Warum driftet Deutschland nach rechts?

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Warum driftet Deutschland nach rechts?

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Dark Angel
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Dark Angel »

Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 16:57)
Ich glaub, die derzeitige europäische Vision ist, dass man erst mal guckt, inwiefern sich die Länder überhaupt von Brüssel aus regieren lassen. Griechenland ist dabei der Testfall. Wenn das klappt, hat man schon mal eine berechenbare Basis, mit der man dann die echten Umstrukturierungspläne angehen kann.
Genau das ist eines der Kernthemen - des angeblichen Rechtsruckes - die "Vision" die Nationalstaaten aufzulösen und von Brüssel aus zu regieren. Nur wie man das bewerkstelligen will, darüber spricht niemand.
Werden die Bürger der einzelnen Staaten - per Volksabstimmung - gefragt, ob sie denn überhaupt von Brüssel aus regiert werden wollen oder wird das per Beschluss in Brüssel, "von oben" diktiert?
Was sollen die visionären "Vereinigten Staaten von Europa" oder die "Europaunion" oder wie diese "Vision auch immer genannt werden sollen denn werden?
Was bleibt von den Souveränitätsrechten der verschiedenen Völker/Staaten denn übrig - gibt es dann überhaupt noch welche?
Wird die Demokratie - als Auslaufmodell betrachtet und zugunsten einer Diktatur zu Grabe getragen?
Dass die Europa- und Globalisierungsvisionäre kein Problem damit haben, Demokratieabbau zu betreiben, Demokratie überhaupt, als ihren Zielen hinderlich zu betrachten analysiert Prof. Wolfgang Merkel in seinem schon mehrfach verlinkten Aufsatz:
"Kosmopolitismus versus Kommunitarismus: Ein neuer Konflikt in der Demokratie"
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Eisvogel »

Woppadaq hat geschrieben:
Das ist deine Meinung, meiner Meinung ist das einzige, was bei der Flüchtlingskrise versagt hat, die gute Kinderstube gewisser AfD-Mitglieder. Kannst ja gerne deine Meinung hundertmal ohne weitere Argumente wiederholen, dann wiederhol ich meine eben auch hundertmal.

Ich habe von dir noch nicht ein einziges Argument gelesen, welches deine Thesen belegen kann, es sei denn Beleidigungen sind nun als Argument anzusehen. Womit wir dann wieder bei der guten Kinderstube wären..

Woppadaq hat geschrieben:
Sorry, aber ihr habt nicht Angst, dass Merkel versagt hat, ihr JAMMERT darüber. Das Flüchtlingsproblem ist längst gelöst, aber ihr jammert immer noch über diesen "grössten Fehler aller Zeiten, nur vergleichbar mit Hitlers Überfall auf die Sowjetunion"....von einer irgendwie gearteten Suche nach Lösungen oder überhaupt Ansätze, was man hätte anders machen können, kommt von euch NICHTS ausser GEJAMMER, als wäre seit 2015 nichts passiert. Mit Angst hat das nichts mehr zu tun.

Ich weiß zwar nicht wer "ihr" sein soll da ich die AFD nicht gewählt habe, aber gelöst ist weder das Flüchtlingsproblem noch gab es in den letzten 2 Jahren keine Lösungsvorschläge. Diese Lösungsvorschläge kamen nur leider von der bösen AFD, jetzt nach der Wahl versucht man die aber als die eigene Idee zu verkaufen. Auch in diesem Beitrag ist wieder kein einziges Argument zu lesen, du masst dir lediglich an, für eine bestimmte Gruppe von Menschen zu denken. Das ist kein Argument, das ist eine Frechheit.

Woppadaq hat geschrieben:

Das ist nicht neu, das konnte man früher auch. Es wurde nur nicht so ernst genommen. Bedankt euch bei der AfD für ihr Auftreten.

Die AFD hat damit relativ wenig zu tun, sie ist nur die Partei die nicht mit spielt und deshalb grundsätzlich schlecht. Bei der AFD wird immer wieder kritisiert, dass sie sich nicht ausdrücklich von PEGIDA differnziert, dass die Linke sich nicht ausdrücklich von den autonomen Spinnern aus der roten Flora distanziert interessiert kein Schwein.

Woppadaq hat geschrieben:
Vielleicht, weil es einfach eine logische Richtung war? Vielleicht, weil damit ein ganz anderes Deutschlandbild als bisher geschaffen wird, eines, für das man sich nicht mehr schämen muss? Vielleicht, weil dieses ganze Rechtstum nichts weiter bringt ausser Terror, Spaltung der Gesellschaft, Rückwärtsgewandheit ?

Die Konservativen von heute haben sich aus dem rechten Schoss gelöst, aus dem sie früher kamen. Sie haben sich weiterentwickelt. Was ich von manchen Usern hier nicht gerade sagen kann.

Für was genau musste man sich denn vorher schämen ? Das einzige für was man sich schämen muss ist sich selbst, 70 Jahre später immer noch für das Vergangene schuldig zu sprechen. Dass es deiner Logik entspringt, dass der Linksruck die richtige Richtung ist, ist völlig klar. Das Wahlergebnis zeigt, dass du im Unrecht bist. Die Konservativen haben sich nicht aus dem rechten Schloss gelöst,einige von ihnen haben die Partei gewechselt und/oder anders gewählt, der Rest ist gerade dabei die CDU zurück zu bringen wo sie herkommen...wegen dem Wahlergebnis.


Dass es in der AFD Menschen mit schlechter Kinderstube gibt steht außer Frage, genau wie in der SPD,CDU,bei den Grünen,den Linken....aber das ist wohl nicht erwähnenswert..würde wohl auch das eigene Weltbild zerstören wenn man da näher drauf eingehen würde.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Woppadaq »

Dark Angel hat geschrieben:(02 Oct 2017, 18:07)

Genau das ist eines der Kernthemen - des angeblichen Rechtsruckes - die "Vision" die Nationalstaaten aufzulösen und von Brüssel aus zu regieren. Nur wie man das bewerkstelligen will, darüber spricht niemand.
Werden die Bürger der einzelnen Staaten - per Volksabstimmung - gefragt, ob sie denn überhaupt von Brüssel aus regiert werden wollen oder wird das per Beschluss in Brüssel, "von oben" diktiert?
Was genau ist denn Brüssel? Das ist nich irgendein fremdes Land, das über uns herrscht. Das sind die Länder der EU, die miteinander Kompromisse aushandeln, wo man Dinge zusammen machen kann. Wenn man Dinge nicht zusammen machen will, aus welchen Gründen auch immer, geht man eben raus aus der EU. So wie Grossbritannien.

Volksentscheide haben in der EU auch vorher schon stattgefunden, man denke nur an das in Dänemark, welches ja damals so hohe Wellen geschlagen hat, weil ein nicht geringer Teil die Maastricht-Verträge nicht mittragen wollte. Im Grunde sind sie nur in ein paar Staaten - darunter leider auch Deutschland - ein Problem. Aber eben ein lokal verhindertes, kein EU-Problem.
Was sollen die visionären "Vereinigten Staaten von Europa" oder die "Europaunion" oder wie diese "Vision auch immer genannt werden sollen denn werden?
Was bleibt von den Souveränitätsrechten der verschiedenen Völker/Staaten denn übrig - gibt es dann überhaupt noch welche?
Die Souveränitätsrechte werden dann ganz normale Föderativrechte, so wie das in Deutschland ja auch gehandhabt wird. Ich denk immer noch, für uns Deutsche ist das EU-Modell noch das unproblematischste. Ist aber nicht gesagt, dass das auch für die anderen Länder der Fall ist.
Wird die Demokratie - als Auslaufmodell betrachtet und zugunsten einer Diktatur zu Grabe getragen?
Das kann exakt in dem Moment passieren, wo sich die Diktatur als handlungsfähiger erweist. Wenn wir hierzulande amerikanische Verhältnisse bekommen, wo Demokratie nur noch als Regierungsverhinderung gehandhabt wird, könnte das die Leute dahin treiben, eine Diktatur zu befürworten. Ich seh aber nicht, dass so etwas das Bestreben der EU ist, eher im Gegenteil. Wir wollen aber auch nicht chinesische Verhältnisse.

Natürlich ist Demokratie insofern ein dehnbarer Begriff, dass man ständig reklamieren kann, zuwenig davon zu haben. In Amerika ist Demokratie aber inzwischen schon ein Schimpwort. "Wir sind gottseidank keine Demnokratie, sondern eine Republik" hör ich dort sehr oft.
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Dark Angel
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Dark Angel »

Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 21:04)

Was genau ist denn Brüssel? Das ist nich irgendein fremdes Land, das über uns herrscht. Das sind die Länder der EU, die miteinander Kompromisse aushandeln, wo man Dinge zusammen machen kann. Wenn man Dinge nicht zusammen machen will, aus welchen Gründen auch immer, geht man eben raus aus der EU. So wie Grossbritannien.
Du weichst aus!
Deine Aussage war: "... dass man erst mal guckt, inwiefern sich die Länder überhaupt von Brüssel aus regieren lassen."

Regieren kann nur eine Regierung, die a) gewählt wurde oder b) per Beschluss/Diktat bestimmt wurde und dazu müssen Souveränitätsrechte aufgegeben und Nationalstaaten aufgelöst werden.
Das EU-Parlament ist keine Regierung. Die EU-Mitgliedsstaaten sind souveräne Staaten und die werden nicht von Brüssel regiert, sondern von ihren demokratisch gewählten Regierungen.
Also geh doch bitte auf meine Fragen bzüglich deiner o.g. Aussage ein.

Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 21:04)Volksentscheide haben in der EU auch vorher schon stattgefunden, man denke nur an das in Dänemark, welches ja damals so hohe Wellen geschlagen hat, weil ein nicht geringer Teil die Maastricht-Verträge nicht mittragen wollte. Im Grunde sind sie nur in ein paar Staaten - darunter leider auch Deutschland - ein Problem. Aber eben ein lokal verhindertes, kein EU-Problem.
Meine Frage bezog sich auf die Aussage:
"... dass man erst mal guckt, inwiefern sich die Länder überhaupt von Brüssel aus regieren lassen."

Es geht immer noch um das "von Brüssel aus regieren". Wie stellst du dir eine solche Regierung vor?
Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 21:04)]Die Souveränitätsrechte werden dann ganz normale Föderativrechte, so wie das in Deutschland ja auch gehandhabt wird. Ich denk immer noch, für uns Deutsche ist das EU-Modell noch das unproblematischste. Ist aber nicht gesagt, dass das auch für die anderen Länder der Fall ist.
Souveränitätsrechte sind aber etwas vollkommen anderes als Förderativrechte so wie eine Föderation etwas vollkomen anderes ist als ein souveräner Staat.
Also nochmal: wie stellst du dir das vor - wie willst du die einzelnen Staaten dazu bringen, ihre Soveränität zugunsten einer Föderation/eines europäischen Bundesstaates aufzugeben.
Für uns Deutsche ist das sehr wohl problematisch, immerhin ist Deutschland ein souveräner Staat
Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 21:04)]Das kann exakt in dem Moment passieren, wo sich die Diktatur als handlungsfähiger erweist.
Und wer legt das fest, ob und wann eine Diktatur handlungsfähiger ist?
Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 21:04)]Wenn wir hierzulande amerikanische Verhältnisse bekommen, wo Demokratie nur noch als Regierungsverhinderung gehandhabt wird, könnte das die Leute dahin treiben, eine Diktatur zu befürworten.

Hallooo? Der US-Präsident wurde demokratisch - entsprechend dem in den USA geltendem Wahlrecht - gewählt.
Woher nimmst du eigentlich die Arroganz zu behaupten, die Demokratie sei zur Regierungsverhinderung gehandhabt worden?
Du befürwortest also Demagogie, um den Menschen eine Diktatur schmackhaft zu machen?
Das lässt tief blicken!
Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 21:04)Natürlich ist Demokratie insofern ein dehnbarer Begriff, dass man ständig reklamieren kann, zuwenig davon zu haben.
Demokratie ist absolut kein dehnbarer Begriff - demos kratos [giech] bedeutet Herrschaft des Volkes/die Macht geht vom Volk aus.
Was soll daran dehnbar sein? Erklär mal!
Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 21:04)In Amerika ist Demokratie aber inzwischen schon ein Schimpwort. "Wir sind gottseidank keine Demnokratie, sondern eine Republik" hör ich dort sehr oft.
Hast du dafür auch eine seriöse Quelle?
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Woppadaq »

Dark Angel hat geschrieben:(02 Oct 2017, 21:57)

Du weichst aus!
Deine Aussage war: "... dass man erst mal guckt, inwiefern sich die Länder überhaupt von Brüssel aus regieren lassen."

