Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

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Maximizer
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Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von Maximizer »

Moin! Ich glaube grundsätzlich können wir alle hier die von mir im Betreff gestellte Frage beantworten. Man tritt in eine Partei ein, wird von dieser auf einer Liste platziert und bei ausreichenden Wahlergebnis zieht man in das Parlament ein. Mich interessiert eher der innerparteiliche Prozess dahin. Ich selbst bin bald mit meinem Studium fertig und interessiere mich schon immer für Politik und parlamentarische Arbeit. Von daher könnte ich mir auch gut vorstellen Berufspolitiker zu werden.

Nur ist das überhaupt ein realistisches Berufsziel, das man sich setzen kann oder ist das eher immer ein eher zufälliges Ergebnis, dass man irgendwann von seiner Partei aufgestellt wird? Wie würde man überhaupt beginnen mit diesem Ziel? Klar, Parteieintritt. Und dann muss man sich wahrscheinlich jahrelang engagieren in kommunaler Arbeit und das Wichtigste wird wohl sein "Beziehungen" aufzubauen. Schließlich muss man innerhalb der Partei zumindest solch einen Bekanntheitsgrad wählen, dass man bei der Kandidatur für einen realistischen Listenplatz gewählt wird. Dort wird es vermutlich auch einen sehr hohen Konkurrenzkampf geben. Ich persönlich würde am Liebsten Europapolitik machen, weil ich das für einen der wichtigsten Politikfelder in der nahen Zukunft halte und am Liebsten auch als Europaabgeordneter arbeiten.

Kann vielleicht jemand aus Erfahrung schreiben, wie ein solcher Weg aussehen kann, wie man Ihn am besten beginnt und ob das überhaupt ein realistisches Ziel ist. Danke für eure Antworten.
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Tom Bombadil
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von Tom Bombadil »

Kannst du dich nach oben gut einschleimen und deine Konkurrenz gnadenlos aus dem Weg räumen? Kannst du deine eigene Meinung gut verbergen und immer so stimmen, wie die Parteigranden das von dir erwarten? Bist du ein guter "Menschenfänger" und rhetorisch einigermaßen begabt? Kannst du dir vorstellen, lange Jahre als Protegé eines bereits etablierten Spitzenpolitiker zu arbeiten? Hast du viel Geduld und kannst Rückschläge und Niederlage gut in positive Energie umlenken? Dann kann es mit Glück etwas werden mit der Karriere als Berufspolitiker.
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jorikke
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von jorikke »

Wenn du dein Studium beendest hast, ergreife einen studiennahen Beruf und profiliere dich dort. In der Politik steigt niemand als Berufspolitiker ganz oben ein. Nebenbei kannst du dich in einer Partei deiner Wahl engagieren. Dann ergibt sich fast zwangsläufig eine gewisse Karriere. Mitglied- Beisitzer-Kassenwart- Mitglied des Ortsvorstandes- Delegierter zu verschiedenen Anlässen usw. Zu diesem ganzen Kleinkram werden immer Wahlen abgehalten. Dabei kannst du selbstkritisch beobachten, wie du ankommst. Wenn du feststellst, es immer mit viel Dusel über eine Stichwahl gerade noch zu schaffen, häng deine Ambitionen an den Nagel und konzentriere dich auf deine berufliche Laufbahn.
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imp
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von imp »

Wenn du die Saufgelage der Parteijugendverbände bis weit ins Studienalter versäumt hast, ist es noch nicht zu spät, um in der Politik Karriere zu machen. Von Vorteil ist es, wenn du eine blonde Frau über 1,70 und unter 80 kg bist. Es geht aber auch anders. Grundsätzlich hilfreich ist es, wenn du dich bei allen für dich in Frage kommenden Parteien auf ein Mentoring-Programm der nächstbesten Landtagsfraktion sowie der Bundestagsfraktion bewirbst. Diese finden meistens in den Sommersemesterferien statt. Hat das nicht geklappt, lohnt eine Bewerbung auf ein Stipendium der parteinahen Stiftung oder eine Bewerbung auf ein Praktikum o.ä. in einer Fraktionsgeschäftsstelle (Bund oder Land, nicht kommunal). Eher abraten würde ich von Teilzeitarbeit in Abgeordnetenbüros. Das ist entweder schwere Arbeit oder ein Versorgungsposten für bereits besser plazierten Nachwuchs. Da kommst du dann entweder unter die Räder oder gar nicht erst dran.

