Versagt der Liberalismus?
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Versagt der Liberalismus?
In Russland herrscht unangefochten Putin, der sich nicht nur die Krim schnappte. Bis heute destabilisiert der Kreml auch den Osten der Ukraine. Der Westen sucht noch immer nach einer Lösung für diesen Konflikt. In Indien gewann mit Narendra Modi an der Spitze die hinduistisch-nationalistische Indische Volkspartei (BJP) die letzten Parlamentswahlen; in Ungarn regiert Orban mit seiner nationalistisch-konservativen Partei Fidesz und verfügt über eine satte Zweidrittelmehrheit im Parlament. Er betreibt Geschichtsrevisionismus, schränkt die Pressefreiheit ein und schert sich auch sonst nicht viel um die Vorgaben der EU oder das, was die EU zu sagen bzw. zu kritisieren hat an seinem Politikstil.
In der Türkei ist die Popularität Erdogans ungebrochen, seine Rückbesinnungspolitik auf das alte Erbe vor der kemalistischen Revolution genießt - entgegen vieler Darstellungen in deutschen Medien - großen Zuspruch in der Bevölkerung. In Japan wurde vor wenigen Tagen der nationalistische Premierminister Shinzo Abe im Amt bestätigt. Er will nicht nur die pazifistische Verfassung Japans umdeuten und eine umfassende Remilitarisierung starten, gleichzeitig möchte er dem Kaiser eine prominentere Rolle zusprechen, die Sexualerziehung konservativer gestalten und die Atomkraftanlagen reaktivieren.
Aber auch in Westeuropa machen sich antiliberale Parteien breit: in Frankreich ist die Front National zur führenden Partei aufgestiegen, in Österreich ist Strache mit seiner FPÖ drittstärkste Partei genauso wie die Partei für Freiheit mit Geert Wilders als Vorsitzender in den Niederlanden, in Schweden verbesserten die nationalistischen und teils antisemitischen Schwedendemokraten mit jeder Wahl in den letzten Jahren ihr Ergebnis. In Deutschland hat man mit der AfD und PEGIDA ähnliche Erscheinungen. Die Tea-Party-Bewegung in den USA sollte man natürlich ebenfalls nicht vergessen.
Ob Europa, Asien oder Amerika - der Liberalismus scheint in den unterschiedlichsten Staaten der Welt auf dem Rückzug zu sein, zumindest aber ist er durch neue politische Konkurrenz aus dem rechten Spektrum in Bedrängnis geraten. Interessanterweise hatten viele dieser Staaten auch "liberale Momente" wie die Türkei zwischen 2002 und 2007, Japan seit 2. WK bis vor Kurzem, Ungarn und Russland nach der Wende etc. Rückblickend wirken diese Perioden wie eine "Probezeit", in der der Liberalismus scheinbar nicht das gewünschte Ergebnis geliefert hat.
Findet der Liberalismus keine Antworten mehr auf die Fragen der Moderne? Oder wurde der Liberalismus, der international immer auch mit den USA in Verbindung gebracht wurde, durch die amerikanische Außenpolitik diskreditiert? Vielleicht hängt dieser Prozess mit dem Aufstieg Chinas zusammen. Für viele ist das Land der Mitte die Antithese zu den USA, aber offensichtlich wesentlich erfolgreicher im Moment.
Was ist eure Meinung/Erklärung für diese globale Entwicklung?
In der Türkei ist die Popularität Erdogans ungebrochen, seine Rückbesinnungspolitik auf das alte Erbe vor der kemalistischen Revolution genießt - entgegen vieler Darstellungen in deutschen Medien - großen Zuspruch in der Bevölkerung. In Japan wurde vor wenigen Tagen der nationalistische Premierminister Shinzo Abe im Amt bestätigt. Er will nicht nur die pazifistische Verfassung Japans umdeuten und eine umfassende Remilitarisierung starten, gleichzeitig möchte er dem Kaiser eine prominentere Rolle zusprechen, die Sexualerziehung konservativer gestalten und die Atomkraftanlagen reaktivieren.
Aber auch in Westeuropa machen sich antiliberale Parteien breit: in Frankreich ist die Front National zur führenden Partei aufgestiegen, in Österreich ist Strache mit seiner FPÖ drittstärkste Partei genauso wie die Partei für Freiheit mit Geert Wilders als Vorsitzender in den Niederlanden, in Schweden verbesserten die nationalistischen und teils antisemitischen Schwedendemokraten mit jeder Wahl in den letzten Jahren ihr Ergebnis. In Deutschland hat man mit der AfD und PEGIDA ähnliche Erscheinungen. Die Tea-Party-Bewegung in den USA sollte man natürlich ebenfalls nicht vergessen.
Ob Europa, Asien oder Amerika - der Liberalismus scheint in den unterschiedlichsten Staaten der Welt auf dem Rückzug zu sein, zumindest aber ist er durch neue politische Konkurrenz aus dem rechten Spektrum in Bedrängnis geraten. Interessanterweise hatten viele dieser Staaten auch "liberale Momente" wie die Türkei zwischen 2002 und 2007, Japan seit 2. WK bis vor Kurzem, Ungarn und Russland nach der Wende etc. Rückblickend wirken diese Perioden wie eine "Probezeit", in der der Liberalismus scheinbar nicht das gewünschte Ergebnis geliefert hat.
