsche Autobauer zuschlagen, vor allem mit umweltverträglichen Autos sollte man bei Staat und Verbraucher punkten können. Man muss es nur werbetechnisch gut verpacken.

Renault hat im Iran eine lange Tradition und ich meine in Teheran oder so steht auch die größte Autofabrik Asiens.
http://www.renault.co.ir/discover/RenaultIran.html
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Platon hat geschrieben:(28 Jan 2016, 19:54)

Das mit den Autos ist meines Erachtens ein Riesenmarkt, dort sollten auch deutsche Autobauer zuschlagen, vor allem mit umweltverträglichen Autos sollte man bei Staat und Verbraucher punkten können. Man muss es nur werbetechnisch gut verpacken.

Renault hat im Iran eine lange Tradition und ich meine in Teheran oder so steht auch die größte Autofabrik Asiens.
http://www.renault.co.ir/discover/RenaultIran.html
Mercedes und VW kommen wieder. Motoren-, Triebwagen im Bahnsektor und Kfz-Bau werden im Iran wieder angefahren.
Daimler has signed letters of intent with local cooperation partners, Iran Khodro Diesel (“IKD”) and the Mammut Group to re-enter the Iranian market. Daimler and IKD have good business relations for the last 50 years. IKD is a subsidiary of Iran Khodro Industrial Group, which is the largest vehicle manufacturer in the MENA region, with around 50% market share in Iran.

Per the new letters of intent, IKD will cooperate with Daimler and form a joint venture under which Mercedes-Benz trucks and powertrain components will be produced locally. In addition, it will establish a sales company for Mercedes-Benz trucks and components. Daimler also intends to return as a shareholder in the former engine joint venture Iranian Diesel Engine Manufacturing Co. Further, both partners are considering the formation of a joint venture focused on selling Mercedes-Benz commercial vehicles locally. Both the companies are expected to benefit from this collaboration. - See more at: http://www.zacks.com/stock/news/204233/ ... A7Cro.dpuf
Unterdessen lotet Volkswagen nach den aufgehobenen Sanktionen gegen den Iran Wachstumschancen in dem potenziellen Riesenmarkt aus. „Wir verfolgen die aktuelle Entwicklung und prüfen mögliche Optionen“, hieß es. Es gebe aber „noch keine Entscheidungen oder Beschlüsse“.

Bis 2009 hatte Volkswagen im Iran Fahrzeuge des Typs Gol produziert.

http://www.focus.de/finanzen/news/wirts ... 17222.html
Im Gegensatz zu Mercedes und VW wäre Audi relativ neu im Geschäft, auch wenn sie eine Tochter von VW sind. Im Gegensatz zu Mercedes und VW, die auch dort produzieren, sind Audi, BMW, Skoda, Porsche und Co. zunächst an Absatzmärkten im Iran für ihre Endprodukte, also dem Vertrieb ihre Fahrzeuge interessiert.
Audi eyes Iran luxury car market

Audi is gauging its first-ever entry into the Iranian auto market where the German firm sees "growing potential" for luxury cars after world powers lifted international sanctions.

http://www.tradearabia.com/news/MTR_298970.html
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

Der Gesichtsausdruck von Hollande sprach heute Bände. Ich meine, wer einen Gast bei sich Willkommen heisst, sollte gewisse Umgangsformen wahren.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Kohlmeise hat geschrieben:(28 Jan 2016, 23:53)

Der Gesichtsausdruck von Hollande sprach heute Bände. Ich meine, wer einen Gast bei sich Willkommen heisst, sollte gewisse Umgangsformen wahren.
Das kann ja auch nur psychische Ausfallerscheinungen mit sich tragen. Jahrelang wird aus geostrategischen Gründen kultiviert, daß der Iran weltweites Zentrum des Bösen ist. Mit Vernichtungsfantasien. Dann wird aus geostrategischen Gründen eine Kehrtwende gemacht. Und dieser orientalische Undertaker wird plötzlich als Partner in Sicherheitsfragen und wirtschaftliche Zusammenarbeit vorgestellt. Das ist schon blöd. Da werden einige Schreiberlinge und Medienhäuser sicher noch große schriftstellerische Schwierigkeiten bekommen. Wie Hollande.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

King Kong 2006 hat geschrieben:(29 Jan 2016, 08:46)

Das kann ja auch nur psychische Ausfallerscheinungen mit sich tragen. Jahrelang wird aus geostrategischen Gründen kultiviert, daß der Iran weltweites Zentrum des Bösen ist. Mit Vernichtungsfantasien. Dann wird aus geostrategischen Gründen eine Kehrtwende gemacht. Und dieser orientalische Undertaker wird plötzlich als Partner in Sicherheitsfragen und wirtschaftliche Zusammenarbeit vorgestellt. Das ist schon blöd. Da werden einige Schreiberlinge und Medienhäuser sicher noch große schriftstellerische Schwierigkeiten bekommen. Wie Hollande.
https://cdn3.vox-cdn.com/thumbor/ytyQYj ... 8958.0.jpg

Wer das Bild von Hollande neben Ruhani mit dem Bild von Hollande neben Salman vergleicht, muss nur noch feststellen, dass der Kerl einfach völlig verwirrt ist.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

Dem Iran kann man nur wünschen, dass die Politiker in Zukunft am besten gar nichts mehr zum Thema Holocaust von sich geben. Die unsäglichen Äusserungen des ehemaligen Präsidenten haben dem Ansehen Irans sehr geschadet. Holocaust ist sowieso kein Thema, bei dem Iran bzw. dessen Führung irgendetwas zu gewinnen hätte. Wenn man schon die Wahrheit nicht akzeptieren will, sollte man zu mindest auf laute Lügen verzichten. Präsident Ruhani und sein Minister Zarif haben sich von ihren Vorgängern auch insofern wohltuend abgegrenzt und abgehoben.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

:D Jetzt auch noch das: Gabriel will Rohani einladen, Merkel nicht.

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 74684.html
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Kohlmeise »

"Außerdem habe das Land im letzten Jahr 750 Menschen hingerichtet, deutlich mehr als Saudi-Arabien".

Saudi Arabien scheint eine Art Massstab für Merkel zu sein.
Richtet ein Land weniger oder genau so viele Menschen wie SA hin, kann man es normal behandeln.
Richtet aber ein Land wie Iran mehr Menschen hin als SA, ist da Vorsicht geboten.