Regieren kann nur eine Regierung, die a) gewählt wurde oder b) per Beschluss/Diktat bestimmt wurde und dazu müssen Souveränitätsrechte aufgegeben und Nationalstaaten aufgelöst werden.
Na schön, dann tauschen wir eben das Wort "Regieren" durch das Wort "Managen" aus, und schon passt es, schon müssen keine Nationalstaaten aufgelöst werden.
Es geht immer noch um das "von Brüssel aus regieren". Wie stellst du dir eine solche Regierung vor?
Sagte ich doch: wie das föderale deutsche System. Jedenfalls ist das das langfristige Ziel.

Souveränitätsrechte sind aber etwas vollkommen anderes als Förderativrechte so wie eine Föderation etwas vollkomen anderes ist als ein souveräner Staat.
Erschliesst sich mir nicht, wo du den Unterschied siehst. Die USA IST eine Föderation - und ein souveräner Staat.
Also nochmal: wie stellst du dir das vor - wie willst du die einzelnen Staaten dazu bringen, ihre Soveränität zugunsten einer Föderation/eines europäischen Bundesstaates aufzugeben.
Für uns Deutsche ist das sehr wohl problematisch, immerhin ist Deutschland ein souveräner Staat
Das waren Bayern, Preussen, Hessen und wie sie alle heissen auch mal. Jedenfalls hat die seinerzeit mehr getrennt als heute die souveränen europäischen Staaten trennt. Wenn das mit Deutschland geht - warum soll es nicht mit Rest-Europa auch gehen? Alles eine Frage der Machtbalance und der effektiven Staatsführung..
Und wer legt das fest, ob und wann eine Diktatur handlungsfähiger ist?
Im Normalfall der Wähler, wenn er sich explizit für eine Partei mit diktatorischen Ansprüchen entscheidet.
Hallooo? Der US-Präsident wurde demokratisch - entsprechend dem in den USA geltendem Wahlrecht - gewählt.
Woher nimmst du eigentlich die Arroganz zu behaupten, die Demokratie sei zur Regierungsverhinderung gehandhabt worden?
Weil es genau das ist, was die Republikaner mit Obama praktiziert haben. Blockade um der Blockade willen. Provozierter Government shutdown. Um jetzt nur ein paar Stichpunkte zu nennen. Was glaubst du, warum viele Amerikaner so wild darauf sind, die Regierung per se abzuschaffen? Weil sie sie einfach für ineffizient und damit überflüssig halten. Und warum ist das so? Weil das demokratische System dort massive Regierumngsverhinderung möglich macht, und die Republikaner das auch schamlos ausnutzen - eben damit der Eindruck entsteht, die Regierung sei eigentlich überflüssig.
Du befürwortest also Demagogie, um den Menschen eine Diktatur schmackhaft zu machen?
Hey, ich promote keine Regierungsverhinderung, auch nicht die der EU. Hab ich nie getan, werd ich auch nie tun.
Demokratie ist absolut kein dehnbarer Begriff - demos kratos [giech] bedeutet Herrschaft des Volkes/die Macht geht vom Volk aus.
Was soll daran dehnbar sein? Erklär mal!
Iran hält sich auch für eine Demokratie. Die können ja dort auch wählen. Zum Beispiel.
Hast du dafür auch eine seriöse Quelle?
Nein, tut mir leid, ist nur meine persönliche Erfahrung aus unzähligen Internet-Diskussionen mit Amis. Und das waren noch die gemässigten, die so geredet haben.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(02 Oct 2017, 18:07)

Genau das ist eines der Kernthemen - des angeblichen Rechtsruckes - die "Vision" die Nationalstaaten aufzulösen und von Brüssel aus zu regieren. Nur wie man das bewerkstelligen will, darüber spricht niemand.
Werden die Bürger der einzelnen Staaten - per Volksabstimmung - gefragt, ob sie denn überhaupt von Brüssel aus regiert werden wollen oder wird das per Beschluss in Brüssel, "von oben" diktiert?
Was sollen die visionären "Vereinigten Staaten von Europa" oder die "Europaunion" oder wie diese "Vision auch immer genannt werden sollen denn werden?
Was bleibt von den Souveränitätsrechten der verschiedenen Völker/Staaten denn übrig - gibt es dann überhaupt noch welche?
Wird die Demokratie - als Auslaufmodell betrachtet und zugunsten einer Diktatur zu Grabe getragen?
Dass die Europa- und Globalisierungsvisionäre kein Problem damit haben, Demokratieabbau zu betreiben, Demokratie überhaupt, als ihren Zielen hinderlich zu betrachten analysiert Prof. Wolfgang Merkel in seinem schon mehrfach verlinkten Aufsatz:
"Kosmopolitismus versus Kommunitarismus: Ein neuer Konflikt in der Demokratie"
Ich glaube kaum, dass irgendjemand, der sich als "Kosmopolit" sieht, realiter und grundsätzlich das Subsidiaritätsprinzip ("Die jeweils größere gesellschaftliche oder staatliche Einheit soll nur dann, wenn die kleinere Einheit dazu nicht in der Lage ist, aktiv werden und regulierend, kontrollierend oder helfend eingreifen.") in Frage stellt.

Für Subsidiarität innerhalb der EU gibt es ein ganz konkretes politisches Konzept, Es nennt sich "Europa der Regionen". Ist eine Euroregion "Pomerania" zeitgemäß oder wollen wir ein "Pommern" wiederhaben?

Diese politischen Konzepte als "von der Demokratie als Auslaufmodell hin zu einer Diktatur" zu denunzieren, ist schon ein starkes, gewagtes Stück.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(03 Oct 2017, 02:14)

Ich glaube kaum, dass irgendjemand, der sich als "Kosmopolit" sieht, realiter und grundsätzlich das Subsidiaritätsprinzip ("Die jeweils größere gesellschaftliche oder staatliche Einheit soll nur dann, wenn die kleinere Einheit dazu nicht in der Lage ist, aktiv werden und regulierend, kontrollierend oder helfend eingreifen.") in Frage stellt.
Und was ist das anderes als die Aufgabe von Souveränitätsrechten und Nationalstaatlichkeit?

"Kosmopoliten optieren, wenn sie nicht realitätsentrückt für eine demokratische Weltregierung, Weltparlamente und eine Weltzivilgesellschaft votieren, für eine bereitwillige Abgabe nationalstaatlicher Souveränitätsrechte an internationale Organisationen und supranationale Regime. Dies gilt von der UNO bis zur EU, von Freihandelsabkommen bis zum IWF, von Weltklimakonferenzen bis zu den fiskalpolitischen Direktiven gegenüber den hochverschuldeten Ländern der Eurozone"
"Kosmopolitismus versus Kommunitarismus: Ein neuer Konflikt in der Demokratie" Wolfgang Merkel


Du weißt was ein Regime ist?
schokoschendrezki hat geschrieben:(03 Oct 2017, 02:14)Für Subsidiarität innerhalb der EU gibt es ein ganz konkretes politisches Konzept, Es nennt sich "Europa der Regionen". Ist eine Euroregion "Pomerania" zeitgemäß oder wollen wir ein "Pommern" wiederhaben?
Aha - und ist diese Subsidiarität auch demokratisch legitimiert oder von der EU diktiert?
Diese Subsidiarität ist nichts weiter als die schrittweise Auflösung von Nationalstaaten, verbunden mit der Aufgabe von Souveränitätsrechten.
Wer bestimmt denn ob das "zeitgemäß" ist? Die Bevölkerung der jeweiligen Staaten demokratisch per Volksabstimmung oder die EU per Diktat?
schokoschendrezki hat geschrieben:(03 Oct 2017, 02:14)Diese politischen Konzepte als "von der Demokratie als Auslaufmodell hin zu einer Diktatur" zu denunzieren, ist schon ein starkes, gewagtes Stück.
Oh - das ist keine Denunzierung.
Wenn diese Konzepte ohne demokratische Legitimation (Abstimmungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten) durchgesetzt werden, dann sind sie undemokratisch und unterhölen die Demokratie, wird sukzessiver Demokratieabbau betrieben und der Weg zu einer Diktatur bzw zu einem supranationalen Regime bereitet.

"Der Nationalstaat müsse sich abfinden, in ein Mehrebenensystem effizienten Regierens eingebunden zu werden. Effizienz und Effektivität überstaatlichen Handelns werden damit zum legitimatorischen Fluchtpunkt der Souveränitätsteilung. Demokratieverluste in Fragen Partizipation, Transparenz, Gewaltenprobleme oder Zurechenbarkeit von Entscheidungen werden entweder überhaupt nicht thematisiert oder als Kollateralschäden einer nicht aufzuhaltenden Trans- und Supranationalisierung von polity, politics und policies hingenommen."
Quelle: siehe oben!


"Nationalstaaten müssen sich abfinden ...", "Demokratieverluste werden nicht thematisiert oder als Kollateralschaden hingenommen" - was ist das anderes als "Demokratie als Auslaufmodell" zu betrachten?
Wie weit, bis zu welchem Grad sind denn Demokratieverluste (als Kollateralschaden) hinnehmbar?
Schon die Bezeichnung "Demokratieverlust als Kollateralschaden" zeigt die Richtung, in die die Entwicklung gehen soll?
Denunziation - oh nein!
Ist aber schon interessant, welche Affinität Linke und angeblich linke Kosmopoliten zu Diktaturen haben ...
Das "tumbe Volk" weiß nicht was gut für es ist, das darf man nicht selbst entscheiden lassen, man (die Kosmopoliten) muss es ihnen sagen, man muss sie "zu ihrem Glück" zwingen.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Niklas »

Woppadaq hat geschrieben:(02 Oct 2017, 23:55)

Iran hält sich auch für eine Demokratie. Die können ja dort auch wählen. Zum Beispiel.
Da ist aber ein Stück Theokratie vorhanden, oder?

Demokratie ist das Antonym zu:

• Diktatur/Autokratie/Monarchie
• Oligarchie
• Aristokratie
• Plutokratie
• Xenokratie
• Theokratie
• usw.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Unité 1 »

Dark Angel hat geschrieben:(03 Oct 2017, 11:53)

Und was ist das anderes als die Aufgabe von Souveränitätsrechten und Nationalstaatlichkeit?

"Kosmopoliten optieren, wenn sie nicht realitätsentrückt für eine demokratische Weltregierung, Weltparlamente und eine Weltzivilgesellschaft votieren, für eine bereitwillige Abgabe nationalstaatlicher Souveränitätsrechte an internationale Organisationen und supranationale Regime. Dies gilt von der UNO bis zur EU, von Freihandelsabkommen bis zum IWF, von Weltklimakonferenzen bis zu den fiskalpolitischen Direktiven gegenüber den hochverschuldeten Ländern der Eurozone"
"Kosmopolitismus versus Kommunitarismus: Ein neuer Konflikt in der Demokratie" Wolfgang Merkel


Du weißt was ein Regime ist?
Internationale Regime sind kooperative Institutionen, die durch informelle und formelle, rechtliche und nichtverrechtlichte Strukturen gekennzeichnet sind und Konflikte zwischen Nationalstaaten bearbeiten. Sie sollen die Transaktionskosten reduzieren und ein beidseitiges Geben und Nehmen für alle Beteiligten bewirken. Zwar vertrauen sich die Staaten immer noch nicht, aber durch Kontrollen innerhalb der Regime soll dem entgegenzuwirken versucht werden.

https://de.wikipedia.org/wiki/Regimetheorie

Aha - und ist diese Subsidiarität auch demokratisch legitimiert oder von der EU diktiert?
Diese Subsidiarität ist nichts weiter als die schrittweise Auflösung von Nationalstaaten, verbunden mit der Aufgabe von Souveränitätsrechten.
Wer bestimmt denn ob das "zeitgemäß" ist? Die Bevölkerung der jeweiligen Staaten demokratisch per Volksabstimmung oder die EU per Diktat?
Demokratisch legitimiert. "Diese Subsidiarität" ( :D ) ist Gegenstand des Gründungsvertrags der Europäischen Gemeinschaft gewesen.

