Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Moderator: Moderatoren Forum 2

Benutzeravatar
Vongole
Moderator
Beiträge: 21276
Registriert: Di 24. Mär 2015, 18:30

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2018, 23:36)
(..)
So gesehen ist die dauernde Behauptung, dass muslimische Flüchtlinge in Europa das zentrale Problem jüdischer Menschen hierzulande sei, eine völlig verlogene und vorgeschobene Schutzbehauptung. Man möchte einfach die bequemen und gemütlichen Zustände der 60er, 70er Jahre wiederhaben. Das steckt dahinter und nicht die vorgeschobene Besorgnis um das Wohlergehen jüdischer Menschen. Wie schon weiter oben zitiert: Israelische Bürger, die in Berlin leben, wollen damit nix zu tun haben. Sie durchschauen das Betreiben ihrer selbsternannten Beschützer als politische Strategie. http://www.deutschlandfunkkultur.de/ant ... _id=417399
Zitat gekürzt, weil erster Teil a) falscher Strang und b) Unsinn.
Diese "Schutzbehauptung" gibt die Erfahrung jüdischer Bürger in Deutschland und anderen euopäischen Staaten wieder, und in den sogenannten bequemen und gemütlichen Jahren gab es auch jede Menge Antisemitismus, und zwar vorherrschend deutschen. Der ist immer noch da, wird aber gesteigert durch den muslimischen.
Yossi Bartal, den du hier als Kronzeugen einer eingebildeten Bedrohung zitierst, ist einer der Anführer der antizionistischen BDS-Bewegung und läuft damit kaum Gefahr, von Antisemiten auch nur belästigt zu werden.
Ehe hier jemand argumentiert, dass es schließlich ein Jude sei, der das alles von sich gibt, nun, Nestbeschmutzer gibt's überall, auch unter Juden.
Und gerade diese sind in Deutschland außerordentlich beliebt, transportieren sie doch wunderbar die eigenen (Vor)urteile.

Nachtrag @ think twice:
Immer, wenn du mich angreifst, weiß ich, dass ich mit etwas richtig lag.
Am Yisrael Chai

"It's God's job to judge the terrorists, it's our duty to arrange that meeting." (IDF)
Benutzeravatar
Zunder
Beiträge: 7443
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 15:00

Re: "

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2018, 23:07)

Die "exterminatorische Politik" Hitlers war lange vor der Reichstagsrede beschlossen und vor allem von einer Mehrheit der Deutschen erwartet und begrüßt... au watte.
Weiß das außer dir noch jemand?
Die Historiker suchen seit Jahrzehnten nach einem Beleg für diesen Beschluß. Melde dich doch mal beim Institut für Zeitgeschichte. Die wären dir bestimmt dankbar, wenn du mehr zu bieten hättest als wichtigtuerisches Geschwätz.
Alternativ ginge natürlich auch der "Stern". Helmut Dietl wird diesen Klamauk aber nicht verfilmen. Der ist leider tot.
schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2018, 23:07)
Ich habe regelrecht ein schlechtes Gewissen, dich mit meinen Äußerungen (möglicherweise) zu Gegenäußerungen provoziert zu haben, die du nach einigem Überdenken vielleicht noch mal bereuen könntest. Ich selbst habe klargestellt, dass die Behauptung etwa Schirrmachers in der FAZ (im Rahmen der Goldberg-Debatte), es führe eine direkte Linie von Luther zu Hitler, ungerechtfertigt und übertrieben ist. Aber "Mit Luther hatte alles nichts zu tun"? ... Nicht doch! Wie kann man derlei behaupten, wenn doch die evangelische Kirche selbst und unaufgefordert im Lutherjahr 2017 eine rückhaltlos selbstkritische Aufarbeitung ihrer antisemitischen Traditionslinien mit ganz anderen Aussagen an den Tag legte.
Der Satz "Mit Luther hatte alles nichts zu tun" ergibt überhaupt keinen Sinn. Das ist offensichtlich. Es muß natürlich heißen "Mit Luther hatte das alles nichts zu tun" und bezieht sich, wie unschwer zu erkennen ist, auf die exterminatorische Politik der Nazis. Du darfst diesen Fehler gerne benutzen, um dich als Held aufzuspielen. An der Tatsache, daß Luther nicht für die Ausrottungspolitik der Nazis mitverantwortlich gemacht werden kann, ändert das allerdings nichts.
schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2018, 23:07)
Dieser ganze Aspekt des Problems ist übrigens unser Problem.Die Aufarbeitung ist dringend und notwendig ... aber sie betrifft nur und ausschließlich uns. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Juden in Deutschland genervt die Augen verdrehen, wenn sie für diese Aufarbeitung als Vorwand herhalten sollen.
Ja - wenn mit "uns" die Gesellschaft gemeint ist. Das Problem geht über die eigene Nationalgeschichte jedenfalls weit hinaus.
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 21966
Registriert: Fr 7. Aug 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2018, 22:18)

Nach meinen Informationen hat sich FDP-Chef Lindner demonstrativ zusammen mit 50 weiteren Miitgliedern der Hayek-Gesellschaft (darunter die bisherige Chefin Horn) von Scharfmachern wie Roland Tichy oder auch Vera Lengsfeld, begleitet von einem offenen Brief (http://www.erklaerung-leipzig.de/) getrennt.
Bastelst du dir wieder mal deine Welt zusammen, wie es dir grade passt und vergleichst Äppel mit Kartoffeln?
1. die Erklärung betrifft die Hayek-Gesellschaft und nicht das Medium "Tichys Einblick".

2. datiert die Erklärung vom Mai 2015, also lange [uvor][/u] Beginn der Flüchtlingskrise und unkontrollierten Zuwanderung nach Deutschland. Seitdem hat sich einiges in Deutschland verändert.

3. werden keine Mitglieder der Gesellschaft namentlich genannt, das Medium "Tichys Einblick" wird mit keinem Wort erwähnt und auch von einer Distanzierung von Roland Tichy u.a. steht kein Wort in dieser Erklärung.

Du darfst dir also deine diffamierenden Unterstellungen gerne dahin schieben, wo die Sonne nicht hinscheint. :mad:

Das Medium "Tichys Einblick" ist immer noch, ein der FDP nahe stehendes Medium, mit liberalen bis rechtsliberalen Ansichten.
schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2018, 22:18)
Die FDP ist damit nun keinesfalls "links" und auch nicht "linksliberal" ... aber sie hat sich bergüßenswerterweise von einem "politisches Millieu ... das mit den Zielen einer wissenschaftlichen Gesellschaft, die den Namen des Nobelpreisträgers Friedrich August von Hayek zu tragen beansprucht, nicht mehr vereinbar ist" getrennt.
Das hat 1. niemand behauptet und hat 2. auch nicht das Geringste mit dem Medium "Tichys Einblick" zu tun, sondern einzig mit der "Hayek-Gesellschaft". "Tichys Einblick" ist kein "Organ"/Medium dieser Gesellschaft, sondern unabhängig!

Also nochmal: verschwurble nicht immer Dinge miteinander, die nichts miteinander zu tun haben!


schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2018, 22:18) Da eine behauptete Dominanz linken Gutmenschentums ein Phantomschmerz ist, wird sich die Hass-Tiradik von Tichy & Co. auch - unabhängig von der Realität - nicht ändern und mehr oder weniger zwangsläufig in Richtung AfD und "dahinter" laufen. Es ist gut, dass sich Liberalismus in Form FDP von dieser unguten Tendenz definitiv verabschiedet hat. Diese neue Lindner-FDP ist (fast) oben in der Wahl meiner Partei-Wahlentscheidungen.
In "Tichys Einblick" gibt es keine "Hass-Tiradik", sondern unabhängige Berichterstattung, die nicht dem links-grünen Mainstream entspricht.
In Deutschland gibt es immer noch eine Meinungs- und Pressefreiheit!