Übrigens, unser guter Freund Herr Xi Jinping in China richtet jährlich am meisten hin.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Berlin will jetzt auch nicht mehr hinter Paris oder Rom hinterherstehen.
Iran-Reise: Steinmeier buhlt um Deutschland-Besuch Rohanis

Bei einem Treffen habe er dem Präsidenten gebeten, "bei seiner nächsten Europareise auch Deutschland als Besuchsziel in den Blick zu nehmen", sagte Steinmeier in Teheran.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/i ... 75398.html
Iran tritt erstmals bei Schiffbaumesse in Hamburg auf

Nach Angaben der staatlichen Reederei Islamic Republic of Iran Shipping Lines will der Iran bis zum Jahr 2020 rund 120 Milliarden Dollar investieren, um die landeseigene Schiffsflotte auszubauen. Europäische Schiffbauer wollen daran partizipieren. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) sieht den Auftritt des Irans bei der SMM positiv: Nach dem Ende der Sanktionen habe das Land einen hohen Bedarf an Innovationen und neuen Schiffen. "Wir sehen ein großes Potenzial in der Zusammenarbeit mit dem Iran", sagt VDMA-Geschäftsführer Hauke Schlegel.

http://www.abendblatt.de/wirtschaft/art ... g-auf.html
Durch die Sanktionen ist die iranische Wirtschaft bereits "geimpft" für strukturelle Veränderungen. Anders als z.B. die arabischen Staaten am Persischen Golf.
Ratingagentur bescheinigt Iran gute Ausgangsposition für Wirtschaftswachstum und Strukturreformen

Die international tätige Rating-Agentur Moody’s prognostiziert für die iranische Wirtschaft in den kommenden Jahren ein ausgeprägtes Wirtschaftswachstum. Die Hochrechnung steht ganz im Zeichen des erfolgreich abgeschlossenen Atomdeals und der Aufhebung internationaler Wirtschaftssanktionen. Zudem verweist Moody's darauf, dass sich der Iran früher als andere Öl-Exporteure an die neue Realitäten der niedrigen Öleinnahmen anpassen und Strukturreformen einleiten konnte.

„Internationale Sanktionen haben dazu geführt, dass sich der Iran früher als andere Öl-Exporteure an die neue Realität der niedrigen Öleinnahmen anpassen und Strukturreformen einleiten konnte“, schrieb Atsi Sheth, Associate Managing Director bei Moody’s.

https://deutsch.rt.com/wirtschaft/36589 ... sposition/
Es gibt in Teheran ehrgeizige Pläne, die sich jetzt umsetzen lassen können.
Iran: The Force Awakens

Iran’s 2025 Vision

The Persian state aims to become the undisputed powerhouse in the Middle East by 2025. Iran’s strategic plan is to reshape its society through economic, political and social objectives with global productive interactions. Vision 2025 is the country’s roadmap to achieve its goals of survival and regional primacy through technological and economic progress, rather than relying on military capabilities or hegemony.
Amid low oil prices, Iran is expected to revive its aging infrastructure by proposing a range of product diversification superior to other regional oil exporters.

http://themarketmogul.com/iran-force-awakens/
Das Ziel im Iran ist jetzt Diversifikation. Die breite industrielle Basis im Iran soll jetzt eine Frischzufuhr durch joint ventures und Technologietransfer aus dem Westen erhalten. Chinesische Firmen sind zwar im Rahmen eines "strategischen 25-Jahres Plans" mit einem prognostizierten Volumen von über 600 Milliarden Dollar weiterhin massiv im Iran vertreten, aber die können eben technologisch meist nicht mit dem Westen mithalten.
If U.S. companies are willing to come and invest in Iran, to bring manufacturing to Iran, we have no problem with that," Rouhani said in a wide-ranging interview aired live on state TV.

He said Iran's economy would change dramatically, away from importing goods paid for by oil sales and toward developing industry through joint ventures with foreign firms, with a view to exporting manufactured goods including cars.Rouhani invites U.S. firms to invest in changing Iranian economy

WORLD CLASS MANUFACTURING

"In terms of cars, we must be world class ... The recent contracts signed in France involve investment in Iran and manufacturing cars inside the country, and cars will be exported," he said.
"Of course the fall in oil prices has put pressure on us, but besides that we can see an opportunity," Rouhani said. "Even if the oil price rises, we should still rely more on non-oil exports."
Dabei ist die eigene Betrachtungsweise durchaus realistisch. Nicht alles wird den Sanktionen angelastet. Vieles ist hausgemacht. Bürokratische Hemmnisse, Korruption uvm. führen zu ineffizienten Handlungen und dem Erreichen von Zielen.
"The leader said sanctions caused 40 percent of the country's problems: 60 percent of our problems are not related to sanctions, they are related to our own internal problems."

Powerful conservative factions in the Islamic Republic's complex, multi-tiered political system oppose Rouhani's plans to open the Iranian economy to the world, fearing an infiltration of Western values and influence -- as well as the erosion of their own economic power.

http://www.reuters.com/article/us-iran- ... SKCN0VB1XG
Man kann sich jetzt streiten, ob 60%, 70% oder 30% "hausgemacht" sind, aber die Aussage ist klar, im Iran selbst, durch strukturelle Probleme, gibt es Probleme. Sicherlich gehört dazu auch langfristig, auch wenn man das Thema scheut, auch die Frage nach der Ideologie. Massive Auswanderung der Intelligenz und die Frauenrechtsfrage dürfen nicht unberührt bei der Frage bleiben.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Iran: Reformkandidaten doch zur Wahl zugelassen

Bis zu ein Viertel der zuvor abgelehnten Kandidaten darf nun doch antreten

Teheran – Bis zu 25 Prozent der ursprünglich vom Wächterrat abgelehnten Kandidaten dürfen nun doch an der Parlamentswahl am 26. Februar im Iran teilnehmen. Ratssprecher Nejatollah Ebrahimi sagte der Nachrichtenagentur Fars am Freitag, dass die Kandidatur von 20 bis 25 Prozent der disqualifizierten Personen wieder bestätigt sei. Genaue Zahlen nannte er nicht. Laut Beobachtern handelt es sich bei den wieder zugelassenen Kandidaten hauptsächlich um Reformer, die Präsident Hassan Rohani unterstützen. Es dürften mehrere Hundert sein. Proteste gegen Ausschlüsse Im Vorfeld der Wahl waren viele von ihnen vom Wächterrat, einem erzkonservativen Kontrollgremium, disqualifiziert worden. Das führte zu Protesten.

Rohani hatte den Wächterrat am Dienstag gewarnt, bei den Menschen sollte nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Wahlausgang im Voraus organisiert und orchestriert sei. Die Ratsmitglieder sollten daher zumindest einige ihrer Entscheidungen revidieren. Nach der Umsetzung des Atomabkommens und der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen vor einem Monat haben die Reformer gute Chancen auf einen Wahlsieg. Die Hardliner, die in den letzten drei Legislaturperioden das Parlament dominiert haben, sehen dadurch ihre politische Existenz gefährdet.

