Warum driftet Deutschland nach rechts?

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Warum driftet Deutschland nach rechts?

Diskurs-Hypothese
23
50%
soziologische Hypothese
23
50%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 46
CaptainJack

Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von CaptainJack »

Hieronymus hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:11)

"Ich habe absolut nichts gegen andere Partnerschaften (bzw. inzwischen Ehen), aber ..." - ja, das kennt man schon. :rolleyes:
Doch! Weil sie mir egal sind! Jeder kann doch sein Leben so ausleben, wie er will! Ich bin auch ehrlich genug, zu sagen, dass ich einen Ekelreiz verspüre, wenn ich Männer beim Zungeknutschen sehe. Aber da kann ich nichts dafür.
Hieronymus
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Hieronymus »

Ein Terraner hat geschrieben:(04 Aug 2017, 12:18)

Soll ein außereheliche Kind auch besonders gefördert werden?
Da kennt derjenige, an den diese Frage gerichtet ist, wohl wieder mal unsere Verfassung, das Grundgesetz, nicht - oder will es nicht. :D

Dabei steht in Artikel 6, 5 alles Wesentliche:
"Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern."
MfG

H.
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Yossarian
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Yossarian »

Hieronymus hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:11)

"Ich habe absolut nichts gegen andere Partnerschaften (bzw. inzwischen Ehen), aber ..." - ja, das kennt man schon. :rolleyes:
"Aber" ist das wichtigste Wort in einer Demokratie denn es bezeichnet Kompromisse.
Nur totalitäre Gebilde kommen ohne aber aus denn dort braucht man sie nicht.

Wer das Wort aber nicht schätzt ist ideologisch verblendet.
Wenn ich einen Vogel sehe der wie eine Ente watschelt und wie eine Ente schwimmt und wie eine Ente quakt dann nenne ich ihn eine Ente. Und wenn der Vogel dementiert eine Ente zu sein ist es eine russische Ente.
CaptainJack

Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von CaptainJack »

Tomaner hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:10)

Ohne bürgerkriegsähnliche Zustände wäre doch eine AfD gar nicht in der Lage etwas durchzusetzen. Das Minimum wäre schon das Errichten eines Polizeistaates. Die Folgen von Zerstörung Europas wären ebenfalls unabsehbar, genauso die Pressefreiheit und die öffentliche Rechtlichen! Millionen Demokraten müßten in den Untergrund gehen, um den AfD Wahnsinn etwas entgegenzusetzen. Wo Unrecht zum Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht, notfalls auch Gewalt. Du wirst doch nicht ernsthaft glauben, wirkliche Demokraten oder Gewerkschafter sehen seelenruhig zu, wie eine menschenverachtende AfD Hetzpartei Deutschland ins Unglück stürzt? Um bestimmte Sachen durchzusetzen, müßte AfD soger Bundesverfassungsgericht beseitigen, was noch mehr und internationalen Widerstand hervorbringen würde, ebenfalls den Ausverkauf von das was von Deutschland übrig bleibt, an Russland. Glaubst du wirklich, echte Demokraten schauen zu, wie russische Panzer mit AfD Fahnen über die Plätze von Berlin, Köln Frankfurt und München rollen?
Wenn ich das lese, habe ich Angst ... aber um dich! :D Deine Mutti sollte dir mal für ne Weile die Schundliteratur entziehen .... ernsthaft!
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Ein Terraner »

CaptainJack hat geschrieben:(04 Aug 2017, 17:41)

Schön, dann guten Appetit! :)
Ja, alleine deine Aussage das es sich um eine Katastrophe handelt wenn in Europa Menschen nach Hilfe suchen, das ist so braun, brauner geht eigentlich gar nicht mehr.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Tomaner »

Tatjana hat geschrieben:(04 Aug 2017, 17:47)

Danke für diesen guten und produktiven Vorschlag! So überzeugen Sie mich. Sie haben allerdings ein Detail vergessen: Wenn er nach Hause kommt, befriedige ich ihn zuerst oral, das hat er besonders gern! Wirklich! Ihnen empfehle ich ansonsten einen Deutsch - Grundkurs.
Sorry, aber du bist in einer Zeit nach 68! Unter AfD und wo die hin wollen, heißt es Licht aus, Beine breit und nach drei Minuten fertig, alles andere ist Sauerei von Linken!
CaptainJack

Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von CaptainJack »

Ein Terraner hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:26)

Ja, alleine deine Aussage das es sich um eine Katastrophe handelt wenn in Europa Menschen nach Hilfe suchen, das ist so braun, brauner geht eigentlich gar nicht mehr.
Übliche Wort- und Sinnverdrehungen Extremlinker wenn sie keine Argumente mehr haben. Nicht der Rede wert! .... gäääähn...
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Ein Terraner »

CaptainJack hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:30)

Übliche Wort- und Sinnverdrehungen Extremlinker wenn sie keine Argumente mehr haben. Nicht der Rede wert! .... gäääähn...
Wie wäre es mit einen Lolli ? Argumente bekommst du keine, das ist vergebene Mühe. Vor allem da du einfach immer irgendwas behauptest was dir gerade so zusagt ohne irgend einen Anhaltspunkt. Gegen dich Argumente verwenden ist schlicht vergeudete Lebenszeit, nicht böse gemeint, ist aber so.
CaptainJack

Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von CaptainJack »

Ein Terraner hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:34)

Wie wäre es mit einen Lolli ? Argumente bekommst du keine, das ist vergebene Mühe. Vor allem da du einfach immer irgendwas behauptest was dir gerade so zusagt ohne irgend einen Anhaltspunkt. Gegen dich Argumente verwenden ist schlicht vergeudete Lebenszeit, nicht böse gemeint, ist aber so.
Einen winzigen Anhaltspunkt will ich dir dann schon geben, gerne auch in eine Frage verkleidet.
Sind nicht, quasi über Nacht, über eine Million Menschen teilweise völlig unkontrolliert reingelassen worden .. oder war das nur ein böser Traum? :?:
Von dem Rattenschwanz, der daran hing/hängt will ich jetzt gar nicht mehr reden, sonst kommt mir noch die Galle hoch!
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Olympus »

CaptainJack hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:42)

Einen winzigen Anhaltspunkt will ich dir dann schon geben, gerne auch in eine Frage verkleidet.
Sind nicht, quasi über Nacht, über eine Million Menschen teilweise völlig unkontrolliert reingelassen worden .. oder war das nur ein böser Traum? :?:
Von dem Rattenschwanz, der daran hing/hängt will ich jetzt gar nicht mehr reden, sonst kommt mir noch die Galle hoch!
Wann sind in einer Nacht 1,5 Millionen Flüchtlinge gekommen? Das gab's nur 89.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Ein Terraner »

CaptainJack hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:42)

Einen winzigen Anhaltspunkt will...
Ich kann dir auch einen Ansatzpunkt flüstern, Spanien hat ein besseres Handynetz als Deutschland
Hieronymus
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Hieronymus »

Tatjana hat geschrieben:(04 Aug 2017, 12:42)

(...) Höcke`s „erinnerungspolitische Wende“ ist übrigens ein interessanter Punkt, der meiner Meinung nach ein klassisch rechtes Sujet beinhaltet. Die wichtigste Aufgabe der Bundesrepublik ist die Erinnerung an und Verhinderung des nächsten Auschwitz`, richtig?
Falsch! Die "wichtigste Aufgabe der Bundesrepublik" lautet:
Grundgesetz Artikel 1

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Damit wäre die deutsche Identität auf ewig zuerst mit Massenmord konnotiert.


Die "deutsche Identität" ergibt sich aus der Beschäftigung mit der deutschen Geschichte, wobei nichts ausgeschieden oder hinzugefügt wird. Leider mangelt es dem deutschen Volk an historischer Bildung, daher kommt es zu Irrtümern wie dem zitierten. "... auf ewig zuerst" ist also falsch, richtig ist: Nicht zuletzt auch ..."!

Dies habe ich anfangs im Ausland ständig in mir gespürt. Wenn ich auf die Frage „Wo kommst Du her“ mit „Aus Deutschland“ geantwortet habe, dachte ich dabei immer für mich „Dem Land der Nazis“. Tatsächlich merkte ich schnell, dass der weitaus überwiegende Teil ein äußerst positives Deutschland – Bild hatte und ganz andere Dinge in den Vordergrund stellte. Die in der Schule im Deutsch-, Geschichts- und Gemeinschaftskundeunterricht aufgesogene betont negative Vor- und Gründungsgeschichte der BRD hatte sich bei mir als belastete deutsche Identität verankert, - geerbte Schuld.


Diese Einseitigkeit scheint aber eher dein persönliches Problem zu sein.
Ein negatives Selbstbild kann auf die Dauer nur negative Folgen haben. Mutti hat die Grenzen nicht zuletzt aufgrund der Nazi-Vergangenheit geöffnet und hat damit D auch in der Aussenwirkung nach links gerückt.
"Mutti" hat, wie es ihre Aufgabe als Bundeskanzlerin ist, ihre verfassungsmäßige Aufgabe wahrgenommen. Damit hat sie Deutschlands Ansehen in der Welt gemehrt, nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Die geplante „Aufnordung“ der Nazis und der deutsche „Wirtschaftsimperialismus“ wird jetzt mit „Absüdung“ bestraft, so sieht es jedenfalls eine linksextreme Freundin von mir (Ja, wir sind trotzdem befreundet). Selbstverständlich dürfen die Naziverbrechen nicht vergessen werden, aber die allgegenwärtige einseitige Überbetonung kann nicht gesund sein. Dennoch, ich mag Höcke und Poggenburg nicht. Glaubt aber jemand, dass Höcke das IV. Reich und neue Konzentrationslager errichten will?
Auf jeden Fall bilden Höcke und Poggenburg ein anderes Extrem, nämlich gewisse unangenehme historische Epochen und Ereignisse der Geschichte möglichst schweigend zu übergehen und in Vergessenheit verschwinden zu lassen. Das ist unredlich - mit der Tendenz zur Strafbarkeit.
Zur traditionellen Familie:
Studien über den mangelnden Bildungserfolg und die höhere Kriminalitätsneigung von vaterlos aufgewachsenen jungen Männern zeigen, dass Kinder von Alleinerziehenden es schwerer haben und die Gesellschaft stärker belasten als Kinder aus traditionellen Familien. Ob stärkere Förderung von Alleinerziehenden das Problem löst, halte ich für fraglich (oder macht es sorgloser und einen solchen Lebensentwurf sogar attraktiver?) .
Traditionelle Familien: Dort ist das Schema Mutter-Vater-Kind strukturell angelegt. Bei den „Regenbogen“-Familien aber muss das Kind zunächst verzichten. Sein Wohl ist jenem von Papi und Papi oder Mami und Mami nachgeordnet. Auch dies ist ein Experiment, erst in vielen Jahren werden wir sehen, wie es sich tatsächlich auswirkt.
Und welche "Auswirkungen" zeitigen die zahlreichen Familien, die ihre Kinder, weil sich Vater wie Mutter beruflich selbstverwirklichen wollen, frühzeitig in Kindertagesstätten, Kindergärten, schließlich bis zur Pubertät oder sogar Volljährigkeit in Ganztagsschulen abschieben?
Links ist „progressiv“, erkennt überall Opfer, will Sorge tragen und mehr „Gerechtigkeit“, bessere Lebensumstände etc., will also vor allem ständige und massive Veränderung des aktuell als unzureichend angesehen Bestehenden. Letztlich ist das ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Unterschiede und Partikularinteressen werden betont.
Auf die Entwicklungen in der Bunderepublik und die Parteiprogramme bezogen läßt sich feststellen, dass von links außen bis inkl. CDU massive Verbesserungen und Reformen gewünscht sind und ja vielfach auch durchgeführt wurden. Während meines Lebens hat sich die Bundesrepublik in vielen Punkten sehr stark in Richtung klassisch linker Postionen verändert, die Schlagworte sind hier bereits gefallen. Die Massenmedien in D. sind auf jeden Fall linker geworden, keine Frage.