Oh - das ist keine Denunzierung.
Wenn diese Konzepte ohne demokratische Legitimation (Abstimmungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten) durchgesetzt werden, dann sind sie undemokratisch und unterhölen die Demokratie, wird sukzessiver Demokratieabbau betrieben und der Weg zu einer Diktatur bzw zu einem supranationalen Regime bereitet.
Natürlich ist das eine, alleine schon aus dem Grund, dass du demokratische Legitimation mit Volksabstimmungen gleichsetzt. Nach dieser "Logik" ist der Mindestlohn nicht demokratisch legitimiert. Oder die Rentengesetzgebung. Oder jede einzelne Handlung deutscher Regierungen seit 1949. Selbstverständlich sind Handlungen z.B. der deutschen Regierung demokratisch qua Parlamentswahl legitimiert. Und wenn Regierungen untereinander völkerrechtliche Verträge beschließen, dann ist das ebenfalls demokratisch legitimiert, sofern die Regierungen durch Wahlen unter Beachtung demokratischer Standards sich bildeten. Falls die Frage der EU-Mitgliedschaft sich stellt, bestehen Parteien, die für einen EU-Austritt eintreten. Die kann man wählen und wenn sie an der Regierung den Austritt ihres Landes aus der EU angehen, dann ist das ebenfalls demokratisch legitimiert. Und alles so ganz ohne Volksabstimmungen.

Das unfassbar dreiste ist die Anwendung deiner "Logik" auf das Subsidiaritätsprinzip. Ich fass' es einfach nicht. Lies doch mal Begriffe nach, statt grundlos aggressiv Foristen anzukeifen.
"Der Nationalstaat müsse sich abfinden, in ein Mehrebenensystem effizienten Regierens eingebunden zu werden. Effizienz und Effektivität überstaatlichen Handelns werden damit zum legitimatorischen Fluchtpunkt der Souveränitätsteilung. Demokratieverluste in Fragen Partizipation, Transparenz, Gewaltenprobleme oder Zurechenbarkeit von Entscheidungen werden entweder überhaupt nicht thematisiert oder als Kollateralschäden einer nicht aufzuhaltenden Trans- und Supranationalisierung von polity, politics und policies hingenommen."
Quelle: siehe oben!


"Nationalstaaten müssen sich abfinden ...", "Demokratieverluste werden nicht thematisiert oder als Kollateralschaden hingenommen" - was ist das anderes als "Demokratie als Auslaufmodell" zu betrachten?
Wie weit, bis zu welchem Grad sind denn Demokratieverluste (als Kollateralschaden) hinnehmbar?
Schon die Bezeichnung "Demokratieverlust als Kollateralschaden" zeigt die Richtung, in die die Entwicklung gehen soll?
Denunziation - oh nein!
Du nimmst die Polemik Merkels als bare Münze. Kann man machen, ist aber nicht sonderlich clever. Merkels Auffassung ist seine persönliche und ob Kosmopoliten dem zustimmen würden, kann als fraglich deklariert werden.

Was konkret - und ich meine wirklich: konkret - wird von dir persönlich als Demokratieverlust in Sachen Partizipation, Transparenz, Gewaltenprobleme und Entscheidungsverantwortlichkeit in diesem Zusammenhang, etwa durch Verwaltungsakte der Europäischen Kommission, wahrgenommen und wie äußerte sich die Differenz zu einem gleichen Handeln auf nationalstaatlicher Ebene? Transparenz und Partizipation sind mMn nicht mal auf kommunaler Ebene ausreichend beachtet. Wobei das von den Themenfeldern abhängt. Das trifft dann allerdings auch auf die supranationale Ebene zu.
Ist aber schon interessant, welche Affinität Linke und angeblich linke Kosmopoliten zu Diktaturen haben ...
Das "tumbe Volk" weiß nicht was gut für es ist, das darf man nicht selbst entscheiden lassen, man (die Kosmopoliten) muss es ihnen sagen, man muss sie "zu ihrem Glück" zwingen.
Leeres Gewäsch. Oder willste etwa den Bundestag stürmen? Da sitzen die Parteien, die sich anmaßen, für das "tumbe Volk" Entscheidungen zu treffen. Voll undemokratisch, ey.

Wolltest du mit diesem Beitrag den Rechtsdrift in Sachen Parlamentsverachtung und der zwangsläufig dazugehörenden Volksabstimmungsglorifizierung vorführen? Ist dir gelungen.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Dark Angel »

Unité 1 hat geschrieben:(03 Oct 2017, 14:47)
Natürlich ist das eine, alleine schon aus dem Grund, dass du demokratische Legitimation mit Volksabstimmungen gleichsetzt.
Ich setze nicht grundsätzlich demokratische Legitimation mit Volksabstimmung gleich. Allerdings gibt es auch in einer repräsentativen Demokratie die Möglichkeit der Volksabstimmung bei wichtigen Entscheidungen ==> siehe Volksabstimmung in Dänemark zur Euroeinführung. M.M.n. sollte dieses Mittel - gerade von Regierungen die aus Mehrparteienkoalitionen bestehen - öfter genutzt werden. In einem solchen Fall kann keine der Regierungsparteien für sich beanspruchen, die Mehrheit der Bevölkerung zu vertreten.
Die Aufgabe von Souveränitätsrechten bzw der Nationalstaatlichkeit wäre in jedem Fall eine Entscheidung, die nicht von der Regierung getroffen werden kann, sondern die der Mehrheitsentscheidung (2/3-Mehrheit) durch eine Volkasabstimmung bedarf
Unité 1 hat geschrieben:(03 Oct 2017, 14:47)Nach dieser "Logik" ist der Mindestlohn nicht demokratisch legitimiert. Oder die Rentengesetzgebung. Oder jede einzelne Handlung deutscher Regierungen seit 1949. Selbstverständlich sind Handlungen z.B. der deutschen Regierung demokratisch qua Parlamentswahl legitimiert. Und wenn Regierungen untereinander völkerrechtliche Verträge beschließen, dann ist das ebenfalls demokratisch legitimiert, sofern die Regierungen durch Wahlen unter Beachtung demokratischer Standards sich bildeten.
Ja sicher Parlament und Regierung sind demokratisch legitimiert.
Unité 1 hat geschrieben:(03 Oct 2017, 14:47)Du nimmst die Polemik Merkels als bare Münze. Kann man machen, ist aber nicht sonderlich clever. Merkels Auffassung ist seine persönliche und ob Kosmopoliten dem zustimmen würden, kann als fraglich deklariert werden.
Ach - für dich ist die Analyse des Direktors des WBZ Prof. Wolfgang Merkel, die im Sammelband "Flucht, Migration und die Linke in Europa" herausgegeben im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, nur Polemik. Interessant!
Ist eben nicht Merkels persönliche Auffassung, sondern stützt sich auf Untersuchungen, die in 6 Staaten Europas durchgeführt wurden und interessanterweise kommen die Wissenschaftler/Forscher aus den anderen Staaten mit ihren Analysen zum gleichen Ergebnis.
Unité 1 hat geschrieben:(03 Oct 2017, 14:47)Was konkret - und ich meine wirklich: konkret - wird von dir persönlich als Demokratieverlust in Sachen Partizipation, Transparenz, Gewaltenprobleme und Entscheidungsverantwortlichkeit in diesem Zusammenhang, etwa durch Verwaltungsakte der Europäischen Kommission, wahrgenommen und wie äußerte sich die Differenz zu einem gleichen Handeln auf nationalstaatlicher Ebene? Transparenz und Partizipation sind mMn nicht mal auf kommunaler Ebene ausreichend beachtet. Wobei das von den Themenfeldern abhängt. Das trifft dann allerdings auch auf die supranationale Ebene zu.
Demokratieverlust ist u.a. dass die EU-Kommissionen nicht demokratisch legitimiert sind - heißt sie werden nicht durch das EU-Parlament gewählt, die Beschlüsse der Kommissionen werden nicht vom EU-Parlament bestätigt, sondern vom jeweiligen Kommissionspräsidenten.
Von Transparenz kann hinsichtlich der Kommissionsbeschlüsse, der Europäischen Zentralbank etc keine Rede sein. usw usf.
Unité 1 hat geschrieben:(03 Oct 2017, 14:47)Leeres Gewäsch. Oder willste etwa den Bundestag stürmen? Da sitzen die Parteien, die sich anmaßen, für das "tumbe Volk" Entscheidungen zu treffen. Voll undemokratisch, ey.
Nö ich will den Bundestag nicht stürmen. Ja - da sitzen Parteien, die sich anmaßen, zu wissen, was für das "tumbe Volk" gut ist und ihre (eigenen) Ziele - notfalls auch gegen die Mehrheit - durchsetzen wollen. Das sind Parteien, die jeweils unter 10% der Wählerstimmen auf sich vereinigen.
Unité 1 hat geschrieben:(03 Oct 2017, 14:47)Wolltest du mit diesem Beitrag den Rechtsdrift in Sachen Parlamentsverachtung und der zwangsläufig dazugehörenden Volksabstimmungsglorifizierung vorführen? Ist dir gelungen.
Worauf die so genannte Rechtsdrift in Europa u.a. zurück zuführen ist, wird im genannten Sammelband der Friedrich-Ebert-Siftung analysiert und recht gut dargestellt. Nur leider decken sich die Analysergebnisse nicht mit den propagierten bzw postulierten Gründen/Ursachen der Linken.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Unité 1 »

Dark Angel hat geschrieben:(03 Oct 2017, 15:39)

Ich setze nicht grundsätzlich demokratische Legitimation mit Volksabstimmung gleich. Allerdings gibt es auch in einer repräsentativen Demokratie die Möglichkeit der Volksabstimmung bei wichtigen Entscheidungen ==> siehe Volksabstimmung in Dänemark zur Euroeinführung. M.M.n. sollte dieses Mittel - gerade von Regierungen die aus Mehrparteienkoalitionen bestehen - öfter genutzt werden. In einem solchen Fall kann keine der Regierungsparteien für sich beanspruchen, die Mehrheit der Bevölkerung zu vertreten.
Die Aufgabe von Souveränitätsrechten bzw der Nationalstaatlichkeit wäre in jedem Fall eine Entscheidung, die nicht von der Regierung getroffen werden kann, sondern die der Mehrheitsentscheidung (2/3-Mehrheit) durch eine Volkasabstimmung bedarf
Das ergibt auf zwei Ebenen wenig Sinn. Erstens wären gerade Regierungen aus Mehrparteienkoalitionen dafür geeignet, Entscheidungen hinsichtlich der Kompetenzverlagerung auf höhere Ebenen zu treffen, da die jeweiligen Parteien verschiedene Milieus ansprechen und somit einen großen Teil der Bevölkerung abdecken. Warum du die Koalition in dieser Frage auf die einzelnen Parteien runterbrichst, ist schleierhaft.
Zweitens beinhaltet jeder völkerrechtliche Vertrag die Aufgabe von Souveränitätsrechten. Die Forderung nach einem Volksentscheid mit Zweidrittelmehrheit bedeutet internationale Handlungsunfähigkeit, würde das Risiko kriegerischer Konflikte verxfachen und globale Probleme unlösbar werden lassen. Schau doch nur den Klimawandel an, der mittlerweile als politisches Themenfeld betrachtet wird, als ein Punkt der Unterscheidungsbruchlinie zwischen verschiedenen politischen Lagern. Das anzugehen erfordert die Aufgabe von Souveränitätsrechten und die vereinbarte und rechtlich abgesicherte Beschränkung des Ausstoßes von Treibhausgasen. Würde das unter Volksabstimmungsvorbehalt gestellt - das gilt erst recht für diese hohe Hürde - würde es nicht stattfinden. Es funktioniert ja selbst ohne diese Beschänkung mehr schlecht als recht. Und das gilt für jegliches Themenfeld: NPT? Volksabstimmung, da Aufgabe der Souveränität des Atomwaffenbesitzes. WTO-Mitgliedschaft? Volksabstimmung, da Aufgabe der Souveränität des Setzens von Zöllen. Genfer Konventionen? Volksabstimmung, da Aufgabe der Souveränität von Kriegshandlungen. uswusf.