Hast du dich einmal unfallfrei in berufspolitischen Kreisen etabliert, solltest du bei irgendeinem hippen Thema durch Omnipräsenz und möglichst nicht zu doofe Beiträge glänzen. Gern auch dem Platzhirsch nach dem Munde reden, wenn eine relevante Opposition besteht. Sonst besser die Gegenmeinung vertreten. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass deine Beiträge irgendwem taktisch nützlich sind. Was fachlich davon zu halten ist, ist vollkommen egal. Da gibt es mehr Meinungen, als gleichzeitig richtig sein können. Der Rest ist dann Taktik. Da du zu alt für einen erfolgreichen Kampf um die Gunst des Jugendklüngels bist, kannst du einem innerparteilichen Kreis helfen, einen Wackelkandidaten des anderen innerparteilichen Kreises abzuschießen, weil du eben noch nicht so genau für irgendwas stehst. Etwa mit den Konservativen gegen die Wirtschaftsdeppen verbünden. Oder andersrum, Hauptsache es führt zur Mehrheit. Ist der Listenplatz in der hinteren Mitte des aussichtsreichen Teils erst mal ergattert, liegt es beim Wähler.

Ein ganz anderes Game musst du versuchen, wenn die in Frage kommende Partei zu sehr vielen Direktmandaten neigt. Das ist aber eher nichts für dich, da müsstest du im Ehrenamt oder in der Kommunalpolitik erst mal in einem Wahlkreis für die dortige Parteibasis vorzeigbar werden - und dann auch noch den Wahlkreis gewinnen. Lass das lieber.
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unity in diversity
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von unity in diversity »

Auf der Prestigepointscala stehen Berufspolitiker ziemlich weit unten. Sie gelten als Verursacher von Politikverdrossenheit, Populismus und Fake-News.
Die meisten sind Trojaner von Partikularinteressen, meint LobbyControl.
Die Reviere sind aufgeteilt und wer zusätzlich rein will, muß nachweisen, daß er die Interessen seines Klientels noch ambitionierter durchsetzen kann, als die vorhandenen Darsteller.
Dazu muß man Humor, Sarkasmus, Dreistigkeit und Ellenbogen als neue, unverdorbene Reinheit verkaufen, das genau meint das Wort „ambitioniert“.
Hilfreich sind eine gute Nase und feine Ohren, um gewollte, politische Tendenzen zu durchschauen und dann nicht zu blocken, sondern absichtslos zu fördern.
Damit überholt man die behäbigen Platzhirsche links, rechts, oder mittig.
Einspruch lähmt man mit der Unterstellung, man habe es mit intoleranten Besitzstandswahrern zu tun, die dem aktuellen Zeitgeist hinterherhinken.
Man selbst ordne sich keiner Richtung zu, damit man alles vertreten kann, ohne sich jemals festgelegt zu haben. So wird man ein unangreifbarer, gewinnender Vertreter des Pluralismus.
Feindbilder muß man vorbehaltlos aktualisieren und trendgerecht nachjustieren können, damit man moralisch flexibel bleibt.
Na denn wünsche ich mal gutes Gelingen.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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jack000
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von jack000 »

Maximizer hat geschrieben:(12 Dec 2018, 18:48)

Moin! Ich glaube grundsätzlich können wir alle hier die von mir im Betreff gestellte Frage beantworten. Man tritt in eine Partei ein, wird von dieser auf einer Liste platziert und bei ausreichenden Wahlergebnis zieht man in das Parlament ein. Mich interessiert eher der innerparteiliche Prozess dahin. Ich selbst bin bald mit meinem Studium fertig und interessiere mich schon immer für Politik und parlamentarische Arbeit. Von daher könnte ich mir auch gut vorstellen Berufspolitiker zu werden.
Ich muss mal den Artikel zur Berliner Wahl auskramen. Da wurden die neuen Abgeordneten vorgestellt. Beim Beruf gaben am meisten die Grünen an: "Politiker"
=> Wenn du also mit deinem Ingenieursstudium fertig bist, weist du wohin die Reise geht ...
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!
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sünnerklaas
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von sünnerklaas »

jorikke hat geschrieben:(13 Dec 2018, 10:35)