Schon, das von dir verwendete Vokabular zeigt eindeutig, dass es Zeitgenossen (gewisse Kreise) in Deutschland gibt, denen diese Meinungs- und Pressefreiheit ein Dorn im Auge ist, die Andersdenkende gerne vom (politischen) Diskurs ausschließen möchten.
Es zeigt aber auch, dass eine "Dominanz linken Gutmenschentums" in Deutschland tatsächlich Realität ist.
Und falls es dir immer noch nicht aufgefallen sein sollte - auch bei der FDP und deren politichen Einsichten hat sich seit 2015 einiges geändert, was sich u.a. auch in deren Wahlergebis bei der letzten BTW niedergeschlagen hat.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
think twice
Beiträge: 20729
Registriert: Fr 4. Jul 2014, 15:14
user title: sozialdemokratisch
Wohnort: Bunte Republik Deutschland

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von think twice »

Vongole hat geschrieben:(12 May 2018, 00:30)

Zitat gekürzt, weil erster Teil a) falscher Strang und b) Unsinn.
Diese "Schutzbehauptung" gibt die Erfahrung jüdischer Bürger in Deutschland und anderen euopäischen Staaten wieder, und in den sogenannten bequemen und gemütlichen Jahren gab es auch jede Menge Antisemitismus, und zwar vorherrschend deutschen. Der ist immer noch da, wird aber gesteigert durch den muslimischen.
Yossi Bartal, den du hier als Kronzeugen einer eingebildeten Bedrohung zitierst, ist einer der Anführer der antizionistischen BDS-Bewegung und läuft damit kaum Gefahr, von Antisemiten auch nur belästigt zu werden.
Ehe hier jemand argumentiert, dass es schließlich ein Jude sei, der das alles von sich gibt, nun, Nestbeschmutzer gibt's überall, auch unter Juden.
Und gerade diese sind in Deutschland außerordentlich beliebt, transportieren sie doch wunderbar die eigenen (Vor)urteile.

Nachtrag @ think twice:
Immer, wenn du mich angreifst, weiß ich, dass ich mit etwas richtig lag.
Wenn man mal "Israelis in Berlin" googelt, kann man lesen, dass es seit mehreren Jahren viele tausend junge Israelis nach Berlin zieht. Sie haben genug von Netanjahus Herrschermentalitaet, von Opferhaltung und Ausnahmezustaenden. Sie lassen sich auch nicht beirren, wenn sie von israelischen Hardlinern als Verräter beschimpft werden.
Viele kommen als unreligioese Menschen und setzen sich erst in der geschichtsträchtigen Stadt Berlin mit ihrer Vergangenheit auseinander und finden für sich einen Weg zur eigenen Identität.
Ich finde, das ist eine sehr gute Moeglichkeit für Berlin und Deutschland, jüdischem Leben wieder einen Platz zu geben und die Menschen willkommen zu heißen.
Es bringt ueberhaupt nichts, Berlin und Deutschland als No go Area darstellen zu wollen, in dem sich jeder Jude in potentielle Lebensgefahr begibt, wenn er auf die Strasse tritt.

Unseren israelfeindlichen, arabischen Mitbürgern muss man klar mitteilen, dass sie hier die Fresse zu halten haben und ihnen deutlich de Sanktionen aufzeigen. Verständnis für Israel wird man ihnen auch in Integrationskursen nicht beibringen koennen.

Aber vielleicht treffen ja auf neutralem Neuköllner Boden vermehrt junge Juden und Araber aufeinander, die mit Hass und Feindschaft nichts zu tun haben wollen und aufeinander zugehen.

Auf welchem Fleckchen Erde wären solche Annäherungen besser geeignet als in Berlin?
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
(Mahatma Gandhi)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Vongole hat geschrieben:(12 May 2018, 00:30)

Zitat gekürzt, weil erster Teil a) falscher Strang und b) Unsinn.
Diese "Schutzbehauptung" gibt die Erfahrung jüdischer Bürger in Deutschland und anderen euopäischen Staaten wieder, und in den sogenannten bequemen und gemütlichen Jahren gab es auch jede Menge Antisemitismus, und zwar vorherrschend deutschen. Der ist immer noch da, wird aber gesteigert durch den muslimischen.
Yossi Bartal, den du hier als Kronzeugen einer eingebildeten Bedrohung zitierst, ist einer der Anführer der antizionistischen BDS-Bewegung und läuft damit kaum Gefahr, von Antisemiten auch nur belästigt zu werden.
Ehe hier jemand argumentiert, dass es schließlich ein Jude sei, der das alles von sich gibt, nun, Nestbeschmutzer gibt's überall, auch unter Juden.
Und gerade diese sind in Deutschland außerordentlich beliebt, transportieren sie doch wunderbar die eigenen (Vor)urteile.
Ja. Das ist schon richtig. Bartal, einerseits (u.a.) TAZ-Autor, andererseits BDS-Aktivist. Das hatte ich nicht auf dem Schirm. Danke für den Hinweis. Ich sehe die Israel-Boykott-Befürwortung sehr kritisch. Die Szene junger Israelis in Berlin ist vielleicht auch nochmal ein Thema für sich, Auch wenn Hexenjagden (wie gegen die gleichfalls Pro-BDS auftretende Evelyn Hecht-Galinski) ganz allgemein ebenso verurteilenswert sind. Wir leben zum Glück nicht mehr in der McCarthy-Ära.

Und dennoch scheint die Anwesenheit zahlreicher Muslime in Berlin nicht das Problem Nummer Eins der geschätzt zehn- bis dreißigtausend Israelis in Berlin zu sein. Und Bartal leugnet in dem zitierten Artikel das Problem antisemitischer Vorfälle aus Richtung Islam auch gar nicht.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(12 May 2018, 13:04)

Das hat 1. niemand behauptet und hat 2. auch nicht das Geringste mit dem Medium "Tichys Einblick" zu tun, sondern einzig mit der "Hayek-Gesellschaft". "Tichys Einblick" ist kein "Organ"/Medium dieser Gesellschaft, sondern unabhängig!
Nein. Aber die Person Roland Tichy ist zumindest Kuratoriums-Mitglied der Hayek-Stiftunng. Und in der "Leipziger Erklärung" taucht sein Name explizit auf.

Die Differenzen betreffen daneben vor allem den ehemaligen Weggefährten Lindners Gerhard Papke und entzündeten sich ursprünglich an einem "Thesenpapier zur islamistischen Bedrohung“ von Papke und einem jungen FDP-Politiker iranischer Abstammung. (Deshalb ist dieser Punkt auch nicht ganz off topic). FDP-Politiker wie Gerhart Baum sehen Aktionen wie die "Leipziger Erklärung" - richtig aus meiner Sicht - als erfreuliche Distanzierung vom rechten Rand. Tichy und Papke sehen sich selbst (natürlich) nicht als "rechten Rand" sondern in dieser bekannten Pose des "Hier stehe ich und kann nicht anders", als aufrechte und standhafte Einsame gegenüber einem links dominierten Mainstream. In diesem Einblick-Artikel werden die ganzen persönlichen Querelen ausführlich erläutert: https://www.tichyseinblick.de/feuilleto ... n-lindner/
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 72993
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 May 2018, 07:47)

Und Bartal leugnet in dem zitierten Artikel das Problem antisemitischer Vorfälle aus Richtung Islam auch gar nicht.
Worum geht es dir überhaupt? Dass es in der islamischen Welt nur aus Europa importierten Antisemitismus gäbe, ist schlichtweg falsch, diverse Koransuren und Hadithen belegen das. Dadurch ist selbstverständlich nicht sofort jeder Moslem ein Antisemit.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 21966
Registriert: Fr 7. Aug 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 May 2018, 08:12)

Nein. Aber die Person Roland Tichy ist zumindest Kuratoriums-Mitglied der Hayek-Stiftunng. Und in der "Leipziger Erklärung" taucht sein Name explizit auf.