Ja sicher Parlament und Regierung sind demokratisch legitimiert.
Wodurch? Regierungshandeln wird nicht per Akklamation bestätigt.
Ach - für dich ist die Analyse des Direktors des WBZ Prof. Wolfgang Merkel, die im Sammelband "Flucht, Migration und die Linke in Europa" herausgegeben im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, nur Polemik. Interessant!
Für mich und jeden Menschen mit Lesefähigkeit ist die von dir zitierte Passage Polemik. Für mich ist übrigens auch nicht der Titel und die Funktion eines Menschen für die Argumentation von Relevanz, sondern die Argumente. Und schaust du unter diesem Gesichtspunkt in dein Zitat, wirst du feststellen, dass etwas fehlt. Dass du mich offenkundig absichtlich missverstehst und meine Wertung des Zitats einfach auf den gesamten Aufsatz überträgst, ist übrigens ein schlechter Stil.
Ist eben nicht Merkels persönliche Auffassung, sondern stützt sich auf Untersuchungen, die in 6 Staaten Europas durchgeführt wurden und interessanterweise kommen die Wissenschaftler/Forscher aus den anderen Staaten mit ihren Analysen zum gleichen Ergebnis.
Dass die Übertragung von Kompetenzen auf höhere Ebenen aus demokratietheoretischer Sicht nicht unproblematisch ist, habe ich nicht bestritten. Dass dies von "Kosmopoliten" achselzuckend hingenommen wird, bezweifle ich hingegen. Weiterhin halte ich es für blauäugig, anzunehmen, es ließe sich internationale Kooperation à la carte kreieren, die für unterschiedliche Länder unterschiedliche Regeln wegen "nationaler Eigenheiten" vorsähe und aus der nach Belieben ausgetreten werden könne. Staaten haben gegensätzliche Interessen und sind in ihrem Handeln selbst nicht einheitlich, da aufeinanderfolgende Regierungen selbst verschiedene Interessen haben können. Siehe Trump und der USA-Iran-Deal. Folglich ist es unabdingbar, "robustes" Regelwerk zu erstellen, das heißt per Vertrag von Staaten die Aufgabe bestimmter Souveränitätsrechte abzuverlangen. Das heißt natürlich nicht, dass internationale Kooperationen für die Ewigkeit sind, vernünftig beständig müssen sie schon sein. Sonst besteht mit jeder geänderten Interessenlage die Gefahr der Implosion.

Ich habe übrigens lediglich den von dir verlinkten Aufsatz überflogen und nicht den Sammelband gelesen. Wenn du meinst, da stünde etwas erhellendes, bitte ich um Verlinkung und Zitat. Sonst könnte man ja denken, du versuchst über die Erwähnung des Bandes und seines Umfangs das Gegenüber einzuschüchtern. Und das kann ja nicht stimmen, nicht wahr?
Demokratieverlust ist u.a. dass die EU-Kommissionen nicht demokratisch legitimiert sind - heißt sie werden nicht durch das EU-Parlament gewählt, die Beschlüsse der Kommissionen werden nicht vom EU-Parlament bestätigt, sondern vom jeweiligen Kommissionspräsidenten.
Von Transparenz kann hinsichtlich der Kommissionsbeschlüsse, der Europäischen Zentralbank etc keine Rede sein. usw usf.
Das ist nicht konkret, sorry. Ich meinte ganz konkrete Beschlüsse und diese (fiktiven) Beschlüssen durch Nationalstaaten gegenübergestellt. Ich würde darauf tippen, dass deine Kritikpunkte sich auch dort wiederfinden. Das bedeutet nicht, ich wiederhole mich, dass das Handeln der EU-Kommission z.B. transparent, partizipativ und verantwortlich sei.
Nö ich will den Bundestag nicht stürmen. Ja - da sitzen Parteien, die sich anmaßen, zu wissen, was für das "tumbe Volk" gut ist und ihre (eigenen) Ziele - notfalls auch gegen die Mehrheit - durchsetzen wollen. Das sind Parteien, die jeweils unter 10% der Wählerstimmen auf sich vereinigen.
Da sitzen Parteien, die konkrete politische Angebote unterbreiten und implizit für verschiedene politische Ansichten stehen. Aufgrunddessen werden sie gewählt. Sie werden auch dafür gewählt, notfalls gegen eine etwaige Mehrheit der Bevölkerung zu entscheiden. Ein imperatives Mandat existiert in Deutschland nicht. Dass die Parteien ihre Ziele versuchen durchzusetzen und ihre Ansichten öffentlich vertreten, sollte bitte schön auch so sein. Sonst kann man sich den ganzen Wahlpopanz ja auch gleich sparen. Ich würde sogar behaupten, dass das Gegenteil der Fall ist: Die Parteien verfolgen ihre Ziele und Ansichten nicht energisch genug. Als Beispiel dient mir eine Partei, die unter 10% der Stimmen der letzten BTW auf sich zog. Die Linke. Die, wann immer sie sich an Regierungen beteiligt, auffällig gegen die von ihr vertretenen Ansichten regiert, siehe den Verkauf öffentlichen und kommunalen Eigentums in Berlin.

Du offenbarst eine Verachtung des Parlamentarismus und seiner Spielregeln, die ich bedenklich finde.
Worauf die so genannte Rechtsdrift in Europa u.a. zurück zuführen ist, wird im genannten Sammelband der Friedrich-Ebert-Siftung analysiert und recht gut dargestellt. Nur leider decken sich die Analysergebnisse nicht mit den propagierten bzw postulierten Gründen/Ursachen der Linken.
Wie gesagt:
Ich habe übrigens lediglich den von dir verlinkten Aufsatz überflogen und nicht den Sammelband gelesen. Wenn du meinst, da stünde etwas erhellendes, bitte ich um Verlinkung und Zitat. Sonst könnte man ja denken, du versuchst über die Erwähnung des Bandes und seines Umfangs das Gegenüber einzuschüchtern. Und das kann ja nicht stimmen, nicht wahr?
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(03 Oct 2017, 11:53)


Ist aber schon interessant, welche Affinität Linke und angeblich linke Kosmopoliten zu Diktaturen haben ...
Das "tumbe Volk" weiß nicht was gut für es ist, das darf man nicht selbst entscheiden lassen, man (die Kosmopoliten) muss es ihnen sagen, man muss sie "zu ihrem Glück" zwingen.
Es geht konkret darum, dass "Pro EU" als "Pro Diktatur" diffamiert wird. Das ist absolut am Rande. Oder eigentlich schon ein Stück weit darüber hinaus.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Brainiac »

schokoschendrezki hat geschrieben:(27 Jul 2017, 09:31)

Ich will den in einem anderen Thread (der mittlerweile das eigentliche Thema gewechselt hat) geführten Disput hier noch einmal aufgreifen und mit einer Umfrage verbinden:

Warum driftet Deutschland (politisch) nach rechts? Die Frage müsste man eigentlich im gesamteuropäischen bzw. internationalen Kontext stellen. Ich will sie aber mal auf Deutschland beschränken. Nicht zuletzt mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl.

Und ich versuche mal, die Diskussionen darüber in zwei Hauptrichtungen zusammenzufassen.

Die "Diskurs-Hypothese": Sich als (irgendwie) "Links" verstehende Menschen, Gruppen, Institutionen haben es in den letzten 20,30 Jahren geschafft, eine Art "Diskurs-Hoheit" zu gewinnen. Sie hatten irgendwann in jüngerer Zeit eine Dominanz bei der Meinungsbildung. Fernseh-Talkshows, das politische Klima in Lehr- und Forschungseinrichtungen, allgemein der Disput unter politisch Interessierten wurde zunehmend von linken Themen und vor allem Ansichten bestimmt. Ganz zentral ist die Etablierung von Gender Mainstreaming nicht nur als Wertevorgabe sondern als anerkannte Forschungsdisziplin. Der Rechtsdrift in Deutschland - unter anderem der Aufstieg der AfD - ist eine Reaktion auf diese Dominanz zur Wahrung demokratischer Verhältnisse. Als typisches Medium für diese Hypothese könnte man die liberal-konservative Plattform "Tichys Einblick" nennen. https://www.tichyseinblick.de/

Die "soziologische Hypothese": Im Gegensatz zur "Diskurs-Hypothese" wird nicht nur die Position politisch Interessierter und am öffentlichen Diskurs beteiligter Menschen betrachtet sondern die Haltung grundsätzlich aller Menschen. Das politische Klima in Deutschland wird von der Haltung aller bestimmt: Journalisten, Rentner, Jugendliche, Studenten, Politiker, Arbeiter, Arbeitslose, Unternehmer, Schüler, Migranten ... eben: Alle. Man denke sich eine Umfrage unter allen Menschen in Deutschland hinsichtlich ihrer eigenen Einordnung als "eher rechts" oder "eher links", nehme einfach den sich ergebenden Durchschnittswert zwischen 0 und 1 und betrachte den Verlauf dieses Werts innerhalb der letzten 10, 15 Jahre. Exemplarisch für diese Hypothese ein aktueller Beitrag innerhalb der Reihe "hintergrund" des Deutschlandfunks zur Wahlwerbung und Popularität der AfD in Gegenden mit einem hohen Anteil an Russlanddeutschen wie etwa Pforzheim oder Berlin-Marzahn/Hellersdorf: http://www.deutschlandfunk.de/wahlkampf ... _id=390814
Man kann ja auch, weiß nicht mehr ob das hier schon thematisiert wurde, versuchen, diese Hypothesen anhand der Minigesellschaft "politik-forum.eu" zu überprüfen. ;)

Wenn man mal annimmt, dass dieses Forum einerseits politisch aktive und meinungsäußerungsfreudige Teile der Bevölkerung repräsentiert, ansonsten aber ein zufälliger Querschnitt der Gesamtgesellschaft ist, dann sollten sich in diesem Forum sowohl die Diskurs-Hypothese als auch die soziologische Hypothese niederschlagen.

Nun nehme ich es so wahr, dass verglichen mit der Zeit vor der Flüchtlingskrise - sagen wir vor 3-5 Jahren - hier derzeit deutlich mehr User (auch relativ gesehen) mit der AfD nahestehenden Ansichten aktiv sind. Das liegt zum einen an zahlreichen Neuanmeldungen, zum anderen an diversen langjährigen Usern, die ihre Haltung geändert haben. :| Generell ist es hier wie auf Facebook oder in den Kommentarspalten von Online-Medien, es gibt mehr AfD-nahe User (soziologische Hypothese) und diese sind auch noch überdurchschnittlich sendungsbewusst und mitteilungsbedürftig (Diskurs-Hypothese).

D.h. der allgemeine Rechtsruck (ja ich weiß: für manche User ist es ein Ruck von links zurück in die Mitte. Never mind.) der Gesellschaft, manifestiert im AfD-Wahlergebnis im September 2017, schlägt sich auch in diesem Forum nieder. Die spannende Frage ist, wie reagiert man darauf, wie reagiert der Verein darauf. Manche langjährige User haben größere Probleme mit dieser Entwicklung, man kann es zB in der Weinstube nachlesen. Die Frage ist aber: Will man ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft sein? Oder lieber nicht?
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Woppadaq »

Brainiac hat geschrieben:(10 Oct 2017, 21:12)
Die spannende Frage ist, wie reagiert man darauf, wie reagiert der Verein darauf. Manche langjährige User haben größere Probleme mit dieser Entwicklung, man kann es zB in der Weinstube nachlesen. Die Frage ist aber: Will man ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft sein? Oder lieber nicht?
Ohne diesem Forum und seiner Leitung zu nahe treten zu wollen, aber: ein repräsentatives Abbild dieser Gesellschaft wird dieses Forum niemals wirklich sein. Dafür haben hier zuviele ihre Agendas, arbeiten zuviele oft mit Argumentationstricks, anstatt wirklich ernstafte Diskussionen zu führen. Das erklärt auch die Verhärtung der Fronten hier: man gönnt den anderen nichts, will keine Schwäche zeigen, eben weil man weiss, dass sie nur propagandistisch ausgeschlachtet wird. Bei manchen User her frag ich mich sowieso, ob wirklich ein Mensch dahinter steckt, und nicht ein 50-cent-Brigadier. Letzterer kann es sich gar nicht leisten, Einsicht zu zeigen.