Wenn du dein Studium beendest hast, ergreife einen studiennahen Beruf und profiliere dich dort. In der Politik steigt niemand als Berufspolitiker ganz oben ein. Nebenbei kannst du dich in einer Partei deiner Wahl engagieren. Dann ergibt sich fast zwangsläufig eine gewisse Karriere. Mitglied- Beisitzer-Kassenwart- Mitglied des Ortsvorstandes- Delegierter zu verschiedenen Anlässen usw. Zu diesem ganzen Kleinkram werden immer Wahlen abgehalten. Dabei kannst du selbstkritisch beobachten, wie du ankommst. Wenn du feststellst, es immer mit viel Dusel über eine Stichwahl gerade noch zu schaffen, häng deine Ambitionen an den Nagel und konzentriere dich auf deine berufliche Laufbahn.
Fast alle Berufspolitiker haben als ehrenamtliche Kommunal- und Parteipolitiker angefangen.
Zur Zeit wird ja wieder gerühmt, wie toll doch Seiteneinsteiiger wären. Argument: "die hätten mal gearbeitet". Ich halte denen gerne die Beispiel Ronald B. Schill und - für eine sachlichere Debatte: Josef Hattig entgegen. Dem Seiteneinsteiger Hattig ist genau seine politische Unerfahrenheit zum Verhängnis geworden.
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sünnerklaas
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von sünnerklaas »

JunkerPhil hat geschrieben:(14 Dec 2018, 15:33)

Hast du Belege dafür ?

Hier kann man sich durchklicken und die einzelnen Lebensläufe der Mitglieder des aktuellen Bundeskabinetts betrachten. Man kann sich auch die Lebensläufe der Mitglieder der anderen Bundeskabinette anschauen. Erste Sporen werden an der Parteibasis, in den Orts- und Kreisverbänden, bei den Jugendorganisationen im Ehrenamt verdient. Wer sich da bewährt und sich eine Hausmacht schaffen kann, steigt auf. Und die Hausmacht fällt nicht vom Himmel, die muss hart erarbeitet werden.
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imp
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von imp »

sünnerklaas hat geschrieben:(14 Dec 2018, 15:12)

Fast alle Berufspolitiker haben als ehrenamtliche Kommunal- und Parteipolitiker angefangen.
Zur Zeit wird ja wieder gerühmt, wie toll doch Seiteneinsteiiger wären. Argument: "die hätten mal gearbeitet". Ich halte denen gerne die Beispiel Ronald B. Schill und - für eine sachlichere Debatte: Josef Hattig entgegen. Dem Seiteneinsteiger Hattig ist genau seine politische Unerfahrenheit zum Verhängnis geworden.
Es gibt auch gute Beispiele.
Militärpraktiker Gert Bastian
Anwalt Gregor Gysi
Mediziner Karl Lauterbach
Rundfunkmoderator Schönhuber
Steuerbeamte Manuela Schwesig
Jerusalem-Preisträger und Autor Stefan Heym.
Lehrer Dieter Althaus.
Chemikerin Frauke Petry
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sünnerklaas
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von sünnerklaas »

imp hat geschrieben:(16 Dec 2018, 20:26)

Es gibt auch gute Beispiele.
Militärpraktiker Gert Bastian
Anwalt Gregor Gysi
Mediziner Karl Lauterbach
Rundfunkmoderator Schönhuber
Steuerbeamte Manuela Schwesig
Jerusalem-Preisträger und Autor Stefan Heym.
Lehrer Dieter Althaus.
Chemikerin Frauke Petry

Naja, da haben aber auch viele in der Kommunalpolitik angefangen und ehrenamtlich Politik an der Basis betrieben.
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imp
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von imp »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Dec 2018, 21:44)

Naja, da haben aber auch viele in der Kommunalpolitik angefangen und ehrenamtlich Politik an der Basis betrieben.
Die Mehrheit dieser Liste kam nach einem regulären Berufsleben direkt oder sehr zügig in hauptamtliche Politik.
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Re: Wie genau wird man eigentlich Berufspolitiker?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

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