Findet der Liberalismus keine Antworten mehr auf die Fragen der Moderne? Oder wurde der Liberalismus, der international immer auch mit den USA in Verbindung gebracht wurde, durch die amerikanische Außenpolitik diskreditiert? Vielleicht hängt dieser Prozess mit dem Aufstieg Chinas zusammen. Für viele ist das Land der Mitte die Antithese zu den USA, aber offensichtlich wesentlich erfolgreicher im Moment.
Was ist eure Meinung/Erklärung für diese globale Entwicklung?
Zuletzt geändert von palulu am Do 25. Dez 2014, 03:09, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Versagt der Liberalismus?
Wirklich liberale Regierungen kennt in meinen Augen weder die Türkei, noch Japan. Erdogan und Abe sind also nicht wirklich Ausnahmeerscheinungen, sondern nur andere Schattierungen eines etablierten Phänomens.
In Europa liegt es wohl an einer gewissen Politikverdrossenheit. Es gibt ja auch einige Länder in denen Linke im Aufwind sind. Griechenland oder Spanien zum Beispiel.
Die AFD spiegelt die Tatsache wieder das die deutsche Rechte in der CDU keine Vertretung mehr hat und sich der national-konservative Flügel anschickt abzuspalten..
In Indien wechseln sich die Parteien soweit ich weiss regelmässig ab und Russland hat mit Liberalität auch noch nie Erfahrungen gemacht.
Putin ist lediglich der starke Mann den die Russen sich wünschen und der das Land vor schlimmerem bewahrt hat. Ein liberaler Politiker hätte in Russland keine Chance, ähnlich wie in der Türkei.
In Europa liegt es wohl an einer gewissen Politikverdrossenheit. Es gibt ja auch einige Länder in denen Linke im Aufwind sind. Griechenland oder Spanien zum Beispiel.
Die AFD spiegelt die Tatsache wieder das die deutsche Rechte in der CDU keine Vertretung mehr hat und sich der national-konservative Flügel anschickt abzuspalten..
In Indien wechseln sich die Parteien soweit ich weiss regelmässig ab und Russland hat mit Liberalität auch noch nie Erfahrungen gemacht.
Putin ist lediglich der starke Mann den die Russen sich wünschen und der das Land vor schlimmerem bewahrt hat. Ein liberaler Politiker hätte in Russland keine Chance, ähnlich wie in der Türkei.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Natürlich gibt es zahlreiche hausgemachte Probleme, aber ein wichtiger Faktor dabei ist meines Erachtens, dass vielen Menschen die Globalisierung, ein typisch liberales Konzept, zu schnell ging.
Im Westen leiden vielerorts die unteren Schichten unter den Auswirkungen des globalen Kapitalismus; die zunehmende Einwanderung von Menschen aus anderen Kulturen ist vielen unangenehn; in nicht-westlichen Ländern stört man sich an den Werteimport aus dem Westen, dank Internet und co..
Dementsprechend erleben wir gerade einen antiliberalen, nationalen Backlash.
Im Westen leiden vielerorts die unteren Schichten unter den Auswirkungen des globalen Kapitalismus; die zunehmende Einwanderung von Menschen aus anderen Kulturen ist vielen unangenehn; in nicht-westlichen Ländern stört man sich an den Werteimport aus dem Westen, dank Internet und co..
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Re: Versagt der Liberalismus?
Der Keynesianismus konnte sich in vielen westlichen Staaten gegen den Kapitalismus durchsetzen. Besonders stark verloren hat der Kapitalismus in Japan. Dafür hat sich der Kapitalismus aber in China, Südostasien, Türkei, einigen Staaten Lateinamerikas und einigen kleineren Ländern im Nahen Osten durchgesetzt. Aus dem Grund sehe ich hier eher den Erfolg des Kapitalismus als die Niederlage.
Das ist Kapitalismus:
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Re: Versagt der Liberalismus?
Kapitalismus ohne die vorangestellte Eigenschaft "Soziale Marktwirtschaft" ist eher ein Fluch als ein Segen,und damit abzulehnen.Adam Smith » Mi 24. Dez 2014, 09:08 hat geschrieben:Der Keynesianismus konnte sich in vielen westlichen Staaten gegen den Kapitalismus durchsetzen. Besonders stark verloren hat der Kapitalismus in Japan. Dafür hat sich der Kapitalismus aber in China, Südostasien, Türkei, einigen Staaten Lateinamerikas und einigen kleineren Ländern im Nahen Osten durchgesetzt. Aus dem Grund sehe ich hier eher den Erfolg des Kapitalismus als die Niederlage.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Ich denke, es liegt an der Globalisierung. Die Welt ist zu groß für die meisten Menschen, sie fürchten sich vor zu viel und zu schneller Veränderung, während sich gleichzeitig immer alles schneller verändert. Ich befürchte, dass wir uns auf ein neues nationalistisches Zeitalter hin bewegen, die Menschheit ist noch nicht reif genug.palulu » Mi 24. Dez 2014, 00:57 hat geschrieben:Was ist eure Meinung/Erklärung für diese globale Entwicklung?
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Re: Versagt der Liberalismus?
Das sehe ich jetzt anders. Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert des Freihandels sein. Ganz im Gegensatz zum 19. Jahrhundert.Tom Bombadil » Mi 24. Dez 2014, 10:38 hat geschrieben: Ich denke, es liegt an der Globalisierung. Die Welt ist zu groß für die meisten Menschen, sie fürchten sich vor zu viel und zu schneller Veränderung, während sich gleichzeitig immer alles schneller verändert. Ich befürchte, dass wir uns auf ein neues nationalistisches Zeitalter hin bewegen, die Menschheit ist noch nicht reif genug.