Zu den beiden Theorien kann ich jetzt, nach der Wahl, wo sich bei allen auch so langsam die Gemüter wieder beruhigen, folgendes sagen:

Die Diskurs-Theorie halte ich insofern für Unsinn, weil sie impliziert, dass es keinen Fortschritt gibt und wir irgendwann wieder Enthauptungen einführen, weil unsere Mütter und Väter solche Weichlinge waren, wie wir nicht mehr sein wollen. Wer immer auch der Union vorwirft, sich zu weit links bewegt zu haben, wirft ihr vor, sich weiterentwickelt zu haben. Das allein kann einfach nicht das Problem sein.

Die soziologische Hypothese ist da schon interessanter. Ich möchte dazu aber festhalten: Es ist nicht erst seit gestern, dass gewisse Leute die Grünen hassen. Es ist auch nicht erst seit gestern, dass es gewissen Leuten zuviele Ausländer in Deutschland sind und sie darüber jammern, dass man im Wedding oder Neukölln kaum noch Deutsche trifft. Auch übetriebene, einseitige Islamkritik ist kein Phänomen der Neuzeit. Und ob "die Wähler" jetzt wirklich die Union dafür "abstrafen", dass sie "zu weit links" ist, frag ich mich insofern, als dass diese Partei ja nicht verbindungslos im Raum steht, nur für sich selbst entscheidend, sondern als kommunikative Institution, die anhand dieser Kommunikation auch ihre Politik ausrichtet. Zudem haben sich, im gleichen Zeitraum, die Grünen immer weiter nach rechts bewegt, ohne dass es deren Wähler bestraft hätten. Es geht also.

Auffallend ist für mich aber eines: es gibt in der Parteienlandschaft immer irgendeine Kraft, die die Richtung pusht. Früher waren das die Grünen: man hat sich an ihnen abgerieben, hat Gegenprogramme gefahen, oder hat sich durch diese Partei inspiriert gefühlt, umweltbewusster zu handeln und die Grünen dort vielleicht sogar teilweise zu übertreffen. Eine Zeit lang waren das auch die Linken. Diese Parteien fallen sehr oft dadurch auf, dass ihre Wahl-Plakate deutlichere Aussagen haben als die der etablierten Parteien. Egal ob links oder rechts, solche Parteien können al eine Art gedanklicher Innovationsmotor gesehen werden.

Während dieser Wahl lag dieser Motor, ob man das nun wollte oder nicht, eindeutig bei der AfD. Klare Aussagen, hohe Individualität, und ihre Themen haben "den Mainstream" beherrscht, ohne dass die AfD-Leute viel dazu machen mussten. Ich glaube, dass nicht wenige Menschen die AfD nur deshalb gewählt haben: sie hatten das Gefühl, die bewegen etwas bei den anderen Parteien. Dass sie damit nur 13% bekamen, sagt einiges über die Stabilität unserer Demokratie. In Amerika konnte derartiges Auftreten den Präsidenten bringen.

Wie man damit umgehen soll? So wie die CDU oder die SPD einst mit den Grünen umging: Schärfung des eigenen Profils, Zulassen von berechtigten Einwänden, Vorführen von verantwortlichem Handeln, Verweis auf verantwortungsloses Handeln des Gegners, und vor allem: die Idioten einfach rumschreien lassen, bis sie sich wieder eingekriegt haben und verstehen, dass der Rest der Welt so nicht funktioniert.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Marmelada »

Brainiac hat geschrieben:(10 Oct 2017, 21:12)
... Die Frage ist aber: Will man ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft sein? Oder lieber nicht?
Man ist hier kein repräsentatives Abbild der Gesellschaft.

Wahlergebnisse Forum

Wahlergebnisse Deutschland

Außerdem wurden durch den Rechtsruck weder die Forenregeln noch die deutschen Gesetze außer Kraft gesetzt. Noch nicht.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von think twice »

Brainiac hat geschrieben:(10 Oct 2017, 21:12)

Wenn man mal annimmt, dass dieses Forum einerseits politisch aktive und meinungsäußerungsfreudige Teile der Bevölkerung repräsentiert, ansonsten aber ein zufälliger Querschnitt der Gesamtgesellschaft ist,
Deine Annahme ist falsch. Alle politischen Internetforen sind von politisch Radikalen unterwandert, vorrangig von Rechten. Das ist auch normal, denn in einem anonymen Forum können sie das aussprechen, was sie im realen Leben nie sagen würden und sie finden jede Menge Gleichgesinnte und können sich als Mehrheit wähnen.
Der Unterschied zu vielen anderen Foren ist hier, dass sich doch sehr viele User konsequent dagegen stellen und den Rechten nicht einfach angewidert das Feld überlassen. Aber auch die "Dagegen"-Fahne-Schwenker sind kein repräsentativer Querschnitt der Gesellschaft. Die Mehrheit der Gesellschaft interessieren weder rechte Parolen noch Gutmenschen. Die schreiben in keinen Foren, sondern lesen ein Buch, gehen schwimmen oder grillen im Garten.

Waren hier nicht bei der letzten Umfrage 50% FDP-Waehler? Das ist wohl auch eine Spezialität dieses Forums. Hier haben sich viele Neoliberale zusammengefunden, aber auch das ist nicht repräsentativ, wie jeder weiss.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von think twice »

Marmelada hat geschrieben:(11 Oct 2017, 06:49)

Man ist hier kein repräsentatives Abbild der Gesellschaft.

Wahlergebnisse Forum

.
Uuh, 51% AfD- und FDP-Waehler . Wenn das repräsentativ waere, würde ich auswandern. :eek:
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Brainiac »

Bitte genau lesen, ich schrieb nicht, dass das Forum ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft IST, noch dass es das jemals gewesen sei. Ich habe eine Überlagerung von Effekten (zum einen Sendungsbewusstsein und Meinungsäußerungsfreudigkeit, zum anderen zufällige Zusammensetzung der Userschaft; natürlich gibt es noch mehr Einflüsse) beschrieben. Dass die zufällige Zusammensetzung auch eine Rolle spielt, sieht man ja an der Parallelität von AfD-Aufstieg und stärkerer Präsenz derer Vertreter hier. Ich bin überzeugt, dass, angenommen die AfD würde wieder in der Versenkung verschwinden, deren Vertreter auch hier weniger zu lesen wären, und umgekehrt, wenn die Linkspartei plötzlich auf 20% käme, sich das auch hier in den Diskussionen niederschlagen würde.

Das ist einfach normal und statistisch gesehen zu erwarten, da es offensichtlich eine Korrelation zwischen der politischen Stimmung im Lande und den Meinungsäußerungen hier gibt. Die Frage bleibt, akzeptiert man diese Korrelation, findet sie vielleicht sogar gut, oder nicht.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Woppadaq hat geschrieben:(11 Oct 2017, 00:05)

Ohne diesem Forum und seiner Leitung zu nahe treten zu wollen, aber: ein repräsentatives Abbild dieser Gesellschaft wird dieses Forum niemals wirklich sein. Dafür haben hier zuviele ihre Agendas, arbeiten zuviele oft mit Argumentationstricks, anstatt wirklich ernstafte Diskussionen zu führen. Das erklärt auch die Verhärtung der Fronten hier: man gönnt den anderen nichts, will keine Schwäche zeigen, eben weil man weiss, dass sie nur propagandistisch ausgeschlachtet wird. Bei manchen User her frag ich mich sowieso, ob wirklich ein Mensch dahinter steckt, und nicht ein 50-cent-Brigadier. Letzterer kann es sich gar nicht leisten, Einsicht zu zeigen.
Das war in letzter Zeit oft auch mein (subjektiver, persönlicher) Eindruck. Das Paradoxe ist: Gerade die letzten paar, sehr nachdenklichen klugen Beiträge in diesem Thread bieten doch ein anderes Bild.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Marmelada »

Brainiac hat geschrieben:(11 Oct 2017, 07:40)

Bitte genau lesen, ich schrieb nicht, dass das Forum ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft IST, noch dass es das jemals gewesen sei.
Die Frage lautete

Will man ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft sein?

Repräsentativ bedeutet, dass die Größenordnungen der Strömungen über deren bloßes Vorhandensein hinaus ungefähr übereinstimmen. Das ist hier bei weitem nicht der Fall.
Ich habe eine Überlagerung von Effekten (zum einen Sendungsbewusstsein und Meinungsäußerungsfreudigkeit, zum anderen zufällige Zusammensetzung der Userschaft; natürlich gibt es noch mehr Einflüsse) beschrieben. Dass die zufällige Zusammensetzung auch eine Rolle spielt, sieht man ja an der Parallelität von AfD-Aufstieg und stärkerer Präsenz derer Vertreter hier. Ich bin überzeugt, dass, angenommen die AfD würde wieder in der Versenkung verschwinden, deren Vertreter auch hier weniger zu lesen wären, und umgekehrt, wenn die Linkspartei plötzlich auf 20% käme, sich das auch hier in den Diskussionen niederschlagen würde.

Das ist einfach normal und statistisch gesehen zu erwarten, da es offensichtlich eine Korrelation zwischen der politischen Stimmung im Lande und den Meinungsäußerungen hier gibt. Die Frage bleibt, akzeptiert man diese Korrelation, findet sie vielleicht sogar gut, oder nicht.
Die Korrelation ist ja nicht gegeben, die Rechtsausleger sind hier im Vergleich zum gesamtgesellschaftlichen Bild überrepräsentiert. Fragen, die sich daraus ergeben, wären völlig andere.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Brainiac »

Marmelada hat geschrieben:(11 Oct 2017, 13:28)

Die Frage lautete

Will man ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft sein?

Repräsentativ bedeutet, dass die Größenordnungen der Strömungen über deren bloßes Vorhandensein hinaus ungefähr übereinstimmen. Das ist hier bei weitem nicht der Fall.

Ich muss dir jetzt aber nicht den Unterschied zwischen "will sein" und "ist" erklären, oder?
Die Korrelation ist ja nicht gegeben, die Rechtsausleger sind hier im Vergleich zum gesamtgesellschaftlichen Bild überrepräsentiert. Fragen, die sich daraus ergeben, wären völlig andere.
Das ist nicht korrekt. Dass zwei Faktoren korreliert sind (zB, wie von mir behauptet, das Politbarometer und dessen Veränderungen draussen vs. hier), bedeutet nur, dass es vermutlich einen Zusammenhang gibt. Nicht dass beides identisch sein muss. Auch nicht, dass es nicht noch überlagernde weitere Abhängigkeiten gibt.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Korrelation

Die Korrelation kann man zB daran erkennen, dass, als die AfD vor ein paar Jahren viel schwächer war, hier auch weniger AfD-Thesen gepostet wurden. Dass die FDP bei der letzten Wahlumfrage im Forum sogar stärkste Partei wurde, ist ebenfalls neu und korrelliert mit dem BTW-Ergebnis, das höher ausfiel als fast alle BTW-Wahlumfragen zuvor.

Ich sehe das selbst so: Ich bin nicht glücklich über die 12,6% der AfD. Aber da dies nun mal so gekommen ist, finde ich es grundsätzlich richtig, dass man Anhänger dieser Partei hier mehr liest als früher, solange sie nicht gegen die Regeln verstoßen (auch wenn mich manche Posts im konkreten Fall sehr ärgern). Muss man nicht teilen.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Marmelada »

Brainiac hat geschrieben:(11 Oct 2017, 16:05)

Ich muss dir jetzt aber nicht den Unterschied zwischen "will sein" und "ist" erklären, oder?