Die Differenzen betreffen daneben vor allem den ehemaligen Weggefährten Lindners Gerhard Papke und entzündeten sich ursprünglich an einem "Thesenpapier zur islamistischen Bedrohung“ von Papke und einem jungen FDP-Politiker iranischer Abstammung. (Deshalb ist dieser Punkt auch nicht ganz off topic). FDP-Politiker wie Gerhart Baum sehen Aktionen wie die "Leipziger Erklärung" - richtig aus meiner Sicht - als erfreuliche Distanzierung vom rechten Rand. Tichy und Papke sehen sich selbst (natürlich) nicht als "rechten Rand" sondern in dieser bekannten Pose des "Hier stehe ich und kann nicht anders", als aufrechte und standhafte Einsame gegenüber einem links dominierten Mainstream. In diesem Einblick-Artikel werden die ganzen persönlichen Querelen ausführlich erläutert: https://www.tichyseinblick.de/feuilleto ... n-lindner/
Das ändert aber immer noch nichts an der politischen Ausrichtung von "Tichys Einblick" als liberales bis rechtsliberales Medium.
Die 50 Personen, die im Mai 2015(!) die Erklärung abgaben, sind immer noch nicht die gesamte FDP UND auch die FDP hat ihre Schlussfolgerungen aus der Flüchtlingskrise 2015/2016 gezogen. Diese veränderten Einsichten finden u.a. ihren Niederschlag im Wahlprogramm der FDP zur BTW 2017.
Auch der FDP ist zwischen Mai 2015 und heute klar geworden, dass eine islamistische Bedrohung auch in Deutschland real existent ist.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 21966
Registriert: Fr 7. Aug 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Dark Angel »

Vongole hat geschrieben:(12 May 2018, 00:30)

Zitat gekürzt, weil erster Teil a) falscher Strang und b) Unsinn.
Diese "Schutzbehauptung" gibt die Erfahrung jüdischer Bürger in Deutschland und anderen euopäischen Staaten wieder, und in den sogenannten bequemen und gemütlichen Jahren gab es auch jede Menge Antisemitismus, und zwar vorherrschend deutschen. Der ist immer noch da, wird aber gesteigert durch den muslimischen.
Yossi Bartal, den du hier als Kronzeugen einer eingebildeten Bedrohung zitierst, ist einer der Anführer der antizionistischen BDS-Bewegung und läuft damit kaum Gefahr, von Antisemiten auch nur belästigt zu werden.
Ehe hier jemand argumentiert, dass es schließlich ein Jude sei, der das alles von sich gibt, nun, Nestbeschmutzer gibt's überall, auch unter Juden.
Und gerade diese sind in Deutschland außerordentlich beliebt, transportieren sie doch wunderbar die eigenen (Vor)urteile.

Nachtrag @ think twice:
Immer, wenn du mich angreifst, weiß ich, dass ich mit etwas richtig lag.
Antisemitismus in Deutschland nicht hinnehmen - Taten statt leere Phrasen, wie das geht bzw gehen kann zeigt Sachsen-Anhalt:

"Am Montag, wenn die USA ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, fährt Haseloff zunächst jedoch in der Hafenstadt Haifa. Er will dem Rektor der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Prof. Jens Strackeljan, politisch zur Seite stehen, wenn dieser am Technion, der Technischen Universität Israels, eine wichtige Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Die beiden Universitäten wollen gemeinsam Roboterarme entwickeln, mit deren Hilfe minimalinvasive Tumoroperationen möglich werden sollen, und zwar an Patienten, die während der OP in einem Kernspintomographen liegen."
Quelle


Das ist zumindest ein Anfang. Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel hilft m.M.n. Vourteile abbauen. Sie sollte vertieft werden. Dazu muss aber noch bei Regierungs- und EU-Politikern ankommen, dass die Ar***kriecherei bei Palästinenservertretern und Kranzniederlegungen an Gräbern von Terroristen äußerst kontraproduktiv ist.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Noch einmal, und möglichst genau und präzise, worum es - gemäß Threadtitel - eigentlich geht. Der damalige Bundespräsident Gauck äußerte 2014 sich mit "Wir wollen das nicht länger hinnehmen" als Reaktion auf massitve antiisraelische Demonstrationen in Deutschland, die den militärischen Auseinandersetzungen im Gaza-Streifen im Juli folgten. (Ich schreibe bewussst: "folgten" und nicht "von ihnen verursacht wurden"). Die (eigentliche) Motivlage der Hamas für die Intensivierung des Raketenbeschusses und die nachfolgende Verteidigungsaktion Israels war folgende: Nach einem Strategiewechsel im syrischen Bürgerkrieg zuungunsten des Iran fielen Zahlungen von 20 Millionen Dollar monatlich aus Teheran weg. Zusätzlich fiel wegen der politischen Vorgänge in Ägypten die Unterstützung der Hamas durch die Muslimbrüder weg. Es war für die Hamas schlicht und einfach finanziell lohnenswerter, wenn im Gaza-Streifen Krieg herrscht. Auch die Entführung dreier israelischer Teenager wurde - wie sich später herausstellte - von der Hamas durch Geldzahlungen in Auftrag gegeben. Die letztendlichen Gründe für die Operation Protective Edge ebenso wie die nachfolgenden antisemitischen Ausschrietungen in Berlin sind in verdeckten Finanztransaktionen sowie in der Überfinanzierung arabischer gebiete (seis durch Erdöleinnahmen, seis durch Zahlungen) und nicht im Koran zu suchen. Und die Bereitschaft der bevölkerung in Gaza/Westjordanland, Gewaltaufrufen zu folgen hat vorrangig etwas mit der "Missgunst der Abgehängten" zu tun. Es ist genau so, wie ich schrieb.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 72993
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(14 May 2018, 08:25)

Falsch ist nur die Umkehrung: Der gegenwärtige Antisemitismus in Europa sei nur oder auch vorrangig importiert.
Wer hat diese Umkehrung denn aufgestellt? Hat irgendwer bestritten, es gäbe keinen "genuinen" Antisemitismus bei Europäern und Christen? Ich glaube nicht und falls doch, muss derjenige sehr verblendet sein.
So komplex und verschränkt sind politische Phänomene nun mal.
Ich weiß nicht, ob Rassismus so komplex ist. Wie schon mehrfach geschrieben: auch Antisemiten sind international vernetzt und befruchten sich gegenseitig mit immer neuen (und gleichzeitig alten) Abscheulichkeiten, die sie den Juden anhängen können, die Protokolle fielen ja auch nicht vom Himmel sondern sind eine Sammlung antisemitischer Vorurteile.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 72993
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(14 May 2018, 09:14)

Die Wurzeln des muslimischen Antisemitismus sind in solchen politischen Entwicklungen zu suchen und nicht im Koran. Der wird nur machtstrategisch genutzt.
Das ist eine sehr steile These, die sich nicht mit den entsprechenden Passagen des Korans und der Hadithen und auch dem Leben des Propheten, deckt. Richtig ist allerdings, dass diese Dinge von muslimischen Machthaber genutzt werden, um den Antisemitismus unter Muslimen zu befeuern. Mit Erfolg.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 May 2018, 10:28)

Wer hat diese Umkehrung denn aufgestellt? Hat irgendwer bestritten, es gäbe keinen "genuinen" Antisemitismus bei Europäern und Christen? Ich glaube nicht und falls doch, muss derjenige sehr verblendet sein.


Ich weiß nicht, ob Rassismus so komplex ist. Wie schon mehrfach geschrieben: auch Antisemiten sind international vernetzt und befruchten sich gegenseitig mit immer neuen (und gleichzeitig alten) Abscheulichkeiten, die sie den Juden anhängen können, die Protokolle fielen ja auch nicht vom Himmel sondern sind eine Sammlung antisemitischer Vorurteile.
Rassismus selbst ist nicht komplex sondern dumpf. Ebenso wie Kulturalismus in Form von Zuschreibungen an Gruppen von Menschen als modernes funktionales Äquivalent zu Rassismus. Dumpf ist: Formen von Rassismus mit kulturailistischen Zuschreibungen der Form "Die sind so" erklären zu wollen. Komplex sind die Versuche der genauen Ursachenklärung. Es ging um das aktuelle und in dradio besprochene Buch "Muslimischer Antisemitismus" von David Ranan. Der übrigens zum einen selbst aus Israel kommt und zum anderen - ebenso wie Wolfgang Benz - für das Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin arbeitet. Es gibt zwei Welten: Eine intellektuelle Debatte - sehr kontrovers aber auf einigem Niveau - u.a. zu diesem Buch in J.A., Faz, FR, TAZ usw. und es gibt dumpfe Zuschreibungen zum Beispiel in diesem Thread.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 72993
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 May 2018, 10:41)

Dumpf ist: Formen von Rassismus mit kulturailistischen Zuschreibungen der Form "Die sind so" erklären zu wollen.
Selbstverständlich ist es das, auch wenn zB gegen Sachsen oder Ossis gehetzt wird. Aber ich glaube, du bekämpft hier Windmühlen, weil ich nicht sehen kann, wo jemand geschrieben haben soll, dass alle Muslime so (also antisemitisch) sind.
Komplex sind die Versuche der genauen Ursachenklärung.
Mag sein. Aber im Grunde auch wieder nicht, du hast einen Punkt schon angesprochen: Neid. Was die akademische Debatte angeht: auch diese Leute sind nur Menschen und können sich irren, Benz scheint mir so ein Fall zu sein.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
Vongole
Moderator
Beiträge: 21276
Registriert: Di 24. Mär 2015, 18:30

