Vongole hat geschrieben:(24 Apr 2018, 15:03)
Das ist mir klar, aber nicht,
warum das Interesse ncht besteht.
Also warum treffe ich so häufig auf Unverständnis, weil ich mich dafür interessiere?
Warum bemühen sich z.B. Journalisten, Politiker, Filmemacher nicht ernsthaft um Hintergrundwissen, ehe sie über Juden schreiben?
Ist das Berührungsangst, und wenn ja, resultiert das tatsächlich nur aus antijüdischen Narrativen?
Das stimmt doch gar nicht. Es herrscht ein sehr großes Interesse an Juden und jüdischer Kultur; es gibt zahlreiche Lesungen, Musikveranstaltungen, Tage der offenen Tür in Synagogen etc. An Universitäten gibt es Judaistik-Studiengänge, die sich großen Interesses gerade auch seitens von Nichtjuden erfreuen. Jüdische Gemeinden werden unterstützt und erfahren trotz ihrer meist geringen Größe die Aufmerksamkeit von Politikern.
Vongole hat geschrieben:(24 Apr 2018, 15:03)
Ein Beispiel: 2017 wurde hier groß das Luther-Jahr gefeiert, der Mann gepriesen für seine Aufklärung etc.
Kein, wirklich kein Kommentator, kein Festredner erwähnte auch nur, dass er auch ein ausgespuckter Antisemit war.
Auch das ist nicht korrekt. Ein Beispiel ist die Rede Merkels zum Reformationstag:
Luthers Ausfälle gegen Andersdenkende und Andersglaubende, insbesondere gegen Juden, sind dafür ein ebenso beredtes wie beschämendes Zeugnis.
https://www.bundesregierung.de/Content/ ... ilaum.html
Oder hier, die Festrede Gaucks:
So konnten auch Antisemiten, zum Beispiel, die antijüdischen Polemiken Luthers für sich in Anspruch nehmen. Dieser Aspekt seines Wirkens, der gerade in den vergangenen Jahren ausführlich untersucht wurde, sollte weder überbewertet noch sollte er verschwiegen werden. Das bleibt – wiewohl zeittypisch – eine dunkle Seite seines Wirkens.
http://www.bundespraesident.de/SharedDo ... ation.html
Vongole hat geschrieben:(24 Apr 2018, 15:03)
Es wird so häufig betont, besonders in letzter Zeit, dass wir eine christlich-jüdisch geprägte Kultur haben.
Warum wissen wir fast alles über das Christentum, aber fast nichts über das Judentum?
Erstens bestreite ich, dass hier jeder Hinz und Kunz alles Wissenswerte über das Christentum weiß; das Wissen zum Christentum ist in vielen atheistischen Regionen bereits sehr erodiert.
Es nimmt trotzdem nicht Wunder, dass man in einem Land, in dem immer noch über die Hälfte der Menschen in christlichen Kirchen organisiert ist, und vor nicht allzu langer Zeit noch deutlich über 90%, mehr über das Christentum weiß als über eine Religion, die zu Hochzeiten vielleicht einmal 1% der Bevölkerung und heutzutage deutlich darunter einnimmt. Den Einfluss des Judentums auf unsere Kultur würde ich eher indirekt sehen, eben über das Christentum - da aber mit ganz großem Hebel.
Trotzdem interessieren sich viele für das Judentum, wenn die meisten vielleicht auch kein tieferes Verständnis davon haben.
Auf der anderen Seite gibt es sicher auch Berührungsängste, aufgrund der bekannten Geschichte und auch des Umgangs mit dieser Geschichte. Auch herrscht eine große Angst, etwas Falsches zu sagen; viele sind sich unsicher, wie die Begriffe Juden und Israel, oder Juden und Deutsche zusammenhängen und verwechseln dann alles. Auch die Doppelnatur aus Religion und Volk ist etwas, wo große Unsicherheit herrscht. Statt diese Unsicherheiten und die Unwissenheit auszuräumen, werden sie häufig als Antisemitismus ausgelegt.
Außerdem leben wir in einer sehr säkularen Gesellschaft; da stoßen religiöse Gebräuche allgemein auf, und die im Zentralrat organisierten jüdischen Gemeinden in Deutschland sind ja, ganz im Gegensatz zu den Gemeinden vor der Shoa, nicht liberal, sondern orthodox orientiert.