Rechts ist „konservativ“, setzt auf Anreize und Eigenverantwortung, rechnet mit dem Bestand, sieht das bestehende als positiv und erhaltenswert, vor Allem: Massive Veränderungen und Experimente werden als schwer kalkulierbare Risiken angesehen. Gemeinsamkeiten der Bürger werden betont. (...)
Nein, diese vermeintlichen Unterschiede sind gedankliche Konstruktionen ohne jeden Realitätswert.
MfG

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Tomaner
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Tomaner »

CaptainJack hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:26)

Wenn ich das lese, habe ich Angst ... aber um dich! :D Deine Mutti sollte dir mal für ne Weile die Schundliteratur entziehen .... ernsthaft!
Wieder von dir nichts außer Bla Bla. Du glaubst wirklich, ein AfD Programm einschließlich radikalen Sozialabbau geht ohne Widerstand der gewerkschaften, SPD, die Linken und den Grünen? Gewerkschafter schauen seelenruhig zu, wie AfD Verbrecher gegen unseren moslemischen Kollegen vorgehen? In Hamburg gab es ein Friedensfest, im Vergleich was dann in ganz Deutschland abgehen würde. Aber bittesehr, nenn uns doch wie du es dir vorstellst, wie eine AfD ihre Politik gegen die massen des Volkes durschsetzen könnte, ohne Polizeigewalt oder gar Militär nach innen?
CaptainJack

Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von CaptainJack »

Olympus hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:45)

Wann sind in einer Nacht 1,5 Millionen Flüchtlinge gekommen? Das gab's nur 89.
"quasi über Nacht" .. wenn du mit dieser Begrifflichkeit nichts anfangen kannst, dann schweig! Nicht einmal nach einem relativ kleinen Beitrag hast du deine Phantasien im Griff. Wo lese ich da 1,5 Millionen ... außer in deinem Geschreibsel!? :rolleyes:
Ein Terraner hat geschrieben:
Ich kann dir auch einen Ansatzpunkt flüstern, Spanien hat ein besseres Handynetz als Deutschland
Immerhin trägst du deine doppelte Niederlage mit Humor! :thumbup:
Tomaner hat geschrieben: Wieder von dir nichts außer Bla Bla. Du glaubst wirklich, ein AfD Programm einschließlich radikalen Sozialabbau geht ohne Widerstand der gewerkschaften, SPD, die Linken und den Grünen? Gewerkschafter schauen seelenruhig zu, wie AfD Verbrecher gegen unseren moslemischen Kollegen vorgehen? In Hamburg gab es ein Friedensfest, im Vergleich was dann in ganz Deutschland abgehen würde. Aber bittesehr, nenn uns doch wie du es dir vorstellst, wie eine AfD ihre Politik gegen die massen des Volkes durschsetzen könnte, ohne Polizeigewalt oder gar Militär nach innen?
"AfD Verbrecher gegen unseren moslemischen Kollegen" .... der war wenigstens gut! :D
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Milady de Winter
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Milady de Winter »

MOD - hier ist erst mal Sendepause. Tobt Euch im AfD-Strang weiter aus!
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Unité 1
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Unité 1 »

schokoschendrezki hat geschrieben: Ein sehr guter, ausführlicher, nachdenkenswerter Beitrag ...
Ich will dem nur eins hinzufügen: Das Erstarken linker Bewegungen in Südeuropa (Griechenland, Italien, Spanien, Portugal) - wenn auch teilweise begleitet von sehr rechtsextremen Phänomenen (Stichwort "Goldene Morgenröte") - sowie die Popularität ziemlich linker Persönlichkeiten im englischsprachigen Raum (Corbyn, Sanders, Trudeau) - muss in diesem Modell irgendwie erklärt werden.
Ich sehe da keinen besonderen Widerspruch zur These, dass die Kluft von Realitätswahrnehmung und Realität gesellschaftsverändernde Kräfte hervorruft. Corbyn und Sanders rühren an alten sozialdemokratischen Werten, können als antagonistisch zur Vorherrschaft neoliberalen Denkens betrachet werden - dass die beiden im angelsächsischen Raum anzutreffen sind, stützt die Ansicht. Chicago Boys jenseits des Atlantiks und Giddens und der dritte Weg auf der Insel können als Epizentren des Umbaus betrachtet werden. Besonders Corbyn ist ein spannendes Beispiel: Offen versucht(e) die Parteispitze und -elite ihn zu stürzen, ne(a)hmen dafür Stimmverluste ohne Weiteres in Kauf, während die Basis Corbyn wählte udn bestätigte. Ist ein schönes Symbol für die Kluft der Realitätswahrnehmungen selbst sowie des Ausdrucks elitären Denkens, wonach das Votum der Parteibasis nichts zählt, was somit selbst eine Kluft zwischen Realität (Parteibasis als Bezugspunkt politischen Handelns) und -wahrnehmung (quasi der webersche Ansatz "Führerdemokratie mit Maschine") darstellt. So oder so offenbart sich dort ein kultureller Bruch. Übrigens ist ja auch Obama mit "change" als Motto angetreten und Trump eben dafür auch gewählt worden, kein Vertreter des Establishments zu sein. Es zeigt sich meiner Meinung recht deutlich, dass ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel bevorsteht.
Trudeau sehe ich als lediglich liberaleren Vertreter der alten politischen Kultur. Durch besonders linke Visionen nehme ich ihn jedenfalls nicht wahr, obschon auffällt, dass er Pluralismus als Wert betrachtet und kommuniziert. Dann wiederum ist ein Rechtsdrift nicht plötzliches, sondern ein mäanderndes Strömen. Ein Rechtsdrift bedeutet nicht, dass von nun an nur rechte+ Regierungen zu erwarten sind, sondern für mich dass die Gefahr eines gesellschaftlichen Umbaus besteht. Linke Regierungschefs betrachte ich demnach nicht als Widerlegung, das ganze ist ja nicht deterministisch, sondern selbst dynamisch.

Die 4 von dir genannten Länder weisen ebenfalls eine Gemeinsamkeit auf: Sie sind am stärksten von der Wirtschaftskrise betroffen gewesen und sind es gewissermaßen immer noch. Spanien ist ein besonderes Fall, soweit ich weiß hat die "occupy"-Bewegung dort ihren Ursprung als Massenbewegung, woraus Podemos entstanden ist bzw. was den diskursiven Anknüpfungspunkt darstellt. Podemos wäre demnach ebenso Ergebnis eines "diskusiven Ereignisses" sowie Ausdruck einer Kluft zwischen kommunizierter Realität (Austerität als Tugend) und ihrer Wahrnehmung (Austerität als Verarmung). Und wie haben die spanischen Sozialdemokraten auf Podemos reagiert? Sie machten die PP zur herrschenden Partei und sind somit selbst Antagonist progressiver Veränderung. Da Sozialdemokraten immer noch als "links" gelten, offenbart sich ein echtes Hindernis für linke Strömungen. Auch wenn Liberalismus und Pluralismus als erstrebens- bzw. erhaltenswert begriffen werden, stehen stramm neoliberale Austeritätsansätze gegen reformistische/sozialdemokratische/antikapitalistische. Ich sehe nicht, wie die linke diesen Widerspruch überwinden kann und will. Wie im anderen Beitrag schon geschrieben, sehe ich das bei den rechten Strömungen (im Großen und Ganzen - die an den NS andockenden sind davon ausgenommen, aber auch nicht relevant) nicht, die teilen die paternalistische Weltsicht.

Syriza in Griechenland hatte das Momentum ja leider nicht genutzt oder nutzen können. Aber wenn es tatsächlich nicht möglich war, stellt sich die Frage nach der SInnhaftigkeit linker Strömungen. Sie wurden gewählt, weil die Kluft zwischen kommunizierter Realität (TINA) und Realitätswahrnehmung (tina (this is no alternative ;) ) PASOK marginalisierte. Im Grunde also eher ein Ausdruck reformistischer, nicht aber gesellschaftsverändernder Strömungen. Dass Syriza sich nicht durchsetzen konnte, lässt aber schlimmeres befürchten für den weiteren Entwicklungsverlauf der griechischen Gesellschaft.

M5S würde ich nicht unbedingt als linke Bewegung betrachten. Sie ist klar Anti-Establishment, aber, soweit ich das mitbekommen habe, auch mit bemerkenswert wenig politischem Profil. Allerdings bekomme ich davon auch nur am Rande was mit und habe mich nicht tiefer mit ihr auseinandergesetzt. Jedenfalls kann ihr Erfolg ebenso gedeutet werden, als Ergebnis "diskursiver Ereignisse", die ihre Wirkmächtigkeit aus der Kluft zwischen Realität und Realitätswahrnehmung beziehen. Dann wiederum hatte Italien nach dem Zweiten Weltkrieg 65 verschiedene Regierungen, was mich fragen lässt, warum (politisch-)apathischer Zynismus da nicht längst die Oberhand hat.

Die Erosion liberaler Werte ist nicht die Grundlage für den Rechtsdrift, es ist Ergebnis wie Bedingung. An erster Stelle steht die vertiefende Kluft zwischen kommunizierter / gesellschaftliche geteilter Realität und subjektiver Wahrnehmung. Und hier bin ich möglicherweise zu pessimistisch, "diskursive Ereignisse" können sehr wohl von linken Strömungen evoziert werden, wie an Podemos (danke für den Hinweis!) gesehen werden kann. Aber es bleibt die Frage, wie die Linke eine gemeinsame Basis finden will, wenn die linken Strömungen keine gemeinsame Position zur Kapitalismusfrage finden können. Zudem gab es in Spanien eine massive Verschärfung des Repressionsapparates (Privilegien und Rechte für die Polizei wie Fotoverbot, die faktische Einschränkung der Demonstrationsfreiheit, usw.). Spanien ist somit ebenso Protagonist des Rechtsdrifts.