Das ist nicht korrekt. Dass zwei Faktoren korreliert sind (zB, wie von mir behauptet, das Politbarometer und dessen Veränderungen draussen vs. hier), bedeutet nur, dass es vermutlich einen Zusammenhang gibt. Nicht dass beides identisch sein muss. Auch nicht, dass es nicht noch überlagernde weitere Abhängigkeiten gibt.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Korrelation
Das macht die hiesigen Größenverhältnisse immer noch nicht repräsentativ, wie es durch die Fragestellung suggeriert wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/Repr%C3%A ... vit%C3%A4t
Die Korrelation kann man zB daran erkennen, dass, als die AfD vor ein paar Jahren viel schwächer war, hier auch weniger AfD-Thesen gepostet wurden. Dass die FDP bei der letzten Wahlumfrage im Forum sogar stärkste Partei wurde, ist ebenfalls neu und korrelliert mit dem BTW-Ergebnis, das höher ausfiel als fast alle BTW-Wahlumfragen zuvor.

Ich sehe das selbst so: Ich bin nicht glücklich über die 12,6% der AfD. Aber da dies nun mal so gekommen ist, finde ich es grundsätzlich richtig, dass man Anhänger dieser Partei hier mehr liest als früher, solange sie nicht gegen die Regeln verstoßen (auch wenn mich manche Posts im konkreten Fall sehr ärgern). Muss man nicht teilen.
Das enthält die Unterstellung, wer sich nicht schweigend "sehr ärgert", will die Meinungsfreiheit abschaffen. In der Weinstube ging es aber darum, ob man Hetze nicht nur entfernen, sondern auch sanktionieren sollte (anstatt überwiegend die Reaktionen auf Hetze). Es hat mich überrascht, dass in der Weinstube Werbung für ein rechtsextremes Kampagnenprojekt entfernt wurde. Dass sie keine Sanktion zur Folge hatte, gehört wiederum zum üblichen Procedere.

http://www.taz.de/Aussteigerin-ueber-re ... /!5450880/
Ich finde beunruhigend, wie offen rassistisch man heute sein kann und was als salonfähig gilt. Wenn man hört, was Höcke oder Gauland sagen, das hätte früher einen Aufschrei gegeben. Ich habe das Gefühl, die Gesellschaft stumpft ab. Die Leute finden das normal oder sogar lustig, weil sie von der Politik eh frustriert sind. Das ist beängstigend.
Das sagt Heidi Benneckenstein, die in einer rechtsextremen Familie aufwuchs und später ausstieg. Beunruhigend finde ich das ebenfalls, sogar beängstigend. Aber ich sehe noch einen weiteren Grund, weshalb das salonfähig wurde. Man setzt Rechtsextremisten keine Grenzen, weil man es für liberal hält, schweigend dabeizustehen, während sie ihre Grenzen immer weiter ausdehnen.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Olympus »

Marmelada hat geschrieben:(12 Oct 2017, 01:42)

Das macht die hiesigen Größenverhältnisse immer noch nicht repräsentativ, wie es durch die Fragestellung suggeriert wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/Repr%C3%A ... vit%C3%A4t

Das enthält die Unterstellung, wer sich nicht schweigend "sehr ärgert", will die Meinungsfreiheit abschaffen. In der Weinstube ging es aber darum, ob man Hetze nicht nur entfernen, sondern auch sanktionieren sollte (anstatt überwiegend die Reaktionen auf Hetze). Es hat mich überrascht, dass in der Weinstube Werbung für ein rechtsextremes Kampagnenprojekt entfernt wurde. Dass sie keine Sanktion zur Folge hatte, gehört wiederum zum üblichen Procedere.

http://www.taz.de/Aussteigerin-ueber-re ... /!5450880/
Das sagt Heidi Benneckenstein, die in einer rechtsextremen Familie aufwuchs und später ausstieg. Beunruhigend finde ich das ebenfalls, sogar beängstigend. Aber ich sehe noch einen weiteren Grund, weshalb das salonfähig wurde. Man setzt Rechtsextremisten keine Grenzen, weil man es für liberal hält, schweigend dabeizustehen, während sie ihre Grenzen immer weiter ausdehnen.
Hier ist diese Taktik und der Fehler der "Altparteien" gut beschrieben.

http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... poe-fehler

Noch als Anmerkung: Es gab das Versprechen der Politik, das Volk vor der Rechten Gefahr zu schützen. Diese tut es nicht.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Brainiac »

Marmelada hat geschrieben:(12 Oct 2017, 01:42)

Das macht die hiesigen Größenverhältnisse immer noch nicht repräsentativ, wie es durch die Fragestellung suggeriert wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/Repr%C3%A ... vit%C3%A4t

Wenn du meinst. Das zu suggerieren, war nicht meine Absicht. Dann hätten wir das hoffentlich geklärt.
Das enthält die Unterstellung, wer sich nicht schweigend "sehr ärgert", will die Meinungsfreiheit abschaffen.

Das ist natürlich eine sehr überspitzte Interpretation. Ich korrigiere das mal vorsichtshalber: Wer regelkonforme Beiträge entfernt und sanktioniert wissen möchte, weil sie ihn ärgern, hat an der Stelle tatsächlich ein Problem mit der Meinungsfreiheit.
n der Weinstube ging es aber darum, ob man Hetze nicht nur entfernen, sondern auch sanktionieren sollte (anstatt überwiegend die Reaktionen auf Hetze). Es hat mich überrascht, dass in der Weinstube Werbung für ein rechtsextremes Kampagnenprojekt entfernt wurde. Dass sie keine Sanktion zur Folge hatte, gehört wiederum zum üblichen Procedere.

http://www.taz.de/Aussteigerin-ueber-re ... /!5450880/
Das sagt Heidi Benneckenstein, die in einer rechtsextremen Familie aufwuchs und später ausstieg. Beunruhigend finde ich das ebenfalls, sogar beängstigend. Aber ich sehe noch einen weiteren Grund, weshalb das salonfähig wurde. Man setzt Rechtsextremisten keine Grenzen, weil man es für liberal hält, schweigend dabeizustehen, während sie ihre Grenzen immer weiter ausdehnen.
Diesen Fall aus der Weinstube kann und will ich nicht beurteilen. Generell ist Hetze zu entfernen und in schwereren Fällen oder Wiederholungsfall zu sanktionieren, das habe ich immer so gesehen und gehandhabt und daran hat sich auch nichts geändert, ausser dass ich nicht mehr für das Innenforum zuständig bin. :) Wir beide haben m.E. eine unterschiedliche Schmerzgrenze, was Hetze ist und was nicht, und vielleicht auch einen unterschiedlichen Blickwinkel (was ist zB mit Hetze gegen AfD-Wähler bzw. -Sympathisanten, gibt es die für dich auch? zB "grenzdebil" oder so?).

Dass hier Regelverletzungen von rechts mehr als früher toleriert würden, sehe ich nicht so, und auch nicht, dass nur oder vorrangig die Widersprecher sanktioniert würden. Das weiter zu diskutieren, dürfte aber wohl fruchtlos sein, wir werden uns nicht einigen.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Marmelada »

Brainiac hat geschrieben:(12 Oct 2017, 07:54)
Das ist natürlich eine sehr überspitzte Interpretation. Ich korrigiere das mal vorsichtshalber: Wer regelkonforme Beiträge entfernt und sanktioniert wissen möchte, weil sie ihn ärgern, hat an der Stelle tatsächlich ein Problem mit der Meinungsfreiheit.
Das ist eine Verdrehung meiner Aussage und keine Korrektur. Ich nehme Ihre Unterstellung, ich sei Gegnerin der Meinungsfreit zur Kenntnis und gehe nicht weiter darauf ein.
Diesen Fall aus der Weinstube kann und will ich nicht beurteilen.
Natürlich nicht. Manche langjährige User haben größere Probleme mit dieser Entwicklung, man kann es zB in der Weinstube nachlesen.
Generell ist Hetze zu entfernen und in schwereren Fällen oder Wiederholungsfall zu sanktionieren, das habe ich immer so gesehen und gehandhabt und daran hat sich auch nichts geändert, ausser dass ich nicht mehr für das Innenforum zuständig bin. :) Wir beide haben m.E. eine unterschiedliche Schmerzgrenze, was Hetze ist und was nicht, und vielleicht auch einen unterschiedlichen Blickwinkel (was ist zB mit Hetze gegen AfD-Wähler bzw. -Sympathisanten, gibt es die für dich auch? zB "grenzdebil" oder so?).
Hetze gegen AfDler wird zuverlässig sanktioniert. AfD-Gegner als Armleuchter, medienmanipuliert, gewalttolerant, antidemokratisch und noch vieles mehr zu titulieren, hingegen nicht. Ein Blick in die Sanktionsstränge belegt das.
Dass hier Regelverletzungen von rechts mehr als früher toleriert würden, sehe ich nicht so, und auch nicht, dass nur oder vorrangig die Widersprecher sanktioniert würden. Das weiter zu diskutieren, dürfte aber wohl fruchtlos sein, wir werden uns nicht einigen.
Ganz recht, und ich habe auch keinen Bock, mich weiter als Gegenerin der Meinungsfreiheit beschimpfen zu lassen. Davon kann man in den einschlägigen Strängen schon genug bekommen.
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Milady de Winter
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Milady de Winter »

MOD - wenn Ihr tiefer als bis hier in Vereinsangelegenheiten zum Thema Sanktionen rechts, links, Mitte und die Frage, in welche Richtung das Forum sich entwickelt, einsteigen möchtet, dann bitte ich Euch, das in einem anderen Strang zu tun. Ihr wisst, wo Ihr das platzieren könnt. Danke.
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Brainiac
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Brainiac »

Ich hatte versucht, den Bezug zum Strangthema durch eine Analogie im Sinne "das Forum als Minigesellschaft" herzustellen. Aber gut, das artet jetzt aus und ich verzichte daher auf eine Antwort an dieser Stelle, auch wenn mir das nicht leicht fällt.
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Selina
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Selina »

Marmelada hat geschrieben:(12 Oct 2017, 01:42)

Aber ich sehe noch einen weiteren Grund, weshalb das salonfähig wurde. Man setzt Rechtsextremisten keine Grenzen, weil man es für liberal hält, schweigend dabeizustehen, während sie ihre Grenzen immer weiter ausdehnen.
Genau. Das ist einer der Gründe, warum die Rechtsdrift so weit fortschreitet. Es wird den Neurechten und Rechtsradikalen nicht ständig und nicht konsequent genug gesagt "bis hierher und nicht weiter". Das ist meines Erachtens eine Frage des gesellschaftlichen Klimas, das sich zum Negativen verändert hat, wo es einige nicht interessiert, was so für braunes Zeuchs geredet wird, die anderen es sogar ganz schick finden und wieder andere sich nicht trauen zu widersprechen. Rechtsradikales Gedankengut gab es schon immer, keine Frage, aber dieses offene, schamlose und häufig auch unwidersprochene Bekenntnis zu Nationalismus, Ausgrenzung, Biologismus und Homophobie (natürlich vieles verschleiernd formuliert) finde ich schon besorgniserregend.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Selina »

Eisvogel hat geschrieben:(02 Oct 2017, 19:04)

Dass es in der AFD Menschen mit schlechter Kinderstube gibt steht außer Frage, genau wie in der SPD,CDU,bei den Grünen,den Linken....aber das ist wohl nicht erwähnenswert..würde wohl auch das eigene Weltbild zerstören wenn man da näher drauf eingehen würde.
Wenn Rechtsextremismus nur was mit "Kinderstube" zu tun hätte, könnte man der Sache relativ schnell Herr werden. Eltern und Pädagogen müssten nur ihren Pflichten besser nachkommen. So einfach ist es nur leider nicht. Da gibt es schon ein paar handfestere Gründe für diese Rechtsdrift: Wirtschaftliche, soziale, politische, philosophische uswusf.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(02 Oct 2017, 16:05)

" Ich habe Angst" klingt nunmal sympathischer als "Ich bin fremdenfeindlich".
Richtig. Und "besorgte Bürger" klingt besser als Rassisten. Über Sprache wird sowieso vieles "geregelt".
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von schokoschendrezki »