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Re: Versagt der Liberalismus?
das sehe ich nicht so ...Tom Bombadil » Mi 24. Dez 2014, 11:38 hat geschrieben: Ich denke, es liegt an der Globalisierung. Die Welt ist zu groß für die meisten Menschen, sie fürchten sich vor zu viel und zu schneller Veränderung, während sich gleichzeitig immer alles schneller verändert. Ich befürchte, dass wir uns auf ein neues nationalistisches Zeitalter hin bewegen, die Menschheit ist noch nicht reif genug.
wenn man der these von bill clinton folgt "it's the economy, stupid !", dann werden wahlen nämlich immer von der partei gewonnen die am erfolgreichsten wohlstand verspricht.
national lässt sich aber kein wohlstand mehr generieren, außer man sitzt auf großen bodenschätzen.
und so mag es zwar rückschläge geben ...
ich stelle mir mal vor, dass marie le pen in frankreich wirklich die präsidentschaftswahlen gewinnt.
aber das würde für frankreich ökonomisch derart in die hose gehen, die arbeitslosigkeit würde so massiv ansteigen, dass frankreich danach für viele jahrzehnte von diesem irrweg abstand nehmen wird.
ich denke, dass im großen und ganzen die autoritären kräfte nur ihr letztes gefecht streiten ...
man kann die uhr nicht mehr zurückdrehen, sogar china hat einsehen müßen dass es sich der welt öffnen muß ...
Re: Versagt der Liberalismus?
Watchful_Eye » Mi 24. Dez 2014, 04:25 hat geschrieben:Natürlich gibt es zahlreiche hausgemachte Probleme, aber ein wichtiger Faktor dabei ist meines Erachtens, dass vielen Menschen die Globalisierung, ein typisch liberales Konzept, zu schnell ging.
Jetzt wo ich das so lese glaube ich ihr habt Recht....Kommt mir auch so vor.Tom Bombadil » Mi 24. Dez 2014, 11:38 hat geschrieben: Ich denke, es liegt an der Globalisierung. Die Welt ist zu groß für die meisten Menschen, sie fürchten sich vor zu viel und zu schneller Veränderung, während sich gleichzeitig immer alles schneller verändert.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Blödsinn. Krugman ist in Japan aktiv und da gibt es im Grunde keine Ausländer.Wasteland » Mi 24. Dez 2014, 12:49 hat geschrieben:
Jetzt wo ich das so lese glaube ich ihr habt Recht....Kommt mir auch so vor.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Es geht ja auch nicht unbedingt um Ausländer.Adam Smith » Mi 24. Dez 2014, 19:12 hat geschrieben:
Blödsinn. Krugman ist in Japan aktiv und da gibt es im Grunde keine Ausländer.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Ich finde, es kommt auch darauf an, wie man Liberalismus definiert. Viele dieser rechtsnationalen Parteien in Europa nennen sich ja auch freiheitlich, sind aber zutiefst reaktionär.
Aber im Großen und Ganzen habe ich die Ahnung, meine Vorredner könnten Recht haben. Die Modernisierung des Lebens schreitet so schnell voran, dass sich viele Leute entwurzelt fühlen. Und um ihre Identität zu bewahren, greifen sie dann weltweit auf ewiggestrige, paternalistische Vorstellungen zurück. Von einem wissenschaftlichen, progressiven und humanistischen Standpunkt betrachtet, ist das absolut grauenhaft, denn diese Bewegungen negieren ja die neuesten Erkenntnisse gerade in den Bereichen, in denen die Wissenschaft vom Menschen handelt. Abgelehnt wird zum Beispiel das natürliche Vorkommen von Homosexualität, die Gleichwertigkeit aller Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Geschlecht usw. Und stattdessen wollen diese Bewegungen zurück in vorwissenschaftliche Zeiten bzw. in solche, in denen es die allgemeinen Menschenrechte noch nicht gab.
Mich würde es im Übrigen auch nicht wundern, wenn unter den Anhängern dieser Gruppierungen auch Verschwörungstheoretiker wären.
Diese Entwicklung als solche gab es aber schon mal. Im 20. Jahrhundert wollten sich auch besonders unter den Deutschen alle Ewiggestrigen von den gesellschaftlichen Errungenschaften der Neuzeit befreien und alle Entwicklungen seit 1789 radikal rückgängig machen. Anstatt ein rational-humanistisches und fortschrittliches Menschenbild zu postulieren, brachten die Faschisten Deutschlands und im Rest Europas alle um, die nicht in ihr Weltbild passten.
Ich weiss nicht, ob diese irrationalen Gegner der Aufklärung mal irgendwann wieder versuchen werden, Hexenjagden auf Minderheiten und Andersdenkende bzw.- gläubige zu machen. Wenn wir diese Leute aber nicht wenigstens in Deutschland und Europa schon im Ansatz stoppen können, werden wir noch unangenehme Zeiten miterleben dürfen.
Aber im Großen und Ganzen habe ich die Ahnung, meine Vorredner könnten Recht haben. Die Modernisierung des Lebens schreitet so schnell voran, dass sich viele Leute entwurzelt fühlen. Und um ihre Identität zu bewahren, greifen sie dann weltweit auf ewiggestrige, paternalistische Vorstellungen zurück. Von einem wissenschaftlichen, progressiven und humanistischen Standpunkt betrachtet, ist das absolut grauenhaft, denn diese Bewegungen negieren ja die neuesten Erkenntnisse gerade in den Bereichen, in denen die Wissenschaft vom Menschen handelt. Abgelehnt wird zum Beispiel das natürliche Vorkommen von Homosexualität, die Gleichwertigkeit aller Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Geschlecht usw. Und stattdessen wollen diese Bewegungen zurück in vorwissenschaftliche Zeiten bzw. in solche, in denen es die allgemeinen Menschenrechte noch nicht gab.