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

Dieter Hanitzsch, Karikaturist bei der Süddeutschen Zeitung, konnte es wohl nicht ertragen, dass Israel den ESC gewann,
und veröffentlichte eine widerliche antisemitische Karikatur.
Die SZ hat sich mittlerweile dafür entschuldigt, allerdings wohl erst nach massiven Protesten, der Zeichner nicht.
Natürlich herrscht in Deutschland Kunst- und Pressefreiheit, aber hier hört es meiner Meinung nach auf.

http://meedia.de/2018/05/16/haette-aus- ... karikatur/
Am Yisrael Chai

"It's God's job to judge the terrorists, it's our duty to arrange that meeting." (IDF)
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 72993
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

Das Geschmiere hätte sich auch super im Stürmer gemacht :dead: Das Bundesverdienstkreuz nimmt man ihm hoffentlich wieder ab.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(16 May 2018, 13:01)

Dass Antisemitismus und Islamophibie/Islamfeindlichkeit qualitativ und auch quantitativ NICHT miteinander vergleichbar sein, hatten wir bereits über mehrere Seiten und jetzt fängst du wieder damit an.
Man muss beide Phänomene sogar vergleichen, um die qualtitativen und quantitativen Unterschiede überhaupt feststellen zu können. Selbst die (selbstverständlich richtige) Feststellung, dass die Shoah ein unvergleichliches Phänomen ist, basiert auf Vergleichen. Was sich (vielleicht) erstmal paradox anhört, ist logisch völlig klar und kann gar nicht anders sein.

Das Problem ist, dass der seriös geführte Diskurs zum Themenbereich einfach bereits ein Stück weiter gekommen ist. Aus der Einleitung zu dem verwiesenen Vortrag:
Seit einigen Jahren diskutieren Wissenschaftler*innen die These, ob sich die Rolle des Antisemitismus bei der Herausbildung von Nationalstaaten im 19. Jahrhundert mit der Funktion vergleichen lässt, die der Rassismus gegenüber Muslim*innen im Zuge der europäischen Integration einnimmt.

Der britische Historiker David Feldman fragt in seinem Vortrag nach historischen und gegenwärtigen Parallelen zwischen Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus. Ist es vor dem Hintergrund des derzeitigen Rechtsrucks in Europa sinnvoll, beide Phänomene politisch gemeinsam zu adressieren? Welche Chancen für künftige jüdisch-muslimische Allianzen ergeben sich daraus.
Selbst in diesem kurzen Text ist eine solche Fülle von konstruktiven Ansätzen, von differenzierter Betrachtung und vor allem Genauigkeit feststellbar, die weit über diese pauschalen Thesen von wegen "Der Islam ist mit 'unserer' Lebensweise grundsätzlich inkompatibel" hinausgehen.

Dass weder die Vortragenden noch das Publikum irgendetwas von Gleichsetzung oder auch nur von Angenähertheit reden, ist so selbstverständlich, dass das gar nicht erst thematisiert werden muss. Und du wirst hoffentlich nicht glauben, dass sich ausgerechnet eine Einrichtung wie das Jüdische Museum in Berlin in der Hand von islamistischen Kulturvergiftern befindet.

Es nützt nix: Will man über konkrete und praktisch-wirksame Maßnahmen nachdenken, sollte man sich nicht der Frage von Genuität oder Bibel- oder Korantexten widmen. Sondern vor allem politischer Analyse: Das heißt: Abläufen, Wahlergebnissen, Protestereignissen, Vertragsgegenständen, Militäraktionen, Börsenkursen, Wirtschaftsentwicklungen, Machtstrukturen usw. usf. Das ist mühevoller als Zuschreibungen vorzunehmen. Ich gehe jede Wette ein: Niemand, der mit auch heute judenfeindlich interpretierbaren Koranzitaten kommt, hat jemals irgendwelche Originaltexte gelesen. Es handelt sich stets um einfach nur weitergereichte Narrative. Politische Zeitereignisse dagegen muss man persönlich und aktuell verfolgen und aus der Fülle der Informationsströme herausdestilieren.

Das andere Problem ist die Form und Art und Weise, wie hier politische Diskussionen geführt werden. Dazu mal ein Gegenbeispiel: In einem Replik-Artikel in der Frankfurter Rundschau wird auf die These des einen Islamwissenschaftlers (Abdel-Hakim Ourghi)
Der Koran bilde die „Tiefenschicht des Antisemitismus islamischer Prägung“ und folglich würden Muslime dazu erzogen, „die Juden zu hassen, nicht nur Israel, sondern alle Juden der Welt“ (FR vom 15.12.).
durch den anderen Islamwissenschaftler (Michael Kiefer) folgendermaßen geantwortet:
Die islamischen Traditionsquellen sind in Bezug auf Juden und Christen widersprüchlich und begründen keine allgemeine und permanente Judenfeindschaft. Anders als im Christentum mit seiner Anklage des Gottesmordes, hat es im Islam keinen Vorwurf des Prophetenmordes an die Juden gegeben. Auch hat sich der Islam nie als Erfüllung und Ersetzung des Judentums verstanden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass es in der 1400 Jahre andauernden islamischen Geschichte vielerorts ein weitgehend konfliktarmes Zusammenleben von Muslimen, Juden und Christen gab. Unvergessen ist der Zuzug sephardischer Juden in die Städte des Osmanischen Reiches nach dem Alhambra-Edikt 1492, welche die christliche Reconquista zum Abschluss brachte.
http://www.fr.de/kultur/islam-und-antis ... -1411961,2
(und im nachfolgenden Text werden noch zahlreiche in muslimischen Kreisen zirkulierende antijüdische Erzählungen als christlichen Ursprungs nachgewisen).

Es handelt sich also um sehr sehr weit auseinanderliegende Positionen und um Auseinandersetzungen wie sie zumindest ungefähr und teilweise auch hier geführt wurden. Und dennoch werden die in ein- und derselben Zeitung gedruckt und es wird ein politischer Diskurs anstelle einer Diffamierungsanreihung geführt. (Ich will mich selbst dabei nicht einmal ausnehmen).
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
BlueMonday
Beiträge: 3794
Registriert: Mo 14. Jan 2013, 17:13
user title: Waldgänger&Klimaoptimist

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von BlueMonday »

Ja nun, wenn etwas tatsächlich eine Singularität wäre, dann könnte man nicht einmal darüber sinnvoll sprechen. Alle Begriffe, mit denen man etwas begreifen will, verweisen prinzipbedingt auf etwas außerhalb dieses zu begreifenden Dings: auf etwas Gleiches, Ähnliches, Wesentlichen, sich Wiederholendes. Wenn man bspw. von Mord spricht, dann verweist man auf ein unterstelltes Wesen, das alle Morde bei all ihrer Einzigartigkeit, Unterschiedlichkeit und Besonderheit gemein haben. Der harte Schnitt der Abstraktion. Das Absehen vom Eigentlichen und Besonderen. Behauptung des Wesentlichen.

Und vor allem, wenn man denn darauf bestünde, dass etwas singulär wäre, dann könnte es sich ja unter keinen Umständen und Begebenheiten wiederholen. Man müsste nicht warnen und wachen und nicht bekämpfen und aufhalten usw.
Man müsste nur entspannt geschehen lassen, und das Singuläre könnte sich nie wiederholen.

Nun geht es aber offenbar beim "Holocaust" aber genau darum, nichts Vergleichbares sich wiederholen zu lassen, nicht mal im Ansatz.
Man sucht doch fiebernd überall nach neuen Anzeichen von "Antisemitismus" (dieser grobe Unfug um Kollegah bspw vor einiger Zeit). In diesem Forum ist man ja auch gern voller kurzatmiger Hysterie.

Ein anderer und vielversprechenderer Weg kommt dann aus entgegengesetzer Richtung: Sich epistomologisch einzugestehen, dass strenggenommen alle Ergeignisse im Fluss der Zeit "singulär" sind, panta rhei, und dadurch ihre Besonderheit verlieren, die aus ihrer Singularität stammen soll. Denn das Singuläre ist dann das Nichtbesondere, denn darin ist sich dann alles gleich.
Und vor allem würde damit das hysterische Geschnatter aufhören.
Enjoy the silence.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Benutzeravatar
Chajm
Beiträge: 2620
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 13:27
Wohnort: Tel Aviv

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Chajm »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 May 2018, 08:30)

(...)