(APA, dpa, 5.2.2016) - derstandard.at/2000030481466/IranReformkandidaten-doch-zur-IWahl-zugelassen
Das Prozedere zur Wahlzulassung ist natürlich schon ein Filter an sich. Dennoch ist es interessant, daß zumindest auf einem gewissen Niveau bereits Kritik geübt wird und einige Reformer wieder zugelassen wurden.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Platon »

bemerkenswert und erfreulich
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Neulich überlegte ich, wer im Kontext der islamischen Welt einmal gesagt hat, daß wenn 50 % der Bevölkerung (gemeint sind die Frauen) nicht gleichberechtigt in der Gesellschaft partizipieren können, der Fortschritt nicht gelingen könne. Oder so ähnlich. Jedenfalls nimmt Rouhani diesen Gedanken aktuell auf.
Iran: Rohani macht sich für die Frauen stark

Der iranische Präsident hat mehr Gleichberechtigung für Frauen in der Islamischen Republik gefordert. "Wie soll man im Land von Entwicklung und Fortschritt reden, dabei aber den fünfzigprozentigen Anteil der Frauen in der Bevölkerung ignorieren", sagte Hassan Rohani bei einer Frauenkonferenz am Sonntag in Teheran.
Auch die Klischees von Frauen in der islamischen Welt sollten ausgeräumt werden. "Auf welcher Basis wird überhaupt behauptet, dass Frauen zu Hause bleiben und nur Männer arbeiten sollten?", sagte Rohani. Genauso wie Frauen sollten auch die Männer für die Erziehung der Kinder verantwortlich sein, und genauso wie Männer sollten auch Frauen arbeiten können.
"Wir vertreten zwar keine feministischen Ansichten, aber auch keine aus der Steinzeit", sagte der Präsident.
Was sich konkret ändern soll, sagt Hassan Rohani aber nicht.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/i ... 76092.html
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Athen und Teheran suchen eine strategische Beziehung
ROUNDUP: Iran und Griechenland suchen strategische Zusammenarbeit

Auch politisch sei der Iran für Athen ein wichtiger Partner. Mit den Flüchtlingen sei auch Griechenland vom Syrienkrieg betroffen. Der Iran "als ein stabiles Land in einer unstabilen Region" sei daher ein wichtiger Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat und bei der politischen Beilegung des Syrienkonflikts.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani betonte, Athen sei für Teheran mehr als nur ein Mitglied der Europäischen Union. Schließlich hätten diese beiden Länder zusammen Geschichte geschrieben. "Daher steht auch nichts im Weg, die Beziehungen in allen Belangen, besonders wirtschaftlich, auszuweiten", sagte Ruhani.

Der Iran wolle Griechenland auch bei den Problemen mit den Flüchtlingen helfen. Nur sollte Europa dem Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) seriöser angehen. "Solange die Geldquelle dieser Terroristen nicht abgedreht wird, kann man von keinem seriösen Kampf gegen den Terrorismus reden", sagte Ruhani.
Die Profiexperten und Analysten haben ein weiteres unschlagbares Argument für die Beziehungen herausgefunden:
Tsipras gilt im Iran wegen seiner kontroversen Politik innerhalb der EU als ein Revolutionär und ist daher in politischen Kreisen sehr beliebt. Auch weil er, wie iranische Offizielle, keine Krawatte trägt, die im Iran als Zeichen des westlichen Imperialismus gilt./fmb/DP/enl

http://www.finanzen.net/nachricht/aktie ... it-4725860
Also, wenn es nichts schlagkräftigeres als die fehlende Krawatte gibt, weiß ich auch nicht.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Teheran erwartet für das kommende (iranische) Jahr Investitionen in Höhe von 45 Milliarden Dollar aus dem Ausland. Wichtig ist die weitere Unabhängig von den Energievorkommen im Land.
Iran laying basis for non-oil economy

Iran expects to attract $45 billion in foreign investment this year as the biggest economy opening to international business since the fall of the Soviet Union is humming back to life.

A number of global corporations are eyeing the potential dividends of repressed demand in the country of 80 million people, which is sitting on the world‘s biggest oil and gas reserves combined.
Die Wichtigkeit vom Transfer von Technologie wird dabei noch einmal hervorgehoben.
Any foreign investment must strengthen Iran's economy, Tayebnia said as he put in his proviso for the plan.

“We won't welcome any proposal that doesn't lead to transfer of technology and capital or doesn't boost production and exports."

President Hassan Rouhani also said investment and transfer of technology was the key to an economic boom.

http://www.presstv.ir/Detail/2016/02/21 ... ia-Rouhani
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Offenbar konnten die Reformkräfte einen Sieg bei den Wahlen im Iran erzielen. Sicherlich Ausdruck der Hoffnungen, die gerade auch die junge Bevölkerung in Rouhani setzt. Stellvertretend als Figur dieser. Die gelungenen Verhandlungen im Rahmen des Atomstreits haben sicher eine große Rolle dabei gespielt. Es bleibt abzuwarten, was die Konservativen und Hardliner daraus machen werden.
Reformer stellen Mehrheit im iranischen Parlament

Reformer und Moderate um Präsident Hassan Ruhani sind die Gewinner der Parlamentswahl im Iran. In der Hauptstadt Teheran können die Reformer sogar alle Sitze holen.
Die moderaten Kandidaten im Iran haben bei der Parlamentswahl eine Mehrheit erzielt. Wie das Staatsfernsehen berichtete, gewannen die Reformer mindestens 85 Sitze und die moderaten Konservativen 73 der insgesamt 290 Mandate. Konservative Kräfte seien auf 68 Sitze gekommen.
Die moderaten Kräfte um Präsident Hassan Ruhani stellen künftig auch die Mehrheit im einflussreichen Expertenrat, dem Gremium, das den obersten geistlichen Führers des Landes wählt. 15 der 16 auf die Hauptstadt Teheran entfallenden Sitze im Expertenrat gingen nach offiziellen Wahlergebnissen an Anhänger Ruhanis. Die Mitglieder des Gremiums des Landes wurden am Freitag parallel zu den neuen Parlamentsabgeordneten gewählt. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Konservativen ihre Vorherrschaft in dem 88 Mitglieder umfassenden Gremium verlieren werden. Der Ausgang gilt als Rückschlag für die Erzkonservativen in der Islamischen Republik.
Etwa 55 Millionen Wahlberechtigte waren zur Wahl aufgerufen. Insgesamt konkurrierten 6.200 Kandidaten aus drei politischen Lagern – Reformpolitiker, moderate Konservative und Hardliner. Die Reformer sprechen sich für soziale Veränderungen und eine Annäherung an den Westen aus; die moderat Konservativen akzeptieren den Atomvertrag von 2015 und damit zumindest eine Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft; die Hardliner lehnen beides ab.
Keinen unmittelbaren Einfluss hatte die Parlaments- und Expertenratswahl auf den Wächterrat. Dieses zwölf Mitglieder umfassende Gremium aus Geistlichen und Juristen kann sein Veto gegen Parlamentsbeschlüsse einlegen. Viele Kandidaten des Reformlagers hatte der Wächterrat gar nicht erst zugelassen. Die Wahlbeteiligung lag laut Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli bei 62 Prozent.

