Um dich aufzuklären, ich bin gelernter Maler/ Lackierer, habe nach 17 Jahren mein Abi nachgeholt und studiert. Ich war nie arbeitslos. Das Versagen, wie du es beschreibst ist nicht allein den Eltern vorzuwerfen, auch der Staat trägt Mitverantwortung. Ebenso fällt es manchen nicht so leicht, dem gesellschtlichen Druck standzuhalten oder den gestellten Anforderungen gerecht zu werden.JJazzGold hat geschrieben:(23 Sep 2018, 14:57)
Mir ist durchaus bekannt, dass die Entscheidungsfreiheit eingeschränkt war. Eine meine späteren Freundinnen hat bewusst auf Abi und Studium verzichtet, weil sie danach nicht frei hätte wählen können. Statt dessen hat sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau angefangen, das stand gerade zur Verfügung, und sich ab 1990 entsprechend ihrer persönlichen Neigung qualifiziert. In meinen Seminaren in Berlin sassen etliche Personen mit solchen Biographien. Es handelt sich ergo nicht um Arroganz, sondern um Mitgefühl, das hätte sie und die Anderen auch ein paar Jahre früher haben können, und Bewunderung für den Mut, noch ein mal neu anzufangen.
Heutzutage nur die Wahl zwischen Montage oder Hartz IV zu haben, scheint mir diesbezüglich eine äusserst eingeschränkte Wahrnehmung zu sein.
Nur ist es eben auch schwierig, von Menschen, die nie gelernt haben, für sich selbst zu sorgen, von heute auf morgen selbiges zu verlangen. Das gab und gibt es auch in den sog. alten Bundesländern, wobei es sich hier um ein Versagen der Eltern und nicht des Staates handelt. Deshalb wundert es mich nicht, dass immer noch ein Anteil zu finden ist, der darauf wartet, dass der Staat ihnen sagt, was sie tun sollen. Aber der wird im Laufe der Jahrzehnte immer weiter abnehmen und mit einem überschaubaren Restbestand kann der Sozialstaat leben.
Ich selbst bin nun in der sozialen Branche tätig und mein Klientel gehört zu den "Restbeständen" des Staates. Ich wage vorsichtig zu urteilen, über den deiner Meinung nach abnehmenden Restbestand. Ein von massiv ansteigenden Problemen, Krisen, Katastrophen und Risiken bedrohtes System, sorgt eher dafür, dass ein Versagen eine Masse an Menschen treffen kann, die es nie vorher glaubte.