Und ob es damit zu tun hat. Die nahestliegende und potenziell wirksamste Maßnahme in Europa, um (auch hier in Deutschland) Antisemitismus einzudämmern, wäre der Ausschluss der Fidesz-Partei aus der EVP-Fraktion. Und warum der Boom Pseudo-Philosemitischer Bücher in China nix mit dem Antisemitismus in Deutschland zu tun hat? Ich weiß nicht: Wollen wir hier Phrasen, Allgemeinplätze und bekannte Standpunkte herunterbeten oder interessante Beobachtungen austauschen und einen kontroversen Dialog führen. Beides ist Teil des unterschiedlichen Verhältnisses der Menschen zu einem (in der Regel selbst fabrizierten) Bild von jüdischen Menschen und kann, selbst wenn es nicht kausal verknüpft ist, Symptom für ein- und dieselbe globale Tendenz sein. Gerade in der kausalen Nichtverknüpftheit besteht das Interessante.
Das Gefettete muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen - man daemmt also den (auch deutschen) Antisemitismus ein, indem man die ungarische Fidesz-Partei aus dem EU-Parlament ausschliesst? :rolleyes:
Und bei naechster Gelegenheit gibt genau jenes Parlament dann Herrn Abbas wieder die Chance, seinen Hass auf Juden und Israel ins EU-Parlament zu ejakulieren und findet dessen Rede inspirierend und spendet ihm stehend Beifall!
Aber die Fidesz ist ja dann raus - zumindest wenn man den Eizes des Users Gehoer schenkt und somit hat das EU-Parlament das Seinige getan im K(r)ampf gegen (den auch in Deutschland) vorhandenen Antisemitismus!
"Where no counsel is, the people fall, but in the multitude of counselors there is safety."
Benutzeravatar
Keoma
Beiträge: 18417
Registriert: Mi 25. Jun 2008, 13:27
user title: Drum Legend
Wohnort: Österreich

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Keoma »

Chajm hat geschrieben:(17 May 2018, 14:51)

Das Gefettete muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen - man daemmt also den (auch deutschen) Antisemitismus ein, indem man die ungarische Fidesz-Partei aus dem EU-Parlament ausschliesst? :rolleyes:
Und bei naechster Gelegenheit gibt genau jenes Parlament dann Herrn Abbas wieder die Chance, seinen Hass auf Juden und Israel ins EU-Parlament zu ejakulieren und findet dessen Rede inspirierend und spendet ihm stehend Beifall!
Aber die Fidesz ist ja dann raus - zumindest wenn man den Eizes des Users Gehoer schenkt und somit hat das EU-Parlament das Seinige getan im K(r)ampf gegen (den auch in Deutschland) vorhandenen Antisemitismus!
Ist mir unter dem ganzen Geschwurbel gar nicht aufgefallen.
Na ja, kein Wunder.
Der Gescheitere gibt nach!
Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit.

Marie von Ebner-Eschenbach
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 21966
Registriert: Fr 7. Aug 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Dark Angel »

Chajm hat geschrieben:(17 May 2018, 14:51)

Das Gefettete muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen - man daemmt also den (auch deutschen) Antisemitismus ein, indem man die ungarische Fidesz-Partei aus dem EU-Parlament ausschliesst? :rolleyes:
Und bei naechster Gelegenheit gibt genau jenes Parlament dann Herrn Abbas wieder die Chance, seinen Hass auf Juden und Israel ins EU-Parlament zu ejakulieren und findet dessen Rede inspirierend und spendet ihm stehend Beifall!
Aber die Fidesz ist ja dann raus - zumindest wenn man den Eizes des Users Gehoer schenkt und somit hat das EU-Parlament das Seinige getan im K(r)ampf gegen (den auch in Deutschland) vorhandenen Antisemitismus!
Manche Leute haben ein sehr seltsames Demokratieverständnis. Verbieten und ausgrenzen statt argumentativer Auseinandersetzung.
Einerseits von "Kulturalismus" als Form von Zuschreibungen an Gruppen von Menschen als modernes funktionales Äquivalent zu Rassismus" lamentieren und anprangern, aber andererseits selbst das gleiche tun
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Adam Smith
Beiträge: 38094
Registriert: Mi 18. Jan 2012, 21:57

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Adam Smith »

relativ hat geschrieben:(18 May 2018, 08:30)
Ich glaube immer noch, daß die Teils überzogenen öffentlichen Diskussionen über solche Dinge (Karrikaturen, Songs ect.pp.) in Deutschland , dem Kampf gegen Antisemitismus und Xenophobie generell eher schaden als nutzen.
So kommt man nicht an die Köpfe die es zu erreichen gilt.
Das sehe ich anders. Denn genauso kommt man auch an die Köpfe.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Benutzeravatar
relativ
Beiträge: 38272
Registriert: Di 17. Jul 2012, 10:49
user title: Relativitätsversteher
Wohnort: Pott

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von relativ »

Adam Smith hat geschrieben:(18 May 2018, 08:44)

Das sehe ich anders. Denn genauso kommt man auch an die Köpfe.
Wie du meinst man hat jetzt den möglichen Antisemitismus dieses Karikaturisten geheilt.
Es wäre natürlich viel besser gewesen, man hätte diese Karrikatur schon im Vorfeld ausgemustert, als jetzt wieder diese öffentliche Diskussion darüber zu haben, was und wer Antisemitisch ist.
Unsere Gesellschaft ändert sich auch diesbezüglich, vor ein paar Jahren hätte so eine Karrikuratur es niemals in eine Zeitung dieses Formates geschafft, aber diesbezüglich verblasst m.M. die Aufmerksamkeit.
Also mein Vorschlag wäre, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit wieder mehr auf eine Bildungs und Informations Agenda zu stellen, anstatt sich öffentlich an "Kleinigkeiten" zu reiben. Damit diese "Kleinigkeiten" erst gar nich hoch kommen, sollte die Aufsicht für soclhe Dinge geschärft werden.
Warum ich die Teils kleinlichen und zu erregten Diskussionen über z.B. Karrikaturen, Songs ect. in der Öffnetlichkeit nicht Zileführend finde hat folgende Beweggründe:
1. Durch die Heftigkeit der Kritik und der vielen Anfeindungen bekommt man Menschen die Xenophob, oder Antisemitisch denken sowieso nicht eingenordet.
2. Viele Bürger nerven diese Themen in der öffentlichkeit die zu Teils überzogenen Meinungen und Behauptungen führen nur noch, was dem Ziel auch eher schadet (gilt z.B. auch für Islamophobie, "an die eigene Nase pack").
3. Menschen denen man z.B.pauschalen Antisemitismus vorgeworfen wird, obwohl sie sich selber gar nicht so sehen bzw. so denken, tendieren aufeinmal eher in die argumentative Ecke der wirklichen Antisemiten und Xenophoben.

Fazit: Es muss und irgendwie gelingen entweder die öffentliche Diskussion über emotionale Probleme zu versachlichen , was sehr schwer werden wird, oder man versucht im Vorfeld solche Dinge zu verhindern durch ein besseres Risikomanagement.
Natürlich besteht auch die Möglichkeit die Meinungsfreiheit in Deutschland der in der USA anzupassen und zu akzeptieren, daß es eben solche und solche Menschen gibt, solange sie sich an Gesetze halten dürfen diese Menschen dann eben jeden Scheiß veröffentlichen. Dann ist eben die Zivilgesellschaft wesentlich mehr gefragt.
Das Banale braucht man nicht zu schälen.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Zu linkem Antisemitismus: Auch der ist in aller Regel kulturalistisch geprägt. Historisch zuallerst natürlich durch die Überhöhung des Begriffs der sozialen Klasse. Der Mensch sei nicht zuerst ein Individuum sondern zuerst Angehöriger einer sozialen Klasse. Und nach und nach wurde aus der ökonomischen Analyse von Mehrwert, Lohnarbeit usw. eine auch hierarchische Klassenordnung. Mit der Arbeiterklasse als der mit der "historischen Mission". Linker Antisemitismus in der DDR zeigte sich exemplarisch in der geradezu manischen Intellektuellen-Feindlichkeit. Einem Schriftsteller mit jüdischen Wurzeln wie Stephan Hermlin wurde vor allem "Abgehobenheit" vorgeworfen. Aus meiner Sicht und Erfahrung war "Intellektuellen-Feindlichkeit" in vieler Hinsicht beinahe ein Synonym für (den offiziell nicht vorhandenen) Antisemitismus in den Ländern des realen Sozialismus.