Mich würde es im Übrigen auch nicht wundern, wenn unter den Anhängern dieser Gruppierungen auch Verschwörungstheoretiker wären.
Diese Entwicklung als solche gab es aber schon mal. Im 20. Jahrhundert wollten sich auch besonders unter den Deutschen alle Ewiggestrigen von den gesellschaftlichen Errungenschaften der Neuzeit befreien und alle Entwicklungen seit 1789 radikal rückgängig machen. Anstatt ein rational-humanistisches und fortschrittliches Menschenbild zu postulieren, brachten die Faschisten Deutschlands und im Rest Europas alle um, die nicht in ihr Weltbild passten.
Ich weiss nicht, ob diese irrationalen Gegner der Aufklärung mal irgendwann wieder versuchen werden, Hexenjagden auf Minderheiten und Andersdenkende bzw.- gläubige zu machen. Wenn wir diese Leute aber nicht wenigstens in Deutschland und Europa schon im Ansatz stoppen können, werden wir noch unangenehme Zeiten miterleben dürfen.
Zuletzt geändert von Progressiver am Mi 24. Dez 2014, 21:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Die Politik in der ersten Legislaturperiode der AKP war liberal bis sozialdemokratisch, das kannst Du sogar an den Reden von Erdogan sehen. Selbst seine Kritiker und Gegner werden dir das bestätigen. M.W. gab es sehr wohl eine liberale Phase in vielen osteuropäischen Staaten nach dem Ende des Kaltes Krieges. Putin war mal als Redner im Deutschen Bundestag, nicht ohne Grund. In Indien ist die Besonderheit, dass mit Modi jemand an die Macht gewählt wurde, der wahrscheinlich sogar Blut an den Händen kleben hat: http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... Druck.htmlWasteland » Mi 24. Dez 2014, 03:23 hat geschrieben:Wirklich liberale Regierungen kennt in meinen Augen weder die Türkei, noch Japan. Erdogan und Abe sind also nicht wirklich Ausnahmeerscheinungen, sondern nur andere Schattierungen eines etablierten Phänomens.
In Europa liegt es wohl an einer gewissen Politikverdrossenheit. Es gibt ja auch einige Länder in denen Linke im Aufwind sind. Griechenland oder Spanien zum Beispiel.
Die AFD spiegelt die Tatsache wieder das die deutsche Rechte in der CDU keine Vertretung mehr hat und sich der national-konservative Flügel anschickt abzuspalten..
In Indien wechseln sich die Parteien soweit ich weiss regelmässig ab und Russland hat mit Liberalität auch noch nie Erfahrungen gemacht.
Putin ist lediglich der starke Mann den die Russen sich wünschen und der das Land vor schlimmerem bewahrt hat. Ein liberaler Politiker hätte in Russland keine Chance, ähnlich wie in der Türkei.
Viele dieser Staaten hatten eine liberale Phase oder waren dabei, erfolgreich diesen in die örtliche Politik zu implementieren. Ich habe mich wohl auch etwas missverständlich ausgedrückt. Liberalismus kann hier auch als das Konzept einer freien, demokratischen Republik gelten. Es geht also auch um die liberale Organisationsform von Gesellschaften. Diese Vorstellungen wurden jedoch in vielen Staaten verworfen und werden sogar aktiv bekämpft, obwohl liberale Staaten immer noch den größten Wohlstand produzieren.
Zuletzt geändert von palulu am Do 25. Dez 2014, 02:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Nein, ich denke nicht, dass die menschenverachtenden Systeme in eine Zeit vor 1789 zurück möchten - das ist eine zu einfache Erklärung. Industriellen Massenmord gab es auch im Mittelalter nicht und auch die Zielsetzung des Gesamten war ja nicht irrational (anders, als jetzt beim IS). Darin findet sich ja das Grauen dahinter. Ich meine, wenn man sich die Programme der Nazis zur "Vernichtung lebensunwerten Lebens" anschaut, kann man ja nicht sagen, dass man in "vorwissenschaftliche Zeiten" zurück möchte. Die Perversion entsteht durch die Symbiose des Ganzen.Progressiver » Mi 24. Dez 2014, 22:30 hat geschrieben:Ich finde, es kommt auch darauf an, wie man Liberalismus definiert. Viele dieser rechtsnationalen Parteien in Europa nennen sich ja auch freiheitlich, sind aber zutiefst reaktionär.
Aber im Großen und Ganzen habe ich die Ahnung, meine Vorredner könnten Recht haben. Die Modernisierung des Lebens schreitet so schnell voran, dass sich viele Leute entwurzelt fühlen. Und um ihre Identität zu bewahren, greifen sie dann weltweit auf ewiggestrige, paternalistische Vorstellungen zurück. Von einem wissenschaftlichen, progressiven und humanistischen Standpunkt betrachtet, ist das absolut grauenhaft, denn diese Bewegungen negieren ja die neuesten Erkenntnisse gerade in den Bereichen, in denen die Wissenschaft vom Menschen handelt. Abgelehnt wird zum Beispiel das natürliche Vorkommen von Homosexualität, die Gleichwertigkeit aller Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Geschlecht usw. Und stattdessen wollen diese Bewegungen zurück in vorwissenschaftliche Zeiten bzw. in solche, in denen es die allgemeinen Menschenrechte noch nicht gab.