Marmelada hat geschrieben:(12 Oct 2017, 01:42)
Das sagt Heidi Benneckenstein, die in einer rechtsextremen Familie aufwuchs und später ausstieg. Beunruhigend finde ich das ebenfalls, sogar beängstigend. Aber ich sehe noch einen weiteren Grund, weshalb das salonfähig wurde. Man setzt Rechtsextremisten keine Grenzen, weil man es für liberal hält, schweigend dabeizustehen, während sie ihre Grenzen immer weiter ausdehnen.
Das ist aber wirklich genau und konkret auseinanderzunehmen. In welcher Form sollte man "Grenzen setzen". Das Problem ist, dass Rechtsextremisten/Rechtspopulisten eben gerade mit dem Bestehen auf Gesetzes/Regelungs-verschärfungen argumentieren. "Grenzen setzen" ist ganz genau und sogar wörtlich ihr Argument. Wäre nicht "Vielfalt befürworten" das passende Gegenargument? Liberalität heißt ganz gewiss nicht "schweigend dabeizustehen". Mal ganz genaugenommen der Unterschied: Toleranz bedeutet "Duldung", "Gewährenlassen". Liberalismus dagegen bedeutet "Freiheit des Individuums", einschließlich der Freiheit, gegen Rechtsextremismus einzutreten. Man sollte in diesem Zusammenhang also eher übermäßige Toleranz als Liberalismus kritisieren.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Europa2050 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Oct 2017, 10:44)

Liberalismus dagegen bedeutet "Freiheit des Individuums", einschließlich der Freiheit, gegen Rechtsextremismus einzutreten. Man sollte in diesem Zusammenhang also eher übermäßige Toleranz als Liberalismus kritisieren.
Ja, macht der ernsthafte Liberale doch schon die ganze Zeit :thumbup:

Deine geäußerten Vorstellungen kann ich nur unterstützen. Freiheit heißt eben auch Eigenverantwortung. Auch bei der Abwehr rechtsextremen Gedankengutes.

Und nicht drauf warten, dass der Staat das für einen löst.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Selina »

Europa2050 hat geschrieben:(12 Oct 2017, 11:53)

Ja, macht der ernsthafte Liberale doch schon die ganze Zeit :thumbup:

Deine geäußerten Vorstellungen kann ich nur unterstützen. Freiheit heißt eben auch Eigenverantwortung. Auch bei der Abwehr rechtsextremen Gedankengutes.

Und nicht drauf warten, dass der Staat das für einen löst.
Marmelada startet mit ihren Satz "Man setzt Rechtsextremisten keine Grenzen, weil man es für liberal hält, schweigend dabeizustehen, während sie ihre Grenzen immer weiter ausdehnen" keinen Frontalangriff gegen den Liberalismus. So lese ich das nicht. Hier geht es eher darum, dass sich etliche Leute scheinbar großzügig, tolerant und weltoffen verhalten und dabei einfach unterlassen, deutliche Worte gegen Rechtsextremismus zu sagen. Mal mehr, mal weniger bewusst. Sie meinen: Die Demokratie muss so etwas aushalten. Dabei verschwimmen die Grenzen aber immer mehr, und braunes Gedankengut wird in zunehmendem Maße salonfähig. Wirft man es vorne raus, kommt es zum Hintereingang wieder rein. Und dagegen gibt es halt nur spärlichen Protest, unter anderem deshalb, weil man sich "liberal" geben will. Das hat es in der deutschen Geschichte schon mehrfach gegeben und heute gibt es das auch.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Europa2050 »

Selina hat geschrieben:(12 Oct 2017, 12:04)

Marmelada startet mit ihren Satz "Man setzt Rechtsextremisten keine Grenzen, weil man es für liberal hält, schweigend dabeizustehen, während sie ihre Grenzen immer weiter ausdehnen" keinen Frontalangriff gegen den Liberalismus. So lese ich das nicht. Hier geht es eher darum, dass sich etliche Leute scheinbar großzügig, tolerant und weltoffen verhalten und dabei einfach unterlassen, deutliche Worte gegen Rechtsextremismus zu sagen. Mal mehr, mal weniger bewusst. Sie meinen: Die Demokratie muss so etwas aushalten. Dabei verschwimmen die Grenzen aber immer mehr, und braunes Gedankengut wird in zunehmendem Maße salonfähig. Wirft man es vorne raus, kommt es zum Hintereingang wieder rein. Und dagegen gibt es halt nur spärlichen Protest, unter anderem deshalb, weil man sich "liberal" geben will. Das hat es in der deutschen Geschichte schon mehrfach gegeben und heute gibt es das auch.
Ich wollte mit meinem Post auch nur @schoko zustimmen, nicht @marmelada widersprechen. Kennst mich doch, immer positiv ;)

Zumal @marmelada auch da Recht hat, wo Liberalismus mit Bequemlichkeit verwechselt wird.

Und doch gewinnt man den Kampf gegen die (hier rechts-) extreme nur über die Köpfe.

Der Rechtsstaat muss die Gesetze durchsetzen - gegen jeden, der meint, sie verletzen zu müssen - nicht „Maßnahmen gegen Rechts“ durchführen. Das ist die Aufgabe jedes aufrichtigen Bürgers und zwar argumentativ und gewaltfrei.

Wo der Staat natürlich eingreifen muss (und vornehmlich gegen Rechtsaußen, weil das Problem fast nur dort entsteht) ist bei Angriffen gegen die Würde und die Grundrechte des Menschen. (Stichwort Hetze)
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von pikant »

Europa2050 hat geschrieben:(12 Oct 2017, 12:36)

Ich wollte mit meinem Post auch nur @schoko zustimmen, nicht @marmelada widersprechen. Kennst mich doch, immer positiv ;)

Zumal @marmelada auch da Recht hat, wo Liberalismus mit Bequemlichkeit verwechselt wird.

Und doch gewinnt man den Kampf gegen die (hier rechts-) extreme nur über die Köpfe.

Der Rechtsstaat muss die Gesetze durchsetzen - gegen jeden, der meint, sie verletzen zu müssen - nicht „Maßnahmen gegen Rechts“ durchführen. Das ist die Aufgabe jedes aufrichtigen Bürgers und zwar argumentativ und gewaltfrei.

Wo der Staat natürlich eingreifen muss (und vornehmlich gegen Rechtsaußen, weil das Problem fast nur dort entsteht) ist bei Angriffen gegen die Würde und die Grundrechte des Menschen. (Stichwort Hetze)
Natuerlich ist es Aufgabe des Staates Massnahmen gegen rechts zu unterstuetzen - das wird ja auch so seit Jahren von der Bundesregierung gemacht und ja im Kampf gegen Rechts ist auch finanziellen Hilfe notwendig, die ja auch der Gesetzgeber zur Verfuegung stellt.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Flaschengeist »

pikant hat geschrieben:(12 Oct 2017, 12:40)

Natuerlich ist es Aufgabe des Staates Massnahmen gegen rechts zu unterstuetzen - das wird ja auch so seit Jahren von der Bundesregierung gemacht und ja im Kampf gegen Rechts ist auch finanziellen Hilfe notwendig, die ja auch der Gesetzgeber zur Verfuegung stellt.

Was verstehen Sie unter "rechts" und warum soll der Staat gegen politische Meinungen vorgehen?
„Nur in Deutschland wird mir vorgeworfen, ich wäre deutschfreundlich“ :)

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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von pikant »

Flaschengeist hat geschrieben:(12 Oct 2017, 12:52)

Was verstehen Sie unter "rechts" und warum soll der Staat gegen politische Meinungen vorgehen?
der Staat geht nicht gegen politische Meinungen vor, sondern unterstuetzt Organisationen im Kampf gegen Rechts.
Rechts ist nicht das demokratische Spektrum, sondern rechts ist in diesem Zusammenhang rechtsextrem, rechtsradikal usw.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Flaschengeist »

pikant hat geschrieben:(12 Oct 2017, 12:57)

der Staat geht nicht gegen politische Meinungen vor, sondern unterstuetzt Organisationen im Kampf gegen Rechts.
Rechts ist nicht das demokratische Spektrum, sondern rechts ist in diesem Zusammenhang rechtsextrem, rechtsradikal usw.

Die CDU und die FDP ist auch eine "rechte" Partei.

Also rechter als z.B. die LINKS Partei.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Marmelada »

Selina hat geschrieben:(12 Oct 2017, 12:04)

Marmelada startet mit ihren Satz "Man setzt Rechtsextremisten keine Grenzen, weil man es für liberal hält, schweigend dabeizustehen, während sie ihre Grenzen immer weiter ausdehnen" keinen Frontalangriff gegen den Liberalismus. So lese ich das nicht. Hier geht es eher darum, dass sich etliche Leute scheinbar großzügig, tolerant und weltoffen verhalten und dabei einfach unterlassen, deutliche Worte gegen Rechtsextremismus zu sagen. Mal mehr, mal weniger bewusst. Sie meinen: Die Demokratie muss so etwas aushalten. Dabei verschwimmen die Grenzen aber immer mehr, und braunes Gedankengut wird in zunehmendem Maße salonfähig. Wirft man es vorne raus, kommt es zum Hintereingang wieder rein. Und dagegen gibt es halt nur spärlichen Protest, unter anderem deshalb, weil man sich "liberal" geben will. Das hat es in der deutschen Geschichte schon mehrfach gegeben und heute gibt es das auch.
Vielen Dank, genau richtig gelesen. Falsch verstandener Liberalismus.
Brainiac hat geschrieben:(12 Oct 2017, 09:43)

Ich hatte versucht, den Bezug zum Strangthema durch eine Analogie im Sinne "das Forum als Minigesellschaft" herzustellen. Aber gut, das artet jetzt aus und ich verzichte daher auf eine Antwort an dieser Stelle, auch wenn mir das nicht leicht fällt.
Klinken Sie sich doch hier ein, da wird gerade wieder Meinungsfreiheit zelebriert.
Zuletzt geändert von Marmelada am Do 12. Okt 2017, 13:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von pikant »

Flaschengeist hat geschrieben:(12 Oct 2017, 13:01)

Die CDU und die FDP ist auch eine "rechte" Partei.

Also rechter als z.B. die LINKS Partei.

Die FDP ist liberal und die CDU konservativ.
im Kampf gegen Rechtsaussen sind diese beiden Parteien dabei.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Selina »

Europa2050 hat geschrieben:(12 Oct 2017, 12:36)

Ich wollte mit meinem Post auch nur @schoko zustimmen, nicht @marmelada widersprechen. Kennst mich doch, immer positiv ;)

Zumal @marmelada auch da Recht hat, wo Liberalismus mit Bequemlichkeit verwechselt wird.

Und doch gewinnt man den Kampf gegen die (hier rechts-) extreme nur über die Köpfe.

Der Rechtsstaat muss die Gesetze durchsetzen - gegen jeden, der meint, sie verletzen zu müssen - nicht „Maßnahmen gegen Rechts“ durchführen. Das ist die Aufgabe jedes aufrichtigen Bürgers und zwar argumentativ und gewaltfrei.

Wo der Staat natürlich eingreifen muss (und vornehmlich gegen Rechtsaußen, weil das Problem fast nur dort entsteht) ist bei Angriffen gegen die Würde und die Grundrechte des Menschen. (Stichwort Hetze)
Ja, ich weiß doch, dass du es positiv meinst ;) Und meine Antwort war auch eher an schoko gerichtet, sie rutschte nur unter dein Posting, vielleicht, um etwas zu bündeln ;) Den Staat hatte ich damit auch gar nicht gemeint und ich glaube, Marmelada auch nicht. Und auch der Liberalismus als politische Idee war nicht gemeint. Zumindest nicht so vordergründig. Das Wort "liberal" wurde hier eher in der alltagssprachlichen Bedeutung von aufgeklärt, freidenkerisch, freigeistig, freiheitlich, tolerant, vorurteilsfrei, vorurteilslos, zwanglos, repressionsfrei (Synonyme für "liberal" laut Duden) verwendet. Im Sinne von "man gibt sich liberal". Und das sehe ich auch so, denn bei dem sichtbaren Rechtsruck sollte man gerade auch als liberal denkender Mensch aus der Deckung kommen und sich nicht bedeckt halten. Letzteres geschieht aber ständig, dieses In-Deckung-Gehen, dieses Schweigen. Und den Satz von dir unterschreibe ich sofort: "Das ist die Aufgabe jedes aufrichtigen Bürgers und zwar argumentativ und gewaltfrei." Darum geht es ja gerade ;)
Zuletzt geändert von Selina am Do 12. Okt 2017, 13:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Flaschengeist »

pikant hat geschrieben:(12 Oct 2017, 13:04)

Die FDP ist liberal und die CDU konservativ.
im Kampf gegen Rechtsaussen sind diese beiden Parteien dabei.

