Betrachter hat geschrieben:(01 Nov 2018, 08:27)
Wie fleißig ist ein Unternehmer? Meinst du, andere würden nicht gern seine Arbeit machen? Und warum machen sie es nicht, wirst du jetzt fragen.
Nein, das muss ich nicht fragen, das weiss ich: die wenigsten haben lust auf 80-Stunden-Wochen. Und noch weniger haben Lust auf Verantwortung.
Warum sollten Menschen denn massenhaft "aussteigen", auf moderne Produktionsmittel verzichten und 10 Stunden am Tag schuften?
Ich sag nicht, dass das jemand soll. Ich hätt es (als ich noch ein paar Jährchen jünger war) gutgefunden wenn jemand hätte ernsthaft mitmachen wollen, das ist alles.
Ich kann mich ernstlich auf beides einlassen: ich kann in einem Urkommunismus auf Selbstversorgung ohne persönliches Eigentum leben ohne dass mir was dabei fehlt, ich hab aber auch eine Weile in der Industrie Karriere gemacht, Verantwortung getragen und erfolgreiche Projekte gemacht. Und aus dieser Position und diesen Erfahrungen heraus kritisiere ich die halbgaren Argumentation: wir wollen alle Vorteile haben, aber wir wollen keine Verantwortung tragen, weil schuld an allem sind ja die bösen Kapitalisten.
Statt dass Produktionsmittel vergesellschaftet werden und das produzieren, was tatsächlich gebraucht wird- und nicht das, was Profit bringt.
Niemand muss den Scheiss kaufen. Das ist der einfachste und wirksamste Hebel. Wenn nur gekauft wird, was gebraucht wird, dann wird auch nur produziert, was gebraucht wird.
Was bei der "vergesellschaftung" in der Praxis rauskommt, sieht man zB in Venezuela. Ich kenne wenig bis keine Beispiele, wo sowas mal annähernd geklappt hätte, ergo: funktioniert nicht.
Hast du dich mal gefragt, warum Leute durch Arbeit krank werden? Kreislauferkrankungen, Abnutzung des Bewegungsapparates durch einseitige Dauerbelastung,
Burnout usw.- alles sehr bequem und gar nicht geeignet, Unzufriedenheit zu erzeugen, nicht wahr?
Kenne ich aus eigener Erfahrung. Ist ja nicht so dass ich hier aus dünner Luft heraus argumentieren täte.
Der Fehler liegt m.E. woanders. Von Anbeginn der Menschheit bis vor 100 Jahren (/Industrialisierung) hat man Befriedigung bei der Arbeit gefunden, und die Bedürfnisse waren Notwendigkeiten: man hat gegessen um nicht zu hungern.
Jetzt hat man das ganze genau umgedreht: man arbeitet aus Notwendigkeit, und soll Befriedigung beim Konsum, d.h. der Erfüllung überflüssiger Bedürfnisse, finden. Das ist grotesk.
Aber der Kritikansatz, dass daran der böse Kapitalist schuld ist, weil der das Kapital hat, ist nur ein Neid-Ansatz, und die Lösungen gehen dann in die Richtung, höhere Löhne, also nur noch mehr sinnloser Konsum. Überhaupt fast alle Argumentation geht nur in die Richtung, dass man unbedingt noch mehr des Verkehrten will.
Es ist ja nicht so, dass Arbeit generell krankmachen würde, sondern es ist die fremdbestimmte, unbefriedigende Arbeit, die krank macht. Und sinnloser Konsum macht ebenfalls krank.
Es wäre mir ein Herzenswunsch, wenn man das sinnvoll auflösen könnte. Aber die Kapitalismus-Kritik greift da zu kurz, denn beide Seiten, Arbeiter/Konsumenten genauso wie Unternehmer, spielen in ganz derselben Weise bereitwillig mit, weil Aussteigen unbequemer wäre.