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... -parlament
Jenseits von Lagerzuschreibungen wie Reformer und Konservative o.ä. werden aber weiterhin Konfliktfelder auftreten, da der Iran seine Sicherheitsinteressen selbstbewußter, als unter dem Schah verfolgen wird. Auch unter der Prämisse nicht mehr den Schutzschirm der USA zu genießen. Dennoch eine erfreuliche Entwicklung im Gegensatz zur Situation Bush & Ahmadinejad bei dem "gefühlt" ständig Clausewitz´s Fortsetzung mit anderen Mitteln latent herumschwirrte.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Eine Hoffnung nach Ende der Sanktionen ist Technologietransfer aus dem Westen. Das ist jetzt möglich. Im Iran war man immer scharf auf Technologie. Nicht nur Endprodukte aus dem Westen. Diese werden sicherlich jetzt verstärkt kommen, aber man legt Wert auf die Modernisierung der eigenen Industrie und wenn möglich Lizensproduktionen.
Siemens to sell gas turbine-making technology to Iran

http://en.trend.az/iran/business/2501500.html
Siemens baut zusammen mit einem iranischen Partner Gasturbinen in dem Land und plant eine umfassende Kooperation im Energiesektor. Die iranische Mapna-Gruppe wird im Zuge einer Lizenzvereinbarung Gasturbinen von Siemens in Iran produzieren, teilten die Münchener mit.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/untern ... 80287.html
Technologie aus Südkorea. Auch umweltschonender als die bisherigen iranischen Stahlwerke.
Under the agreement, POSCO will shoulder 8 percent of the investment and transfer its POSCO innovative steelmaking technology (POIST) to its Iranian partner. POIST is a combination of FINEX and compact endless cast and rolling mill (CEM) technologies. PKP will pay for the remaining 92 percent.
According to POSCO, FINEX technology allows the direct use of cheap iron ore fines and non-coking coal as feedstock, resulting in significantly lower operating costs and emissions than a blast furnace.

http://www.koreatimes.co.kr/www/news/bi ... 99286.html
KITA official: We can equip Iran with technology

TEHRAN - Iran-Korea Business Forum was held in Tehran on February 29, wherein as many as 500 Korean and Iranian participants from 300 companies were present.

http://www.tehrantimes.com/index_View.asp?code=253411
Die Chance und Risiken für die High-Tech Industrie im Iran.
How sanctions helped Iranian tech industry.

For years, Iran has been investing in industry reliant on intensive research and development (R&D). This policy has been a rare point of consensus in Tehran, which often sees controversy over economic policy driven by political rivalries.
However, the sanctions also had a positive impact. For instance, they secured the domestic market for Iranian tech firms. In many cases, the final prices of imported high-tech goods were so high that customers preferred to purchase domestically designed and manufactured goods. Moreover, in relation to government procurements, there was a deliberate policy with compulsory regulations in place to prefer domestic products over imports. Hence, R&D investment in some fields became highly profitable during the sanctions era.

The question now is how the sanctions relief will impact Iran’s high-tech industry.

The answer can be divided into three categories. First, Iranian companies will get easier and more timely access to necessary components, materials and software, which could result in cheaper final product prices as well as shorter lead times. Second, the sanctions relief could help Iranian companies retain skilled technicians for a longer time, as one of the main challenges of R&D-intensive firms in Iran has been that they lose talented staff as part of the disastrous brain drain. Moreover, Iranian experts living abroad may be willing to return and contribute to the domestic high-tech industry if noteworthy change in the working environment takes place. Third, the sanctions relief could expand potential markets for Iranian high-tech firms to go beyond the current mainly Iraqi and Afghan markets to more lucrative ones in East Asia and Oceania, Central Asia, Europe and even the Americas. In particular, small- and medium-sized high-tech companies that generally lack strong brands could export their goods in the form of OEM contracts, which is the most viable and lucrative option for many Iranian firms as some of them have been manufacturing products for European brands for years.

Despite the benefits of sanctions relief, the bigger picture is that it is not a panacea for Iran’s R&D-intensive industries. Government policies play a far more important role in the equation. In this vein, the administration of President Hassan Rouhani should guarantee continued easy access to the domestic market for Iranian high-tech firms, since it is their sole lifeline in terms of revenue. Sanctions relief should not be allowed to result in a flood of foreign products at the expense of domestic ones — especially when it comes to procurement by government and semi-governmental companies.

Furthermore, Iran should reform its diplomatic apparatus to enable it to find new markets for Iranian firms by more aggressively engaging in business diplomacy. The current state of the diplomatic apparatus is not prepared for such a task, as trade, business and economic affairs have not been defined as a top priority for Iranian diplomatic missions abroad. In this vein, the Islamic Republic needs to establish a sophisticated interdepartmental organization dedicated to foreign business and trade, with commercial attaches and offices abroad that could do much more than the existing Trade Promotion Organization of Iran or other similar entities. Besides, retaining long-term competitive advantage in the R&D intensive sectors requires more effective scientific and academic exchanges with the world. In the post-sanctions era, this could come through joint educational and research programs with advanced scientific centers as well as academic exchange programs. Providing a vibrant, cutting-edge scientific environment and lucrative business incentives could ultimately result in the return of Iranian experts, entrepreneurs and investors living abroad, all of whom could help speed up the growth of the high-tech sector.

Finally, Iranian policymakers should more consider the broader, long-term trend at play: Oil revenues can no longer be seen as the main source of government revenue, the country’s agriculture sector is in crisis and the energy-intense industry no longer enjoys the competitive advantage afforded by cheap energy. In this environment, more investment in high-tech and R&D-intensive industry could be a potential solution to the dilemma of how to provide opportunities for Iran’s highly skilled but cheap workforce.

Read more: http://www.al-monitor.com/pulse/origina ... z41lIhy9Mk
The easing of sanctions against Iran could see the country become the fastest-growing ICT market in the Middle East, Turkey and Africa (META) over the next five years.

http://www.computerweekly.com/news/4500 ... T-industry
Iran’s startup tech scene is getting off the ground

http://www.pri.org/stories/2016-03-01/i ... ing-ground
Es wird zu beobachten sein, wie sehr sich die wirtschaftliche Entwicklung womöglich gesellschaftlich im Iran auswirken wird. Der Schah ist nicht nur wegen seiner rigiden innenpolitischen Haltung und gegenüber der Religion ins rotieren gekommen, sondern weil seine tiefgreifenden Maßnahmen das Land ebenso ins rotieren gebracht hat. Sozusagen die Moderne im Schnelldurchlauf. Bis dato erwarten Beobachter jedoch, daß die klaren Verlierer bis jetzt die Hardliner sind. Auch bei der Wahlen.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Iranisch-Türkische Beziehungen

Die Beziehungen zwischen dem Iran und der Türkei sind irgendwie "interessant" und ambivalent. Zum einen gibt es zahlreiche Konfliktfelder, auf der anderen Seite ist es zwischen diesen beiden großen Staaten in der Region sehr ruhig. Besonders herausfordernd war es nach der Revolution im Iran, mit einer Führung im Iran, die im Konflikt mit den USA stand/steht. Die Türkei ist ja bekanntlich NATO-Mitgliedsland. Jetzt aktuell kommen Probleme im Konflikt der zerfallenden "Sykes-Picot" Staaten und den komplexen Verstrickungen dazu.