Dennoch ein berechtigter Hinweis auf existierende linke Strömungen oder Politiker. Deine Wahl der Beispiele legt mir den Gedanken nahe, dass "Gerechtigkeit" als Anknüpfungspunkt für linke Strömungen dienen kann (und dient), um gesellschaftsverändernde Dynamiken aufzufangen und selbst progressiv zu nutzen und zu deuten. In ökonomisch erschütterten Ländern gelänge das leichter, die hier "Gerechtigkeit" leicht als Wohlstandspartizipation gedeutet werden kann und die "moralische Wendung" an Strahlkraft einbüßt. Wobei ein Blick in die Geschichte offenbart, dass Wirtschaftskrisen auch immer Motor rechter Bewegungen war. Als Idee schießt mir noch durch den Kopf, dass Griechenland, Spanien und Portugal Diktaturen bis in die jüngere Geschichte hatten und somit die gesellschaftliche Erinnerung daran noch relativ frisch ist, weswegen rechte Strömungen es schwerer hätten. Aber dagegen spricht das Gebaren (und die Geschichte) der PP.

Eine richtig schlüssige Erklärung habe ich also noch nicht, aber ich denke da mal weiter darüber nach. Mir ist so, als hätte ich etwas naheliegendes übersehen. Vielleicht sind die länderspezifischen Unterschiede doch erheblich wichtiger als ich denke. Übrigens ist mir vor kurzem aufgefallen, dass einige Gedanken bzw. Erklärmuster aus Hypernormalisation in meinem Beitrag auftauchten bzw meine Gedanken prägten oder schärften. Die Doku hat Eindruck hinterlassen und sei hiermit eine Empfehlung.
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Tatjana
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Tatjana »

Hieronymus hat geschrieben:(04 Aug 2017, 18:53)

Falsch! Die "wichtigste Aufgabe der Bundesrepublik" lautet:
Komisch, das Grundgesetz stellt die Würde des Menschen und die Menschenrechte als wichtigstes Element zentral an den Anfang. Warum bloß? Vergleiche es bitte einmal mit der Weimarer Verfassung und Du verstehst, dass diese entscheidenden Punkte die direkte Reaktion auf den Massenmord der Nazis sind und zukünftige Massenmorde verhindern sollen.
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Selina
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Selina »

Unité 1 hat geschrieben:(08 Aug 2017, 10:25)

Ich sehe da keinen besonderen Widerspruch zur These, dass die Kluft von Realitätswahrnehmung und Realität gesellschaftsverändernde Kräfte hervorruft. Corbyn und Sanders rühren an alten sozialdemokratischen Werten, können als antagonistisch zur Vorherrschaft neoliberalen Denkens betrachet werden - dass die beiden im angelsächsischen Raum anzutreffen sind, stützt die Ansicht. Chicago Boys jenseits des Atlantiks und Giddens und der dritte Weg auf der Insel können als Epizentren des Umbaus betrachtet werden. Besonders Corbyn ist ein spannendes Beispiel: Offen versucht(e) die Parteispitze und -elite ihn zu stürzen, ne(a)hmen dafür Stimmverluste ohne Weiteres in Kauf, während die Basis Corbyn wählte udn bestätigte. Ist ein schönes Symbol für die Kluft der Realitätswahrnehmungen selbst sowie des Ausdrucks elitären Denkens, wonach das Votum der Parteibasis nichts zählt, was somit selbst eine Kluft zwischen Realität (Parteibasis als Bezugspunkt politischen Handelns) und -wahrnehmung (quasi der webersche Ansatz "Führerdemokratie mit Maschine") darstellt. So oder so offenbart sich dort ein kultureller Bruch. Übrigens ist ja auch Obama mit "change" als Motto angetreten und Trump eben dafür auch gewählt worden, kein Vertreter des Establishments zu sein. Es zeigt sich meiner Meinung recht deutlich, dass ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel bevorsteht.
Trudeau sehe ich als lediglich liberaleren Vertreter der alten politischen Kultur. Durch besonders linke Visionen nehme ich ihn jedenfalls nicht wahr, obschon auffällt, dass er Pluralismus als Wert betrachtet und kommuniziert. Dann wiederum ist ein Rechtsdrift nicht plötzliches, sondern ein mäanderndes Strömen. Ein Rechtsdrift bedeutet nicht, dass von nun an nur rechte+ Regierungen zu erwarten sind, sondern für mich dass die Gefahr eines gesellschaftlichen Umbaus besteht. Linke Regierungschefs betrachte ich demnach nicht als Widerlegung, das ganze ist ja nicht deterministisch, sondern selbst dynamisch.

Die 4 von dir genannten Länder weisen ebenfalls eine Gemeinsamkeit auf: Sie sind am stärksten von der Wirtschaftskrise betroffen gewesen und sind es gewissermaßen immer noch. Spanien ist ein besonderes Fall, soweit ich weiß hat die "occupy"-Bewegung dort ihren Ursprung als Massenbewegung, woraus Podemos entstanden ist bzw. was den diskursiven Anknüpfungspunkt darstellt. Podemos wäre demnach ebenso Ergebnis eines "diskusiven Ereignisses" sowie Ausdruck einer Kluft zwischen kommunizierter Realität (Austerität als Tugend) und ihrer Wahrnehmung (Austerität als Verarmung). Und wie haben die spanischen Sozialdemokraten auf Podemos reagiert? Sie machten die PP zur herrschenden Partei und sind somit selbst Antagonist progressiver Veränderung. Da Sozialdemokraten immer noch als "links" gelten, offenbart sich ein echtes Hindernis für linke Strömungen. Auch wenn Liberalismus und Pluralismus als erstrebens- bzw. erhaltenswert begriffen werden, stehen stramm neoliberale Austeritätsansätze gegen reformistische/sozialdemokratische/antikapitalistische. Ich sehe nicht, wie die linke diesen Widerspruch überwinden kann und will. Wie im anderen Beitrag schon geschrieben, sehe ich das bei den rechten Strömungen (im Großen und Ganzen - die an den NS andockenden sind davon ausgenommen, aber auch nicht relevant) nicht, die teilen die paternalistische Weltsicht.

Syriza in Griechenland hatte das Momentum ja leider nicht genutzt oder nutzen können. Aber wenn es tatsächlich nicht möglich war, stellt sich die Frage nach der SInnhaftigkeit linker Strömungen. Sie wurden gewählt, weil die Kluft zwischen kommunizierter Realität (TINA) und Realitätswahrnehmung (tina (this is no alternative ;) ) PASOK marginalisierte. Im Grunde also eher ein Ausdruck reformistischer, nicht aber gesellschaftsverändernder Strömungen. Dass Syriza sich nicht durchsetzen konnte, lässt aber schlimmeres befürchten für den weiteren Entwicklungsverlauf der griechischen Gesellschaft.

M5S würde ich nicht unbedingt als linke Bewegung betrachten. Sie ist klar Anti-Establishment, aber, soweit ich das mitbekommen habe, auch mit bemerkenswert wenig politischem Profil. Allerdings bekomme ich davon auch nur am Rande was mit und habe mich nicht tiefer mit ihr auseinandergesetzt. Jedenfalls kann ihr Erfolg ebenso gedeutet werden, als Ergebnis "diskursiver Ereignisse", die ihre Wirkmächtigkeit aus der Kluft zwischen Realität und Realitätswahrnehmung beziehen. Dann wiederum hatte Italien nach dem Zweiten Weltkrieg 65 verschiedene Regierungen, was mich fragen lässt, warum (politisch-)apathischer Zynismus da nicht längst die Oberhand hat.

Die Erosion liberaler Werte ist nicht die Grundlage für den Rechtsdrift, es ist Ergebnis wie Bedingung. An erster Stelle steht die vertiefende Kluft zwischen kommunizierter / gesellschaftliche geteilter Realität und subjektiver Wahrnehmung. Und hier bin ich möglicherweise zu pessimistisch, "diskursive Ereignisse" können sehr wohl von linken Strömungen evoziert werden, wie an Podemos (danke für den Hinweis!) gesehen werden kann. Aber es bleibt die Frage, wie die Linke eine gemeinsame Basis finden will, wenn die linken Strömungen keine gemeinsame Position zur Kapitalismusfrage finden können. Zudem gab es in Spanien eine massive Verschärfung des Repressionsapparates (Privilegien und Rechte für die Polizei wie Fotoverbot, die faktische Einschränkung der Demonstrationsfreiheit, usw.). Spanien ist somit ebenso Protagonist des Rechtsdrifts.

Dennoch ein berechtigter Hinweis auf existierende linke Strömungen oder Politiker. Deine Wahl der Beispiele legt mir den Gedanken nahe, dass "Gerechtigkeit" als Anknüpfungspunkt für linke Strömungen dienen kann (und dient), um gesellschaftsverändernde Dynamiken aufzufangen und selbst progressiv zu nutzen und zu deuten. In ökonomisch erschütterten Ländern gelänge das leichter, die hier "Gerechtigkeit" leicht als Wohlstandspartizipation gedeutet werden kann und die "moralische Wendung" an Strahlkraft einbüßt. Wobei ein Blick in die Geschichte offenbart, dass Wirtschaftskrisen auch immer Motor rechter Bewegungen war. Als Idee schießt mir noch durch den Kopf, dass Griechenland, Spanien und Portugal Diktaturen bis in die jüngere Geschichte hatten und somit die gesellschaftliche Erinnerung daran noch relativ frisch ist, weswegen rechte Strömungen es schwerer hätten. Aber dagegen spricht das Gebaren (und die Geschichte) der PP.

Eine richtig schlüssige Erklärung habe ich also noch nicht, aber ich denke da mal weiter darüber nach. Mir ist so, als hätte ich etwas naheliegendes übersehen. Vielleicht sind die länderspezifischen Unterschiede doch erheblich wichtiger als ich denke. Übrigens ist mir vor kurzem aufgefallen, dass einige Gedanken bzw. Erklärmuster aus Hypernormalisation in meinem Beitrag auftauchten bzw meine Gedanken prägten oder schärften. Die Doku hat Eindruck hinterlassen und sei hiermit eine Empfehlung.
Sehr interessanter Beitrag, Unité 1. Ich halte die Zersplitterung und Vereinzelung der europäischen Linken für ein großes Problem. Was hälst du in diesem Zusammenhang von der Bewegung Diem25, die Yanis Varoufakis ins Leben gerufen hat und die bald als europäische Partei antreten könnte? Ich finde das äußerst spannend. Natürlich wird das in "unseren" Medien so gut wie nicht publiziert, logisch, wie alles, was von der Linken kommt. Da findet man nur ab und zu mal was in linken Blättern dazu. Dabei scheint da ein guter europäischer Ansatz drinzustecken. Was mich nur wieder nachdenklich macht, ist das Verhalten der deutschen Linken zu Diem25. Einige scheinen die Bewegung abzulehnen. Interessanter Text dazu in der taz:

http://www.taz.de/!5409444/
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Unité 1 hat geschrieben:(08 Aug 2017, 10:25)
Die Erosion liberaler Werte ist nicht die Grundlage für den Rechtsdrift, es ist Ergebnis wie Bedingung. An erster Stelle steht die vertiefende Kluft zwischen kommunizierter / gesellschaftliche geteilter Realität und subjektiver Wahrnehmung. Und hier bin ich möglicherweise zu pessimistisch, "diskursive Ereignisse" können sehr wohl von linken Strömungen evoziert werden, wie an Podemos (danke für den Hinweis!) gesehen werden kann. Aber es bleibt die Frage, wie die Linke eine gemeinsame Basis finden will, wenn die linken Strömungen keine gemeinsame Position zur Kapitalismusfrage finden können. Zudem gab es in Spanien eine massive Verschärfung des Repressionsapparates (Privilegien und Rechte für die Polizei wie Fotoverbot, die faktische Einschränkung der Demonstrationsfreiheit, usw.). Spanien ist somit ebenso Protagonist des Rechtsdrifts.
Ja. Ich kann dazu nur ergänzen: Kaum irgendwo ist die vollständige Zersplitterung der ohnehin schon zersplitterten linken, linksliberalen, soizialdemokratischen, ökologischen Bewegungen so vollständig wie in Ungarn. Eine jüngere (noch gar nicht als Partei agierende) Bewegung namens "Momentum" machte auf sich aufmerksam, weil (maßgeblich) sie es geschafft hatten, die positive Zustimmung für Budapests Olympiakanditur (Olympiaden sind stets Lieblingsprojekte von autoritären Herrschern wie Hitler, Putin oder Orbán) in eine negative zu kippen. Und sie stehen für progressive Dinge wie Homoehe usw. Aber: (richtiger) Kommentar der Wiener "Presse":
Sehr bald“ will Momentum sich nun als Partei konstituieren. Noch weiß außerhalb der Bewegung niemand so recht, woraus das Programm genau besteht; offenbar ist man für die Homo-Ehe und eine Rückkehr zu progressiver Besteuerung. Bald wollen die Organisatoren durch das Land ziehen und ihre Ideen vorstellen. Eine Gefahr für Fidesz? Womöglich auch eine Chance: Eine neue linksliberale Partei macht die Opposition noch gespaltener.
Der Kommentar oben von Selina geht ja in eine ähnliche Richtung.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Unité 1 »

Brainiac hat geschrieben:(30 Jul 2017, 14:18)

Ich hatte hier zuerst gestutzt - auf was aus meinem Beitrag bezieht er sich? - beim weiteren Lesen wurde mir dann aber klar, dass du mit "diskursives Ereignis" die Flüchtlingskrise und deren Rezeption meinst.

Das würde ich auch so sehen, wenn man auf diverse mit dem Thema verbundenen Ängste und Verschwörungstheorien blickt, bis hin zur "Umvolkung". Die Ereignisse, das ich mit der Flüchtlingskrise verbinde, waren aber real. Also nicht nur "diskursiv". Real war, dass hier weit über eine Million Menschen relativ leicht zuwandern konnten und dass diese die deutsche Geselschaft eine ordentliche Stange Geld gekostet haben und kosten werden, und wann und in welchem Umfang die deutsche Gesellschaft von diesen Menschen auch profitieren kann, ist ungewiss. Real ist weiterhin, Stichwort "hunderte Millionen auf gepackten Koffern", dass es in der Dritten Welt sehr viele Menschen gibt, die gern nach Deutschland bzw. Europa ziehen würden, wenn sie denn könnten. Ich weiß das, ich habe viele solche Menschen kennen gelernt.

Das sind m.E. Fakten, die man nicht als rechte Propaganda oder ähnliches abtun kann. Und dass das so ist, machte die Argumentationslinie von AfD und Konsorten um ein Vielfaches einfacher und war die wesentliche Basis ihrer bisherigen Erfolge.
Ja, beides existiert. Und für beides sollten Strategien entworfen werden, die sich notwendigerweise unterscheiden müssen. Der Migrationsdruck wird eher nicht nachlassen, sondern sich verstärken angesichts von Klimawandel und sich vertiefender wirtschaftlicher Ungleichheit sowie politischer Instabilität und Unfreiheit. Und dass der Nahe Osten zur Ruhe kommt, ist wohl in den nächsten Jahren nicht zu erwarten, es wird regelmäßig Flüchtlingsbewegungen geben Richtung Europa. Beides hätte für die EU auch eine Chance zur Vertiefung der Zusammenarbeit darstellen können, stattdessen stürzte die Flüchtlingsthematik die EU in die Krise oder vertiefte die bestehende, besser gesagt. Die Fluchtbewegung 2015 wurde zum "diskursiven Ereignis", ein Anknüpfungspunkt für die europäische Rechte, um ihre autoritären Vorstellungen tiefer zu verankern und in den Diskurs zu schieben. Dafür halten dann auch die Migrationsströme aus dem Süden her. Es wird vermengt, als Bedrohung konstruiert, für die die rechte Strömungen eine Lösung anbieten. Konflikt statt Kooperation, Ausgrenzung statt Integration - ein autoritärer Wertewandel als Antwort. Plötzlich gerinnt die seit Jahren bestehende Migrationsbewegung zur Botschaft, obschon diese sich nicht abrupt änderte. Der Unterschied zwischen diskursiv und real offenbart sich darin, in der Kluft zwischen Realität und Realitätswahrnehmung.

Das würde ich schon unterscheiden von den tatsächlichen Problemen, die die starke Flüchtlingsbewegung oder die anhaltenden Migrationsströme mit sich bringen. Die sind real und keine Propaganda. Zur Propaganda wird es durch die Verschiebung, durch die Nutzung als identitätsstiftendes Moment, über das versucht wird, die tieferliegenden Ansichten und Werte in der Gesellschaft zu verankern. Zur Propaganda wird es, wenn der Bezugspunkt sich von der Botschaft entfernt, also als Beispiel wenn die Existenz ausländischer krimineller Banden genutzt wird, um darüber einen grundsätzlichen Antagonismus zu konstruieren.

Und weil das Themenfeld bereits mit den Botschaften besetzt ist, denke ich, meiden andere Parteien eher die Auseinandersetzung mit dem Thema. Es scheint der Eindruck vorzuherrschen, so AfD&Co in die Hände zu spielen, was nur geht, wenn der Diskurs bereits in deren Sinne verschoben ist. Ich denke da auch an den Integrationsminister NRWs, der von marodieren Nordafrikanern spricht. Eine drastische Überhöhung, die mMn nicht ohne die Besetzung diskursiver Punkte durch rechte Strömungen erklärbar ist. Die Kluft zwischen Realität (individuelle Bedrohung durch kriminelle Ausländer) und Realitätswahrnehmung (gesellschaftliche Bedrohung durch kriminelle Ausländer) scheint Stamp ebenso wahrzunehmen und versucht, darauf zu reagieren, indem er die Wahrnehmung als Realität ausgibt. Eine schlechte Idee. Dadurch verfestigt er das Narrativ des bedrohlichen Fremden, auch wenn er sonst differenziert.


Danke für die ausführliche und interessante Antwort. Ich kann nicht auf alles eingehen, daher nur folgende Anmerkungen:

1. Wie ich schon schrieb, stimme ich dir insoweit zu, dass in den letzten Jahren, m.E. maßgeblich verstärkt seit Sarrazins Buch von 2010, rechte Positionen gesellschaftsfähiger geworden sind, und deine Ursachenanalyse dazu erscheint mir in vielen Punkten plausibel. Dazu hat allerdings auch der Aufstieg der Sozialen Medien beigetragen - den Stammtisch, wo man herumschimpft, gab es schon immer, er hatte aber keine vergleichbare Reichweite, es war viel schwieriger, Gleichgesinnte in größerem Umfang zu finden.

2. Ich kann deine Befürchtungen nicht widerlegen, ich habe sie nur eben selbst nicht, nicht in demselben Maße. Ich habe schon eine Menge Veränderungen der politischen Stimmung in Deutschland wahrgenommen und erlebt, und sehe die aktuelle Entwicklung eher als Teil einee Wellenbewegung, die je nach aktuellen Ereignissen mal hierhin und mal dorthin driftet. Das Nachkriegsdeutschland der 50er und 60er dürfte paternalistischer eingestellt gewesen sein als das heutige Deutschland, oder? Diese Wellenbewegungen finden m.E. innerhalb eines Rahmens statt, ohne dass aber die zentrale Basis unserer Gesellschaft, der breite Konsens zu GG und FDGO, in Gefahr geriete. Beweisen kann ich das nicht, das ist eher eine Art qualifiziertes Bauchgefühl.
Die Rolle der sozialen Medien kann gar nicht unterschätzt werden, fürchte ich. Die Reichweite sowie Schnelligkeit der Nachrichtenverbreitung und die relative Geschlossenheit von Nutzergruppen führen zu einer Vertiefung der Kluft zwischen gesellschaftlich geteilter Realität und subjektiver Wahrnehmung mit dem Ergebnis. Journalismus hat hier ein echtes Problem, soweit bekannt ist, sind die ersten Nachrichten entscheidend und bleiben am nachhaltigsten hängen. Da kann ein gut recherchierter Artikel nach einer x-tausendfach geteilten Falschmeldung bzw. Überdramatisierung via sozialer Medien kaum noch etwas ausrichten. Das Weltbild wurde bereits angesprochen, das Narrativ bedient und die Einstellung gefestigt. Das betrifft natürlich auch andere Filterblasen, klar. Eigentlich könnte man erwarten, dass eher eine Fragmentierung zu Tage tritt, die Akzeptanz von Pluralismus. Aber anscheinend fehlt der gemeinsame Grund, der dafür nötig wäre. Es offenbart sich eine Unvereinbarkeit von Werten - Liberalismus&Individualismus vs. Paternalismus&Einheitsdenken. Dass soziale Medien offensichtlich die Hemmschwelle hinsichtlich als angemessen geltender Maßstäbe senken, möchte ich noch hinzufügen. Es scheint für viele immer weniger ein Problem zu sein, öffentlich gegen jeglichen Standard von Menschenwürde zu verstoßen. Das entfesselt eine soziale Dynamik, die mich gruseln lässt. Und ich bezweifle, dass ein NetzDG hier etwas grundlegend ändern kann.

Es ist gut möglich, dass ich zu pessimistisch bin und die Gefahr eines rechten Paradigmenwechsels als zu hoch einschätze. Ich würde dennoch trennen zwischen "normalen" Wellenbewegungen, die politische Stimmungen und Entwicklungen widerspiegeln, und "bruchhaften", die den Rahmen zu verändern drohen. 68 muss doch ein kaum verkraftbarer Bruch mit gesellschaftlichen Konventionen für damalige Konservative und Reaktionäre gewesen sein, oder? Die Gefährlichkeit der aktuellen Rechtsbewegung liegt für mich einerseits im antagonistischen Verhältnis zu grundlegenden politischen und gesellschaftlichen Werten und andererseits in der Opferhaltung, im Opfernarrativ begründet. Zweiteres droht, die Mäßigung zu missachten und im Siegesrausch sich in der Rache zu versenken, um es mal drastisch zu formulieren. Eine Verständigung scheint ausgeschlossen zu sein, wenn man sich als jahrelanges unterdrücktes "Opfer" wähnt, dessen Interessen betrogen wurden. Es ist doch Anhängern schwer zu vermitteln, warum man plötzlich mit den "Tätern" zusammenarbeiten solle.