Der als Israel-Kritik getarnte Antisemitismus der heutigen Linken basiert u.a. auf ebenfalls kulturalistischen Ideologien: Zum einen geht es ihnen gar nicht um die arabisch sprechenden Bewohner des Gazastreifens und des Westjordanlands sondern um "den Kampf des palästinensischen Volks". Auch hier werden - nur eben ins positive gedreht - Menschen kulturalistisch zuallererst und essenziell als Angehörige von irgendwas angesehen. Und dieses "irgendwas" zum Gegenstand eingeforderter Solidarität erhoben. Und schließlich wurde schon zigmal darauf verwiesen, dass zum einen Menschen mit jüdischen Wurzeln in Deutschland nicht einfach pauschal als "Vertreter Israels" gesehen werden können, schon weil sie häufig deutsche Staatsbürger sind und zum anderen kaum irgendwo Kritik an israelischer Regierungspolitik so nachdrücklich geübt wird wie in Israel selbst. Also auch hier: Gruppe geht vor Individuum.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Was ganz konkret die Hintergründe von als antisemitisch bzw. israelkritisch eingeordneten Linken-Politikern wie Inge Höger anbetrifft: Das Problem für mich ist, dass man in den Medien und im Netz weit und breit nur symbolische Reaktionen auf symbolische Aktionen findet. Inge Höger trägt einen insraelfeindlichen Schal, Inge Höger wird auf eine Liste von israelfeindlichen Politikern gesetzt. Usw. Kaum irgendwo wird auf politisch-ideologische Linien eingegangen. Oder auch auf verdeckte Allianzen. Die Hamas betreibt über Organisationen wie das "Palestinian Return Centre" (mit Sitz in London) auch verdeckte Propaganda in Deutschland. Auf einer PRC-Veranstaltung in Berlin 2015 gab es einen Infostand der Partei "Die Linke". (Gleichzeitig beteiligten sich Linken-Politiker an einer Gegendemo). Es gibt in jeder Hinsicht zuviel Symbolik und zuwenig Hintergrundinformation.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Die Kommentare in deutschen Medien zur Botschaftsverlegung der USA und den Vorgängen im Gaza-Streifen haben eine sehr ungute Tendenz. Sie laufen meist in die Richtung "Während in Israel die Staatsgründung und die Verlegung der US-Botschaft gefeiert werden, eskaliert in Gaza der Protest. Bilder von den Feierlichkeiten – und dem Protest" (So stehts in der "ZEIT", also nicht gerade in einem Boulevard-Blatt). Oder (Deutschlandradio): "Während das Hochglanzpaar des Weißen Hauses - Jared Kushner und Ivanka Trump - in Jerusalem lachten, starben sie 60 Kilometer Luftlinie entfernt im Gazastreifen am Grenzzaun, dutzende." Zwei unterschiedliche Handlungsstränge sollen assoziativ zusammengebracht werden. Über die Botschaftsverlegung kann man politisch diskutieren. Und was die "First Daughter" anbetrifft, so halte ich mich lieber zurück mit Äußerungen ... Die Proteste im Gazastreifen sind vor allem Veranstaltungen der Hamas und nicht gerechtfertigte Reaktionen auf Israel. Auch wenn das in den Köpfen der Protestierenden vielleicht anders wahrgenommen wird. Bereits die Gewalteskalationen 2014 in der Zeit, in der Gauck den threadthemengebenden Satz sprach, waren von der Hamas zynisch kalkuliert und liefen im Wesentlichen darauf hinaus, dass ein Kriegszustand im Gaza-Streifen von der Hamas als dem Geldfluss förderlich angesehen wurde. (Siehe: [url]https://de.wikipedia.org/wiki/Operation ... ktparteien[/quote]) Und dahinter wiederum standen Machtrivalitäten u.a. der lokalen Großmächte iran. Saudi-Arabien, Ägypten. Heute steht ganz klar und eindeutig vor allem die Türkei und Erdogan hinter der Hamas. Auch finanziell. Der Konflikt in Gaza wird gebraucht. Die Welt soll die Menschen in Gaza als Opfer Israels sehen und sich nicht weiter um die politischen Machtkämpfe im Hintergrund scheren. Natürlich sind die Opfer dieser Auseinandersetzungen - auf beiden Seiten - als Menschen zu bedauern. Aber warum stellt man zwei Dinge als zwei Seiten einer Medaille zusammen, die nicht zusammengehören. Ich weiß nicht, ob der Vorwurf zu hart ist. Dort lacht und feiert man und nur etwas weiter sterben Menschen ... Eine (unbewusste) Neuauflage der Ritualmordlegende?

Der türkische Regierungschef Yildrim sprach kürzlich von einer "Nachahmung Hitlers und Mussolinis" und von "Völkermord" durch Israel. Nach wie vor plädiere ich dafür, hinter all diesen hochkochenden Emotionsausbrüchen kühl und rational die tatsächlichen Machtkampflinien und im Hintergrund wirkenden Interessenskonflikte zu suchen. Es hört ja mit Ägypten, iran, Saudi Arabien, Türkei nicht auf. Die USA sind sowieso involviert. Russland seit längerem auch. Welche Rolle soll hier Deutschland und die EU spielen? Wie kann die Politik auf den nach-wie-vor-NATO-Partner Türkei einwirken?
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 72993
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(19 May 2018, 07:08)

Aber warum stellt man zwei Dinge als zwei Seiten einer Medaille zusammen, die nicht zusammengehören?
Weil für die meisten linken und linksliberalen Medien Israel schuldig am Konflikt ist, die Palis sind unterlegen und damit automatisch Opfer, die beschützt werden müssen.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
Moses
Vorstand
Beiträge: 13366
Registriert: Di 20. Mär 2012, 14:43
user title: Cogito ergo hic erro.
Wohnort: Da wo die Liebste wohnt

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Moses »

Was ist das denn hier?

Ich werde mich dieses Stranges mal annehmen und ihn auf themabezogene Beiträge reduzieren, solange bleibt hier erst mal dicht.

Moses
Mod
______________________________________________

Die letzte 14 Seiten dieses Stranges hatten nichts mehr mit dem Thema gemein. Ich mach ihn trotzdem wieder auf, hab aber ein Auge drauf und wenn der gleiche Unsinn wieder los geht, dann versenke ich ihn auf nimmer wiedersehen.

Moses
Mod
Der Herr gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich nicht hinnehmen kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Benutzeravatar
Vongole
Moderator
Beiträge: 21276
Registriert: Di 24. Mär 2015, 18:30

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Vongole »

"Ich möchte Deutschland mittelfristig verlassen"

Ein Protokoll der "ZEIT" mit vier jüdischen Bürgern:
https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-0 ... ettansicht

Zwei Zitate daraus, die uns besonders zu denken geben sollten:
Was mich sehr verärgert, ist die scheinheilige Erinnerungskultur in Deutschland: Das Schuldbewusstsein für den Nationalsozialismus ist sehr ausgeprägt. Mahnmäler werden gebaut, Reden werden gehalten, das Yad Vashem steht bei jedem Israelbesuch der Regierung auf der Agenda. Gleichzeitig müssen jüdische Gemeinden, Kindergärten und Grundschulen mit Stacheldrahtzäunen, mit Nachtsichtkameras und Sensoren geschützt werden. Die Notwendigkeit, Juden zu beschützen, besteht. Und sie wird ignoriert. So ärgert mich der deutsche Fokus auf die toten Juden ungemein. Die lebenden Juden werden dabei außer Acht gelassen.
Der Antisemitismus, den ich auf der Straße erlebe, wenn ich eine Kippa trage, ist hingegen qualitativ ein ganz anderer. Und er hat zugenommen: Früher haben die Leute vielleicht mal komisch geguckt. Jetzt werde ich angesprochen, angeschrien, angespuckt, bedroht. Vor zehn Jahren hätte ich mir noch nicht vorstellen können, dass ich mit "Jahud, Jahud" – also arabisch für Jude – angebrüllt und mit Flaschen beworfen werde. Das ist mir kürzlich auf einer Lesereise in einer hessischen Kleinstadt passiert. Ich konnte mich zum Glück in ein Geschäft retten. Unterstützung durch Passanten gab es keine.