In einer bestimmten Phase dazwischen sah alles wunderbar aus. Man erwartete eine raketenhafte wirtschaftliche Entwicklung zwischen Erdogan und Teheran. Bis zu 30 Milliarden Dollar Wirtschaftvolumen. Nichts davon ist geschehen. Zuletzt ging es sogar rückwärts. Auch wegen den Mißstimmungen über regionale Befindlichkeiten.
How Turkey's foreign policy may have lost it $25 billion in trade with Iran

While international appetites grow for business opportunities in Iran following the lifting of economic sanctions, Turkey, owing to its foreign policy, has failed to make use of a special trade arrangement it already had with Iran. A preferential agreement, the product of negotiations that took about a decade, had taken effect between the two neighbors Jan. 1, 2015. With a target of $35 billion in bilateral trade by the end of the year, the deal introduced tariff cuts on 140 products from Turkey and 125 products from Iran. The day it took effect, Turkey’s then-Economy Minister Nihat Zeybekci hailed a “very important beginning for Turkish-Iranian business, friendship, and political and economic cooperation.”


What began with high optimism, however, has resulted in a huge disappointment. The bilateral trade volume at the end of 2015 stood at $9.7 billion, not only far off the target but also below 2014's $13.7 billion. Turkey’s imports from Iran dropped 38% to $6.1 billion in 2015, while its exports decreased 5.7% to $3.66 billion.
So why are the trade links regressing?

Turkey and Iran have been on opposite camps in both Syria and Iraq. Turkey’s alignment with Saudi Arabia on the Yemeni conflict and the Saudi-Iranian row has further damaged its political ties with Iran, also affecting bilateral trade. As a result, commercial ties have failed to take off despite tariff cuts on hundreds of products, including some that are now next to zero. The decrease in trade, however, suggests the two sides are imposing a “covert embargo” on each other.
Gerade bei dem Einbruch der Wirtschaftsbeziehungen der Türkei zu Russland bietet der Iran jetzt Chancen. Das Problem ist nur, daß der Iran jetzt in erster Linie auf die Kontakte zu den europäischen/nordamerikanischen Industrienationen schaut. Selbst Russland und China machen sich da Sorgen. Sie können in Punkto Qualität einfach nicht mithalten. Ihre großen Geschäftsabschlüsse haben sie aus anderen Gründen mit Teheran abschliessen können. Das gilt auch für die Türkei, die europäischen Konzerne und Firmen sind in Punkto Technologie und Logistik überstarke Konkurrenten der Türkei.
However, he also had a warning: “The lifting of the embargo may look like an advantage at first glance, but it could actually reduce Turkey’s chances. Many countries are now waiting at Iran’s door. Everybody is after business, and Iran looks favorably at Europe.”

Read more: http://www.al-monitor.com/pulse/origina ... z420vkTJiW
Dennoch wäre es Unsinn nicht wieder zwischen Teheran und Ankara Gas zu geben. Das wird jetzt versucht. Der türkische Premier Davutoğlu ist mit einer großen Delegation im Iran. Tatsächlich macht man dort auch die Erfahrung, daß dort die meisten Hotelzimmer mit tausenden Geschäftsleuten belegt sind. Die Erfahrung machten auch Delegationen aus Baden-Württemberg oder Niedersachsen.

Turkey’s top business organization visits Iran to boost economic, trade ties

“Iran is both our neighbor and natural trade partner. We can boost our economic, trade and investment relations with our Iranian counterparts. We have seen this potential and held a series of key meetings to realize this potential,” said Hisarcıklıoğlu in a written statement on March 3.

He noted that it is “almost impossible” to find a vacancy in Iran’s hotels as the country has been receiving thousands of business delegations from many countries, including Italy, Austria and many others.
“Just as political pressure did not damage our bilateral ties, disagreements over regional issues should not prevent us from working together today. There is no problem between Turkey and Iran. We cannot accept any hindrance in our bilateral relations due to some third parties,” said Hisarcıklıoğlu.

http://www.hurriyetdailynews.com/turkey ... sCatID=345
Es ist wird für die Türkei und dem Iran eine spannende Herausforderung sein ihre Beziehungen in den Wirren der Region stabil und prosperierend zu gestalten und zu halten. Es ist noch einmal zu bemerken, daß trotz allen Spannungen die Grenze zwischen der Türkei und dem Iran womöglich die älteste bestehende Grenze weltweit ist. Was für eine gewisse Stabilität sprechen könnte.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Alte und neue Konflikte werden jetzt im Iran hinter den Kulissen ausgetragen. Reformer vs. Hardliner?

Durch die Sanktionen konnte im Iran ein unglaublicher Filz entstehen. So soll der iranische Milliadär Babak Sandschani sich, durch die Sanktionen begünstigten, illegalen Geschäfte bereichert haben. Sicher für die Person in Folge tragisch, was jetzt in der Konsequenz droht. Das andere brisante ist, daß dies unter der Regierungszeit von Ahmadinejad geschah. Der als Vertreter der Revolutionsgarden gilt. Der riesigen Krake (auch wirtschaftlich) im Iran, die gerade durch die Sanktionen wachsen konnte.

Die Rouhani-Administration hat sich u.a. zur Aufgabe gemacht die Korruption zu bekämpfen. Das ist nicht nur ein Angriff auf den Milliardär, der Korruption an sich, sondern auch auf die Hardliner im Iran.
Wegen Unterschlagung

Iranischer Milliardär zum Tode verurteilt

All sein Geld nützte ihm am Ende nichts: Ein iranisches Gericht hat Multimilliardär Babak Sandschani zum Tode verurteilt. Er soll sich jahrelang an Erdölgeschäften bereichert und Sanktionen umgangen haben.

Der iranische Multimilliardär Babak Sandschani und zwei seiner Mitarbeiter sind wegen Unterschlagung zum Tode verurteilt worden. Das gab der iranische Generalstaatsanwalt Gholamhussein Mohseni Edzehi am Sonntag bekannt.

Sandschani soll als Führer einer Korruptions-Bande während der Präsidentschaft von Mahmud Ahmadinedschad (2005-2013) heimlich iranisches Erdöl verkauft und die Milliarden-Erlöse veruntreut haben.Nach der Übernahme des Präsidentenamtes durch Hassan Ruhani 2013 hatten intensive Ermittlungen gegen diverse Korruptions-Banden begonnen. Dabei wurde unter anderem Sandschani festgenommen. Der Geschäftsmann stand auch auf der schwarzen Liste der USA. Er hatte mit seinen Ölverkäufen auch die damaligen internationalen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran umgangen.

http://www.stern.de/panorama/iran-verha ... 33874.html
Auch wird von Rouhani das Auftrittsverbot des ehemaligen, als Reformpräsidenten bezeichneten Khatami angegangen. Dieser beliebte Ex-Präsident kritisierte ehedem Ahmadinejad und warf ihm Wahlmanipulationen vor.
Rohani: Medienverbot gegen Ex-Präsident Khatami "Witz"

Aktueller Präsident sieht keine rechtliche Grundlage für Verbannung seines Vorgängers aus den Medien Teheran

Der iranische Präsident Hassan Rohani hat die seit Jahren geltende Anordnung der Justiz an die Medien der Islamischen Republik gerügt, keine Nachrichten und Bilder des ehemaligen Reform-Präsidenten Mohammad Khatami zu veröffentlichen. Das Verbot sei ein "Witz", sagte Rouhani auf einer Pressekonferenz am Sonntag in Teheran.