Sicher, in den 50ern und 60ern war die Gesellschaft noch von anderen Werten stark geprägt, das heutige Deutschland ist eine gänzlich andere Gesellschaft. Meine Befürchtung ist, dass sich das wieder dahin kehren kann. Gesellschaften entwickeln sich ja nicht teleologisch in Richtung Freiheit. Zu glauben, dass dies zwangsläufig geschehe, weil ja jeder seine Freiheiten schätze, wäre naiv und unterschätzte die Seite der Menschen, anderen zu ihrem "Glück" verhelfen zu wollen. Beides existiert. Man sollte nicht glauben, dass Rechtskonservative usw. so ticken, weil sie "böses" wollen oder sind. Ich denke, dass sie davon überzeugt sind, etwas "gutes" zu tun. Dass für das große Ganze man schon mal moralisch flexibel sein kann, steht da noch mal auf einem anderen Blatt.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Unité 1 »

Selina hat geschrieben:(09 Aug 2017, 08:22)

Sehr interessanter Beitrag, Unité 1. Ich halte die Zersplitterung und Vereinzelung der europäischen Linken für ein großes Problem. Was hälst du in diesem Zusammenhang von der Bewegung Diem25, die Yanis Varoufakis ins Leben gerufen hat und die bald als europäische Partei antreten könnte? Ich finde das äußerst spannend. Natürlich wird das in "unseren" Medien so gut wie nicht publiziert, logisch, wie alles, was von der Linken kommt. Da findet man nur ab und zu mal was in linken Blättern dazu. Dabei scheint da ein guter europäischer Ansatz drinzustecken. Was mich nur wieder nachdenklich macht, ist das Verhalten der deutschen Linken zu Diem25. Einige scheinen die Bewegung abzulehnen. Interessanter Text dazu in der taz:

http://www.taz.de/!5409444/
Das Interview kannte ich schon, habe trotzdem vergessen, dass es Diem25 überhaupt gibt. Was micht zum Punkt führt, dass es eine europäische Bewegung außerordentlich schwer hat, Öffentlichkeit zu generieren und dementsprechend eine Wirksamkeit zu entfalten. Dass Diem25 wenig in den Medien vertreten ist, liegt unter anderem auch daran.
Ich halte auf den ersten Blick ziemlich viel davon. Die positive Neudeutung von Europa durch demokratische Vertiefung und wirtschaftliche Zusammenarbeit scheint anschlussfähig genug zu sein. Die Frage ist, wie will Diem25 als gesamteuropäische Bewegung Sichtbarkeit erlangen? Der Weg über die linken Parteien in den Nationalstaaten ist ein gefährlicher, denn diese stehen für etwas anderes (sofern nicht zufällig eine Gleichheit bzw. problemlose Anschlussfähigkeit besteht) und so bestünde die Möglichkeit, dass diem25 als nicht eigenständig wahrgenommen wird. Andererseits wird es ohne die Kommunikationsressourcen auch nicht gehen.
schokoschendrezki hat geschrieben: Ja. Ich kann dazu nur ergänzen: Kaum irgendwo ist die vollständige Zersplitterung der ohnehin schon zersplitterten linken, linksliberalen, soizialdemokratischen, ökologischen Bewegungen so vollständig wie in Ungarn. Eine jüngere (noch gar nicht als Partei agierende) Bewegung namens "Momentum" machte auf sich aufmerksam, weil (maßgeblich) sie es geschafft hatten, die positive Zustimmung für Budapests Olympiakanditur (Olympiaden sind stets Lieblingsprojekte von autoritären Herrschern wie Hitler, Putin oder Orbán) in eine negative zu kippen.
Wie hat Momentum das denn geschafft? Wenn die Olympiakandidatur von Orbán protegiert wurde, ist das ja weiter gedacht ein Sieg gegen Orbán. Die Frage ist, hat Momentum etwas angesprochen, dass sich übertragen lässt auf weitere Themenfelder oder war das olympiaspezifisch. So oder so ist es dennoch ein Erfolg, sich in der öffentlichen Kommunikation zu behaupten und durchzusetzen.
Und sie stehen für progressive Dinge wie Homoehe usw. Aber: (richtiger) Kommentar der Wiener "Presse":

Sehr bald“ will Momentum sich nun als Partei konstituieren. Noch weiß außerhalb der Bewegung niemand so recht, woraus das Programm genau besteht; offenbar ist man für die Homo-Ehe und eine Rückkehr zu progressiver Besteuerung. Bald wollen die Organisatoren durch das Land ziehen und ihre Ideen vorstellen. Eine Gefahr für Fidesz? Womöglich auch eine Chance: Eine neue linksliberale Partei macht die Opposition noch gespaltener.


Der Kommentar oben von Selina geht ja in eine ähnliche Richtung.
Spontan würde ich das Gegenteil annehmen, die Dominanz von Fidesz und Orbán scheint ja ungebrochen, die Opposition also hilflos. Da kann eine Neugründung ein Potential entfachen, das der bestehenden Opposition vorenthalten bleibt. Der Glaube an etwas neues und an Veränderung, das nähme auch die Stimmen mit, die an die Opposition gingen. Ich denke hier an en marche von Macron usw. Sicher, das französische Wahlrecht ist ein anderes als das ungarische und solch ein Erfolg nicht übertragbar. Aber der Gedanke dahinter bleibt. Wenn die Opposition sich nicht organisieren kann und bereits zersplittert ist, hat eine Neugründung das Potential, alte Wähler abzuziehen und neue zu gewinnen. Ob das auf Ungarn zutrifft, weiß ich nicht.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Unité 1 hat geschrieben:(09 Aug 2017, 15:03)
Wie hat Momentum das denn geschafft? Wenn die Olympiakandidatur von Orbán protegiert wurde, ist das ja weiter gedacht ein Sieg gegen Orbán. Die Frage ist, hat Momentum etwas angesprochen, dass sich übertragen lässt auf weitere Themenfelder oder war das olympiaspezifisch. So oder so ist es dennoch ein Erfolg, sich in der öffentlichen Kommunikation zu behaupten und durchzusetzen.
Erst hat Rom seine Kandidatur für Olympia 2024 zurückgezogen, dann Budapest. Dafür war eine Peitition von mindestens 138000 Unterschriften von Budapester Bürgern nötig. Die haben sie bekommen. Die Gemeinsamkeit von Rom und Budapest besteht darin, dass dieser Repräsentationsdrang für die Bürger in auffälligstem Kontrast zur teils kritischen Infrastruktur der beiden Städte steht.

Das ist aber nicht das einzige Thema. Das Pendel beginnt (hoffentlich) zurückzuschwingen. In Italien (Berlusconi!) schon früher. In UNgarn (hoffentlich) etwas später.

Als (wörtlich) "Hochverräter" hat die Regierungspartei Fidesz sämtliche Olympia-Gegner bezeichnet. Momentum-Sprecher werten solche Äußerungen als Parallele zu den 80er Jahren und sehen sich - ausdrücklich - in der Rolle der damaligen Opposition gegen den Kommunismus als heutige Opposition gegen das Orbán-Regime. Das was früher die Gulaschsuppe des Gulaschkommunismus war, soll heute der Olympiatrubel und das Mitfiebern für die Helden der Nation des nationalkonservativen Ungarn sein. Das merken irgendwann auch die Dümmsten. (Früher oder Später).
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Perdedor »

Das Projekt "political compass" hat ein Analyse der großen deutschen Parteien vorgenommen und in ihr zweidimensionales Schema einsortiert.
https://www.politicalcompass.org/germany2013
https://www.politicalcompass.org/germany2017
Auf der horizontalen Achse sind die wirtschaftlichen Ansichten aufgetragen (von "links"=sozialistisch bis "rechts"=wirtschaftsliberal), auf der vertikalen Achse die soziale Einstellung (von unten="libertär"/freiheitlich bis oben="autoritär"/totalitär). Nun bleibt es natürlich jedem selbst überlassen die Objektivität dieses Projekts zu beurteilen, allerdings ist es bemerkenswert, dass dort in der Tat ein massiver Rechtsruck (in dem Diagramm also von unten nach oben) vor allem der vermeintlich "linken" Parteien festgestellt wird (besonders extrem die Grünen). Das ist auch konsistent mit der Tendenz nach Schwarz-Grün und der Distanzierung der deutschen Sozialdemokratie von Corbyn und Co.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von jellobiafra »

Das was in Deutschland allgemein unter political correctness läuft, scheint nach diesem Kompass "rechts" zu sein. Der Versuch "erwünschtes Verhalten gesetzlich zu erzwingen" zieht die Grünen ins rechte Spektrum. Seh ich zwar genauso ist aber trotzdem überraschend.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Perdedor »

jellobiafra hat geschrieben: Der Versuch "erwünschtes Verhalten gesetzlich zu erzwingen" zieht die Grünen ins rechte Spektrum. Seh ich zwar genauso ist aber trotzdem überraschend.
Warum ist das überraschend? Das ist doch genau das, was autoritäres="rechtes" verhalten ausmacht.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Perdedor hat geschrieben:(10 Aug 2017, 19:29)

Das Projekt "political compass" hat ein Analyse der großen deutschen Parteien vorgenommen und in ihr zweidimensionales Schema einsortiert.
https://www.politicalcompass.org/germany2013
https://www.politicalcompass.org/germany2017
Auf der horizontalen Achse sind die wirtschaftlichen Ansichten aufgetragen (von "links"=sozialistisch bis "rechts"=wirtschaftsliberal), auf der vertikalen Achse die soziale Einstellung (von unten="libertär"/freiheitlich bis oben="autoritär"/totalitär). Nun bleibt es natürlich jedem selbst überlassen die Objektivität dieses Projekts zu beurteilen, allerdings ist es bemerkenswert, dass dort in der Tat ein massiver Rechtsruck (in dem Diagramm also von unten nach oben) vor allem der vermeintlich "linken" Parteien festgestellt wird (besonders extrem die Grünen). Das ist auch konsistent mit der Tendenz nach Schwarz-Grün und der Distanzierung der deutschen Sozialdemokratie von Corbyn und Co.
Dass "die vertikale Lnks-Rechts-Achse" ( :s ) - zumindest in einer Reihe von Ländern - im Zweifelsfalle immer das Primat hat, ist schon erstaunlich, aber offenbar eine Tatsache. Beispiele wären hier vor allem Russland und die Türkei. Der Einbruch des internationalen Tourismus in der Türkei mindert kaum die Popularität Erdogans. Und noch krasser ist es mit der Popularität Putins in Russland. Ich hatte vor einiger Zeit schon einmal von einer Reportage berichtet, in der ein alter herzkranker Mann in Russland, der Reporterin sein Leid über gestiegene Medikamentenpreise klagte und dass er nicht wisse, wie er seine Herztropfen bezahlen solle. Auf weitere Fragen der Reporterin wolle er aber nicht weiter eingehen, er müsse zu einer Pro-Putin-Demonstration, ein Patriot müsse wissen, wohin er gehöre. Das ist doch erstaunlich, oder? Noch vor nicht allzulanger Zeit hätte man gerade die Menschen in nicht so sehr reichen Länder als materiell und teils geradezu als "gierig" hingestellt. Und tatsächlich spielte auch in Zeiten des "Ostblocks" ein lang erspartes Auto eine weit größere Rolle als das Eintreten für Staat, Regierung und Nation.