Draußen trage ich kaum noch Kippa, vor allem nicht, wenn ich bei mir zu Hause im Ruhrgebiet unterwegs bin. Die Gefahr scheint mir einfach zu groß. Antisemitismus in Deutschland äußert sich nun ungehemmter als noch vor einigen Jahren. Früher hatten wir es vor allem mit einem sozialen Antisemitismus zu tun, der in Deutschland nicht besonders stark ausgeprägt war: beispielsweise, wenn jemand aufgrund seines Judentums einen Job nicht bekommen hat. Mittlerweile handelt es sich um einen Antisemitismus, der physisch wird. Und der betrifft nicht nur Einzelpersonen. Auch die Anzahl der Übergriffe auf Synagogen und öffentliche Einrichtungen hat zugenommen, so zumindest mein Eindruck.
Am Yisrael Chai

"It's God's job to judge the terrorists, it's our duty to arrange that meeting." (IDF)
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 72993
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Tom Bombadil »

Vongole hat geschrieben:(22 May 2018, 16:25)

Wenn ich mir die letzten Beiträge so betrachte, dann wollen wir Antisemitismus wohl doch hinnehmen.
Richtig. Keiner äußert Entsetzen oder Bedauern darüber, was diesen Menschen hier mitten in Deutschland passiert, lieber wird von lügenden Juden und Einzelfällen schwadroniert, auf angeblich erzwungenen - und damit wohl unnötigen? - Polizeischutz jüdischer Einrichtungen abgehoben und mal wieder Deutsche jüdischen Glaubens mit dem Palästinakonflikt in Sippenhaft genommen, frei nach dem Motto "Sind sie doch selber Schuld, diese Juden". Da kommt einem doch nur noch das kalte Kotzen, aber wehe, man nennt solche Subjekte beim Namen, dann ist das Gekreische wieder groß.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Adam Smith
Beiträge: 38094
Registriert: Mi 18. Jan 2012, 21:57

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Adam Smith »

Und auch bei neuen Gesetzen gab es recht viele Nazis.
Im Bundesjustizministerium waren in den Nachkriegsjahrzehnten besonders viele Leitungspositionen von früheren NSDAP-Mitgliedern besetzt. Von 170 Juristen, die zwischen 1949 und dem Anfang der 70er Jahre in Leitungspositionen gewesen seien, gehörten 90 der NSDAP an, wie die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Deutschlandfunk sagte. 34 von ihnen seien zugleich in der NS-Schlägertruppe SA gewesen.

"Damals waren 77 Prozent der leitenden Beamten ehemalige NSDAP-Mitglieder, vom Referatsleiter aufwärts." Dass die Zahl so hoch sein würde, habe man nicht erwartet. "Wie sich zeigt, war die NS-Belastung im Justizministerium womöglich die höchste unter allen Bonner Ministerien."
https://www.n-tv.de/politik/Nazi-Jurist ... 23001.html
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Adam Smith
Beiträge: 38094
Registriert: Mi 18. Jan 2012, 21:57

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Adam Smith »

So richtig einen an der Waffel und Gewaltphantasien hatten aber nur wenige Juristen. Freisler hat die Angeklagten andauernd beleidigt, beschimpft usw. Irrer mit Macht.
Bedingt durch ein von Häme geprägtes, aggressives und befangenes Auftreten sowie eine Prozessführung, welche die Angeklagten oft demütigte und weitgehend ihres Rechts auf Verteidigung beraubte, ist Freisler ein personifiziertes Beispiel für die Rechtsbeugung der Justiz im Dienst des NS-Regimes.[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Roland_Freisler

Die sind aber entweder vor 1949 gestorben oder wurden nicht übernommen.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Aktuell zu dem durch eine antisemitisch gefärbte Kampagne erzwungenen Umzug von Soros' Open Society Institute von Budapest nach Berlin ein Gastkommentar aus Ungarn:
Es wird in Deutschland viel debattiert, wie allgegenwärtig Antisemitismus geworden sei, dass Fremdenhass zunehme und demokratische Institutionen gefährdet seien. Und wir seufzen in Ungarn: Eure Probleme hätten wir so gern.
...
Folgen hat das Ganze vor allem für die beiden Städte. Die eine bekommt hochqualifizierte Fachkräfte, die für eine bessere Welt arbeiten, die andere verliert sie. Die eine Stadt baut ihre Position als freier und kreativer Treffpunkt einer neuen internationalen Elite aus, die andere droht endgültig zu einer Hauptstadt des Illiberalismus zu mutieren. Berlin ist zum Zufluchtsort geworden – nur so lässt sich dies in beiden Städten verstehen.
http://www.taz.de/!5502904/
Das Fettgedruckte soll deutlich machen, dass die Meldung sehr wohl und genau etwas mit dem Thema zu tun hat.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Tom Bombadil hat geschrieben:(19 May 2018, 13:37)

Weil für die meisten linken und linksliberalen Medien Israel schuldig am Konflikt ist, die Palis sind unterlegen und damit automatisch Opfer, die beschützt werden müssen.
Sie verbreiten damit allerdings ein weiteres antisemitisches Stereotyp: Das der grundsätzlichen "Kriegslüsternheit". Ich hörte vor kurzem eine Rundfunkreportage anlässlich "70 Jahre Israel". Am Schluss wurden etliche Personen aus ganz unterschiedlichen sozialen Millieus befragt, was ihr dringlichster Wunsch für die Zukunft sei: Und alle, ohne Ausnahme, antworteten: Frieden, Peace, Shalom. Der Grundsatz, nicht mehr, nie mehr Opfer sein zu wollen, ist etwas völlig anderes.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Und ein weiteres wichtiges und verbreitetes Merkmal von Antisemitismus ist die ausgeprägte Intellektuellenfeindlichkeit. Die ist sogar eines der Bindeglieder zwischen rechtem, linkem, christlich und islamisch geprägtem Antisemitismus.

Interessant ist zunächst einmal, dass der Begriff "Intellektueller" überhaupt erst im Zusammenhang mit der Dreyfus-Affäre gebräuchlich wurde. Im Verlaufe der Debatte darüber verschmolzen die Begriffe "intellektuell, antinational, jüdisch" zu einer gemeinsamen negativen Konnotation. Mit der Bücherverbrennung 1933 wurde die Verwandtschaft von Antisemitismus und Intellektuellenfeindlichkeit überdeutlich. In der DDR wie auch in anderen Ländern des Realen Sozialismus war Intellektuellenfeindlichkeit mehr oder weniger direkt das Austauschprodukt für den offiziell nicht zugelassenen Antisemitismus. (Siehe den sogenannten "Formalismusstreit" der 50er jahre). Eine gar nicht so unähnlich antisemitisch gefärbte Intellektuellenfeindlichkeit findet sich in islamistischen Kreisen:
Dieselbe Intellektuellenfeindlichkeit, die den Dreyfus-Prozess begleitete und in Deutschland das Wort ‚Intellektueller’ sowohl zu einem Schimpfwort als auch zu einem Synonym für ‚Jude’ werden ließ, charakterisiert auch den modernen Islamismus: „Der ‚westliche Imperialismus’ wird (...) in erster Linie als ‚intellektuelle Invasion’ in die Welt des Islam wahrgenommen. (...) Das vorrangige Ziel des akademischen Islamismus besteht darin, die Wissenschaften zu ‚entwestlichen’, das heißt, sie vom Prinzip des Zweifels und der Vermutung zu lösen.“ Im christlichen Antijudaismus wie im säkularen Antisemitismus ist ‚der Jude’ die paradigmatische Figur des Zweifels und bedeutet seine ‚Austilgung’ auch die Austilgung der eigenen Ambivalenz und Glaubenszweifel.
http://www.christinavonbraun.de/_pdf/Be ... eitung.pdf (Das verwiesene Buch "Das bewegliche Vorurteil. Aspekte des Internationalen Antisemitismus" widmet sich ausführlich dem ganzen Komplex).

Auch in der sogenannten "Deutschen (oder arischen) Physik" äußerte sich dieser intellektuellenfeindliche Antisemitismus: Die Physik Einsteins und die Quantenphysik seien jüdisch-unverständliche, abstrakte, ambivalente, unvölkische und "nebulöse" Theorien, in denen Philosophie unzulässig mit experimentell basierter Naturwissenschaft vermengt sei und man setzte wieder auf "Kraft und Energie" als fundamentale Größen.

Und ich bin mir nicht sicher, ob in der westlichen Welt diese Assoziation einer Denunzierung des "Komplizierten", "Uneindeutigen", "Zweifelnden" zusammen mit seinem antisemitischen Hintergrund tatsächlich verschwunden ist.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Zunder
Beiträge: 7443
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 15:00

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(23 May 2018, 10:31)
Und ein weiteres wichtiges und verbreitetes Merkmal von Antisemitismus ist die ausgeprägte Intellektuellenfeindlichkeit. Die ist sogar eines der Bindeglieder zwischen rechtem, linkem, christlich und islamisch geprägtem Antisemitismus.
Der linke Antisemitismus ist ganz sicher nicht intellektuellenfeindlich. Im Gegenteil: er kommt so richtig intellektuell daher. Besonders beliebt ist die "Zirkulationsphäre", in der die Juden sich angeblich fühlen wie die Made im Speck.