Keine gesetzliche Grundlage

Weder bei der Justiz noch beim Nationalen Sicherheitsrat gebe es dafür eine gesetzliche Grundlage. Hintergrund der Meinungsverschiedenheit zwischen dem reformorientierten Rohani und der Justiz ist eine Anordnung der Staatsanwaltschaft. Khatami, Präsident zwischen 1997 und 2005, hatte der Regierung seines Nachfolgers Mahmoud Ahmadinejad bei der Präsidentschaftswahl 2009 Manipulation vorgeworfen. Seitdem steht der wohl beliebteste Präsident der iranischen Geschichte auf einer schwarzen Liste.

Das Medienverbot gegen Khatami gilt zwar schon seit Jahren, aber eine gesetzliche Grundlage dafür konnte die Justiz bis jetzt nicht vorweisen. Sie behauptet, das Verbot sei auf der Basis einer Anordnung des Nationalen Sicherheitsrats. Aber auch diese soll es laut Rohani, der als Präsident auch Chef des Sicherheitsrats ist, nicht geben. Aus Angst vor juristischen Konsequenzen halten sich aber fast alle Medien im Land an das "Verbot".

derstandard.at/2000032393008/Rouhani-Medienverbot-gegen-Ex-Praesident-Khatami-Witz
Durch die Wahlen im Iran wurden die Reformkräfte gestärkt. Das war durch die erfolgreichen Atomgespräche möglich. Mit diesem Ergebnis im Rücken wird offenbar gegen Hardliner vorgegangen. Diese sind allerdings nicht zu unterschätzen.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Sanngetall »

King Kong 2006 hat geschrieben:(29 Feb 2016, 18:59)Jenseits von Lagerzuschreibungen wie Reformer und Konservative o.ä. werden aber weiterhin Konfliktfelder auftreten, da der Iran seine Sicherheitsinteressen selbstbewußter, als unter dem Schah verfolgen wird. Auch unter der Prämisse nicht mehr den Schutzschirm der USA zu genießen. Dennoch eine erfreuliche Entwicklung im Gegensatz zur Situation Bush & Ahmadinejad bei dem "gefühlt" ständig Clausewitz´s Fortsetzung mit anderen Mitteln latent herumschwirrte.
Mal abgesehen davon, dass mit "Reformer" in diesem Zusammenhang der gemäßigte Flügel der Hardliner gemeint ist.... Was hat das mit Clausewitz zu tun?
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will. Jean-Jacques Rousseau
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Die Lager im Iran sind sich uneins. Rouhani will eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Westen. Khameini setzt eher auf stärkere Unabhängigkeit.
Zwar erklärten sowohl Ajatollah Ali Khamenei als auch Hassan Rohani bei ihren Reden zum iranischen Neujahrsfest Nowruz am Sonntag die Wirtschaft zu einem Schwerpunkt für das neue Jahr. Für den reformorientierten Rohani ist dabei die Zusammenarbeit mit anderen Ländern der Schlüssel für Wachstum.

Khamenei setzt auf Selbstständigkeit

Dagegen setzt der oberste geistliche Führer der Islamischen Republik, Khamenei, auf eine Wirtschaft, die auf Selbstständigkeit beruht. Das Land solle sich vor seinen Feinden schützen, sagte er. Damit bezieht er sich auf die USA und ihre Verbündeten.
Dabei geht es vermeintlich über die weitere Schwächung der Hardliner im Iran.
Präsident: "Was wir außenpolitisch geschafft haben, wollen wir nun auch innenpolitisch erreichen"
Nach der Niederlage bei den Wahlen zum Parlament und zum Expertenrat fürchten sie Beobachtern zufolge um eine weitere Erosion ihrer Macht. Innenpolitische Wende Rohani hingegen drängt nach der Annäherung im Atomstreit auch innenpolitisch auf eine Wende. "Was wir außenpolitisch letztes Jahr mit dem Atomabkommen geschafft haben, wollen wir dieses Jahr nun auch innenpolitisch erreichen". Das Abkommen sorgte Rohani zufolge dafür, dass das Land von der internationalen Gemeinschaft nicht mehr als Bedrohung, sondern als zuverlässiger Partner angesehen wird. Dieser Trend soll demnach im neuen persischen Jahr fortgesetzt werden. - derstandard.at/2000033258849/Iran-Rouhani-will-nach-Atompakt-auch-Wende-im-Land
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Türkiye2023 »

Der Aussenminister war gestern in Ankara. Ich finde es köstlich, wie die beiden Aussenminister versuchen ihre fundamentalen Differenzen in Syrien zu übertünchen. Die kleinste gemeinsame Nenner sei es, Syrien als Ganzes zu erhalten. Was für ein frommer Wunsch.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Türkiye2023 hat geschrieben:(20 Mar 2016, 15:34)

Der Aussenminister war gestern in Ankara. Ich finde es köstlich, wie die beiden Aussenminister versuchen ihre fundamentalen Differenzen in Syrien zu übertünchen. Die kleinste gemeinsame Nenner sei es, Syrien als Ganzes zu erhalten. Was für ein frommer Wunsch.
Wenigstens auf einen Gaspreis konnte man sich einigen. Ansonsten werden sie sich zumindest beim Thema Syrien wenig zu sagen haben. Ankara und Teheran wissen jedoch aber, daß sie wirtschaftlich für einander mehr rausholen können. Politisch sucht man noch die Gemeinsamkeiten. Deshalb der Ausdruck einer gemeinsame Perspektive zu entwickeln. Da darf man aber nicht auf den Sykes-Picot Raum schauen. Ansonsten ist da sicher viel drin.

Der Artikel ist vom Springerverlag. Man gibt sich hoffnungsvoll. Sonst ist eher Armageddon von diesem Verlagshaus zum Thema zu lesen.
Ein Hauch von Gandhi liegt über Teheran

Vor dem "arabischen Frühling" gingen 2009 die Iraner auf die Straße. Ihre Revolution ist unvollendet. Aber das Land hat enormes Potenzial durch seine gebildete Jugend. Ist das der bessere Weg?
In Anbetracht der Komplexität der iranischen Gesellschaft und Politik ist es wichtig zu unterstreichen, dass der persische Frühling, besonders die ihn tragenden demokratischen Überzeugungen und liberalen Haltungen, nicht erst nach dem damaligen Wahlbetrug gewissermaßen aus heiterem Himmel ausbrach. Er entwickelte sich vielmehr aus der Reformbewegung im Iran in den 1990er-Jahren.

Starke iranische Zivilgesellschaft

Damals erlebte die iranische politische Kultur vor allem dank der iranischen Frauenrechtlerinnen, Intellektuellen und Künstler eine Transformation. Die Prinzipien der Gewaltlosigkeit schlugen tiefe Wurzeln in der iranischen Zivilgesellschaft.

Zwar kann das historische Ringen des Iran um eine verantwortlich rechenschaftspflichtige, moderne Regierung eigentlich sogar bis zur Verfassungsrevolution von 1906 zurückverfolgt werden. Aber seit den letzten 25 Jahren ist der Iran auf dem Weg zu einer wichtigen politischen und gesellschaftlichen Entwicklung, weil die zunehmend junge Bevölkerung gebildeter, säkularer und liberaler geworden ist.