Und diese Tendenz kann man - in Ansätzen zumindest - auch in Deutschland feststellen. Die Angst vor "Überfremdung" überwiegt bei weitem das ökonomisch motivierte Interesse an offenen Märkten, auch Arbeitsmärkten.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

jellobiafra hat geschrieben:(10 Aug 2017, 20:13)

Der Versuch "erwünschtes Verhalten gesetzlich zu erzwingen" zieht die Grünen ins rechte Spektrum. Seh ich zwar genauso ist aber trotzdem überraschend.
So überraschend ist das nicht. Ich erinnere - nur exemplarisch - an die Jenaplan-Reformpädagogik als Teil der Lebensreform-Bewegungen (die sicher eine der Wurzeln der Grünen, oder zumindest eines Teils der Grünen) war und ist. Es zeigte sich nun aber, dass der Jenaplan-Begründer Peter Petersen nicht nur als Person ein strammer Nazi war, sondern dass seine - scheinbar und äußerlich auf Individualität ausgerichtete - Pädagogik auch inhaltlich absolut kompatibel mit der nationalsozialistischen Ideologie war. Auch die Anthroposophie Steiners mit allen ihren Teilzweigen bedient durchaus ein Verlangen nach Esoterik und die Sicht auf ein um eine mystifizierte Einzelperson kreisendes Universum.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Perdedor »

schokoschendrezki hat geschrieben: Und diese Tendenz kann man - in Ansätzen zumindest - auch in Deutschland feststellen. Die Angst vor "Überfremdung" überwiegt bei weitem das ökonomisch motivierte Interesse an offenen Märkten, auch Arbeitsmärkten.
Ich persönlich sehe da vor allem zwei Aspekte zusammenspielen:
1. Gerade autoritäre Führungen vertreten ja nicht die Interessen ihrer Bürger, sondern vor allem ihre eigenen. Und diese lassen sich eben am besten durch Abgrenzung verwirklichen. Die Existenz eines freien Bürgers der sich global verwirklichen kann (also z.B. die Globalisieung zur Steigerung seines Wohlstandes nutzt) schränkt die Macht der lokalen Herrscher natürlich ein. Daher haben diese ein Interesse daran, dass die Bürger möglichst lokal beschränkt denken (z.B. starker Bezug zur Nation).
2. Neue Vermarktungsstrategien der Medien. In Zeiten des Internets geht es nicht nur darum eine möglichst große Reichweite zu haben, sondern auch eine möglichst große Resonanz zu erzeugen. Lesen reicht nicht. Es geht im likes und (emotionale) Diskussionen der Publikationen. Diese erreicht man nicht durch sachliche Berichterstattung, sondern durch möglichst drastische Konflikte. Dabei schüren sie teils bewusst, teils unbewusst Ressentiments um die Resonanz zu vergrößern. Auch hier eignet sich der Bezug auf das Nationenkonzept hervorragend.
Insofern ist die Tendenz nicht so erstaunlich. Für Nationalismus waren einfache Menschen schon immer anfällig. Momentan gibt es aber in den (möchtegern-)autoritäen Führungen und den auf Skandalberichterstattung spezialisierten Medien zwei Akteure, die sich in der Tendenz ergänzen und gegenseitig verstärken.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Alpha Centauri »

Perdedor hat geschrieben:(10 Aug 2017, 22:29)

Ich persönlich sehe da vor allem zwei Aspekte zusammenspielen:
1. Gerade autoritäre Führungen vertreten ja nicht die Interessen ihrer Bürger, sondern vor allem ihre eigenen. Und diese lassen sich eben am besten durch Abgrenzung verwirklichen. Die Existenz eines freien Bürgers der sich global verwirklichen kann (also z.B. die Globalisieung zur Steigerung seines Wohlstandes nutzt) schränkt die Macht der lokalen Herrscher natürlich ein. Daher haben diese ein Interesse daran, dass die Bürger möglichst lokal beschränkt denken (z.B. starker Bezug zur Nation).
2. Neue Vermarktungsstrategien der Medien. In Zeiten des Internets geht es nicht nur darum eine möglichst große Reichweite zu haben, sondern auch eine möglichst große Resonanz zu erzeugen. Lesen reicht nicht. Es geht im likes und (emotionale) Diskussionen der Publikationen. Diese erreicht man nicht durch sachliche Berichterstattung, sondern durch möglichst drastische Konflikte. Dabei schüren sie teils bewusst, teils unbewusst Ressentiments um die Resonanz zu vergrößern. Auch hier eignet sich der Bezug auf das Nationenkonzept hervorragend.
Insofern ist die Tendenz nicht so erstaunlich. Für Nationalismus waren einfache Menschen schon immer anfällig. Momentan gibt es aber in den (möchtegern-)autoritäen Führungen und den auf Skandalberichterstattung spezialisierten Medien zwei Akteure, die sich in der Tendenz ergänzen und gegenseitig verstärken.

Ja stimmt. Insofern kann den Satz von Karl Marx "Religion sei Opium fürs Volk" auch auf den Patriotismus Nationalismus anwenden. Nichts als eine ideologisierte verdummende Massendroge, der erbärmlichen Dauerschimpfer oder romantische Nostalgieschwärmer. Die Mentalität der Looser , Leute von gestern, und zu kurz Gekommenen und das gilt global gesehen
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Unité 1 hat geschrieben:(09 Aug 2017, 15:03)
Spontan würde ich das Gegenteil annehmen, die Dominanz von Fidesz und Orbán scheint ja ungebrochen, die Opposition also hilflos. Da kann eine Neugründung ein Potential entfachen, das der bestehenden Opposition vorenthalten bleibt. Der Glaube an etwas neues und an Veränderung, das nähme auch die Stimmen mit, die an die Opposition gingen. Ich denke hier an en marche von Macron usw. Sicher, das französische Wahlrecht ist ein anderes als das ungarische und solch ein Erfolg nicht übertragbar. Aber der Gedanke dahinter bleibt. Wenn die Opposition sich nicht organisieren kann und bereits zersplittert ist, hat eine Neugründung das Potential, alte Wähler abzuziehen und neue zu gewinnen. Ob das auf Ungarn zutrifft, weiß ich nicht.
Nun ja, dass eine weitere Neugründung das linksliberale Spektrum weiter zersplittert war die Meinung des Kommentators des gleichfalls linksliberalen "Pester Lloyd", der die politische Entwicklung in Ungarn ziemlich genau verfolgt.

Neben den Unterschieden im Wahlsystem gibt es (trotz der sehr unterschiedlichen Größe und Bevölkerungszahl) eine wichtige Gemeinsamkeit zwischen Frankreich und Ungarn: Die absolut dominante Stellung der Hauptstadt. Und so repräsentieren Phänomene wie "Momentum" nicht nur ein linksliberales Aufbegehren gegen den inzwischen unerträglichen Konservativismus und Nationalkult der Regierung sondern immer auch den Gegensatz zwischen nach wie vor kosmopolitisch geprägter Metropolen-Kultur und Provinz. Die Regierung hat beispielsweise etliche male versucht, eines der größten (und auch politisch angehauchten) Rockfestivals, das "Sziget" zurückzudrängen. Ist ihr bislang noch nicht gelungen.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dazu gibts übrigens ganz aktuell einen ZEIT-Artikel, aus dem ich mal ein (etwas) längeres Stück zitieren (sorry), weil er ganz genau diese Pendelbewegung "zurück nach links" der ganz jungen Generation am Beispiel Ungarns illustriert:
Rechts sein ist in Ungarn nicht nur normal, sondern cool: Die Hälfte der Jungen wählt rechts. Doch nun bildet sich in Budapest eine junge Opposition. Und sie hat Angst.

Als sie 14 war, klebten im Kleiderschrank von Eszters Jugendzimmer in Ostungarn zwei Fotos: Ein Mann mit nassen blonden Haaren und nacktem Oberkörper aus einer Mädchenzeitschrift; und daneben, ein bisschen kleiner, aus einer Zeitung ausgeschnitten, ein junger und schlanker Viktor Orbán mit dichtem braunen Haar und einem Mikro in der Hand. Merkwürdig fand das damals, vor zehn Jahren, niemand. Alle ihrer Freundinnen trugen Schmuck in Ungarns Nationalfarben, fast alle gingen alle in die Kirche und in Schulklassen, in denen hinter vorgehaltener Hand spekuliert wurde, ob das Mädchen aus der Parallelklasse jüdisch sei oder nicht.

Rechts sein ist schon lange nicht nur normal, sondern oft auch ziemlich cool in Ungarn. Laut einer Umfrage des Instituts Republikon wählt fast die Hälfte der jungen Ungarn entweder die nationalkonservative Regierungspartei Fidesz oder die rechtsradikale Jobbik.

Mittlerweile ist Eszter das Orbánfoto in ihrem Teenagerkleiderschrank ähnlich peinlich wie das des halbnackten Schönlings. So peinlich, dass sie ihren richtigen Namen hier nicht lesen möchte. Denn inzwischen lebt sie in Budapest und demonstriert dort gegen Orbáns autokratische Politik. Budapest unterschied sich schon immer ökonomisch und sozial vom Rest des Landes. Gerade junge, gebildete Menschen leben hier und fühlen sich von der autoritären Regierung unter Staatschef Viktor Orbán in ihrer Freiheit eingeschränkt.
http://www.zeit.de/campus/2017-07/ungar ... ettansicht

Nebenbemerkung: In Budapest leben ca. 1,7 Millionen der nur ca. 10 Millionen Ungarn. Ganz andere Situation als in Polen.

Die Frage stellt sich (schließlich gehts hier ja gar nicht um Ungarn), ob es einen solchen politischen Gegenschwenk im Zuge des Heranwachsens einer ganz neuen jungen Generation (wenigstens in Teilen) auch in Deutschland gibt.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Alpha Centauri hat geschrieben:(10 Aug 2017, 23:08)

Ja stimmt. Insofern kann den Satz von Karl Marx "Religion sei Opium fürs Volk" auch auf den Patriotismus Nationalismus anwenden. Nichts als eine ideologisierte verdummende Massendroge, der erbärmlichen Dauerschimpfer oder romantische Nostalgieschwärmer. Die Mentalität der Looser , Leute von gestern, und zu kurz Gekommenen und das gilt global gesehen
Soso. Franz-Peter Tebartz-van Elst in seinem Luxus-Bischofssitz mit 4000-Euro-Badewanne gehört(e) zu den "zu kurz Gekommenen". Und ich dachte immer, mir gehts eigentlich ganz gut .... Ab und zu würd' ich ja mal versuchsweise auch gern zu den "zu kurz gekommenen" gehören. (Hätte aber hundert Pro nach eine Woche genug davon) :p

Soziologisch ist das wirklich falsch eingeordnet. Nicht einmal die Kirchenvertreter in der ehemaligen DDR gehörten - trotz staatlicher Repression - zu den "zu kurz gekommenen". Glaubs mir!