Zum Widerlichsten, was sich eine linke Intellektuelle hierzulande ausgedacht hat, gehört das Statement von Ulrike Meinhof:

"Auschwitz heißt, dass sechs Millionen Juden ermordet und auf die Müllkippe Europas gekarrt wurden als das, als was man sie ausgab – als Geldjuden. Der Antisemitismus war seinem Wesen nach antikapitalistisch. Mit der Vernichtung von sechs Millionen Juden wurde die Sehnsucht der Deutschen nach Freiheit von Geld und Ausbeutung mit ermordet... Ohne dass wir das deutsche Volk vom Faschismus freisprechen – denn die Leute haben ja wirklich nicht gewusst, was in den Konzentrationslagern vorging –, können wir es nicht für unseren revolutionären Kampf mobilisieren."
https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrike_Me ... _und_Juden

Der rechte Antisemitismus ist nur dann intellektuellenfeindlich, wenn er auf das völkisch-rassistische Ressentiment, wie es in der SA gepflegt wurde, beschränkt wird.
Der Antisemitismus der Konservativen Revolution und prominenter Figuren wie Carl Schmitt hat sich selbstverständlich höchst intellektuell dargestellt.

Einer der für Hitler wichtigsten Antisemiten war Houston Stewart Chamberlain:

Zusammenfassend muss Chamberlain als einer der wichtigsten intellektuellen Wegbereiter des nationalsozialistischen Rassismus gesehen werden. David Clay Large resümiert in seinem Artikel über Richard Wagner und Chamberlain: „Chamberlain selbst hielt sein Verständnis der Rassenfrage für einen Fortschritt gegenüber den Äußerungen Wagners. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, daß die Nationalsozialisten Chamberlains Ideen nicht noch verbessern mußten – es reichte, sie zu einem logischen Abschluß zu bringen und in die Wirklichkeit umzusetzen.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Houston_S ... hamberlain

Die Intellektuellenfeindlichkeit ist zwar in der Regel antisemitisch, aber der Antisemitismus ist nicht zwingend intellektuellenfeindlich.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wir wollen das nicht hinnehmen - Gauck zum Antisemitismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(24 May 2018, 01:14)

Der linke Antisemitismus ist ganz sicher nicht intellektuellenfeindlich. Im Gegenteil: er kommt so richtig intellektuell daher. Besonders beliebt ist die "Zirkulationsphäre", in der die Juden sich angeblich fühlen wie die Made im Speck.

Zum Widerlichsten, was sich eine linke Intellektuelle hierzulande ausgedacht hat, gehört das Statement von Ulrike Meinhof:

"Auschwitz heißt, dass sechs Millionen Juden ermordet und auf die Müllkippe Europas gekarrt wurden als das, als was man sie ausgab – als Geldjuden. Der Antisemitismus war seinem Wesen nach antikapitalistisch. Mit der Vernichtung von sechs Millionen Juden wurde die Sehnsucht der Deutschen nach Freiheit von Geld und Ausbeutung mit ermordet... Ohne dass wir das deutsche Volk vom Faschismus freisprechen – denn die Leute haben ja wirklich nicht gewusst, was in den Konzentrationslagern vorging –, können wir es nicht für unseren revolutionären Kampf mobilisieren."
https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrike_Me ... _und_Juden

Der rechte Antisemitismus ist nur dann intellektuellenfeindlich, wenn er auf das völkisch-rassistische Ressentiment, wie es in der SA gepflegt wurde, beschränkt wird.
Der Antisemitismus der Konservativen Revolution und prominenter Figuren wie Carl Schmitt hat sich selbstverständlich höchst intellektuell dargestellt.

Einer der für Hitler wichtigsten Antisemiten war Houston Stewart Chamberlain:

Zusammenfassend muss Chamberlain als einer der wichtigsten intellektuellen Wegbereiter des nationalsozialistischen Rassismus gesehen werden. David Clay Large resümiert in seinem Artikel über Richard Wagner und Chamberlain: „Chamberlain selbst hielt sein Verständnis der Rassenfrage für einen Fortschritt gegenüber den Äußerungen Wagners. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, daß die Nationalsozialisten Chamberlains Ideen nicht noch verbessern mußten – es reichte, sie zu einem logischen Abschluß zu bringen und in die Wirklichkeit umzusetzen.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Houston_S ... hamberlain

Die Intellektuellenfeindlichkeit ist zwar in der Regel antisemitisch, aber der Antisemitismus ist nicht zwingend intellektuellenfeindlich.
Letzterem würde ich vorbehaltlos zustimmen.

Die Frage ist natürlich, ob man die Länder des (sogenannten) "Realen Sozialismus" in den 50er Jahren überhaupt als politisch "links" einzuordnen hat. Jemand, der es wissen muss, Gregor Gysi, weil er selbst jüdische Vorfahren hat und antisemitische Schmähungen (selbst aus seiner eigenen Partei) bekommt, hat es mehrfach in Interviews bekundet: Intellektuellenfeindlichkeit in der Anfangsphase der DDR war mehr oder weniger ein Synonym für Antisemitismus. Stalin ließ in den 50er Jahren (nachdem er anfänglich und sogar maßgeblich - aber eben rein machttaktisch - die Gründung des Staates Israel beförderte) alle formalen Rücksichtnahmen fallen und ordnete die als oppositionell angesehenen Ärzte. Künstler, Schriftsteller ohne wenn und aber einer "Judenverschwörung" zu. Die auch offiziell in der Prawda verbreitete Geschichte von den "Gift verabreichenden Ärzten" einer internationalen jüdischen Geheimorganisation ist so klassisch-antisemitisch wie es eine Geschichte nur sein kann.

Zustimmen würde ich auch der These, dass in Europa ein großer Teil antisemitischer Vorbehalte von Leuten kommt, die sich selbst als "Intellektuelle" ansehen oder zumindest von ihren Anhängern so gesehen werden. Mindestens zwei- dreimal habe ich selbst erlebt, dass ein sozusagen augenblinzelnder Hinweis der Form "Na der ..." oder "Na die ..." gewissermaßen als Test formuliert wurde, ob man soweit Bescheid weiß, dass die bezeichnete Person einen jüdischen Hintergrund hat und sich dieses und jenes eben genau daraus erklären lässt und ob man dann damit zu den "Bescheidwissenden" gehört. Keine Frage.

Auf der anderen Seite: Die unglaublich hasserfüllte Kampagne seinerzeit gegen Michel Friedman (2003) war aus meiner Sicht randvoll mit (freilich nicht zugegebenen) offen intellektuellenfeindlichen und verdeckt antisemitischen Vorurteilen. Ich hatte das Gefühl, dass, als nun endlich und tatsächlich strafrechtlich relevante Tatsachen berichtet wurden, der antisemitische Mob regelrecht nicht mehr zu halten war. Zu großen Teilen einfach, weil Friedman in den Augen dieser Leute in seinem ganzen Auftreten den klassischen kosmopolitischen Intellektuellen mit jüdischem Hintergrund repräsentiert. Der bekannteste Aufpeitscher in dieser Hinsicht, Jürgen Möllemann, hat das auch mehr oder weniger unverblümt so ausgedrückt. Er möge eben diesen "unerträglichen Habitus" Friedmans nicht. Und in dieser Friedman-Kampagne trat etwas zutage, was sicherlich auch heute, unter der Oberfläche, nach wie vor vorhanden ist. Weder Christoph Daums Kokain-Affäre noch gar die Steuerhinterziehung von Uli Hoeneß haben einen derartigen Sturm von Hass entfacht wie die Straffälligkeiten von Friedman. Und das, obwohl Friedman noch nichtmal und nicht im entferntesten politisch "links" zu verorten ist.

Der ganze Fall Möllemann, natürlich samt seinem offen antiisraelischen Auftreten und seinem außenpolitischen Engagement als Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft ... das war ja noch weit vor den Problemen antisemitischer Taten von Migranten aus dem arabischen Raum heute ... der muss doch in irgendeiner Art gesellschaftlich verwurzelt gewesen sein. Der Mann war ziemlich populär und er war ganz sicher einer der Wegbereiter von Medienkampagnen ("18 Prozent") und insbesondere auch von verdeckt antisemitischen Hass-Medienkampagnen (Friedman-Affäre). Das muss doch irgendwie gesellschaftlich verwurzelt gewesen sein. Und ich glaube einfach nicht, dass das nur 15 Jahre danach einfach so verschwunden ist.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Antworten