Mehr als die Hälfte der Iraner im Alter von 18 bis 25 besuchen eine höhere Schule, und mehr als 60 Prozent der Studierenden sind Frauen. Auch sind iranische Jugendliche im Nahen Osten bei Weitem die aktivsten Nutzer des Internets.

Dieses Vierteljahrhundert hat neue gesellschaftliche Akteure hervorgebracht, die im Wesentlichen jung und gebildet sind, aber ohne politische, wirtschaftliche oder soziale Zukunft.
Die Wahlen drängten Hardliner an die Wand

Eine explosive Mischung aus hohem Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, einem strukturell bedingten Wachstum ohne Arbeitsplätze und der raschen Expansion der Hochschulbildung hat dafür gesorgt, dass die iranische Gesellschaft eine Generationslücke aufweist – hier die reichen, mächtigen Konservativen, dort junge Rebellen ohne ein klares Ziel. Der Iran wurde in Donald Trumps und James Deans geteilt.
Es ist klar, dass die Wahlen nicht sofort alles ändern werden. Aber die iranische Zivilgesellschaft ist durch die Schaffung einer konkurrierenden politischen Parallelkultur auf gutem Wege, sich selber Einfluss zu verschaffen.

Obwohl die Idee einer neuen Revolution nach 36 Jahren Mullah-Politik, die sich immer "revolutionär" nannte, keineswegs einen romantischen Sog entfaltet, ist es Tatsache, dass die Mehrheit der jungen Iraner sich von fundamentalistischer Politikund Utopien abwendet. Sie richtet stattdessen den Blick auf den Wertepluralismus, den Dialog mit dem Westen und das Verständnis moderner Kultur.

http://www.welt.de/debatte/kommentare/a ... heran.html
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Prince Charles möchte gerne dem Iran einen offiziellen Besuch abstatten. Das Thema GB und Iran ist ähnlich wie USA und Iran, wenn nicht noch heftiger, eine Haßliebe. Sollte es zu einem offiziellen Besuch kommen, dann wäre dies sehr bemerkenswert. Der Iran war nie Kolonie, allerdings war das Verhältnis zu GB dem zeitweise durch Knebelverträge und Kanonenbootpolitik ähnlich. Auch die Rolle bei dem Zugriff auf iranisches Öl und der Einmischung in demokratische Entwicklungen Irans. Siehe Mossadegh.
Prince Charles considering official Iran visit

The UK's Sunday Times reported Sunday that Prince Charles, the heir to the British throne, is considering the possibility of an official state visit to Iran.

The British royal family have not made an official visit to the Islamic Republic in 40 years, before the revolution which overthrew the Shah in 1979.

Clarence House, which is attached to St James's Palace and acts as Prince Charles's private office, was said to be liaising with the Foreign Office in order to explore the possibility further.

No member of the British monarchy has visited Israel on an official visit since the state's founding. Last year Prime Minister Benjamin Netanyahu invited Prince Charles to make an official visit to the Jewish state while the two spoke at the Paris conference on climate change

http://www.jpost.com/Breaking-News/Prin ... sit-449315
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Italien steigt wieder groß im Iran ein.
Iran and Italy ink $20 billion in trade deals

Deals during visit by Italian premier include plans for energy cooperation, scheme to renovate Tehran airport

http://www.timesofisrael.com/iran-and-i ... ade-deals/
Neben Hochgeschwindigkeitszügen, modernen Stahlwerken, Telekommunikation und Kraftwerken (500 MW) durch erneuerbare Energie geht es nachtürlich auch um Öl und Gas. LNG, also Flüssiggas ist wieder ein Thema.
The planned projects would be completed in the coming five years by the Italian investing companies, Da'emi was quoted as saying by Tehran Times daily.

The meeting also touched on a series of regional crises and the ways to settle them as well as the refugee crisis concerning the European countries.

Heading a high ranking delegation of 250 commercial and economic officials, Renzi arrived in capital Tehran on Tuesday for a two-day visit.

http://news.xinhuanet.com/english/2016- ... 275845.htm
In einigen Hauptstädten der Welt ist man über die Problematik von Gas-Pipelines immer mehr hin zu dem Gebrauch von Flüssiggas gekommen. Durch die Sanktionen ist das im Iran nicht recht vorangekommen. Das wird jetzt wieder angefahren.
Norway to launch Iran’s first FLNG plan

ran says it is working on a plan with a Norwegian company to build a floating facility to liquefy natural gas in the Persian Gulf.

Iran previously pursued three key LNG projects – Iran LNG, Pars LNG and Persian LNG. However, they were abandoned over the past few years as technicalities emerged – mostly those pertaining to US-led sanctions against investments in Iran’s energy projects.

NIOC chief Rokneddin Javadi said last October that LNG has returned to Iran’s energy agenda, stressing that the country has devised serious plans to launch its first liquefaction project by April 2018.
Zunächst wird Erdgas unterirdisch durch den Persischen Golf nach Oman gepumpt, dort wird es verflüssigt.
The country is already working on a plan to pipe natural gas to Oman and use the liquefaction facilities of the Persian Gulf sultanate to export LNG to overseas markets.

Based on an early agreement that Iran signed with Oman in 2013, Iran will pipe a daily of 28 million cubic meters (mcm) of gas to Oman through a sub-sea pipeline. Some of the gas thus transferred will be turned into LNG in the country’s Qalhat LNG plant for Iran to use as per its export plans.

http://www.presstv.ir/Detail/2016/04/07 ... FLNG-plan/
Since the international nuke-related sanctions imposed against Iran were lifted, the oil and gas companies of Europe have been showing great desire to regain their previous places in the Islamic Republic's energy market.

French Total Head Patrick Pouyanne has announced that his company is interested in the projects in the gas and petrochemical industries in Iran.

"Today all [sanctions] are removed, and we go back to Iran. Gas is a priority for us. Petrochemical [industry] is a way to monetize the gas," Pouyanne said at a press briefing on the sidelines of the LNG conference in Australia.

http://www.azernews.az/region/95121.html
Diese Querelen über die Routen von Pipelines sind immens problematisch. Es war auch eine Pipeline vom Iran durch den Irak und Syrien geplant. Um am Mittelmeer Gas weiterführen zu können. Blöd nur, daß der Bürgerkrieg irgendwie dazwischen kam... Wenn man LNG direkt vom Iran zum Kunden, wie z.B. angedacht nach Wilhelmshaven in Norddeutschland schicken kann, dann spart man sich diese ganze Geopolitik und das Geschachere, wo welche Pipeline, durch welche Länder, mit welchen Risiken, Kriegen und Preisen führen darf, muß und wird. Durch Russland? Pakistan? Iran? Deutschland? Balkan? Syrien? Irak? Umv.
Syria: Ultimate Pipelineistan War

Syria is an energy war. With the heart of the matter featuring a vicious geopolitical competition between two proposed gas pipelines, it is the ultimate Pipelinestan war, the term I coined long ago for the 21st century imperial energy battlefields.