Und solltest du mal nach Wien kommen, dann schau dir mal die luxus-renovierte größte orthodoxe Kirche außerhalb Russlands an. Mit vergoldeten Dächern.
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Yossarian
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Yossarian »

Vielleicht wegen Meldungen wie dieser:
Mit Facebook gewinnt Essen einen neuen großen Arbeitgeber. Weitere Einstellungen sind nicht ausgeschlossen. CDU: Eine Chance für Flüchtlinge.

Hasskommentare, Tötungsszenen oder verbotene Pornoinhalte: 500 Mitarbeiter sollen künftig von Essen aus das soziale Netzwerk Facebook von solchem Müll säubern. Essen wird nach Berlin ab Herbst der zweite Standort eines solchen Löschzentrums sein, und bei den zunächst geplanten 500 Arbeitsplätzen dürfte es dabei nicht bleiben. Es sei ein erster Schritt, bestätigte eine Facebook-Sprecherin.

Die Reaktionen auf den neuen großen Arbeitgeber in Essen fielen am Mittwoch entsprechend freudig aus. „500 neue Arbeitsplätze bieten die Möglichkeit, die ausgeprägten mehrsprachigen und interkulturellen Kompetenzen in Essen einzubringen. Das ist ein großer Wettbewerbsvorteil unserer Stadt“, betonte Oberbürgermeister Thomas Kufen.

Aus den Stellenanzeigen geht hervor, dass Facebook Mitarbeiter sucht, die u.a. fließend Persisch, Türkisch, Kurdisch oder Arabisch sprechen. Für die Essener CDU ein Zeichen dafür, dass dort vorwiegend Flüchtlinge und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte eine Chance bekommen, „in der Arbeitswelt Fuß zu fassen oder sich beruflich neu zu orientieren“.
https://www.waz.de/staedte/essen/neues- ... 31137.html

Der Kreis schliest sich. Muslimische "Flüchtlinge" beschäftigt um Islam- und flüchtlingskritische Meldungen zu zensieren.
Das ist alles so bizarr.
Wenn ich einen Vogel sehe der wie eine Ente watschelt und wie eine Ente schwimmt und wie eine Ente quakt dann nenne ich ihn eine Ente. Und wenn der Vogel dementiert eine Ente zu sein ist es eine russische Ente.
Tomaner
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Registriert: Mo 9. Feb 2015, 09:56

Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Tomaner »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Aug 2017, 09:45)

Dazu gibts übrigens ganz aktuell einen ZEIT-Artikel, aus dem ich mal ein (etwas) längeres Stück zitieren (sorry), weil er ganz genau diese Pendelbewegung "zurück nach links" der ganz jungen Generation am Beispiel Ungarns illustriert:


http://www.zeit.de/campus/2017-07/ungar ... ettansicht

Nebenbemerkung: In Budapest leben ca. 1,7 Millionen der nur ca. 10 Millionen Ungarn. Ganz andere Situation als in Polen.

Die Frage stellt sich (schließlich gehts hier ja gar nicht um Ungarn), ob es einen solchen politischen Gegenschwenk im Zuge des Heranwachsens einer ganz neuen jungen Generation (wenigstens in Teilen) auch in Deutschland gibt.
Dieser Bericht dürfte die Situation relativ genau treffen. Es mag am Amfang "cool" sein nationale Interessen zu vertreten, die ein Gefühl von, Macht, Größe, Stolz usw. ausstrahlen. Bei längeren und vor allem genaueren hinschauen , ändert dies sich aber gewaltig, denn dafür verzichtet man auf persönliche Vorteile, Fortschritt, liberale Ansichten, Schutz und Interesse von Minderheiten und vor allem kulturelle Entwicklungen. Nimmt man einfach einmal ein Rock Konzert, da treffen sich Leute aus halb Europa um abzufeiern und egal welche nation, es ist wie eine Familie, Gift für solche Hetzer wie Orban und auch AfD! Nicht zu letzt äußerten sich einige auftretenten Gruppen bei Rock am Ring oder im Park sehr deutlich was sie von solchen Figuren wie AfD halten.
Es kann nicht von Dauer sein, dass Regierungen wie die in Ungarn beide Hände ausstrecken wenn es EU gelder zu verteilen gibt und alle Vorteile geniesen wollen, wenn es aber um Pflichten und Solidarität zwischen allen Europäern geht, Nein Danke sagen. Es ist einfach unverschämt, während man gerade wieder eine Milliarde für Infrastruktur aus Brüssel holt und gleichzeitig über dies herzieht.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Tomaner hat geschrieben:(11 Aug 2017, 11:30)

Dieser Bericht dürfte die Situation relativ genau treffen. Es mag am Amfang "cool" sein nationale Interessen zu vertreten, die ein Gefühl von, Macht, Größe, Stolz usw. ausstrahlen. Bei längeren und vor allem genaueren hinschauen , ändert dies sich aber gewaltig, denn dafür verzichtet man auf persönliche Vorteile, Fortschritt, liberale Ansichten, Schutz und Interesse von Minderheiten und vor allem kulturelle Entwicklungen. Nimmt man einfach einmal ein Rock Konzert, da treffen sich Leute aus halb Europa um abzufeiern und egal welche nation, es ist wie eine Familie, Gift für solche Hetzer wie Orban und auch AfD! Nicht zu letzt äußerten sich einige auftretenten Gruppen bei Rock am Ring oder im Park sehr deutlich was sie von solchen Figuren wie AfD halten.
Ja. Wobei ich anmerken möchte, dass sich das Budapester Sziget-Festival, sicher eines der gößten und besten in Europa (ich habs etlichemale besucht), hier durchaus einreiht. Die Akzente sind sogar noch etwas mehr auf Offenheit, sowohl hinsichtlich Internationalität, Stilrichtungen, Publikum usw. ausgelegt als Rock am/im ... (kenne ich auch).

Und anders als - vielleicht angesichts antisemitischer Äußerungen etwa von der Partei Jobbik vermutet - leben, trotz einigen Weggangs noch immer ca. 100 000 Juden (bei 1.7 Mio Einwohnern) in Budapest mit entsprechendem kulturellen Leben. (größte jüdische Gemeinde in Osteuropa).

Ich will damit nur sagen: Eine "Drift nach rechts" ist keine Einbahnstraße und engültige Trendansage. Sie lässt sich durchaus umkehren.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Yossarian hat geschrieben:(11 Aug 2017, 11:14)

Vielleicht wegen Meldungen wie dieser:


https://www.waz.de/staedte/essen/neues- ... 31137.html

Der Kreis schliest sich. Muslimische "Flüchtlinge" beschäftigt um Islam- und flüchtlingskritische Meldungen zu zensieren.
Das ist alles so bizarr.
Das, was an diesem Vorgang tatsächlich eine Rechtsdrift belegt und schon ein wenig bizarr wirkt, ist weder die Einstellung fremdsprachenkundiger Muslime, Araber usw. und schon gar nicht bedeutet die Entfernung strafbarer Handlungen "Zensur" .... bizarr wirkt auf mich die Übertragung von Aufgaben zur Durchsetzung von staatlichen Gesetzen durch eine Privatfirma.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von CaptainJack »

Yossarian hat geschrieben:(11 Aug 2017, 11:14)

Vielleicht wegen Meldungen wie dieser:


https://www.waz.de/staedte/essen/neues- ... 31137.html

Der Kreis schliest sich. Muslimische "Flüchtlinge" beschäftigt um Islam- und flüchtlingskritische Meldungen zu zensieren.
Das ist alles so bizarr.
Das ist tatsächlich grenzenloser Schwachsinn! :p
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Tom Bombadil »

Ja, ziemlicher Schwachsinn, denn um "Islam- und flüchtlingskritische Meldungen" zu zensieren bräuchte man in Deutschland wohl kaum Leute, die Persisch, Türkisch, Kurdisch oder Arabisch sprechen :rolleyes:
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von aleph »

Die afd ist nicht deutschland und einen wert von 10% würde ich nicht als rechtsruck bezeichnen. Ist die afd eigentlich rechtskonservativ? Die haben ja auch programmpunkte mit der linken gemeinsam.

Wurde die altersstruktur schon debattiert? Mit zunehmendem alter werden die leute konservativer.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Marmelada »

Tom Bombadil hat geschrieben:(11 Aug 2017, 19:27)

Ja, ziemlicher Schwachsinn, denn um "Islam- und flüchtlingskritische Meldungen" zu zensieren bräuchte man in Deutschland wohl kaum Leute, die Persisch, Türkisch, Kurdisch oder Arabisch sprechen :rolleyes:
In der Meldung steht nichts von "islam- und flüchtlingskritischen Meldungen", das entspringt eurer Phantasie. :rolleyes: Die fremdsprachlichen Kenntnisse sind nützlich, um islamistischer Propaganda auf die Spur zu kommen.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Tom Bombadil »

Marmelada hat geschrieben:(16 Aug 2017, 09:58)

Die fremdsprachlichen Kenntnisse sind nützlich, um islamistischer Propaganda auf die Spur zu kommen.
Auch schon gemerkt? Guten Morgen! Genau darauf zielte mein Posting ab, deswegen ja auch die Anführungszeichen. Gehörst du also auch zu "uns" :cool:
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von imp »

aleph hat geschrieben:(16 Aug 2017, 08:42)

Die afd ist nicht deutschland und einen wert von 10% würde ich nicht als rechtsruck bezeichnen. Ist die afd eigentlich rechtskonservativ? Die haben ja auch programmpunkte mit der linken gemeinsam.

Wurde die altersstruktur schon debattiert? Mit zunehmendem alter werden die leute konservativer.
Wer heute alt ist, war früher möglicherweise 68er und ist jetzt 68 oder so. Die AfD ist eine vielschichtige Partei, etliche Kader sind klar rechtsradikal, manche vielleicht konservativ oder liberal.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Unité 1 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Aug 2017, 09:25)

Nun ja, dass eine weitere Neugründung das linksliberale Spektrum weiter zersplittert war die Meinung des Kommentators des gleichfalls linksliberalen "Pester Lloyd", der die politische Entwicklung in Ungarn ziemlich genau verfolgt.