Mich würde es im Übrigen auch nicht wundern, wenn unter den Anhängern dieser Gruppierungen auch Verschwörungstheoretiker wären.
Diese Entwicklung als solche gab es aber schon mal. Im 20. Jahrhundert wollten sich auch besonders unter den Deutschen alle Ewiggestrigen von den gesellschaftlichen Errungenschaften der Neuzeit befreien und alle Entwicklungen seit 1789 radikal rückgängig machen. Anstatt ein rational-humanistisches und fortschrittliches Menschenbild zu postulieren, brachten die Faschisten Deutschlands und im Rest Europas alle um, die nicht in ihr Weltbild passten.
Ich weiss nicht, ob diese irrationalen Gegner der Aufklärung mal irgendwann wieder versuchen werden, Hexenjagden auf Minderheiten und Andersdenkende bzw.- gläubige zu machen. Wenn wir diese Leute aber nicht wenigstens in Deutschland und Europa schon im Ansatz stoppen können, werden wir noch unangenehme Zeiten miterleben dürfen.
Nationalismus, Kommunismus etc sind Erfindungen der Neuzeit. Davor gab es das schlichtweg nicht.
Es ist natürlich immer einfach, alle als "ewiggestrig" zu bezeichnen - das Problem wird man dadurch nicht lösen.
There was blood upon t risers
there were brains upon t chute
Intestines were a-dangling from his paratroopers suit
He was a mess, they picked him up
and poured him from his boots
And he ain't gonna jump no more
there were brains upon t chute
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He was a mess, they picked him up
and poured him from his boots
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Re: Versagt der Liberalismus?
Ein Versagen des Liberalismus ist nicht zu sehen - eher ein Versagen des Pseudoliberalismus. Da kommt noch Einiges auf uns zu...
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Re: Versagt der Liberalismus?
Verstehe ich dich richtig? Die Pläne der Nazis waren nicht irrational?Katenberg » Do 25. Dez 2014, 02:10 hat geschrieben:
Nein, ich denke nicht, dass die menschenverachtenden Systeme in eine Zeit vor 1789 zurück möchten - das ist eine zu einfache Erklärung. Industriellen Massenmord gab es auch im Mittelalter nicht und auch die Zielsetzung des Gesamten war ja nicht irrational (anders, als jetzt beim IS). Darin findet sich ja das Grauen dahinter. Ich meine, wenn man sich die Programme der Nazis zur "Vernichtung lebensunwerten Lebens" anschaut, kann man ja nicht sagen, dass man in "vorwissenschaftliche Zeiten" zurück möchte. Die Perversion entsteht durch die Symbiose des Ganzen.
Nationalismus, Kommunismus etc sind Erfindungen der Neuzeit. Davor gab es das schlichtweg nicht.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Guter Einstiegsbeitrag. Gibt ziemlich genau auch meine gegenwärtige Einschätzung der politischen Weltlage wieder. Russland ist nur insofern exzeptionell, als dass es ein sehr großes und schwergewichtiges Land ist und Frankreich ist mit der entscheidenden Präsidentenwahl 2017 insofern exzeptionell, als dass das Land historisch-symbolisch eine herausragende Bedeutung hat. Ansonsten scheinen die antiliberalistischen Tendenzen systemisch verursacht zu sein und alle Hoffnungen, mit dem Ende irgendeines konkreten einzelnen Autokraten, sei es nun Putin, Erdogan, Abe, Orbán oder Modi würde das Ende des weltweiten Antiliberalismus beginnen, sind vergebens.palulu » Mi 24. Dez 2014, 01:57 hat geschrieben:In Russland herrscht unangefochten Putin, der sich nicht nur die Krim schnappte.
...
Was ist eure Meinung/Erklärung für diese globale Entwicklung?
Die nach wie vor exemplarische Begründung für diese Krise kann man am besten an der geleakten sogenannten "Lügenrede" des sozialdemokratischen Orbán-Vorgängers Gyurcsány ablesen. Ebenso wie Gyurcsány verdienen die sich sozialdemokratisch-grün gebenden Schröders und Fischers heute am internationalen Big Business. Kein Wunder, dass Mehrheiten in der Bevölkerung auf noch viel schlimmere Demagogen hereinfallen.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Technisch gesehen hatten die Nazis die bis dahin modernste Armee. Auch die Effektivität in der Vernichtung ihrer Gegner war beispiellos. Ideologisch betrachtet dagegen lebten sie in einer Art Massenparanoia und fortwährendem Hexen- bzw. Judenwahn. Soll heißen: Diese ideologische Massenpsychose hat dazu geführt, dass die meisten Deutschen dachten, die ganze Welt wäre gegen sie und dass jeder Jude diabolisch bzw. dämonisch schlecht sei. Deswegen auch die Rede von der sogenannten "jüdischen Weltverschwörung". Anstatt die Erkenntnisse der modernen Wissenschaften vom Menschen zu akzeptieren und auch die Gleichwertigkeit jedes menschlichen Lebens zu verteidigen, lebten sie in einem absolut un- und vorwissenschaftlichen Rasse- und Judenvernichtungswahn, dem argumentativ nicht beizukommen war. Deswegen musste dann auch das Nazireich mit Waffen komplett niedergerungen werden, da es, rational betrachtet, nicht fähig war, seine eigene Verstiegenheit zu sehen sowie die Tatsache, dass es diesen Endkampf nur verlieren konnte. So war dieser Spuk erst mit der totalen Niederlage des Dritten Reiches zu Ende.Katenberg » Do 25. Dez 2014, 01:10 hat geschrieben:
Nein, ich denke nicht, dass die menschenverachtenden Systeme in eine Zeit vor 1789 zurück möchten - das ist eine zu einfache Erklärung. Industriellen Massenmord gab es auch im Mittelalter nicht und auch die Zielsetzung des Gesamten war ja nicht irrational (anders, als jetzt beim IS). Darin findet sich ja das Grauen dahinter. Ich meine, wenn man sich die Programme der Nazis zur "Vernichtung lebensunwerten Lebens" anschaut, kann man ja nicht sagen, dass man in "vorwissenschaftliche Zeiten" zurück möchte. Die Perversion entsteht durch die Symbiose des Ganzen.
