Ich wollte mal ein Update zum Thread geben und bei der Gelegenheit ein paar Verständnisfragen helfen, die mir beim Urteilen zu diesem Thema helfen könnten. Auch möchte ich mich nochmal bei Tom Bombadil, Brainiac und relativ bedanken, dessen Posts mir bei der bisherigen Urteilsbildung behilflich waren.
Mein Vorschlag im Eingangsbeitrag war ja, einerseits nationale Grenzkontrollen einzuführen, andererseits den Transport bedürftiger Flüchtlinge vor Ort festzustellen und diesen selbst zu übernehmen - schon damals mit Skepsis mir selbst gegenüber formuliert, weil ich ahnte, die Thematik nicht ganz verstanden zu haben. Inzwischen habe ich eingesehen, dass die Schäden für die europäische Integration, die ich auch selbst für äußerst wichtig halte, wohl zu groß wären.
Anstelle dessen erscheint es mir nach jetzigem Kenntnisstand dann doch am sinnvollsten, das Prinzip auf die EU-Grenzen anzuwenden, also kurzfristig die Grenzstaaten zu unterstützen und mittelfristig primär auf externe Auffanglager bei gleichzeitiger deutlicher Verstärkung der EU-Grenzsicherung zu setzen (böse gesagt "Festung Europa"), die aber neben der Gewährung subsidiären Schutzes auch das Stellen von Asylverfahren in die EU hinein ermöglichen. Das würde dann aber durch meine Idee der Transportpunkte in Krisengebieten unterstützt werden, um sicherzustellen, dass nicht ausgerechnet den Schwächsten unsere Hilfe verwehrt bleibt.
Nun meine Fragen:
Ich hab es so verstanden, dass laut Dublin III sämtliche Flüchtlinge im Land, in dem sie ankommen, einen Flüchlingsantrag stellen müssen. Wenn die Flüchtlinge von den Grenzstaaten durchgelassen werden würden, fiele das unter "Vernachlässigung der Fluchtabwehr" (
https://de.wikipedia.org/wiki/Fluchtabwehr) und wäre für die Grenzstaaten verboten. Theoretisch müssten also alle Anträge in den Grenzstaaten wie Griechenland und Italien bearbeiten werden, diese sind allerdings seit 2015 überfordert. Bis heute gibt es keinen Verteilungsmechanismus für Flüchtlinge, weil sich einige Staaten wie z.B. Ungarn dagegen sperren. Deshalb ist Deutschland 2015 eingesprungen und hat zwar rechtskonform, allerdings außerplanmäßig zugesagt, dass Deutschland bereit ist, im Rahmen eines
Selbsteintrittsrechts Asylbewerber zu sich durchzulassen, damit diese hier einen Antrag stellen können. Diese Zusage gilt bis heute. Soweit richtig?
a) Was ist mit anderen europäischen Ländern wie z.B Schweden? Viele Staaten außerhalb von Deutschland haben ebenfalls Flüchtlinge aufgenommen. Bedeutet das, dass diese Staaten ebenfalls vom Selbsteintrittsrecht gebrauch gemacht haben (und es im Falle Schwedens jetzt nicht mehr tun)? Oder haben es überhaupt Flüchtlinge nur deshalb in andere europäische Staaten wie z.B. Schweden geschafft, weil Deutschland vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht hat, wodurch die "Vernachlässigung der Fluchtabwehr" für andere EU-Staaten nicht mehr strafbar war?
b) Was ist mit Österreich? Sebastian Kurz erzählt, er habe "die Balkanroute geschlossen". Was bedeutet hier "geschlossen"? Heißt das, obwohl Deutschland explizit zugesagt hat, die Anträge zu bearbeiten, werden sie nicht zu uns durchgelassen? Und die Flüchtlinge, die über die Balkanroute gekommen sind; werden die dann zurückgeführt und wohin?
c) Was bedeutet es, wenn man im Zusammenhang mit der EU von "Schleuserbekämpfung" spricht? Der Ausdruck ist doch wirklich Heuchelei, weil er suggeriert, dass es theoretisch auch einen legitimen Weg gäbe, oder? Man akzeptiert also Asylverfahren in der EU, jagt aber diejenigen, die es ermöglichen, dort überhaupt einen Antrag zu stellen? Und wenn Deutschland aufgrund des Selbsteintrittsrechts ohnehin akzeptiert, dass Flüchtlinge hierzulande einen Antrag stellen dürfen, warum werden die dann teilweise per LKW eingeschleust?