Dabei hat sich im Iran nichts verändert. Im Gegenteil, das Land tötet mehr seiner eigenen BürgerInnen als noch die Jahre zuvor, aber plötzlich scheint Teheran nicht mehr das auf dem Spielplatz gemiedene Schmuddelkind zu sein, das es einst wahr. Schließlich kämpft es ja gegen den IS im Moment. Die Motivation wird nicht hinterfragt; die Vorstellung, dass das schiitische Land wohl kaum einen Finger gerührt hätte, wenn der IS nicht salafistisch geprägt wäre, die kommt erst gar nicht auf.
Das periodische Demokratieschauspiel im Iran dient plötzlich als Beweis dafür, wie sehr sich doch das iranische System von der eisernen saudischen Variante einer theokratischen Herrschaft unterscheidet. Es stimmt ja auch, als freier und mündiger Mensch möchte man nicht gerne in Saudi-Arabien leben. Aber eines kann man den Saudis wahrlich niemals vorwerfen: Hypokrisie. Das Königshaus Al Saud hat immer deutlich zu erkennen gegeben, dass es weder eine Demokratie ist noch eine BürgerInnenbeteiligung im Sinne von freien Wahlen wünscht. Sie lehnen alles Westliche ab. Meine Meinung: ihr gutes Recht, schließlich lehne ich sie ebenso stark ab.
Die IranerInnen hingegen sind da anders. Sie ziehen es vor, so zu tun, als würde man im gleichen Team spielen, den westlichen Interessen nicht mehr abgeneigt sein. So ist der Iran kurzerhand zu unserem neuen Partner avanciert. Und die westliche Medienberichterstattung über das Land verändert sich schlagartig zum Positiven.
Das gilt im Übrigen nicht nur für den Iran. Nehmen wie die PKK/PYD in Syrien. Unsere nächsten Verbündeten im Kampf gegen den IS. Während jeder Assad-kritische Report von Human Rights Watch in den Medien landauf, landab Erwähnung fand und findet, werden Berichte über Mord, Verschleppung, willkürliche Festnahmen, unfaire Gerichtsverfahren, Einsatz von Kindersoldaten und Misshandlungen von Oppositionellen in den kurdischen Gebieten an KurdInnen durch die PKK nicht oder nur kaum erwähnt.
Wie kommt diese (reale?) Symbiose zwischen Medien und Politik - gerade in außenpolitischen Fragen - eigentlich zustande?
Handreichungen
Über Pressefreiheit und Medien am Zügel westlicher Geopolitik. Ein Kommentar von Charlotte Wiedemann