Nationalismus, Kommunismus etc sind Erfindungen der Neuzeit. Davor gab es das schlichtweg nicht.
Es ist natürlich immer einfach, alle als "ewiggestrig" zu bezeichnen - das Problem wird man dadurch nicht lösen.
Wenn es schon vorher aufgeklärtes Denken gegeben hätte, wäre es nicht so weit gekommen. So aber nutzte man die modernste Technik der Waffenproduktion und der Verwaltung, um Menschen zu ermorden. Das Denken in humanistischen Kategorien fiel jedoch zurück in Richtung irrationale Steinzeitbarbarei.
Aber das ist wohl das, was man die sogenannte Dialektik der Aufklärung nennt.
Zuletzt geändert von Progressiver am Do 25. Dez 2014, 19:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Versagt der Liberalismus?
ich habe vorgestern mit einem Liberalen gesprochen der in einer Stadt sogar im Rat sitzt.Katenberg » Do 25. Dez 2014, 01:12 hat geschrieben:Ein Versagen des Liberalismus ist nicht zu sehen - eher ein Versagen des Pseudoliberalismus. Da kommt noch Einiges auf uns zu...
der sagt, dass es den Unternehmen gut gehen muss, dass der Staat gute Steuereinnahmen dadurch generieren kann, dass die Infrastruktur gut sein muss mit Kulturangeboten gespickt und einer fortschrittliichen Gesellschaftspolitik und wir die Umwelt schonen muessen.
Wenn der Staat gute Steuereinnahmen generiert, kann man den Sozialstaat fest bauen und die Infrastruktur weiter ausbauen.
darueber hinaus sollte sich der Staat so wenig wie irgend meoglich in die privaten Belange von Buergern einmischen und auch mit der Datenwut zu sammeln aufhoeren und zudem hat sich der staatliche Sektor beim Gewaltmonopol im Hintergrund zu halten und man muss nicht alles mit einem Gesetz regeln, sondern auch den Verwaltungen Spielraueme geben.
das hat mich ueberzeugt und fuer einen solchen Liberalismus bin ich zu haben
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Re: Versagt der Liberalismus?
Seit kurzem nicht mehr. Durch den Weggang des Fidesz-Ministers Navracsics nach Brüssel wurde eine Neuwahl im westungarischen Veszprém nötig und die gewann der gemeinsame parteilose Kanditat der linken und grünen Parteien.palulu » Mi 24. Dez 2014, 01:57 hat geschrieben:In Russland herrscht unangefochten Putin, der sich nicht nur die Krim schnappte. Bis heute destabilisiert der Kreml auch den Osten der Ukraine. Der Westen sucht noch immer nach einer Lösung für diesen Konflikt. In Indien gewann mit Narendra Modi an der Spitze die hinduistisch-nationalistische Indische Volkspartei (BJP) die letzten Parlamentswahlen; in Ungarn regiert Orban mit seiner nationalistisch-konservativen Partei Fidesz und verfügt über eine satte Zweidrittelmehrheit im Parlament.
Als Gründe für die zunehmende Unzufriedenheit der Bevölkerung wird in Kommentaren - neben wirtschaftlichen Schwierigkeiten - sehr häufig dieses selbstzufriedene Agieren auf symbolischen und identitären Feldern genannt. Statt Krankenhäuser zu modernisieren werden endlos Stadien gebaut. Sport ist gerade für Leute wie Putin oder Orbán eines der bevorzugten Felder der Selbstinszenierung. War es für Hitler vor Kriegsbeginn auch schon mal. Wir sollte uns kritisch davon distanzieren und unter keinen Umständen eine Olympiade in Deutschland zulassen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Versagt der Liberalismus?
pikant » Do 25. Dez 2014, 20:44 hat geschrieben:
ich habe vorgestern mit einem Liberalen gesprochen der in einer Stadt sogar im Rat sitzt.
der sagt, dass es den Unternehmen gut gehen muss, dass der Staat gute Steuereinnahmen dadurch generieren kann, dass die Infrastruktur gut sein muss mit Kulturangeboten gespickt und einer fortschrittliichen Gesellschaftspolitik und wir die Umwelt schonen muessen.
Wenn der Staat gute Steuereinnahmen generiert, kann man den Sozialstaat fest bauen und die Infrastruktur weiter ausbauen.
darueber hinaus sollte sich der Staat so wenig wie irgend meoglich in die privaten Belange von Buergern einmischen und auch mit der Datenwut zu sammeln aufhoeren und zudem hat sich der staatliche Sektor beim Gewaltmonopol im Hintergrund zu halten und man muss nicht alles mit einem Gesetz regeln, sondern auch den Verwaltungen Spielraueme geben.
das hat mich ueberzeugt und fuer einen solchen Liberalismus bin ich zu haben
Diese Stadt liegt wahrscheinlich irgendwo im Schlaraffenland.