Sie meinen im Kampf gegen politische Gegner.

Die CDU war konservativ. Deshalb gibt es jetzt die AfD.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Progressiver »

Die FDP ist etwas wirtschaftsliberaler als die CDU. Ansonsten ist sie genau so gesellschaftlich konservativ wie die Unionsparteien. In den 1970ern war das mal anders. Da war sie eine progressive Kraft. Das gesellschaftlich liberale Element wurde jedoch 1982 beerdigt, als die sozialliberale Koalition sich auseinanderdividierte.

Die CDU dagegen ist strukturkonservativ. Alles soll für immer so bleiben, wie es ist. Und nur im Notfall wird sich modernisiert. Die AfD wiederum, die im Zusammenhang mit dem Holocaust von einem "Schuldkult" spricht, will die Rolle rückwärts in die ganz finsteren Zeiten.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von imp »

Die AfD ist in weiten Teilen ein NPD-Ersatz für kuschelbedürftige Nazis, die nicht im Abseits stehen wollen. Ein falsches Verständnis von Meinungsfreiheit seitens der Demokraten, zu denen diese Leute nicht oder nicht mehr gehören, bedient diese Sehnsucht nach folgenlosem rumnazen. Das ist schon ziemlich schade. Die Krönung ist dann, dass solche Thesen nicht nur ventiliert werden dürfen sondern ihre Zurückweisung noch mit formalem Blabla kritisiert wird - so gesehen letztens in einer Talkschau. Es handelt sich nicht um eine spannende neue Art, die Quote zu retten, obwohl man in HD die Falten besser sieht. Es handelt sich um einen Angriff auf jene Gesellschaft, die in ihrer Verwechslung von Freiheit und Folgenlosigkeit dieses Gezücht nicht rechtzeitig und entschlossen an den Rand schiebt.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Woppadaq »

Flaschengeist hat geschrieben:(12 Oct 2017, 13:09)
Die CDU war konservativ.
Haben die Reps auch mal gesagt.

Das witzige ist, dass die AfD unter Lucke, Henkel und Petry dasZeug zu einer deutschen FPÖ hatte. Aber auf die gesamtdeutsche Radikalisierungstendenzen von Parteien rechts von der CDU/CSU konnte man sich bis jetzt immer verlassen.

Find ich sehr beruhigend.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von busse »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(12 Oct 2017, 21:57)

Die AfD ist in weiten Teilen ein NPD-Ersatz für kuschelbedürftige Nazis, die nicht im Abseits stehen wollen. Ein falsches Verständnis von Meinungsfreiheit seitens der Demokraten, zu denen diese Leute nicht oder nicht mehr gehören, bedient diese Sehnsucht nach folgenlosem rumnazen. Das ist schon ziemlich schade. Die Krönung ist dann, dass solche Thesen nicht nur ventiliert werden dürfen sondern ihre Zurückweisung noch mit formalem Blabla kritisiert wird - so gesehen letztens in einer Talkschau. Es handelt sich nicht um eine spannende neue Art, die Quote zu retten, obwohl man in HD die Falten besser sieht. Es handelt sich um einen Angriff auf jene Gesellschaft, die in ihrer Verwechslung von Freiheit und Folgenlosigkeit dieses Gezücht nicht rechtzeitig und entschlossen an den Rand schiebt.
Stimmt, alles Nazis. Nachdem es nicht gelungen ist die Diskurshoheit in Vergangenheit wiederzufinden und es an den Wahlurnen ein böses Erwachen gab , wird's das Nazigeschreie immer höher und schriller. Dumm ist nur das weite Teile der (Wahl-) Bevölkerung das schrille Geschreie am Selbigen vorbeigeht.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von imp »

busse hat geschrieben:(13 Oct 2017, 07:54)

Stimmt, alles Nazis.
Nicht alles, aber in weiten Teilen. Der Rest muss sich mal überlegen, ob er damit sympathisiert, ob es ihm egal ist oder ob es nicht Zeit ist, weiterzuziehen. Es nicht gemerkt zu haben ist langsam kaum zu glauben.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Marmelada »

Selina hat geschrieben:(12 Oct 2017, 13:05)

Ja, ich weiß doch, dass du es positiv meinst ;) Und meine Antwort war auch eher an schoko gerichtet, sie rutschte nur unter dein Posting, vielleicht, um etwas zu bündeln ;) Den Staat hatte ich damit auch gar nicht gemeint und ich glaube, Marmelada auch nicht. Und auch der Liberalismus als politische Idee war nicht gemeint. Zumindest nicht so vordergründig. Das Wort "liberal" wurde hier eher in der alltagssprachlichen Bedeutung von aufgeklärt, freidenkerisch, freigeistig, freiheitlich, tolerant, vorurteilsfrei, vorurteilslos, zwanglos, repressionsfrei (Synonyme für "liberal" laut Duden) verwendet. Im Sinne von "man gibt sich liberal". Und das sehe ich auch so, denn bei dem sichtbaren Rechtsruck sollte man gerade auch als liberal denkender Mensch aus der Deckung kommen und sich nicht bedeckt halten. Letzteres geschieht aber ständig, dieses In-Deckung-Gehen, dieses Schweigen. Und den Satz von dir unterschreibe ich sofort: "Das ist die Aufgabe jedes aufrichtigen Bürgers und zwar argumentativ und gewaltfrei." Darum geht es ja gerade ;)
Markus Nierth nennt es Das Schweigen der Mitte. So wie er es beschreibt, hat der Rechtsruck im ländlichen Raum Ostdeutschlands mit einer nahezu völligen Inaktivität sowohl der demokratischen Parteien als auch zivilgesellschaftlichen Engagements zu tun. Wer es sich trotzdem traut, hat dann besorgte Bürger im Schlepptau mit Neonazis im Vorgarten stehen, so wie er. Von Morddrohungen usw. ganz zu schweigen.

Von diesem Phänomen abgesehen fällt mir ein sehr bequemer Umgang mit dem Rechtsdrift auf. Noch vor wenigen Jahren hieß es, in den Bundestag würde niemals eine rechtsextreme Partei einziehen. Ich selber war davon überzeugt. Dann zogen sie in die Landtage ein und es hieß "in den Landtagen sind sie drin, aber bei Bundestagswahlen wird traditionell verantwortungsbewusst gewählt". Jetzt sind sie dritte Kraft im Bund bei fallender Tendenz der ersten beiden und wieder hat man eine bequeme Erklärung parat: Deutschland ist jetzt Teil der europäischen Normalität, schließlich sitzen in fast allen europäischen Parlamenten Nationalisten und Ultrarechte. Aber das ist nun einmal nicht normal, sondern ein Zeichen dafür, dass etwas grundlegend nicht stimmt.

Wenn sie zweite oder erste Kraft werden, darf man auf die nächste bequeme Erklärung gespannt sein, soweit es dann noch Gelegenheit dazu gibt.
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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Selina »

Marmelada hat geschrieben:(13 Oct 2017, 12:23)

Markus Nierth nennt es Das Schweigen der Mitte. So wie er es beschreibt, hat der Rechtsruck im ländlichen Raum Ostdeutschlands mit einer nahezu völligen Inaktivität sowohl der demokratischen Parteien als auch zivilgesellschaftlichen Engagements zu tun. Wer es sich trotzdem traut, hat dann besorgte Bürger im Schlepptau mit Neonazis im Vorgarten stehen, so wie er. Von Morddrohungen usw. ganz zu schweigen.

Von diesem Phänomen abgesehen fällt mir ein sehr bequemer Umgang mit dem Rechtsdrift auf. Noch vor wenigen Jahren hieß es, in den Bundestag würde niemals eine rechtsextreme Partei einziehen. Ich selber war davon überzeugt. Dann zogen sie in die Landtage ein und es hieß "in den Landtagen sind sie drin, aber bei Bundestagswahlen wird traditionell verantwortungsbewusst gewählt". Jetzt sind sie dritte Kraft im Bund bei fallender Tendenz der ersten beiden und wieder hat man eine bequeme Erklärung parat: Deutschland ist jetzt Teil der europäischen Normalität, schließlich sitzen in fast allen europäischen Parlamenten Nationalisten und Ultrarechte. Aber das ist nun einmal nicht normal, sondern ein Zeichen dafür, dass etwas grundlegend nicht stimmt.

Wenn sie zweite oder erste Kraft werden, darf man auf die nächste bequeme Erklärung gespannt sein, soweit es dann noch Gelegenheit dazu gibt.
Gut geschildert. Die Sorgen sind berechtigt. Und dass einen diese Zustände an das Ende der Weimarer Republik und die Machtergreifung der Nazis in einigen Punkten erinnert, ist auch nicht aus der Luft gegriffen. Das wird zwar immer bestritten öffentlich, aber Parallelen gibt es schon. Siehe dieses "Schweigen der Mitte". Ich sehe diese Rechtsdrift allerdings als gesamtdeutsches Problem und nicht nur als rein ostdeutsches. In zwei Westbundesländern ist die AfD ebenfalls zweistellig in den Bundestag gekommen und woanders im Westen schwingt sie auch eine größere Klappe als noch vor wenigen Jahren.

Was den Protest anbelangt: Ja, da sehe ich im Osten auch besonders viel Passivität und im Westen mehr Aktion dagegen. Das stimmt schon. Nur, dieses latent Rechtsnational- und Rechtsradikal-Sein von 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung, was es schon länger gibt als diesen braunblauen Haufen, das ist klar ein gesamtdeutsches Phänomen. Früher war das nur mehr "gedeckelt" und man ahnte gar nicht so recht, was da hinter den Kulissen alles so an brauner Gesinnung herumwaberte. Aber gegeben hats das schon lange, hüben und drüben. Wie heute allerdings darauf reagiert wird von dieser "Mitte", das ist schon regional ziemlich unterschiedlich. Aber selbst in Sachsen, wo die AfD zur Bundestagswahl stärkste Kraft (!) wurde, gibt es auch einzelne gute Beispiele des Widerstandes, so etwa in Leipzig, wo OB Jung (SPD) rechtzeitig gegen diesen brüllenden und geifernden Mob die demokratischen Kräfte aller Schichten der Stadt mobilisieren konnte. Beziehungsweise hat Jung die protestierenden Kräfte deutlich unterstützt jederzeit. Was woanders gar nicht so selbstverständlich ist. Auch in Leipzig gibt es zwar ein zweistelliges Ergebnis der AfD, aber in Teilen der Stadt lange nicht so hoch wie anderswo im Bundesland. Ich glaube, solch ein Protest, ob der wirksam oder nicht ist, hängt oft von Persönlichkeiten ab, die sich überzeugend an die Spitze stellen und andere mitreißen können.

Schön, dass es solche überparteilichen Protest-Vereine gibt wie diesen hier:

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Re: Warum driftet Deutschland nach rechts?

Beitrag von Woppadaq »

busse hat geschrieben:(13 Oct 2017, 07:54)

Stimmt, alles Nazis. Nachdem es nicht gelungen ist die Diskurshoheit in Vergangenheit wiederzufinden und es an den Wahlurnen ein böses Erwachen gab , wird's das Nazigeschreie immer höher und schriller. Dumm ist nur das weite Teile der (Wahl-) Bevölkerung das schrille Geschreie am Selbigen vorbeigeht.
Sieht man an den 87%, die die AfD nicht gewählt haben.
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