It all started in 2009, when Qatar proposed to Damascus the construction of a pipeline from its own North Field – contiguous with the South Pars field, which belongs to Iran – traversing Saudi Arabia, Jordan and Syria all the way to Turkey, to supply the EU.

http://www.counterpunch.org/2015/12/08/ ... istan-war/
Why Syria? An Examination Of The Iran-Iraq-Syria Pipeline
http://ftmdaily.com/what-jerry-thinks/whysyria/
LNG wird die Gaspipeline nicht ersetzen, aber der Anteil wird steigen. Kunden wie Lieferanten sind über die diversen geplanten, angedachten, z.T. angefangenen Pipelinenetze quer über den vorderasiatischen, eurasischen Raum, Kaspiregion etwas angenervt. Wenn ein LNG-Tanker von einem Verladehafen am Persischen Golf direkt z.B. nach Wilhelmshaven, Spanien oder Griechenland fährt, dann kann man sich das alles sparen. Wie auch Erpressungsversuche den Gashahn in irgendeinem dieser Transferstaaten zuzudrehen oder von Terroristen und Bürgerkriegslern in die Luft sprengen zu lassen.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Die EU ist mit einer hochkarätigen Delegation im Iran angetroffen. Es gibt sehr viel Arbeit. Neben der Verbesserung der Modalitäten im Finanz-und Bankenwesens im Kontext des Wirtschaftens mit dem Iran, das Investitionen und wirtschaftliche Zusammenarbeit fördert, sind auch Menschenrechtsfragen im Diskussionspaket.
EU will engere Kooperation mit Iran

EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und sechs EU-Kommissare sind im Iran eingetroffen - die Spitzendelegation will ausloten, auf welchen Politikfeldern Teheran und Brüssel in Zukunft enger zusammenarbeiten könnten.

Es ist die bisher größte und hochrangigste EU-Delegation seit Abschluss des Atom-Abkommens, die jetzt Teheran besucht. Thema: Wie lassen sich die Beziehungen zwischen Europäischer Union und dem Iran weiter normalisieren? Als mögliche Kooperationsfelder gelten Handel, Energie, Umwelt, Bildung und Wissenschaft.

Dazu wird nicht nur die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini Gespräche führen, sondern auch sechs EU-Kommissare - unter ihnen auch Energiekommissar Miguel Arias Cañete. Berichten zufolge soll er den Start gleich mehrerer gemeinsamer europäisch-iranischer Projekte im Energiesektor bekanntgeben.
Ein neuer Menschenrechtsdialog?

Ein dritter umstrittener Punkt ist die Menschenrechtssituation.

Der Iran war nach der Eskalation im Atomstreit 2005, in deren Folge auch UN und EU internationale Sanktionen gegen den Iran verhängten, nicht mehr an einer Fortführung interessiert. Mittlerweile kommen aus Teheran jedoch versöhnlichere Töne. Irans Außenminister Zarif hatte bereits im März die grundsätzliche Bereitschaft Teherans erklärt, den Gesprächsfaden auch beim Thema Menschenrechte wieder aufzunehmen.

http://www.dw.com/de/eu-will-engere-koo ... a-19190337
EU und Iran setzen auf Neuanfang bei Zusammenarbeit

Außenminister Zarif sieht nach Atomabkommen neue Ära der Beziehungen Teheran

Die Europäische Union und der Iran wollen nach dem Atomabkommen ein neues Kapitel in ihren Beziehungen aufschlagen. "Die EU will im Rahmen eines kritischen, aber zugleich konstruktiven Dialogs einen umfassenden Neuanfang der Zusammenarbeit mit dem Iran", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Samstag in Teheran.

http://derstandard.at/2000035013924/Mog ... ngetroffen
Davor haben sich die Hardliner im Iran, wie auch Saudis und Co. immer gefürchtet.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von King Kong 2006 »

Die Hardliner müssen zurückstecken.
Hardliner-Schwund im iranischen Parlament

Teheran/Wien – Was vor zwei Monaten im Iran mit der Wahl von 30 Reformern und ihnen nahestehenden gemäßigten Konservativen ins Parlament auf Anhieb zustande kam und in Teheran als ein politisches Erdbeben bezeichnet wurde, setzte sich nach der zweiten Runde fort. Die Zahlen sprechen für sich: 217 der 290 bisherigen Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt, allesamt konservative Regierungsgegner.
Zum ersten Mal sitzen im iranischen Parlament insgesamt 17 Frauen – der bisherige Rekord lag bei 14. Ein weiterer (Negativ-)Rekord: Nur 16 Geistliche sind im Parlament vertreten, bisher waren es 27. Von 80 Gegnern des Atomabkommens sind nur zwölf übriggeblieben. Von jenen Abgeordneten, die dem ehemaligen Präsidenten Mahmud Ahmadi-Nejad nahestehen, schaffte keiner den Wiedereinzug ins Parlament.

derstandard.at/2000036093772/Hardliner-Schwund-im-iranischen-Parlament
Das Atomabkommen und die erwartete Entwicklung im Kontext der Sanktionen zeigt Wirkung. Die Hardliner in einigen Staaten, wie auch dem Iran beissen wohl in die Tischkante.
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Re: Iran 2016 - Perspektiven

Beitrag von Fadamo »

King Kong 2006 hat geschrieben:(07 Mar 2016, 15:27)

Alte und neue Konflikte werden jetzt im Iran hinter den Kulissen ausgetragen. Reformer vs. Hardliner?

Durch die Sanktionen konnte im Iran ein unglaublicher Filz entstehen. So soll der iranische Milliadär Babak Sandschani sich, durch die Sanktionen begünstigten, illegalen Geschäfte bereichert haben. Sicher für die Person in Folge tragisch, was jetzt in der Konsequenz droht. Das andere brisante ist, daß dies unter der Regierungszeit von Ahmadinejad geschah. Der als Vertreter der Revolutionsgarden gilt. Der riesigen Krake (auch wirtschaftlich) im Iran, die gerade durch die Sanktionen wachsen konnte.

Die Rouhani-Administration hat sich u.a. zur Aufgabe gemacht die Korruption zu bekämpfen. Das ist nicht nur ein Angriff auf den Milliardär, der Korruption an sich, sondern auch auf die Hardliner im Iran.



Auch wird von Rouhani das Auftrittsverbot des ehemaligen, als Reformpräsidenten bezeichneten Khatami angegangen. Dieser beliebte Ex-Präsident kritisierte ehedem Ahmadinejad und warf ihm Wahlmanipulationen vor.



Durch die Wahlen im Iran wurden die Reformkräfte gestärkt. Das war durch die erfolgreichen Atomgespräche möglich. Mit diesem Ergebnis im Rücken wird offenbar gegen Hardliner vorgegangen. Diese sind allerdings nicht zu unterschätzen.
Wir sollten gegen das Urteil Todesstrafe protestieren.
Wegen einer Bereicherung,dass geht gar nicht.
Politik ist wie eine Hure,die kann man nehmen wie man will
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