Das eigentliche Problem diese Jahrhunderts besteht doch eher darin, die Idee von Liberalismus auch bei knapper werdenden Ressourcen, bedrohlicheren natürlichen Bedingungen und vor allem einer immer komplexeren Welt aufrechtzuerhalten. Globalisierung ist ja nur ein Aspekt dieses Komplexitätswachstums.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Re: Versagt der Liberalismus?
Unser Planet würde locker auch 20 Milliarden Vernunftwesen verkraften, die sich ständig darum bemühen, mit allen anderen Erscheinungsformen der Schöpfung gut zurecht zu kommen. Dummerweise kommen die meisten nicht mal mit sich selbst zurecht, weil ihnen das wichtigste Know How dazu fehlt.schokoschendrezki » Mi 25. Feb 2015, 15:20 hat geschrieben:
Diese Stadt liegt wahrscheinlich irgendwo im Schlaraffenland.
Das eigentliche Problem diese Jahrhunderts besteht doch eher darin, die Idee von Liberalismus auch bei knapper werdenden Ressourcen, bedrohlicheren natürlichen Bedingungen und vor allem einer immer komplexeren Welt aufrechtzuerhalten. Globalisierung ist ja nur ein Aspekt dieses Komplexitätswachstums.
Re: Versagt der Liberalismus?
Es geht weniger um die Frage, was verkraftbar ist, als vielmehr um die Frage, was wir brauchen/wollen.SIRENE » Di 3. Mär 2015, 09:31 hat geschrieben: Unser Planet würde locker auch 20 Milliarden Vernunftwesen verkraften, die sich ständig darum bemühen, mit allen anderen Erscheinungsformen der Schöpfung gut zurecht zu kommen.
Verkraftbar wäre es auch, jedem Menschen ein Schälchen Reis zu verabreichen, und ihnen einen 14 Stunden-Arbeits-Tag zu verabreichen.
Millionen Menschen verkraften das tagtäglich.
Aber wollen sie das auch?
Brauchen sie das?
Über hundertausend Jahre ist die Menschheit mit weniger als einer Million Einwohner ausgekommen.........
Zuletzt geändert von Córdoba am Fr 13. Mär 2015, 08:40, insgesamt 2-mal geändert.
Re: Versagt der Liberalismus?
Wirtschaftsliberalismus haben wir in den USA genauso wie in China->identisch.palulu » Mi 24. Dez 2014, 00:57 hat geschrieben: Für viele ist das Land der Mitte die Antithese zu den USA, aber offensichtlich wesentlich erfolgreicher im Moment.
Ich sehe hier keine Antithese.
Jedenfalls nicht in den gesellschaftlichen Strukturen.
Allerdings:
Bei den Themen Pressefreiheit ist China eine Antithese.
Also:
Die Wirtschaftssysteme sind praktisch identisch.
In Sachen Meinungsfreiheit gibt es Unterschiede.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Der Freihandel ist grundsätzlich gut, denn er führt dazu, dass die relativen Wettbewerbsvorteile zum Tragen kommen. Allerdings führt eine solche Öffnung eben auch zu deutlichen Verwerfungen - also einem Umbruch.Adam Smith » Mi 24. Dez 2014, 12:36 hat geschrieben:
Das sehe ich jetzt anders. Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert des Freihandels sein. Ganz im Gegensatz zum 19. Jahrhundert.
Es ist auch so, dass die Vorteile mit zunehmender Größe abnehmen. Wenn die USA und Europa einen gegenseitigen Freihandel einführen, damit die Amerikaner ihre Lebensmittel in Europa und die Europäer ihre Lebensmittel in den verkaufen können, so dürften die Vorteile des hin und her-schipperns von Antibiotika- vs. Chlorhähnchen doch kaum zu einem allgemeinen Wohlfahrtsgewinn führen.
Immerhin werden viele Produkte auf beiden Seiten des Atlantik erzeugt und die Kostenunterschiede, die einen Export-Import rechtfertigen durch die doch relativ hohen Transportkosten hinfällig werden.
Ich habe daher keine zu großen Erwartungen - dass ein Freihandels-Abkommen zu deutlichen Verbesserungen führt - außer für die Schifffahrtsgesellschaften.
Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.
It is not racism, but pattern recognition.
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Re: Versagt der Liberalismus?
warum sollte eine marie le pen den Wohlstand in Frankreich abträglicher sein, als ihr kommunistischer Vorgänger Hollande?bakunicus » Mi 24. Dez 2014, 12:55 hat geschrieben:
ich stelle mir mal vor, dass marie le pen in frankreich wirklich die präsidentschaftswahlen gewinnt.
aber das würde für frankreich ökonomisch derart in die hose gehen, die arbeitslosigkeit würde so massiv ansteigen, dass frankreich danach für viele jahrzehnte von diesem irrweg abstand nehmen wird.
Dieser Zusammenhang erschließt sich mir nicht.
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Re: Versagt der Liberalismus?
ich bin dafür, dass sich die unterschiedlichen Ökonomen oder Gesellschaftskritiker eine experimentelle Spielwiese bauen - ein Ozeankreuzer - oder so - und dort ihre Ideologie zur Anwendung bringen können. Mögen dort die Sekten-Jünger hinziehen und leben.Adam Smith » Mi 24. Dez 2014, 19:12 hat geschrieben:
Blödsinn. Krugman ist in Japan aktiv und da gibt es im Grunde keine Ausländer.