Neben den Unterschieden im Wahlsystem gibt es (trotz der sehr unterschiedlichen Größe und Bevölkerungszahl) eine wichtige Gemeinsamkeit zwischen Frankreich und Ungarn: Die absolut dominante Stellung der Hauptstadt. Und so repräsentieren Phänomene wie "Momentum" nicht nur ein linksliberales Aufbegehren gegen den inzwischen unerträglichen Konservativismus und Nationalkult der Regierung sondern immer auch den Gegensatz zwischen nach wie vor kosmopolitisch geprägter Metropolen-Kultur und Provinz.
Demnach ist der Stadt-Land-Gegensatz in Ungarn recht stark ausgeprägt? Mein erster Gedanke war, wenn Orbán die Olympiagegner zu Hochverrätern macht und sie dennoch erfolgreich waren, dann wäre es ein ermutigendes Zeichen, dass Orbáns Tage ein Ende haben werden. Die mobilisierende Wirkung solcher Äußerungen sollte man nicht unterschätzen. Aber das würde dem wohl zu viel unterstellen, zum einen ist eine Olympiade für die sie veranstaltende Stadt immer eine Belastung für jene Städter, also die Ablehnung kann sehr wohl policybasiert sein, und zum anderen kann die forcierte Spaltung zwischen uns und ihnen nützlich sein, wenn die eigene Anhängerschaft groß genug ist und deren Mobilisierung erfolgreicher ist. Erdogan hat's bewiesen. :|
Die Regierung hat beispielsweise etliche male versucht, eines der größten (und auch politisch angehauchten) Rockfestivals, das "Sziget" zurückzudrängen. Ist ihr bislang noch nicht gelungen.
Interessante Parallele zu Polen. Die PIS hat auch ein gewaltiges Problem mit "Haltestelle Woodstock", aber die ist anscheinend im Bemühen, das zu unterbinden, erfolgreich.
Und nun die schlechte Nachricht. Laut Organisator Jerzy Owsiak könnte das diesjährige Woodstock-Festival auch das letzte sein. „Wir packen das nicht mehr“, sagte Owsiak Ende Juli bei einem sehr emotionalen Auftritt vor der Presse. „Die ständig neuen Auflagen, das ist einfach Wahnsinn.“

Schon im vergangenen Jahr hatte das Innenministerium in Warschau das Festival, zu dem 2014 750.000 Menschen angereist waren, als „Veranstaltung mit erhöhtem Risiko“ eingeordnet. Das Gelände musste abgesperrt und mehr Sicherheitspersonal musste eingestellt werden. In diesem Jahr sprach Innenminister Mariusz Błaszczak wegen der offenen Grenze zu Deutschland von einer „terroristischen Gefahr“. Gleichzeitig untersagte er, wie in der Vergangenheit üblich, dass Berliner und Brandenburger Feuerwehrkräfte gemeinsam mit ihren polnischen Kollegen für Sicherheit sorgen. Zur Begründung sagte sein Vizeminister Jakub Skiba: „Wegen der terroristischen Bedrohung werden die Sicherheitskräfte allein nach dem polnischen Rettungssystem arbeiten.“

Dass es am Donnerstag überhaupt losgehen kann, ist Andrzej Kunt zu verdanken, dem Bürgermeister von Kostrzyn. Kunt hatte am 21. Juli das Festival mit seiner Unterschrift genehmigt, allerdings unter strengeren Sicherheitsvorschriften. So dürfen sich vor der großen Bühne nur noch 50.000 Fans aufhalten.
https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5432122&s=woodstock/
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Jagaird »

Ich habe mir jetzt nicht alles durchgelesen, da es doch viel Text ist, aber mal eine Frage wegen dem Thema. Kann es nicht einfach sein, das Deutschland seit den 90er einfach immer mehr nach links gedriftet ist und Bürger das gar nicht so wollten? Das es ein Ausdruck der Wähler ist, ihr seid bereits zu weit links, als Gegenpol müssen wir rechts wählen, wir wollen aber nicht das die Nazis wählen. Da ist die AfD das geringere Übel, das die da oben es merken? Nur ein Vorschlag.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Selina »

Jagaird hat geschrieben:(16 Aug 2017, 11:58)

Ich habe mir jetzt nicht alles durchgelesen, da es doch viel Text ist, aber mal eine Frage wegen dem Thema. Kann es nicht einfach sein, das Deutschland seit den 90er einfach immer mehr nach links gedriftet ist und Bürger das gar nicht so wollten? Das es ein Ausdruck der Wähler ist, ihr seid bereits zu weit links, als Gegenpol müssen wir rechts wählen, wir wollen aber nicht das die Nazis wählen. Da ist die AfD das geringere Übel, das die da oben es merken? Nur ein Vorschlag.
Woran machst du diese Linksdrift fest? Ich nehme eher wahr, dass die Neurechten immer lauter herumkrakeelen und ihnen keiner in den Arm fällt. Schau dir nur die Wortwahl der Leute aus dem rechten AfD-Flügel (Höcke, Poggenburg, Gauland) an. Das beginnt mit Krakeelerei und endet in einer politischen Rechtswende. Ausgang ungewiss. Noch ist es lange nicht so weit, schaut man sich die Zahlen an, aber alleine der Einzug in den Bundestag ist schon ein makaberes Zeichen. Auch wenn die da quasi "unter Kontrolle" weiter herumkrakeelen können.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Jagaird hat geschrieben:(16 Aug 2017, 11:58)

Ich habe mir jetzt nicht alles durchgelesen, da es doch viel Text ist, aber mal eine Frage wegen dem Thema. Kann es nicht einfach sein, das Deutschland seit den 90er einfach immer mehr nach links gedriftet ist und Bürger das gar nicht so wollten? Das es ein Ausdruck der Wähler ist, ihr seid bereits zu weit links, als Gegenpol müssen wir rechts wählen, wir wollen aber nicht das die Nazis wählen. Da ist die AfD das geringere Übel, das die da oben es merken? Nur ein Vorschlag.
Die Epoche von Mitte der 80er bis zu den jüngeren Finanzkrisen ist vor allem von einer generellen Entpolitisierung und Entideologisierung gekennzeichnet. An die Stelle von Gewerkschaftskampf, APO, Ostermarsch, Brokdorf und Studentenbewegung traten bei der Masse T-Aktie, Bundesliga, Euro-Schlager-Contest und Dschungelcamp. Die sich zumindest zum Teil und nach außen politisch gebenden Neuen Sozialen Bewegungen werden häufig gewissermaßen aus Trägheit und Gewohnheit "links" verortet. Tatsächlich repräsentierten sie jedoch das ganze Spektrum von ganz links nach ganz rechts. Wenn überhaupt, dann ist ein Anteil Esoterik fast immer vorhanden. Repräsentativ hier die Partei der Grünen, deren Flügel (zumindest zeitweise) von deutschnationalen Ökobauern (Baldur Springmann) bis zu Linksanarchisten reichte. Ein politisches Anything-Goes-Programm, das "links" gelesen aber niemals einseitig so ausgerichtet war.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Welfenprinz »

Unité 1 hat geschrieben:(09 Aug 2017, 14:26)








. Ich würde dennoch trennen zwischen "normalen" Wellenbewegungen, die politische Stimmungen und Entwicklungen widerspiegeln, und "bruchhaften", die den Rahmen zu verändern drohen. 68 muss doch ein kaum verkraftbarer Bruch mit gesellschaftlichen Konventionen für damalige Konservative und Reaktionäre gewesen sein, oder? Die Gefährlichkeit der aktuellen Rechtsbewegung liegt für mich einerseits im antagonistischen Verhältnis zu grundlegenden politischen und gesellschaftlichen Werten und andererseits in der Opferhaltung, im Opfernarrativ begründet. t.
Ich bin zwar 5 oder 6 Jährchen zu jung ,aber ich versuchs mal.
Das was “68“ verteidigt wurde,waren keine Werte mehr. Es war überkommen,sinnentleert und nur noch um seiner selbst willen verteidigt. Egal ob kurze Haare,Papa als Alleinherrscher der Familie oder der Muff in den Talaren.
Das schönste Zitat aus der Zeit für mich ist immer noch “ wenn es denn der Wahrheitsfindung dient“.

Sprich,wer die Konventionen verteidigte,hatte eigentlich keine Argumente,kein Hinterfragen,keine konstruktive Ausgangsbasis.
Das spielte für den Stil der Auseinandersetzung eine grössere Rolle als links oder rechts.
Es war kein Ringen ,es war Betonmauer gegen Vorschlaghammer. Da kann als Ergebnis nur bei herauskommen,dass eins von beiden bricht.


Etwas vergleichbares hast du heute nicht. Alle westlichen Gesellschaften sind immer noch so konzipiert,dass sie Bewegungen aufsaugen,andocken,mitnehmen können . Es gibt ein grosses Integrations und Kompromisspotential.

Wandel ja,auf jeden Fall.
Bruch wie 68,extrem unwahrscheinlich.

Edit: und die 68er waren das Gegenteil der Opferdarsteller der heutigen Rechten.
Deswegen haben sie es auch geschafft.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Marmelada »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Aug 2017, 10:38)

Auch schon gemerkt? Guten Morgen! Genau darauf zielte mein Posting ab, deswegen ja auch die Anführungszeichen. ...
Ja, da bin ich meinem eigenen Vorurteil aufgesessen.
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Julian
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Julian »

Marmelada hat geschrieben:(16 Aug 2017, 09:58)

In der Meldung steht nichts von "islam- und flüchtlingskritischen Meldungen", das entspringt eurer Phantasie. :rolleyes: Die fremdsprachlichen Kenntnisse sind nützlich, um islamistischer Propaganda auf die Spur zu kommen.
Die Zensur wurde aber doch gerade deswegen in Deutschland eingeführt! Es ging in erster Linie um Meinungsäußerungen, die als "rechts" und damit böse eingeordnet werden, und die künftig an Gerichten vorbei schon in vorauseilendem Gehorsam gelöscht werden sollten. Deswegen ist es ja auch so absurd, dass selbst bei diesem Thema noch davon die Rede sein muss, welch tollen Beitrag hier die sogenannten Flüchtlinge leisten können. Neben Ärzten und Atomphysikern haben wir jetzt eben auch interkulturell kompetente Menschen hier, die das Deutsche auf muttersprachlichem Niveau beherrschen.

Das Rad des Wahnsinns dreht sich eben immer schneller.
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Hyde
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Hyde »

Selina hat geschrieben:(16 Aug 2017, 12:25)

Woran machst du diese Linksdrift fest? Ich nehme eher wahr, dass die Neurechten immer lauter herumkrakeelen und ihnen keiner in den Arm fällt. Schau dir nur die Wortwahl der Leute aus dem rechten AfD-Flügel (Höcke, Poggenburg, Gauland) an. Das beginnt mit Krakeelerei und endet in einer politischen Rechtswende. Ausgang ungewiss. Noch ist es lange nicht so weit, schaut man sich die Zahlen an, aber alleine der Einzug in den Bundestag ist schon ein makaberes Zeichen. Auch wenn die da quasi "unter Kontrolle" weiter herumkrakeelen können.
Ein Einzug der AfD in den Bundestag würde letztlich ja auch nur unsere gesellschaftlichen Verhältnisse widerspiegeln. Es gibt nun einmal die obligatorischen 5-10% Idioten in unserer Gesellschaft, das war noch nie anders, jeder kennt die doch aus dem eigenen Leben: frühere Mitschüler, Arbeitskollegen, Nachbarn, entfernte Verwandte. Jeder kennt da ein paar Spezialisten. Wie viele Leute gibt es in Deutschland, die nicht wollen würden bzw sich unwohl dabei fühlen würden, wenn ihr Kind eine Person anderer Hautfarbe oder anderer Religion heiraten würde? Ein nicht so kleiner Teil unserer Gesellschaft, behaupte ich.
Es ist illusorisch zu denken, in einer Gesellschaft gäbe es nur vernünftige Menschen. Das wird nie so sein. Und in einer Demokratie gehört es dann halt auch irgendwo dazu, dass auch diese unvernünftigen Menschen ihre Plattform bekommen und vertreten werden.
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