Bei Marx frage ich mich beispielsweise, ob er - hätte er die Wahl gehabt - lieber in dem von ihm inspirierten Sozialismus der DDR - oder doch lieber im Kapitalismus der Schweiz gelebt hätte.
Zuletzt geändert von Frank_Stein am Sa 21. Mär 2015, 09:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Versagt der Liberalismus?
In der DDR wäre er vermutlich unter den Asozialenparagraphen gefallen und per Zwangsarbeit zu einem nützlichen Mitglied der sozialistischen Gesellschaft umerzogen worden.theo » Sa 21. Mär 2015, 09:58 hat geschrieben:
ich bin dafür, dass sich die unterschiedlichen Ökonomen oder Gesellschaftskritiker eine experimentelle Spielwiese bauen - ein Ozeankreuzer - oder so - und dort ihre Ideologie zur Anwendung bringen können. Mögen dort die Sekten-Jünger hinziehen und leben.
Bei Marx frage ich mich beispielsweise, ob er - hätte er die Wahl gehabt - lieber in dem von ihm inspirierten Sozialismus der DDR - oder doch lieber im Kapitalismus der Schweiz gelebt hätte.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Ob er "versagt", ist wohl schwierig zu beantworten. Aber er war schon mal populärer.
http://www.zeit.de/2016/23/krise-libera ... populismusEin autoritäres Angebot
Bislang glaubte man, die liberale Gesellschaft sei der Sieger der Weltgeschichte. Warum eigentlich? Der Aufstieg rechter Politiker zeigt: Sie könnte ebenso gut wieder verschwinden.
Labskaus!
Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
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Re: Versagt der Liberalismus?
palulu hat geschrieben:(24 Dec 2014, 00:57)
In Russland herrscht unangefochten Putin, der sich nicht nur die Krim schnappte. Bis heute destabilisiert der Kreml auch den Osten der Ukraine. Der Westen sucht noch immer nach einer Lösung für diesen Konflikt.
Wer wen destabilisiert ist die Frage. Immerhin war es zuerst der Westen, der die Demonstrationen in Kiew beflügelt hatte, was dazu führte, dass ein
Präsident, der von der Mehrheit der Bevölkerung der Ukraine gewählt worden ist, aus dem Amt geputscht worden ist, nur weil man im Westen glaubte,
dass die Mehrheit der Bevölkerung in Kiew repräsentativ für die Mehrheit der Bevölkerung im Lande sein würde.
Die Ukraine ist nun einmal ein gespaltenes Land - das hätte man vorher wissen können, dass der Osten des Landes wirtschaftlich eng mit der
Wirtschaft Russlands verbunden ist, während man sich im Westen mehr Nähe zur EU wünschte. Hier also einseitig Moskau für die Entwicklung
im Land die Schuld zu geben, ist eine sehr westliche Sichtweise.
Wäre man ehrlich gewesen, hätte man den Ukrainern nicht zu viel Hoffnung auf einen baldigen EU-Beitritt machen dürfen, denn das dürfte
unter den EU-Bürgern auch nicht auf ungeteilte Zustimmung treffen, wie die Volksabstimmung in den Niederlanden gezeigt hat.
Was den Liberalismus betrifft.
das ist eine zweigespaltene Sache. Wenn man unter Liberalismus versteht, alle Grenzen dieser Welt zu beseitigen, so dass sich jeder
Mensch auf diesem Planeten dort niederlassen kann, wo er möchte, dann würde das sehr bald zu einer Auflösung der Kulturen dieser
Welt führen. Binnen weniger Generationen würde die kulturelle und ethnische Identität der Völker verschwinden und damit ein
wesentliches Kapitel in der Menschheitsgeschichte für immer und unwiederbringlich verloren gehen.
Die Mehrheitsgesellschaften in den wirtschaftlich erfolgreichen Ländern würden kippen, die sozialen Standards geschliffen werden bis
auf die Grundmauern, um Armutsmigration in die Sozialsysteme zu verhindern.
Es würden mit den Menschen auf die Konflikte der Menschen importiert werden und das würde dann zu einem Ende der Freiheit und
Sicherheit in den Einwanderungsländern führen, während die Auswanderungsländer ihre Eliten verlieren würden.
Nein - eine solche Welt mag ich mir nicht vorstellen.
Daher sage ich, dass der radikale Liberalismus, wenn es um die Freizügigkeit geht, am Ende dazu führen würde, dass
die Freiheit, der Wohlstand und die Sicherheit in diesen Ländern verloren gehen, wo man ihn in dieser Form einführen würde.
Weil viele Menschen das nicht wollen, wählen viele von ihnen scheinbar paradoxerweise Parteien, die gemeinhin für das Gegenteil von
Liberalismus stehen. So ist der allgemeine Rechtsruck in Europa zu verstehen, seitdem sich Europa immer weiter für Einwanderer
beispielsweise aus moslemischen Ländern öffnet.
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Re: Versagt der Liberalismus?
Das ist so nicht korrekt. Ohne diese "Suche nach Lösung", in die viele Milliarden fließen, gäbe es diesen Konflikt gar nicht. Russland sucht keinen Konflikt mit Deutschland, eher umgedreht. Versagt der Liberalismus? Nein, wenn wir ihn endlich einmal anwenden, ist er die Lösung.palulu hat geschrieben:(24 Dec 2014, 00:57)
In Russland herrscht unangefochten Putin, der sich nicht nur die Krim schnappte. Bis heute destabilisiert der Kreml auch den Osten der Ukraine. Der Westen sucht noch immer nach einer Lösung für diesen Konflikt.